PreprintPDF Available

Strukturelle Einnahmeschwäche? GKV-Finanzierung im Spannungsfeld von demographischem Wandel und Gesundheitsreformen

Authors:
Preprints and early-stage research may not have been peer reviewed yet.

Abstract and Figures

Zusammenfassung Der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) wurde ein strukturelles Einnah-meproblem attestiert, das im vorliegenden Beitrag genauer untersucht wird. Es wird quantifiziert, wie sich die Einnahmen der GKV relativ zu volkswirtschaftlichen Ver-gleichsgrößen entwickelt haben. Insbesondere wird herausgearbeitet, dass die demo-graphische Alterung in den Jahren 1996 bis 2016 keinen dämpfenden Einfluss auf die Beitragseinnahmen hatte. Die Ausgaben der GKV werden ebenso analysiert, mit dem Ergebnis, dass es wesentliche Kostensteigerungen durch die demographische Alterung gab, aber auch kostendämpfende Eingriffe des Gesetzgebers, die ebenfalls quantifi-ziert werden. Eine Fokussierung allein auf die Entwicklung der GKV-Einnahmen wird den Beobachtungen nicht gerecht. Previous research revealed that the german statutory health insurance (SHI) exhibits a funding problem due to the contribution based financing. The article assesses the development of the SHI funding relative to macroeconomic figures. It turns out that demographic ageing did not reduce the amount of contributions in the period from 1996 to 2016, but contributed to a considerable amount to the expenditures. However , political interventions, whose impact is also approximately quantified, helped to contain the overall hike of health spending. Focussing solely on the development of SHI's funding is inappropriate with respect to the trends observed in the past. 2 1 Einleitung
Content may be subject to copyright.
Strukturelle Einnahmeschw¨
ache? GKV-Finanzierung
im Spannungsfeld von demographischem Wandel und
Gesundheitsreformen
Thomas Neusius
Wiesbaden Business School,
RheinMain University of Applied Sciences,
Bleichstr. 44,
D-65 183 Wiesbaden
19. Juni 2019
thomas.neusius@hs-rm.de
1
Zusammenfassung
Der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) wurde ein strukturelles Einnah-
meproblem attestiert, das im vorliegenden Beitrag genauer untersucht wird. Es wird
quantifiziert, wie sich die Einnahmen der GKV relativ zu volkswirtschaftlichen Ver-
gleichsgr¨
oßen entwickelt haben. Insbesondere wird herausgearbeitet, dass die demo-
graphische Alterung in den Jahren 1996 bis 2016 keinen d¨
ampfenden Einfluss auf die
Beitragseinnahmen hatte. Die Ausgaben der GKV werden ebenso analysiert, mit dem
Ergebnis, dass es wesentliche Kostensteigerungen durch die demographische Alterung
gab, aber auch kostend¨
ampfende Eingriffe des Gesetzgebers, die ebenfalls quantifi-
ziert werden. Eine Fokussierung allein auf die Entwicklung der GKV-Einnahmen wird
den Beobachtungen nicht gerecht.
Previous research revealed that the german statutory health insurance (SHI) ex-
hibits a funding problem due to the contribution based financing. The article assesses
the development of the SHI funding relative to macroeconomic figures. It turns out
that demographic ageing did not reduce the amount of contributions in the period
from 1996 to 2016, but contributed to a considerable amount to the expenditures. Ho-
wever, political interventions, whose impact is also approximately quantified, helped
to contain the overall hike of health spending. Focussing solely on the development
of SHI’s funding is inappropriate with respect to the trends observed in the past.
2
1 Einleitung
Der Beitragssatz der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) lag 1996 bei durchschnitt-
lich bei 13,5% und stieg bis 2018 auf 15,5% an (Bundesministerium f¨
ur Gesundheit
(BMG) 2019). Dies scheint kein dramatischer Anstieg zu sein, obgleich w¨
ahrend dieser Zeit
mehrere Gesundheitsreformen durchgesetzt wurden und die konjunkturelle Situation 2018
ungleich g¨
unstiger war als die des Jahres 1996. Trotz der aktuell ausk¨
ommlichen Finan-
zierung sieht die umlagefinanzierte GKV einer finanziell angespannten Zukunft entgegen,
wie mehrfach festgestellt wurde (Bundesministerium der Finanzen 2016; R¨
urup u. a.
2009; Werding und L¨
apple 2019). Neben kurzfristigen konjunkturellen Schwankungen
wirkt die demographische Entwicklung in zweifacher Weise auf die GKV: Erstens nimmt die
Zahl ¨
alterer Versicherter mit ¨
uberdurchschnittlichem Versorgungsbedarf zu und zweitens
ist die Zahl der Personen, welche als Erwerbst¨
atige haupts¨
achlich die finanziellen Mittel
der GKV ¨
uber ihre Beitr¨
age aufbringen, in Relation zur Gesamtbev¨
olkerung r¨
uckl¨
aufig.
Ein genauerer Blick auf die vergangenen Jahre mag dabei helfen, die Einnahmen-
und Ausgabenentwicklung hinsichtlich einzelner Ursachenkomplexe zu analysieren. So wur-
de wiederholt darauf verwiesen, dass die Gesetzliche Krankenversicherung eigentlich kein
Ausgaben-, sondern ein Einnahmeproblem habe. Konkreter bezieht sich dies auf die Fest-
stellung, der Anteil der Ausgaben der GKV relativ zum Bruttoinlandsprodukt sei ¨
uber
die Jahre weitgehend konstant geblieben, w¨
ahrend die L¨
ohne hinter dieser Entwicklung
zur¨
uckgeblieben seien, es liege demnach eine strukturelle Einnahmeschw¨
ache vor (Ro-
thgang,Arnold und Unger 2010; Wille 2002; Rothgang 2011).
In den Jahren von 1996 bis 2017 sind die Ausgaben der GKV pro Versichertem in-
flationsbereinigt um 34,3% gestiegen (BMG KJ1 2018; BMG KM7 2017). Der Preisan-
stieg wurde dabei mit dem Verbraucherpreisindex aus der volkswirtschaftlichen Gesamt-
rechnung (VGR) ber¨
ucksichtigt (VGR Preisindex 2019). Der Anstieg der Pro-Kopf-
Ausgaben der GKV liegt damit im einundzwanzigj¨
ahrigen Mittel bei 1,41% (geometrisches
Mittel, inflationsbereinigt). Das um den Verbraucherpreisanstieg bereinigte Wachstum des
Bruttoinlandsproduktes (BIP), bezogen auf die Zahl der Einwohner, lag in diesem Zeit-
3
Abbildung 1: Entwicklung des Bruttoinlandsproduktes pro Einwohner, der GKV-
Leistungsausgaben pro versicherter Person (VP) und des beitragspflichtigen Einkommens
(BPE) pro GKV-Mitglied. Die GKV-Leistungsausgaben wurden zudem unter der Annahme
nicht erfolgter Gesundheitsreformen bestimmt. Alle Angaben inflationsbereinigt mit Ver-
braucherpreisindex. Quelle: BMG KJ1 (2018), VGR BIP (2019), VGR Bev¨
olkerung
(2018) und VGR Preisindex (2019), eigene Berechnungen.
raum kumuliert bei 25,1% bzw. durchschnittlich bei 1,07% pro Jahr (VGR BIP 2019;
VGR Preisindex 2019; VGR Bev¨
olkerung 2018). Der Anstieg der Gesundheitsaus-
gaben ¨
ubersteigt im Beobachtungszeitraum das BIP-Wachstum um 34 Basispunkte pro
Jahr.
Das Wachstum der beitragspflichtigen Einkommen (BPE) blieb im selben Zeitraum
jedoch hinter dem Wachstum des BIP zur¨
uck. Sie stiegen von 1996 bis 2017 um j¨
ahrlich
durchschnittlich 0,15%, kumuliert 3,3% in 21 Jahren. Insofern gibt es tats¨
achlich eine Ero-
sion der Einnahmebasis der GKV, die gleichwohl kein GKV-Spezifikum darstellt, sondern
die anderen umlagefinanzierten Sozialversicherungen ebenso trifft.
Im Folgenden soll diese Entwicklung genauer beleuchtet werden: Die demographischen
Anteile am Wachstum von Ausgaben und BPE sollen separiert werden. Dazu wird hier
eine Analyse der Lohnstruktur der GKV-Mitglieder durchgef¨
uhrt, die eine Differenzierung
nach verschiedenen Ursachen f¨
ur die Entwicklung der BPE erm¨
oglicht. Zudem wird die
4
Rolle der Gesundheitspolitik f¨
ur die Ausgaben der GKV abgesch¨
atzt, um die meist ko-
stend¨
ampfenden Eingriffe des Gesetzgebers von der sonstigen Ausgabendynamik zu tren-
nen. Bisherige Studien haben die demographischen Ein߬
usse auf die Ausgaben bereits in
¨
ahnlicher Form analysiert. Hier wird jedoch auch der Versuch unternommen, die Wirkun-
gen gesetzgeberischer Eingriffe zu beziffern. Zudem wird hier auch der demographische
Anteil in der Entwicklung der beitragspflichtigen Einkommmen aufgeschl¨
usselt.
Die vorliegende Arbeit leistet damit einen Beitrag zum Verst¨
andnis der finanziellen
Entwicklungen der GKV und schließt zudem eine L¨
ucke: Zahlreiche Szenariorechnungen
zur zuk¨
unftigen Entwicklung der GKV-Finanzen und des GKV-Beitragssatzes fußen auf
Annahmen zur Entwicklung von Einnahmen und Ausgaben in Relation zu volkswirtschaft-
lichen Gr¨
oßen (Bundesministerium der Finanzen 2016; Gasche und Rausch 2016;
Werding 2016; Kochsk¨
amper 2018; Brouwers u. a. 2018a; Werding und L¨
apple
2019). Dieser Beitrag zeigt auf, wieweit derartige Annahmen f¨
ur den Zeitraum 1996 bis
2017 von den tats¨
achlichen Entwicklungen gedeckt sind bzw. von ihnen abwichen.
