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Lebensweltorientierung im inklusiven Sachunterricht – Widersprüche in Theorie und Praxis

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GDSU-Journal Juni 2019, Heft 9
Lebensweltorientierung im inklusiven Sachunterricht
Widersprüche in Theorie und Praxis
René Schroeder
1. Einleitung
In dem Versuch einer theoretischen Konzeptionierung eines inklusiven Sachun-
terrichts (etwa Pech & Schomaker 2013, Schroeder & Miller 2017a) aktualisiert
sich die tradierte Forderung nach Lebensweltorientierung (GDSU 2013, Kaiser
2013), worin der Fokus didaktischer Entscheidungen spezifischer auf das ein-
zelne Kind und seine Lebenswirklichkeit als Ausgangspunkt für den Sachunter-
richt gerichtet wird. So müssen in einer maximal heterogenen Lerngruppe viel-
fältigere Lebenswelten und damit auch Lernvoraussetzungen der Kinder Aus-
gangspunkt für die Planung des inklusiven Sachunterrichts sein (Kaiser & Seitz
2017), wenngleich das Spannungsverhältnis zwischen Lebenswelt und Fachbe-
zug (Kahlert 2016a) erhalten bleiben dürfte. Aber verstehen hierin Lehrkräfte
diesen Auftrag der konsequenten Lebensweltorientierung für ihr didaktisches
Handeln und welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die Gestaltung
sachunterrichtlicher Praxis?
Im folgenden Beitrag sollen in einem zweifachen Zugriff auf den Gegenstands-
bereich die Potentiale wie auch Problemstellen eines lebensweltorientierten, in-
klusiven Sachunterrichts herausarbeitet werden. So sollen einerseits ausgehend
von einem zunächst primär erkenntnistheoretischen Ausgangspunkt (Husserl
2002, Schütz & Luckmann 2003) Widersprüche in einer lebensweltlichen Orien-
tierung (Daum 1999, Kahlert 2016a) zwischen originär sachunterrichtsdidakti-
schen, sonder- und inklusionspädagogischen Perspektiven analytisch bestimmt
werden. Diese theoretischen Reflexionen sollen anschließend mit Ergebnissen
aus dem eigenen Dissertationsprojekt verglichen werden. Hierin steht die For-
schungsfragen im Mittelpunkt, inwiefern Lebensweltorientierung als handlungs-
leitendes Motiv für die befragten Lehrkräfte Relevanz besitzt und welche Be-
deutung sie der Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler für das intendierte
sachunterrichtliche Lernen zuschreiben. Abschließend gilt es, entsprechende
Implikationen für eine zukünftig zu konturierenden inklusiven Sachunterricht zu
bestimmen.
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2. Lebensweltorientierung – theoretische Annäherung an einen möglichen
Leitbegriff inklusiven Sachunterrichts
Über die didaktische Trias von Kind, Sache und Welt (Kaiser 2013, Pech 2009)
muss die Forderung einer umfänglicheren Orientierung an der Lebenswelt der
Kinder als zentraler Anspruch an didaktisches Handeln im Sachunterricht er-
scheinen (auch GDSU 2013). Darin kann der Sachunterricht zunächst als Ort des
Übergangs zwischen den lebensweltlichen und dahingehend weitgehend zufällig
vollzogenen Sacherfahrungen der Kinder und einem institutionalisiert vermittel-
ten und daher umfassender didaktisierten Sachwissen verstanden werden
(Duncker & Popp 2004; Götz, Kahlert, Fölling-Albers, Hartinger, Reeken &
Wittkowske 2015). In diesem Rückbezug auf die Lebenswirklichkeit verweist
das Prinzip der Lebensweltorientierung auf die besondere Eingebundenheit
sachunterrichtlicher Bildungsinhalte in gesellschaftliche Bedingungen und den
damit verbundenen ungleichen kindlichen Ausgangsbedingungen im Kontext
dieser Wirklichkeit(en). Lebensweltorientierung wird somit als sachunterrichts-
didaktisches Prinzip mit der Hoffnung verknüpft, „durch die Abwendung von
den Fachdisziplinen und ihren Lehrgängen und Vorgaben und durch Hinwen-
dung zum Leben der Kinder selbst eine Ausgangsbasis für den Sachunterricht zu
gewinnen“ (Schreier 1999, 8). Darin wird jedoch bereits latent eine gewisse
Grundproblematik des Prinzips der Lebensweltorientierung erkennbar, die aus
der paradigmatischen Qualität des Lebensweltbegriffs in seinen Unschärfen bei
gleichzeitiger Tendenz zur Überhöhung des Bedeutungsgehaltes hervorgeht, wie
etwa Daum (1999) kritisch anmerkt. Diese bestehende Skepsis verstärkt sich
beim Blick auf vorliegende Forschungsbefunde, wonach der Anspruch der Le-
bensweltorientierung in der Sachunterrichtspraxis bisher nur bedingt eingelöst
wird (Drossel, Wendt, Schmitz & Eickelmann 2012; Giest 2002; Hempel 2003;
Heran-Dörr & Kahlert 2009; Wegener-Spöhring 2000). Bevor daher entlang der
eigenen Befunde ein weiterer Zugriff auf den Anspruch der Lebensweltorientie-
rung aus Perspektive von Lehrkräften im Gemeinsamen Unterricht erfolgen
kann, ist es notwendig, die unterschiedlichen Begriffshorizonte und theoreti-
schen Bedeutungslinien des Lebensweltbegriffs bzw. des Prinzips der Lebens-
weltorientierung analytisch auszuschärfen.
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2.1 Erkenntnistheoretische Grundlagen des Lebensweltbegriffs
In seiner erkenntnistheoretischen Grundlegung verortet sich der Lebensweltbe-
griff sowohl in einer phänomenologischen wie auch soziologischen Theorietra-
dition (Nießeler 2015, Richter 2009). Gemäß dem phänomenologischen Ansatz
nach Husserl stellt die Lebenswelt die „vorwissenschaftliche Erfahrungswelt“
(2002, 268) dar und ist dem „Reich der ursprünglichen Evidenz“ (a.a.O., 291)
zuzuordnen, worin Erfahrungen und das Prinzip der Anschaulichkeit zentrale
Erschließungsmoment sind. Sie ist demnach zwischen dem Selbstverständlichen
des Alltags und dem offenen Horizont neuer Erfahrungen angesiedelt. Die Be-
stimmung des Lebensweltlichen geschieht darin im Wesentlichen in Abgren-
zung zur Wissenschaft als „idealisierender Objektivierung“ (a.a.O., 274), die
sich durch ihre „prinzipielle unanschaulich ‚logische‘ Substruktion“ (a.a.O.,
283) auszeichnet.
