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Frühkindliche Differenzkategorisierung. Eine explorative Analyse von Kinderkleidung

Authors:

Abstract

In dieser Arbeit wird die Zementierung einer binären Geschlechterordnung durch Strategien des Gendermarketing im Allgemeinen und die Vergeschlechtlichung von Kinderkleidung im Spezifischen untersucht. Hierzu wurden Sprüche und Motive von 3860 Kinderoberteilen aus 10 marktrelevanten Onlineshops verschiedener Preissegmente qualitativ sowie quantitativ untersucht. Anhand dieser empirischen explorativen Untersuchung ließ sich die Hypothese, dass Kinderkleidung stark vergeschlechtlicht ist, klar bestätigen. Ebenso konnte ergebnisorientiert dargelegt werden, dass Mädchen*kleidung insofern stärker vergeschlechtlicht ist, als dass Mädchen*oberteile auch Farben und Motive aufweisen, die primär auf Jungen*oberteilen gefunden wurden; Jungen* in feminisierter Kleidung hingegen praktisch nicht in Erscheinung treten. Darüber hinaus zeigt sich, dass Geschlechterstereotype nicht nur binär, sondern auch intersektional in Verschränkung mit class und race auf Kinderoberteilen zu finden sind.
Frühkindliche Differenzkategorisierung.
Eine explorative Analyse von Kinderkleidung
Masterarbeit
zur Erlangung des akademischen Grades
Master of Arts (M.A.)
im Fach Gender Studies
Humboldt-Universität zu Berlin
Kultur-, Sozial- und Bildungswissenschaftliche Fakultät
Zentrum für transdisziplinäre Geschlechterstudien
eingereicht von Sandra Tausch (geb. Ganzer)
Betreuung der Arbeit durch Prof. Dr. Maureen Maisha Auma
Zweitgutachten durch Prof. Dr. Petra Lucht
eingereicht am 31.08.2018
1
Inhaltsverzeichnis
I. Vorbemerkung....................................................................................................................3
1. Einleitung...........................................................................................................................5
2. Forschungsstand................................................................................................................8
3. Forschungsdesign und Methodologie..............................................................................15
3.1 Methode der Datengenerierung.................................................................................16
3.1.1 Auswahl der Oberteile.......................................................................................16
3.1.2 Erstellung des Datenpools.................................................................................18
3.1.3 Vorbereitung der Analyse..................................................................................19
3.1.4 Grenzen der Analyse.........................................................................................20
3.1.5 Erläuterungen zur Auswertung der Analyse......................................................23
4. Quantitative Analyse........................................................................................................24
4.1 Farbverteilung der Oberteile.....................................................................................24
4.1.1 Darstellung der Analyseergebnisse...................................................................25
4.2 Sprüche auf Oberteilen.............................................................................................31
4.3 Aufdrucke und Muster der Oberteile........................................................................34
4.3.1 Darstellung der Analyseergebnisse...................................................................34
4.3.2 Auswertung der quantitativen Analyseergebnisse.............................................37
4.3.2.1 Schönheit & Selbstbewusstsein.................................................................38
4.3.2.2 Märchen & Träume....................................................................................41
4.3.2.3 Unschuld & Naivität..................................................................................44
4.3.2.4 Sport, Wettkampf & Teamgeist.................................................................47
4.3.2.5 Liebe, Partnerschaft & Freundschaft.........................................................50
4.3.2.6 Natur..........................................................................................................52
5. Zusammenfassung der Analyseergebnisse und Desiderata.............................................58
Literatur- und Quellenverzeichnis.......................................................................................65
Anhang.................................................................................................................................72
Eigenständigkeitserklärung..................................................................................................90
2
I. Vorbemerkung
Mit der bevorstehenden Geburt meines ersten Kindes 2016 konnte ich keinen Bogen mehr
um die Kinderabteilung im Kaufhaus machen. Es ist wenig überraschend, wie sehr ich als
Konsumentin zu einer Entscheidung zwischen Rosa und Hellblau gedrängt werde. Ent-
scheide ich mich „falsch“ oder für eines der wenigen Teile, die nicht in schubladenartige
Denkmuster passen, werde ich ständig gefragt: „Junge oder Mädchen?“ Auch als ich
mich letztendlich entschied, die Kinderkleidung, soweit ich es schaffe, selbst zu nähen,
musste ich im Stoffladen der bitteren Realität ins Auge sehen: „Was möchtest du denn
nähen? Hast du einen Sohn oder eine Tochter?“ – Schnell wuchs in mir der Wunsch, die-
sem Szenario wissenschaftlich auf den Grund zu gehen.
