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Die Echokammer-Hypothese: Fragmentierung der
¨
Offentlichkeit und politische Polarisierung durch digitale
Medien?
Jan Philipp Rau, Sebastian Stier
Zusammenfassung Inwiefern digitale Medien politische Prozesse beeinflussen ist
eine intensiv diskutierte Frage inner- und außerhalb der Politikwissenschaft. Beson-
dere Prominenz in dieser Debatte hat dabei die Hypothese sogenannter ”Echokam-
mern“ gewonnen, wonach digitale Medien ihre Nutzer darin best¨
arken, insbesonde-
re solche Nachrichten zu beziehen, deren politische Positionierung sie teilen, und
dadurch zu einer gesellschaftlichen Polarisierung beitragen. W¨
ahrend Echokam-
mern in der ¨
offentlichen Debatte zumeist unkritisch als gegeben betrachtet wer-
den, wird das Konzept im wissenschaftlichen Diskurs zunehmend hinterfragt. Als
Herausforderungen erweisen sich dabei eine schwache theoretische Aufarbeitung
des Ph¨
anomens, ein stark zersplittertes Forschungsfeld und eine mangelnde Ge-
neralisierbarkeit von Forschungsergebnissen aufgrund des prim¨
aren Fokus auf den
US-amerikanischen Kontext. Der vorliegende Beitrag begegnet diesen Problem-
stellungen und gibt einen detaillierten ¨
Uberblick ¨
uber das Forschungsfeld. Der Li-
teratur¨
uberblick tr¨
agt dabei zur theoretischen Erfassung des Untersuchungsgegen-
stands bei, insbesondere durch eine explizite Differenzierung zwischen Fragmentie-
rung und Polarisierung, und ber¨
ucksichtigt außerdem l¨
anderspezifische Variatio-
nen. Insgesamt kommt dieser ¨
Uberblick zu dem Schluss, dass die im ¨
offentlichen
Diskurs ge¨
außerte Furcht vor einer gesamtgesellschaftlichen Fragmentierung und
damit verbundenen politischen Polarisierung empirisch nicht unterst¨
utzt wird. So
ist aufbauend auf die bisherige Forschung keine Fragmentierung ¨
offentlicher Auf-
merksamkeit entlang politischer Pr¨
aferenzen feststellbar. Auch auf der Wirkungs-
ebene der Polarisierung sprechen die bisherigen Erkenntnisse gegen die verein-
fachten Annahmen der Echokammer-Hypothese. Dennoch sind die bisherigen wis-
senschaftlichen Befunde aufgrund von Limitationen im Datenzugang noch nicht
umfassend genug. Der Beitrag verdeutlicht, dass die politische Kommunikations-
forschung insbesondere von innovativen, extern validen Designs und komparativer
Forschung außerhalb des US-Kontexts profitieren w¨
urde.
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2 Jan Philipp Rau, Sebastian Stier
1 Einleitung
”Wer sie [die sozialen Netzwerke] nutzt, w¨
ahlt aus, was er wahrnehmen will, wann
und von wem er es lesen oder h¨
oren will und schließlich, mit welchem ausgew¨
ahlten
Kreis von sogenannten Freunden er seine Erkenntnisse teilen will. Algorithmen
verst¨
arken diesen Effekt. Schließlich entstehen die Echor¨
aume, in denen Einzelne
oder Gruppen sich im Alleinbesitz der Wahrheit w¨
ahnen, w¨
ahrend sie – taub f¨
ur
die Außenwelt – ihren eigenen ¨
Uberzeugungen lauschen, die von den W¨
anden
widerhallen.“ (Joachim Gauck)1
Die zur¨
uckliegenden Jahre, die von politischen Großereignissen wie dem Brexit-
Referendum und der Wahl Donald Trumps zum US-amerikanischen Pr¨
asidenten
gepr¨
agt waren, wurden von vielen politischen Kommentatoren als Zeitenwende
interpretiert. Auch in Deutschland hat sich die politische Landschaft durch das
Aufkommen neuer Akteure wie Pegida und AfD nachhaltig ver¨
andert. Begleitet
werden diese Ereignisse von einem Ringen um die Deutung ihrer Ursachen. Immer
wieder wurde hierbei auch die Rolle des Internets als relevante Informationsquelle
und Ort f¨
ur politische Auseinandersetzungen genannt (siehe generell Kneuer 2017
und Newman et al. 2019). Besondere Aufmerksamkeit innerhalb dieser Debatte
schenkten Wissenschaftler (Guess et al. 2018b; Hagen et al. 2017; Zuiderveen Bor-
gesius et al. 2016), Journalisten2und Politiker wie Angela Merkel, Joachim Gauck
und Barack Obama3dem Ph¨
anomen sogenannter ”Echokammern“ in digitalen
Medien.
Entwickelt wurde diese These dabei nicht in der politik- oder kommunikati-
onswissenschaftlichen Forschung, sondern wurde von Denkern außerhalb der So-
zialwissenschaft in die ¨
offentliche Debatte eingebracht. Einer der ersten Autoren,
der die Idee solcher Echokammern prominent diskutierte, war Cass Sunstein, ein
US-amerikanischer Professor f¨
ur Rechtswissenschaft. Dieser argumentierte, dass
im Zuge der Ver¨
anderung der Medienlandschaft das Risiko der Fragmentierung
und Polarisierung der politischen ¨
Offentlichkeit steige. Eine funktionierende De-
mokratie brauche eine Basis an gemeinsamen Erfahrungen sowie einen Austausch
¨
uber strittige Themen, Menschen und Ideen, jedoch sei beides durch aktuelle me-
dientechnologische Entwicklungen gef¨
ahrdet. Diese Idee wurde weiterentwickelt:
So warnt Eli Pariser, ein US-amerikanischer Denker und Internetaktivist, vor ei-
ner Personalisierung des Informationsuniversums eines jeden Einzelnen durch In-
ternetfilter wie Suchmaschinen, soziale Netzwerkseiten (SNS) und andere Online-
Plattformen. Dadurch werde der Einzelne in einer endlosen Ich-Schleife und einem
Informationsdeterminismus immer wieder mit den eigenen Vorstellungen konfron-
tiert (Pariser 2011).
W¨
ahrend Echokammern in der ¨
offentlichen Diskussion als potentieller Treiber
pr¨
agender politischer Entwicklungen intensiv diskutiert werden, wird das Kon-
zept im wissenschaftlichen Diskurs zunehmend kritisch betrachtet und von wach-
1http://www.bundespraesident.de/SharedDocs/Reden/DE/Joachim-
Gauck/Reden/2016/12/161201-Festakt-Presserat.html
2http://www.sueddeutsche.de/politik/mein-facebook-dein-facebook-wie-es-in-den-
echokammern-von-links-bis-rechts-aussieht-1.3576513
3https://www.bundeskanzlerin.de/bkin-de/aktuelles/rede-von-bundeskanzlerin-
merkel-zur-eroeffnungsveranstaltung-der-30-medientage-am-25-oktober-2016-424430;
https://www.washingtonpost.com/politics/media-critic-obama-is-worried-that-balkanized-
media-are-feeding-partisanship/2016/03/27/8c72b408-f1e3-11e5-89c3-a647fcce95e0 story.html
Die Echokammer-Hypothese 3
sender politik- und kommunikationswissenschaftlicher Evidenz in Frage gestellt
(Barber´a 2015; Nelson und Webster 2017; Stark 2013; Zuiderveen Borgesius et al.