Schütz und Luckmann (2003) knüpfen in ihrer stärker wissenssoziologisch ge-
prägten Bestimmung zwar an das Theoriegebäude Husserls an, legen den Fokus
jedoch weniger auf die spezifische Differenzlinie zwischen Wissenschaft und
Lebenswelt, sondern stellen die Idee der alltäglichen Lebenswelt ins Zentrum ih-
rer Theorie.
„Unter alltäglicher Lebenswelt soll jener Wirklichkeitsbereich verstanden
werden, den der wache und normale Erwachsene [...] als schlicht gegeben
vorfindet. Mit ‚schlicht gegeben’ bezeichnen wir alles, was wir als fraglos er-
leben, jeden Sachverhalt, der uns bis auf weiteres unproblematisch ist“
(a.a.O., 29).
Insbesondere unter didaktischer Perspektive muss darin das Konzept zur Erwei-
terung des lebensweltlichen Horizontes durch Verlassen des Zustandes des
„Fraglosen“ hin zum „Fragwürdigen“ bedeutsam erscheinen, sodass sowohl
die grundsätzliche Relevanz für kindliche Erkenntnisprozesse hervortritt, wie
auch in Bezug auf diese grundlegenden theoretischen Verortungen im nächsten
Schritt zu klären ist, wie der Lebensweltbegriff in der Didaktik des Sachunter-
richts rezipiert wird.
2.2 Didaktische Perspektiven auf den Lebensweltbegriff
Als fachdidaktisches Prinzip des Sachunterrichts kann der Lebensweltbegriff
bzw. eine damit verbundene Prämisse der Lebensweltorientierung zunächst als
Auftrag verstanden werden, einen Raum für die kindlichen Interessen, Erfah-
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rungen und Deutungen zu geben, worin „Lebenswelt als Horizont von Vorstel-
lungen über die Umwelt“ (Kahlert 2004, 32f.) beschrieben werden kann. Köhn-
lein (2012) definiert Lebenswelt unter einer sachunterrichtsdidaktischen Per-
spektive als
„den Horizont selbstverständlich gegebener vorwissenschaftlicher Erfahrun-
gen und Praxisbezüge, die wesentliche Voraussetzungen für wissenschafts-
orientiertes Lernen sind; d.h. die Lebenswelt und die Alltagssprache sind den
wissenschaftsbezogenen Zugriffen vorgängig“ (345f., Fußnote 285).
Demnach erfolgt in dieser Begriffsbestimmung eine deutliche Anknüpfung an
eine zuvor dargestellte phänomenologische Bedeutungstradition und der er-
kenntnistheoretische Aspekt tritt vorrangig hervor. Demgegenüber finden sich
sowohl in den Ansätzen von Kaiser (2013) wie auch Richter (2009) Tendenzen,
das didaktische Prinzip der Lebensweltorientierung und damit auch den Le-
bensweltbegriff selbst stärker im Kontext gesellschaftstheoretischer Interpretati-
onen zu verordnen, worin es um eine Reflexion kultur- und milieuspezifischer
Ausdeutungen kindlicher Lebenswelten geht, die es bei der Gestaltung des
Sachunterrichts zu beachten gelte. Dies schließt demnach an die Frage „multip-
ler Wirklichkeiten“ (Daum 1999) bzw. einer „Pluralisierung von Lebenswelten“
(Duncker 2007) in einer postmodernen Gesellschaft an, womit sich der Komple-
xitätsgrad einer konsequenten Orientierung an kindlichen Lebenswelten als di-
daktischer Herausforderung maßgeblich erhöht. Kahlert (2004, 35) kritisiert
hingegen einen solchen umfassenden Anspruch „sozial- bzw. kulturwissen-
schaftlicher Großdiagnosen“ als Überforderung und plädiert stattdessen dafür,
den Auftrag der Lebensweltorientierung auf die direkt für den sachunterrichtli-
chen Verstehens- und Lernprozess bedeutsamen Vorerfahrungen und Präkon-
zepte zu beschränken. Eine engere und damit präzisere Fassung dessen, was mit
Lebensweltorientierung gemeint sein kann, erscheint auch deshalb sinnvoll, da
etwa Rauterberg (1999) in der Analyse damaliger Richtlinien und Lehrpläne
zum Sachunterricht den teils indifferenten und willkürlichen Begriffsgebrauch
nachweisen konnte, sodass die Gefahr einer gewissen Beliebigkeit und Inhalts-
leere einer umfassenderen Forderung nach Lebensweltorientierung gesehen
werden muss. Grundsätzlich lassen sich jedoch unter sachunterrichtsdidaktischer
Perspektive zwei (Be-)Deutungslinien aus dem Diskurs bestimmen. Einerseits
ein sehr enges und stark nahräumlich geprägtes Verständnis, worin Lebenswelt
als direkte geografisch-soziale Umgebung des Kindes gesehen wird, und ande-
rerseits ein erweiterter Begriffsgebrauch, indem Lebenswelt als die Gesamtheit
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kindlicher Vorstellungen und Erfahrungen erscheinen muss (Kahlert 2004, Nie-
ßeler 2015, Richter 2009). Weitergehend kann Lebensweltorientierung als zirku-
lärer Prozess (vgl. Abb. 1) begriffen werden, bei dem sachunterrichtliche Lehr-
Lernangebote am lebensweltlichen Erfahrungshorizont der Kinder ansetzen, um
in einer Bildung im und durch Sachunterricht diesen Horizont systematisch-
planvoll zu erweitern, worin wiederum ein neuer und dabei umfassenderer, le-
bensweltlicher Ausgangspunkt für sachunterrichtliche Bildungsprozesse entsteht
(Kahlert 2004, 2016a; Köhnlein 2012; Richter 2009).
