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Wenn Vielfalt Raum bekommt. Unterrichtsmomente und Lehr-Lern-Erfahrungen an der slowenisch-deutschsprachigen Modellschule VS24 in Celovec-Klagenfurt

Authors:
Jasmin Donlic/Georg Gombos/Hans Karl Peterlini (Hrsg.)
Lernraum Mehrsprachigkeit
Verö entlicht mit Unterstützung des Forschungsrates der
Alpen-Adria-Universität Klagenfurt und der Fakultät für
Kulturwissenschaften der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt
In Zusammenarbeit mit
DRAVA VERLAG • ZALOŽBA DRAVA GMBH
9020
Klagenfurt/Celovec, Gabelsbergerstraße 5
Telefon +43(0)463 501099
of ce@drava.at
www.drava.at
Copyright © dieser Ausgabe 2019 bei Drava Verlag
Klagenfurt/Celovec
Alle Rechte dieser Ausgabe vorbehalten
ISBN 978-3-85435-846-6
ISBN 978-88-7223-335-1
Jasmin Donlic/Georg Gombos/Hans Karl Peterlini (Hrsg.)
LERNRAUM
MEHRSPRACHIGKEIT
Zum Umgang mit Minderheiten- und
Migrationssprachen
DRAVA VERLAG
Inhalt
Vom Önen der Räume – ein Vorwort 7
Theoriebausteine 10
Sprache und Macht – Hans Karl Peterlini 11
Sprache und (hybride) Identität – Jasmin Donlic 27
Sprache und Bildung – Hans Karl Peterlini 40
Sprache und Biographie – Georg Gombos 60
Sprache und Leib – Hans Karl Peterlini 74
Sprache und systemisches Denken – Georg Gombos 92
Perspektive Minderheitensprachen 106
Miha Vrbinc
Slowenisch lernen wollen – und können
Durchgängige und nachhaltige zweisprachige Bildung
(Slowenisch-Deutsch) im Kärntner Schulwesen. Ein Überblick 107
Georg Gombos
Zwei- und Mehrsprachigkeit früh fördern
Sprachpädagogische Arbeit in elementarpädagogischen
Einrichtungen im Kontext von autochthonen Minderheiten am
Beispiel der Kärntner Slowenen 123
Hans Karl Peterlini
Wenn Vielfalt Raum bekommt
Unterrichtsmomente und Lehr-Lern-Erfahrungen an der
slowenisch-deutschsprachigen Modellschule VS24 in
Celovec-Klagenfurt 144
Roland Verra
Überleben zwischen den großen Kultursprachen
Zur Geschichte, Lage und Zukunsfähigkeit der ladinischen
Sprache 169
Luca Melchior
Ein Steinchen im Mosaik der Mehrsprachigkeit
Gesetzlicher Rahmen, Erfahrungen und Herausforderungen
des Friaulischunterrichts in Schulen der Region Friaul Julisch
Venetien 185
Hans Karl Peterlini
Magari mehrsprachig
Das Sprachenmodell Südtirol – von ungenutzten Möglichkeiten,
alarmierenden Befunden und jugendlichem Pragmatismus 199
Perspektive Migrationssprachen 220
Jasmin Donlic
… weil es gibt keine schlechte Sprache …
Umgang mit sprachlich-kultureller Vielfalt an Volksschulen.
Ergebnisse und Perspektiven im urbanen Raum 221
Dietmar Larcher
Parkisch
Selbstermächtigung und Neukonstruktion als Antwort auf
sprachliche Unterernährung 237
Irene Cennamo
Sprache performiert – aber wie orientiert sie den
(wissenschalichen) Diskurs?
Eine Zusammenschau kritischer Erwachsenenpädagogik
und sprachbezogener Bildungsaspekte zur Begründung eines
erwachsenengerechten Rahmens für Lernen und Forschen 253
Angelika Hrubesch/omas Fritz
Mehrsprachig die Welt lesen und schreiben
Mehrsprachige Basisbildung für Migrantinnen und Migranten 277
Autorinnen und Autoren 290
144
Hans Karl Peterlini
Wenn Vielfalt Raum bekommt
Unterrichtsmomente und Lehr-Lern-Erfahrungen an der slowe-
nisch-deutschsprachigen Modellschule VS24 in Celovec-Klagenfurt
Eine Gruppenarbeit wird angekündigt: „Kann man zu dritt?“, fragt
ein Bub. Veronika und Vanessa stehen schon beisammen. Als die Lehr-
kra die Frage des Buben bejaht, gruppieren sich die Kinder schnell
zusammen. Ein Mädchen geht hüpfend auf Vanessa und Veronika zu,
schaut sich kurz um – und gesellt sich mit einem schnellen Schritt zu
zwei anderen Kindern. Veronika und Vanessa bleiben alleine zurück.
„He Valentin, ru Veronika durch den Trubel einem Buben zu, der
auch alleine steht. Er nickt, die Mädchen bewegen sich im Hüpfgang
zu ihm. Der Arbeitsaurag besteht darin, auf einer Liste teilweise fal-
scher oder unsinniger Wörter das jeweils richtige herauszunden. Sie
legen sich zu dritt auf den Boden: „Das machen wir jetzt einfach,
sagt Veronika und lacht. Valentin nimmt das erste der plastizierten
Arbeitsblätter und den Sti zum Ankreuzen der Antworten. Sie lesen
und lachen: „Schlick, Schlack, Schluck“, wiederholt Veronika halblaut.
Wieder lachen sie. „Schlick, Schlack, Schluck ist volle blöd“, brummt
Valentin und schiebt Vanessa Blatt und Sti zu. Gemeinsam arbeiten
sie die Blätter durch. Am Ende gehen sie an die Tafel, wo die Arbeits-
blätter samt den Lösungen mit einem Magnet angebracht sind. Sie
nehmen diese ab und vergleichen die Antworten. „Eine ist falsch, sagt
Valentin. Sie legen sich wieder auf den Boden, wischen von ihren Ar-
beitsblättern die löschbare Farbe weg und korrigieren die eine falsche
Antwort. Dabei merken sie, dass auch noch andere Antworten falsch
sind. Sie wischen und malen auf den Blättern herum. „So, jetzt sind
alle richtig“, sagt Vanessa mit zufriedenem Ton. Valentin verzieht das
Gesicht und zeigt auf eine verschmierte Stelle: „Ausfummeln, sagt er,
„das muss man ausfummeln.“ Die Mädchen springen auf und gehen
eingehakt zum Waschbecken. Dort beginnen sie kichernd das Blatt
abzureiben, dabei rutscht es ihnen aus der Hand. „Na, entfährt es
Veronika. Vanessa nimmt das Blatt, schaut es prüfend an und sagt
zufrieden: „So, jetzt ist es weggewischt.“ Sie geht zu Valentin zurück.
Veronika bleibt an der Tafel stehen und schreibt „Skupina 2“ an. Von
diesem Wort und der Zahl zieht sie einen Pfeil in die Richtung des
145
Arbeitsblattes unter dem Magnetknopf. Auf dem Weg zurück zu ihrer
Gruppe schneidet sie zwei Buben eine Grimasse, dann kniet sie sich zu
Valentin und Veronika, die wieder vor ihrem Arbeitsblatt stehen, steht
aber gleich wieder auf. Die Lehrkra kommt zu ihnen und schaut,
in die Hocke gehend, die einzelnen Antworten durch. Vanessa setzt
sich daneben auf den Boden. Plötzlich entsteht Verwirrung, weil ein
Blatt fehlt. Sie schauen sich um, da merkt Vanessa, dass sie auf einem
Blatt sitzt. „Ist es das?“, fragt sie. „Ja, ru Veronika. Sie lachen. Vanes-
sa liest die Antworten von diesem Blatt ab, übergibt es anschließend
der Lehrkra und geht zum Regalschrank an der gegenüberliegenden
Wand, lehnt sich dagegen, fasst mit den Händen die Kante über ihrem
Kopf, zieht sich hoch, macht „pssssch“ Richtung Klasse, bläst sich die
Wangen mit Lu auf und lässt sich wieder auf den Boden gleiten. Sie
verschränkt die Arme, schaut in die Runde, hebt ihre Hand hoch und
schwenkt sie wie eine Fahne. Mit dem rechten Zeigenger fährt sie
blitzschnell über ihre Lippen auf und ab wie auf einer Maultrommel
und geht dabei wieder durch die ganze Klasse zu ihrem Platz zurück.
(VS24_wsl_h_01)
Das beschriebene Geschehen spielt sich in einer zweiten Klasse der
Volksschule 24 in Klagenfurt ab und gibt, im methodischen Stil der
Innsbrucker und Brixener Vignettenforschung10 (Schratz/Schwarz/
Westfall-Greiter 2012, Baur-Peterlini 2016, Peterlini 2016a), einen
Unterrichtsmoment wieder, wie er vom anwesenden Forscher wahr-
genommen und als „miterfahrene Erfahrung“ (Peterlini 2016a, S.9,
Peterlini 2016b, S. 23) sprachlich verdichtet wurde. Die Auswahl die-
ser Vignette für den Beginn dieses Beitrags aus einer Vielzahl von be-
schriebenen Unterrichtsmomenten im Rahmen des Schulforschungs-
projektes „Zweisprachig ist mehrsprachig“11 könnte auch verwundern,
10 Die phänomenologisch orientierte Vignettenforschung wurde mit dem FWF-ge-
förderten Forschungsprojekt „Personale Bildungsprozesse in heterogenen
Lerngruppen“ (Universität Innsbruck, M. Schratz) in ihrer Spezizität (Beginn
Schuljahr 2009/2010) entwickelt und in einem gleichlautenden Projekt in Südtirol
(Bereich Innovation und Beratung des Deutschen Schulamtes der Autonomen
Provinz Südtirol, Freie Universität Bozen, S. Baur et al) noch einmal ausgebaut.