2016). Als Herausforderungen erweisen sich dabei eine schwache theoretische Auf-
arbeitung des Ph¨
anomens, ein stark zersplittertes Forschungsfeld und eine man-
gelnde Generalisierbarkeit von Forschungsergebnissen aufgrund des starken Fokus
auf den US-amerikanischen Kontext. ¨
Ahnliche Literatur¨
uberblicke wie der unse-
re konnten diesen Problemstellungen teilweise begegnen, wurden jedoch aus einer
prim¨
ar kommunikationswissenschaftlichen (Zuiderveen Borgesius et al. 2016) bzw.
US-amerikanischen (Guess et al. 2018b; Prior 2013) Sicht vorgelegt. Der vorlie-
gende Beitrag kn¨
upft an diese Vorarbeiten an, tr¨
agt aber dar¨
uber hinausgehend
zu einer theoretischen Sch¨
arfung des Untersuchungsgegenstands bei, insbesonde-
re durch eine explizite Differenzierung zwischen Fragmentierung und Polarisie-
rung, und ber¨
ucksichtigt außerdem l¨
anderspezifische Variationen außerhalb des
US-amerikanischen Kontexts.
Der Artikel ist wie folgt gegliedert. In Kapitel 2 wird das Konzept der Echokam-
mern theoretisch erfasst. Dabei wird eine in der Forschungsliteratur oft ¨
ubergang-
ene, aber wichtige Unterscheidung zwischen Fragmentierung und Polarisierung vor-
genommen; anschließend werden die ihnen zugrundeliegenden Mechanismen aus-
differenziert. Anhand der Frage, ob die Verteilung ¨
offentlicher Aufmerksamkeit
im Netz ideologisch verzerrt ist, widmet sich Kapitel 3 dem Konzept der Frag-
mentierung, wobei der Nachrichtenkonsum auf Webseiten und die Rolle von Such-
maschinen und SNS bei der Verteilung ¨
offentlicher Aufmerksamkeit in den Blick
genommen werden. Kapitel 4 wechselt auf die Wirkungsebene und geht der Frage
nach, inwiefern digitale Medien verschiedene Formen von Polarisierung bef¨
ordern.
Im Fazit werden die Erkenntnisse zusammengefasst und weiterer Forschungsbedarf
aufgezeigt.
2 Theoretischer Hintergrund
Die bisherige Zersplitterung des Forschungsfeldes resultiert im wesentlichen Ma-
ße aus einem ungen¨
ugenden und uneinheitlichen theoretischen Verst¨
andnis des
Ph¨
anomens. Dem begegnen wir, indem wir in diesem Kapitel eine umfassende De-
finition anbieten, dabei explizit zwischen Fragmentierung und Polarisierung unter-
scheiden und anschließend die dem Konzept der Echokammern zugrundeliegenden
Mechanismen ausdifferenzieren und kritisch diskutieren.
2.1 Konzeptualisierung: Fragmentierung und Polarisierung
Sowohl in der ¨
offentlichen als auch in der wissenschaftlichen Diskussion werden
unterschiedliche, aber meist eng miteinander verkn¨
upfte Konzepte wie ”Echo-
kammern“ (Sunstein 2001, 2007), ”Filterblasen“ (Pariser 2011), ”Medienenklaven“
(Webster und Ksiazek 2012) oder ”Gated Communities“ (Sunstein 2001) disku-
tiert. All diese Ans¨
atze interpretieren die technische und habituelle Evolution des
Internets als demokratietheoretische Herausforderung.
Wenn im Folgenden der Sammelbegriff ”Echokammer“ verwendet wird, be-
zieht er sich auf die These einer Fragmentierung der ¨
offentlichen Aufmerksamkeit
und eine daraus resultierende gesellschaftliche Polarisierung von Einstellungen und
4 Jan Philipp Rau, Sebastian Stier
Pr¨
aferenzen entlang politischer Vorpr¨
agungen selbst-selektierter Teilpublika. Die
bef¨
urchteten Konsequenzen sind ein Zerfall der ¨
Offentlichkeit, eine Gef¨
ahrdung der
gesellschaftlichen Integration und des gesellschaftlichen Konsens und damit eine
Erosion zentraler Elemente der Demokratie (van Aelst et al. 2017).
Bevor im Folgenden drei Treiber der Fragmentierung und Polarisierung im
Internetzeitalter unterschieden werden, soll darauf hingewiesen werden, dass die
Bewertung je nach demokratietheoretischem Ausgangspunkt durchaus differen-
ziert ausfallen kann. So kann eine partielle Fragmentierung der Medienlandschaft
und des Publikums als ein Zeichen von Pluralismus und Diversit¨
at interpretiert
und willkommen geheißen werden (Fletcher und Nielsen 2017, p. 478–479). Betont
wird in diesem Zusammenhang beispielsweise die Bedeutung von politisch homo-
genen R¨
uckzugsr¨
aumen abseits des ”Mainstreamdiskurses“, die einen Ausgangs-
punkt f¨
ur politische Aktion und Partizipation darstellen k¨
onnen (Fraser 1990).
In diesem Zusammenhang f¨
allt auch die Bewertung politischer Polarisierung nicht
zwangsl¨
aufig negativ aus, da diese auch positive Effekte wie eine klare Unterscheid-
barkeit von politischen Alternativen, die Steigerung von politischer Beteiligung
und eine h¨
ohere Parteiidentifikation haben kann (Helms 2017). Ein zu großes Aus-
maß an Polarisierung wird jedoch zumeist als sch¨
adlich interpretiert, da sie die
demokratische Konfliktbearbeitung durch prinzipielles Misstrauen gegen¨
uber dem
politischen Gegner und durch Kompromissunf¨
ahigkeit erodiert, so dass das demo-
kratische System an sich Schaden nimmt (Helms 2017).
2.2 Potentielle Treiber von Fragmentierung und Polarisierung durch das Internet
F¨
ur eine m¨
ogliche verst¨
arkte Fragmentierung und Polarisierung im Internetzeit-
alter lassen sich drei wesentliche Antriebskr¨
afte identifizieren: (1) ein scheinbar
unbegrenztes Volumen konsumierbarer Medienangebote im Zusammenspiel mit
menschlichen Pr¨
adispositionen, (2) die neu geschaffenen M¨
oglichkeiten zur sozialen
Vernetzung in SNS sowie (3) technologische Intermedi¨
are wie die algorithmischen
Filtersysteme von Suchmaschinen oder SNS.
2.2.1 Individuelle Ebene: Pr¨
adispositionen und Selective Exposure
Eine grundlegende Entwicklung der digitalen Medienlandschaft ist das explosi-
onsartige Wachstum eines immer gr¨
oßeren und enger integrierten Medienange-
bots, das es Nutzern erlaubt, ortsunabh¨
angig und zeitsouver¨
an Medieninhalte
auszuw¨
ahlen (Webster 2014). Sunstein (2007) warnt, dass dies zu einer selektiven
Nutzungsweise entsprechend der eigenen Pr¨
adispositionen und Weltbilder f¨
uhre.
In der Literatur wird die These der Informationsselektion durch eine Pr¨
aferenz f¨
ur
politisch kongruente Medieninhalte als ”Selective Exposure“ bezeichnet (wobei
sich selbiges Konzept beispielsweise auch auf die Pr¨
aferenz f¨
ur bestimmte Themen
oder Mediengattungen wie Nachrichten vs. Entertainment beziehen kann).