Abb. 1: Lebensweltorientierung unter didaktischer Perspektive als zirkulärer Prozess
(eigenen Darstellung)
2.3 Lebensweltorientierung im Kontext des heil- und sonderpädagogischen
Diskurses
Im Zusammenhang mit der Frage inklusiven Sachunterrichts muss es auch von
Bedeutung sein, dass der Lebensweltbegriff bzw. der Anspruch der Lebenswelt-
orientierung ein gleichermaßen zentraler Bezugspunkt im bisherigen heil- und
sonderpädagogischen Diskurs darstellt, worin sich jedoch ebenfalls keine termi-
nologische Einheitlichkeit im Zugriff auf diesen Begriff feststellen lässt. Zu-
nächst tritt darin Lebensweltorientierung als emanzipatorischer Begriff hervor,
wie dies ursprünglich Thiersch (2014) für das Feld der sozialen Arbeit in Anleh-
nung an einen soziologischen Lebensweltbegriff nach Schütz und Luckmann
(2003) konzeptionell bestimmt hat. So muss Lebensweltorientierung als ein
zentraler Orientierungsmaßstab für die außerschulische Behindertenhilfe (Theu-
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nissen 2012, Weinbach 2016) gelten und erfährt somit einen kritisch-normativen
Gebrauch (Antor 2016). Hierin wird Lebensweltorientierung mit dem Anspruch
einer Unterstützung zur aktiven Gestaltung und Veränderung individueller Le-
bensbedingungen von Menschen mit Behinderungen verbunden. Ziel ist, „die
subjektiv erfahrene Wirklichkeit eines behinderten Menschen zu verstehen“
(Theunissen 2012, 95). Darin formulierte Leitprinzipien wie Ganzheitlichkeit,
Autonomie, Teilhabe oder Subjektzentrierung weisen jedoch eine hohe Schnitt-
menge zu bildungstheoretisch-emanzipatorischen Entwürfen eines „Sachunter-
richts der Zukunft“ (Kaiser 2013) auf, worin sich ein jeweils ähnliches Begriffs-
verständnis von Lebensweltorientierung konstatieren lässt.
Anders gelagert scheint dies, betrachtet man den Zugriff auf das Prinzip der Le-
bensweltorientierung aus vorliegenden Ansätzen sonderpädagogischer Didaktik.
Lebensweltorientierung, insbesondere muss dies für den Förderschwerpunkt
Lernen gelten, wird in seiner Notwendigkeit über die soziokulturell differenten
Lebenswelten der Kinder in Kontrast zu mittelschichtsorientierten Normalitäts-
vorstellungen von Schule und Unterricht begründet (Eiblmeier & Koch 2006,
Ellinger 2013). Gleichwohl lassen sich auch hierbei, vorrangig in Konzepten ei-
ner traditionellen Lernbehindertenpädagogik, verschiedene Deutungslinien und
Zielperspektiven unterscheiden. So wurde Lebensweltorientierung als Legitima-
tion von Bildungsbegrenzung im Kontext eines reduzierten lebensweltlichen
Horizontes genutzt (Klauer 1967), jedoch ebenso als Auftrag zur Erweiterung
lebensweltlicher Erfahrungsräume (Begemann 1970) verstanden oder als Anlie-
gen einer verstärkten Sensibilisierung für die Lebensthemen der Kinder ausge-
deutet (Hiller 1997). Die Bildungsbedeutsamkeit ästhetischer wie biografischer
Zugangsweisen aus der Lebenswelt der Kinder rückt hingegen Bröcher (1997) in
den Mittelpunkt seiner Lebensweltorientierten Didaktik, worin spezifische
Schnittmengen zur sachunterrichtsdidaktischen Ansätzen (Daum 2004, Schoma-
ker 2008, Seitz 2007, Weddehage 2013) hervortreten. Schließlich wird auch der
bereits in den 1970er Jahren von Westphal (1979) begründeten Ansatz einer Le-
bensproblemzentrierten Pädagogik, bei dem die unterrichtliche Gestaltungsauf-
gabe im Kontext einer psychosozialen und soziokulturellen Unterversorgung der
Schüler/innen gedacht wird, spezifisch für den Sachunterricht in sonderpädago-
gischen Handlungsfeldern ausgedeutet (Wachtel & Wittrock 1997) bzw. erfährt
erneute Rezeption und Fortentwicklung in neueren Konzepten für den Förder-
schwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung (a.a.O.).
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1.4 Lebensweltorientierung in einem inklusiven Sachunterricht
Wenn damit bereits an verschiedenen Stellen erste Schnittpunkte der verschie-
denen Zugriffsperspektiven auf den Lebensweltbegriff zu Aspekten eines inklu-
siven Sachunterrichts angedeutet werden, soll jedoch die Bedeutung umfassen-
derer Lebensweltorientierung für diesen nochmals ausgeschärft und präzisiert
werden. In Anknüpfung an die anfänglich bestimmte Grundprämisse einer Ver-
bindung von Kind, Sache und Welt, muss inklusiver Sachunterricht darin als
Neubestimmung bzw. Neugewichtung dieses Verhältnisses von Kind und Sache
verstanden werden, indem eine umfassendere Kind- und damit auch Lebens-
weltorientierung eingefordert wird (Giest 2011, Kucharz 2015, Pech & Schoma-
ker 2013). In stärker diversifizierten Lerngruppen müssen demnach die vielfälti-
geren Lebenswelten als zentrale Ausgangspunkte für sachunterrichtliche Lern-
prozesse gelten (Kaiser 2000, Kaiser & Seitz 2017). Dabei sind die Verschie-
denheit der Lernvoraussetzungen wie auch allgemein die kindliche Heterogeni-
tät anzuerkennen (Pech & Schomaker 2013, Seitz 2003) bzw. wahrzunehmen
und für die Planung des Sachunterrichts zu erfassen, wofür etwa Schomaker
(2007) das Konzept der lebensweltlichen Symbolnetze vorschlägt. Alternativ
können hierin auch die Fragen der Schüler/innen als lebensweltlicher Ausgangs-
punkt eines inklusiven Sachunterrichts Bedeutung bekommen (Miller & Brink-
mann 2013, Schroeder & Miller 2017b). Weiterhin werden biografische wie
auch ästhetische Zugangsweisen als ertragreich im Sinne eines zu realisierenden
Lebensweltbezuges hervorgehoben (Schomaker 2007, 2008; Schomaker &
Weddehage 2016; Seitz 2005). Wenn demnach im Fachdiskurs um die Ausge-
staltung eines inklusiven Sachunterrichts der Pol der Kind- und Lebensweltori-
entierung deutlich betont wird, so bleibt das inhärente Spannungsverhältnis von
Lebenswelt- und Fachbezug weiterhin bestehen. Beziehungsweise es gilt dies
bei der Planung zentral mit zu bedenken, wie es etwa im Konzept der inklusi-
onsdidaktischen Netze geschieht, soll ein produktiver Ausgleich zwischen indi-
viduellem Erfahrungshorizont und tragfähiger Konzepterweiterung intendiert
werden (hierzu kritisch Kahlert 2016b). Insbesondere die umfängliche Berück-
sichtigung der Lebenswirklichkeiten unterprivilegierter Kinder ist bisher noch
kaum Thema entsprechender Überlegungen zu einem inklusiven Sachunterricht
(Schroeder & Miller 2017a), wenngleich ebenso Kritik an einer hierzu ggf. er-
forderlichen umfassenden Diagnose des Kind-Umfeld-Systems als Ausgangs-
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punkt für eine solche tiefergehende Bezugnahme auf kindliche Lebenswelten für
den Sachunterricht formuliert wird (Offen 2014, Schroeder 2016).
