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Linke, Angelika: Trauer, Öffentlichkeit und Intimität. Zum Wandel der Textsorte "Todesanzeige" in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. In: Fix, Ulla/Habscheid, Stephan/Klein, Josef (Hrsg.): Zur Kulturspezifik von Textsorten. (Textsorten 3 ), Tübingen, Niemeyer, 2001. S. 195-223.

Authors:
Sonderdruck
aus
Zur Kulturspezifik von Textsorten
Trauer, Öffentlichkeit und
Intimität
Zum Wandel der Textsorte ,Todesanzeige'
in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts
von
Angelika Linke
Texsorten Ulla Fix /Stephan Habscheid
losef Klein (Hrsg.)
Band / Volume 3 Zur Kulturspezifik
von Textsorten
Herausgegeben von Kirsten Adamzik (Genf), Gerd Antos (Halle/S.) und
Wolfgang Heinemann (Leipzig)
STAuFFENB URG
VERLAG
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme
Zur Kulturspezifik von Textsorten / Ulla Fix ... (Hrsg.).-
Tübingen: Stauffenburg-Verl., 2001
(Textsorten; Bd. 3)
ISBN 3-86057-682-8
~ 2001 .Stauffenburg Verlag Brigitte Narr GmbH
Postfach 25.25' D-72015 Tübingen
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt.
Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist
ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar.
Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen,
Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung
in elektronischen Systemen.
Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Werkdruckpapier.
Druck: Printcom, Erlangen
Printed in Germany
ISSN 1616-4423
ISBN 3-86057-682-8
.
.;
1.
Inhaltsverzeichnis
ZurEinfUhrung 7
Teil 1: Textsorten: Gegenstände und Beschreibungsdimensionen
Kirsten Adamzik, Genf
Die Zukunft der Text(sorten)linguistik.
Textsortennetze, Textsortenfelder, Textsorten im Verbund 15
Teil 2: Kulturkonzepte in der Textsortenbeschreibung
fannis KAndroutsopoulos, Heidelberg
Textsorten und Fankulturen 33
Ines-A. Busch-Lauer, Leipzig
Kulturspezifik in englischen und deutschen Originaltexten -
Medizin und Linguistik im Vergleich 51
fan Engberg, Aarhus
Kulturspezifische Ausprägung kulturübergreifender Texthandlungsmuster -
deutsche und dänische Landgerichtsurteile im Vergleich 69
Teil 3: Textsorten und Domänen im Kulturvergleich
Ewa Drewnowska-Varganc, Veszprcm
Kohärenzmanagement und Emittent-Rezipient-Konstellationen
in deutsche, polnisch- und ungarischsprachigen Leserbriefen 89
Matthias Hutz, Gießen
"Insgesamt muss ich leider zu einem ungünstigen Urteil kommen." Zur
Kulturspezifik wissenschaftlicher Rezensionen im Deutschen und Englischen 109
Marianne Lehker, Halle-Wittenberg
Chinesische und deutsche Aufsatzsorten im Vergleich 131
Marie-HeIene Pcrennec, Lyon
Die Sprachglosse beiderseits des Rheins:
Kulturelle Unterschiede bei einem gemeinsamen Textmuster
147
Marja-Lccna Piirulaincn, Tampere
Zur Selbst bezeichnung in deutschen und finnischen Textsorten 159 I
I
I
Daniela Vcronesi, Bolzano
Metaphern als Wegweiser in Fachtexten -
italienische und deutsche rechtswissenschaftliche Artikel im Vergleich 175 Angelika Linke
Teil 4: Kulturkontakt, Textsortengenese und Textsortengeschichte
Angelika Linke, Zürich
Trauer, Öffentlichkeit und Intimität. Zum Wandel der
Textsorte ,Todesanzeige' in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts 195 Trauer, Öffentlichkeit
Intimität und
Andreas Wagner, Mainz
Genetische und kontrastive Perspektiven bei der Analyse historischer Textsorten.
Exemplarisch aufgezeigt an der Textsorte ,Redeeinleitung' im
Alten Testament und im Alten Orient 225
Ingo Warnke, Kassel
Intrakulturell versus interkulturell -
zur kulturellen Bedingtheit von Textmustern 241
Zum Wandel der Textsorte ,Todesanzeige'
in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts
Hannes Kniflka, Bonn
Dialogical genres of newspaper communication across cultures.
Letters to the Editor in English Saudi Arabian Daily Newspapers 255
I'
Adressen der Autorinnen und Autoren
291
Trauer, Öffentlichkeit und Intimität
Zum Wandel der Textsorte ,Todesanzeige'
in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts
196 Angelika Lnke
Abstract
Neben der ,kl3ssischen' Todesanzeige, die den Tod eines Menschen anzeigt sowie Ort und Datum
der Beerdigung bekannt gibt, begegnet heute auch ein Anzeigetypus, der aufgrund seiner sprachlichen
Form und illokutiven Potenz als ,Brief der Hinterbliebenen an den Verstorbenen' gelesen werden muss.
Außerdem findet sich auch immer häufiger der Typus der ..Traueranzeige", in der weniger ein Tod
beklagt als vielmehr der durch diesen Tod ausgelösten Trauer öffentlich Ausdruck gegeben wird.
Dieser Textsortenwandel (der sich u.a. in der Veränderung syntaktischer Muster und in der Ausbil-
dung neuer Phraseologieschablonen zeigt) wird als semiotischer Kristallisationskern eines umfassende-
ren kulturellen Wandel prozesses im Rahmen der Konsolidierung einer ..Gesellschaft der Individuen"
(Elias) gedeutet. Damit wird gleichzeitig der Versuch unternommen, den Widerspruch, der sich ange-
sIchts der massenmed!alen Veröffentlichung des Privat-Intimen zunächst ergibt, als Ausdruck einer
Vl'riinderren sozialen Konzeprualisierung von Individualität und Öffentlichkeit zu verstehen und ihn in
der Rekonstruktion dieser neuen KonzeptUalisierung aufzulösen.
fragen, weshalb ich - und mit mir offenbar viele andere Zeitungsleser in derselben sozi-
alen Situation - an dieser Gewohnheit festhalte. Ich komme auf diesen Punkt zurück.
Zunächst aber möchte ich mich einer Beobachtung widmen, die sich in den letzten
Jahren bei meiner morgendlichen Lektüre zunehmend gehäuft hat und die den konkre-
ten Anstoß zu den folgenden Überlegungen bildet: Die Beobachtung nämlich, dass
neben der ,klassischen' Todesanzeige, die in konventionellen Formeln vom Tod eines
Menschen berichtet sowie Ort und Datum der Beerdigung bekannt gibt, heute ver-
mehrt Anzeigen begegnen, in denen hergebrachte Formeln eher vermieden werden und
die ein deutliches Bemühen der Inserenten um eine individuelle Gestaltung des Anzei-
gentextes verraten. Besonders auffällig ist dabei ein Anzeigentypus, der aufgrund seiner
sprachlichen Form und illokutiven Potenz eher als ,offener Brief der Hinterbliebenen
an den Verstorbenen' gelesen werden muss denn als Anzeige eines Todes.
Angelika linke (Zürich)
1. Todesanzeigen als ,offene Briefe' an Verstorbene
1.1 Textbeispiele
Ausgangspunkt meiner folgenden Überlegungen ist eine Alltagsgewohnheit, die ich mit
vielen Mitmenschen teile: Die Gewohnheit, Todesanzeigen zu lesen. Wie entsprechende
Umfragen von Zettungsredaktionen belegen, beginnt rur sehr viele Leser und Leserin-
nen -und durchaus nicht nur rur die älteren - die Zeitungslektüre mit der Lektüre der
Todesanzeigen.!
Diese habitualisierte Lektüre ist eine soziale Praxis, die man sich meist im Rahmen
familiärer Alltagskultur aneignet. Das gilt auch rur mich: Auch in meiner Familie war
der tägliche Blick auf die Seite mit den Todesanzeigen obligatorisch.
Allerdings hatte das Wissen darüber, wer gestorben ist, in dem kleinstädtischen
Umfeld, in dem ich aufgewachsen bin, eine andere soziale Bedeutung, als dieses Wissen
heute rur mich hat, wo ich in einer Großstadt lebe, eine überregionale Zeitung den
Gegenstand meiner morgendlichen Lektüre bildet und es der Normalfall ist dass mir
die Namen der Verstorbenen, die ich lese, unbekannt sind. '
Insofern ist meine Gewohnheit, die Seite mit den Todesanzeigen zumindest zu über-
fliegen, nicht mehr identisch mit der sozialen Praxis, als welche dieselbe Gewohnheit in
sozial und lokal kleinräumigeren Lebensverhältnissen gelten kann, und man kann sich
Als prototypisches Beispiel rur den Anzeigentypus "offener Brief" -ich verwende diesen
Terminus im Sinne eines Arbeitsbegriffes -kann Text (1) stehen, wobei allerdings zu
beachten ist, dass die Variationsbreite dieses Texttyps sehr hoch ist. Sie erstreckt sich
von noch deutlicher an das Briefmuster angelehnten Varianten wie etwa Text (2) über
Todesanzeigen, in denen nur ein Teil des Trauertextes sich direkt an die verstorbene
Person richtet -wie etwa in Text (3) -bis zu solchen, bei denen in deutlicher Muster-
mischung ein Brief text in die ansonsten konventionelle Anzeige eingefiigt ist, wie dies
bei Text (4) und Text (5) der Fall ist.
Eine Art Schwundstufe solcher ,offenen Briefe' bilden Anzeigen, in denen lediglich
ein letzter Satz oder eine letzte Floskel direkt an den Verstorbenen gerichtet ist wie in
Text (6) ("Wir lieben Dich sehr") oder Text (7) ("Deine Frau Hilde").
IGrundsätzlich kommt im Vergleich zu anderen Anzeigen den Todesanzeigen mit Abstand der
höchste Grad an Beachtung zu, vgl. von der Lage-Müller (1995:93) und Grümer/Helmrich (1994.80
Anm. 17). . ,
Trauer, Öffentlichkeit und Intimität 197 198 Angelika unke
Horcht in Euch hinein
und betrachtet die Unendlichkeit
von Raum und Zeit.
6010 Kriens, 18. Mai 1998
Zeughausstrasse 9.
Pythagoras
Zürich, 14. August 1998
Burstwiesenstrasse 20
Traueradresse: V. Kreis
Unterrütistr. 16,8135 Langnaua.A.
BestUrzt und tieftraurig stehen wir vor der Tatsache, dass Dein Herz nicht mehr schlägt.
Franz Burger
Dr. iur. Rechtsanwalt
13. März 1940-17.Mai 1998
TODESANZEIGE
Tieftraurig nehmen wir Abschied von unserem allerliebsten Mami
Nach einem erholsamen Wochenende hast Du Dich auf einen Abendritt gefreut, von dem Du
nicht mehr zurückgekehrt bist.
In unseren Herzen lebst Du weiter.