Mit Selective Exposure eng verkn¨
upft sind motivational geleitete kognitive Pro-
zesse, ”Motivated Reasoning“ genannt. Dieses Konzept geht davon aus, dass Men-
schen bewusst oder unbewusst unterschiedliche Zielsetzungen bei der Auswahl von
Nachrichten haben. Folgen sie ”accuracy goals“, ist es die prim¨
are Zielsetzung, fak-
tisch richtige Informationen zu gewinnen. Oftmals dominieren jedoch ”directional
Die Echokammer-Hypothese 5
goals“. Dabei geht es nicht um eine ergebnisoffene Informationssuche- und verar-
beitung, sondern stattdessen werden best¨
atigende Informationen f¨
ur eine bereits
bestehende Meinung bevorzugt (Stroud 2017). Als gemeinsame Grundlage von
Selective Exposure und Motivated Reasoning wird oft Festingers Theorie der ko-
gnitiven Dissonanz (Festinger 1962) angef¨
uhrt. Diese beschreibt, dass beim Auftre-
ten widerspr¨
uchlicher Kognitionen ein unerw¨
unschtes Gef¨
uhl auftreten kann, z.B.
wenn neue Informationen im Widerspruch zu einer bisherigen Einstellung stehen
(Stroud 2017).
Die These der selektiven Informationsauswahl wird prinzipiell durch einige La-
borexperimente gest¨
utzt (Garrett et al. 2014; Knobloch-Westerwick und Meng
2009; Iyengar und Hahn 2009; Trilling et al. 2016), wobei sich die Nutzer bei ihrer
Auswahl an diversen Merkmalen einer Nachricht (Nachrichtenquelle, Nachrich-
teninhalt oder Zuordnung zu einer bestimmten politischen Partei) zu orientieren
scheinen (Knobloch-Westerwick und Meng 2009; Iyengar und Hahn 2009; Stroud
2010).
Dennoch ist die realweltliche Wirkungsweise umstritten und eine differenzierte
Betrachtung der sozialpsychologischen Grundlagen der Echokammer-Hypothese
notwendig. So w¨
ahlen Menschen zwar gezielt Informationen aus, mit denen sie
¨
ubereinstimmen, vermeiden aber nicht zwangsweise dissonante Informationen (Gar-
rett 2009). Auch l¨
asst sich feststellen, dass eine Pr¨
aferenz f¨
ur best¨
atigende Inhalte
beim Selektionsprozess von Nachrichtenquellen zwar durchaus eine Rolle spielen
mag, allerdings nicht f¨
ur sich alleine steht. Viele Nutzer pr¨
aferieren beispielsweise
bei entsprechender M¨
oglichkeit Entertainment-Angebote gegen¨
uber jeglichen poli-
tischen Inhalten, unabh¨
angig von deren ideologischer Ausrichtung (Prior 2007; van
Aelst et al. 2017). Geht es dagegen um die Auswahl politischer Inhalte, scheinen
unter anderem soziale Ein߬
usse (beispielsweise Empfehlungen von Freunden) oder
habituelle Gewohnheiten oftmals eine gr¨
oßere Rolle zu spielen als die Pr¨
aferenz f¨
ur
politisch konsonante Inhalte (Guess 2018; Messing und Westwood 2014). Schlus-
sendlich l¨
asst sich die angenommene Wirkungsweise des Arguments hinterfragen:
Die Echokammer-Theorie interpretiert Polarisierung als Folge einer fehlenden Kon-
frontation mit dissonanten Informationen, ein Zusammenhang, der durch Motiva-
ted Reasoning in Frage gestellt wird. Denn dieses beeinflusst nicht nur die Informa-
tionsselektion, sondern auch die Informationsverarbeitung: Verfolgen Individuen
bei der Informationsverarbeitung prim¨
ar ”directional goals“, wollen sie ihre be-
reits bestehende Meinung beibehalten. Kognitiv dissonante Informationen k¨
onnen
in diesem Fall kognitive Abwehrreaktionen hervorrufen, die zu einer Verst¨
arkung
der bereits bestehenden Meinung f¨
uhren. Die Konfrontation mit dissonanten In-
formationen hat dann eine polarisierende statt einer de-polarisierenden Wirkung –
ein Zusammenhang, der kontr¨
ar zu den beschriebenen grundlegenden Annahmen
der Echokammer-Theorie steht.
Diese und weitere Faktoren stehen in Konkurrenz zum Selective-Exposure-
Mechanismus und seinen postulierten Effekten und beeinflussen somit die letzten
Endes getroffene Auswahl von (Online-)Medieninhalten und die m¨
ogliche Wir-
kungsweise dieser Auswahl.
2.2.2 Netzwerkebene: Soziale Homophilie
Das zweite m¨
ogliche Einfallstor f¨
ur eine Fragmentierung der politischen ¨
Offent-
lichkeit und Polarisierung der Gesellschaft ist die M¨
oglichkeit der sozialen Ver-
6 Jan Philipp Rau, Sebastian Stier
netzung im Internet, insbesondere innerhalb von SNS. Es wird bef¨
urchtet, dass
aufgrund des Mechanismus der Homophilie statt eines Austauschs von verschie-
denen Menschen mit unterschiedlichen Vorstellungen und Weltbildern eine Bil-
dung politisch homogener Gruppen stattfinde, die einen sozialen Filter bilden.
Die Mitglieder einer Gruppe teilen untereinander best¨
atigende Informationen und
best¨
arken sich entsprechend der These der Gruppenpolarisierung gegenseitig in
ihren Meinungen (Sunstein 2007).
Grunds¨
atzlich lassen sich auch diese Argumente gut begr¨
unden: Homophilie ist
ein wohl erforschtes und in verschiedensten Kontexten nachgewiesenes Ph¨
anomen
(McPherson et al. 2001). M¨
ogliche negative Konsequenzen eines einseitigen politi-
schen Meinungsbildungsprozesses wurden schon außerhalb des Internets diskutiert
(Mutz und Mondak 2006). Im Internet und insbesondere in SNS bestimmen so-
ziale Kontakte mit dar¨
uber, welche Inhalte von Nutzern gesehen und ausgew¨
ahlt
werden.
Es gibt allerdings auch Gegenargumente, die daf¨
ur sprechen, dass ein substan-
tieller Teil der Nutzer durchaus in politisch heterogene Netzwerke eingebettet sein
k¨
onnte. Forscher wie Barber´a (2015) argumentieren, dass SNS durch sehr große
und damit tendenziell heterogene Netzwerke Nutzer mit politisch vielf¨
altigeren
Inhalten konfrontieren, als dies beispielsweise in Offline-Kontexten der Fall w¨
are.
Tats¨
achlich sollte die Frage, ob sich homogene oder heterogene Netzwerkstruktu-
ren entwickeln, von einer Vielzahl unterschiedlicher Teilaspekte abh¨
angig sein. Ge-
nannt werden sollten hierbei spezifische Zeitfenster (beispielsweise Wahlk¨
ampfe),
politische vs. nicht-politische Themen, individuelle Eigenschaften der Nutzer und
nicht zuletzt die Funktionsweise eines konkreten Online-Angebots. Auch aus dem
Mechanismus der Homophilie l¨
asst sich daher nicht ohne empirische ¨
Uberpr¨
ufung
auf die Herausbildung fragmentierter und polarisierter Gruppen schließen.
2.2.3 Technische Ebene: Algorithmen und Filter
Als dritter m¨
oglicher Treiber f¨
ur Fragmentierung und Polarisierung wird die Se-
lektion durch technologische Filtersysteme sowie die damit verbundene Individua-
lisierung der Medienangebote genannt. So haben Suchmaschinen, SNS und Emp-
fehlungssysteme auch aufgrund der Informations- und Angebotsdichte im Internet
eine neue Gatekeeperfunktion erlangt (Stark 2013; Thorson und Wells 2016). Diese
sammeln, selektieren, gewichten und aggregieren Informationen und individualisie-
ren somit das Medienangebot f¨
ur den Nutzer, was in der Regel unter F¨
orderung der
kognitiven Konsonanz desselben geschieht. So k¨
onnten Onliner in einer endlosen
Ich-Schleife einem Informationsdeterminismus unterliegen, der sie immer wieder
mit ihren eigenen Vorstellungen indoktriniert (Pariser 2011).