Zusammenfassend stellt Lebensweltorientierung demnach zwar neben Hand-
lungs- und Schülerorientierung sowie Vielperspektivität eines der vermutlich
zentralen Merkmale eines inklusiven Sachunterrichts dar (Schomaker, Wanke &
Pech 2014). Wie dieser Anspruch jedoch von Lehrkräften rezipiert und dahinge-
hend handlungsleitend für ihren eigenen Unterricht wirksam ist, bleibt bisher
unbestimmt.
In einem ersten Zwischenfazit auf Basis der hier skizzierten theoretischen Be-
zugspunkte in Schnittmenge von sonderpädagogischer und sachunterrichtsdidak-
tischer Perspektive lässt sich der jeweils zentrale Begriff der Lebensweltorien-
tierung in dreifacher Weise konnotieren:
- ... eng gedacht als Begründung für Formen der Bildungsbegrenzung im Sinne
einer Vermittlung lediglich vermeintlich alltagspraktischen Handlungswis-
sens,
- ... als lebensweltliche Erfahrungen der Kinder, deren vielfältige psychosoziale
und soziokulturelle Lebens- oder Problemlagen Gegenstand des Unterrichts
werden, worin einerseits ein hohes Maß subjektiver Bedeutsamkeit hervor-
tritt, jedoch ebenso komplexe psychosoziale Problemlagen die Gefahr der
Überforderung und Therapeutisierung im unterrichtlichen Kontext bergen,
- ... als reflexive Bewusstheit für die individuell bedeutungsvollen Bewälti-
gungsaufgaben des alltäglichen Erfahrungshorizontes, die es unterrichtlich
aufzugreifen und durch geeignete Wege der Phänomenbegegnung vom Frag-
losen ins Fragliche zu überführen gilt.
So kann anknüpfend an letztere Lesart in einer heterogenen bzw. inklusiven
Lerngruppe der jeweils unterschiedliche Wissens- und Erfahrungsvorrat, den
Kinder aus divergierenden lebensweltlichen Zusammenhängen mitbringen, ge-
winnbringend sein, wenn das Fraglose des einen Kindes durch Austausch die
Frage des anderen Kindes hervorbringt.
3. Fragestellung und Forschungsdesign
Entlang der aufgezeigten Ambivalenzen und Unschärfen des Begriffs der Le-
bensweltorientierung in seiner Bedeutung für einen inklusiven Sachunterricht ist
es im folgenden Ziel, entsprechende Deutungsmuster von Lehrkräften zu rekon-
struieren. Darin handelt es sich um eine für diesen Beitrag ausdifferenzierte
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Teilfragestellung eines Dissertationsprojektes zum Thema „(Un-)gestört bei der
Sache? Eine explorative Vergleichsstudie zur Praxis des Sachunterrichts aus
Perspektive von Lehrkräften im Gemeinsamen Unterricht und an Förderschulen
mit Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung in Nordrhein-
Westfalen“. Spezifisch geht es um die Beantwortungen der Teilfragen:
1. Welche Rolle spielt das Prinzip der Lebensweltorientierung als handlungslei-
tendes Motiv in der Planung des Sachunterrichts bezogen auf die Ziel-, In-
halts- und Methodenebene?
2. Welche Bedeutung schreiben die Lehrkräfte der Lebenswelt der Schülerinnen
und Schüler in Bezug auf ihre sachunterrichtliche Praxis zu?
Im Rahmen eines integrierten Mixed-Methods-Designs (Creswell 2015,
Kuckartz 2014a) wurden dazu insgesamt 80 Lehrkräfte (n=80) im Gemeinsamen
Unterricht (nGU=36) und an Förderschulen (nFS=40) zunächst mittels eines
teilstandardisierten Fragebogens postalisch befragt. Anschließend wurden mit
einer qualitativen Teilstichprobe (n=10) vertiefende leitfadengestützte Experten-
interviews (Bogner, Littig & Menz 2014) durchgeführt. Die Auswertung der
quantitativen Fragebogendaten wurde mittels Verfahren deskriptiver bzw. explo-
rativer Statistik (Döring & Bortz 2016) vollzogen. Sowohl die offenen Fragei-
tems des Fragebogens wie auch die vorliegenden Interviewtranskripte wurden
einer computergestützten, strukturierenden Qualitativen Inhaltsanalyse ange-
lehnt an Kuckartz (2014b) mit dem Ziel der Kategoriebildung unterzogen. Im
Sinne des integrierten Designs wurden die verschiedenen Datentypen aus den
beiden Erhebungsphasen miteinander trianguliert (Flick 2011).
4. Darstellung ausgewählter Befunde unter dem Fokus
„Lebensweltorientierung“
Innerhalb des teilstandardisierten Fragebogens wurden mittels eines geschlosse-
nen Itemformats mögliche Motive für die Inhalts- und Themenauswahl erfragt.
Im Ergebnis zeigt sich, dass darin die „Möglichkeit, die Lebenswelt aufzugrei-
fen“ den höchsten Zustimmungsgrad aller angebotenen Auswahlmöglichkeiten
erhält (MD = 0,76), worin 76% der befragten Lehrkräfte (n=61) dies für ein re-
levantes Auswahlmotiv halten. In der gebildeten Rangreihe wird dies gefolgt
von einer Orientierung an den „Vorkenntnissen und Interessen der Schülerinnen
und Schüler“ (MD = 0,60). Kaum Zustimmung erfahren hingegen eine Auswahl
der Inhalte und Themen des Sachunterrichts angeregt durch Verlagsmaterialien
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(MD = 0,09), den inhaltlichen Aufbau des Lehrwerkes (MD = 0,09) oder einen
Rückbezug auf die fachliche Systematik (MD = 0,04).