Entgegen der kulturellen und sozialen Hervorbringung von Geschlecht* als eine „natürli-
che“ und unumstößliche Gegebenheit, verstehe ich Geschlecht* aus konstruktivistischer
Sicht als historisch gewachsene und verfestigte soziale Kategorie. Ich möchte mich hier
außerdem kritisch zu Zweigenderung positionieren und diese grundsätzlich in Frage stel-
len. Dennoch halte ich es für unumgänglich im Folgenden darzulegen, dass Geschlecht* in
dieser Arbeit binär diskutiert wird. Ich halte dieses Vorgehen, entgegen meiner eigenen
Überzeugung, für diese Arbeit für berechtigt, da ich so die Inhalte meiner Datenanalyse
korrekt wiedergeben und weiterdenken kann. Um Zweigenderung zu analysieren, werde
ich ich sie also teilwseise re_produzieren. Um nichtsdestoweniger auf den machtvollen
Konstruktionscharakter von essentialisierenden und Differenzen hervorbringenden
Momenten aufmerksam zu machen, versehe ich diese Konstruktionen mit einem Sternchen
(*).
Weiterhin möchte ich darauf aufmerksam machen, dass, wenn ich im Laufe dieser Arbeit
von Tags1 spreche, ich Stichwörter meine, die ich den Bildern meines Samples hinzugefügt
habe. Im gesamten Verlauf habe ich die Tags zur besseren Lesbarkeit kursiviert (z.B. Blau,
Rosa, Prinzessin).
Zuletzt soll bereits an dieser Stelle erwähnt sein, dass ich in der vorliegenden Arbeit viele
Abbildungen und Tabellen zur verständlicheren Ansicht farblich markiert bzw. hinterlegt
habe. In vielen Fällen handelt es sich dabei um die binäre Verteilung von Sachverhalten
auf zwei Geschlechter, die ich oftmals Rosa und Hellblau dargestellt habe. Mit dieser
Farbwahl soll meine These zum einen bekräftigt, zum anderen die Absurdität dessen
1 „to tag“ – engl.: „etw. markieren“
3
anschaulich gemacht werden. Die Farbwahl will damit vorhandene Stereotype nicht unbe-
dacht re_produzieren sondern vielmehr ihre Irrwitzigkeit, Beharrlichkeit und Beständig-
keit in der hiesigen Warenindustrie widerspiegeln.
4
1. Einleitung
„Kleidung und Mode sind symbolische und kulturelle Bedeutungsträger und
dienen als normierende und ästhetische Ausdrucksmittel. Sie konstituieren
persönliche Identität und kommunizieren gesellschaftliche Zugehörigkeit.“
(Holenstein u. a. 2010: 7)
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Vergeschlechtlichung von Kinderbekleidung
und den daraus resultierenden Einschreibungen für die Träger*innen und Konsumierenden
(in den meisten Fällen wohl Eltern). Durch eine explorative empirische Analyse sowie
eine kontextuelle und historische Verortung soll quantitativ wie qualitativ gezeigt werden,
welche stereotypen Rollenmuster durch die Oberteile transportiert werden und auf welche
Art und Weise diese wirken. Ich möchte allem voran danach fragen, wie Kinderkleidung
frühkindliche Differenzkategorisierung re_produziert. Mit welchen Mitteln, Bildern und
Inhalten werden stereotype Vorstellungen von Weiblichkeit und Männlichkeit vermittelt?
Meine Hypothese ist, dass Kinderkleidung stark vergeschlechtlicht ist. Darüber hinaus
prognostiziere ich, dass die Vergeschlechtlichung von Mädchen*kleidung insofern stärker
ist, als dass Mädchen* durchaus maskulinisierte Farben, Muster und Motive tragen ‚dür-
fen‘, Jungen* in feminisierter Kleidung aber verpönt werden.