Technologische Filtersysteme k¨
onnen theoretisch die Fragmentierung des Pu-
blikums erheblich bef¨
ordern. Allerdings ist die Rolle dieser Filtersysteme letztend-
lich von ihrer praktischen Umsetzung abh¨
angig. Die entsprechenden Algorithmen
nehmen meistens eine Vielzahl an Signalen wie Inhalt einer Website und ihrer Bei-
tr¨
age, Aktualit¨
at, pers¨
onliche Eigenschaften der Nutzer, Verhalten anderer Nutzer,
Beziehung der Nutzer zu anderen Nutzern und mehr auf. Eine Pr¨
aferenz der Nut-
zer f¨
ur eine bestimmte politische Ausrichtung muss damit als ein Faktor unter
vielen interpretiert werden. Die tats¨
achliche Erforschung dieses Treibers ist mit ei-
nigen grundlegenden Herausforderungen verbunden: Die exakte Arbeitsweise der
Systeme ist unbekannt, in der Regel Gesch¨
aftsgeheimnis der jeweiligen Firmen und
Die Echokammer-Hypothese 7
wird laufend ver¨
andert und angepasst (Lischka und St¨
ocker 2017). Die tats¨
achliche
Gr¨
oße der Effekte solcher Systeme ist somit mangels Datenzugang kaum verl¨
asslich
messbar.
In diesem Kapitel wurde deutlich, dass alle drei der Echokammer-Hypothese
zugrundeliegenden theoretischen Mechanismen in Zusammenhang mit diversen an-
deren Faktoren gesehen werden m¨
ussen. Dieser Schritt erfolgt in den beiden fol-
genden Kapiteln, wo untersucht wird, inwiefern Fragmentierung (Kapitel 3) und
Polarisierung (Kapitel 4) durch das Internet bef¨
ordert werden.
3 Fragmentierung
Im folgenden Kapitel soll gepr¨
uft werden, ob eine tats¨
achliche Fragmentierung
¨
offentlicher Aufmerksamkeit erkennbar ist und inwiefern es Unterschiede zwischen
verschiedenen politischen und mediensystemischen Kontexten gibt. Zun¨
achst wird
die Verteilung ¨
offentlicher Aufmerksamkeit beim Nachrichtenkonsum auf Web-
seiten betrachtet; anschließend wird untersucht, welchen Einfluss Suchmaschinen
und SNS als Informationsintermedi¨
are und -quellen entwickeln. Definiert wird
¨
offentliche Aufmerksamkeit dabei in Anlehnung an Webster (2014) als der Kon-
sum von Medienangeboten durch eine Vielzahl von Individuen (dem Publikum)
¨
uber Zeit und Raum hinweg.
3.1 Nachrichtenkonsum online: Webseiten
Einen ersten Startpunkt f¨
ur die Analyse von Fragmentierungstendenzen von ¨
of-
fentlicher Aufmerksamkeit im Internet bietet ein Blick auf die Nutzungszahlen von
Webseiten. Hier wird deutlich, dass sich ein Großteil der ¨
offentlichen Aufmerk-
samkeit trotz des unbegrenzten Angebots auf einige wenige besonders beliebte
Seiten konzentriert (Nelson und Webster 2017; Webster 2014). Untersucht man
die popul¨
arsten Nachrichtenangebote, handelt es sich bei diesen ¨
uberwiegend um
Online-Angebote von traditionellen Medien wie Zeitungen oder Fernsehkan¨
alen
(CNN oder Spiegel Online). Reine Online-Medien wie Breitbart oder Daily Caller
sind ideologisch klar positioniert, haben aber deutlich kleinere Nutzerzahlen als
etablierte Medienanbieter (Newman et al. 2019).
Ein aggregierter Blick auf die Medienlandschaft l¨
asst allerdings keine Aussa-
ge zu, inwiefern Seitenbesucher zwischen einzelnen Angeboten wechseln, oder in
anderen Worten, ob eine ¨
Uberlappung oder Fragmentierung unterschiedlicher Me-
diensph¨
aren erkennbar ist. Hier k¨
onnen nutzerfokussierte Studien Aufschluss ge-
ben, traditionell aufbauend auf Umfragedaten (Fletcher und Nielsen 2017) oder,
als entscheidender methodischer Fortschritt, auf Tracking-Daten des individuellen
Medienkonsums. Studien mit innovativen Online-Beobachtungsdaten k¨
onnen mo-
derate Tendenzen ideologischer Fragmentierung feststellen, aber nur f¨
ur bestimm-
te Subgruppen und bei gleichzeitigem Einfluss wichtiger Drittvariablen (Flaxman
et al. 2016; Gentzkow und Shapiro 2011; Guess 2018).
Stattdessen haben die meisten Menschen einen relativ diversen und politisch
ausgeglichenen Medienkonsum oder konsumieren gar keine Nachrichten (Guess
2018; Newman et al. 2019). Ein B¨
undel an Faktoren wie habituelle Gewohnheiten
(Besuch der Online-Pr¨
asenzen etablierter Offline-Medien, Multifunktionalit¨
at von
8 Jan Philipp Rau, Sebastian Stier
Online-Portalen etc.), Inhaltspr¨
aferenzen (Entertainment vs. politische News als
moderierende Variable) und strukturelle Faktoren (Popularit¨
at bestimmter Ange-
bote etc.) bestimmen die Medienselektion. Lediglich f¨
ur eine Minorit¨
at von sehr
konservativen Nutzern kann z.B. Guess (2018) einen stark ideologisch gepr¨
agten
und politisch kongruenten Nachrichtenkonsum feststellen. Selbst in dem hochgra-
dig polarisierten Zweiparteiensystem der Vereinigten Staaten haben Medien wie
beispielsweise Fox News, die klar einem politisch Lager zugeordnet werden, ei-
ne politisch diverse Nutzerschaft. Interessant in diesem Kontext ist, dass dies bis
zu einem gewissen Maß sogar f¨
ur extremere Angebote wie Breitbart gilt (Guess
2018; Nelson und Webster 2017). Vergleiche mit Offline-Kontexten, in denen Men-
schen mit Politik konfrontiert werden, zeigen schließlich, dass die vermeintliche
”high-choice“-Konstellation im Netz sogar in heterogeneren Diskussionsnetzwer-
ken resultiert, als dies in politischen Gespr¨
achen mit Freunden und Familie der
Fall ist (Barnidge 2017; Gentzkow und Shapiro 2011).
Doch wie sehen die empirischen Befunde außerhalb des viel analysierten ame-
rikanischen Falls aus? Generell gibt es im breiteren Feld der Internetforschung
kaum l¨
andervergleichende Studien (Kneuer 2017). Die vergleichende Kommunika-
tionsforschung zeigt aber, dass eine Reihe von strukturellen Faktoren das Angebot
und die Auswahl von Nachrichten beeinflussen. So sollten beispielsweise Mehr-
parteiensysteme und duale Rundfunksysteme medialen Fragmentierungstenden-
zen entgegenwirken. Tats¨
achlich ist der ¨
offentlich-rechtliche Rundfunk in Europa
immer noch bedeutsam und in den meisten L¨
andern die meistgenutzte Nachrich-
tenquelle (Pew Research 2018). Auch im Vereinigten K¨
onigreich mit einer star-
ken Yellow Press und aggressiven Online-Nachrichtendiensten ist die BBC ¨
uber
politische Lager hinweg die mit Abstand reichweitenst¨
arkste Nachrichtenquelle
(Newman et al. 2019). Mit seiner integrativen Wirkung reduziert der ¨
offentliche
Rundfunk Selective-Exposure-Tendenzen (Bos et al. 2016). Er ist zudem f¨
orderlich
f¨
ur wichtige demokratische Systembausteine wie politisches Wissen und die Qua-
lit¨
at der politischen Berichterstattung (Bos et al. 2016; van Aelst et al. 2017).