Kontrastiert man dies nun mit den gemäß den Fragebogenangaben durch die
Lehrkräfte im Gemeinsamen Unterricht tatsächlich unterrichteten Themen und
Inhalten des letzten Schulhalbjahres (vgl. Abb. 2), wird zunächst erkennbar, dass
mit 52% (n=97) die überwiegende Mehrheit der Themen der naturwissenschaft-
lichen Perspektive des Sachunterrichts entstammt, worin es sich wiederum vor-
rangig um biologische Themen (n=70) und eher weniger um physikalisch-
chemische Inhalte (n=27) handelt. Lediglich 6% (n=12) der Themen lassen sich
hingegen der sozialwissenschaftlichen Perspektive zuordnen, wobei der Aspekt
des sozialen Lernens, hier gemäß dem nordrhein-westfälischen Lehrplan als
„Zusammenleben in der Klasse, Schule und Familie (n=10) kodiert, gegenüber
der weiteren Kategorie „Freundschaft“ (n=1) dominiert. Dass Facetten der sozi-
alen Lebenswelt der Kinder kaum zum Gegenstand des Sachunterricht werden,
bildet dahingehend einen Widerspruch zu den Ergebnissen der Frage nach be-
sonders wichtigen Themen und Inhalten für die Schüler/innen. Betrachtet man
die kategorial ausgewerteten Daten dieses offenen Frageitems wird der Bereich
„Mensch und Gemeinschaft“ (30) und darin die Teilaspekte „Gefühle“ (10) und
„soziales Lernen“ (15) als besonders bedeutsam von einer Vielzahl der Lehr-
kräfte benannt. Andere Themenbereiche, wie „handlungsorientierte Themen“
(4), „Gesundheitserziehung“ (1) bzw. die Themenbereiche „Raum, Umwelt und
Mobilität“ (4), „Natur und Leben“ (6) oder „Zeit und Kultur“ (1) werden dem-
gegenüber eher vereinzelt genannt. Eine direkte Argumentation über die le-
bensweltliche Bedeutsamkeit, als Indikator für die Wichtigkeit eines spezifi-
schen Themas bzw. Themenbereichs, findet sich innerhalb der offenen Antwor-
ten zu diesem Frageitem jedoch nicht.
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Abb. 2: Kreisdiagramm zu Themenanteilen des Sachunterrichts (eigene Darstellung)
Daher können die vorhandenen Daten der nachgelagerten Experteninterviews
vertiefend Aufschluss darüber geben, wie die Themen- und Inhaltsauswahl be-
gründet wird und ob dies in direktem Bezug zum Anspruch der Lebensweltori-
entierung geschieht. In Analyse der aus dem Material entwickelten Kategorien
(vgl. Abb. 3) wird deutlich, dass mit der „Verfügbarkeit von Materialien“ (23)
und dem „Vorbereitungsaufwand“ (5) zunächst eher pragmatische Motive für
die Lehrkräfte für die Inhaltsauswahl bedeutsam erschienen. Weiterhin spielen
Merkmale der Lehrkraft selbst über die wahrgenommene eigene „Kompetenz“
(11) und subjektive „Interessen“ (6) eine deutlichere Rolle. Gleichwohl erfolgt
ebenso eine spezifische Begründung der Inhaltsauswahl mit Blick auf die Schü-
ler/innen der Lerngruppe, dies jedoch stärker diversifiziert über verschiedene
Motive gestreut. So orientieren sich Entscheidungen über Themen oder Inhalte
im Sachunterricht gemäß der vorliegenden Interviewaussagen ebenso an den
„Voraussetzungen“ (12) und „Interessen der Schülerinnen und Schüler“ (14),
wie auch der „Zugänglichkeit“ (11), d.h. inwieweit bestimmte Inhalte für die
Schüler/innen didaktisch reduziert und somit verstehbar gemacht werden n-
nen. Ergänzend erfolgt die Einschätzung bestimmter Themen als „heikel“ (2)
bzw. „wichtig“ (5), womit auf deren subjektive Problemhaltigkeit bzw. Bedeut-
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samkeit für die Kinder verwiesen wird. Eine explizite Begründung über das
Prinzip des „Lebensweltbezugs“ (3) findet sich jedoch nur an drei Stellen im
Material. Allerdings wird bei näherer Analyse deutlich, dass in Teilen der ande-
ren schülerorientierten Begründungsmotive Bezüge zur Lebenswelt der Kinder
hineinwirken, wenngleich darin nicht der Anspruch der Lebensweltorientierung
dezidiert bestimmt wird. Beispielhaft wird dies an der Inhaltsauswahl unter Be-
achtung der „Voraussetzungen der Schülerinnen und Schüler“ (12) erkennbar,
wenn eine Lehrkraft argumentiert: „Ich möchte ja auch, dass die Dinge nachho-
len, die die vielleicht früher nicht gemacht haben. In denen sie verzögert sind.“
(B4 GU: 86-86) So kann dies als Verweis auf einen begrenzten lebensweltlichen
Erfahrungshorizont verstanden werden, der durch eine Auseinandersetzung mit
sachunterrichtlichen Themen systematisch erweitert werden soll. Dass hierbei
die spezifische Lebenswirklichkeit der Kinder, in diesem Fall der Kinder mit ei-
nem sonderpädagogischen Förderbedarf im Förderschwerpunkt emotionale und
soziale Entwicklung, Einfluss auf inhaltlich-thematische Entscheidungen haben
kann, wird auch an folgender Interviewpassage sichtbar:
„Ähnliches denke ich bei Mensch und Gemeinschaft, wenn ich mir hier gera-
de angucke ‚Das-bin-ich‘ oder ‚Familie‘ oder ‚Tod‘. Meine Schüler wieder
ist ein Klientel, wo Familie nicht mit der klassischen Familie ja benannt
wird: Vater, Mutter, Kind. Sondern Heimerfahrungen, Trennung, Todesfälle
auch. ... dass es einfach Thema sind, die sehr sensible angegangen werden
müssen, wenn man halt die Biografie seiner Schüler kennt“ (B1 GU: 40-40).
Krisenhafte, teils traumatische Erfahrungen aus der Lebenswelt des Kindes be-
dürfen in der Wahrnehmung der befragten Lehrkraft eines besonderen Bewusst-
seins für den subjektiv-biografischen Problemgehalt damit konnotierter Themen.
Im Kontext der Interviews wurde ergänzend erfragt, welche Bedeutung der
Sachunterricht für Schüler/innen mit besonderen Bedarfen in Einschätzung ihrer
Lehrkräfte haben kann. Darin wird Sachunterricht als glichkeit bestimmt,
„Interessen“ (14) der Schüler/innen aufzugreifen oder zu entwickeln. Entgegen
den zuvor skizzierten psychosozialen Problemlagen einzelner Kinder werden die
lebensweltlichen „Vorerfahrungen“ (6) der Kinder an dieser Stelle als Anknüp-
fungspunkt für sachunterrichtliche Lernprozesse vorrangig positiv konnotiert,
wie dies etwa folgende Lehrkraft zum Ausdruck bringt: „Wir hatten im letzten
Durchgang viele Kinder. Also einige Kinder mit einem sehr tollen Umweltwis-
sen“ (B8 GU: 79-79). Durch diesen Bezug zum Lebensalltag der Kinder wird
der Sachunterricht in der inklusiven Lerngruppe als Möglichkeit der „Beteili-
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gung aller Kinder“ (14) wahrgenommen, indem sich diese mit ihren vielfältigen
Erfahrungen in den Unterricht einbringen und austauschen können: „dass sie,
wenn wir ein Gespräch führen, dass super viel Beteiligung da ist. Dass sie ganz
viele Erfahrungen erzählen von zu Hause, von ihrem Leben, wo auch immer, aus
der OGS“ (B9 GU: 74-74). Eine direkte Begründung über die „Lebensbedeut-
samkeit“ (2) des Sachunterrichts findet sich hingegen nur in zwei Interviews:
„Weil ich finde, Sachunterricht bezieht sich ja eben auf den Alltag auch. Auf
den Alltag und auf viele Situationen, die die Kinder eben nicht an Formen
lernen oder so. Wo sie wirklich dann was fürs Leben lernen“ (B10 FS: 70-
70).