11 Das vom Landesschulrat Kärnten genehmigte Projekt (Alpen-Adria-Universität
Klagenfurt, HK Peterlini) wurde im Jahr 2014 an der Volksschule 24/Javno dvoje-
zična ljudska šola 24 mittels Vignettenforschung sowie qualitativen Interviews mit
Lehrkräen, Eltern und der Schulführung durchgeführt und bezieht Studienpro-
jekte von Studierenden mit ein.
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da es darin, zumindest nicht vordergründig erkennbar, um sprachli-
ches Lernen geht. Würde für die Lektüre dieser Vignette das Kontext-
wissen fehlen, nämlich, dass sich das Geschehen in einer mühsam
erkämpen, lange auch bekämpen – zweisprachigen deutsch-slowe-
nischen Grundschule abspielt, würde höchstens ein einziges Wort die
Assoziationen in eine solche Richtung lenken. „Skupina 2“ schreibt
Veronika an die Tafel und malt einen Pfeil in die Richtung des Arbeits-
blattes, das mit einem Magnetkopf dort befestigt ist. Skupina ist ein
slowenisches Wort und heißt auf Deutsch Gruppe, es handelt sich also
wohl um die Arbeitsgruppe 2.
Das Geschehen, das diesem Anschreiben des einzigen slowenischen
Wortes in der Vignette vorangeht und nachfolgt, würde aufgrund sei-
ner lebhaen Dynamik und Interaktion vermutlich Überlegungen
auslösen, die mit Mehrsprachigkeitsbildung nicht unmittelbar zu tun
haben: über Gruppenbildung, Geschlechterinszenierung, Interak-
tionen, Bewegungsabläufe, Lernmomente durch Nachschauen und
Nachbessern und vieles andere mehr. Vignetten stellen, gemäß der
phänomenologischen Grundannahme eines Sinn- und Bedeutungs-
überschusses in allen Dingen, Sachverhalten, Gegebenheiten, Hand-
lungsweisen (vgl. Waldenfels 2000: 367, Meyer-Drawe 2012 a oder b:
14), ein Angebot für unterschiedlichste Lesemöglichkeiten dar. Die
reexive, vielschichtige und pluriperspektivische „Lektüre“ der Vig-
netten stellt deren Deutungsmethode dar was zeigt sich beim Le-
sen in der verdichteten Wiedergabe miterfahrener Erfahrungen? (vgl.
Agostini 2016).
Weitere Verwunderung über die Auswahl dieser Vignette könnte
durch das zusätzliche Kontextwissen entstehen, dass darin ein Un-
terrichtsmoment aus einer slowenischsprachigen Unterrichtseinheit
wiedergegeben wird, obwohl – bis auf das eine Wort an der Tafel
in der Vignette nichts darauf schließen ließe. Das besondere Modell
der VS24 in Klagenfurt als öentliche zweisprachige Volksschule sieht
vor, dass der Unterricht alternierend eine Woche auf Slowenisch und
eine Woche auf Deutsch erfolgt (vgl. Wakounig 2011, S. 23-24). Würde
dieses Kontextwissen für das Lesen der Vignetten vorenthalten, könn-
te das schlichte Wort „Skupina 2“ zu Spekulationen über ein Rätsel
verleiten, eine Sprachschöpfung, eine Eigenwilligkeit des Mädchens,
die es an die Tafel schreibt und mittels Pfeil in Verbindung mit dem
Arbeitsaurag setzt. Wird also – für die Lektüre der Vignette – vorerst
das Kontextwissen ausgeklammert, dann sehen wir in der Vignette die
Hans Karl Peterlini
147
Dynamik einer temporären Arbeitsgruppe vom Augenblick ihrer Ent-
stehung über Momente dichter und sich lockernder Zusammenarbeit
bis zu ihrer Auösung.
Zur Veranschaulichung sei noch einmal, im Sinne einer deutenden
Lektüre, in die Vignette hineingelesen und hingedeutet auf das, was
einer Reexion dienlich sein kann: Kann man zu dritt, fragt ein Bub.
Die Lehrkra bejaht, wobei es eher um die Bestätigung einer allgemei-
nen Regel für solche Arbeiten gehen düre, denn in der Folge scheint
es so, dass alle Gruppen genau diese Größe haben sollen. Veronika und
Vanessa bemühen sich jedenfalls, als sie aufgrund eines davonhüpfen-
den Mädchens zu zweit zurückbleiben, um einen Dritten im Bunde.
Sie laden den allein stehenden Valentin hinzu, der das Trio komplett
macht. Die Vignette bietet in ihrem Überschuss nun eine Vielfalt von
Deutungsmöglichkeiten: Über Geschlechterordnungen, wenn der her-
beigerufene Bub Anweisungsaufgaben übernimmt, etwa, dass „aus-
gefummelt“ werden muss, und die Frauen dann regelrecht die Wäsche
übernehmen, er aber diese Führungsrolle abtritt, sobald er nicht mehr
weiterweiß (bei Schlick-Schlack-Schluck). Die Vignette könnte Ree-
xionen über Aushandlungsprozesse nahelegen, etwa, wenn über die-
ses Schlick-Schlack-Schluck gesprochen wird und letztlich hermeneu-
tisch eine Entscheidung getroen wird, welches dieser blöden Wörter
nun das richtige ist, ebenso dann, wenn nach dem Nachschauen an der
Tafel zuerst nur ein Wort für falsch befunden wird, dann aber doch
eine Reihe anderer Fehler im gemeinsamen Nachdenken ausndig ge-
macht werden. Eine besondere Fülle von Deutungen über Nonverba-
les schiene daran lohnend, wie sich Vanessa im Klassenraum bewegt,
den Buben Grimassen schneidet, sich immer wieder Raum und Auf-
merksamkeit nimmt und am Ende, symbolisch jede Sprachbarriere
überwindend, mit den Lippen eine Maultrommel simuliert.
Nun aber prangt auf der Tafel dieses eine Wort, das auf Slowenisch
Gruppe“ heißt. Es ist in der Vignette der einzige Hinweis darauf, dass
in dieser slowenischen Unterrichtswoche in dieser einen Unterrichts-
einheit überhaupt das Slowenische präsent ist. Ist das aber wirklich
so? Es fällt auf, dass die Lehrkra nie in direkter Rede zitiert wird,
sondern nur in Handlungsbeschreibungen indirekt zu Wort kommt.
So darf vermutet und muss eingestanden werden, dass der Beobachter,
der die Vignette verfasst hat, des Slowenischen nicht kundig ist und die
Ausführungen der Lehrkra sowie alles andere, was auf Slowenisch
gesprochen wurde, gar nicht erfassen konnte. Dieser Befremdungsmo-
Wenn Vielfalt Raum bekommt
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ment, plötzlich nichts mehr oder zumindest vieles nicht zu verstehen
und indirekt erschließen zu müssen, ist von besonderer Bedeutung,
gerade als miterfahrene Erfahrungen eines Forschenden, der ja eine
privilegierte Position einnimmt und über seine Teilnahme an dominie-
renden Diskursen diese auch mitbestimmen kann. Was würde gesche-
hen, wenn aus der Vignette die Schlussfolgerung gezogen würde: Da
wird ja selbst in der slowenischen Woche gar nicht slowenisch geredet.
Die fehlenden Sprachkenntnisse eines Teilnehmers, dem Aussagekra
zugesprochen ist, tauchen die in der Realität zweifellos mehrsprachi-
ge Geräuschkulisse – die slowenischen Anleitungen der Lehrkra, die
Gespräche anderer Kinder und die deutschsprachigen Gespräche der
Kinder untereinander – wie unter eine einsprachige Glasglocke. Alles
Nicht-Verstandene wird ausgeltert, und zurück bleibt bis auf das
rätselhae „Skupina 2“ an der Tafel – eine „rein deutsche“ Wirklich-
keit.
In der Vignette wird damit der überwiegende Teil sprachlicher
Wirklichkeit dieser Unterrichtseinheit zum Verstummen gebracht.
Dies sagt nun zum einen etwas über die Grenzen nicht nur dieser, aber
eben auch dieser Forschungsmethode aus, die – wie alle anderen Me-
thoden – nicht alles erfassen kann, sondern nur das, was in die Wahr-
nehmung gelangt, wofür es aber Wahrnehmungsbereitschaen und
Wahrnehmungsbefähigungen braucht, etwa das Verstehen dessen,
was gesprochen wird, und die Demut, das Nicht-Verstandene dennoch
anzusprechen. Das Verschwinden des Slowenischen – als Beispiel für
jede andere, von der Mehrheit nicht verstandene oder gar nicht an-
erkannte Sprache aus einer Wirklichkeitsdarstellung aufgrund des
Nichtverstehens von Beobachterinnen und Beobachtern sagt einiges
darüber aus, wie sprachliche, kulturelle, gesellschaliche, sozioöko-
nomische Realitäten durch selektive Wahrnehmung und dominante
Diskurse ignoriert und/oder verstümmelt werden können. Die Vielfalt
der Sprachen, die in den europäischen Nationalstaaten koexistieren,
werden durch den diesen Staaten innewohnenden monolingualen Ha-
bitus (Gogolin 1994) ausgeblendet, zum Verstummen gebracht oder
in Nischen zurückgedrängt, wo man dem Hörensagen nach weiß, dass
sie existieren, von wo aus sie aber im öentlichen Diskurs nicht mehr
hörbar, nicht mehr präsent sind.