Marty Brändli-Rickenbacher
1907-1998
Ursula Burger-Schriber mit Irene, Yvonne lind JÜrg
Hans und Annelies Burger-Gyr
Rudolfund Marie-Theres Burger-Blättler
Elisabeth Graf-Burger
Dr. Hans und Gertrud Sehriher-MÜller
und Familien
Nach kurzer Leidenszeit ist sie von ihren Altersbeschwerden erlöst worden.
Wir sind dankbar, dass Du so lange bei uns warst, und wir werden Dich und Deine
fursorgliche Liebe sehr vermissen.
Stert>egd",!: Freitag. 22. Mai, 19.30 Uhr, PfalTkirchc Bruder Klaus, Kriens.
Trauergottesdienst: Samstag, 23. Mai, 9 Uhr, PfalTkirche Bruder Klaus, Kriens.
Umenbeisetzung: 10.30 Uhr, Friedhof SI. GaUus, Kriens.
Dreissigster: Freitag, 26. Juni. 18.30 Uhr, PfalTkirche Bruder Klaus. Kriens.
In stiller Trauer:
Verena Kreis-Brändli und Wolfgang König
Sylvia Brändli
Die Abdankung findet im Krematorium Sihlfe1d
am Dienstag, 18. August 1998, um 14 Uhr statt.
Abb. Text 1 (NZZ, 19.05.1998)"
Abb. Text 3 (Tagesanzeiger, 17.08.1998)
Jeder Mensch begegnet
einmal dem Menschel!
seines Lebens, aber nur
wenige erkennen ihn rechtzeitig. 8610 Uster, 15. Mai 1998
TODESANZEIGE
Thomas Christa Bücher
Mein Engel, warum hast Du mich verlassen? Ich wollte, ich hätte
Aügel, um Dich zu erreichen.
Im Himmel werden wir uns endlich wiedersehen. In unendlicher
Liebe, auf immer Dein.
Ruhe in Frieden.
28. 11. 1975 -]0.5. 1998
Liebi Christa
Die Sunne, wo Du vo Dirn Läbe mit eus teilt häsch, wird immer in eus wiiterbränne und eus
hälfe, Din Entscheid aznäh. Mir danket Dir ganz viII mal für die wunderschöni, wertvolli Zyl
mit Dir. Dini Fründe
Andrea
Abb. Text 2 (Tagesanzeiger, 08.03.1999)
Der Trauergottesdienst findet am Mittwoch, dem 20. Mai ]998,
um 9.15 Uhr in der Kirche SI. Franziskus in Kriens statt.
Mit Ausnahme von Abb. 13 handelt es sich um - den Originalen typographisch nachempfundene
-Abschriften.
Abb. Text 4 (Tagesanzeiger, ]5.05.1998)
r
Trauer, Öffentlichkeit und Intimität
1530 Payerne, 7. April 1998
«Wenn du bei Nacht den Himmel anschaust,
wird es dir sein, als lachten alle Sterne,
weil ich auf einem von ihnen wohne,
weil ich auf einem von ihnen lache.
Du allein wirst Sterne haben, die lachen können!»
Antoine de Saint-Exupery
Der kleine Prinz
TODESANZEIGE
Völlig unerwartet sind unsere Fliegerkameraden von einem Trainingsflug nicht mehr zu-
rtJckgekehrt. Mit grossem Schmerz müssen wir Kenntnis nehmen vom Tod von
Andrea «Dede» Martinoli
1971-1998
Karl «Kari» Heinzelmann
1956-/998
Lieber Dede, lieber Kari
Mit sprtJhender Lebensfreude, unerschöpflichem Optimismus und viel Humor seid Ihr uns als
Freunde begegnet. Mit Eurer Ausstrahlung und eurer Professionalität seid Ihr uns zum
erstrebenswerten Vorbild geworden. Wir werden Eure Menschlichkeit, Eure Fröhlichkeit und
Zuverlässigkeit sehr vermissen.
PATROUILLE SUISSE und PC-7-TEAM
Abb. Text 5 (NZZ, 11./12.04.1998)
-,
199 200 Angelika Linke
8304 Wallisellen, 21.8.1998
Guyerstrasse 3
.
TODESANZEIGE
Traurig nehmen wir Abschied von unserem lieben
Hans Bärtsch-Godenzi
geb. 22.10.1960 -19. 8.1998
Er hinterlässt eine unersetzbare Lücke in unserem Leben. Aber wir sind alle sehr dankbar,
dass wir einen Teil unseres Weges gemeinsam mit ihm gehen durften.
Wir lieben Dich sehr. i
In stiller Trauer:
Si/via Bärtsch-Godenzj
Kinder Janine und Thomas
Ellern
Schwiegereltern
GeKhwister
Verwandle
und Freunde
Abb. Text 6 (Tagesanzeiger, 22.08.1998)
Zürich, im Juli 1998
<
Hab Dank fUr Deine Liebe
hab Dank für Deine MUh
ruh aus und schlaf in Frieden
in meinem HerLen stirbst Du nie!
In tiefer Trauer nehme ich Abschied von meinem lieben Gatten
Rino Bortolin
der mich viel zu früh nach längerer, schwerer Krankheit verlassen hat.
In Liebe
Deine Frau Hilde
Auf Wunsch des Verstorbenen hat die Abdankung am 15. Juli 1998
im engsten Familienkreis stattgefunden.
Anstelle von Blumen gedenke man der Krebsliga Kt. ZH, Pe 80 - 868-5
Abb. Text 7 (Tagblatt der Stadt Zürich, 17.07.1998)
Trauer, Öffentlichkeit und Intimität 201 202 Angelika linke
ZÜRICH-AFFOLTERN, 9. DEZ. 1998
dass ich davon ausgehe, dass Textsorten mit bestimmten sprachlichen Mustern -eben
Textmustern -korrelieren und dass man folglich, wie dies Ulla Fix formuliert, "indem
man ein Textmuster kennt, [...] schon viel über die Textsorte [weiß] und [...] Vorgaben
fiir die Herstellung von Textexemplaren [hat]".3 Bezogen auf eine Sprachhandlungs-
gemeinschaft bilden Textsorten also wiedererkennbare und zumindest in Annäherung
auch reproduzierbare sprachliche ,Gestalten'.4
Den Terminus ,Texttyp' dagegen verwende ich -im Sinne eines Hilfsbegriffs -im
Folgenden dann, wenn ich mich auf eine Reihe von Texten beziehe, die ebenfalls in
einem formal begründeten Ähnlichkeitsverhältnis zueinander stehen, ohne dass ich
diese Ähnlichkeitsbeziehung jedoch bereits als Produkt eines konventionalisierten und
als solches zum festen sprachlichen Verfiigungswissen gehörenden Textmusters interpre-
tiere.5
In diesem Sinne spreche ich zwar von einer Textsorte ,Todesanzeige', jedoch von
einem Texttyp ,offener Brief an den Verstorbenen'. Den Begriff ,Textklasse' verwende
ich sehr allgemein im Sinne eines Oberbegriffs, so dass ich also sowohl Todesanzeigen
als auch Geburtsanzeigen, Verkaufsanzeigen, Werbeanzeigen etc. der Textldasse ..Anzei-
gen" zuordnen würde.
Mit Blick auf die durch die genannten Termini implizierte Typologisierbarkeit von
Texten gehe ich außerdem davon aus -und lehne mich dabei an Überlegungen von
Konrad Ehlich an -, dass die Struktur bzw. die Formbestimmtheit sprachlicher Hand-
lungen in systematischer Weise mit den gesellschaftlichen Zwecken bzw. Funktionen
der entsprechenden Handlungen korreliert und dass die aus typologischer Sicht oft
PHIUPPE
VIALATTE 'YVERDON 31.5.1941 tZÜRICH 2.12.1998
DU WARST MEIN LEBEN, DU WARST MEIN EIN UND ALLES.
DU HAST MICH GELIEBT UND MIT MIR GELITTEN, SO WIE ICH WAR.
DU HAST MIR 37 JAHRE DEINES LEBENS UND UNENDLICH
VIEL GEGEBEN.
DAS LEBEN HATTE EINEN SINN.
HABE DANK FÜR DEINE LIEBE UND DEIN VERSTÄNDNIS.
DEIN CHOUCHOU, DEIN CONI
CONSTANTIN ZUPPIGER
UND ALLE UNSERE FREUNDE
Abb. Text 8 (Tagesanzeiger, 09.12.1998)
1.2 Wandel, Veränderung, Entstehung von Textmustern?
(a) die Frage, ob es sich bei dem beobachteten und im Folgenden auch noch näher
zu beschreibenden Wandel im Textmuster von Todesanzeigen um den sprachlich-
kommunikativen Kristallisationskern eines kulturellen Wandelprozesses handelt,
und,
falls ja, welche Erkenntnisse sich hierzu aus der Analyse der sprachlichen Daten
gewinnen lassen.
Der Begriff SprachhandJungsgemeinschaft ist mir wichtig: Textsorten, verstanden als sprachliche
Produkte einer kulturellen (Kommunikations.)Praxis, als "Routineformeln auf der Textebene" (Adamzik
1995, 28) sind nicht zu beziehen auf sprachsystematisch definierte Gemeinschaften, d.h. auf Gemein-
sc!uften, die sich durch die Beherrschung derselben Sprache bzw. derselben sprachlichen Varietät aus-
zeichnen, sondern beziehen sich auf sprachpragmatisch definierte Sprachhandlungsgemeinschaften, d.h.
auf Gemeinschaften, die durch die Existenz bestimmter kommunikativer Bedürfnisse bzw. bestimmter
wiederkehrender kommunikativer Aufgaben bestimmt sind, die dann in derselben pragmatischen Art
und Weise befriedigt bzw. gelöst werden.
]Fix (199Ia, 304).
Reproduktivität als konstitutiven Faktor von Textsorten stellen U.J. bereits Sandig (1972) und
ReißjVermeer (1984, 177) heraus.
,Ich weiche damit an dieser Stelle von anderen gebräuchlichen Verwendungen dieses Begriffs ab.
Der Terminus ,Texttyp' wird häufig auch als Oberbegriff zu ,Textsorte' verwendet (und damit zum
Teil in Konkurrenz zum ebenfalls häufig als Oberbegriff verwendeten Terminus ,Textklasse'; vgl. etwa
Franke 1987, der die Reihung Texttyp - Textsorte -Textexemplar vorschlägt), oder er wird dazu
benutzt, auf eine Art Superstruktur oberhalb von Textklassen zu verweisen, so dass sich eine Reihung:
Texttyp - Textklasse - Textsorte ergibt (vergleiche etwa Linke U.a. 1996, 252(). Zum Teil wird das
Begriffspaar Textsorte- Texttyp auch zur Differenzierung zwischen Alltagsklassifikationen (,Tauorten')
und wissenschaftlicher Typologie (,Texttypen') verwendet -siehe elWa Heinemann/Viehweger (1991,
144f.), grundlegend dazu Isenberg (1983, 308). Die linguistische Terminologie im Bereich der Texttyp0-
logie ist jedoch allgemein nicht sehr konsistent, was nicht zuletzt Ausdruck der Tatsache ist, dass Texte
sich nach sehr "unterschiedlichen Kriterien und auf unterschiedlichen Abstraktionsniveaus klassifizie-
ren" lassen (Adamzik 1995, 14).