Der versch¨
arfte Wettbewerb um Aufmerksamkeit im stark kommerzialisierten US-
Mediensystem und die damit einhergehenden negativen Konsequenzen w¨
aren in
den meisten europ¨
aischen L¨
andern undenkbar. So zeigen l¨
andervergleichende Um-
fragen eine geringe Fragmentierung der Mediennutzung anhand der ideologischen
Selbsteinsch¨
atzung von Befragten (Newman et al. 2019; Pew Research 2018).
Schließlich gibt es zwischen dem Medienkonsum offline und online große ¨
Uber-
schneidungen (Fletcher und Nielsen 2017; Trilling und Schoenbach 2013).
Somit gibt es kaum Evidenz f¨
ur eine gesamtgesellschaftliche Fragmentierung
des Nachrichtenkonsums auf Webseiten – unabh¨
angig davon, ob Umfrage- oder
Beobachtungsdaten herangezogen werden. Dies gilt in stark polarisierten L¨
andern
wie den USA und noch deutlicher f¨
ur weniger stark polarisierte L¨
ander mit inte-
grativen Mediensystemen in Europa. Diese Befunde deuten darauf hin, dass der
Nachrichtenkonsum auf Webseiten nicht prim¨
ar von politischen Pr¨
aferenzen gelei-
tet wird.4
4Generell muss darauf hingewiesen werden, dass s¨
amtliche Nachrichtenangebote in ihrer
Popularit¨
at z.B. von Entertainment- oder Shopping-Seiten deutlich ¨
ubertroffen werden. Das
Internet ist nur sekund¨
ar ein Raum f¨
ur politische Debatten oder die Informationssuche – ein
Punkt, der bei den erhitzten Debatten ¨
uber die potentiellen Gefahren des Internets f¨
ur die
Demokratie oft vernachl¨
assigt wird (Dutton et al. 2017; Prior 2007).
Die Echokammer-Hypothese 9
3.2 Nachrichtenkonsum online: Suchmaschinen und soziale Netzwerkseiten
3.2.1 Suchmaschinen
Intermedi¨
are Plattformbetreiber spielen in der Fragmentierung von ¨
offentlicher
Aufmerksamkeit eine potentiell bedeutsame Rolle. Suchmaschinen (prim¨
ar Goo-
gle) werden beispielsweise in den USA von ca. 20% der Onliner als prim¨
arer Zu-
gangskanal zu Nachrichten genutzt (Newman et al. 2019). W¨
ahrend in der Theorie
ein großes Potential zur politischen Beeinflussung der Nutzer zu bestehen scheint
(Epstein und Robertson 2015), fallen empirische Untersuchungen gemischt aus:
Personalisierungseffekte bei Suchergebnissen konnten in ersten explorativen Stu-
dien kaum festgestellt werden (Hannak et al. 2013; Puschmann 2018). Unterschie-
de wurden allerdings in der Darstellung der verschiedenen politischen Parteien in
Suchergebnissen gefunden (Puschmann 2018).
Auf der Rezipientenseite zeigen erste Studien, dass Suchmaschinen-Nutzer ge-
w¨
ohnlich mehrere Informationsquellen konsumieren und regelm¨
aßig mit nicht-
kongruenten politischen Informationen konfrontiert werden. Zudem neigen die
Nutzer dazu, die zuerst gelisteten Resultate aufzurufen, wovon meist die bereits
bekannten und etablierten Medienanbieter profitieren (Dutton et al. 2017; Flax-
man et al. 2016).
3.2.2 Soziale Netzwerkseiten
Auch SNS nehmen im Wissenserwerb ¨
uber aktuelle politische Geschehnisse in
vielen L¨
andern mittlerweile eine zentrale Rolle ein. Dabei gibt es eine deutliche
Varianz zwischen Plattformen und L¨
andern, so nutzen z.B. 46% der Onliner in
den USA und 34% der deutschen Internetnutzer SNS zum Nachrichtenkonsum
(Newman et al. 2019).
Zur Beantwortung der Frage, inwiefern SNS Fragmentierungstendenzen be-
f¨
ordern, kann ein Blick auf die Verbreitung ideologisch eindeutig gepr¨
agter Inhalte
(z.B. durch sogenannte ”Shares“, von Nutzern geteilten Inhalten) als Indikator
dienen. Hierbei lassen sich erhebliche l¨
anderspezifische Unterschiede feststellen. So
scheinen in den USA in Wahlkampfzeiten plattform¨
ubergreifend sogenannte ”Fake
News“ oder ”Hyperpartisan News“ (Dis- bzw. Misinformationen) einen nicht un-
erheblichen Anteil an Shares auszumachen (Allcott und Gentzkow 2017; Benkler
et al. 2018). Diese Inhalte werden ¨
ublicherweise als politisch extrem einseitig und
polarisierend angesehen und scheinen in SNS tendenziell eine h¨
ohere Verbreitung
zu finden als außerhalb (Allcott und Gentzkow 2017). Dabei fehlen nicht nur die
klassischen Medien als Gatekeeper; tats¨
achlich scheinen, bef¨
ordert durch menschli-
che Pr¨
adispositionen und algorithmische Kurierung, insbesondere emotionale und
negative Inhalte in SNS Popularit¨
at zu erlangen (Allcott und Gentzkow 2017; Ha-
sell und Weeks 2016). Allerdings kommen erste Studien in Deutschland zu dem
Schluss, dass hier derartige normativ problematische Inhalte in SNS deutlich we-
niger pr¨
avalent sind als in den USA (S¨
angerlaub et al. 2018). Stattdessen spielen
traditionelle Medien eine wesentlich gr¨
oßere Rolle.
Es ist wichtig zu betonen, dass diese Kennzahlen nur als Indizien daf¨
ur interpre-
tiert werden k¨
onnen, von wie vielen Nutzern diese Inhalte tats¨
achlich konsumiert
werden. So scheint sich zumindest im Falle von Misinformationen sowohl das Teilen
als auch das Lesen solcher Inhalte auf eine Minderheit zu beschr¨
anken (Grinberg
10 Jan Philipp Rau, Sebastian Stier
et al. 2019; Guess et al. 2018a, 2019). Ein weiterer Indikator k¨
onnen durch Klicks in
SNS erzeugte Website-Besuche sein. Hier l¨
asst sich keine st¨
arkere Form von Selec-
tive Exposure feststellen als durch die autonome Auswahl von Nutzern (Flaxman
et al. 2016; Guess 2018).
Ein wesentlicher Faktor f¨
ur m¨
ogliche Fragmentierungstendenzen innerhalb SNS
ist die Homo- bzw. Heterogenit¨
at der Kontaktnetzwerke der Nutzer. Allerdings ist
die Forschung in der zentralen Frage nach der Rolle der Homophilie uneinheitlich.
