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Antisemitismus in der »Alternative für Deutschland«

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Abstract

In the last 20 years, there have been countless public discussions about anti-Semitism. At the same time, anti-Semitism has become increasingly aggressive and violent, with right-wing and Islamist groups in particular claiming responsibility for anti-Semitic violence. This book presents the key occurrences and discussions relating to this issue in a condensed form by providing an overview of the individual facets of anti-Semitism and by classifying them according to their development. The interplay between right-wing, left-wing and Islamist anti-Semitism plus that in the mainstream of society is a characteristic of anti-Semitism since 9/11.
... Die mangelnde Authentizität dieses Auftretens ist bereits dechiffriert. Ein Grund hierfür sind antisemitische Äußerungen führender AfD-Politiker:innen (Salzborn 2019). Der Fall des -mittlerweile aus der Partei ausgeschlossenen -baden-württembergischen Landtagsabgeordneten Wolfgang Gedeon, der das Falsifikat der ,Protokolle der Weisen von Zion' für echt erklärt und Holocaust-Leugner als ,Dissidenten' bezeichnet, ist dabei nur die Spitze des Eisberges (Pfahl-Traughber 2019, S. 19-20, Rohde 2019, S. 62). ...
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Zusammenfassung Bereits seit einigen Jahren schwelt eine Diskussion über einen neuen Antisemitismus. Im Fokus dieser Debatten finden sich immer häufiger Einwanderer:innen, vor allem aber Muslim:innen wieder. Als Folge kam der Begriff eines islamisierten Antisemitismus auf. Schnell wurden diese Diskussionen zu einem Politikum. Rechtsextreme Akteure wie die Alternative für Deutschland griffen die Hinweise auf Antisemitismus unter Muslim:innen auf und instrumentalisierten diese für ihre antimuslimische Agenda. Diese Instrumentalisierung wiederum macht es Menschen, die sich gegen antimuslimische Diskriminierung einsetzen, schwer, die Existenz eines muslimischen Antisemitismus anzuerkennen. Anhand unterschiedlichen empirischen Materials untersucht dieser Beitrag die Prävalenz antisemitischer Ressentiments unter Muslim:innen und wie diese mit der Persistenz von Antisemitismus in der deutschen Gesellschaft zusammenhängen. Die Ergebnisse zeigen, dass traditionelle Formen des Antisemitismus und insbesondere israelbezogener Antisemitismus unter Muslim:innen besonders akzentuiert ausfällt. Der Antisemitismus, in muslimischen Submilieus, stellt neben dem ethnonationalen, rechtsextremen Antisemitismus eine Bedrohung für Jud:innen in Deutschland dar. Der Antisemitismus unter Muslim:innen stützt sich sowohl auf Narrative, die aus ihren Herkunftsländern stammen, sowie auf religiöse Quellen. Allerdings ist der Antisemitismus unter Muslim:innen in Deutschland geringer ausgeprägt als in den meisten Gesellschaften der islamischen Welt. Darüber hinaus sind schuldverleugnende Artikulationen von Antisemitismus nach wie vor ein Markenzeichen der autochthonen Bevölkerung und rechter politischer Milieus. Antisemitismus in Deutschland bedarf daher eines differenzierteren Verständnisses, als es noch vor wenigen Jahren notwendig erschien.