2 Entwicklung der GKV-Ausgaben
In Abbildung 1 ist zu erkennen, dass die Pro-Kopf-Ausgaben in den Jahren 1997 bis 2003
und 2004 bis 2008 vergleichsweise gleichm¨
aßig gestiegen sind. Von 1996 auf 1997 ist jedoch
ebenso wie von 2003 auf 2004 ein deutlicher R¨
uckgang erkennbar, der mit dem Greifen von
Gesundheitsreformgesetzen in Zusammenhang steht. Von 2008 auf 2009 gab es dann einen
ausgepr¨
agten Anstieg. Dies f¨
allt zusammen mit dem GKV-Wettbewerbsst¨
arkungsgesetz,
mit dem der Gesundheitsfonds und ein einheitlicher Beitragssatz eingef¨
uhrt wurde. Es
folgten ab 2010 einige Jahre moderaten Wachstums. Seit 2012 hat sich der j¨
ahrliche Anstieg
der Pro-Kopf-Ausgaben merklich beschleunigt.
Eine Aufteilung der verschiedenen Leistungsbereiche zeigt Abb. 2. Im Jahr 1997 wirkten
sich die durch das Beitragsentlastungsgesetz erh¨
ohten Zuzahlungen aus, was besonders zu
r¨
uckl¨
aufigen Ausgaben im Bereich der Arzneimittel f¨
uhrte. Zudem wurden Leistungen f¨
ur
Kuraufenthalte gek¨
urzt und das Krankengeld von 80% auf 70% des letzten Bruttolohns
5
Abbildung 2: Entwicklung der Leistungsbereiche der GKV-Ausgaben pro versicherter Per-
son (VP). Preisbereinigt mit Verbraucherpreisindex. Quelle: VGR Preisindex (2019),
BMG KJ1 (2018) und BMG KM7 (2017), eigene Berechnungen.
gesenkt (Deutsche Bundesbank 2004; SVWR 1997, 123, Rn. 203).
Im folgenden Jahr traten das erste und zweite GKV-Neuordnungsgesetz in Kraft. Er-
neut wurden die Zuzahlungen angehoben und die Zusch¨
usse bei Zahnersatz auf Festbetr¨
age
umgestellt. Die Ausgaben f¨
ur zahn¨
arztliche Behandlungen sanken 1998 demnach sp¨
urbar
gegen¨
uber dem Vorjahr (SVWR 1998, 136, Rn. 196).
Im Jahr 2004 traten die Regelungen des GKV-Modernisierungsgesetzes in Kraft. Insbe-
sondere die vollst¨
andige Ausgliederung von nicht verschreibungspflichtigen Medikamenten,
h¨
ohere Zuzahlungsbetr¨
age, eine ver¨
anderte Verg¨
utung der Apothekerleistungen und auf das
Jahr 2004 begrenzte Rabatte auf verschreibungspflichtige Arzneimittel trugen erheblich zur
Ausgabenreduktion bei (SVWR 2004, 312, Rn. 332).
Die Arzneimittelausgaben gingen 2004 im Vergleich zu 2003 um 10% zur¨
uck, lagen al-
lerdings schon 2005 wieder ¨
uber dem Niveau von 2003 (Deutsche Bundesbank 2004;
Deutsche Bundesbank 2014). Heil- und Hilfsmittel verzeichneten einen bleibenden Aus-
gabenr¨
uckgang (z.B. keine Leistungen mehr f¨
ur Sehhilfen). Der R¨
uckgang bei den Ausga-
ben f¨
ur ¨
arztliche Behandlungen war auch von der Einf¨
uhrung der Praxisgeb¨
uhr verursacht
gewesen, die einen sp¨
urbaren R¨
uckgang der Arztbesuche nach sich zog (SVWR 2004, 310f,
6
Rn. 330). Zudem gab es einen ¨
uber zwei Jahre andauernden R¨
uckgang bei den Ausga-
ben f¨
ur zahn¨
arztliche Behandlungen, der auf die Ausgliederung des Zahnersatzes aus dem
Leistungskatalog zur¨
uckzuf¨
uhren ist, die jedoch sp¨
ater teilweise r¨
uckg¨
angig gemacht wur-
de (SVWR 2004, 316, Rn. 337). Schließlich gingen die Ausgaben f¨
ur Arzneimittel in den
Jahren 2010 bis 2012 zur¨
uck und stiegen 2013 nur moderat. Hintergrund ist das Gesetz
zur ¨
Anderung krankenversicherungsrechtlicher und anderer Vorschriften, welches in die-
sem Zeitraum besondere Herstellerabschl¨
age und ein Preismoratorium vorsah (Boysen-
Hogrefe 2015; Deutsche Bundesbank 2014, S. 50). Im Folgejahr kam es dementspre-
chend zu einem besonders starken Anstieg der Arzneimittelausgaben (vgl. Abb. 2).
Wie in Abb. 2 zu erkennen, ging die Abschaffung der Praxisgeb¨
uhr ab dem Jahr 2013
einher mit einem sp¨
urbaren Anstieg der Leistungsausgaben f¨
ur ¨
arztliche Behandlungen
(gegenl¨
aufig zum R¨
uckgang im Jahr 2004 bei der Einf¨
uhrung selbiger) (SVWR 2013, 92,
Rn. 157). Dies unterstreicht die schon vorher ge¨
außerte Vermutung eines nicht zu ver-
nachl¨
assigenden Steuerungseffektes durch die Praxisgeb¨
uhr (Heuer 2016).
Um eine Absch¨
atzung der Effekte dieser Reformgesetze auf die Entwicklung der GKV-
Leistungsausgaben vorzunehmen, wird hier eine virtuelle Entwicklung der Leistungsberei-
che ¨
uber die Jahre 1996 bis 2017 erstellt. Annahme ist dabei, dass die Leistungsausgaben
der einzelnen Bereiche nominal nicht gesunken w¨
aren, wenn es keine Eingriffe des Gesetz-
gebers gegeben h¨
atte. Preisbereinigt kann es dennoch zu R¨
uckg¨
angen der Ausgabenberei-
che kommen. Die unter dieser Vorgehensweise sich ergebende Entwicklung der gesamten
Leistungsausgaben je Versichertem ist in Abb. 1 dargestellt. Es zeigt sich, dass die Lei-
stungsausgaben dann ein durchschnittliches j¨
ahrliches Wachstum von 1,72% aufweisen,
kumuliert 43,2% ¨
uber zwanzig Jahre. Die so abgesch¨
atzte Wirkung gesetzgeberischer Ein-
griffe zur Ausgabenbegrenzung hatte also einen durchschnittlichen j¨
ahrlichen Effekt von
-0,31% oder kumuliert von -8,9%.
Die hier dargestellte Absch¨
atzung ist eher vorsichtig gew¨
ahlt. Leistungsausweitungen
waren im beobachteten Zeitraum von nachrangiger Bedeutung, wenn man von der Ab-
schaffung der Praxisgeb¨
uhr absieht. Wirkungen werden den gesetzgeberischen Maßnahmen
durch die hier angewendete N¨
aherung nur zugeschrieben, wenn es in einem Leistungsbereich
7
zu einem R¨
uckgang der nominalen Ausgaben kam. Damit werden insbesondere alle Wir-
kungen nicht erfasst, welche den Anstieg der Ausgaben zwar ged¨
ampft haben, nicht aber
zu einem R¨
uckgang der Ausgaben f¨
uhrten. Deswegen ist anzunehmen, dass die Wirkungen
der Eingriffe in das GKV-Leistungsgeschehen hier untersch¨
atzt wurden.
2.1 Demographischer Anteil am Ausgabenwachstum
Ein immer wieder als besonders wichtig benannter Faktor f¨
ur den Anstieg der Pro-Kopf-
Ausgaben der GKV-Ausgaben ist die demographische Alterung (Stahmeyer u. a. 2018;
Bundesministerium der Finanzen 2016; Gasche und Rausch 2016; Kochsk¨
amper
2018; Boysen-Hogrefe 2015; Arentz und Ulrich 2017). Die Ausgabenprofile der GKV
zeigen deutlich das Ansteigen der durchschnittlichen Pro-Kopf-Ausgaben mit fortschreiten-
dem Alter (Abb. 3). W¨
urden diese Ausgaben in ihrer Alters- und Geschlechtsabh¨
angigkeit
sich ¨
uber l¨
angere Zeit nicht ver¨
andern, so w¨
are allein die Alters- und Geschlechtsstruk-
tur der GKV f¨
ur sich ver¨
andernde Pro-Kopf-Ausgaben verantwortlich. Da die deutsche
Bev¨
olkerung bereits ¨
uber viele Jahre altert, ist es auch nicht verwunderlich, dass die GKV-
Versicherten 2017 im Schnitt ¨
alter sind, n¨
amlich 43,8 Jahre, als es im Jahr 1996 mit 39,9
Jahren der Fall war (vgl. Durchschnitts- und Medianalter in Tab. 1).
Indem man die tats¨
achlichen Ausgaben der GKV den Ausgaben gegen¨
uberstellt, die
sich ergeben h¨
atten, wenn sich nur das Alter der Versicherten, nicht aber die altersspe-
zifischen Gesundheitsausgaben ver¨
andert h¨
atten, l¨
asst sich der demographische Effekt in
den GKV-Ausgaben separieren (SVWR 2004, S. 325). H¨
atten 1996 bereits die alters- und
geschlechtsspezifischen Ausgaben (ohne Krankentagegeld) des Jahres 2017 geherrscht, so
h¨
atten die Ausgaben pro Versichertem bei 2 472,64 EUR gelegen und w¨
aren durch die sich
ver¨
andernde Altersstruktur im Jahr 2017 auf 2 767,01 EUR pro Versichertem gestiegen.