Zwar gibt es eine Vielzahl an Studien, die insbesondere mit Blick auf Twitter eine
mehr oder weniger ausgepr¨
agte Fragmentierung des politischen Diskurses entlang
politischer Ideologien feststellen (unter vielen Studien z.B.: Barber´a et al. 2015;
Conover et al. 2011; Lietz et al. 2014; Vaccari et al. 2016), jedoch variieren die Er-
gebnisse stark in Abh¨
angigkeit vom Thema (politisch vs. nicht-politisch) und Zeit-
fenster (beispielsweise Wahlk¨
ampfe) (Barber´a et al. 2015). Da die Datengrundlage
von Twitter-Studien meist von selbst-selektierten B¨
urgern, die sich zu politischen
Themen ¨
außern, generiert wird und zudem – dieser Punkt ist besonders zentral
– keine Messungen (passiver) Rezeption von Inhalten m¨
oglich sind, lassen Studi-
en mit dieser Datenbasis nur begrenzte Aussagen zur Echokammer-Hypothese zu.
Zudem ist die Vergleichbarkeit und Relevanz von Twitter zu anderen zentraleren
Plattformen wie Facebook zu hinterfragen.
Insgesamt muss festgestellt werden, dass der Nachrichtenkonsum in SNS nur
unzureichend erforscht ist. Interne und damit von unabh¨
angigen Forschern nicht
replizierbare Studien von Facebook deuten darauf hin, dass sowohl soziale Ho-
mophilie als auch algorithmische Prozesse zu einer moderaten ideologischen Ver-
zerrung des Nachrichtenkonsums von politisch aktiven US-B¨
urgern f¨
uhren (Baks-
hy et al. 2015). Inwiefern Nutzer politische Inhalte innerhalb von SNS in Form
von Previews zu verlinkten Artikeln oder spezifisch f¨
ur SNS erzeugten Forma-
ten (Posts, Fotos etc.) konsumieren, bleibt aber weitgehend unbekannt. ¨
Ahnliches
gilt f¨
ur durch Messengerdienste wie WhatsApp und Videoplattformen wie You-
tube vermittelte Meinungsbildungsprozesse, wobei es deutliche Hinweise darauf
gibt, dass diese Plattformen zur Verbreitung von politisch extrem einseitigen und
polarisierenden Inhalten beitragen (Kaiser und Rauchfleisch 2019; Machado und
Konopacki 2018). Das Problem wird dadurch versch¨
arft, dass Plattformen mit ge-
ringem Datenzugriff f¨
ur externe Forscher wie beispielsweise Facebook im Vergleich
zu eher offenen Plattformen wie Twitter f¨
ur die Mehrheit der Bev¨
olkerung eine
wesentlich zentralere Stellung als Nachrichtenquelle einnehmen.5
4 Wirkungsebene: Polarisierung
Unter dem Stichwort Polarisierung werden eine Vielzahl unterschiedlicher Kon-
zepte zusammengefasst, die sich auf mehreren Ebenen und in unterschiedlichen
Ausformungen manifestieren k¨
onnen. So l¨
asst sich Polarisierung beispielsweise auf
der Einstellungsebene, auf der Verhaltensebene (z.B. bei Wahlen) und auf der
Wahrnehmungsebene (Differenz zwischen wahrgenommener und tats¨
achlicher Po-
larisierung) untersuchen (Prior 2013). Der vorliegende Beitrag konzentriert sich
5Ausnahmen bilden von Facebook selbst durchgef¨
uhrte Studien (Bakshy et al. 2015) und
das neue Forschungsprogramm Social Science One: https://socialscience.one/our-facebook-
partnership.
Die Echokammer-Hypothese 11
entsprechend der in Kapitel 2 ausgef¨
uhrten Definition von Echokammern prim¨
ar
auf die Einstellungsebene.
Auch gibt es unterschiedliche Auspr¨
agungen von Polarisierung, die betrach-
tet werden k¨
onnen, so hat die Unterscheidung zwischen einer ”themenbasierten“
und einer ”identit¨
atsbasierten“ Polarisierung eine besondere Prominenz in der
Forschung erlangt (Prior 2013). W¨
ahrend erstere politische Parteizugeh¨
origkeit
vor allem als Divergenz in Standpunkten zu einzelnen Themen und Fragestel-
lungen (z.B. zum Klimawandel) versteht, interpretiert letztere hingegen Parteizu-
geh¨
origkeit in erster Linie als soziale Identit¨
at, wobei Parteianh¨
anger weniger als
rational abw¨
agende Individuen und mehr als ”emotional involvierte Fans“ verstan-
den werden sollten. Gleichzeitig sind beide Arten von Polarisierung miteinander
verbunden: Die St¨
arke der Parteiidentit¨
at wird auch davon beeinflusst, wie ein-
heitlich die thematische Positionierung des Einzelnen der Positionierung der Partei
entspricht (Mason 2015).
4.1 Medien und Polarisierung
M¨
ochte man nun im Detail erfassen, wie gesellschaftlich-politische Polarisierung
durch das Internet beeinflusst werden kann, gilt es zu verstehen, wie Medien im
Allgemeinen Meinungsbildungsprozesse bei einzelnen B¨
urgern und damit in der
Bev¨
olkerung insgesamt pr¨
agen. Dies wird dadurch verkompliziert, dass es sich bei
der Bestimmung von Medieneffekten um ein extrem weitverzweigtes Forschungs-
feld mit uneinheitlichen Befunden handelt, was ebenfalls f¨
ur den speziellen Fall
von m¨
oglichen Polarisierungseffekten durch Medien gilt. Die im Folgenden darge-
legte Zusammenfassung versucht einen ¨
Uberblick ¨
uber wesentliche Faktoren dieses
Prozesses zu verschaffen.
Zun¨
achst sollte festgehalten werden, dass der Ausgangspunkt m¨
oglicher Polari-
sierungseffekte oftmals in der Politik und weniger bei den Medien liegt. So herrscht
beispielsweise im Bezug auf die USA in der politikwissenschaftlichen Forschung ein
wachsender Konsens dar¨
uber, dass sich die zunehmende gesellschaftliche Polari-
sierung auf eine st¨
arkere Polarisierung der politischen Eliten zur¨
uckf¨
uhren l¨
asst
(Davis und Dunaway 2016; Prior 2013; Tucker et al. 2018). Dabei gelten Me-
dien als Austragungsort dieser politischen Auseinandersetzung und k¨
onnen eine
verst¨
arkende Wirkung entwickeln, werden aber nicht als urs¨
achlich f¨
ur die Polari-
sierung angesehen.
Durch einen versch¨
arften politischen Wettstreit kann sich die Art der Bericht-
erstattung ver¨
andern und f¨
ur m¨
ogliche Polarisierungseffekte relevante Merkmale
k¨
onnen zunehmen. Hierzu z¨
ahlen beispielsweise die Berichterstattung ¨
uber Kon-
flikte zwischen politischen Akteuren, eine generell steigende Negativit¨
at der Be-
richterstattung oder eine Zunahme von negativer Emotionalit¨
at. Dabei wird deut-
lich, dass der politische Kontext eine Rolle spielt: Je polarisierter eine politische
Landschaft ist, desto mehr Merkmale, wie beispielsweise auch das einfache Benen-
nen unterschiedlicher Akteure oder bestimmter politischer Streitthemen, werden
in dieser Hinsicht relevant (Tucker et al. 2018). Die konkrete Ausgestaltung der
Berichterstattung ist dabei immer noch vom einzelnen Medium abh¨
angig. So ent-
halten extrem einseitige Medien tendenziell mehr dieser Merkmale als traditionelle
Medien, aber auch letztere sind von der oben geschilderten Entwicklung betroffen.