Kleidung spielt innerhalb einer Gesellschaft eine maßgebliche Rolle – sie hat einen „Sym-
bolwert“ (]a[ akademie der bildenden künste wien 2005). Abgesehen davon, dass wir uns
mit Kleidung den klimatischen Bedingungen und soziokulturellen Kontexten anpassen
können, fungiert sie fortwährend auch als Medium und Demonstrationsform eigener
Lebensumstände und -auffassungen. „Modische Inszenierungen von Identität sind immer
auch Inszenierungen von Geschlecht*, da Geschlechtsidentität in den meisten Kulturen ein
integrales Element von Identitätskonzepten darstellt.“ (Lehnert 2013: 37) Kleidung erhält
also einen sozialen, kulturellen und individualisierenden Aspekt, besitzt einen hohen iden-
tifikationsstiftenden Charakter und drückt (soziale) Gruppenzugehörigkeit aus (vgl. ebd.).
„Die Wirkung oder Wahrnehmung von Geschlechtsidentitäten stellt sich als ein
komplizierter Attributationsprozess von Codierungen und Decodierungen dar,
in dem Kleidung insofern eine wesentliche Rolle spielt, als dass sie diesen
5
Prozess durch ihre symbolische Zuschreibungsqualität unterstützt.“ (Scheiper
2008: 112)
Sie kann demnach als „[…] zentrales Medium der kulturellen Geschlechterkonstruktion
verstanden [werden].“ (Gaugele 2002: 11) Auch Kinder lernen schon in jungen Jahren, wie
sie soziale und materielle Kennzeichnungen deuten können, um in der Lage zu sein, ihre
eigene (geschlechtliche) Identität sowie ihre soziale Umwelt einzuordnen (vgl. Martin und
Ruble 2004). Schon früh lernen Kinder, dass bestimmte Merkmale von Kleidung (Farben,
Schnitte, Aufdrucke) eher von Mädchen* bzw. Jungen* getragen werden und lernen, dass
es überhaupt geschlechtliche Unterschiede geben soll. Mit diesem Wissen setzen sie sich
in Relation zu sich selbst und zu anderen (vgl. Halim u. a. 2014).
Annähernd jede (politische) Ära seit dem Mittelalter brachte neue Modetrends und Stan-
dards hervor, die die sozialen und kulturellen Verhältnisse der Zeit widerspiegelten. Damit
geht einher, dass Kleidung lange Zeit auch ein äußerliches Zeichen einer gesellschaftlichen
Position bzw. einer Stellung in der hierarchischen sozialen Ordnung war (vgl. Weber-Kel-
lermann 1985) und zu einem gewissen Grad bis heute ist. Noch in der Frühen Neuzeit dik-
tierten Kleidervorschriften, welcher soziale Stand welche Kleidung tragen durfte. Nicht
jeder sozialen Gruppe etwa war es erlaubt, alle Stoffe, Schnitte und Farben zu tragen (vgl.
Lehnert 2013: 39). Kleidervorschriften schreiben nicht nur vor, welche Kleidung nicht
getragen werden darf, sondern auch, welche Kleider es zu tragen gilt. Mit solchen Kon-
ventionen werden immer auch (soziale) Verpflichtungen und Erwartungen erschaffen.
Ähnliche Bedingungen gelten für konstruierte Differenzkategorien. Durch diverse Attri-
bute können Kategorien wie Geschlecht*, Klasse oder race performativ vollzogen und
zugleich identitätsstiftend inszeniert werden. Wie verzahnt sind nun die verschiedenen
Aspekte von Kleidung und Differenzkategorien wie wirken sich diese Facetten auf die
soziale Ordnung aus? Wie repräsentiert Kleidung soziale Ungleichheiten wie Geschlecht*,
Klasse und Alter?