Dies entspricht einem durchschnittlichen j¨
ahrlichen Anstieg von 0,54% bzw. einem kumu-
lierten Anstieg von 11,9% in zwanzig Jahren. Vergleichbare Werte hatten Gasche und
Rausch (2016) gefunden. Anders als andere Entwicklungen ist dieser Trend kaum von
Volatilit¨
at gepr¨
agt. Zudem ist die demographische Alterung ein ¨
außerst tr¨
ager Prozess,
8
Abbildung 3: Durchschnittliche Leistungsausgaben (ohne Krankengeld) je Alter im Jahr
2017, getrennt nach M¨
annern (M) und Frauen (W). Quelle: BVA (2018), eigene Berech-
nungen.
der nur auf der Zeitskala von mehreren Jahrzehnten gestaltbar ist (Statistisches Bun-
desamt 2015). Der demographische Beitrag zum Ausgabenanstieg ist damit keineswegs
vernachl¨
assigbar. Allerdings schw¨
achte er sich in den letzten Jahren ab, weil in Folge der
erh¨
ohten Zuwanderungszahlen eine Verj¨
ungung des GKV-Kollektivs stattfand, wie an leicht
r¨
uckl¨
aufigem Median- und Durchschnittsalter erkennbar ist. Boysen-Hogrefe (2019) hat
darauf hingewiesen, dass der ¨
uber viele Jahre beobachtbare demographisch bedingte Bei-
trag zum Ausgabenanstieg in der GKV j¨
ungst nahe Null lag. Der 21-j¨
ahrige Mittelwert f¨
ur
den demographischen Beitrag wird dadurch leicht gedr¨
uckt.
2.2 Medizinischer Fortschritt
Die Ausgaben der GKV pro Versicherter Person (VP) sind von 1996 bis 2017 j¨
ahrlich
durchschnittlich um 1,41% gewachsen. Zusammen mit dem ausgabend¨
ampfenden Effekt
gesetzgeberischer Eingriffe von j¨
ahrlich 0,31% ergibt sich ein Wachstum von 1,72%. Da-
von k¨
onnen 1,07% (durchschnittliches Wachstum des Pro-Kopf-BIPs) als Ausdruck des
allgemeinen Wirtschaftswachstums gedeutet werden. Des Weiteren sind 0,54% durch die
9
Jahr 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006
Mittelwert 39,93 40,17 40,38 40,58 40,77 41,00 41,25 41,50 41,78 41,96 42,23
Median 37,86 38,24 38,59 38,93 39,29 39,68 40,11 40,57 41,03 41,40 41,86
Jahr 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017
Mittelwert 42,50 42,74 43,02 43,29 43,50 43,67 43,80 43,89 43,93 43,90 43,82
Median 42,33 42,76 43,23 43,66 44,04 44,34 44,59 44,76 44,84 44,76 44,55
Tabelle 1: Durchschnittliches Alter der in der GKV versicherten Personen (VP), Media-
nalter der GKV-VP. Quelle: BVA (2018), eigene Berechnungen.
demographische Alterung verursacht. So verbleibt ein Wachstum von 0,11%, dessen Ursa-
che offen bleibt. Diese Gr¨
oße k¨
onnte eventuell h¨
oher ausfallen, da die Absch¨
atzung f¨
ur die
Wirkung von Gesundheitsreformen vorsichtig gew¨
ahlt war.
Ein wesentlicher Effekt, der zur Steigerung von Gesundheitsausgaben beitr¨
agt, ist der
medizinisch-technische Fortschritt (Breyer und Ulrich 2000; Appleby 2013; Smith,
Newhouse und Freeland 2009; Bratan und Wydra 2013). Innovationen in der Medi-
zin wie neue Therapieverfahren, neue Arzneimittel oder moderne Methoden der Diagnostik
gehen in der Regel mit steigenden Kosten einher. Es zeigt sich daher regelm¨
aßig ein Anstieg
von medizinischen Kosten, der ¨
uber den allgemeinen Verbraucherpreisanstieg hinausgeht.
F¨
ur Deutschland wurde der kostentreibende Effekt des medizinischen Fortschritts in der
Vergangenheit auf 1,0% beziffert (Breyer und Ulrich 2000).
Die hier gefundenen 0,11% sind allerdings nur der Saldo aus allen weiteren Faktoren,
die die Ausgaben der GKV bestimmen. Es ist also m¨
oglich, dass weitere Effekte, wie z.B.
eine Ver¨
anderung der allgemeinen Gesundheitslage oder ein anderes Nachfrageverhalten
seitens der Versicherten, stattgefunden haben.
Das Zusammenspiel von demographischer Alterung und Gesundheitsausgaben ist schon
lange ein vielbeachtetes Thema gesundheits¨
okonomischer Analysen. Klassisch stehen sich
zwei Ph¨
anomene gegen¨
uber:
1. Medikalisierung (Expansion) bezeichnet das Ph¨
anomen, dass durch die steigende Le-
10
benserwartung die Jahre, welche in schlechtem Gesundheitszustand verbracht wer-
den, zunehmen (Gruenberg 1977; Verbrugge 1984). Schwere Krankheiten f¨
uhren
in diesem Fall zwar nicht mehr zum Tod, aber die Krankheiten selbst werden nicht
geheilt, bzw. ihre Pr¨
avalenz geht nicht zur¨
uck, sondern nimmt sogar zu. Demnach
w¨
urde eine steigende Lebenserwartung zu steigenden Gesundheitskosten pro Kopf
f¨
uhren.
2. Kompression bezeichnet das Ph¨
anomen, dass durch die steigende Lebenserwartung
die Gesundheit in einem bestimmten Alter durchschnittlich verbessert (Fries 1980).
Krankheiten werden dann im Laufe der Zeit heilbar bzw. ihre Pr¨
avalenz kann gesenkt
werden, eventuell bis auf Null. Das w¨
urde bedeuten, die Gesundheitsausgaben pro
Kopf m¨
ussten sinken, wenn nicht andere Faktoren den Effekt verdecken.
F¨
ur beide Ph¨
anomene k¨
onnen je nach Krankheitsbild Beispiele gefunden werden, eine Do-
minanz eines der beiden Mechanismen ist allerdings nicht auszumachen (Geyer 2015).
Insgesamt wurde f¨
ur die deutschen Gesundheitsausgaben jedoch eher ein ¨
uber die allge-
meine Inflation hinausgehender Anstieg beobachtet (Breyer,Lorenz und Niebel 2015)
(monet¨
are Medikalisierung ) (Niehaus 2006).
Eine Identifikation einzelner Beitr¨
age von Medikalisierung oder Kompression ist mit
dem hier verfolgen Ansatz nicht m¨
oglich.
3 Entwicklung der beitragspflichtigen Einkommen
Die Entwicklung der beitragspflichtigen Einkommen (BPE) verzeichnet im Zeitraum von
1996 bis 2017 nur ein durchschnittliches j¨
ahrliches Wachstum von 0,15% (s. Abb. 4). Die
beitragspflichtigen Einkommen bleiben damit stark hinter der gesamtwirtschaftlichen Ent-
wicklung, die beispielsweise durch das Wachstum des BIP (pro Kopf) von j¨
ahrlich 1,07%
oder des BIP je Erwerbsperson von j¨
ahrlich 0,41% angezeigt wird, zur¨
uck (Abb. 4).
11
Abbildung 4: Entwicklung des Bruttoinlandsproduktes pro Einwohner, des beitragspflich-
tigen Einkommens (BPE) pro GKV-Mitglied, der Arbeitsproduktivit¨
at (je Arbeitsstunde),
der Arbeitsproduktivit¨
at (je Erwerbsperson, EP) und der Lohnquote (Arbeitsentgelt als
Anteil am BIP). Alle Angaben indexiert auf 1996 und inflationsbereinigt mit Verbrau-
cherpreisindex. Quelle: VGR BIP (2019), VGR Bev¨
olkerung (2018), VGR Arbeits-
stunden (2019), VGR Arbeitnehmerentgelt (2019) und VGR Preisindex (2019),
eigene Berechnungen.
3.1 Lohnquote
Im Zeitraum von 1996 bis 2007 ging die Lohnquote (Arbeitnehmerentgelt, Inl¨
ander) am
BIP von 52,9% auf 47,6% zur¨
uck (VGR Arbeitnehmerentgelt 2019). Ab 2008 stieg
die Lohnquote wieder bis auf 50,4% in 2012 an, verharrte dann bis 2016 bei ungef¨
ahr 50,6%
und lag in 2017 bei 50,9%.
Allerdings ist der tendentiell geringere Anteil an Entgelten im BIP keine hinreichende
Erkl¨
arung f¨
ur die beobachtete Stagnation der BPE, denn sie entspricht nur einem j¨
ahrlichen
Abschlag von 0,19%. Demnach h¨
atten, ceteris paribus, die BPE pro Mitglied immer noch
um 0,22% j¨
ahrlich wachsen m¨
ussen, wenn sich das allgemeine Produktivit¨
atswachstum (pro
Erwerbsperson) von 0,41% in entsprechenden Lohnerh¨
ohungen der GKV-Mitglieder nieder-
geschlagen h¨
atte. Es haben also weitere f¨
ur den BPE-Anstieg d¨
ampfende Entwicklungen
stattgefunden.
12
3.2 Produktivit¨
atsentwicklung
F¨
ur eine Beurteilung der Lohnentwicklung verdient die Entwicklung der Produktivit¨
at be-
sondere Aufmerksamkeit. Die Arbeitsproduktivit¨
at je Erwerbst¨
atigem (BIP geteilt durch
Zahl der Erwerbst¨
atigen) stieg im Beobachtungszeitraum insgesamt um 8,9% bzw. um
durchschnittlich 0,41% pro Jahr. Von 1996 bis 2007 stieg die Arbeitsproduktivit¨
at leicht
an, verzeichnete jedoch im Jahr 2008 und im Jahr 2009 einen starken R¨
uckgang, so dass
die Arbeitsproduktivit¨
at im Jahr 2009 geringer ausfiel als die im Jahr 1996 (Abb. 4).
Dieser R¨
uckgang steht im Zusammenhang mit dem R¨
uckgang der Arbeitslosenquote, wel-
che vor allem Arbeitskr¨
afte mit geringerer Produktivit¨
at zur¨
uck in Besch¨
aftigung brachte
und damit einen d¨
ampfenden Effekt auf die Produktivit¨
at aus¨
ubte (Elstner,Feld und
Schmidt 2018). Die Zahl der Erwerbst¨
atigen stieg von 1996 bis 2017 um insgesamt 16,5%
(j¨
ahrlich durchschnittlich 0,73%), die Bev¨
olkerung aber nur um 1,5% (j¨
ahrlich durchschnitt-
lich 0,07%) (VGR Bev¨
olkerung 2018; SVWR 2015, 284, Rn. 591).