Die VS24 ist, in ihrem Modellcharakter, ein Projekt dieses Kampfes
einer Minderheit sowohl gegen ihre Unhörbarkeit als auch gegen ihre
Zurückdrängung in die eigene ethnische räumlich-soziale Nische. An
Hans Karl Peterlini
149
der Schule, die sich neben und wohl auch dank ihrer sprachlichen Be-
sonderheit um eine einschließende oene Schulkultur bemüht, lassen
sich gera die Problematik und das Potenzial von Mehrheits-Minder-
heiten-Räumen für sprachliches, inter- und transkulturelles Lernen
darstellen. Ähnlich wie unter dem Faschismus in Südtirol (Italien)
der Unterricht in deutscher Sprache und auch jegliches Deutsch im
öentlichen Leben untersagt worden war (vgl. Peterlini 2012, S. 46),
wurde die slowenische Bevölkerung in Kärnten in ihrer sprachlichen
und kulturellen Besonderheit durch das nationalsozialistische Regime
mundtot gemacht. Während nun aber die deutsche Sprachgruppe in
Südtirol nach 1945 ihre Schicksalsfrage in der Errichtung einer deut-
schen Schule (mit Italienisch lediglich als Zweitsprachenfach in be-
grenzter Dosis) erblickte, wurde in Kärnten für ausgewiesene Gebiete
eine zweisprachige Schule beschlossen. „Die Kinder sollten jeweils die
Muttersprache des Anderen lernen, um so ein besseres Verständnis
für die Belange der jeweils anderen Volksgruppe erlangen zu können.“
(Entner 2011, S. 12) In der Logik von Machtverhältnissen im Zusam-
menhang mit Minderheitenschutz kann überlegt werden, dass für eine
rein slowenische Schule, analog zur rein deutschen Schule in Südtirol,
die Voraussetzungen nicht gegeben waren, die u.a. in einer ausreichen-
den Stärke der Minderheitengruppe und im Prestigewert ihrer Spra-
che liegen. Vereinfacht gesprochen: Die deutsche Sprachgruppe in
Südtirol war ausreichend selbstbewusst und konnte auf eine im west-
lichen Nachkriegseuropa potente Sprachgemeinschazählen, um in
einer einsprachigen muttersprachlichen Schule eine Chance für sich
zu sehen, ohne Interessensschwund und Marginalisierung fürchten zu
müssen. Für die ladinische Minderheit als viel kleinere Sprachgruppe
in Südtirol (siehe Beitrag von Roland Verra in diesem Band) hätte das
Beharren auf eine rein ladinische Schule die Verurteilung zur sprach-
lichen Randstellung bedeutet. Die ladinische Sprachgruppe setzte
nach einigen Kämpfen – deshalb auf eine paritätisch deutsch-italieni-
sche Schule mit dem Ladinischen als Behelfssprache. Auf diese Weise
wahrte sie die gesellschaliche und ökonomische Anschlussfähigkeit
gegenüber der deutschen und der italienischen Sprachgruppe und
konnte, erstaunlicherweise, das Ladinische bis in die Gegenwart als
Gemeinschassprache erhalten und pegen (Chisholm/Peterlini 2012,
S. 115).
Das zweisprachige Kärntner Modell geriet, mit der Wiedererlan-
gung der österreichischen Souveränität durch den Staatsvertrag von
Wenn Vielfalt Raum bekommt
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1955 und entsprechendem Aueben deutschnationaler Kräe, bald
ebenfalls unter Druck. Zunächst, 1958, wurde es Eltern erlaubt, ihre
Kinder vom zweisprachigen Unterricht abzumelden, was eine Schwä-
chung der zweisprachigen Schule und eine Stärkung ausschließlich
deutschsprachigen Unterrichts mit sich brachte. Im nächsten Schritt
– 1959 – bedure es für den zweisprachigen Unterricht einer eigenen
Anmeldung, was auch für slowenische Familien aufgrund der Angst,
ihre Kinder könnten gegenüber den „Deutschen“ in Rückstand gera-
ten, zu einer Hemmschwelle wurde. Ein weitreichendes Problem war,
dass der Schulbesuch durch die Einführung der Anmeldepicht emo-
tional zum ethnischen Bekenntnis aufgeladen wurde und Diskriminie-
rung auf sich zog: Die Anmeldung für den zweisprachigen Unterricht
wurde als (potenzieller) Landesverrat an Deutschkärnten beargwöhnt,
Eltern hatten Repressalien durch Dorewohner oder Arbeitgeber zu
befürchten. Die Anmeldungen zum zweisprachigen Unterricht gin-
gen dramatisch zurück (Entner 2011, S. 12), auch innerhalb der Fa-
milien bekam das Slowenische den Nimbus einer minderen Sprache
mit dem Fluch der Marginalisierung, während in der Verdeutschung
und Assimilation die Honung auf Schritthalten und Chancenwah-
rung erblickt wurde. Hinter dieser Abwertung zweisprachiger Bildung
zeigt sich – am Beispiel Österreich – zum einen das nationalsprachli-
che heimliche Curriculum der meisten europäischen Nationalstaaten,
zum anderen ein Kampf um Machtverhältnisse der Mehrheit gegen
die Minderheit gerade durch Ablehnung zweisprachiger Schulen aus
der Abwehrhaltung heraus, „wie […] die Mehrheit von einer solchen
schulischen Regelung unberührt bleiben“ kann (ebd., S. 119).
Erschwerend war nun, dass junge Menschen aus den slowenischen
Gebieten zunehmend „ihre beruichen und sozialen Aufstiegschan-
cen […] in den Zentren und nicht in strukturschwachen und sterben-
den Peripherien“ (Wakounig 2008, S. 98) erblickten. In den Kärntner
Städten aber fanden zuziehende slowenische Familien ab 1957 zwar
das – im Zusammenhang mit dem Staatsvertrag gegründete – slowe-
nische Gymnasium in Klagenfurt vor, aber keine zweisprachige Volks-
schule. Das Prinzip der „Bodenständigkeit“ besagte, dass das Recht auf
muttersprachlichen bzw. zweisprachigen Unterricht an die ausgewie-
senen slowenischen Gebiete gebunden war. Da die einst ebenso slowe-
nischsprachigen Städte Villach und Klagenfurt nicht als solche aner-
kannt wurden, wendete sich ein derart geographisch eingeschränkter
Minderheitenschutz gegen die Vitalität, Mobilität und Teilhabe der
Hans Karl Peterlini
151
slowenischen Bevölkerung, deren so eng gezogenes Siedlungsgebiet
zwangsläug Züge eines Reservates bekommen sollte. Darin zeigt sich
exemplarisch die Problematik eines ethnisierenden und lokal begrenz-
ten Schutzes von Minderheiten, „weil sie am sozialen Wandel, der sich
außerhalb ihres Gebietes vollzieht, aus ethnischen Loyalitätsgründen
nicht partizipieren können“ (Wakounig 2008, S. 98). So erweist sich,
auf einer theoretischen Ebene abstrahiert, lokal gebundene ethnische
Identitätsbildung gerade für schwächere und weniger robust geschütz-
te Minderheiten „weltweit immer mehr als eine Falle oder ein Käg für
die von ihr betroenen Individuen und Gruppen(ebd., S. 19). Wie
Judith Butler im Gespräch mit Gayatri Chakravorty Spivak reektiert,
liegt die Perdie des Nationalstaates nämlich gerade darin, dass er an
seinen Minderheiten durch Diskriminierung jene Ethnisierung pro-
voziert, die er unterdrückt (vgl. Butler/Spivak 2011, 24). Am Beispiel
der slowenischen Sprachgruppe in Kärnten zeigt sich das Beharren auf
eine Kultur und auch auf eine Schule der Zweisprachigkeit als Mög-
lichkeit, der Falle zu entkommen. Durch Einbeziehung der Mehr-
heitssprache in ein zweisprachiges Konzept wird Selbstethnisierung
vermindert. An Stelle eines Rückzugs in die eigene ethnische Nische
wird die eigene Schule zur Mehrheitsgruppe hin geönet und zumin-
dest potenziell deren Ablehnungshaltung und deren Gleichgültigkeit
entgegenwirkt.
Die VS24 wurde von Eltern in mühsamen Kämpfen erstritten,
die bis vor das Verfassungsgericht gelangten. Die Bemühungen und
Rechtsstreitigkeiten zogen sich von einer ersten Initiative 1983 bis
1991 hin. Eltern hatten demonstrativ Kinder für den in Klagenfurt
eben nicht vorgesehenen zweisprachigen Volksschulunterricht ange-
meldet, um dann dessen Vorenthaltung vor dem Verfassungsgerichts-
hof anzufechten. Dieser entschied 1988 zugunsten der Eltern. 1989
wurde als private kirchliche Initiative die zweisprachige Volksschule
„Hermagoras Mohorjeva“ in Klagenfurt errichtet, ein öentlich-recht-
liches Angebot folgte erst 1991 mit der VS24. Obwohl (oder weil) die
Schule von Anfang nicht nur von Kindern aus slowenischen Famili-
en besucht wurde und sich prompt einen guten Ruf erwarb, war sie
deutschnationalen Kräen noch lange ein Dorn im Auge. Ohne ei-
nen direkten Zusammenhang herstellen zu wollen, war die Stimmung
gegen die zweisprachige VS24 für den Brieomben-Attentäter Franz
Fuchs wohl mit ein Anlass dafür, dass er 1994 am Schuleingang eine
Rohrbombe deponierte, deren Explosion dem zur Untersuchung her-
Wenn Vielfalt Raum bekommt
152
beigekommenen Polizeibeamten beide Unterarme kostete (vgl. Entner
2011, S. 14).
2014, dem Zeitraum des hier dargelegten Forschungsprojektes, ist
der VS24 ihre bewegte und dramatische Geschichte nicht mehr an-
zusehen. Aus den Unterrichtsbeschreibungen und Beobachtungen des
Forschungsteams gehen Bilder einer hellen, freundlichen, auf musi-
sche Fächer bedachten und den Kindern gegenüber sprachsensiblen
(Gombos 2015b, vgl. auch Gombos 2015a) Schulkultur hervor. „Angst
wollen wir ausklammern. Wir wollen, dass die Kinder einen guten Zu-
gang zu den Sprachen bekommen, überhaupt zu Sprache“ (Interview
mit Direktor Oraže, Z339-Z340).