Im Vordergrund meines Interesses an Texten wie den unter (1) bis (6) reproduzierten
stehen zwei Fragestellungen, die letztlich auf eine Verbindung linguistischer und kultur-
wissenschaftlicher Erkenntnisse abzielen, nämlich
(b)
Der Wandelprozess, der dabei angesprochen ist, betrifft in thematischer Hinsic.ht unse-
ren Umgang mit Sterben und Tod und damit unser Konzept von Trauer und In struk-
tureller Hinsicht das Verhältnis von Öffentlichkeit und Intimität.
Was die Terminologie anbelangt, so referiere ich im Folgenden mit dem Begriff
,Textsorte' auf historisch wandelbare, zu einem jeweiligen Zeitpunkt jedoch mehr oder
weniger konventionalisierte Muster sprachlichen -und hier in erster Lini.e schriftsprach-
lichen -Handelns, die als solche auch zum alltäglichen VerrugungsWlssen von Spre-
chern und Sprecherinnen einer Sprachhandlungsgemeinschaft2 gehören. Das heißt,
Trauer, Öffentlichkeit und Intimität 203 204 Angelika unke
eher
störende Vielfalt und Varianz sprachlichen Handelns der Vielfalt und Varianz
gesellschaftlichen Handelns entspricht.. Es scheint mir deshalb einerseits Vorsicht gebo-
ten, wenn es darum geht, empirische Vielfalt mit Blick auf ein als zugrunde liegend
postuliertes Muster theoretisch zu reduzieren. Andererseits ist es mir aber auch zen-
trales Anliegen, solche zugrunde liegenden Muster aufzudecken, insofern ich sie als
sprachlich-kommunikative Sedimente sozialer bzw. kultureller Konzepte betrachte, die
sich ihrerseits wieder der Notwendigkeit verdanken, die Komplexität sozialer und kul-
tureller Lebenswelt durch Reduktion und Typisierung intersubjektiv vermittelbar und
verhandelbar zu machen.
Allerdings: Textsortenwandel und soziokulturelle Entwicklungen oder -plakativ und
sehr allgemein formuliert -Sprachgebrauch und Kultur stehen nicht in einem quasi
algorithmisch geregelten Verhältnis. Veränderungen im Verständnis bzw. in der gesell-
schaftlichen Signifikation von Tod und Trauer müssen sich nicht notwendigerweise
in entsprechenden Veränderungen von Todesanzeigen niederschlagen -welche Medien
jeweils rur die Formung kultureller Bedeutung beigezogen werden und auf welche Weise
dies geschieht, ist ebenfalls kulturabhängig. Insofern darf man auch beim interkulturel-
len Vergleich der vordergründig ,gleichen' Textsorte nicht unbedingt davon ausgehen,
dass sich die in einer Sprach- bzw. Sprachhandlungsgemeinschaft beobachtbaren Verän-
derungen in ähnlicher Weise auch in einer "Nachbargemeinschaft" zeigen: auch wenn
sich dort ähnliche außersprachliche Veränderungen beobachten lassen.7
zwei Wochen des Monats März erschienen sind, und zwar in den Jahren 1950, 1975,
1990, 1995, sowie 1997 bis 1999; rur die Jahre 1997-1999 verruge ich außerdem über
die Todesanzeigen aus dem schweizerischen ,Tagesanzeiger'9 und aus der Frankfurter
Allgemeinen Zeitung.
Einzelne Belege sind auch anderen schweizerischen oder deutschen Tageszeitungen
entnommen, sie sind das Ergebnis einer unsystematischen Sammeltätigkeit aus den
letzten vier Jahren. Insgesamt konzentriere ich mich in der vorliegenden Untersuchung
auf das deutschschweizerische Material, die linguistischen Befunde und die daran ange-
knüpften Überlegungen beziehen sich also in erster Linie auf Verhältnisse und Entwick-
lungen in der Schweiz.
3. Textmuster, Textmusterdehnung, Textmusterbrüche
Mit Blick auf die Entwicklung der Todesanzeige in den letzten Jahren lässt sich -wie
eingangs bereits angedeutet -zunächst einmal eine ganz allgemeine Lockerung oder
,Dehnung' des Textmusters konstatieren, und zwar sowohl im optisch-graphischen als
auch im sprachlichen Bereich. Kathrin von der Lage-Müller verzeichnet in ihrer detail-
lierten Untersuchung von 862 Deutschschweizer Todesanzeigen aus dem Jahr 1992 über
100 Anzeigen, die in irgendeiner Hinsicht vom traditionellen Textmuster abweichen,
sei dies durch graphische Mittel -wie etwa durch die handschriftliche Gestaltung der
Anzeige -oder durch sprachliche, also etwa durch besonders emotive Lexik, durch die
Verwendung von Kose- oder Übernamen oder durch die Wahl von Dialekt (wie dies
auch in Text (4) der Fall ist). Die von mir als ,offene Briefe' bezeichneten Todesanzeigen
stellen im Kontext solcher Musterabweichungen einen zwar besonders auffälligen und
auch häufigen,lO aber nicht den einzigen Typus dar.
Diese offensichtliche Lockerung im Umgang mit dem traditionellen Textmuster der
Todesanzeige ordne ich einer Entwicklung zu, die sich ebenso in anderen Untergruppen
der Textklasse ,Anzeige' (also etwa auch in Werbeanzeigen) wie überhaupt mit Blick
auf mündliches und schriftliches Sprachhandeln beobachten lässt und die ich als Pro-
dukt eines Wandels im Sprachbewusstsein der entsprechenden Sprachhandlungsgemein-
schaft ausdeute. Mit ,Sprachbewusstsein' beziehe ich mich in diesem Zusammenhang
auf die Summe der Einstellungen, Werte und Normen, an denen eine Sprachhand-
lungsgemeinschaft sprachliches Handeln mehr oder weniger bewusst orientiert und
misst. Thesenartig formuliert heißt das, dass ich die im Textmuster von Todesanzeigen
beobachtbare Lockerung einordne in einen umfassenderen Sprachbewusstseinswandel:1I
2. Material
Referenzpunkte rur meine nachfolgenden Analysen bilden einerseits bereits vorliegende
Untersuchungen zur Textsorte ,Todesanzeige' im deutschsprachigen Kontext, hier v.a.
eine texttypologische Arbeit von Kathrin von der Lage-Müller (1995) sowie eine histo-
risch-sozialwissenschaftliche Arbeit von Grümer/Helmrich (1994).8 Andererseits habe
ich zu einzelnen Fragestellungen selbst quantitative Daten erhoben; das entsprechende
Korpus von insgesamt gut 1000 Todesanzeigen basiert auf den Anzeigen, die in der
Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) bzw. in der Süddeutschen Zeitung jeweils in den ersten
VgI. hierzu die abschließenden Thesen in Ehlich (1986).
Aus kontrastiven Untersuchungen zu Todesanzeigen in verschiedenen europäischen, Z.T. auch
außereuropäischen Sprachen und Ländern werden die trotz der Gleichheit des angezeigten Ereignisses
bestehenden kultUrellen Unterschiede im Muster dieser Textsorte deutlich; vgl. etwa Reiß (1977), Fries
(1990a), Eckkrammer (1996). Zur Kulturalität als "notwendiges. Kriterium für Textualität vgI. außerdem
auch Fix (1998).
IWährend von der Lage-Müller ausschließlich mit deutschschweizerischem Material arbeitet, basiert
die Arbeit von Grümer/Helmrich auf Todesanzeigen, die zunächst in der Kölnischen Zeitung
(1820-1949), dann in deren Nachfolgeorgan, dem Kölner Stadtanzeiger (1949-1979), erschienen sind.
Für das Jahr 1983 wurden neben dem Kötner Stadt an zeiger noch die Frankfurter Allgemeine
Zeitung, die Süddeutsche Zeitung, die Rheinische Post (Regionatausgabe Kleve), die Nordwest-Zeitung
(Oldenburg, Ostfriesland) sowie die Kölnische Rundschau ausgewertet.
·Der ,Tagesanzeiger' ist die größte Schweizer Tageszeitung mit einer Auflage von 280000 Exempla-
ren.
'" Auch bei von der Lage-M üller bilden die Anzeigen, in denen eine direkte Anrede des bzw. der
Verstorbenen vorkommt, den häufigsten Typus von Musterabweichung -vgI. von der Lage-Müller (1995,
328).
Trauer, Öffentlichkeit und Intimität 205 206 Angelika Linke
weg vom Primat der Norm (wie er rur das 19. Jahrhundert dominant war) und hin
zum Primat des individualistischen, kreativen Umgangs mit Sprache, flir den das stilis-
tische Ideal nicht mehr die Errullung der Norm, also etwa die Reproduktion eines
konventionalisierten Textmusters, sondern deren kreative, individuelle Durchbrechung
bzw. ,Dehnung' ist.
Der Bruch mit der Norm (oder das Spiel mit der Norm -die Wortwahl ist hier
bereits Wertung) kann verschiedene Motive bzw. Effekte haben:
Auf Seiten der Rezipienten stellt sich zunächst wohl Irritation ein, die allenfalls auch
zu gesteigerter Aufmerksamkeit auf die sprachliche Aussage ruhrt. Die Ausdeutung des
Normbruchs ist dann ein zweiter Schritt. Und auf den kommt es an. Die vorgebrachte
Hypothese hebt darauf ab, dass solche Normbrüche bzw. Musterabweichungen - auch
die in Todesanzeigen -heute häufig positiv ausgedeutet werden, und zwar als Zeichen
von Kreativität, von Individualität sowie als Ausweis rur die Echtheit der die sprachli-
che Handlung bestimmenden Illokution -dies als Ergebnis eines Sprachbewusstseins-
wandels, der sicherlich nicht nur, aber zumindest auch an die gesellschaftspolitischen
Entwicklungen der 60er Jahre zurückzubinden ist.
Die aus solchen Musterdehnungen und Musterbrechungen resultierende gesteigerte
Varianz von Textsorten ist gleichzeitig Ausdruck einer generellen Lockerung von Verhal-
tensdichotomien: (auch) in sprachlichen Dingen gilt immer weniger ein-dichotomes
,entweder so oder so' als vielmehr ein skalares ,mehr so oder mehr so'. Das heißt, dass
wir einer zunehmenden sprachlichen Normentoleranz begegnen, die eng verknüpft ist
mit einer sich verringernden Formalitäts-Informalitätsspanne im verbalen wie im non-
verbalen Verhalten. tz Und diese Entwicklung im sprachlich-kommunikativen Bereich
lässt sich im sozialen Bereich abbilden auf eine zunehmende Überblendung der gesell-
schaftlichen Konzepte von Privatheit und Öffentlichkeit. Ich komme weiter unten auf
diese Thematik zurück.