Die vorliegende Arbeit strukturiert sich im ersten Teil (Kapitel 2) durch einen vorbereiten-
den Abschnitt zum Forschungsstand, in dem ich näher auf diejenigen Fachdisziplinen und
fachspezifischen Errungenschaften eingehe, die mich für diese Arbeit inspiriert und ange-
leitet haben. Sie alle sind mit der Kernthematik dieser Arbeit verwoben und unabdingbar
für die Diskussion der aufgestellten Hypothesen. Im dritten Kapitel erläutere ich mein For-
schungsdesign und die zugrundeliegende Methodologie. Darin integriert sich die Methode
der Datengenerierung sowie die Darstellungen rund um die Erstellung und Auswertung
6
des Datenpools samt Analyse. Kapitel 4 befasst sich mit der quantitativen sowie qualitati-
ven Analyse. Die Unterteilung in verschiedene Auswertungsschritte soll die Nachvollzieh-
barkeit erleichtern und Sinnzusammenhänge erfassen. Das letzte Kapitel zeigt Desiderata
auf, liefert Ausblicke und beinhaltet ein abschließendes Fazit.
7
2. Forschungsstand
Um meine Arbeit im Diskurs zu verorten sowie der Komplexität und Multidimensionalität
des Themas gerecht zu werden, möchte ich im folgenden Abschnitt auf den Forschungs-
stand eingehen, der mein Wissen maßgeblich beeinflusst und einbettet.
Kleidung soll in dieser Arbeit nicht nur als Mittel zum Zwecke der Erforschung der
Geschlechterverhältnisse dienen. Denn wie bereits in der Einleitung erwähnt, muss ein
Schwerpunkt in dieser Arbeit auf Kleidung als materielle Objekte liegen und somit selbst
als Forschungsgegenstand betrachtet werden. Die interdisziplinäre Kleidungsforschung
legt einen starken Fokus auf die Untersuchung der „[…] Beziehung [von] Körper,
Geschlecht und Kleidung [...]“ (Mentges 2010: 16). Deswegen werde ich im folgenden
Abschnitt auf unterschiedliche wissenschaftliche Disziplinen und ihre starken Einflüsse
auf die Kleidungsforschung eingehen. Die Unterabschnitte dieses Kapitels stellen somit
einzelne Perspektiven dar und ihre Reihenfolge soll nicht als Hierarchisierung gelesen
werden.
Das wohl größte Feld meiner Fachzugänge offenbart die Soziologie mit ihren diversen
Fachbereichen. Wenn auch eher als Randphänomen, wird Kleidung in der Soziologie
schon länger als soziale Erscheinung wahrgenommen. So erkennt etwa schon Émile Durk-
heim ([1895] 1991) den gesellschaftlichen Zwang und die Konventionen, die Kleiderord-
nungen in der Gesellschaft re_produzieren. Im Anschluss an Max Weber ([1922] 1985),
der Kleidung als Teil einer Unterscheidung zwischen Klassen- und ständischer Lage
betrachtet, kommt auch Pierre Bourdieu zu dem Schluss, dass Kleidung als Merkmal sozi-
aler Klassen interpretiert werden muss ([1972] 1979). Weitaus intensiver ist die Betrach-
tung von Kleidung in der Forschung der Modegeschichte bzw. Kulturgeschichte der Klei-
dung oder auch Kostümgeschichte. Jene Forschungsfelder untersuchen Kleidung,
Schminke, Schmuck, etc. in ihrer sozialen und historischen Verflechtung (vgl. Cumming
2004). Die Ausführungen der einzelnen Epochen sind stark an die epochale Einteilung der
Kunstgeschichte angelehnt und stets mit dem Erklärungsinteresse nach gesellschaftlichem
Wandel verschmolzen. Ingeborg Weber-Kellermann (1985) beispielsweise erforscht
„Zweihundert Jahre deutsche Kindermoden in ihrer sozialen Zeichensetzung“ und kommt
zu dem Standpunkt, dass auch Kinderkleidung als Teilgebiet in ein großes Geflecht von
sozialen und kulturellen Beziehungen sowie Macht, Magie und Religion eingebunden ist
(vgl. ebd.: 15). Zusammenfassend lässt sich also festhalten, dass die Kostümgeschichte
8
sich maßgeblich mit einer historischen, (gesellschaftlichen) Entwicklung beschäftigt, die
über den Auf- oder Abtritt bestimmter Kleidungsstücke und -stile thematisiert wird.