Einen Einblick in den Mathematikunterricht bietet die nachstehen-
de Vignette aus dem Forschungsprojekt:
Alle sitzen auf dem Boden in einem Kreis. Die Lehrerin nimmt sich
eine Schachtel und önet sie. Darin benden sich Holzklötze in ver-
schiedenen Größen mit Zahlen darauf. Da sie alles auf Slowenisch
erklärt, ist mir anfangs noch nicht ganz klar, was hier gezeigt wird.
Mit der Zeit verstehe ich: Es geht um das Erfassen der Zehner-, Hun-
derter- und Tausendersprünge. Die Lehrerin legt den größten Holz-
klotz mit der Aufschri 600 vor sich auf den Boden. Die Lehrerin fragt
nach der Zahl. „Šeststo“ sagen die Kinder im Chor. Dann legt sie den
2., etwas kleineren Block mit der Zahl 40 auf den 600er-Klotz, so dass
von diesem nur noch die Zahl 6 zu sehen ist, und fragt wieder nach
der Zahl auf dem obersten Klotz. Štírideset“, rufen die Kinder für 40.
Der nächste Klotz mit der Zahl 9 wird so auf die 40er-Klotz gelegt,
dass von diesem nur noch die 4 sichtbar ist. „Devet“ rufen die Kinder
ohne Auorderung für die Neun. Nun präsentiert die Lehrerin das ge-
samte Ergebnis, der Holzstapel zeigt die Zahl 649. Die Kinder schauen
angestrengt auf den Stapel. Die Lehrerin zeigt auf den 600er-Klotz,
die Kinder wiederholen šeststo, dann zeigt sie auf den Block darüber,
„štírideset“ sagen die Kinder, und wieder dasselbe mit „devet“. Die
Frage nach der gesamten Zahl bleibt schwierig, die Lehrerin begleitet
das Aussprechen: šéststodevetinštírideset. (VS24_W1_07)
Die sprachliche Zusammensetzung der Schulklassen in der VS24 wech-
selt naheliegender Weise von Jahr zu Jahr ein wenig. Über die Jahre
zeichnet sich – Stand Frühjahr 2018 aber folgendes Bild ab. Eine große
Gruppe bilden die Kinder aus Kärntner Familien mit Slowenisch und
Hans Karl Peterlini
153
Deutsch als Familiensprache. Eine weitere Gruppe sind Kinder aus Fa-
milien mit Deutsch als Erstsprache und einer zweiten Familiensprache,
die aber nicht Slowenisch ist. In diesem Sinne ist die Schule oenbar
für Kinder aus zweisprachigen Familien attraktiv, auch wenn die zweite
Sprache nicht Slowenisch ist und die Kinder damit in der Schule mit
einer dritten Sprache vertraut werden können. Trotzdem gibt es immer
auch Kinder aus Familien, deren einzige Familiensprache Deutsch ist,
was auf ein Interesse an der zweiten Landessprache schließen lässt. Ein
kleinerer, aber wachsender Teil der Kinder kommt aus Slowenien und
kann bei der Einschulung meist ausschließlich Slowenisch, ebenso be-
suchen auch Kinder die Schule, die Bosnisch-Kroatisch-Serbisch (BKS)
sprechen. Diese unterschiedlichen Sprachkenntnisse ergeben eine reiz-
volle und für den Unterricht als produktiv erlebte Mischung, „weil je
mehr wir native speaker auch auf Slowenisch haben, die des Deutschen
nicht mächtig sind, und native speaker auf Deutsch, die des Sloweni-
schen nicht mächtig sind, und ausreichend viele, die beides können,
desto besser funktioniert das Sprachenlernen“ (Interview Direktor
Oraže, Z94-Z96). Der zahlenmäßig stärksten Gruppe aus slowenisch-
sprachigen oder slowenisch-deutschsprachigen Kärntner Familien be-
kommt auf diese Weise eine besondere Rolle als Mittler zwischen jenen
zu, die den Zugang zur einen oder anderen Sprache erst nden müssen.
So kommt es ständig zu einem Nachfragen oder Aushelfen, das Irri-
tationen auängt oder aber auch auslösen kann. Dazu einen knappen
Auszug aus einer Vignette:
Leander beugt sich zu Leo hinüber: „Mit Hacek“ sagt er und tippt auf
ein Wort, das Leo gerade in krakeliger Schri geschrieben hat. Leo
starrt ihn an: „So ein Scheiß…“, schaut aber dann auf Leanders Blatt
und malt den Hacek über das „s“. „Stimmt’s jetzt?“, fragt er. „Ja“, ant-
wortet Leander und grinst. (VS24_W1_03)
Ein sprachliches Reinheitsgebot gilt an der VS24 weder für Schüler/
innen noch für die Lehrkräe. Diese achten zwar darauf, dass im Un-
terricht in der deutschen Woche tatsächlich Deutsch und in der slo-
wenischen Woche eben Slowenisch gesprochen wird. Kleine Unter-
haltungen und Gespräche zwischen den Schülerinnen und Schülern
in der gerade nicht vorgesehenen Sprache werden aber zugelassen, im
Unterricht ebenso wie im Pausenhof. Hat ein Kind gerade besondere
Nöte, behelfen sich auch die Lehrkräe damit, ihm in seiner Sprache
Wenn Vielfalt Raum bekommt
154
das Notwendigste zu erklären, nicht aber ohne dies auch in der zu er-
lernenden zweiten Sprache zu tun und diese begleitend einzusetzen.
Sebastian darf zum Rechnen auf die Tafel hinaus, er muss von 5360
die Zahl 3190 subtrahieren. Er schreibt die Zahlen an, macht einen
dicken Strich unter 3190 und beginnt zu rechnen, in dem er die Über-
tragungswerte in Kleinschri hinter die Zahlen setzt, als Ergebnis
schreibt er 2160 statt 2170 an. Die Lehrkra bittet ihn, das Ergeb-
nis zu prüfen und zu nennen. Er starrt auf Tafel und beginnt mit
„Zwaa…“, dann stockt er. Die Klasse will ihm helfen, die Lehrkra
aber ru dazwischen und bittet Sebastian, slowenisch zu sprechen.
Nun darf ihm ein Mädchen auf Slowenisch den Fehler sagen. Sebasti-
an korrigiert die Zahl und geht auf seinen Platz, „volle Kakke“ raunt
er vor sich hin. (VS24_W1_08)
Die Lehrkräe reektieren solche Situationen genau. Das Konzept
„Eine Woche Deutsch – eine Woche Slowenisch“, das mit der wis-
senschalichen Begleitung von Vladimir Wakounig entwickelt und
im Schuljahr 2003/2004 eingeführt wurde, orientiert sich am Modell
OPOL („One Person One Language“, Ronjat 1913). Das bedeutet,
dass in der Klasse mit der Sprache jede Woche auch die Lehrperson
wechselt. Zwar sind die Lehrkräe an der VS24 alle zweisprachig,
sie unterrichten aber in jeder Klasse jeweils nur in einer Sprache, so
dass sie von den Kindern mit dieser Sprache verbunden werden. Das
OPOL-Konzept wurde vor allem für Familien entwickelt, deren Eltern
unterschiedlicher Erstsprache sind, um dem Kind Sprachangebote auf
hohem erstsprachlichem Niveau zu machen. Dies hat den Hintergrund,
dass die Erstsprache – unter anderem ja auch deshalb Muttersprache
genannt – jene Sprache ist, in der Menschen „mit aller Intimität, Na-
türlichkeit und Ausdruckskra kommunizieren(Baker 2007, S. 1).
So empehlt es sich gerade in zweisprachigen Lebensgemeinschaen,
dass beispielsweise die deutsche Mutter mit dem Kind immer deutsch,
der slowenische Vater mit dem Kind immer Slowenisch spricht. In der
privaten zweisprachigen Volksschule Hermagoras Mohorjeva ist das
Sprachkonzept ein anderes: Die Sprache wechselt jeden Tag, ein Tag
Deutsch, ein Tag Slowenisch, die Lehrperson bleibt dieselbe, so dass –
ein anderer, nicht uninteressanter Aspekt – den Kindern auch vermit-
telt wird, dass Menschen zwei Sprachen repräsentieren können. Dies
geschieht in der VS24 indirekt, da die Kinder durchaus mitbekommen,
Hans Karl Peterlini
155
dass die Lehrkräe zweisprachig sind und sich nur für den Unterricht
in ihrer Klasse z.B. für Deutsch entschieden haben, während sie in ei-
ner anderen Klasse auf Slowenisch unterrichten.
Das Modell OPOL erfordert nämlich rein organisatorisch, dass die
Lehrkräe pro Woche Klasse wechseln: Lehrkra 1 unterrichtet eine
Woche in Klasse 1 auf Slowenisch und in der nächsten Woche in Klas-
se 2 auf Deutsch, während eine Kollegin im umgekehrten Rhythmus
Klasse und Sprache wechselt. Ein Nebeneekt, der vom Direktor als
bedeutsam für die Herausbildung einer gemeinsam getragenen Schul-
und Unterrichtskultur benannt wird, liegt darin, dass im Kollegium
notgedrungen eng zusammengearbeitet werden muss, um sich abzu-
sprechen und sich auf den Sto zu einigen, der ja nahtlos weitergehen
muss, und sich auch darüber zu informieren, was in der vergangenen
Woche bedeutsam war: „Lehrer sind ja o Einzelkämpfer, und das geht
hier nicht. Das geht nicht. Wir haben auch wöchentliche Teambespre-
chungen […], wo alle ihre Erfahrungen oder ihre Meinung abgeben
können und sagen, ‚was könnte man da verändern, dass wir das in den
Gri bekommen?‘ oder ‚was kann man anders machen?‘“ (Interview
Direktor Oraže, Z571-Z575)
Das durchgehend zweisprachige Kollegium sichert auch auf sprach-
licher Ebene die Schulkultur ab: Bei den Konferenzen überwiegt der
Gebrauch des Slowenischen, was die Minderheitensprache auf einer
institutionellen Ebene stärkt und sie davor bewahrt, zur Privatsprache
zu werden.