4. Musterwandel
4.1 Von der offiziellen Information zur individuellen Mitteilung
11 Die verallgemeinernde Rede von ,Sprach bewusstsein' und ,Sprachbewusstseinswandel' darf nicht
über die Gebundenheit dieser Phänomene an die in einer Sprachgemeinschaft jeweils soziokulturell
dominierenden, ,sprach mächtigen' (das heißt, sprachliche und kommunikative Normen setzenden oder
bewahrenden) Sprachhandlungsgemeinschaften hinwegtäuschen, wie sie etwa fUr das 19. Jahrhundert
und auch noch für das beginnende 20. Jahrhundert das Bürgertum darstellt. Untersuchungen dazu, wie
sich solches ,Sprachbewusstsein' unterschiedlicher sozialer Gruppen allenfalls unterscheidet bzw. histo-
risch .ungleichzeitig' ist und welche sozialen Gruppen - und damit Sprachhandlungsgemeinschafien -
zu unterschiedlichen Zeiten jeweils ,tonangebend' waren, bilden ein großes Desiderat der pragmatisch
und soziolinguistisch orientierten Sprachgeschichtsforschung.
12 Ein Beispiel für diese Verringerung ist etWa die Annäherung von schriftlichen und mündlichen
Registern in sehr unterschiedlichen Textsorten, also etWa in den Nachrichtensendungen von Lokalsen-
dern, in Geschäftsbriefen, in der Werbung und nicht zuletzt in Todesanzeigen. Vgl. hierzu auch die
Studie von Peter Sieber zu "Parlando in Texten. Zur Veränderung kommunikativer Grundmuster in der
Schriftlichkeit" (1998) sowie die u.a. in Sieber (Hg.) (1994) dokumentierten Ergebnisse des Zürcher
Forschungsprojektes "Muttersprachliche Fähigkeiten von Maturanden und Studienanfängern in der
DeulSchschweiz". Ein Beispiel hierfUr sind gerade in der Schweiz die Todesanzeigen in Dialekt, und
auch eine zu beobachtende Annäherung im Textmuster von privaten und geschäftlichen Todesanzeigen
gehört hierher.
Meine bisherigen Überlegungen bewegen sich in einem noch wenig spezifischen sprach-
geschichtlichen - genauer: sprachgebrauchsgeschichtlichen -Bereich, insofern ich ver-
sucht habe, die Zunahme ,unkonventioneller' Todesanzeigen einzuordnen in umfassen-
dere Entwicklungen im Spannungsfeld von Sprachgebrauch und Sprachbewusstsein.
Bezogen auf den spezifischen Gegenstand von Todesanzeigen, auf den Tod eines Men-
schen, möchte ich die spätestens seit den 70er Jahren deutlich gesteigerte Varianz des
entsprechenden Textsortenmusters in einem stärker auf diesen Gegenstand fokussierten
Interpretationsschritt ausdeuten als sprachliche Manifestierung einer Individualisierung
im Umgang mit Tod und Trauer, genauer: als Ausdruck einer (neuen) gesellschaftlichen
Norm, die den ,individuellen Tod' zum Ideal erklärtY Damit ist gemeint, dass die -
wenn sich das überhaupt so sagen lässt -,Qyalität' von Tod und Sterben immer weniger
an überindividuellen, den Betroffenen äußerlichen Kriterien gemessen wird, wie sie sich
vor allem in älteren Todesanzeigen noch in entsprechenden phraseologischen Wendun-
gen sprachlich manifesteren, also etwa im Verweis auf die Errullung von religiös vorge-
schriebenen Sterbepraktiken (so in der Routineformel wohlversehen mit den heiligen
Sakramenten) oder im Verweis auf entsprechende spirituelle Faktoren (mit Wendungen
wie: im Vertrauen auf ihren Schöpfer) oder dann durch Nennung der entsprechenden
profanen Normen, die mit Begriffen wie ruhig oder in Würde angezeigt werden, son-
dern dass zunehmend der individuelle -und das heißt auch: der bewusst als solcher
erlebte und gestaltete -Tod als ,guter Tod' gilt. Eine Möglichkeit, die so verstandene
Individualität in Sterben und Tod eines Menschen öffentlich darzustellen, ist die indi-
viduelle Gestaltung der Todesanzeige. Und auch wenn die Form des offenen Briefes der
Hinterbliebenen an den Verstorbenen oder die Verstorbene im Kontext der Textsorte
Todesanzeige lediglich eine Möglichkeit zu einer solchen Individualisierung darstellt, so
doch ganz offensichtlich eine, die sich zunehmender Beliebtheit erfreut. Tatsächlich
kommt dieser neue Typus von Anzeige heute -in der Schweiz -sowohl in den großen
überregionalen Zeitungen als auch in kleineren Landzeitungent. vor, er findet sich seit
Ende der 80er Jahre zunächst nur vereinzelt, wird dann vor allem in seinen ,gemäßigten'
Varianten häufiger und macht in meinem Material der letzten drei Jahre im Tagesanzei-
ger etwa 20% und in der NZZ etwa 10% der Todesanzeigen aus.ISAls eine in gewisser
Weise besonders konsequente Fortruhrung einer solchen Individualisierung der Todes-
anzeige können schließlich solche Anzeigen betrachtet werden, in denen die verstor-
"Vgl. zu entsprechenden soziologischen und sozialpsychologischen Untersuchungen und Erkenntnis-
sen etwa Walter (1994).
"Dies ergab die sporadische Durchsicht der Aargauer Zeitung. Auch die Daten von Kathrin von
der Lage-Müller belegen, dass ,offene Briefe' nicht nur in den größeren städtischen, sondern auch in
kleineren und ländlichen Zeitungen vorkommen.
Trauer, Öffentlichkeit und Intimität 207
bene Person posthum eine zuvor von ihr selbst aufgesetzte Todesanzeige publizieren
lässt, in welcher sie sich -ebenfalls in Briefform -zu einem letzten Gruß an Ver-
wandte und Freunde wendet. Ein Beispiel dafiir ist Text (11) oder dann Text (12), die
Todesanzeige der Schweizer Schriftstellerin Sandra Paretti, die bei ihrem Erscheinen in
der Schweizer Öffentlichkeit sehr kontroverse Reaktionen ausgelöst hat. Solche Anzei-
gen sind in Schweizer Tageszeitungen in den letzten Jahren zwar mit einer gewissen
Regelmäßigkeit, insgesamt jedoch nur vereinzelt zu finden.
)
8902 Urdorf. 2. März 1997
Trauerhaus:
Birmcnsdorfcrstrassc 35
Wer geliebt wird.
5tirbt
nicht.
er geht
nur voraus,
docb er lebt weiter in uns. TODESANZEIGE
In stiller Trauer nehmen wir Abschied von meiner lieben Gattin, unserer Muttet,. Grosmi,
Gotte und Tante
Margaretha Lips-Fügli
15.9.1916 - 2. 3.1997
Nach einem kurzen Spitalaufenthalt ist sie filr uns unerwartet sanft entschlafen.
In stiller Trauer:
Jakob Ups, Gatte
Hansjakob Ups
Jürg Ups und Oliver
Michael Ups und Doris Niederer
TJIOI/Jaslind Heidi Ups
und Anverwandte
1
Die Umenbeisctzung findet am Freitag. 7. März 1997. um 14.00 Uhr
auf dem Friedhof in Urdorf statt;
anschlicssend Abdankung in der alten reformierten
Kirchc.
Allfällige Blumcnspcnden bitte beim Friedhof abgeben.
Abb. Text 9 (NZZ, 04.03.1997)
UFür die NZZ zeichnet sich folgende Entwicklung ab: März 1975: keine ,offenen Briefe', März 1990:
4%, März 1995: 9%, März 1997: 14%, März 1998: 12%. In Anbetracht des trotz der Gesamtzahl von gut
1000 Todesanzeigen doch eher schmalen Korpus sind diese Zahlen nur bedingt aussagekräftig. Anderer-
seits passt der bei von der Lage-Müller rur das Jahr 1992 festgestellte prozentuale Anteil der partiell oder
vollständig in "Du-Form" gehaltenen Anzeigen von 7.2% (berücksichtigt wurden hier 7 verschiedene
Deu!Schschweizer Zeitungen) verblüffend in das hier entworfene Bild (von der Lage-Müller 1995, 329).
208 Angelika unke
26.4.1950 - 30.9.1997
WERNI
gib uns nochmals Deine Hand,
damit wir sie loslassen können.
Für immer
Deine
Chica
& Andi
Abb. Text 10 (NZZ, 04';05.10.1997)
4.2 Anzeige und Brief: Mustermischung und Musterüberblendung
Im Folgenden sollen nun kurz die linguistischen Besonderheiten des neuen Texttyps
,offener Brief herausgearbeitet werden, dies in erster Linie in Abgrenzung zur konventi-
onellen Todesanzeige, wie sie durch Text (9) repräsentiert ist. Es ist dieser Typus, der
in Deutschschweizer Zeitungen heute am häufigsten vorkommt.t6 Der Unterschied zum
entsprechenden deutschen Muster ist, wie dies die Arbeit von Grümer und Helmrich
zeigt, gering17 und insgesamt nicht auffalliger als regionale Unterschiede innerhalb der
D eu tschschweiz.
Versucht man nun, den Unterschied zwischen einer solchen konventionellen Anzeige
und dem Anzeigentypus ,offener Brief illokutiv zuzuspitzen, so kann man sagen, dass
sich die Inserenten der traditionellen Todesanzeigen explizit an das Lesepublikum
wenden, dem sie vom Tod eines Menschen Mitteilung machen, während sich die Inse-
renten der ,offenen Briefe' an die verstorbene Person wenden und sie ihrer Trauer, ihres
Schmerzes, ihrer großen Liebe versichern. Und während im ersten Fall ich als Zeitungs-
und Todesanzeigenleserin zumindest potenziell auch die direkte Adressatin des Anzei-
1/. Dies hat auch Kathrin von der Lage-Müller anhand ihres Materials für die frühen 90er Jahre her-
ausgearbeitet. Es können allerdings deutliche regionale, zum Teil auch zeitungsspezifische Unterschiede
festgemacht werden, also etwa die Üblichkeit eines Fotos als Teil der Anzeige im Kanton Wallis, woge-
gen in allen anderen Teilen der deutschsprachigen Schweiz Fotos eher unüblich sind.
17 Hauptunterschied ist das Fehlen der Überschrift "Todesanzeige" im deutschen Muster, wogegen
in Deutschland, wenn auch mit regionalen Unterschieden, das Symbol des Kreuzes insgesamt häufiger
verwendet wird als in der Schweiz. Beides -Überschrili und Kreuzeszeichen -erfüllen vermutlich
Trauer, Öffentlichkeit und Intimität 209 210 Angelika unke
gentextes bin, bin ich dies im zweiten Fall nur in vermittelter, in sekundärer Form,
nämlich als -wenn auch als solche durchaus intendierte -voyeuristische Teilhaberin
an einer Kommunikation zwischen den Trauernden und dem oder der Verstorbenen.
Was weiter auffallt ist, dass die Anlehnung der Anzeigen an das Briefmusterl8 häufig
auch mit einer Anonymisierung der Anzeige einhergeht: Der Verstorbene wird nur mit
Vornamen, mit Initialen oder gar mit einem Kosenamen angeredet und auch die Unter-
zeichneten signieren nur mit Vor- oder Kosenamen und ohne Angabe einer Adresse -
Text (2) oder Text (10) sind Beispiele dafiir.