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Vor dem Hintergrund steigender antisemitischer Delikte und einer von Jüdinnen und Juden wahrgenommenen Bedrohung durch antisemitische Übergriffen fragt der Beitrag nach dem Ausmaß und der Entwicklung antisemitischer Einstellungen in Deutschland in einem Zeitfenster von 25 Jahren. Dazu werden zunächst fünf Desiderata der umfragebasierten Antisemitismus-Forschung identifiziert. Diese beziehen sich auf (1) die Klassifikation von Einstellungen als antisemitisch, (2) das Problem fehlender und ggf. sozial erwünschter Antworten sowie (3) der Frage der Berücksichtigung einzelner Bevölkerungsgruppen in den jeweiligen Primärstudien. Zusätzlich wird auf (4) uneinheitliche Befunde mit Blick auf die Bedeutung sozio-demographischer Merkmale – insbesondere auch der Zugehörigkeit zu einzelnen Geburtskohorten – hingewiesen. Schließlich finden sich aktuell wenige Hinweise in der Forschung, (5) welches antisemitische Potenzial in der (Nicht-)Wählerschaft jenseits der demokratischen Parteien identifiziert werden kann. Diese fünf Desiderata werden auf der Grundlage bestehender Forschung diskutiert und auf der Grundlage der Daten der Allgemeinen Bevölkerungsumfrage der Sozialwissenschaften (ALLBUS) untersucht. Im Ergebnis zeigt sich, dass bei einem strikteren Verständnis antisemitischer Einstellungen der Anteil derjenigen, die keinerlei Ressentiments gegenüber Jüdinnen und Juden äußern, deutlich geringer ist, als dies in der bisherigen Literatur benannt wird, antisemitische Einstellungen jedoch insgesamt in der Bevölkerung zurück gehen. Anhand von Regressionsanalysen wird deutlich, dass antisemitische Einstellungen sozial strukturiert sind und gleichsam in der Mitte der Gesellschaft verankert sind. Es lassen sich drei zentrale Trägergruppen identifizieren: (i) die vor 1945 Geborenen überwiegend in Westdeutschland lebenden, (ii) Personen, die sich dem rechten politischen Spektrum zuordnen und (iii) dem Islam zugehörige Personen. Darüber hinaus lässt sich ein deutliches antisemitisches Potential bei WählerInnen der AfD und diverser Kleinst-Parteien aber auch bei Nicht-WählerInnen identifizieren. Der Beitrag schließt mit einer Diskussion dieser Ergebnisse mit Blick auf die Ursachen und gesellschaftspolitischen Folgen antisemitischer Einstellungen in Deutschland.
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Seul, Marc/Zarbock, Luca (2022): Antisemitismusforschung zwischen Kontinuität und Adaptivität. Einleitende Überlegungen zu gegenwärtigen Kontroversen und Herausforderungen. In: Schmidt, Lennard/Borsch, Andreas/Richter, Salome/Seul, Marc/Zarbock, Luca/Heudtlaß, Niels (Hrsg.), Antisemitismus zwischen Kontinuität und Adaptivität. Interdisziplinäre Perspektiven auf Geschichte, Aktualität und Prävention. Göttingen: V&R unipress, 11–30. Verlagswebsite: https://www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com/detail/index/sArticle/57881
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Zusammenfassung Die AfD setzt in ihrer Identitätskonstruktion zunehmend auf einen populistischen Gegensatz zwischen „christlich-jüdischem Abendland“ und „dem Islam“, obwohl sie sich weder durch eine besondere Nähe zur Kirche und christlichen Wähler:innen noch zur jüdischen Gemeinde auszeichnet. Der folgende Beitrag zeigt anhand einer Analyse von Programmen, Äußerungen und weiteren Veröffentlichungen, dass sich die Partei einer bestehenden Muslimfeindlichkeit in der Bevölkerung bedient und Religion zum Zweck der nativistischen Mobilisierung und Stimmenmaximierung instrumentalisiert. Sowohl der Islam als auch Christentum und Judentum werden zum Träger inhärenter kultureller Merkmale umgedeutet und damit von ihrer religiösen Bedeutung losgelöst. Dabei bedient sich die AfD in ihren essenzialisierenden Zuschreibungen einer antimuslimisch-rassistischen Rhetorik. Durch die Einbettung in einen „Kampf der Kulturen“ schafft es die Partei, ihre mitunter rechtsextremen nativistischen Positionen, die sich vor allem in antipluralistischen Haltungen und einer Unterminierung der Religionsfreiheit zeigen, als Verteidigung liberaler christlich-aufgeklärter Werte, gar als Philosemitismus, zu verklausulieren. Der Beitrag zeigt, dass diese Islamisierung der Debatten und die gleichzeitige Berufung auf ein „christlich-jüdisches“ Erbe einem wahltaktischen Kalkül zur Stimmenmaximierung folgt, das über einen vermeintlich drohenden Identitätsverlust den rechten Rand und die bürgerliche Mitte gleichermaßen inkludiert, während man sich selbst vom Vorwurf des Rechtsextremismus freispricht.