Weil sobald ein Kollege nicht zweisprachig ist, ist die Sprache dann
auch bei der Konferenz in Deutsch. Das geht ganz schnell. Versteht
auch nur ein Kollege nicht Slowenisch, dann ist alles in Deutsch. Bei
uns sind die Konferenzen, ich sag einmal, größtenteils auf Slowenisch,
die Protokolle dann aber schon auch auf Deutsch. […] Es ist auch
wichtig, dass wir in der Sprache bleiben, dass man eine gewisse Übung
hat und dass auch für die Kinder, wie soll ich sagen, die Wichtigkeit
der slowenischen Sprache ausgestrahlt wird. Dass sie auch merken,
dass wir untereinander die slowenische Sprache verwenden. Aber es
ist nicht zwingend, wenn Kollegen sich auf Deutsch unterhalten, passt
das auch. Aber weil die meisten ja Kärntner Slowenen sind, sind sie
auch froh, dass sie hier die slowenische Sprache verwenden können,
wenigstens am Arbeitsplatz, weil rundherum ist ja meistens alles
Deutsch.“ (Interview Direktor Oraže, Z597-Z609)
Wenn Vielfalt Raum bekommt
156
Im Umgang mit der Sprachverwendung nach Wochenplan sind die
Lehrkräe sehr achtsam für kleinere und größere Nöte der Kinder und
für emotionale Momente:
„In der Klasse 3B sind doch viele, die als Muttersprache Deutsch ha-
ben, und das ist ihre emotionale Sprache natürlich, und vor allem
in der Weihnachtszeit und Adventszeit ist es natürlich, wenn sie von
eigenen Erfahrungen, ja Erlebnissen erzählen, dass sie das in ihrer
Sprache tun … Und … das Kind redet dann slowenisch, wenn es
möchte. Oder wenn es dann im Unterricht wirklich, wenn wir was
genau durchnehmen, dann fordere ich sie schon auf, ‚probier das jetzt
einmal auf Slowenisch!‘, in einer Übungsphase, aber sonst sollen sie
frei sein, weil das könnten sie mir ja nicht erzählen, das ist ja … und
trotzdem verstehen sie alles, aber ihre Gedanken sind in ihrer Mutter-
sprache wahrscheinlich, ja.“ (Interview LK2_Z13-Z23)
Es wird, mit viel Feingefühl, Situation für Situation abgewogen. Ein
Bub beispielsweise sagt, wenn Slowenisch gesprochen wird, o „i ver-
steh nix“, die Lehrkräe wissen aber, dass er sehr viel versteht, helfen
ihm teilweise und fordern ihn anderseits – mit meist erstaunlichen
Ergebnissen. Für die Kinder, die sich gerade in der sprachfremden
Woche benden, wird das Tempo verlangsamt, werden mehr Pausen
gewährt, wird der Sto angepasst, ohne die Kontinuität preiszugeben:
Während in Mathematik nahtlos von einer Woche auf die andere im
Sto weitergegangen werden kann, weil die Rechenart und die Zahlen
ja dieselben sind und nur die Sprache wechselt, wird im Sachunterricht
die sprachliche Besonderheit berücksichtigt. „Wir versuchen emen
zu nden, die für die slowenische Woche passen und die für die deut-
sche Woche passen, dann bleibt jede Lehrerin bei ihrem ema, so
dass sich die Kinder sicherer werden.“ (Interview LK3, Z236-Z240)
Weltall zum Beispiel müssen wir nicht unbedingt in Slowenisch ma-
chen, sondern da suchen wir uns emen aus, die besser passen. Aber
trotzdem, wenn Slowenisch-Woche ist, bleiben wir im Sachunterricht
in der Sprache. Es geht nicht darum, dass sie jedes Wort verstehen. So
werden die Kinder exibler im Auassen, dass sie wirklich den Kon-
text verstehen und eigentlich sich vieles dann selbst zusammenreimen.
Und ich glaube, so lernt man Sprachen weiter. Jede weitere Sprache,
die dazu kommt, geht dann leichter.“ (Interview LK1, Z358-Z365)
Hans Karl Peterlini
157
Die mit bilingualem oder zweitsprachlichem Unterricht vielfach ver-
bundene Befürchtung, dass Kinder einer sprachlichen Verwirrung
und damit einhergehend auch psychischen Belastungen durch Be-
fremdungsmomente ausgesetzt sind, sind – bei nicht traumatisieren-
den Umständen – weitgehend wissenschalich entkräet (vgl. Fran-
ceschini 2007, S. 13), und sie bestätigen sich auch in den Erfahrungen
von Lehrkräen und Eltern an der VS24 nicht. Zum einen wird durch
das zweisprachige Modell sowohl für einsprachig deutschsprachige
als auch für einsprachig slowenischsprachige Kinder der Bezug zur
Erst- oder Muttersprache erhalten. Diese erleidet, entgegen den lange
mit Mehrsprachigkeit verbundenen Befürchtungen eines subtraktiven
Spracherwerbs, bis auf mögliche vorübergehende und durchaus krea-
tive Interferenzen keinen Schaden, sondern es kommt, im Sinne einer
additiven Annahme von Spracherwerb, etwas dazu. Kinder, die früh
mit einer zweiten oder auch dritten Sprache konfrontiert werden, ent-
wickeln an der neuen Sprache Kompetenzen, die auch dann wertvoll
sind, wenn die zweite Sprache nicht bis zur Perfektion gebracht wird
(vgl. u.a. Baker 2007, S. 52). Gerade dieses Moment von spielerischer
Freiheit, etwas auch nicht perfekt lernen zu müssen, ist für den Spra-
cherwerb wichtig, da Perfektionszwang und Fehlerangst hemmend
wirken. Was auf der Ebene des Spracherwerbs erprobt werden kann,
nämlich das Verwenden unterschiedlicher Register, das Sich-Zu-
recht-Finden in unterschiedlichen Systemen, kann umgekehrt ermu-
tigend für Lernleistungen und Lebensstrategien insgesamt sein (vgl.
Baker 2007, S. 3; Franceschini 2007, S. 14).
Die Problematik einer gewaltsamen Unterdrückung der Erstspra-
che, wie sie sich unter totalitären nationalstaatlichen Sprachpolitiken
in der europäischen Geschichte vielfach zeigt, ist für Kinder migranti-
scher Herkun auf subtile Weise gegenwärtig: Die Abwertung, öent-
liche Nicht-Präsenz oder schlicht Nicht-Beachtung ihrer Erstsprache
bei gleichzeitigem hohem sozialen und teils auch familialen Druck, die
neue Sprache schnell und möglichst perfekt lernen zu müssen, kann
sich ungünstig für das Sprachenlernen und benachteiligend für den
gesamten Bildungsweg auswirken. Zum einen ist die Erstsprache für
das eingeforderte Erlernen der Zweitsprache behilich, „sie kann das
Erschließen von Bedeutungen erleichtern, sie kann helfen, die syntak-
tische Struktur der Zweitsprache zu durchdringen, sie kann dazu bei-
tragen, die pragmatische Funktion von Äußerungen zu erhellen“ (Go-
golin 1988, S. 72). Ihre Unterdrückung oder Nicht-Beachtung kann
Wenn Vielfalt Raum bekommt
158
dagegen zu Blockaden einer damit unvollständigen sprachlichen So-
zialisation führen, die das Erreichen bildungssprachlichen Standards
in der Zweitsprache und damit auch den Bildungsverlauf erschweren
(bahnbrechend Cummins 1979, 1991, vgl. auch 2006, S. 45; vgl. de Cil-
lia 1998, S. 230; de Cillia 2011, S. 3f).
Im zweisprachigen Unterricht wird die Ressource Erstsprache in-
tensiv genutzt. So können zum Beispiel Inhalte, die in Woche 1 in der
einen Sprache gelernt wurden, in der Woche darauf in der zweiten
Sprache neu verstanden werden, was nicht nur sprachlich eine Erwei-
terung darstellt, sondern durch das Verwenden anderer Begrie auch
eine Vertiefung mit sich bringen kann. Dadurch erschließen sich für
die Kinder Bedeutungen in der eigenen Sprache nachwirkend noch
einmal neu, wenn sie durch das Verstehen derselben Sachverhalte in
der anderen Sprache auf die Begrie in der Erstsprache zurückkom-
men. Das Lernen erfolgt dabei durch viele, nur im Einzelnen wahrzu-
nehmende Mikroprozesse in den Interaktionen zwischen den Schü-
lerinnen und Schülern untereinander, mit den Lehrkräen, mit den
Sachgegenständen. Die Grenze zwischen scheinbarer Aussichtslosig-
keit und plötzlichen Aha-Momenten ist dabei o äußerst schmal und
ermutigt zu didaktischer Geduld.