Einen für mich fruchtbaren und modernen Zugang bietet die interdisziplinäre Kleidungs-
forschung. Sie ist kulturwissenschaftlich-anthropologisch ausgerichtet und erforscht Klei-
dung als „[…] ein dreidimensionales Objekt, das eine vielschichtige Materialität besitzt
und in enger Beziehung zum menschlichen Körper, seiner Geschichte und zur Umwelt
steht.“ (Mentges 2010: 36) Es kann also davon ausgegangen werden, dass eine Kleidungs-
kultur als Spiegel soziokultureller Praxen fungiert und damit Identitäten, Alteritäten und
Differenzen abbildet (vgl. ebd.). Meines Erachtens verschiebt sich (im Gegensatz zur Kos-
tümgeschichte) der Analyserahmen situativ dahingehend, dass Kleidung primär zu sozia-
len Phänomenen ins Verhältnis gesetzt wird. Der Ausgangspunkt der Forschung ist ein
anderer: Die Kleidung wird durch das Kleiden, als performative Handlung, in den Schatten
gestellt. Die Forschung orientiert sich damit mehr am Subjekt (Träger*in) und an der
Handlung (Sich-Kleiden) als am Objekt (Kleidung) an sich.
Ebenfalls ein wichtiges und für mich nutzbares Forschungsfeld stellt die Farbsymbolik
bzw. Farbpsychologie dar. Maßgeblich werde ich die Publikationen der Sozialwissen-
schaftlerin Eva Heller heranziehen, die als Expertin für Farb-Wirkung gilt. In ihrem Buch
„Wie Farben wirken“ (Heller 2004) beschreibt sie detailliert die Verknüpfungen und Hin-
tergründe über farb-symbolische und farb-psychologische Wirkungen. Des Weiteren liefert
Heller Abbildungen zu ihrer Umfrage, bei der sie 1888 Frauen* und Männer* nach Farben
von Eigenschaften und Gefühlen befragte. Dieses Feld lässt erahnen, wie uns die binäre
Aufteilung der geschlechtlich markierten Farbfelder (rosa hellblau) beeinflusst. Die
Farbpsychologie geht davon aus, dass mit jeder Farbe diverse Erfahrungen verknüpft sind,
die kontextuell in Erinnerung gerufen werden, wenn wir eine Farbe wahrnehmen. Heller
unterscheidet hierbei zwischen verschiedenen Wirkungen2 (vgl. ebd.: 13-15). Auf die
Farbtheorie Hellers nehme ich in Kapitel 4.1.
Ein starker Fokus dieser Arbeit liegt auf Theorien der Frauen- und Geschlechterforschung.
Wichtige Bestandteile stellen für mich Theorien zur sozialen Konstruktion von Differenz-
kategorien, Interdisziplinarität sowie die Männlichkeitsforschung dar.
2 Psychologische Wirkungen – hervorgerufen durch verinnerlichte Erfahrungen
Symbolische Wirkungen – hervorgerufen durch (historisch) überlieferte Erfahrungen und Erinnerungen
Kulturelle Wirkungen – hervorgerufen und entstanden durch kulturelle und nationale Prägungen
Politische Wirkungen – hervorgerufen durch Assoziationen von Macht und Staat
Traditionelle Wirkungen – hervorgerufen durch historische Hintergründe
Kreativen Wirkungen – hervorgerufen durch kreative, neue Farbgestaltung
9
Simone de Beauvoir, Judith Butler und Carol Hagemann-White verstehe ich als wichtige
Vertreter*innen des sozialen Konstruktivismus und hebe sie aus diesem Grund an dieser
Stelle hervor.
Die Abkehr von der Vorstellung von Geschlecht* als etwas „natürlichem“ und hin zu der
Annahme, dass Geschlecht* als soziale Kategorie zu betrachten sei, bildet die neue Grund-
annahme vieler westlicher Feminist*innen. Im Laufe des 20. Jahrhunderts kann Simone de
Beauvoirs ([1949] 2011) philosophisch historische Position in „Das andere Geschlecht.
Sitte und Sexus der Frau“ als Meilenstein der zweiten Frauenbewegung angesehen werden
Es wurde
„[…] weltweit rezipiert zu einem der politisch wirksamsten Schlüsseltexte der
zweiten Frauenbewegung und zu einem theoretisch einflussreichen Hauptwerk
der feministischen Theorie […]“ (Konnertz 2005: 26).