Operationalisiert man die Produktivit¨
at jedoch als BIP pro Arbeitszeit (Arbeitsstun-
den der Erwerbst¨
atigen), so ergibt sich ein weniger eindeutiges Bild (Abb. 4). Die Zahl der
Arbeitsstunden je Erwerbst¨
atigem sank von 1996 bis 2017 um 9,9% (j¨
ahrlich durchschnitt-
lich -0,49%) (VGR Arbeitsstunden 2019). Damit stieg die Stundenproduktivit¨
at um
20,9% (j¨
ahrlich durchschnittlich 0,91%). Zwar ist auch die Stundenproduktivit¨
at in den
Jahren 2008 und 2009 gesunken, jedoch ist der R¨
uckgang weit weniger ausgepr¨
agt als bei
der Produktivit¨
at pro Erwerbsperson. Seit 2013 verzeichnet die Stundenproduktivit¨
at einen
steileren Anstieg als in den Jahren vor 2008.
F¨
ur das BPE pro GKV-Mitglied ist allerdings entscheidend, wie sich die L¨
ohne (je
Mitglied) entwickeln. Das deutliche Wachstum der Stundenproduktivit¨
at f¨
uhrt wegen der
r¨
uckl¨
aufige Zahl an Arbeitsstunden je Erwerbsperson nicht zu einem gleichgroßen Lohn-
wachstum, denn die Zahl der Erwerbst¨
atigen stieg und die Arbeitslosenquote ging zur¨
uck
(VGR Bev¨
olkerung 2018; SVWR 2015, 288,Rn. 599f).
Das BPE pro GKV-Mitglied stieg von 1997 bis 2000 moderat an, ab 2001 bis 2009 ist
ein R¨
uckgang zu erkennen, der nach der Finanzkrise endete und in einen sich beschleu-
13
nigenden Anstieg ¨
uberging (Abb. 4). Die sehr schwache Entwicklung der BPE bis 2009
macht deutlich, dass die GKV im Zeitraum 1996 bis 2009, ebenso wie andere umlagefinan-
zierte Sozialversicherungen, eine Einnahmeschw¨
ache aufweist (Rothgang,Arnold und
Unger 2010; Wille 2002; Rothgang 2011; IAQ 2017; SVWR 2004; Albrecht u. a.
2013b). Es ist aber weniger eindeutig, ob sich diese Entwicklung als dauerhaft darstellt.
Die vorliegenden Ergebnisse deuten darauf hin, dass sich der Effekt nach 2009 reduziert
hat.
3.3 Demographische Effekte auf die Einkommen der GKV-Mit-
glieder
Abbildung 5: Entwicklung der altersabh¨
angigen Einkommen der GKV-Mitglieder im Jahr
1999 und 2016 (Preise von 2016). Das Jahr 1999 wurde in der Abbildung betrachtet, weil f¨
ur
fr¨
uhere Jahre keine getrennten Werte f¨
ur das BPE von GKV-Mitgliedern im Erwerbsalter
und GKV-Mitgliedern im Rentenalter vorliegen. Dies verzerrte das Einkommensprofil f¨
ur
die fr¨
uheren Jahre. Zu erkennen ist der R¨
uckgang der Alterseink¨
unfte. Zuw¨
achse entfallen
v.a. auf die Kohorten zwischen ab dem Alter 45 bis zum Renteneintritt. Quelle: Sozio-
oekonomisches Panel (SOEP) (SOEP v33 2017), VGR Preisindex (2019), BMG
KJ1 (2017) und BMG KM6 (2016), eigene Berechnungen.
14
Die Entwicklung der BPE h¨
angt neben der allgemeinen Lohnentwicklung auch von der
Verteilung der Lohnh¨
ohen auf die Alterskohorten ab, die sich im Zeitverlauf ge¨
andert haben
kann. Auch ist die Altersverteilung einem Wandel unterworfen, der bei einer anzunehmen-
den Altersabh¨
angigkeit der Eink¨
unfte indirekt einen Einkommenseffekt ausl¨
ost. In ihrer
Beitragssatzprojektion haben Arentz und Ulrich (2017) eine solche Altersabh¨
angigkeit
der Beitragszahlungen ber¨
ucksichtigt.
Abbildung 6: Altersschichtung der GKV-Mitglieder im Jahr 1996 und 2016 (linke Ska-
la) und Lohnprofil im Jahr 2016 (rechte Skala). Die Babyboomer (ca. Geburtsjahrgang
1965) waren im Jahr 1996 etwa 30 Jahre alt. Im Jahr 2016 finden sie sich unter den etwa
50 Jahre alten Mitgliedern. Durch die positive Korrelation von Alter und Lohnh¨
ohe der
Erwerbst¨
atigen, hat diese Alterung der Babyboomer einen positiven Effekt auf die BPE.
Durch den Eintritt in das Rentenalter (ca. 2025) wird sich der positive demographische
Effekt auf die BPE voraussichtlich in einen negativen Effekt umkehren. Quelle: (SOEP
v33 2017),VGR Preisindex (2019), BMG KJ1 (2017) und BMG KM6 (2016), eigene
Berechnungen.
Um diese Aspekte einsch¨
atzen zu k¨
onnen, wurden f¨
ur die vorliegende Arbeit Daten
des Sozio¨
okonomischen Panels herangezogen, um die altersspezifischen Lohnh¨
ohen in der
GKV zu ermitteln (SOEP v33 2017; Goebel u. a. 2018). Niehaus (2013) und Arentz
15
und Ulrich (2017) hatten ¨
ahnliche Ergebnisse auf Basis der Daten der gesetzlichen Ren-
tenversicherung erhalten.
Hier wurde aus den Lohnh¨
ohen1der GKV-Versicherten in der SOEP-Stichprobe ein
Lohnprofil ermittelt. Dieses wurde einer Gl¨
attung unterzogen. F¨
ur die Altersstufen ab
65 wurde eine altersunabh¨
angige Einkunftsh¨
ohe veranschlagt. Analog zur Gliederung der
GKV-Mitgliederstatistik KM6 wurden die Lohnh¨
ohen f¨
ur je f¨
unf Altersstufen zusammen-
gefasst. Das so gewonnene Profil wurde umskaliert, damit sich zusammen mit den Mit-
gliedszahlen der Statistik KM6 die BPE gem¨
aß der GKV Statistik BMG KJ1 (2017) f¨
ur
die Jahre 1996 bis 2006 und gem. Sch¨
atzerkreis beim BVA (2017), in den Jahren 2007
bis 2016 ergeben.
Die Entwicklung der Lohnh¨
ohenverteilung der GKV (Abb. 5) zeigt, dass seit 1999 die
durchschnittlichen Rentenh¨
ohen der GKV-Mitglieder gesunken sind, wobei ein nomina-
ler Anstieg von einem h¨
oheren Inflationstrend aufgezehrt wurde. Reale Steigerungen der
Lohnh¨
ohen sind vor allem in den Kohorten ab 45 bis 65 Jahre zu erkennen.
Betrachtet man nun der Verlauf der BPE, welche sich bei den Mitgliederverteilun-
gen von 1996 bis 2016 kombiniert mit der Lohnh¨
ohenverteilung des Jahres 2016 ergeben
(Abb. 6), so ist das BPE durchschnittlich j¨
ahrlich um 0,05% gewachsen. Damit gibt es
zwar nur einen kleinen Effekt der demographischen2Entwicklung auf die BPE, aber zumin-
dest erh¨
oht dieser Effekt im hier betrachteten Zeitraum die Beitragsbasis. Zur¨
uckzuf¨
uhren
ist dies auf die Babyboomer, welche im Beobachtungszeitraum die Altersstufen mit den
h¨
ochsten durchschnittlichen Jahreseinkommen erreichten. Allerdings wird sich dieser posi-
tive demographische Effekt voraussichtlich umkehren, wenn die Geburtskohorten der Ba-
byboomer um das Jahr 2025 das Renteneintrittsalter erreichen werden (Werding und
1Verwendet wurde das Feld Individual Labor Earnings des Datensatzes pequiv, vgl. Sozio-
oekonomisches Panel (SOEP) (SOEP v33 2017).
2Strenggenommen geht es hier um die Altersschichtung der GKV-Mitglieder, nicht die der Gesamt-
bev¨
olkerung. Diese ist nicht nur von der Altersschichtung der Gesamtbev¨
olkerung abh¨
angig, sondern auch
von Wechselbewegungen zwischen der GKV und alternativen Absicherungen der Krankheitsrisiken wie z.B.
der Privaten Krankenversicherung oder der freien Heilf¨
ursorge und Migrationseffekten (Boysen-Hogrefe
2019).
16
L¨
apple 2019).
Neben der Altersverteilung hat sich auch die Altersabh¨
angigkeit der Lohnh¨
ohen im Zeit-
verlauf ge¨
andert, was ebenfalls einen leicht positiven Effekt von 0,11% j¨
ahrlichem Wachs-
tum auf die Einnahmeseite hat, weil die h¨
ochsten Lohnsteigerungen auf die besonders
stark besetzten Kohorten entfallen. Die Wirkung der Lohnh¨
ohenverteilung enth¨
alt auch
die Auswirkungen der Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze (BBG), welche von 1996
bis 2017 um j¨
ahrlich durchschnittlich 0,42% angehoben wurde (Bundesministerium f¨
ur
Gesundheit (BMG) 2019; BMG KM7 2017). Dies liegt sehr nahe am Wert, der sich
aus der Produktivit¨
atsentwicklung ergibt (0,41%). Somit ist unwahrscheinlich, dass die
Beitragsbemessungsgrenze selbst zu einem von der Produktivit¨
atsentwicklung abweichen-
den Anstieg der BPE beigetragen h¨
atte. Dies w¨
are jedoch im Zusammenspiel mit einer sich
ver¨
andernden Lohnh¨
ohenverteilung denkbar.
Ein weiterer Aspekt ist mit dem R¨
uckgang der Arbeitslosigkeit im hier betrachteten
Zeitraum verkn¨
upft. Die monatlichen GKV-Mitgliedsbeitr¨
age f¨
ur Bezieher von Arbeits-
losengeld II (ALG II) werden auf ein fiktives Einkommen bezogen, welches sich als das
0,2155-fache der monatlichen Bezugsgr¨
oße ergibt (§18 SBG IV und §232a Abs. 1 Nr. 2 SGB
V). F¨
ur das Jahr 2016 lag damit das BPE der ALG-II-Bezieher rechnerisch bei 7 512,33
Euro3. Auf dieses Einkommen wird der reduzierte Beitragssatz von 14,0% zuz¨
uglich dem
durchschnittlichen Zusatzbeitrag angewandt (§§246, 242a SGB V). Den sich ergebenden
Beitrag zahlt die Bundesagentur f¨
ur Arbeit als Krankenversicherungsbeitrag f¨
ur die jewei-
ligen ALG-II-Bezieher. Die so erhobenen Beitragsanteile sind jedoch nicht kostendeckend
(Albrecht u. a. 2017).