Egon stützt den Kopf auf seine rechte Hand und legt sich seitlich auf
den Tisch. Dann steht er auf, streckt sich, geht zum Kasten am hin-
teren Ende der Klasse und nimmt sich ein He heraus. Die Lehrerin
sagt ihm auf Slowenisch, er möge es wieder zurücklegen. Verzögert
und sehr langsamen Schrittes kommt er der Auorderung nach. Die
Lehrerin zeigt nun der Klasse anhand von farbigen Darstellungen auf
der Wand die Unterschiede zwischen Namenwörtern, Tunwörtern
und Wie-Wörtern auf Slowenisch: „Samostalniki – Glagoli – Pride-
vniki“. Sie teilt Zettel mit neuen rtern aus, die von den Kindern
richtig zugeordnet werden sollen. Egon passt erneut nicht auf und
wird von anderen Kindern aufmerksam gemacht, dass er sich auch
einen Zettel nehmen soll. Die Lehrerin hat die neuen Worte an die
Tafel geschrieben und spricht sie nun deutlich vor, die Kinder sollen
sie nachsprechen. In der Klasse geht es durcheinander, so dass die Leh-
rerin die Übung abbricht und die Schüler/innen auordert, Dreier-
gruppen zu bilden und mit Wörterbüchern zu arbeiten. Egon fragt auf
Deutsch, was er mit dem Wörterbuch machen soll. Sie spricht ihn auf
Slowenisch an, worauf er die Frage noch einmal auf Slowenisch stellt
Hans Karl Peterlini
159
und die Lehrerin ihm ausführlich erklärt, worum es geht. Die Kinder
suchen nun die an der Tafel aufgeschriebenen Worte im Wörterbuch
und müssen die Seitenzahlen zuordnen. Als alle Worte gefunden sind,
sollen sie diese ins He schreiben. Dazu bittet die Lehrerin zwei Mäd-
chen, die Hee auszuteilen. Egon springt vor, ist vor den Mädchen
beim Hestapel und teilt die Hee aus, indem er diese den Mitschüle-
rinnen und Mitschülern schwungvoll auf die Bänke wir. Sowohl die
Mitschüler/innen als auch die Lehrerin scheinen es zu akzeptieren,
niemand protestiert oder weist Egon zurecht. Alle beginnen zu arbei-
ten, zwischendurch unterhalten sich Kinder auch auf Deutsch. Egon
hingegen sitzt über seinem He und schreibt eifrig, ohne einmal zu
unterbrechen. Die Schulglocke läutet, aber alle schreiben weiter, auch
Egon. Er fragt die Lehrerin etwas auf Slowenisch, sie antwortet ihm
auf Slowenisch. Darauf räumt er seine Stie in die Federschachtel und
verlässt, wie alle anderen auch, die Klasse. VS24_W1_17)
Eine Lehrkra, die eine taubstumme Nichte hat, erzählt im Interview,
dass sie von dieser gelernt habe, kleine Gesten im Unterricht einzuset-
zen, um den Kindern beim Erschließen von Bedeutungen und Worten
zu helfen. „Man kann nicht einfach nur übersetzen, um dem Kind zu
helfen. Wenn ich dann probiere, etwas zu zeigen, dann geht’s, hm. Die
Gestik, auch die Mimik … ich glaube, das müsste stärker in die Aus-
bildung rein.“ (Interview LK1, Z99-Z105)
Die Lehrerin hat, während einer Freiarbeit für die anderen Schülerin-
nen und Schüler, Samo zu sich ans Pult gerufen, bittet ihn sich neben
sie zu setzen und fragt ihn: „Hast du dein kleines Buch dabei?“ Samo
schaut sie mit großen Augen an. Die Lehrerin wiederholt den Satz
langsam, Wort für Wort und macht beim Wort „klein“ mit Daumen
und Zeigenger die Geste für „klein“. Beim Wort „Buch“ zeichnet sie
mit dem Finger ein Rechteck in die Lu. Samos Gesicht erhellt sich, er
steht auf, geht zu seinem Platz und holt das Buch. Als er zurück ist,
zeigt die Lehrerin auf ein Mädchen und fragt ihn, weiter auf Deutsch,
was dieses in der Hand habe. „Kugelschreiber“, sagt Samo. „Und wie
viele Stühle sind in der Klasse?“, fragt die Lehrkra. Samo beginnt fast
unhörbar auf Slowenisch zu zählen, denkt kurz nach und sagt auf
Deutsch: „Siebzehn.“ „Wie viele Tische?“, fragt die Lehrerin. Wieder
zählt Samo leise auf Slowenisch die Tische ab und antwortet nach
kurzer Überlegung mit „neun. (VS24_W2_8)
Wenn Vielfalt Raum bekommt
160
Das Zählen ist nach den Erfahrungen mehrerer Eltern, die für Inter-
views zur Verfügung standen, eine der ersten Errungenschaen in der
fremden Sprache, über die sich Kinder freuen und die ihnen Motivati-
on für das Erschließen der anderen Sprache sind:
„Angefangen oder aufgefallen ist es mir, dass er gut zurechtkommt, dass
das mit dem Zählen … die Zahlen waren sofort präsent in der sloweni-
schen Sprache, er hat, ohne dass es ihm aufgefallen ist, glaub ich, ein-
fach so übernommen und auf Slowenisch gezählt, da ist es ihm sogar
rausgerutscht, dass es „štiri“ ist, also vier Uhr. Und das fällt mir jetzt bei
meiner Tochter auch auf, ganz ähnlich, mehr noch als bestimmte Worte
sind es die Zahlen, die Zahlen sind schon da. Das Zählen von 1 bis 10
ist ganz selbstverständlich auf Slowenisch.“ (Interview E1, Z119-Z128)
Für Kärntner slowenische Familien und auch für jene mit einem deut-
schen und einem slowenischsprachigen Elternteil ist die VS24 jene
Schule, die einerseits aus der sprachlichen Assimilation und Selbst-
aufgabe, andererseits aus einer ethnisierenden Marginalisierung her-
aushil, da sie die Önung zu beiden Sprachwelten hin anbietet. Dies
geht weit über den Unterricht hinaus. So bewirkt das Konzept „eine
Woche Deutsch – eine Woche Slowenisch“ auch ohne Zwang, dass die
zweite Sprache auch informell benutzt wird, weil sie in der Slowe-
nisch-Woche o ganz natürlich auch auf Slowenisch fragen, ob sie ir-
gendwohin gehen oder aufs Klo dürfen oder irgend sowas. Dann wird
alles auf Slowenisch gefragt. So ganz normale Alltagssituationen …“
(Interview Direktor Oraže, Z199-Z202). Damit wird optimal ein Lern-
kontinuum (Chisholm/Peterlini 2012, S. 93–118) zwischen formalen
und informellen Sprechsituationen hergestellt: Was im Unterricht ge-
lernt wird, kann unmittelbar im Pausenhof oder auch am Nachmittag
mit Freunden angewandt werden und wird auf spontane Weise ver-
festigt. Dazu ist ein mehrsprachiges Umfeld förderlich, das sich o
überhaupt erst durch den Besuch einer mehrsprachigen Schule und
die sich dort entwickelnden Freundschaen ergibt.
„Ja natürlich kommen auch Kinder aus slowenischen Familien zu
uns, seit sie in diese Schule geht – ich meine, die meisten sind ja zwei-
sprachig, Deutsch ist da schon die dominante Sprache, das ist wohl so
wegen des Umfeldes. Deshalb muss man sich um Deutsch auch keine
Sorgen machen, das lernen die Kinder hier immer. Aber manchmal, je
Hans Karl Peterlini
161
nach Situation, reden sie dann auch Slowenisch miteinander. Und ein
Mädchen ist aus Slowenien, die konnte am Anfang gar kein Deutsch.
Mit der hat sie schon auch immer wieder mal gesprochen, sagen mir
die Lehrerinnen. Also das ergibt sich so, dass auch Slowenisch gespro-
chen wird … Und im Urlaub ist sie dann ganz stolz, wenn sie für uns
übersetzt.“ (Interview E5, Z22-Z26)
***
Unsere Kinder wachsen zweisprachig auf. Ja, es ist ideal, da sie in
ihren beiden Muttersprachen unterrichtet werden. […] Ein Elternteil,
also ich, ist ja deutsch und der Vater ist slowenisch. Sie haben bereits
den zweisprachigen Kindergarten besucht und sind von Beginn an
zweisprachig aufgewachsen. Das heißt, wer mit uns zu tun hat, war
immer mit Zweisprachigkeit konfrontiert. […]. Für die Kinder ist das
ganz normal. Aber sie erleben natürlich jetzt Kinder in der Schule,
die nicht Slowenisch können. Daraus ergeben sich wunderbare Kon-
stellationen (lacht). Also somit lernen alle miteinander voneinander.
Es gibt also wirklich mehr als die zwei Sprachen an der Schule. Für
meine Kinder ist das irgendwie die normale Welt, sie kennen es nicht
anders.“ (Interview E10, Z47-Z53)
Bemerkenswert an den Erfahrungen der Eltern ist, dass auch jene kei-
ne Probleme sehen, in deren Familie das Slowenische überhaupt nicht
oder nur marginal präsent ist, wie in zweisprachigen Familien, in de-
nen das Deutsche die Familiensprache ist.