In ihrer kulturgeschichtlich soziologischen Analyse stellt Beauvoir die komplexe Lage
„der“ Frau* dar und konzipiert in existentialistischer Tradition die Frau* in Abhängigkeit
zum Mann*.
Als weiteres essentiell einflussreiches Werk für die Geschlechterforschung sowie der
Queer Theory sei Judith Butlers „Gender Trouble“ ([1990] 2016) angeführt. Während
Beauvoir Geschlecht* als historische, gewordene Kategorie betrachtet, erläutert Butler
ihre Überlegungen mit wiederholender Performanz. Basierend auf der Konstruktion von
Gegensätzen werden, so Butler, Prinzipien der Zweigeschlechtlichkeit durch vorgegebene
Strukturen etwa der Namensvergabe als performative Akte stetig wiederholt. Im
Anschluss an John Searles linguistische Interaktionsforschung und Michel Foucaults The-
orien zu gesellschaftlichen Machtbeziehungen, stellt Butler den Versuch an, Konzepte des
biologischen und sozialen Geschlechts analytisch voneinander zu trennen und diese nor-
mative Verbundenheit zu durchbrechen.
Die Geschlechterforschung sowie die feministischen Theorien haben also mit dem Gedan-
ken Einzug in die Sozialwissenschaften gehalten, dass die Differenzen zwischen den
Geschlechtern nicht auf biologische Ursachen, sondern auf soziokulturelle Konstruktionen
zurückzuführen sind. Carol Hagemann-White3 etwa klassifiziert Geschlecht* als „[…] fun-
damentales Ordnungssystem für die Individuen in der Welt [...]“ (Hagemann-White 1988:
3 Hagemann-Whites „Sozialisation: Weiblich – Männlich?“ (1984) ist neben Beauvoirs und Butlers Wer-
ken als wichtig zu betrachten, da es vor allem neue Perspektiven im Zuge der Debatten um Gleichheits-
und Differenzfeminismus hervorbrachte.
10
35).4 Sie geht davon aus, dass schon Kleinkinder in einem frühen Alter mit diesem Ord-
nungsprinzip konfrontiert werden, welches sie selbst in Relation zu anderen setzt. Über
das Erlernen der (kulturellen) Symbole und Zeichen der Geschlechtsidentität stellt sich ein
Gefühl der Gruppenzugehörigkeit ein (vgl. ebd.: 36f.).
Eine weiterer zentzraler Fokus meiner Arbeit liegt auf den Wechselwirkungen zwischen
Geschlecht* und anderen sozialen Ungleichheiten. Seit etwa der zweiten Frauenbewegung
steht die enge Verwobenheit soziokultureller Konstruktionen im Blickpunkt. Sie zeigt an,
dass verschiedene Diskriminierungsformen sich gegenseitig verstärken, abschwächen oder
verändern können. Es soll also dargestellt werden, dass es keine Hierarchisierung (additive
Perspektive) zwischen den soziokulturell konstrukierten Differenzkategorien gibt, sondern
eine Vergleichsperspektive gegeben sein muss (vgl. Degele 2008: 142). Die Ursprünge
dieses Schemas liegen im Schwarzen Feminismus (vgl. etwa combahee river collective
1992). Den dafür heute gängigen Fachbegriff Intersektionalität benutzte die Rechtswissen-
schaftlerin Kimberlé Crenshaw ([1989] 1991) erstmals Ende der 1980er Jahre. Sie übt
damit umfassende Kritik an der US-amerikanischen Antidiskriminierungsrechtsprechung
und verdeutlicht damit die Mechanismen, die zu einer inadäquaten Anerkennung von Dis-
kriminierung Schwarzer Frauen* führen, anhand von drei Entscheidungen des höchsten
Gerichts. Crenshaw klagt an, dass entweder Schwarzen Männern* oder weißen5 Frauen*
die Einstellungspolitik amerikanischer Firmen dienlich seien. Schwarze Frauen*, bei
denen sich die Achsen der Diskriminierung kreuzen (race und Geschlecht*) hätten keine
Perspektive sich arbeitsrechtlich einzuklagen. Laut Crenshaw besteht das Problem darin,
dass das begrenzte Antidiskriminierungsrecht im Rahmen der „single axis“ Exklusion
re_produziert (vgl. ebd.: 64f.): Spezielle Diskriminierungserfahrungen marginalisieren
Schwarze Frauen*.6
Als ein weiterer Meilenstein der Geschlecht*erforschung kann die Männlichkeitsfor-
schung betrachtet werden, die seit den 1990er Jahren Einzug in die Debatten der deutsch-
4 Hagemann-White plädiert mit der „Nullhypothese“, dass es keine essentielle natürliche Zweigeschlecht-
lichkeit gebe, sondern nur diverse Geschlechtskonstruktionen, die kulturell divergieren.