12 Jan Philipp Rau, Sebastian Stier
Die Echokammer-Hypothese geht davon aus, dass sich eine gesellschaftliche Po-
larisierung dann entwickelt, wenn Nutzer im Sinne der Selective Exposure-Theorie
mit ihrer bereits existierenden Meinung konsonante Informationen konsumieren
und diese Meinung sich hierdurch weiter verfestigt. Dieser Effekt l¨
asst sich grund-
s¨
atzlich empirisch belegen (Garrett et al. 2014; Knobloch-Westerwick und Meng
2011; Stroud 2010), allerdings muss er differenziert betrachtet werden. Erneut
sollte darauf hingewiesen werden, dass ein substantieller Teil der Bev¨
olkerung
¨
uberhaupt keine oder nur in geringem Maße politische Nachrichten konsumiert.
Diese Menschen haben zwar oftmals ein geringeres politisches Vorwissen und we-
niger gefestigte Meinungen und sind somit leichter in ihren Positionen zu beeinflus-
sen als B¨
urger mit starkem politischen Interesse und bereits gefestigten Meinungen
(de Benedictis-Knesser et al. 2019). Solange allerdins kein oder kaum Nachrich-
tenkonsum stattfindet, sind auch keine oder nur abgeschw¨
achte Medieneffekte zu
erwarten.
Dar¨
uber hinaus ist es wichtig zu unterstreichen, dass f¨
ur die Polarisierungsfor-
schung nicht nur die Informationsselektion, sondern auch eine potentiell verzerrte
Informationsverarbeitung relevant ist (siehe Motivated Reasoning). So scheint die
St¨
arke von Polarisierungseffekten beim Konsum konsonanter Informationen kei-
nesfalls einheitlich zu sein (Trilling et al. 2016) und in einigen F¨
allen l¨
asst sich ei-
ne gegens¨
atzliche Wirkungsrichtung beobachten, so dass der Konsum dissonanter
Informationen zu einer Reduktion von themenbasierter Polarisierung f¨
uhrt, iden-
tit¨
atsbasierte Polarisierung allerdings zunimmt (Tucker et al. 2018). Individuelle
Merkmale wie die St¨
arke von Einstellungen, Auspr¨
agung von Parteiidentit¨
aten,
Wichtigkeit von Themen oder der affektive Status des Rezipienten (insbesondere
Wut) spielen eine entscheidende Rolle beim Auftreten von Polarisierungseffekten
(Mason 2015; Trilling et al. 2016; Wojcieszak et al. 2018).
Zusammengefasst l¨
asst sich also festhalten, dass Polarisierungseffekte durch
Medienkonsum einer starken Variabilit¨
at unterliegen. Diese Variabilit¨
at erkl¨
art
sich durch das komplexe Zusammenwirken verschiedenster Mechanismen, bei de-
nen die Struktur der konsumierten Nachrichten mit den individuellen Eigenschaf-
ten der jeweiligen Nutzer zusammenwirkt.
4.2 Online-Medienkonsum und Polarisierung
Das Zusammenwirken von konsumierter Nachricht und individuellen Charakteris-
tika l¨
asst sich grunds¨
atzlich auch im Online-Kontext finden (Garrett et al. 2014).
Auf der Angebotsseite versuchen im Internet zus¨
atzlich zu traditionellen Akteuren
alternative Medienseiten (Breitbart etc.) und extreme bzw. populistische politische
Parteien oder Aktivisten, die Aufmerksamkeit der Nutzer mit besonders einseiti-
gen und polarisierenden Inhalten zu gewinnen. Ihre tats¨
achliche Reichweite ist
allerdings, wie in Kapitel 3 erl¨
autert, eingeschr¨
ankt (im Webseitenbereich) oder
unklar (in SNS).6
Studien auf der Wirkungsebene zeigen, dass politische SNS-Nutzung Polarisie-
rung prinzipiell verst¨
arken kann (Bail et al. 2018). Die Forschungsergebnisse insge-
samt sind jedoch uneinheitlich. W¨
ahrend eine der seltenen L¨
angsschnittstudien auf
6Die (Online-)Reichweite polarisierender Nachrichten kann sich allerdings erh¨
ohen, wenn sie
in die Nachrichtenagenda der traditionellen Medien diffundieren (Benkler et al. 2018; Schroeder
2018)
Die Echokammer-Hypothese 13
Twitter eine depolarisierende Wirkung durch heterogene Netzwerke in verschiede-
nen L¨
andern wie den USA, Deutschland und Spanien nachweisen kann (Barber´a
2015), liefern Studien ¨
uber die Rolle von Facebook kontr¨
are und widerspr¨
uchliche
Ergebnisse (Allcott et al. 2019; Beam et al. 2018). Auch bez¨
uglich des Internetzu-
gangs insgesamt zeigt sich ein uneinheitliches Bild: W¨
ahrend Tewksbury und Riles
(2015) einen Zusammenhang zwischen Internetnutzung und Polarisierung in den
USA feststellen, argumentieren Boxell et al. (2017), dass politische Polarisierung
in den letzten Jahren insbesondere unter denjenigen US-B¨
urgern zugenommen
hat, die mit der geringsten Wahrscheinlichkeit das Internet nutzen. Außerhalb der
USA wurde ein Zusammenhang zwischen Online-Nachrichtenkonsum und Polari-
sierung von Einstellungen in nur zwei von zehn L¨
andern festgestellt, wobei sich
bemerkenswerterweise in fast allen L¨
andern eine Zunahme der subjektiv wahr-
genommenen Polarisierung in Abh¨
angigkeit von der Intensit¨
at der Nutzung von
Online-Nachrichten feststellen ließ (Yang et al. 2016). Wojcieszak et al. (2018) un-
tersuchen den Effekt von Offline- und Onlinemedienkonsum in den Niederlanden
und finden einen identit¨
atsbasierten Polarisierungseffekt bei Nutzern mit bereits
stark ausgepr¨
agten Meinungen.
Nicht ausreichend untersucht ist, inwiefern das Internet abseits einer gesamt-
gesellschaftlichen Polarisierung f¨
ur relevante Subgruppen einen solchen Effekt er-
zielen k¨
onnte. In Deutschland gibt es beispielsweise Anzeichen, dass insbesondere
Sympathisanten von Pegida und AfD soziale Medien zum Konsum von polarisie-
renden Inhalten aus SNS und sogenannten ”alternativen Medien“ nutzen (Hagen
et al. 2017; Stier et al. 2017). Auch kommen diverse Studien zu dem Schluss, dass
sogenannte extreme Nutzer mit besonders stark ausgepr¨
agten politischen Positio-
nen und ¨
uberdurchschnittlichem politischen Interesse deutlich von der Mehrheit
abweichende Verhaltensmuster aufweisen: Sie konsumieren polarisierende Nischen-
angebote wie Breitbart (Zuiderveen Borgesius et al. 2016), ihre Online-Netzwerke
sind gekennzeichnet durch einen h¨
oheren Grad an Homophilie (Bessi et al. 2015;
Bode 2016) und sie sind besonders h¨
aufig in Online-Diskussionen aktiv (Barber´a
und Rivero 2015).