Damit tritt der Lebensweltbezug in seiner Bedeutsamkeit für die Schüler/innen
in den Aussagen und dem hiermit konnotierten Deutungswissen der Lehrkräfte
eher indirekt in Erscheinung.
Abb. 3: MaxMaps zur Kategorie „Inhaltsauswahl“ (eigene Darstellung)
Schließlich wurden die Lehrkräfte im Interviewkontext nach Kennzeichen eines
„guten“ Sachunterrichts befragt, um so subjektive, fachdidaktische Wertorien-
tierungen und Motive dezidierter zu erfassen. Im Ergebnis zeigt sich, dass „gu-
ter“ Sachunterricht auf Seiten der Lehrkräfte fallübergreifend vorrangig über die
Kriterien „Schüleraktivierung“ (14) und „Interessenorientierung“ (11) be-
stimmt wird. Andere Merkmale, wie „Methodenvielfalt (5), Kooperation“ (3)
oder „Kommunikation“ (3), die ebenfalls benannt werden, müssen hingegen
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vergleichsweise nachrangig erscheinen. Wie schon in den zuvor dargestellten
Befunden zu Auswahlmotiven und der Bedeutung des Sachunterrichts für die
Schüler/innen wird der Anspruch des „Lebensweltbezuges“ (1) nur von einer
Lehrkraft an dieser Stelle der Interviews als Kriterium „guten“ Sachunterrichts
expliziert. In der entsprechenden Interviewpassage wird jedoch ein Verständnis
von „Lebensweltbezug“ erkennbar, welches diesen einerseits als nahräumliches
Lebensumfeld des Kindes auffasst, andererseits aber ebenso die kulturelle Her-
kunft damit konnotiert.
„Und das zum Beispiel ist uns gut gelungen bei dem Thema [Wohnort], [Re-
gion] usw. Das fanden die ... alle Kinder toll, weil alle Kinder einem Bezug
zu sich, zu ihrem Wohnort und auch zu ihrer Nationalität haben“ (B8 GU:
83-83).
Wenn Lebensweltorientierung hingegen in einem weiteren Begriffsverständnis
genutzt wird, kann auch das Merkmal der „Interessenorientierung“ in diesem
Sinne als „Anknüpfen an durch den lebensweltlichen Erfahrungshorizont ge-
prägte individuelle Interessengedeutet werden, wie etwa an folgendem Anker-
zitat sichtbar wird:
„Möglichkeit individuellen Interessen ja nachzugehen, persönliche Meinun-
gen mit einzubringen“ (B1 GU: 96-96).
Im Ergebnis tritt demnach Lebensweltorientierung auf Ebene des Deutungswis-
sens im Interviewkontext eher latent auf, indem damit verwandte Prinzipien und
Ansprüche als handlungsleitend für den Sachunterricht formuliert werden. In der
direkten Frage nach dessen Relevanz für die Inhaltsauswahl im Fragebogen wird
dieses hingegen stark priorisiert, sodass sich für die nachfolgende Interpretation
spezifische Ambivalenzen zwischen normativem Anspruch an den eigenen Un-
terricht und der beschriebenen Praxis ergeben.
5. Lebensweltorientierung – Interpretationsversuche zwischen Anspruch
und Wirklichkeit
Nachfolgend sollen die zuvor referierten Teilergebnisse der Studie einer weiter-
führenden Interpretation unter Fokus auf die Bedeutung des Anspruchs der Le-
bensweltorientierung unterzogen werden. Wenn demnach von Lebensweltorien-
tierung gesprochen werden soll, ist dies in engem Zusammenhang mit der inhalt-
lich-thematischen Ausgestaltung des Sachunterrichts zu denken. Aus den Be-
funden lässt sich dabei ein inhaltlicher Schwerpunkt auf Themen aus der natur-
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GDSU-Journal Juni 2019, Heft 9
wissenschaftlichen Perspektive des Sachunterrichts bestimmen, worin Lebens-
welt als natürliche Umwelt der Kinder (Kahlert 2016a, Schreier 1999) in den
Fokus rückt, wohingegen das „Soziale“ bzw. die damit verbundene sozialwis-
senschaftliche Perspektive des Sachunterrichts zwar als wichtig und damit
gleichsam lebensweltlich bedeutsam auf Seiten der Lehrkräfte ausgedeutet wird,
jedoch Inhalte dieser Perspektive, also Lebenswelt als soziale Mitwelt (Schreier
a.a.O.), kaum über konkrete Themen zum Gegenstand des Unterrichts gemacht
werden. Innerhalb der Fragebogenerhebung wird hierbei Lebensweltorientierung
als wichtiges handlungsleitendes Motiv für die Inhaltsauswahl benannt (auch
Drossel et al. 2012; Giest 2002; Kalcsics, Moser & Stirnimann 2016). Diese bil-
det demnach im Gegensatz zur fachlichen Systematik, die kaum eine Rolle ge-
mäß der individuellen Relevanzsetzungen zu spielen scheint, eine zentralen
Ausgangspunkt für die thematisch-inhaltliche Planung des Sachunterrichts auf
Ebene des formulierten normativen Anspruchs. Irritierend ist in Triangulation zu
den Befunden der Experteninterviews, dass sich in diesen kaum direkte Bezüge
zum Prinzip der Lebensweltorientierung finden, sodass weitergehend zu fragen
ist, wie die interviewten Lehrkräften den Anspruch der Lebensweltorientierung
auf Ebene des subjektiven Deutungswissens (Bogner & Menz 2009) variierend
interpretieren.