5 Die Schreibung von weiß in kursiver Schrift soll anzeigen, dass ich Weißsein als sozial konstruiert und
nicht als biologische Kategorie verstehe. Vgl. weiterführend das Kapitel zu Critical Whiteness in Wal-
genbach (2005) und dem Glossareintrag weiß in Hornscheidt (2012: 367)
6 Crenshaw spricht bei diesem Phänomen (Gleichheits-Differenz-Paradox) von einem privilegierten Blick
auf Diskriminierung: Das Paradigma des Antidiskriminierungsgesetzes gegen Diskriminierung aufgrund
des Geschlechts stützt sich auf die Erfahrungen weißer Frauen*; jenes gegen Diskriminierung aufgrund
von race stützt sich auf die Positionierung privilegierter Schwarzer Männer* (vgl. Crenshaw 1991: 65).
11
sprachigen Forschung hält. Jener Forschungsbereich fragt konkret danach, wie Männlich-
keit(en) konstruiert werden. Einen grundlegenden Ansatz der Männlichkeitsforschung
stellt Raewyn Connells Theorie der hegemonialen Männlichkeit dar: „Hegemoniale Männ-
lichkeit […] ist jene Form von Männlichkeit, die in einer gegebenen Struktur des
Geschlechterverhältnisses die bestimmende Position einnimmt, eine Position allerdings,
die jederzeit in Frage gestellt werden kann.“ (Connell [1999] 2006: 97) In diesem Ansatz
also wird Männlichkeit verbunden mit a) Pluralität und Variabilität und b) mit einem Kon-
zept von Macht und Herrschaft. Bezüglich diverser gesellschaftlicher Transformationspro-
zesse allerdings fragt Michael Meuser danach, ob es sich bei dem Konzept von hegemoni-
aler Männlichkeit nicht etwa um ein „Auslaufmodell“ handele (Meuser 2010: 415). Eben-
falls mit Konstruktionen von Männlichkeiten befasst sich Pierre Bourdieus „männliche
Herrschaft“ (Bourdieu [1998] 2013). Dieses Konzept behandelt die Untersuchung der
symbolischen und sozialen Verhältnisse der Geschlechter. Auf der Prämisse einer patri-
archalen Gesellschaftsstruktur sind Parallelen der Konzepte Bourdieus und Connells
erkennbar: Beide gehen davon aus, dass Weiblichkeit* und Männlichkeit* gemäß kon-
struktivistischer Denkweisen nicht natürlich vorhanden, sondern als Konzepte tief in sozi-
alen Praxen verwurzelt sind. Ferner gehen beide davon aus, dass es kulturell und klassen-
bezogen diverse Ausprägungsformen von Männlichkeit gibt.
Vertreten durch Martina Löw möchte ich als weitere soziologische Teildisziplin auf einen
Ansatz in der Raumsoziologie Bezug nehmen, die sich mit gesellschaftlicher „Raumbezo-
genheit“ beschäftigt. Grundsätzlich geht die Raumsoziologie davon aus, dass Raum durch
soziales Handeln entsteht und in Wechselwirkung dazu unser Handeln durch die räumliche
Struktur bestimmt wird. Die Grundannahme, die den Überlegungen Löws vorausgeht ist,
dass sich die Erfahrungen und die Wahrnehmung des Raumes von Menschen im 20. Jahr-
hundert verändert hat. Bei der Genese ihres Raumbegriffs zeigt Löw, dass sie Raum als
eine soziale, prozesshafte Erscheinung versteht. D<urch symbolische Aufwendungen wie
etwa Wahrnehmung, Erinnerung und Vorstellung sowie materielle Aufwendungen, etwa
der Verteilung von Personen und Gegenständen an einem Ort, wird Raum konstituiert (vgl.