F¨
ur letztgenannte Beispiele ist die Echokammer-Hypothese zum Verst¨
andnis
des Polarisierungsprozesses tendenziell irref¨
uhrend, da es sich nicht um eine Frag-
mentierung im eigentlichen Sinne handelt: Digitale (Nischen-)Medien und pola-
risierende Inhalte werden meist zus¨
atzlich zu traditionellen Medien konsumiert
(Zuiderveen Borgesius et al. 2016), es handelt sich also nicht um hermetisch ab-
geschlossene Kammern. Dennoch k¨
onnte das Internet f¨
ur politisch besonders in-
volvierte Gruppen sowohl durch die Verf¨
ugbarkeit von best¨
atigenden Inhalten mit
besonders polarisierenden Merkmalen (Einseitigkeit, Negativit¨
at, Emotionalit¨
at,
etc.) als auch durch die Konfrontation mit dissonanten Inhalten (siehe Motiva-
ted Reasoning und Identit¨
atspolarisierung) ihre Positionen weiter verst¨
arken und
somit zu einer gesamtgellschaftlichen Polarisierung beitragen.
5 Fazit und Ausblick
Im Artikel wurden verschiedene Problemstellungen herausgearbeitet, die sich bei
der Untersuchung der sogenannten Echokammer-Hypothese stellen. Zun¨
achst l¨
asst
sich unter Einschr¨
ankungen festhalten, dass die individualpsychologischen Annah-
men der Echokammer-Hypothese insbesondere von experimentellen Studien un-
14 Jan Philipp Rau, Sebastian Stier
terst¨
utzt werden. Demnach ist die individuelle Informationsselektion mit politi-
schen Pr¨
adispositionen korreliert. Allerdings ist die externe Validit¨
at experimen-
teller Studien h¨
aufig mangelhaft, da sie die Komplexit¨
at und Vielschichtigkeit von
Informations߬
ussen und -selektion im Kontext zunehmends digitalisierter Medien-
systeme nur schwerlich abbilden k¨
onnen.
In Bezug auf den politischen Nachrichtenkonsum auf Webseiten zeigen die For-
schungsergebnisse nahezu einheitlich, dass sich die Aufmerksamkeit des Publikums
auf einige wenige, h¨
aufig aus der Offline-Welt bekannte Nachrichtenmarken kon-
zentriert. Der Befund der fehlenden Fragmentierung, ja sogar im Gegenteil der
hohen Publikumskonzentration, ist als robust anzusehen, da es auf verschieden-
artigen Daten und Methoden basiert und in vielen westlichen Demokratien zu
beobachten ist (Fletcher und Nielsen 2017; Webster 2014).
Ein theoretisch großes Fragmentierungs- und Polarisierungspotential durch
Suchmaschinen und SNS ist aufgrund ihrer Filtersysteme und sozialen Empfeh-
lungen gegeben; die tats¨
achliche Wirkung bleibt jedoch angesichts mangelnder
empirischer Einblicke unklar. Einige Studien deuten auf einen eher moderaten Ef-
fekt von algorithmischer Kuratierung bei Plattformen wie Google und Facebook
hin. Hinsichtlich der gestiegenen Relevanz sozialer Vernetzung l¨
asst sich festhal-
ten, dass diese zumindest nicht generell zur Bildung politisch homogener Gruppen
f¨
uhrt, sondern dass allenfalls ereignis- und themengetrieben von relativ fluiden
Teil¨
offentlichkeiten gesprochen werden sollte. Fragmentierung ist von individuel-
len Merkmalen wie der Gr¨
oße der Kontaktnetzwerke, der St¨
arke der Vorpr¨
agungen
sowie vom politischen Interesse des Nutzers abh¨
angig (Prior 2013; van Aelst et al.
2017). Insgesamt scheinen die meisten Nutzer in heterogene Online-Netzwerke ein-
gebunden zu sein. Wie pr¨
avalent politisch relevante Inhalte und Aktivit¨
aten in
Suchmaschinen und SNS sind und inwiefern sie zu politischer Fragmentierung und
Polarisierung beitragen, k¨
onnten letztlich aber nur die Anbieter selbst einsch¨
atzen
– allen voran die Marktf¨
uhrer Google und Facebook.
Auf der Wirkungsebene der Polarisierung sprechen die Erkenntnisse ebenfalls
gegen die simplifizierenden Annahmen der Echokammer-Hypothese. Eine polarisie-
rende Wirkung von Internetnutzung im Allgemeinen und SNS im Speziellen l¨
asst
sich auch f¨
ur den vermeintlich paradigmatischen Fall der USA nicht oder allenfalls
in Ans¨
atzen feststellen. Es finden sich Hinweise auf den Einfluss von Drittvaria-
blen wie der St¨
arke der Parteiidentifikation, dem Polarisierungsgrad und affektiven
Status der Nutzer sowie einem moderierenden Einfluss von sozialen Empfehlun-
gen. Auch theoretisch wirft die Online-Kommunikation neue Fragen auf, denn
angesichts von Motivated Reasoning, d.h. einer stark motivational geleiteten In-
haltsverarbeitung, ist fraglicher denn je, ob die Rezeption politisch dissonanter
Inhalte tats¨
achlich zu ausgewogeneren politischen Positionen f¨
uhrt.
Aus unserem ¨
Uberblick lassen sich einige Leitfragen zur Einordnung von em-
pirischen Befunden ableiten: Welche der drei Treiber von Fragmentierung wer-
den erfasst? Wie umfassend sind unterschiedliche Mediengattungen abgedeckt?
Wird das Zusammenspiel von Angebotsebene und Nutzer- bzw. Wirkungsebene
beachtet? Haben die untersuchten Medienangebote Besonderheiten (z.B. im Hin-
blick auf den Grad an Politisierung oder die Rolle von Algorithmen)? Welche
Repr¨
asentativit¨
at hat das untersuchte Sample? Werden die Spezifika von unter-
schiedlichen Nutzergruppen mitbedacht? Welchen Zeitraum deckt die Untersu-
chung ab (L¨
angsschnitt vs. Querschnitt)? Wie aktuell sind die untersuchten Daten
mit Blick auf m¨
ogliche wichtige Ver¨
anderungen in der medialen oder politischen
Die Echokammer-Hypothese 15
Landschaft? Welche Interaktionsebene wird untersucht – ¨
offentliches Interagieren
mit Informationen/Nutzern oder auch nicht-¨
offentliche Rezeption von Inhalten?
Sind kausale oder nur Korrelationsaussagen m¨
oglich? Und schließlich, wurden die
Spezifika des politischen und medialen Systems bei der Interpretation der Ergeb-
nisse ber¨
ucksichtigt?
¨
Ahnlich wie bereits Zuiderveen Borgesius et al. (2016) und Guess et al. (2018b)
kommt diese Literatur¨
ubersicht zu dem Schluss, dass die im medialen Diskurs
ge¨
außerte Furcht vor einer gesamtgesellschaftlichen Fragmentierung und damit
verbundenen politischen Polarisierung empirisch nicht unterst¨
utzt wird. Aller-
dings ist festzuhalten, dass die wissenschaftlichen Befunde noch nicht umfassend
genug sind und meist auf einzelne Aspekte der Echokammer-Hypothese fokussie-
ren. Grunds¨
atzlich ist zu hinterfragen, inwiefern das Echokammer-Konzept mit
Blick auf die ausbleibende Fragmentierung ¨
offentlicher Aufmerksamkeit und an-
gesichts theoretischer Schwachpunkte eine hilfreiche Perspektive darstellt, um In-
formations߬
usse im Internet und ihre m¨
oglichen gesellschaftlichen Auswirkungen
zu analysieren. J¨
ungere theoretische Ans¨
atze, die die Komplexit¨
at und Vielschich-
tigkeit politischer Kommunikation online einbeziehen, sind hier vielversprechender
(Jungherr et al. 2019; Schroeder 2018; Thorson und Wells 2016). Schließlich wurde
deutlich, dass die politische Kommunikationsforschung insgesamt von innovativen,
extern validen Designs und komparativer Forschung außerhalb des US-Kontexts
profitieren w¨
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