In einem erweiterten Begriffsverständnis kann der Anspruch der Lebensweltori-
entierung vor dem Deutungshorizont der Lehrkräfte zunächst als „Interessenori-
entierung“ verstanden werden. Entsprechend wird damit sowohl die didaktische
Intention verbunden, bereits vorhandene, aus dem lebensweltlichen Kontext er-
wachsene Interessen der Kindern aufzugreifen (Hartinger & Fölling-Albers
2002), wie auch grundsätzliches Interesse am Sachunterricht und seinen Themen
zu entwickeln (Hartinger 2005, Hartinger & Hawelka 2005), worin eine Erwei-
terung des lebensweltlichen Erfahrungshorizontes intendiert scheint. Unter dem
epistemischen Aspekt des Interessenbegriffs (Krapp 2010) lässt sich so eine An-
schlussfähigkeit an einen wissenssoziologisch geprägten Lebensweltbegriff sen-
su Schütz und Luckmann (2003) konstatieren, wenn Interesse als das Fraglich-
werden in der Sachbegegnung gedeutet wird. In einer variierenden Begriffskon-
notation tritt Lebensweltorientierung in den Deutungen der Lehrkräfte auch in
Gestalt einer Orientierung an den individuellen Lernvoraussetzungen und Vorer-
fahrungen hervor. Dieses Moment kann im Material sowohl als Berücksichti-
gung lebensweltlicher Problemlagen der Schüler/innen bestimmt werden, wie
dies im sonderpädagogischen Diskurs teils fokussiert wird (etwa Bröcher 1997,
133
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Wittrock & Ricking 2017), wie auch Anknüpfungspunkte über die zentralen
Motive der „Schüleraktivierung“ und „Beteiligung“ in einer positiven Ausdeu-
tung der Voraussetzungen bestehen. Lebensweltorientierung verstanden als
Anspruch von den Lernvoraussetzungen und Vorerfahrungen auszugehen
würde damit als sehr grundsätzliches Moment sachunterrichtlicher Planung er-
scheinen und auf die Denkfigur der doppelten Heterogenität des Sachunterricht,
als Vielfalt der Sachen und der Kinder als Herausforderung für den Unterricht
verweisen (Hempel 2004).
Beide Deutungslinien sind darin jedoch nicht trennscharf und dürften im sachun-
terrichtlichen Planungshandeln vermutlich stärker konfundieren. Gleichwohl
können sich hieraus einige zentrale Implikationen für den weiteren Fachdiskurs
eines inklusiven Sachunterrichts ergeben, die abschließend dargestellt werden
sollen.
6. Fazit und Ausblick
Die im Material erkennbare Sensibilität bzw. Problemhaltigkeit spezifischer
Themen und Inhalte aus der sozialen Lebenswelt der Kinder lässt die Notwen-
digkeit erkennen, unter Bedingungen einer „Risikogesellschaft“ (Kaiser 2013)
bzw. entlang einer sozialisationstheoretischen Begründungslinie kindlicher Per-
spektivenvielfalt (Duncker 2007) die Lebenswelten unterprivilegierter Kinder
(Miller 2015) stärker in den Blick zu nehmen. Bedeutsam muss es darin sein,
Wege zu finden, wie diese lebensweltlichen Problemlagen thematisiert werden
können, ohne Differenzlinien zu reaktualisieren und damit eine Defizitfokussie-
rung zu reproduzieren. Dies setzt eine Stärkung der sozialwissenschaftlichen
Perspektive des Sachunterrichts (Reeken 2007, Richter 2013) im Kontext sozial
divergenter Lebenswelten durch Fokus auf eine didaktische Entwicklungsfor-
schung für einen inklusiven Sachunterricht voraus, zumal entsprechende Inhalte
und Themen gemäß der eigenen Datengrundlage eher marginalisiert erscheinen.
Dies muss auch unter der spezifischen Annahme gelten, dass inklusiver Sachun-
terricht als besondere „Entwicklungschance für benachteiligte Kinder“ (Wach-
tel & Wittrock 1997, 236; auch Kaiser 2000; Kaiser & Seitz 2017) gedacht wer-
den kann. Gleichzeitig verweisen die unterschiedlichen, teils auch divergenten
Befunde der eigenen Untersuchung, darauf, dass es weitergehender Forschung
zu der Frage bedarf, wie Lehrkräfte erkennbaren Widersprüchen zwischen die-
sem normativen Anspruch der Lebensweltorientierung und ihrem tatsächlichen
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GDSU-Journal Juni 2019, Heft 9
Unterrichtshandeln mit Blick auf (inklusiven) Sachunterricht auflösen oder zu-
mindest produktiv bearbeiten können.
Für die Weiterentwicklung einer inklusiven Sachunterrichtsdidaktik erwächst
hierbei die Aufgabe, die divergierenden Bedeutungsgehalte des Lebensweltbe-
griffs zu integrieren. Das epistemische Moment einer Lebensweltorientierung
verweist unter phänomenologischer bzw. wissenssoziologischer Perspektive auf
die Verbindung von lebensweltlichem Erkenntnishorizont und der Sphäre der
Wissenschaft (Pech & Schomaker 2013, Schomaker 2015). Weiterhin muss die
Notwendigkeit gesehen werden, fachdidaktische Strategien in der Vermittlung
zwischen Ansprüchen individueller Lernvoraussetzungen, fachlichem Kompe-
tenzerwerb und Zielsetzungen gemeinsamen Lernens fortzuentwickeln (Kahlert
2016b). Und schließlich muss inklusiver Sachunterricht über eine Lebensprob-
lemorientierung Prozesse gesellschaftlicher Marginalisierung und heterogener
Lebensentwürfe thematisieren (Miller 2015, Schroeder & Miller 2017a). Eine
solche Integrationsaufgabe eines lebensweltorientierten, inklusiven Sachunter-
richts könnte dabei durch eine stärkere Betonung von Interessenorientierung und
Interessenentwicklung über ein fragenorientiertes und forschendes Lernen der
Kinder realisiert werden (Miller & Brinkmann 2013, Schroeder & Miller
2017b).
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Article
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The "Analysis of address" seem to be an upcoming research method in social sciences. We tried to sort possibilities as well as limitations a bit.
... Vergleicht man das rekonstruierte Konzept des Lebenswelt-und Alltagsbezugs mit den Aussagen der Literatur (vgl. Nießeler 2015;Pech 2009;Schroeder 2019), wird deutlich: Die rekonstruierte Wissensordnung, über den Lebensweltbezug eine Beziehung zu den Schülerinnen und Schülern herzustellen, kann als grenzüberschreitend markiert werden, weil damit, Oevermann (1996) folgend, die widersprüchliche Einheit diffuser und spezifischer Sozialbeziehungen im pädagogischen Verhältnis einseitig zugunsten einer diffusen Beziehung aufgelöst wird, die zudem in erster Linie dem Beziehungsbedürfnis des Dozenten entspricht. Damit tritt jedoch umso klarer hervor, was eine professionelle Ausgestaltung des Lebensweltbezugs ausmacht: Diese ist an der Frage orientiert, wie es durch Bezugnahme auf das, was den Lernenden als Lebenswelt zugeschrieben wird, gelingen kann, eine bildende Beziehung zwischen den Gegenständen des Unterrichts und den einzelnen Lernenden zu stiften. ...