„Problemlos, es war eher (…) das, was eher so ein bisschen die Schwie-
rigkeit am Anfang war, war seine Schri, so ein typisches Bubenproblem,
nichts was mit der Sprache (…), die Sprache war nie ein Problem, also
beide Sprachen nicht. Ich habe auch nie den Eindruck gehabt, dass da
irgendetwas darunter leidet oder so, also er hat sich im Deutschen ohne-
hin leichtgetan, nette Aufsätze geschrieben.“ (Interview E1, Z152-Z157)
***
„Probleme? Sie sagt nichts und klagt auch nicht. Sie ist mit einer gro-
ßen Freude dabei. […] Sie lernt auch schnell und gut.“ (Interview E5,
Z39-Z42)
Wenn Vielfalt Raum bekommt
162
Stützend wirkt sich der in der Schule untergebrachte Hort aus, wo an
Nachmittagen die Aufgaben bewältigt werden können, so dass die El-
tern, die der einen oder anderen Sprache nicht mächtig sind, von der
Aufgabenhilfe entlastet sind. Manche Eltern haben ihr Kind, wiewohl
deutschsprachig, bereits in den slowenischen Kindergarten einge-
schrieben, was sich als ebenso vorteilha erweist. Aus den Interviews
mit deutschsprachigen Eltern geht für diese Gruppe von Kindern eine
nahezu einheitliche Begründung für die Schuleinschreibung hervor:
Interesse an der zweiten Landessprache, Interesse an einer slawischen
Sprache, die auch Türen zu anderen slawischen Sprachen önet und
im Urlaub verwendet werden kann, Wertschätzung gegenüber der slo-
wenischen Mitbevölkerung – weitgehend also bewusste, kulturell und
intellektuell reektierte Entscheidungen, die teilweise auf grundsätz-
lichen politischen Haltungen beruhen, teilweise durch Nachbarscha
und Freunde aus der anderen Sprachgruppe angeregt wurden.
„Das ist, ich würde sagen, eine politisch-kulturelle Entscheidung ge-
wesen, natürlich haben wir entschieden und nicht das Kind, in diesem
Alter, aber wir haben mit ihm gesprochen. Es war uns wichtig, dass,
wenn wir schon hierherziehen, wo es eine zweite Sprachgruppe gibt,
unser Kind diese Sprache auch kennen lernt. Später kann dann ru-
hig auch Englisch dazu kommen, aber jetzt unser Kind hier nur auf
Deutsch und Englisch zu erziehen und es bleibt für die slowenischen
Mitbürger stumm … das wollten wir nicht. Ja, deshalb uns hat diese
Schule überzeugt, und wir haben es keinen Tag bereut.“ (Interview
E2, Z7-14)
„Also (…), wir haben keinen slowenischen Hintergrund. Beide Kinder
sind aber bereits in den zweisprachigen Kindergarten gegangen und
da haben wir uns gedacht, es wäre eine gute Möglichkeit, eine zweite
Sprache kennenzulernen. Da das recht gut funktioniert hat und wir
von dieser Schule so viel Gutes gehört haben, haben wir uns dazu
entschlossen, sie an diese Schule zu geben.“ (Interview E14, Z3-Z6)
Misstöne im Umfeld von deutschsprachigen Familien, die ihre Kin-
der in die zweisprachige Schule einschreiben, verweisen auf Diskurse,
die von außerhalb auf die beinahe idyllisch beschriebene und auch in
den Hospitationen weitgehend so wahrgenommene Unterrichtsgestal-
tung der VS24 einwirken. Vor allem deutschsprachige Eltern verwei-
Hans Karl Peterlini
163
sen darauf, dass sie im Verwandten-, Bekannten- und Freundeskreis
ihre Entscheidung rechtfertigen mussten. Die Vorbehalte liefen dar-
auf hinaus, dass Slowenisch nicht nötig sei, dass die Kinder durch die
Zweisprachigkeit kein gutes Deutsch erlernen würden und dass die
Kinder durch die Befremdung mit einer Sprache leiden könnten, die
sie die längste Zeit nicht verstehen. Die fundamentale politische Ab-
lehnung gegenüber einer zu großen Sicht- und Hörbarkeit des Slowe-
nischen ist gegenüber den Zeiten der FPÖ- und BZÖ-Regierung unter
Jörg Haider zwar deutlich abgeklungen, die Schwierigkeiten mit der
Nennung der „deutsch- und slowenischsprachigen Landsleute“ in der
Landesverfassung im Frühjahr 2017 zeigt aber, dass diese nicht ganz
verschwunden sind. Interview mit einer Mutter:
„Ja meine beiden Eltern sind auch Kärntner Slowenen und (…) ah
natürlich, ich bin halt in einer Zeit aufgewachsen, wo es halt doch
(…) wo halt über uns doch ziemlich geschimp worden ist. Es war
fast im täglichen Programm äh bei der Zugfahrt nach Klagenfurt ähm
(…) dass wir einfach beschimp worden sind: ‚Ah, ihr Tschuschen,
Hauruck übern Loibl‘, das war Tagesordnung. […] Also gerade vor
kurzem habe ich auf Facebook gelesen, hm, ja da haben Jugendliche
geschrieben – die waren total entgeistert, dass das passiert ist, das war
wieder einmal in einer Zugfahrt. Also ein Mädchen hat das zitiert,
was sie im Zug erlebt und hat und das war einfach so ein Spruch, wie
ich es erlebt habe, als Kind – ‚ihr Tschuschen, Jugos‘, und irgendwie
hab` ich gedacht, echt, das gibts wirklich noch?“ (Interview E6, Z162-
165, 176-184)
***
„Diese Negativen wird es immer geben. Aber wie gesagt, hier fällt es
nicht so auf. Das fällt eher am Land auf, weil da muss man schon
wirklich kämpfen. Und da ist es mir auch schon passiert, dass dann
zum Beispiel Eltern in die Schule kommen, und dann haben wir die
10.-Oktober-Feier gestaltet. Nachdem das eine zweisprachige Schule
war, hab` ich der Direktorin gesagt, ‚aber ein slowenisches Lied sing
ich trotzdem‘. Und sie hat gesagt: ‚Ja, natürlich!‘ Und dann sind a pri-
ori zwei Eltern zu mir gekommen: ‚Nein, mein Kind singt kein slo-
wenisches Lied!‘ Ich hab´dann gesagt: ‚Ja, wissen Sie, wir sind eine
zweisprachige Schule, und nachdem wir alle gemeinsam den 10. Ok-
Wenn Vielfalt Raum bekommt
164
tober feiern und das, glaub ich, in unserem Sinne ist, machen wir es
zweisprachig.‘ ‚Nein, ich habe gesagt nein!‘ Dann hab` ich gesagt: ‚Ja,
wissen Sie was, dann kann ja ihr Kind bei diesem Lied zur Seite ge-
hen, wenn Sie das so wünschen, zwingen werde ich ihr Kind nie, etwas
zu tun, was Sie nicht wollen. Aber es wäre schade drum.‘ Ja, aber es
ist passiert. Dort hat man wirklich damit zu kämpfen und das fällt da
zum Beispiel weg. Und zwei Jahre drauf hat das Kind auch slowenisch
gesungen (lacht laut).“ (Interview LK3, Z27-Z35)
Ethnisch aufgeladene Diskurse können schwerlich vor der Schule halt-
machen und zeigen sich auch in einer zweisprachigen, per se um in-
ter-/und transkulturellen Ausgleich bemühten Schule.
Werkunterricht: Die Mädchen sitzen beieinander und beschäigen
sich ruhig mit Stickarbeiten, während die Lehrerin Anweisungen gibt,
Materialien verteilt und die halbfertigen Stickmodelle der Kinder
überprü. Peter wirkt sehr konzentriert. Er ist eifrig bemüht, einen
Faden durch das Nadelöhr der Stecknadel zu schieben. Bei jedem
Anlauf verfehlt der Faden jedoch die enge Önung. Der zunehmend
gequält wirkende Junge kommentiert dies in slowenischer Sprache
und gestikuliert dabei heig, Zornesröte steigt ihm ins Gesicht. Unter
halblauten Schimpiraden packt er plötzlich den neben ihm sitzenden
Paul am Pullover, zuerst spielerisch, dann zunehmend aggressiv. Seine
Finger krallen sich förmlich in den Ärmel seines Sitznachbarn. Lang-
sam beruhigt er sich, nimmt wieder den Faden und versucht es aufs
Neue – immer wieder geht der Faden daneben. Seine Hände zittern,
Schweißtropfen perlen ihm von der Stirn. Abrupt springt er mit Krach
auf und stürmt in Richtung Lehrerin, die gerade mit dem Werkstück
eines Kindes beschäigt ist. Peter drängt sich dazwischen und hält der
Lehrkra sein Werkstück vor die Nase. Dabei hüp er von einem Fuß
auf den anderen. Die Lehrerin bittet ihn mit ruhiger Stimme, einen
Augenblick zu warten. Mit einem Satz ist Peter hinter der Werkbank
und grei sich eine Bohrmaschine, nimmt sie wie ein Maschinenge-
wehr in die Hände und zielt mit Rattergeräuschen auf einige deutsch-
sprachige Kinder. Diese gehen in Deckung. Die Mädchen blicken zur
Lehrperson. Diese schaut Peter streng an und fordert ihn auf, die
Bohrmaschine sofort hinzulegen. Peter kommt dem nach und trottet
mit nun heiterer Miene zu seinem Sitzplatz zurück. (VS24_W2_18)
Hans Karl Peterlini
165
Die Vignette wird hier vor allem unter einem Aspekt reektiert, der –
wie eingangs – auf die Frage des Kontextwissens verweist. Inwieweit
ist es von Belang, dass Peter oenbar nur auf deutschsprachige Kin-
der zielt? Falls dies signikant ist, würde es auf – womöglich subtile,
im Schulalltag kaum wahrgenommene ethnische Grenzziehungen
auch innerhalb der Klasse verweisen, wie sie in Mehrheits-Minder-
heiten-Gebieten üblich sind. Wie sollten sich solche Grenzziehungen,
müsste dazu gefragt werden, in der Schule nicht auch abbilden, wenn
sie in der Gesellscha, in der die Schule eingerichtet ist, ständig diskur-
siv hervorgebracht werden? Dierenzen dienen der Gruppenbildung
und der Interessenswahrnehmung, dies gilt für benachteiligte Grup-
pen, die sich über ethnische Dierenzierung als politische Subjekte
konstituieren, ebenso wie für Mehrheitsgruppen, die sich durch die
Abgrenzung und Ausgrenzung von Minderheitengruppen ihrer Rech-
te (und meist auch ihrer fraglosen Privilegien) versichern. Vor diesem
Hintergrund sei – auf die Gefahr einer ethnischen Überinterpretation
– rein spekulativ die Vignette noch einmal besehen: Ein Kind scheitert
an einer Aufgabe, es erlebt Ohnmacht und weiß sich nicht mehr zu
helfen, dies steigert seine Aggressivität, es wird zunächst gegen den
Banknachbarn übergrig, dann gegenüber der Lehrerin, schließlich
gegenüber den deutschen Kindern, die es symbolisch niederballert.