Es ist offensichtlich, dass wir es hier mit einem Paradox zu tun haben: Einerseits
scheint ein.e solche Anonymisierung eine Art Sicht-Schutz zu bieten, der die intime
Kommunikation zwischen Trauernden und Verstorbenen vor den Blicken Unberufener
verhüllt, gleichzeitig wird dadurch aber das vorgeblich zu schützende Gut, die Bezie-
hung von Trauernden und Verstorbenen sowie die Gefiihlswelt der Hinterbliebenen,
erst als solches öffentlich inszeniert und ausgestellt.
Genau diese Gefiihlswelt ist es jedoch, um die es geht und rur deren öffentliche
Zur-Kenntnis-Bringung die Form des ,offenen Briefes' als Medium besonders geeignet
erscheint. Der Rückgriff auf das Briefmuster kollidiert allerdings zum Teil in bemer-
kenswerter Weise mit der offenbar nur schwer aufzugebenden Verhaftung im traditi-
onellen Textmuster der Todesanzeige, so dass es hier zu vielfaltigen Va,ianten von
Mustermischung und Musterüberblendung kommt. Die Folge sind im ersten Fall
Kohäsionsbrüche durch einen meist nicht vermittelten Übergang von der Referenz auf
den Verstorbenen in der dritten Person zur direkten Anrede in der zweiten Person
wie etwa in Text (4) oder dann pragmatische Befremdlichkeiten, wenn etwa aus der
Musterüberblendung von Anzeige und Brief ein Text resultiert, in welchem der Verstor-
bene über seinen eigenen Tod und dessen nähere Umstände informiert wird, wie dies
in Text (1) der Fall ist.19
Pfaffikon, 6. Dezember 1997
Ich
Maja Guhl-Kron
geb. 3. April 1926
bin abberufen worden.
Allen meinen Mitmenschen, die mich gekannt haben, sage ich auf diese Weise adieu.
Mein schönes Leben hat leider ein Ende genommen. Es ist mir ein grosses Bedürfnis, meiner
so lieben Familie zu danken und all denen. welche meinem reichen Leben einen Sinn gegeben
haben.
Mit letztem Gruss Maja
Liebe M(!ia. liebes Mallli, IInser geliebtes Ollli,
wir alle vermis~'en Dich so sehr. In unseren Herzen wirst Du weiterleben.
Peter Guhl.Kron
Ernst und Christa Guhl-Huber
mit Caroline und Cristina
Jürg Guhl
Christoph Guhl
Rosemarie von Arx
Waldtraud Fichter
Wir haben im engsten Familienkreis Abschied genommen.
zum T~il dieselbe Funktion, nämlich die Markierung der Anzeige als Todesanzeige, und sind insofern
austauschbar. Meine Erhebungen zu den Jahren 1995 und 1997 machen allerdings deutlich, dass die
Überschrift wTodesanzeige" zumindest in den persönlichen Todesanzeigen der Deutschschweiz zuneh.
mend seltener werden; lediglich in Todesanzeigen von Firmen und Institutionen sind sie immer noch
üblich. Außerdem lässt sich -ebenfalls anhand meiner eigenen Dokumentation -in der Süddeutschen
Zeitung eine stark reduzierte Variante der traditionellen Anzeige beobachten (im Extremfall werden
nur der Name des/der Verstorbenen, die Lebensdaten, die Namen eines oder mehrerer Hinterbliebenen
sowie Datum und Ort der Beerdigung angeführt, in einigen Fällen entfällt auch der letztgenannte
Punkt). Diese Variante ist in der Schweiz äußerst selten, in der Süddeutschen Zeitung dagegen deckt sie
1975, 1990 und 1997 zwischen 10% und 20% der privaten Todesanzeigen ab.
"Zumindest minimale Abweichungen von diesem Muster sind häufig, etwa durch an das klassische
Todesanzeigenmuster angelehnte Zusätze in Form der Überschrift "Todesanzeige" wie in Text (4), in
Form von Lebensdaten wie in Text (10), in Form eines eingerugten Spruches oder Gedichtes.
"Als stilistisch eher unauffällige Minimal.,Lösung' angesichts solcher Schwierigkeiten in der Textkon.
stitution kann gelten, wenn eine ansonsten ganz in der dritten Person formulierte Anzeige lediglich am
Schluss des Textes eine für Briefe übliche Verabschiedungstloskel aufWeist, wie etwa bei Text (7): "In
uebe Deine Frau Hilde".
Wer gerne eine Spende macht. denke an:
spitex der Gemeinde Freienbach, PC 80.34933-1
Vogel- und Naturschutz am Etzel. PC 87-4461
Schweiz. Vogelwarte. Sempach, PC 01-16366-8
Es werden keine Leidzirkulare verschickt.
Abb. Text 11 (NZZ, 12.12.1997)
Trauer, Öffentlichkeit und Intimität 211 212 Angelika unke
4.3 Schablonenwechsel: Von der Todesanzeige zur Traueranzeige
uhr wohl, leht VOlt Herze" wohl. sagt Euch Eure
Salldra Paretti
Diese Hypothese zum Wandel im Textmuster der Todesanzeige, die ich hier zunächst
nur am Texttyp des ,offenen Briefes' festmache, lässt sich nun insofern stützen, als
sich dieselbe Entwicklung auch bei den im vorliegenden Kontext als ,konventionell'
apostrophierten Todesanzeigen zeigt, auch wenn sie dort zunächst weniger auffällig ist.
Beobachtbar ist hier Folgendes:
Während in Todesanzeigen der 50er Jahre die Information über den aktuellen Todes-
fall illokutiv dominant ist und entsprechend Formulierungen vom Typus Unsere liebe
[V/Nj ist nach kurzer Krankheit sanft entschlafen vorherrschen,21 wird dieses Muster
seit den 70er Jahren zunehmend konkurrenziert durch Formulierungsvarianten, die
_und dies nun ähnlich wie in den ,offenen Briefen' -den Abschiedsschmerz und
die Trauer der Hinterbliebenen zum Nukleus der Mitteilung machen. Entsprechend
dominieren nun Formulierungen vom Typus Wir nehmen Abschied von [V/Nj oder
dann Wir trauern um [V/NJ. Todesanzeigen mit diesen beiden Formulierungsvarianten
kommen in der NZZ 1950 noch gar nicht vor,22 bilden 1975 aber bereits 13%
der von mir durchgesehenen Anzeigen und erreichen seit 1990 -wenn auch mit
größeren Schwankungen -einen Anteil zwischen 20% und 50% aller Anzeigen.23 Im
Tagesanzeiger liegen die Werte noch deutlich höher und erreichen bei stetiger Steige-
rung 1998 63%,24
Wir begegenen also nicht nur bei den ,offenen Briefen', sondern auch bei den tra-
ditionellen Todesanzeigen einer ,Umbesetzung' der Subjektsposition in der zentralen
Mitteilung: Die Textproduzenten sprechen in bis zur Hälfte der Fälle nicht mehr über
den Toten, sondern über sich selbst.
Diesem thematischen Wechsel - dem Wechsel von der Todes-Anzeige zur Trauer-
Anzeige25 _entspricht auch die Ausbildung eines neuen Sets von entsprechenden Rou-
tineformeln, das die älteren Formeln zum Teil ersetzt, zum Teil in Konkurrenz zu ihnen
tritt: Neben den älteren Formulierungen wie
Sandra Paretti
Mei"t "~rtU/~dt Dm ~richsee .UIl~ Jraussell, in da weile" Wtll. wie l(eme habe ich m;/ Elleh Fe.'ile gefeierl. wul
d~'ch, Ih~ tTlnntr' Euch, war Ich ,mmu die erste. die verschwand, langt bevor die Kerzen herunterhratUllell und
dIe Musik verstummt,.
Au~h ,das ~ros.rt Fut ein Lebetls verlasst ich mitlen j" dem Walzer, zu dem ich eigellf!ich durch
Frühlmgswltstn und Vtrgiss-mtin.I/;cht.Nächte bis ills Jahr 2000 tal/zell wollte ~zur «SchÖlleIl MaueIl
Dt.JIIQU_.
~, Name de~ Krallkh.eit Iut w~nig zur Sache, habe ich es doch mit der Krankheit wie mit dem Leben gemacht.
Ich umarmte Sie, ulld sIehe da. sie wurde mein letzter Geliebter.
U,ui ncx:h
~twas.. Dass ~c~ sch~iesslich mit leichtem Schrill und singendem Herzen auf die grO.'i.'ie Reise gehe,
zu;UcJc ur die Heimat. dIe Ich einst verlasseI! habe, um auf die Erde zu komme", \'erdallke ich der wunderhoren
HIlf. von EX/T.
Meine Freunde. wäre es Euch je in de" Si"" ~ekommen zu trauern, weml ich auf Reisen gillX?
Ich ~alft tin leichtes Ulld schiitltS LebeIl .Wie eine Mozarr.S.",mpllOlIie fÜhrte es geradeweg.f ill ein leichtes Ulld
schönes und VOll U"Rtduld/ullkd"des Finale.
/2. Mllrz /994
Abb. Text 12 (NZZ, 14.03.1994)
I~h m.öcht.e an dieser Stelle nu~ die Hypothese aufstellen, dass die -wenn auch sprach-
hch nicht Immer glückliche -Uberblendung bzw. der Ersatz des traditionellen Textmus-
te~s d.er Todesanzeig~ durch das Briefmuster insofern bedeutsam ist, als sie einhergeht
mit emem Wechsel m der zentralen Thematik der Texte: Thematisiert wird nun nicht
mehr in erster Linie der Tod des Verstorbenen, sondern die Trauer der Hinterbliebe-
nen.la
Etwas dichter an den Texten entlang formuliert heißt das: Lässt sich die traditionelle
Todesanzeige letztlich auf die Aussage [V/Nj ist gestorben (und wird dann und dann
beerdigt) reduzieren (V/N steht hier fur die Benennungsvariablen Verwandtschaftsname
b~. Name), so müsste eine entsprechende Reduktionsform der BriefVariante lauten:
Li~ber [V(Nj, Mr trauern um Dich (bzw. ... Mr sind unglücklich über Deinen Tod).
Wahrend tm ersten Fall der Verstorbene Gegenstand der Prädikation ist wird diese Posi-
tion im zweiten Fall durch die unterzeichnenden Hinterbliebenen bese'tzt.
2J Zu diesem Typus rechne ich auch Todesanzeigen, die den Sprechakt der Mitteilung explizit benen-
nen: Wir teilen Ihnen mit (haben die schmerzliche Pflicht, Ihnen mitzuteilen ... etc.), d~ss XY gestorben
ist. Solche expliziten Formulierungen finden sich besonders häufig in (hier nicht berücksichtigten)
Todesanzeigen von Firmen und Institutionen, zum Teil aber auch in privaten Todesanzeigen.
2Z In den 50er Jahren begegenen dafür noch relativ häufig Formulierungen vom Typus: Es h~t Gott
gefallen, unseren lieben XY abzuberufen/zu sich zu nehmen oder YX wurde durch den Tod abberufen.