Im Zusammenspiel des R¨
uckgangs der Erwerbslosigkeit und der Beitragsh¨
ohe der Bezie-
her von ALG II ergibt sich nun, dass das BPE durch einen R¨
uckgang der ALG-II-Bezieher
nur insofern w¨
achst, als das durch Erwerbsarbeit erwirtschaftete Einkommen das fiktive
Jahreseinkommen ¨
ubersteigt. Der Anstieg der L¨
ohne in der VGR wird in diesem Fall also
nicht zu einer gleichgroßen Erh¨
ohung der BPE f¨
uhren.
3Der Wert f¨
ur Ostdeutschland lag bei 6 516,72 Euro. F¨
ur 2017: 7 693,35 (West) und 6 878,76 (Ost).
17
In die Lohnh¨
ohenverteilung fließt auch das Wechselgeschehen zwischen GKV und PKV
ein. Jedoch erlauben die vorliegenden Daten des SOEP keine zuverl¨
assige Einsch¨
atzung, wie
stark dieses Wechselgeschehen ¨
uber die Lohnh¨
ohenverteilungen nachteilhaft auf die BPE-
Entwicklung wirkt, weil die Fallzahlen der Wechsler zu gering sind. Die Wechselbewegungen
von GKV zur PKV sind jedoch seit 2001 r¨
uckl¨
aufig (Neusius,Pfeil und Gramenz 2019).
4 Weitere Finanzierungsaspekte
Die Finanzierung der GKV ruht in der Praxis nicht ausschließlich auf den Beitragseinnah-
men aus Lohneinkommen.
Abbildung 7: Zuschuss zur GKV aus Steuermitteln gem. §221 Abs. 1 SGB V zur pauscha-
len Abgeltung der Aufwendungen der Krankenkassen f¨
ur versicherungsfremde Leistungen .
Quelle: BMG KJ1 (2018).
Da die GKV auch sozialpolitisch motivierte Leistungen erbringt, wurde mit dem GKV-
Modernisierungsgesetz von 2004 erstmalig ein Zuschuss zur GKV aus Steuermitteln vor-
gesehen, der gem¨
§221 Abs. 1 SGB V der pauschalen Abgeltung der Aufwendungen
der Krankenkassen f¨
ur versicherungsfremde Leistungen dient (Abb. 7). Ab dem Jahr 2017
liegt dieser Zuschuss bei j¨
ahrlich 14,5 Mrd. EUR; eine automatische Anpassung ist im SGB
V nicht vorgesehen. Die genaue Abgrenzung versicherungsfremder Leistungen ist nicht un-
18
umstritten (Fichte 2009), jedoch er¨
ubrigt sich eine exakte Operationalisierung, da das
SGB V ohnehin eine pauschale Abgeltung vorsieht.
Zudem greift f¨
ur geringf¨
ugig Besch¨
aftigte der allgemeine Beitragssatz nicht; stattdessen
zahlt der Arbeitgeber 13% des Lohnes (bzw. 5% bei Privathaushalten als Arbeitgeber) nach
§249b SGB V.
Von 2004 bis 2012 trat die Praxisgeb¨
uhr als weitere Finanzierungsquelle hinzu. Das
Volumen der durch die Geb¨
uhr erzielten Einnahmen lag bei ca. 2 Mrd. Euro j¨
ahrlich (BT-
Drs. 17/8774). Der Sachverst¨
andigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Lage
urteilte in seinem Jahresgutachten 2012/13, die Geb¨
uhr habe die in sie gesetzten Erwar-
tungen zur Lenkung der Versicherten nicht im gew¨
unschten Ausmaß erf¨
ullt, wenngleich
er sich f¨
ur eine Weiterentwicklung anstatt einer Abschaffung der Praxisgeb¨
uhr aussprach
(SVWR 2012, 352, Rn. 594). Bei der hier durchgef¨
uhrten Analyse der GKV-Ausgaben f¨
ur
die ¨
arztliche Behandlung konnte dennoch sowohl die Einf¨
uhrung als auch die Abschaffung
der Praxisgeb¨
uhr als ein mutmaßlicher Treiber der sichtbaren Dynamik identifiziert werden
(Abb. 2).
Abbildung 8: R¨
ucklagen der GKV und des Gesundheitsfonds. Quelle: BMG KJ1 (2018),
Sch¨
atzerkreis beim BVA (2017) und Sch¨
atzerkreis beim BVA (2018).
Der Beitragssatz der GKV ergibt sich nicht direkt als Quotient der (zu erwartenden)
Ausgaben und der Grundlohn- und Rentensumme, weil der Gesundheitsfonds durch die
19
Liquidit¨
atsreserve f¨
ur einen intertemporalen Ausgleich kurzfristiger Schwankungen sorgt
und jedes Jahr neben den Beitragseinnahmen den Steuerzuschuss vereinnahmt. Zusammen
mit den R¨
ucklagen einzelner Krankenkassen ist es damit m¨
oglich, den Beitragssatz bei
schwankenden Einnahmen und Ausgaben zu stabilisieren (vgl. Abb. 8).
5 Ideen zur Reform der GKV-Finanzierung
Die schwache Entwicklung der BPE war wesentlicher Anlass, das Finanzierungsmodell
der GKV zu hinterfragen. Unter dem bereits angesprochenen Stichwort einer strukturellen
Einnahmeschw¨
ache wurde und wird gefordert, weitere Einkommensteile zu verbeitragen
und die Beitragsbemessungsgrenze heraufzusetzen (Rothgang und Domhoff 2017).
Allerdings sind die Handlungsspielr¨
aume im bestehenden dualen Krankenversicherung
insofern beschr¨
ankt, als eine h¨
ohere Beitragsbelastung zu einer Verdr¨
angung von Versi-
cherten der GKV in Richtung der PKV f¨
uhren k¨
onnte (Albrecht u. a. 2013a). Einen
Weg, diese unerw¨
unschte Konsequenz zu vermeiden, bieten verschiedene Reformkonzepte,
die unter dem Begriff B¨
urgerversicherung von den politischen Parteien aufgegriffen wur-
den (B¨
undnis 90/Die Gr¨
unen 2017; Die Linke 2017; Sozialdemokratische Partei
Deutschlands 2017). Gemeinsam ist diesen Konzepten ein Ende der M¨
oglichkeit, eine
substitutive Krankenversicherung4(gem. §146 VAG) außerhalb des Sozialversicherungssy-
stems abzuschließen, und eine Verbreiterung der Einnahmebasis durch eine Anhebung oder
Aufhebung der Beitragsbemessungsgrenze. Teilweise sollen auch weitere Einkunftsarten in
die Beitragspflicht einbezogen werden (B¨
undnis 90/Die Gr¨
unen 2017; Die Linke 2017).
Beim Umgang mit bestehenden privaten Versicherungsverh¨
altnissen unterscheiden sich die
Ans¨
atze.
Die finanziellen Auswirkungen einer B¨
urgerversicherung sind jedoch vielf¨
altig und h¨
angen
von den Einzelheiten einer Einf¨
uhrung ab. Eine Anhebung oder Abschaffung der Beitrags-
bemessungsgrenze wird die Grundlohn- und Rentensumme steigern. Die Einbeziehung aller
Einkunftsarten in die Beitragserhebung erscheint vor allem vorteilhaft, um Ver¨
anderungen
4D.h. eine private Krankenversicherung.
20
in der Lohnquote zu kompensieren, die allerdings seit 2009 auf konstantem Niveau ver-
harrt (vgl. Abb. 4). Die ged¨
ampfte Entwicklung der Lohneinkommen scheint seit 2009
¨
uberwunden zu sein, die Effekte des Abbaus der hohen Arbeitslosenquote in den 90er und
2000er Jahren auf die Arbeitsproduktivit¨
at pro Erwerbsperson sind in den letzten Jahren
nicht mehr auszumachen.
Der absehbare R¨
uckgang der BPE durch die demographische Entwicklung, konkret der
¨
Ubergang der geburtenstarken Jahrg¨
ange in den Ruhestand, ist jedoch eine Konsequenz
aus dem Zusammentreffen der Demografie mit dem umlagefinanzierten und lohnabh¨
angigen
Beitragssystem. Die vorliegenden Vorschl¨
age zur B¨
urgerversicherung verbreitern durch die
Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze einmalig die Finanzierungsgrundlage, wirken der
demographisch bedingten Einnahmeerosion aber nicht grunds¨
atzlich entgegen und ver-
gr¨
oßern die Auswirkungen demographischer Entwicklungen auf die GKV langfristig (Brey-
er 2015; Breyer 2016; R¨
urup-Kommission 2003, S.180).
Einen anderen Ansatz vertritt der Sachverst¨
andigenrat Wirtschaft. Er macht sich schon
seit vielen Jahren f¨
ur eine Umstellung auf ein Beitragssystem stark, bei dem die Bei-
tragsh¨
ohe nicht an das Lohneinkommen gekoppelt ist (B¨
urgerpauschale mit integriertem
Sozialausgleich) (SVRW - Sachverst¨
andigenrat zur Begutachtung der ge-
samtwirtschaftlichen Entwicklung 2017). Dabei soll grunds¨
atzlich die Beitragsh¨
ohe
lohnunabh¨
angig5festgesetzt sein. Ein Einkommensausgleich innerhalb der GKV entfiele
und w¨
urde in das Steuersystem verwiesen. Um sicherzustellen, dass auch Versicherte mit
niedrigem Einkommen nicht von einem zu hohen kassenabh¨
angigen Beitrag ¨
uberfordert
werden, m¨
usste ein Solidarausgleich aus Steuermitteln die B¨
urgerpauschale begleiten (SV-
WR 2012, S.360). Dieser Vorschlag w¨
urde die Problematik der Konjunktur- und Demogra-
phieabh¨
angigkeit der GKV-Einnahmen beseitigen. Allerdings w¨
urden sich die Entwicklung
der Einkommen indirekt im Umfang des steuerfinanzierten Solidarausgleiches niederschla-
gen.