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Zusammenfassung Pädagogische Beziehungen spielen in der Lehrpersonenbildung der Schweiz eine wichtige Rolle. Sie sind dort sowohl als Thema in Lehrveranstaltungen als auch in der interaktiven Gestaltung präsent. Im qualitativ-rekonstruktiven Beitrag wird untersucht, welche Positionen und Vorstellungen zur Gestaltung pädagogischer Beziehungen Studierenden in einer Lehrveranstaltung zum Sachunterricht nahegelegt werden, die u. a. den ‚Lebensweltbezug‘ thematisiert. Die Rekonstruktion zeigt eine Spannung zwischen der Thematisierung pädagogischer Beziehungen und der performativ realisierten Beziehung des Dozenten zu den Studierenden. Im Beitrag werden das methodische Vorgehen und die Rekonstruktion dargestellt, bevor die Ergebnisse in ihrer Bedeutung und ihren Limitationen diskutiert werden.
Article
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Der Sachunterricht wird als ein besonders inklusionsförderliches Unterrichtsfach der Grundschule angesehen. Um gute Lernaufgaben für alle Schüler*innen zu realisieren, bedarf es dabei einer hohen diagnostischen Kompetenz der Lehrkräfte. Gute Lernaufgaben zeichnen sich durch eine Übereinstimmung zwischen Aufgabenanspruch und Lernvoraussetzungen der Schüler*innen im Sinne einer maximalen Adaptivität aus. Von ihnen können daher möglichst alle Lernenden profitieren. Anschließend an eine detaillierte Auseinandersetzung mit guten Lernaufgaben im Sachunterricht sowie mit der professionellen Herausforderung der Adaptivität steht in diesem Beitrag die Darstellung eines Analysetools im Fokus, das Lehrkräfte bei der Beschreibung und Reflexion von fach- und entwicklungsbezogenen Lernprozessen und -aufgaben im Sachunterricht unterstützen und ihnen dadurch die Wahrnehmung von Barrieren und Potentialen möglicher Lernaufgaben erleichtern soll. Abstract Primary science is considered to be a subject that is particularly conducive to inclusion. In order to realise good learning tasks for all pupils, teachers need a high level of diagnostic competence. Good learning tasks are characterized by a match between task demands and pupils’ learning requirements in the sense of maximum adaptivity. Therefore, all learners can benefit from them as much as possible. Following a detailed discussion of good learning tasks in primary science and the professional challenge of adaptivity, this article focuses on the presentation of an analytical tool that supports teachers in describing and reflecting on subject- and development-related learning processes and tasks in primary science and thus facilitates their perception of barriers and potentials of possible learning tasks.
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Familiäre Traumatisierungsprozesse, Gefühle der Ohnmacht gegenüber den gesellschaftlichen Institutionen sowie die Erfahrung soziokultureller Desintegration führen zu Konfliktkonstellationen, die von vielen jugendlichen Schülerinnen und Schülern in Form problematischer, häufig destruktiver Verhaltensweisen ausagiert werden. Die unter dem Titel Lebenswelt und Didaktik vorgestellten Analysen bildhafter Produktionen und alltagsästhetischer Prozesse legen die tieferen Sinnschichten `störender´ oder `auffälliger´ Verhaltensweisen frei. Das Modell der lebensweltorientierten Didaktik beinhaltet in erster Linie das Anbieten handlungsbezogener, symbolischer Auseinandersetzungsmöglichkeiten mit den manifest werdenden Lebenskonflikten. Voraussetzung ist die Öffnung des Unterrichts für die subkulturellen Inhalte und Praktiken der Jugendlichen. Erst auf dieser Basis werden Verzweigungen, Fortführungen und Vertiefungen im Sinne sachbezogener Lernprozesse möglich.
Book
Der Bildungsauftrag des Sachunterrichts, Kinder im Grundschulalter bei der Erschließung ihrer Umwelt zu unterstützen und dabei auch Grundlagen für das Lernen in den Sachfächern weiterführender Schulen zu legen, macht die Didaktik des Sachunterrichts zu einem anspruchsvollen Studien-, Forschungs- und Prüfungsgebiet. Die einzelnen Kapitel der 5. Auflage setzen sich mit dem Bildungsauftrag des Sachunterrichts auseinander, gehen auf die Vielfalt von Lernvoraussetzungen der Kinder ein, stellen ausgewählte fachdidaktische Konzeptionen und Perspektiven auch für einen inklusionsorientierten Sachunterricht vor und geben Anregungen zur Analyse und Reflexion von Sachunterricht. Das Buch leistet einen Beitrag zur fachdidaktischen Theoriebildung, gibt Entscheidungs- und Reflexionshilfen für die Unterrichtspraxis und bietet Grundlagen für die didaktische Begründung von Unterricht. Es wendet sich an Studierende und Lehrende an Universitäten und Pädagogischen Hochschulen sowie an Referendare und Lehrkräfte.
Die Erziehung soziokulturell-benachteiligter Schüler
  • E Begemann
Begemann, E. (1970): Die Erziehung soziokulturell-benachteiligter Schüler. Hannover.
Erkenntnisinteresse, Wissensformen, Interaktion
  • A Bogner
  • W Menz
Bogner, A. & Menz, W. (2009): Das theoriegenerierende Experteninterview. Erkenntnisinteresse, Wissensformen, Interaktion. In: Bogner, A.; Littig, B. & Menz, W. (Hrsg.): Das Experteninterview. Theorien, Methoden, Anwendung. 3. Aufl. Wiesbaden, 33-70.
A Concise Introduction to Mixed Methods Research
  • J W Creswell
Creswell, J.W. (2015): A Concise Introduction to Mixed Methods Research. Thousand Oaks.
Der Sachunterricht des "eigenen Lebens" -Grundkonzeption und empirische Relevanz
  • E Daum
Daum, E. (2004): Der Sachunterricht des "eigenen Lebens" -Grundkonzeption und empirische Relevanz. In: Hempel, M. (Hrsg.): Sich bilden im Sachunterricht. Bad Heilbrunn, 139-152.
Die Pluralisierung der Lebenswelten -eine didaktische Herausforderung für den Sachunterricht
  • L Duncker
Duncker, L. (2007): Die Pluralisierung der Lebenswelten -eine didaktische Herausforderung für den Sachunterricht. In: Schomaker, C. & Stockmann, R. (Hrsg.): Der (Sach-)Unterricht und das eigene Leben. Bad Heilbrunn, 32-44.
Sachunterricht und Inklusion
  • H Giest
Giest, H. (2011): Sachunterricht und Inklusion. In: Giest, H.; Kaiser, A. & Schomaker, C. (Hrsg.): Sachunterricht -auf dem Weg zur Inklusion. Bad Heilbrunn, 13-21.