2' 1990 machen Anzeigen mit den genannten neuen Formulierungsvarianten in der NZZ (in den von
mir durchgesehenen Nummern) 50% aus, 199547%, 1997 19010,199836% und 199940%.
2< Die Tatsache, dass die Werte für die neuen Formulierungsvarianten im Tagesanzeiger deutlich
höher liegen als in der NZZ, könnte auf eine soziale Streuung dieses Musters verweisen, der ich aber
hier nicht systematisch nachgegangen bin.
21 Entsprechend unterscheidet bereits Sandig (1983, 96) ,Todesanzeigen' (mit Prädikation über den
Toten) von ,Traueranzeigen' (Prädikation über die Hinterbliebenen). Kathrin von der ~ge-Müller stel.lt
für ihr Material (d.h. für die im Januar 1992 in sieben deutschschweizedschen Tageszeitungen erschie-
nenen privaten (deutschsprachigen) Todesanzeigen, insgesamt 862 Anzeigen) fest. dass sich knapp 45%
20 Das~ die~er Wechsel anhand der einzelnen Texte zunächst wenig auffallt, hat damit zu tun, dass _
a~ch bet ve~anderter syntaktisch-textueller Einbettung -der Name der verstorbenen Person meist nach
WIevor opusch hervorgehoben wird, was den Eindruck erweckt, der Text handle zentral von ebendieser
Person.
Trauer, Öffentlichkeit und Intimität 213 214 Angelika unke
Mein lieber {VerwandtschaFtsbezeichnungiNamei ist nach langer, geduldig ertragener
Krankheit in die Ewigkeit eingegangen
Nach kurzer Krankheit ist meine geliebte {V/Ni gestorben
Völlig unerwartet ist unser lieber {V/Ni von uns gegangen
Unsere innig geliebte {V/Ni ist sanft, aber viel zu früh Olm{Datum] entschlafen16
Ich halte fest: Meine ursprünglich unsystematischen Beobachtungen zu Veränderun-
gen im Muster von Todesanzeigen erweisen sich bei näherer Betrachtung der Belege
und unter Einbezug von quantitativen Daten als systematisch. Es handelt sich bei den
beschriebenen Veränderungen nicht (mehr) um jeweils individuelle Variationen eines
gegebenen Musters (bzw. um Abweichungen von einem gegebenen Muster), sondern
um die Ausbildung eines neuen Musters, um einen Wechsel der rur Todesanzeigen
zentralen Phraseologie-Schablone. Die von mir eingangs gestellte Frage, ob die bei der
Textsorte ,Todesanzeige' beobachteten Veränderungen als verbaler Kristallisationskern
eines kulturellen Wandelprozesses gedeutet werden können bzw. sollen, kann deshalb
mit einigem Recht positiv beantwortet werden.JO
Denn solange es - ,nur' - um die Varianz innerhalb einer Schablone und damit
letztlich um die stilistische Markierung von konkreten Textexemplaren geht, können
und müssen wir dies als "individuelle Leistung vor dem Hintergrund von Überindivi-
duellem"JI - der entsprechenden Schablone, dem Textmuster -anerkennen. Bei der
Ausbildung von neuen Schablonen hingegen müssen wir von einer kollektiven Leistung
ausgehen, als deren Ergebnis sie zustande kommen.
Die Beschreibung solcher kollektiver Leistungen ist eines der großen Problemfelder
der Sprachgeschichtsforschung und wird ganz besonders dort offensichtlich, wo sich
historische Sprachwissenschaft um die Geschichte des Sprachgebrauchs, um eine prag-
matisch und soziokulturell orientierte Sprachgeschichte bemüht. Die methodische
Krux in diesem Zusammenhang ist, dass sich solche kollektiven Leistungen nicht mehr
in einfacher Weise rückbinden lassen an zugrunde liegende Intentionen bzw. an jeweils
gegebene situative Faktoren, sondern dass wir es hier mit einer Dialektik von letztlich
immer nur individuell denkbaren Intentionen mit sozialen Prozessen zu tun haben.
Rudi Keller hat solche Mechanismen unter der Bezeichnung "invisible-hand-Prozesse"
gefasst; die Ergebnisse solcher Prozesse -in unserem Fall also die neue Schablone rur
Todesanzeigen -bilden ein "Phänomen der dritten Art" (Keller 1990), das sich weder
als Produkt einer quasi naturgesetzlichen Kausalität noch als Ergebnis einzelner intenti-
onaler Handlungen erfassen lässt, sondern nur in der Zusammenruhrung dieser beiden
Erklärungsmuster.
finden sich nun zunehmend Formulierungen vom Typus
Wir trauern um unsere geliebte {V/Ni
Wir nehmen Abschied von unserem lieben {V/Ni
In ti~ft:m Schmerz nehmen wir Abschied von meiner geliebten {V/Ni
In Liebe und Dankbarkeit verabschieden wir uns von {V/NP7
Elisabeth Gülich spricht mit Blick auf solche Floskel-Sets, die sich einem bestimmten
Grundmuster zuordnen lassen, von "Phraseologieschablonen".28
In Anlehnung an diesen Terminus möchte ich die Ausbildung eines neuen
Todesanzeigen-Grundmusters vom Typus wir nehmen Abschied von/wir trauern um
{V/Ni neben dem traditionellen Grundmuster {V/N] ist gestorben als Ausbildung einer
neuen Schablone beschreiben.29
dem Typus ,Traueranzeige' und insgesamt 49% dem Typus ,Todesanzeige' zurechnen lassen. Einzelne
sprachliche Beobachtungen der (nicht linguistisch orientierten) Untersuchung von Grümer/Helmrich
zur EntWIcklung der Todesanzeige von ihren Anfängen bis heute weisen in eine ähnliche Rjchtung: Die
Autoren vermerken unter den "am häufigsten verwendeten Verben in Todesanzeigen" bis zu den 80er
Jahren unseres Jahrhunderts auf den ersten vier Plätzen die Verben "sterben", "schlafen", "verscheiden"
und ".[zu sich) nehmen"; für den Zeitraum nach 1983 notieren sie die Verbalfügung "Abschied nehmen"
an dritter Stelle (Grümer/Helmrich 1994, 99/:).
In dieses Bild passt auch, dass die in der Deutschschweiz traditionell für Todesanzeigen übliche
entsprechende ,Überschrift' (d.h. die Verwendung der Überschrift ,Todesanzeige' in jeder einzelnen
Anzeige), die in den früheren von mir untersuchten Jahrgängen der NZZ quasi durchwegs üblich ist, in
den letzten belden Jahren vermehrt entfällt.
16 D~e Belege sind den in der NZZ vom I. bis 15. März 1997 publizierten Todesanzeigen entnommen.
EI Die Belege smd den m der NZZ vom I. bis 15. März 1997 publizierten Todesanzeigen entnommen.
ZI Der Terminus "Phraseologieschablone" hebt darauf ab, dass zwar auch rur die konstitutiven Ele-
mente formelhafter Texte eine gewisse Varianz der Formulierung möglich ist, dass dieser Varianz aber
sowohl in syntaktisch-struktureller wie auch in semantischer Hinsicht Grenzen gesetzt sind. Diese Ver-
wendun~ des Begriffs der "Schablone" erfordert eine Erweiterung des in einem engeren phraseologi-
sch:n Smn v~rstandenen Begriffs, der auf BIldungsmuster vom Typus "Schritt für Schritt", "Tag für
Tag ~"Wort fur Wort" etc. abhebt -vgl. Gülich (1997, 148f.). Mit Bezug auf Texte überlagert sich der
Begriff "Phraseologieschablone" zum Teil mit dem Begriff des Textmusters, ist aber enger als letzterer,
da er eben auf Textmuster mit ,phraseologischer Q\Jalität' abhebt.
It Die ~entalitätsgeschichtliche Signifikanz, die der Veränderung in der syntaktischen Fassung der
Pers~ektlve auf Handlungen oder Ereignisse zukommt, lässt sich auch in der Veränderung von Geburts-
a~zel~en fest.stellen, wie sie Karin Frese (1987) beschreibt: Bis 1850 dominieren hier Formulierungen,
die die Entbmdung der Frau von einem Kind anzeigen; in der zweiten Jahrhunderthälfte mehren sich
dann allmählich die Anzeigen, in denen die Geburt eines Kindes vermeldet wird, und um
1915
"ver-
wenden mehr als 90 Prozent der Anzeigenden die Begriffe ,Geburt' und ,geboren werden'" (Frese
1987, 354). Als Kulminationspunkt dieses Perspektivenwandels, der nicht mehr die Frau, sondern das
Kind zum zentralen Objekt der Textinformation macht, können die heute immer öfter begegnenden
Geburtsanzeigen betrachtet werden, in denen das Kind selbst seine Geburt verkündet, also nicht nur
als Handlungsträger erscheint, sondern auch als ,Autor' der Mitteilung.
,'" Vgl. hierzu auch die Überlegungen von Florian Coulmas zum "Niederschlag gesellschaftlicher Ver-
änderungen im Wandel von Routineformeln" (Coulmas
1981,
168fT.).Coulmas bezieht sich hier zwar
nicht auf die Größe Text, sondern auf lexikalische und syntaktische Einheiten, seine Frage jedoch,
ob _"wenn überhaupt die Möglichkeit eines Bedingungsverhältnisses zwischen sozialem Wandel und
sprachlichen Veränderungen zugestanden wird" -sich diese nicht "bei so stark mit sozialer Bedeutung
aufgeladenen Ausdrucksmitteln [wie eben Routineformeln, A.L)" am ehesten nachweisen lassen müsse,
gilt auch in Bezug aufTextmuster bzw. auf "Phraseologieschablonen" (Coulmas 1981, 169).
JI Fix (1991b, 140).
215 Angelika Linke
Trauer, Öffentlichkeit und Intimität 216
Ich
habe
nicht vor, an dieser Stelle eine solche Zusammenführung zu leisten _es
ist mir aber wichtig, auf dieses hier besonders deutlich werdende methodische Problem
zumindest hinzuweisen.J2
Meine eigene Fragerichtung im gegebenen Kontext ist, wie eingangs dargelegt, eine
andere. Mir ging es in einem ersten Schritt darum zu untersuchen, ob die beobachteten
sprachlichen Veränderungen im Muster von Todesanzeigen in einer Weise systematisch
sind, dass ihnen soziokulturelle Relevanz zugesprochen werden kann, und es geht mir
nun in einem zweiten Schritt darum, herauszufinden, ob diese sprachlichen Beobach-
tungen differenziertere Einblicke in den kulturellen Prozess ermöglichen, als dessen
Kristallisationskerne ich sie verstehe.JJ Und das heißt, dass ich darauf abziele, die beob-
achteten Veränderungen zu deuten sowohl als Ausdruck wie auch als Medium einer
Veränderung in der soziokulturellen Konstruktion von Tod und Trauer.
5. Textmusterwandel und kultureller Wandel
Die Stichworte, unter die ich diesen abschließenden Deutungsversuch stelle, sind: .1.