Der Vorschlag des Sachverst¨
andigenrats w¨
urde die GKV-Einnahmen von sachfremden
5Jedoch unterschiedlich f¨
ur die einzelnen Krankenkassen.
21
Entwicklungen entkoppeln und den grunds¨
atzlich versicherungsfremden Einkommensaus-
gleich auslagern. Er ist in Deutschland im politischen Diskurs jedoch kaum noch zu ver-
nehmen, nachdem die Unionsparteien damit schlechte Erinnerungen an den Bundestags-
wahlkampf 2005 verbinden.
Reformvorschl¨
age wie die Idee einer B¨
urgerversicherung oder eines lohnunabh¨
angigen
Beitrags lenken die Aufmerksamkeit der Akteure auf die Einnahmeseite. Dies beg¨
unstigt
jedoch eine Sicht, die die Finanzentwicklung der GKV ausschließlich als Finanzierungspro-
blem betrachtet und Ausgabenrisiken als nachrangig einstuft.
6 Fazit
Die hier vorgestellten Analysen verdeutlichen, dass die Finanzentwicklung der GKV im
Zeitraum 1996 bis 2017 an verschiedenen Stellen mit ung¨
unstigen Entwicklungen konfron-
tiert war. Die beitragspflichtigen Einkommen der GKV blieben von 1996 bis 2009 hinter
dem allgemeinen Wirtschaftswachstum zur¨
uck. Seit 2009 ist jedoch wieder ein Wachstum
der BPE erkennbar. Die Beobachtung einer strukturellen Einnahmeschw¨
ache ist f¨
ur den
Zeitraum bis 2009 daher klar sichtbar. Die Beobachtungen sprechen jedoch daf¨
ur, dass sich
dieser Effekt seit 2009 deutlich verkleinert hat.
Einen nachteiligen demographischen Effekt auf die Einnahmen im Zeitraum 1996 bis
2017 konnte diese Analyse nicht belegen. Die Absch¨
atzungen zum Zusammenhang von
Alter und Einkommensh¨
ohe sprechen eher daf¨
ur, dass die BPE sich aufgrund gut besetzter
Alterskohorten mit hohen L¨
ohnen und hohen Lohnzuw¨
achsen eher g¨
unstig oder zumindest
neutral entwickelt haben. Die geburtenstarken Jahrg¨
ange n¨
ahern sich nun jedoch dem
Ruhestand, weswegen die demographische Entwicklung in den n¨
achsten Jahren auch auf
der Seite der Beitr¨
age die Finanzierung der GKV belasten d¨
urfte.
Die GKV-Ausgaben stiegen im Zeitraum 1996 bis 2017 st¨
arker an, als es allein auf-
grund des allgemeinen Wirtschaftswachstums erwartbar gewesen w¨
are. Besondere Bedeu-
tung kommt dabei dem demographischen Wandel zu, der mit 0,54% durchschnittlichem
j¨
ahrlichen Wachstum wesentlich zu einem Anstieg der Pro-Kopf-Ausgaben der GKV bei-
22
getragen hat.
Die Bedeutung anderer Kostentreiber ist deutlich schwieriger auszumachen. Insbeson-
dere konnte hier der medizinisch-technische Fortschritt nur indirekt abgesch¨
atzt werden.
Ihm konnten hier 0,11%-Punkte des j¨
ahrlichen Wachstums zugerechnet werden. Gesetz-
geberische Eingriffe mit einem Ausgabeneffekt von (mindestens) j¨
ahrlich durchschnittlich
-0,33% haben jedoch zu einer Kostend¨
ampfung gef¨
uhrt, die die Kostensteigerungen durch
medizinische Innovationen mehr als ausgeglichen haben. Die Absch¨
atzung dieser Ein߬
usse
ist allerdings mit Unsicherheiten behaftet als Folge von Wechselwirkung mit anderen Ein-
¨
ussen, die im Rahmen dieser Untersuchung nicht geeignet erfasst werden konnten.
In Anbetracht der Einnahmen- und Ausgabenentwicklung kann die zuk¨
unftige Finan-
zierung der GKV nicht allein oder prim¨
ar als ein Problem der Einnahmenseite begrif-
fen werden. Die besondere Einnahmeschw¨
ache der GKV mag sogar ein vor¨
ubergehendes
Ph¨
anomen der Jahre bis 2009 gewesen sein, das sich zunehmend abschw¨
acht. Die Einnah-
meentwicklung wird absehbar vom ¨
Ubergang der Babyboomer-Generation in den Ruhe-
stand belastet werden. Dies ist jedoch eine Konsequenz aus der demographischen Alterung
in einem umlagefinanzierten und lohnabh¨
angigen Beitragssystem.
Die Analyse der Jahre 1996 bis 2017 legt nahe, dass die Entwicklung der Ausgaben von
Effekten bestimmt wird, die auch zuk¨
unftig zu einem Anstieg der Pro-Kopf-Ausgaben bei-
tragen werden. Dies steht im Einklang mit den Ergebnissen von Szenariorechnungen, welche
einerseits die demographische Dynamik der Leistungsausgaben offenlegen und andererseits
auf ihre besondere Sensibilit¨
at bez¨
uglich des medizinisch-technischen Fortschritts hinwei-
sen (Brouwers u. a. 2018a; Bundesministerium der Finanzen 2016; Werding und
L¨
apple 2019). Der Ausgabenanstieg der GKV vollzieht sich zudem parallel zum Anstieg
der Leistungen der anderen Sozialversicherungszweige, insbesondere in Pflege- und Ren-
tenversicherung. Daher erscheint der Spielraum, dem Ausgabenanstieg allein durch h¨
ohere
Beitragsbelastung entgegenzuwirken, begrenzt (Brouwers u. a. 2018b). Werding und
L¨
apple (2019, S.36f) stellt fest, dass in diesem Fall die Beitragss¨
atze in den n¨
achsten
Jahren und Jahrzehnten aber enorm erh¨
oht werden [m¨
ussten], sodass mit ung¨
unstigen
R¨
uckwirken auf Arbeitsmarkt und Wirtschaftswachstum zu rechnen w¨
are.
23
Die politische Diskussion n¨
ahrt jedoch die Hoffnung, es handele sich bei der GKV vor
allem um ein Einnahmenproblem, dass durch eine Reform der Einnahmeseite abschließend
gel¨
ost werden k¨
onne (B¨
undnis 90/Die Gr¨
unen 2017, S.202). Die Fokussierung auf die
Einnahmenseite, welche als Folge der Diskussion der strukturellen Einnahmeschw¨
ache und
der B¨
urgerversicherung zu beobachten ist, tr¨
agt zu einer Untersch¨
atzung der ung¨
unstigen
Entwicklungen der Ausgabenseite und den nachteiligen Auswirkungen der demographi-
schen Dynamik bei.
Literatur
Albrecht, Martin, Monike Sander, Guido Schiffhorst, Stefan Loos, Jurriaan Anijs
und Bert R¨
urup (2013a), Gerecht, nachhaltig, effizient. Studie zur Finanzierung einer
integrierten Krankenversicherung, Bertelsmann Stiftung.
(2013b), Gerecht, nachhaltig, effizient. Studie zur Finanzierung einer integrierten Kran-
kenversicherung. Zusammenfassung der Ergebnisse, Bertelsmann Stiftung.
Albrecht, Martin, Jean Dietzel, Richard Ochmann und Guido Schiffhorst (2017),
GKV-Beitr¨
age der Bezieher von ALG II – Forschungsgutachten zur Berechnung ko-
stendeckender Beitr¨
age f¨
ur gesetzlich krankenversicherte Bezieher von Arbeitslosengeld
II bzw. Sozialgeld im SGB II, Techn. Ber., Ergebnisbericht f¨
ur das Bundesministerium
f¨
ur Gesundheit, Berlin: IGES.
Appleby, John (2013), Spending on health and social care over the next 50 years. Why
think long term?, London: The King’s Fund.
Arentz, Christine und Volker Ulrich (2017), Entwicklung des GKV-Beitragssatzes in
mittlerer und langer Frist (2030/2060), Universit¨
at Bayreuth – Wirtschaftswissen-
schaftliche Diskussionspapiere 4.
BMG KJ1 (2017), Gesetzliche Krankenversicherung. Endg¨
ultige Rechnungsergebnisse 2016,
online verf¨
ugbar unter: https : / / www . bundesgesundheitsministerium . de / fileadmin / Dateien / 3 _ Downloads / Statistiken / GKV /
Finanzergebnisse/KJ1_2016.pdf (zuletzt besucht am 20.02.2018).
24
BMG KJ1 (2018), Gesetzliche Krankenversicherung. Endg¨
ultige Rechnungsergebnisse 2017,
online verf¨
ugbar unter: https : / / www . bundesgesundheitsministerium . de / fileadmin / Dateien / 3 _ Downloads / Statistiken / GKV /
Finanzergebnisse/KJ1_2017.pdf (zuletzt besucht am 03.04.2019).
BMG KM6 (2016), Statistik ¨
uber Versicherte, gegliedert nach Status, Alter, Wohnort
und Kassenart (Stichtag: 1. Juli des jeweiligen Jahres), online verf¨
ugbar unter: https:
// www . bundesgesundheitsministerium . de / fileadmin / Dateien / 3 _ Downloads / Statistiken / GKV / Mitglieder _ Versicherte / KM6 _ 2016 . xls (zuletzt
besucht am 20.02.2018).
BMG KM7 (2017), Statistik ¨
uber Versicherte, gegliedert nach Status, Alter, Wohnort
und Kassenart (Stichtag: 1. Juli des jeweiligen Jahres), online verf¨
ugbar unter: https:
// www .bundesgesundheitsministerium . de/ fileadmin /Dateien / 3_ Downloads /Statistiken / GKV/ Mitglieder _Versicherte / KM6_ 2017 .xlsx (zuletzt
besucht am 03.04.2019).
Boysen-Hogrefe, Jens (2015), Steigende Zusatzbeitr¨
age in der Gesetzlichen Kranken-
versicherung: Eintagsfliege oder Dauerbrenner?, in: Kiel Policy Brief, (98).