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Right-wing extremism in Germany has recently undergone considerable changes with a new right-wing party, the Alternative for Germany (AfD) successfully entering several local state parliaments as well as the European Parliament, "Pegida" demonstrations representing a new type of public action in terms of social movements, and the emergence of institutions like the Library of Conservatism and magazine projects like Sezession. This article considers whether such developments could be seen as a renaissance of the "New Right", representing a long-term success in its strategies. Since the 1970s, the strategy of the New Right has been based on promoting a culturally conservative metapolitics in the pursuit of "cultural hegemony", meaning to influence public opinion in the Federal Republic of Germany and shift it to the right-which at first glance might seem to have succeeded in light of recent events. The developments seen in German far-right extremism, however, have been neither monocausal nor monolithic. Therefore, this article will take a closer look at various aspects of the idea that recent changes in Germany's rightwing extremism might represent a successful implementation of this New Right strategy.
Book
Minderheitenkonflikte gehören in multikulturellen Gesellschaften zum politischen Alltag. Die Lösungsansätze reichen vom liberal-demokratischen Minderheitenschutz bis hin zum völkisch-nationalen Volksgruppenkonzept, um dessen Durchsetzung sich rechte Akteure seit geraumer Zeit bemühen. Samuel Salzborn zeichnet die Geschichte des Volksgruppentheorems vom Ersten Weltkrieg bis in die Gegenwart nach, analysiert dessen theoretische Hintergründe und beschreibt die Akteure ethnischer Politik in Europa. Dabei verknüpft er zeitgeschichtliche Analysen mit Aspekten der europäischen Integration und des Völkerrechts.
Article
Within less than two years of being founded by disgruntled members of the governing CDU, the newly formed Alternative for Germany (AfD) party has already performed extraordinarily well in the 2013 general election, the 2014 EP election, and a string of state elections. Highly unusually by German standards, it campaigned for an end to all efforts to save the euro and argued for a reconfiguration of Germany’s foreign policy. This seems to chime with the recent surge in far-right voting in Western Europe, and the AfD was subsequently described as right-wing populist and Europhobe.
vorgänge: Zeitschrift für Bürgerrechte und Gesellschaftspolitik
  • Christoph Kopke
  • Alexander Lorenz
Christoph Kopke and Alexander Lorenz, "Auf dem Weg in die 'Nationale Opposition?,'" vorgänge: Zeitschrift für Bürgerrechte und Gesellschaftspolitik, no. 216 (2016): 15-28, here 24.
  • See Beat Balzli
  • Matthias Kamann
See Beat Balzli and Matthias Kamann, "Petry will den Begriff 'völkisch' positiv besetzen," Die Welt Online, 11 September 2016.
Hitler's Volksgemeinschaft and the Dynamics of Racial Exclusion
  • Michael Wildt
Michael Wildt, Hitler's Volksgemeinschaft and the Dynamics of Racial Exclusion (New York, 2012).
Januar 2017: 2 BvB 1/13-Rn. (1-1010);" available at www
  • Bundesverfassungsgericht
Bundesverfassungsgericht, "Urteil des Zweiten Senats vom 17. Januar 2017: 2 BvB 1/13-Rn. (1-1010);" available at www.bverfg.de/e/bs20170117_2bvb000113.html, accessed 20 January 2017.
Soziogenese ethnischer Minoritäten
  • Wolf-Dietrich Bukow
Wolf-Dietrich Bukow, "Soziogenese ethnischer Minoritäten," Das Argument, no. 181 (1990): 422-426, here 423 (emphasis in original).
Rechte Euro-Rebellion: Alternative für Deutschland und Zivile Koalition e
  • Andreas Kemper
Andreas Kemper, Rechte Euro-Rebellion: Alternative für Deutschland und Zivile Koalition e.V. (Münster, 2013).