Tod als Abschied, 2. die Singularisierung und Individualisierung von Trauer und 3. die
Medialisierung von Trauer und das Verhältnis von Öffentlichkeit und Intimität.
5.1 Tod als Abschied
Wenn wir die Todesanzeigen beim Wort nehmen, dann müsste man die zunehmende
Konkurrenzierung der klassischen Todesanzeige (mit Prädikation über die verstorb~e
Person) durch die neuere Traueranzeige (mit Prädikation der Hinterbliebenen ü.ber sich
selbst) dahingehend ausdeuten, dass dem Tod eines Menschen mcht mehr In ers.ter
Linie eine auf den Verstorbenen selbst bezogene kulturelle Bedeutung zugeordnet ,:ud,
sondern dass der Tod eines Menschen vor allem als Anlass zu Trauer und AbschIeds-
schmerz flir die noch Lebenden betrachtet wird.J4 Konsequenterweise ist es dann a~ch
vor allem die Geflihlswelt der Hinterbliebenen, die durch entsprechende kommumka-
tive Praktiken - und dazu gehört die Todesanzeige -in einer spezifischen ~t u~d
Weise modelliert und kulturell signifikant gemacht wird. Die Geste des Abschieds .ISt
zur zentralen Geste im öffentlichen Umgang mit dem Tod geworden -Text (13~,e~e
Anzeige zum Tod des Filmemachers Ulrich Schamoni in der FAZ, ers~höpft sich In
einem Abschiedsgruß. Dass andererseits, wie bereits erwähnt, Todesanzeigen ~eg~gnen.
in denen die verstorbene Person selbst Mitteilung von ihrem Tod macht, wäre In diesem
Kontext betrachtet durchaus folgerichtig, und die Kombination beider Textformen
innerhalb derselben Anzeige, wie sie in Text (11) dokumentiert ist, könnte dann als
Prototyp eines zukünftigen Textmusters betrachtet werdenY
11 Im Kontext der hier gegebenen Problematik - der Abfassung von Todesanzeigen _dürften u.a.
die Musterbücher eine Rolle spielen, die sowohl von Bestattungsinstituten als auch bei den Anzeigen-
abteilungen von Zeitungen zur Verfügung stehen. In meinem Korpus von Todesanzeigen lässt sich
darüber hinaus an verschiedenen Stellen die Vorbildwirkung einzelner Anzeigen beobachten, deren
Formulierungsvarianten in anderen Anzeigen in identischer oder nur leicht veränderter Form aufgegrif:
fen werden. Die eigentliche Frage, weshalb zu einem bestimmten historischen Zeitpunkt eine neue
Formulierungsvariante mehrfach aufgegriffen und schließlich zu einem neuen Muster wird, ist damit
jedoch nicht beantwortet. Auch anhand der in der Untersuchung von Karin Frese dokumentierten
Geburtsanzeigen lässt sich nachweisen, dass die Bekanntgabe der Geburt durch das Kind selbst als Vari.
ante bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts vorhanden war, jedoch erst im letzten Drittel des Jahrhun.
derts zu einem häufiger verwendeten Muster wurde (Frese 1987, Anhang).
.1] Wenn Rudi Keller zur Analyse von "Phänomenen der dritten Art" folgenden Dreischritt vor.
schlägt:
"1. Die Darstellung bzw. Benennung der Motive, Intentionen, Ziele, Überzeugungen (und dergleichen),
die den Handlungen der Individuen, die an der Erzeugung des betreffenden Phänomens beteiligt
sind, zugrunde liegen, einschließlich der Rahmenbedingungen ihres HandeIns;
2. die Darstellung des Prozesses, wie aus der Vielzahl der individuellen Handlungen die zu erklärende
Struktur entsteht; und
3. die Darstellung bzw. Benennung der durch diese Handlungen hervorgebrachten Struktur" (Keller
1991, 95),
so geht es mir nicht um den Problemkomplex unter (2), sondern ich interessiere mich in erster Linie
rur die unter (1) genannten soziokulturellen und mentalitären Phänomene, und ich verstehe Schritt (3).
d.h. die Beobachtung und Beschreibung von "Phänomenen der dritten Art", als Ausgangpunkt einer
Untersuchung dieser Phänomene aus sprachhistorischer Perspektive und in kulturwissenschaftlicher
Absicht.
.. Philippe Aries bindet diese BedeutUng des Todes als Abschied nicht zuletzt an die allmähliche
Ausbildung der Kleinfamilie und die damit verbundene IdeologISIerte emotionale BII1.~ung der FamilI-
enmitglieder aneinander. Als eine der Konsequenzen dieser Bindung sieht er d~e Veranderung 111der
Vorstellung vom Jenseits als dem Ort der Vereinigung mit Gott ~um "Ort der Wled:rver~ll1Igung derer,
die durch den Tod getrennt worden sind und diese Trennung l11everwunden haben (Anes 1996,785).
1.1 Diese Form der .Trauerkorrespondenz' zwischen der verstorbenen Person und den HlI1terbhebenen
ist in meinem Material allerdings nur zweimal dokumentiert.
Trauer, Öffentlichkeit und Intimität 217 218 Angelika Linke
VIIi, tschüß
Offenbar geht aber gerade die fehlende Einbindung von potenziell Trauernden in
eine sozial wohl definierte Trauer-Gemeinde einher mit einer -neuartigen - Verpflich-
tung des Einzelnen zu einem expliziten ,Bekenntnis' seiner Gefuhle: Während dem auf
traditionelle Weise in kollektive Trauerrituale eingebundenen Individuum Trauergefuhle
situativ ,zugeordnet' bzw. unterstellt werden, müssen sie nun vom Einzelnen öffentlich
demonstriert und inszeniert werden: Trauer wird nicht mehr als kollektives, sondern als
individuelles Phänomen modelliert..n
Dazu kommt, dass die Auflösung klassischer Familien- und Verwandtschaftskontexte
heute einerseits dazu fuhrt, dass nur noch die engsten Anverwandten als ,Hinterblie-
bene' und damit als potenziell Trauernde betrachtet werden -der Tod eines Onkels
oder einer Cousine gilt kaum mehr als ,Trauerfall' -, dass diese Auflösung andererseits
aber auch fur nicht offiziell legitimierte Lebenspartner und Freunde die Position von
Hinterbliebenen im Sinne von Trauernden öffnet. Und es ist nicht zuletzt die Todes-
bzw. eben Traueranzeige, mit der diese Position öffentlich angeeignet bzw. markiert
werden kann. Es ist in diesem Kontext wohl symptomatisch, dass gerade die ,volle'
Briefform der Traueranzeige tendenziell häufiger vorkommt, wenn es sich um Personen
handelt, die im traditionellen kulturellen Muster nicht als Hinterbliebene gelten und
damit zunächst weder Pflicht noch Recht zu sozial anerkannter Trauer haben -Belege
hierfur wären Text (4) und Text (8).
Die explizite Verbalisierung von Gefühlen sowie die in der dialogischen Zuwendung
zur verstorbenen Person öffentlich gemachte Beziehung zeigen die Unterzeichnenden
als aktiv Trauernde; die ,offenen Briefe' erscheinen als ein erster Schritt in der Trauer-
Arbeit, die nun individuell zu leisten ist. Und das heißt auch: Die beobachteten Verän-
derungen der Textsorte Todesanzeige lassen sich deuten als Ausdruck der Ersetzung
eines Konzeptes kollektiver Trauer, das im konkreten Todesfall den Kreis der Trauern-
den definiert und sich über ein Set von gesellschaftlich geregelten äußerlichen Verhal-
tensweisen konstituiert, durch ein Konzept individueller und singularisierter Trauer, das
vom Einzelnen die individuelle Bewältigung eines verschiedene Stadien umfassenden
Trauer-Prozesses bzw. eine aktive individuelle Trauer-Arbeit verlangt und über ein Set
normierter innerer Gefuhle definiert ist.J8 In diesem Kontext bilden die ,offenen Briefe'
ein probates Mittel anzuzeigen, wie die Trauernden mit ihrer Trauer umgehen -dass
an dieser Stelle im heutigen Sprachgebrauch das Possesivpronomen üblich ist, ist im
gegebenen Zusammenhang signifikant.
Deine Freunde
Andre und ('arola DujanJin .Klaus und Ingrid Finkeinburg ..Iürgen und
Christine Freidank ·Detle\' und Astrid Frick~ .Hartmul Frllmm und Inge
Groth ·Thomas und Anncmanc
Cicy~r
·Genrg und Doris Gafron .I!ank
und Sibylle Guidice. Wolf(iremm. Regina und Tanja Ziegler. Hans und Rit,l
Haibach·Peterund 110Haupt·Peter und Christa Heers.
Frank
Henke und
Gabi Schmidbauer ·Jochen
Rott
..Iörg und Assy Henschel . Rüdigt'r
und Marie-AgneslIülst ·Die Insterburgs -Ingo. .Iürgen. ['eter und Karl .
Klaus-Jürgen und Gudrun .lahn
·
Joschi .Dieter Klal1la .Carsten und UlIa
Klingbeil ·Wolfgang und El1ll11iike Kohlhaase. Albert und Elke Kroglmnn
·Manfred und Otti Krug ·Michael und .leIb Lentz .
Hajo
I.orenz .
Wolfgang Menge ·Biggi Mira ·Joachim und Mitra Petrasch .Günter und
(ngrid Rexrodt ·
Ra/Ti
und Mausi Rnth ·.Iürgen und Karin Schitthell11 .
reter lind SybiJle Schiwy ·Volker und Angelika SchlÖndortr. Norben lind
Irmela Schneider. Ileinl Schneider. Pit SchrÖder . Horst und Gaby Weyers
·Frank und AI1nelte Widl11eyer
Abb. Text 13 (FAZ, 12.03.1998)
5.2 Die Singularisierung und Individualisierung von Trauer
Es ist augenfallig, dass die sprachlich und zum Teil auch graphisch manifestierte Emoti-
onalität in heutigen Todesanzeigen sowie die oft geradezu exhibitionistisch anmutende
Zurschaustellung von Trauer und Abschiedsleid in den ,offenen Briefen'J6 in einer
merkwürdigen Diskrepanz steht zur Tatsache, dass im Umfeld von Sterben und Tod
eine kontinuierli~he Abnahme ritualisierter kollektiver Gefuhlsdemonstration zu beob-
achten ist - die ,große' Beerdigung, das Tragen von Trauerkleidung, das Abhalten von
Totenmessen etc. wird zunehmend unüblich.
.17 Dazu kommt,
dass
der demonstrative Umgang mit GefUhlen einer gegenwärtigen Verhaltenspro-
grammatik zu entsprechen scheint: Im Kontext einer kleinen Fragebogen-Untersuchung zum GefUhls-
wortschatz bei Schülern und Schülerinnen aus verschiedenen Altersgruppen wurden die Proband Innen
u.a. gebeten, in einfachen Worten zu definieren, was denn ein ,GefUhl' sei -eine Aufforderung, auf
die in der Altersgruppe der 16-Jährigen auffallend viele Befragte (sinngemäß) mit dem Satz .Man sollte
seine GefUhle zeigen können" reagierten (Verna, Sascha 1998: Seminararbeit Universität Zürich).