Das Szenario scheint einer Eskalationsdynamik zu folgen, die beinahe
idealtypisch ist für Gewaltentladungen: Verzweiung aufgrund eines
Scheiterns, eines Nichtkönnens, auch des Alleingelassen-Werdens mit
einer Aufgabe, die überfordert, die Hände zittern lässt, die Röte ins
Gesicht treibt, schließlich die Wutausbrüche als unverstandene Hil-
ferufe und am Ende, scheinbar grundlos, die Projektion aller Wut
nicht auf irgendjemanden, sondern auf jene, die sich durch die sprach-
lich-ethnische Dierenz als Feindbild anbieten. Auf einer solchen
abstrakten Ebene bedacht, inszeniert Peter die Dynamik von Gewalt
und Projektion auf Repräsentanzen des Anderssein, wie sie für ethno-
zentrische Räume typisch ist. Die Frustration, die nichts mit der
Ethnizität weder von Peter noch seiner Schulfreunde zu tun hat, wird
zu einem ethnischen Koniktfall – oder zumindest als solcher verstan-
den und gedeutet. Wie gut, dass es nur ein Spiel war, ein rabiates zwar,
das aber den unverstandenen Helden wieder entspannt und „heiter“,
wie es in der Vignette heißt, auf seinen Platz gehen lässt.
Hier zeigt sich ein weiterer Wert der zweisprachigen Schule und,
über das Klagenfurter Modell hinaus, von Schule als Sammelort von
Wenn Vielfalt Raum bekommt
166
Heterogenität überhaupt: Dadurch dass Schule, in demokratischen
und rechtsstaatlichen Konzeptionen, niemanden ausgrenzen und aus-
schließen darf, wird sie zur Probebühne für den Austausch und die
Auseinandersetzung mit Dierenz, nicht nur sprachlicher und eth-
nischer, sondern entlang an allen ebenso bedeutenden – wenn auch
meistens unterschätzten oder übersehenen Dierenzlinien – wie Gen-
der, sozialem und ökonomischem Status, Religion, Alter. Als zweispra-
chige Schule repräsentiert die VS24 eine Probebühne für die Gleichheit
zweier Sprachen, wie sie im realen Mehrheits-Minderheitenraum o
nicht oder weniger gefahrenfrei gegeben ist. Schule übernimmt damit
auch die Bedeutung einer utopischen Werkstätte: Woche für Woche ist
es hier, im Kleinen und mit Vorbildwirkung, für immer neue Genera-
tionen von Schülerinnen und Schülern möglich, dass Slowenisch und
Deutsch gleichwertig sind.
Literatur
Agostini, Evi (2016): Lektüre von Vignetten. Reexive Zugrie auf Erfahrungsvollzüge
des Lernens, in Baur/Peterlini 2016 (i.V.), S. 55-62.
Baker, Colin (2007): Zweisprachigkeit zu Hause und in der Schule. Ein Handbuch für
Erziehende. Engelscho: Verlag aus dem Ruel.
Baur, Siegfried/Peterlini, Hans Karl (2016): An der Seite des Lernens. Erfahrungsproto-
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Waldenfels, Bernhard. (2000): Das leibliche Selbst. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
Interviews
Mit Direktor Eduard Oraže (nicht anonymisiert)
Mit Lehrkräen (LK1, LK2, LK3 etc.)
Mit Eltern (E1, E2, E3 etc.)
Mitarbeit durch Hospitationen, Vignetten, Interviews, Literaturrecherche: Stefanie
Apolloner, Christian Egger, Alexandra Grill, Kerstin Kleinsasser, Anja Lippitsch,
Susanne Obermair, Nadine Pignet, Birgit Rainer, Maja Salkanovic, Tanja Schütz,
Tamara Kahlbacher, Sabine Warum
Article
Full-text available
Am 25. und 26. März 2021 fand an der AAU Klagenfurt – coronabedingt in digitaler Form – die internationale Tagung Alte und neue Formen der Mehrsprachigkeit in der Alpen-Adria-Region – Beschreibungsmodelle, Herausforderungen und Lösungsansätze statt, zu der zahlreiche Expert*innen aus dem Bereich Sprachwissenschaft, Erziehungswissenschaft und Mehrsprachigkeitsforschung aus Deutschland, Italien, Kroatien, Österreich und Slowenien teilnahmen, um Erfahrungen auszutauschen, theoretische Ansätze und empirische Ergebnisse zu präsentieren und zu diskutieren, die mit den oben skizzierten Entwicklungen in Verbindung stehen. Aus diesen intensiven und fruchtbaren zwei Tagen geht diese Publikation hervor, in der ausgewählte Papers veröffentlicht werden. In diesen werden unterschiedliche Perspektiven und Positionen sichtbar, welche von der Breite der Mehrsprachigkeitsforschung zeugen.
Chapter
Full-text available
Forschungsbericht zum Projekt "Personale Bildungsprozesse in heterogenen Lerngruppen", das in Anlehnung an das gleichnamige Projekte der Universität Innsbruck (Michael Schratz) 2012-2104 auch an Südtiroler Schulen durchgeführt wurde und die phänomenologisch orientierte Vignettenforschung mit weiterentwickelt hat. Mit einem Vorwort von Käte Meyer-Drawe und einem Nachwort von Michael Schratz Gastbeiträge von Dietmar Larcher und Stephanie Risse Mitglieder der Forschungsgruppe: Evi Agostini, Siegfried Baur, Doris Kofler, Helmuth Mathà, Hans Karl Peterlini, Barbara Saxer, Gerda Videsott
Article
The central thesis of this paper is that a cognitively and academically beneficial form of bilingualism can be achieved only on the basis of adequately developed first language (L1) skills. Two hypotheses are formulated and combined to arrive at this position. The “developmental interdependence” hypothesis proposes that the development of competence in a second language (L2) is partially a function of the type of competence already developed in L1 at the time when intensive exposure to L2 begins. The “threshold” hypothesis proposes that there may be threshold levels of linguistic competence which a bilingual child must attain both in order to avoid cognitive disadvantages and allow the potentially beneficial aspects of bilingualism to influence his cognitive and academic functioning. These hypotheses are integrated into a model of bilingual education in which educational outcomes are explained as a function of the interaction between background, child input and educational treatment factors. It is suggested that many evaluations of bilingual education programs have produced uninterpretable data because they have failed to incorporate the possibility of these interactions into their research designs.
Mehrsprachigkeit und Herkun ssprachenunterricht in europäischen Schulen
  • Rudolf Cillia
  • De
Cillia, Rudolf de (1998): Mehrsprachigkeit und Herkun ssprachenunterricht in europäischen Schulen. In Çinar, Dilek (Hg.): Gleichwertige Sprachen? Muttersprachlicher Unterricht für die Kinder von Einwanderern. Innsbruck: Studienverlag, S. 229-287.
Language Interactions in the Classroom: From Coercive to Collaborative Relations of Power
  • Jim Cummins
Cummins, Jim (2006): Sprachliche Interaktionen im Klassenzimmer. Von zwangsweise auferlegten zu kooperativen Formen von Machtbeziehungen, erscheinen unter der Überschri "Language Interactions in the Classroom: From Coercive to Collaborative Relations of Power", in Cummins, Jim: Language, Power und Pedagogy, 2. Kapitel in: Mecheril, Paul/Quehl, omas (Hg.) Die Macht der Sprachen. Englische Perspektiven auf die mehrsprachige Schule. Münster, New York: Waxmann-Verlag, S. 36-62.
Jahre Ö entliche zweisprachige Volksschule 24 -Javna dvojezična ljudska šola 24, hg. von E. Oraže und Reinhard Schinner. Ö entliche zweisprachige Volksschule 24 -Javna dvojezična ljudska šola
  • Vladimir Wakounig
Wakounig, Vladimir (2011): Ein innovatives zweisprachiges Modell -Inovativen dvojezicen model. In: 20 Jahre Ö entliche zweisprachige Volksschule 24 -Javna dvojezična ljudska šola 24, hg. von E. Oraže und Reinhard Schinner. Ö entliche zweisprachige Volksschule 24 -Javna dvojezična ljudska šola 24: Celovec-Klagenfurt.
Erziehungsziel Zweisprachigkeit. Konturen eines sprachpädagogischen Konzepts für die multikulturelle Schule
  • Ingrid Gogolin
Gogolin, Ingrid (1988): Erziehungsziel Zweisprachigkeit. Konturen eines sprachpädagogischen Konzepts für die multikulturelle Schule. Hamburg: Bergmann + Helbig.
Die Gegenwart ist mehrsprachig -die Zukun auch! Mehrsprachigkeit als Herausforderung für Gesellscha
  • Georg Gombos
Gombos, Georg (2015a): Die Gegenwart ist mehrsprachig -die Zukun auch! Mehrsprachigkeit als Herausforderung für Gesellscha, Institutionen und Individuen, in: Ide 4, Sprachliche Bildung im Kontext von Mehrsprachigkeit, hg. von Ursula Esterl und Georg Gombos, S. 10-18.
  • Hans Peterlini
  • Karl
Peterlini, Hans Karl (2012): 100 Jahre Südtirol. Geschichte eines jungen Landes. Innsbruck-Wien: Haymon.