— (2019), Gesetzlichen Krankenversicherung: Pause beim Ausgabenanstieg durch Alte-
rung, in: Kiel Policy Brief, (121).
Bratan, Tanja und Sven Wydra (2013), Technischer Fortschritt im Gesundheitswesen:
Quelle f¨
ur Kostensteigerungen oder Chance f¨
ur Kostensenkungen?, Arbeitsbericht 157,
B¨
uro f¨
ur Technikfolgenabsch¨
atzung beim Deutschen Bundestag.
Breyer, Friedrich (2015), Demographischer Wandel und Gesundheitsausgaben: Theorie,
Empirie und Politikimplikationen, in: Perspektiven der Wirtschaftspolitik,16(3), S. 215–
30, doi: 10.1515/pwp-2015-0016.
(2016), Die Zukunft der Pflegeversicherung in Deutschland: Umlage und Kapitaldeckung,
in: Zeitschrift f¨
ur die gesamte Versicherungswissenschaft,105(5), S. 445–461.
Breyer, Friedrich, Normann Lorenz und Thomas Niebel (2015), Health care expendi-
tures and longevity: is there a Eubie Blake effect?, in: The European Journal of Health
Economics,16(1), S. 95–112, doi: 10.1007/s10198-014-0564-x.
Breyer, Friedrich und Volker Ulrich (2000), Gesundheitsausgaben, Alter und medizi-
nischer Fortschritt: Eine Regressionsanalyse, in: Jahrb¨
ucher f¨
ur National¨
okonomie und
Statistik,220(1), S. 1–17.
25
Brouwers, Ralph u. a. (2018a), Auswirkungen demografischer Effekte auf die Kranken-
versicherung, Ergebnisbericht, K¨
oln: Deutsche Aktuarvereinigung – Ausschuss Kran-
kenversicherung.
Brouwers, Ralph, Alexander Krauskopf, Thomas Neusius und Christoph Nell (2018b),
Demografische Effekte in der Krankenversicherung, in: Der Aktuar,24(2), S. 71–80.
Bundesministerium der Finanzen, Hrsg. (2016), Vierter Bericht zur Tragf¨
ahigkeit der
¨
offentlichen Finanzen, Bundesministerium der Finanzen.
Bundesministerium f¨
ur Gesundheit (BMG) (2019), Gesetzliche Krankenversiche-
rung - Kennzahlen und Faustformeln, online verf¨
ugbar unter: https://www.bundesgesundheitsministerium.
de/fileadmin/Dateien/5_Publikationen/Gesundheit/Broschueren/KF2019Bund_Maerz_2019.pdf (zuletzt besucht am 03.04.2019).
B¨
undnis 90/Die Gr¨
unen (2017), Zukunft wird aus Mut gemacht, online verf¨
ugbar unter:
https:/ /www. gruene.de /fileadmin/ user_upload /Dokumente/ BUENDNIS_90 _DIE_ GRUENEN_Bundestagswahlprogramm _2017. pdf (zuletzt besucht
am 03.04.2019).
BVA (2018), GKV-Ausgabenprofile nach Alter, Geschlecht und Hauptleistungsbereichen,
1996-2017 (Stand: 07.11.2018), online verf¨
ugbar unter: https://www.bundesversicherungsamt .de/fileadmin/
redaktion/ Risikostrukturausgleich/Info - Dateien% 20und% 20Auswertungen/ 20181108GKV_Altersausgabenprofile _1996 - 2017. xlsx (zuletzt be-
sucht am 03.03.2019).
Deutsche Bundesbank (2004), Finanzielle Entwicklung und Perspektiven der gesetzli-
chen Krankenversicherung, in: Monatsbericht,56(7), S. 15–32.
(2014), Entwicklung der gesetzlichen Krankenversicherung und Herausforderungen f¨
ur
die Zukunft, in: Monatsbericht,66(7), S. 31–70.
Deutsche Bundesregierung (2012), Antwort der Bundesregierung auf die Kleine An-
frage der Abgeordneten Birgitt Bender, Dr. Harald Terpe, Maria Klein-Schmeink, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion B ¨
UNDNIS 90/DIE GR ¨
UNEN – Drucksache 17/8646
– Praxisgeb¨
uhr und Arzt-Patient-Kontakte, BT-Drs. 17/8774.
Die Linke (2017), Die Zukunft, f¨
ur die wir k¨
ampfen!, online verf¨
ugbar unter: https://www.die -
linke.de/fileadmin/download/wahlen2017/wahlprogramm2017/die_linke_wahlprogramm_2017.pdf (zuletzt besucht am 03.04.2019).
Elstner, Steffen, Lars P. Feld und Christoph M. Schmidt (2018), The German Pro-
ductivity Paradox – Facts and Explanations, in: cesifo Working Papers, (7231).
26
Fichte, Damian (2009), Versicherungsfremde Leistungen in der Gesetzlichen Rentenver-
sicherung, hrsg. von Karl-Br¨
auer-Institut, KBI-Schrift 106, Berlin.
Fries, James F. (1980), Aging, Natural Death, and the Compression of Morbidity, in: New
England J. Med. 303(3), S. 130–135.
Gasche, Martin und Johannes Rausch (2016), Beitragssatzentwicklung in der Gesetz-
lichen Krankenversicherung und der Sozialen Pflegeversicherung - Projektionen und De-
terminanten, in: Zeitschrift f¨
ur Wirtschaftspolitik,65(3), S. 195–238, doi: 10.1515/zfwp-
2016-0016.
Geyer, S. (2015), Die Morbidit¨
atskompressionsthese und ihre Alternativen, in: Gesund-
heitswesen,77(06), S. 442–446, doi: 10.1055/s-0034-1387781.
Goebel, Jan, Markus M. Grabka, Stefan Liebig, Martin Kroh, David Richter, Car-
sten Schr¨
oder und J¨
urgen Schupp (2018), The German Socio-Economic Panel Study
(SOEP), in: Jahrb¨
ucher f¨
ur National¨
okonomie und Statistik,doi: 10.1515/jbnst-2018-
0022.
Gruenberg, Ernest M. (1977), The failures of success, in: Milbank Q. 55(1), S. 3–24, doi:
10.1111/j.1468-0009.2005.00400.x.
Heuer, Joachim (2016), Placebo oder Wunderpille? Wie die Praxisgeb¨
uhr Patientenverhal-
ten und Verordnungsmuster ver¨
anderte, ZI-Paper 8, Zentralinstitut f¨
ur die kassen¨
arztliche
Ver ˆ
Asorgung.
IAQ (2017), Entwicklung von BIP, GKV-Ausgaben und beitragspflichtigem Einkommen
1995 - 2016, Kommentierte Infografik, online verf¨
ugbar unter: http: // www. sozialpolitik - aktuell.
de/tl _files/ sozialpolitik- aktuell /_Politikfelder/ Gesundheitswesen/ Datensammlung/PDF - Dateien/abbVI52 .pdf (zuletzt besucht am
21.02.2018).
Kochsk¨
amper, Susanna (2018), Der demografische Wandel als Herausforderung f¨
ur die
umlagefinanzierte Kranken- und Pflegeversicherung, in: List Forum f¨
ur Wirtschafts-
und Finanzpolitik,43(4), S. 445–460.
Neusius, Thomas, Leonie Pfeil und Antonia Gramenz (2019), Jenseits der Vollversi-
cherung, in: Zeitschrift f¨
ur Versicherungswesen,70(6), S. 180–184.
27
Niehaus, Frank (2006), Alter und steigende Lebenserwartung - Eine Analyse der Auswir-
kungen auf die Gesundheitsausgaben, K¨
oln: WIP.
(2013), Familienlastenausgleich in der Gesetzlichen Krankenversicherung?, Techn. Ber.,
Bertelsmann Stiftung.
Rothgang, Heinz (2011), Reformoptionen und Reformsackgassen, in: Wirtschaftsdienst,
91(10), S. 659–663, doi: 10.1007/s10273-011-1282-y.
Rothgang, Heinz, Robert Arnold und Rainer Unger (2010), Finanzreform der ge-
setzlichen Krankenversicherung: B¨
urgerversicherung als Alternative zu den aktuellen
Regierungspl¨
anen, in: Gesundheit und Gesellschaft Wissenschaft,10(4), S. 27–35.
Rothgang, Karl-Heinz und Dominik Domhoff (2017), Beitragssatzeffekte und Vertei-
lungswirkungen der Einf¨
uhrung einer solidarischen Gesundheits- und Pflegeversiche-
rung, Gutachten im Auftrag der Bundestagsfraktion Die LINKE, Rosa-Luxemburg-
Stiftung.
R¨
urup, Bert, IGES,DIW und Eberhard Wille (2009), Effizientere und leistungsf¨
ahigere
Gesundheitsversorgung als Beitrag f¨
ur eine tragf¨
ahige Finanzpolitik in Deutschland, Ab-
schlussbericht, Berlin: Bundesministerium der Finanzen.
R¨
urup-Kommission (2003), Nachhaltigkeit in der Finanzierung der sozialen Sicherungs-
systeme, Bericht, Berlin: Bundesministerium f¨
ur Gesundheit und Soziale Sicherung.
Sch¨
atzerkreis beim BVA, Hrsg. (2017), Sch¨
atztableau des GKV-Sch¨
atzerkreises, Sch¨
atzung
vom 12. Oktober 2017. Stand: 13.10.2017, online verf¨
ugbar unter: https://www.bundesversicherungsamt.
de/ fileadmin/ redaktion/ Risikostrukturausgleich /Schaetzerkreis /20171013 _Schaetztableau _ 2018_ BMG_ BVA. pdf (zuletzt besucht am
18.02.2018).
Hrsg. (2018), Sch¨
atztableau des GKV-Sch¨
atzerkreises, Sch¨
atzung vom 10./11.10.2018.
Stand: 16.10.2018, online verf¨
ugbar unter: https://www.bundesversicherungsamt.de/fileadmin/redaktion/Risikostrukturausgleich/
Schaetzerkreis/20181016Schaetztableau_2018_19.pdf (zuletzt besucht am 03.04.2019).