"Tony Walter spricht hier von einem "prescribed set of inner feelings. (Walter 1994,34).
... Dies gilt ebenfalls fUr die in der Deutschschweiz traditionell eher unübliche, in den letzten Jahren
jedoch auch in der NZZ häufiger begegnende Textsorte der ,Gedenkanzeige', die zum Jahrestag des
Todes publiziert wird und meist einen hohen Emotionalitätsgrad aufWeist -die mir bekannten Beispiele
sind ausschließlich in Form des ,offenen
Briefes'.
Trauer, Öffentlichkeit und Intimität 219 220 Angelika Linke
5.3 Die ,Medialisierung' von Trauer und das
Verhältnis von Öffentlichkeit und Intimität Denn wir sind es gewohnt, die Begriffspaare individuell vs. sozial (oder auch indi-
viduell vs. kollektiv), privat vs. öffentlich und persönlich vs. unpersönlich jeweils als
Gegensatzpaare zu lesen und zu denken. Ebenso selbstverständlich erscheint es uns,
dass die jeweils eine ,Hälfte' dieser Paare -das sind hier individuell, privat, persönlich
-und die jeweils andere ,Hälfte' -das sind sozial/kollektiv, öffentlich, unpersönlich -
konzeptuell zusammengehören, dass also folglich das Private nicht nur im Gegensatz
steht zum Öffentlichen, sondern auch zum Sozialen und Unpersönlichen, ebenso wie
das Öffentliche im Gegensatz steht zum Individuellen und Persönlichen (vgl. Abbil-
dung 14).
Das soeben skizzierte Konzept der individuellen Trauer ist nun aber, und diese Diffe-
renz ist mir besonders wichtig, nicht identisch mit einem Konzept von privater Trauer
im Sinne einer nicht-öffentlichen, einer zur Privatsache gemachten Trauer.
Im Gegenteil: Die Existenz des Texttyps ,offener Briet' als eine Form der Anzeige, in
der Trauernde -und das heißt. heute: Personen, die sich selbst als solche definieren -
ihre Trauergeruhle in einer als individuell markierten Form der Publikumsöffentlichkeit
unterbreiten, belegt die genuine Verbindung von individuell-intimer Geruhlsäußerung
und massenmedialer Öffentlichkeit, eine Verbindung, die zunächst als paradox, als
Widerspruch in sich selbst erscheinen mag.
Zwar lässt sich die Tendenz weg vom nonverbalen Ausdruck von Trauer (Trauerklei-
dung, Weinen, demonstrative Abwesenheit bei geselligen Ereignissen etc.) und hin zum
verbalen Ausdruck von Trauer (in Form ausruhrlicher Todes- und Gedenkanzeigen)
zumindest zum Teil auch erklären als Konsequenz einer zunehmenden "Diskursivie-
rung" von Geruhlen und Geruhlsbeziehungen -dies nicht zuletzt als Folge der Popu-
larisierung entsprechender psychotherapeutischer Praktiken. Dass diese Verbalisierung
von Trauer jedoch nicht im Schutze einer intimen Gesprächskonstellatiori" bzw. einer
persönlichen Beziehung geschieht, sondern in der medialen Öffentlichkeit der Tages-
presse, bricht mit konventionellen Vorstellungen davon, was privat und was öffentlich
ist.39
individuell sozial/kollektiv
privat vs. öffentlich
persönlich unpersönlich
"Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass gerade Texte wie Text (2), (8) oder (10) sowohl
formal als auch funktional große Ähnlichkeiten mit einem Texttyp aufWeisen, der spätestens seit den
70er Jahren ebenfalls relativ häufig als Anzeigentyp in Tageszeitungen begegnet und es im überregio-
onalen schweizerischen »Tagesanzeiger" unter dem Titel »Schatzchäschtli" zu einer eigenen Rubrik
gebracht hat. Bei diesen Anzeigen handelt es sich um Gratulationen, Glückwünsche, häufig aber auch
um Sympathie- und Liebeserklärungen ohne gesellschaftlich ritualisierten Anlass, welche die oft nur
mit Vor- oder Kosenamen zeichnenden Inserenten den Adressaten auf diesem massenmedialen Weg
zukommen lassen. Ein Text wie der folgende: "Gliebts, chlises Häxli - Schlufi und Müsli. Hüt flüg ich
für e paar Täg weg und wird doch immer echli bi Eu si. Ich vermisse Eu eso, dass ich mich scho jetzt
fescht freue Eu bald wieder z'gse und Eu chönne z'chraule! Hebet e schön i Zyt! -Jänu" (Wochen bei.
lage "züritip. des Tagesanzeigers vom 10. September 1998, 34) macht deutlich, wie nahe dieser Texttyp
an Texte heranrückt, die wie Text (2) oder (8) ebenfalls in erster Linie die emotionale Beziehung des
Inserenten zum Adressaten zum Ausdruck bringen, nur dass es sich in den letztgenannten Fällen um
die Beziehung zu einem verstorbenen Menschen handelt. Auch die Tatsache, dass ,offene Briefe' an
Verstorbene nicht nur von direkten Angehörigen, sondern -wenn auch (noch) relativ selten -auch von
Freundesgruppen, Arbeitskollegen oder ganzen Bürogemeinschaften formuliert werden (vgl. Text (4)
und Text (5», wie dies auch bei »Schatzchäschtli"-Anzeigen zu Geburtstagen, zu bestandenen Examen
oder zu Hochzeiten beobachtbar ist, mag für die Verwandtschaft der beiden Texttypen sprechen und
damit vielleicht auch für eine Ähnlichkeit der den Texten zugrunde liegenden Handlungsbedürfnisse
bzw. Intentionen, die man angesichts der Unterschiedlichkeit der Ereignisse -Freudenfeste und Liebes-
dinge auf der einen Seite, Tod und Trauer auf der anderen -zunächst nicht erwarten würde.
Abb.14
Angesichts der vorliegenden Textbeispiele von Todesanzeigen möchte ich nun aber die
Hypothese aufstellen, dass dieses Gegensatz-Konzept zumindest rur die Inserenten der
betreffenden Anzeigen nicht (mehr) gilt, sondern dass hier ein Konzept von Individu-
alität und Intimität zum Ausdruck kommt, welches die Inszenierung entsprechender
Geruhle in der massenmedialen Öffentlichkeit durchaus einschließt. Die Nähe und
emotionale Bedeutsamkeit einer Beziehung, die Intimität von Geruhlen konstituiert
sich nicht mehr in Abgrenzung zu einer als unpersönlich gedachten Öffentlichkeit,
und ebenso wenig ist Privatheit notwendig gebunden an oder gar Voraussetzung von
Intimität.40
Und das heißt, wenn ich mir nun eine soziokulturelle Verallgemeinerung der lingu-
istischen Befunde erlaube, dass ich die Text-Praxis der ,offenen Briefe' ausdeute als
Signal fur einen fundamentalen Wandel in der Konzeptualisierung von Öffentlichkeit,
,(I Die Vermutung liegt nahe, dass hier die massenmediale Öffentlichkeit im Bemühen um Intimität
funktionalisiert wird: Der latente Tabubruch, der angesichts traditioneller Verhaltenskonzepte immer
noch darin besteht, in der Öffentlichkeit intime Gefühle preiszugeben, lässt sich allenfalls positiv im
Sinne eines "Echtheitsausweises" interpretieren. Des Weiteren ließe sich postulieren, dass die zuneh-
mende Auflösung einer eingeschränkten, lokal und situativ definierten Öffentlichkeit, wie sie sich tra-
ditionell in Verwandtschaftskreisen, in Dorfgemeinschaften, in religiösen Gemeinden etc. konstituiert,
den Einzelnen dazu zwingt, in der massenmedialen Öffentlichkeit die soziale Resonanz zu suchen, die
diese kleineren Kreise früher vermittelt haben. Das Aufkommen von Todesanzeigen mit Verweis auf
eine Internet-Adresse, unter der sich eine Homepage für den Verstorbenen (z.B. mit Fotos, mit Wieder-
gabe von Grabreden, mit einem Gästebuch /Ur Kondolenzeinrragungen etc.) findet, mag ein weiterer
Schritt in diese RichtUng sein. Vgl. hierzu den Artikel in der SonntagsZeitung: Asche zu Asche, Pixel
zu Pixel (SonntagsZeitung, 8. Nov. 1998, 107), der sich mit der ersten entsprechenden Todesanzeige im
Tagesanzeiger befasst.
222 Angelika Linke
Trauer, Öffentlichkeit und Intimität 221
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von !.nd~vidualität un.d.lntimität, als Signal rur eine veränderte Konzeptualisierung des
Verhaltmss~s von IndlVlduum und Gesellschaft,41 die - so meine Hypothese - die Praxis
d.er sprachlichen Handlungen schon prägt, bevor sie als vertrautes Denkmuster, bevor
sie als bewusstes Konzept zur Verrugung steht.
.~~ss ich - ~nd. damit komme ich zu meinem Ausgangspunkt zurück -, relativ regel-
maßlg und mit emer nur schwer rationalisierbaren Neugier die Todesanzeigen in der
NZZ lese, macht also doch kulturellen Sinn: Eine solche Gewohnheit ist zwar nur noch
bedingt interpretierbar als soziale Praxis, die den Leser bzw. die Leserin in eine soziale
und lokale Gemeinschaft einbindet, sie ist aber eine Form von alltäglicher Teilhabe
am Prozes~ der sozialen Konstruktion zentraler kultureller Konzepte, in diesem Fall der
Konstru~t.lOn ~on Tod und Trauer sowie -dadurch vermittelt -der Konzeptualisierung
vo~ IndiVIdualität und Öffentlichkeit in der Textsorte ,Todesanzeige'. Die verbreitete
~elgung zur Lektüre solcher Anzeigen wäre also zumindest auch zu interpretieren als
eme Form von kulturellem Instinkt.
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Full-text available
"Wir können auch im Zusammenhang der menschlichen Kommunikation das Leben nicht hintergehen." Dieser Satz von Hugo Steger (1979, 28), obwohl schon vor fast zwanzig Jahren geäußert, hat bis heute nichts von seinem Anspruch verloren, auch nicht, wenn man ihn mittlerweile vor verschiedenen theoretischen Hintergründen, die ich im folgenden nennen werde, mit unterschiedlicher Akzentuierung interpretieren kann. Das Resultat der Interpretation wird in jedem Fall sein, daß wir unser alltags­ sprachliches Wissen über Texte nicht geringschätzen, nicht vernachlässigen dürfen. 1
Stilistische Textanalyse -immer ein Vergleich? Das Gemeinsame von Methoden der Stilanalyse -das Gemeinsame an Stilbegriffen
  • Ulla Fix
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Wie Eltern von sich reden machen. Sprachliche Analyse von Geburtsanzeigen in Tageszeitungen zwischen 1790 und 1985
  • Karin Frese
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Linke, AngelikajMarkus NussbaumerjPaul R. Portmann (1996): Studienbuch Linguistik. 3., unv. Aufl., Tübingen.