Smith, Sheila, Joseph P. Newhouse und Mark S. Freeland (2009), Income, Insurance,
And Technology: Why Does Health Spending Outpace Economic Growth?, in: Health
Affairs,28(5), S. 1276–1284, doi: 10.1377/hlthaff.28.5.1276.
28
Sozialdemokratische Partei Deutschlands (2017), Zeit f¨
ur mehr Gerechtigkeit,
online verf¨
ugbar unter: https:/ /www .spd .de /fileadmin /Dokumente /Bundesparteitag _2017 /Es _ist _Zeit _fuer _mehr _Gerechtigkeit -
Unser_Regierungsprogramm.pdf (zuletzt besucht am 03.04.2019).
Sozio-oekonomisches Panel (SOEP) (2017), Daten f¨
ur die Jahre 1984-2016, Version
33.
Stahmeyer, Jona T., Siegfried Geyer, Jelena Epping, Juliane Tetzlaff und Sveja
Eberhard (2018), Gesundheitsausgabenentwicklung und der Einfluss des demogra-
fischen Wandels, in: Bundesgesundheitsblatt,61(4), S. 432–441, doi: 10.1007/s00103-
018-2713-3.
Statistisches Bundesamt, Hrsg. (2015), Bev¨
olkerung Deutschlands bis 2060 - 13. ko-
ordinierte Bev¨
olkerungsvorausberechnung, online verf¨
ugbar unter: https: / / www . destatis . de / DE /
Publikationen/ Thematisch/ Bevoelkerung /VorausberechnungBevoelkerung / BevoelkerungDeutschland2060Presse5124204159004. pdf (zuletzt be-
sucht am 14.01.2018).
SVRW - Sachverst¨
andigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaft-
lichen Entwicklung (1997), Wachstum, Besch¨
aftigung, W¨
ahrungsunion – Orien-
tierung f¨
ur die Zukunft – Jahresgutachten 1997/98, (=BT-Drs. 13/9090), Stuttgart:
Metzler-Poeschl.
— (1998), Vor weitreichenden Entscheidungen – Jahresgutachten 1998/99, (=BT-Drs.
14/73), Stuttgart: Metzler-Poeschl.
(2004), Erfolge im Ausland, Herausforderungen im Inland – Jahresgutachten 2004/05,
online verf¨
ugbar unter: https://www. sachverstaendigenrat- wirtschaft.de /fileadmin/ dateiablage/download/ gutachten/04 _gesa.pdf
(zuletzt besucht am 15.08.2018).
(2012), Stabile Architektur f¨
ur Europa ˆa Handlungsbedarf im Inland – Jahresgutachten
2012/13, online verf¨
ugbar unter: https: / / www . sachverstaendigenrat - wirtschaft . de / fileadmin / dateiablage / gutachten /
ga201213/ga12_ges.pdf (zuletzt besucht am 23.08.2018).
(2013), Gegen eine r¨
uckw¨
artsgewandte Wirtschaftspolitik – Jahresgutachten 2013/14,
online verf¨
ugbar unter: https://www.sachverstaendigenrat- wirtschaft.de/fileadmin/dateiablage/gutachten/ jg201314/JG13_Ges.pdf
(zuletzt besucht am 15.08.2018).
29
SVRW - Sachverst¨
andigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftli-
chen Entwicklung (2015), Zukunftsf¨
ahigkeit in den Mittelpunkt – Jahresgutachten
2015/16, online verf¨
ugbar unter: https: / / www . sachverstaendigenrat - wirtschaft . de / fileadmin / dateiablage / gutachten /
jg201516/wirtschafts-gutachten/jg15_ges.pdf (zuletzt besucht am 23.08.2018).
(2017), F¨
ur eine zukunftsorientierte Wirtschaftspolitik – Jahresgutachten 2017/18, on-
line verf¨
ugbar unter: https : / / www . sachverstaendigenrat - wirtschaft . de / fileadmin / dateiablage / gutachten / jg201718 / JG2017 -
18_gesamt_Website.pdf (zuletzt besucht am 12.09.2018).
Verbrugge, Lois M. (1984), Longer Life but Worsening Health?, in: The Milbank Memo-
rial Fund Quarterly. Health and Society,62(3), S. 475–519.
VGR Arbeitnehmerentgelt (2019), Arbeitnehmerentgelt, L¨
ohne und Geh¨
alter (Inl¨
anderkonzept),
Genesis 81000-0007, online verf¨
ugbar unter: https:// www- genesis. destatis. de/ (zuletzt besucht am
03.04.2019).
VGR Arbeitsstunden (2019), Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung des Bundes - Ar-
beitsstunden, Genesis 81000-0114, online verf¨
ugbar unter: https://www-genesis.destatis.de/ (zuletzt
besucht am 03.04.2019).
VGR Bev¨
olkerung (2018), Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung des Bundes - Bev¨
olkerung,
Erwerbst¨
atigkeit, Genesis 81000-0011, online verf¨
ugbar unter: https://www-genesis.destatis.de/ (zu-
letzt besucht am 03.04.2019).
VGR BIP (2019), Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung des Bundes - Bruttowertsch¨
opfung,
Bruttoinlandsprodukt, Genesis 81000-0001, online verf¨
ugbar unter: https://www-genesis.destatis.de/
(zuletzt besucht am 03.04.2019).
VGR Preisindex (2019), Verbraucherpreisindex (inkl. Ver¨
anderungsraten), Genesis 61111-
0001, online verf¨
ugbar unter: https://www-genesis.destatis.de/ (zuletzt besucht am 03.04.2019).
Werding, Martin (2016), Modellrechnungen f¨
ur den vierten Tragf¨
ahigkeitsbericht, Techn.
Ber. 20, K¨
oln: FiFo.
Werding, Martin und Benjamin L¨
apple (2019), Wie variabel ist der demografische Al-
terungsprozess?, Kurzstudie, Bertelsmann-Stiftung.
Wille, Eberhard (2002), Reformoptionen der Beitragsgestaltung in der gesetzlichen Kran-
kenversicherung, in: Gesundheit und Gesellschaft Wissenschaft,2(3), S. 7–14.
30
ResearchGate has not been able to resolve any citations for this publication.
Article
Full-text available
German private health Insurance is confronted with low interest rates and shrinking numbers of policy holders. The article analyses how the product portfolios of the private health insurance companies developed in the time from 2013 to 2017. Die private Krankenversicherung muss sich mit Niedrigzins und rückläufigen Bestandszahlen auseinandersetzen. Die vorliegende Analyse untersucht, wie sich die Portfolien der privaten Krankenversicherer angesichts dieser Herausforderungen in den Jahren 2013 bis 2017 entwickelt haben.
Article
Full-text available
The demographic development of Germany is analyzed with respect to the german health insurance system. For that purpose, simulations with various scenarios shed light on the demographic impact to the statutory health insurance (GKV) as well as to the private health insurance (PKV). Also, the long-term care insurance for both the statutory and the private sector are scrutinized.
Article
Die Entwicklung der Gesundheitsausgaben und der Einfluss des demografischen Wandels sind ein kontrovers diskutiertes Dauerthema. Die jährlichen Gesundheitsausgaben haben sich zwischen 1992 und 2015 absolut gesehen mehr als verdoppelt. Diese Steigerung wird häufig mit der demografischen Entwicklung begründet. Der größte Teil der Ausgaben wird durch die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) getragen. Das Ziel der vorliegenden Analyse war die Ermittlung des Beitrags der demografischen Entwicklung an den Ausgabensteigerungen der mittleren GKV-pro-Kopf-Ausgaben insgesamt sowie in den einzelnen Leistungsbereichen.
Article
Zusammenfassung Die Beitragssatzentwicklung in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und der Sozialen Pflegeversicherung (SPV) wird analytisch in einen Demographieeffekt, einen Ausgabenniveaueffekt und einen Einkommenseffekt aufgeteilt. Empirisch zeigt sich, dass der reine Demographieeffekt vor allem mittelfristig in beiden Sozialversicherungszweigen eine bedeutende Rolle spielt. Allerdings ist aufgrund des steileren Verlaufes der Ausgabenprofile die Beitragssatz erhöhende Wirkung des Demographieeffektes in der SPV weitaus größer als in der GKV. So wird mittel- und langfristig die Beitragssatzentwicklung der SPV vor allem durch die demographische Entwicklung getrieben, während diese in der GKV nur mittelfristig zu einer Verschärfung der finanziellen Belastung führt. In der Krankenversicherung wird der Beitragssatz hauptsächlich vom Ausgabenniveaueffekt determiniert, der in der SPV aufgrund des Teilkaskocharakters mit vorgegebenen Leistungspauschalen eine untergeordnete Rolle spielt. Eine höhere Fertilitätsrate führt aufgrund der zunehmenden Ausgaben für Kinder kurzfristig zu einem stärkeren Anstieg des Beitragssatzes in der GKV. Bis 2060 wird diese Beitragssatzerhöhung allerdings durch die zunehmende Anzahl von Beitragszahlern ausgeglichen, und es kommt zu einer geringen Beitragssatzentlastung.
Article
Der Einfluss des Anstiegs der Lebenserwartung auf die Höhe der Gesundheitsausgaben wird in der Literatur kontrovers diskutiert. In der vorliegenden Arbeit wird zuerst theoretisch erörtert, wie sich die Kompressions- und die Medikalisierungsthese, die sich auf die Veränderung der Morbidität der Bevölkerung bei steigender Lebenserwartung beziehen, auf den monetären Bereich übertragen lassen. Es wird eine monetäre Kompressionsthese und eine monetäre Medikalisierungsthese definiert. Eine enger gefasste Definition berücksichtigt zusätzlich die Inflation. In einem zweiten Schritt wird die Gültigkeit dieser Thesen anhand empirischer Daten eines privaten Krankenversicherers überprüft. Hierzu werden Leistungsausgaben pro Person (Kopfschäden) herangezogen. Es liegen die durchschnittlichen Gesundheitsausgaben im stationären und im ambulanten Bereich in Abhängigkeit vom Alter und Geschlecht der Versicherten vor. Da Daten über zehn Jahre verfügbar sind, ist die Entwicklung der Kopfschäden bei steigender Lebenserwartung ableitbar. Es zeigt sich ein erheblicher Anstieg der Ausgabenprofile, so dass von einer inflationsbereinigten monetären Medikalisierung gesprochen werden kann.