Löw [2001] 2012). In der Analyse der Forschungsergebnisse nehme ich auf Raumkonzepte
Bezug, die sich auf Kinderkleidung illustrieren lassen.
Die Angewandten Kindheitswissenschaften sollen ebenfalls als theoretischer Rahmen und
Zugang meiner Arbeit fungieren. Es handelt sich dabei um eine noch relativ junge trans-
disziplinäre Wissenschaftsdisziplin, die ihre Auffassung von Kindheit aus soziologischer
Sicht in den Mittelpunkt stellt (vgl. Luber und Hungerland 2008). Kindheit wird, wie auch
12
Geschlecht*, als soziokulturell geformt betrachtet und nicht als natürliche Gegebenheit.
Kindheit wird aus einem intersektionalen Diskriminierungsverständnis heraus betrachtet.
Im Mittelpunkt des allgemeinen Forschungsinteresses stehen dementsprechend Kinder als
soziale Gruppe, die in einem gesellschaftlichen Ordnungsprinzip leben, das von sozial
konstruierten Differenzen einer generationalen Ordnung durchzogen ist (vgl. Bühler-
Niederberger und Mierdendorff 2009: 450).
Kindheit wird verstanden als „[…] [sozialer] Lebens-zeit-raum […], der unter bestimmten
rechtlichen, institutionellen, ökonomischen, kulturellen, räumlichen und zeitlichen Bedin-
gungen steht.“ (Luber und Hungerland 2008: 9, Hervorh. i.O.). Kindheit als soziales Kon-
strukt zu begreifen, meint auch, essentialisierende Vorstellungen davon ‚wie Kinder sind‘
abzulegen und ein Kind nicht als Menschen zu verstehen, der jenseits von sozialen und
gesellschaftlichen Normen lebt.7
In Anbetracht dessen stellt für die Angewandten Kindheitswissenschaften die Teilhabe von
und Mitgestaltung der Gesellschaft durch Kinder eine der obersten Maxime dar. Unum-
gänglich ist hierbei, dass Kinder selbst als Akteur*innen verstanden und von ihrer Umwelt
ernst genommen und gehört werden. Die generationale Ordnung, die Kinder systematisch
hierarchisch abwertet und unterordnet, baut Abhängigkeits- und Dominanzverhältnisse auf
und normalisiert die Zentrierung von Erwachsenen. Die Angewandten Kindheitswissen-
schaften möchten Kinder nicht länger als passive Objekte, sondern als gleichberechtigte
Subjekte sehen:
„Kinder als Akteure einzubeziehen erfordert die Neuentwicklung einer Reihe
von Maßnahmen und Veränderungen bestehender Strukturen. Es bedeutet
auch, bereits existierende, aber erst wenig umgesetzte Konzepte, welche die
Stärkung der Kinder vorsehen, zu kennen und zu realisieren. […] Denn Kinder
leben nicht nur in den für sie geschaffenen Institutionen, sie bevölkern die
gesamte Welt wieso sollten sie sich dort also nicht einbringen können?“
(Luber und Hungerland 2008: 11)
Zusammenführend mit meinen Forschungsergebnissen sollen die Angewandten Kindheits-
wissenschaften Aufschluss darüber geben, welche Normierungen und Normalisierungen
kindliche Lebenswelten durch Gender-Marketing erfahren und wie diese genau aussehen
können.
7 Zu weiterführenden Überlegungen zur Konstruktion von Kindheit und dem Analysebegriff „Adultismus“
vgl. Maya Dolderer (2010) „Man wird nicht als Kind geboren, man wird zum Kind gemacht.“
13
Den letzten Teil dieses Kapitels möchte ich der betriebswirtschaftlichen Disziplin Gender-
Marketing widmen. Es handelt sich hierbei um eine Disziplin, die ich kritisch betrachte
und der ich mich daher explizit nicht anschließe. Als knapper Einstieg erscheint es mir
hilfreich, zunächst zu erörtern, was unter Marketing und den dazugehörigen Marketing-
wissenschaften zu verstehen ist: „In der modernen Marketingwissenschaft wird das Mar-
keting als Managementphilosophie verstanden, mit der die Koordination und Ausrichtung
aller unternehmerischen Aktivitäten auf die Identifikation und Befriedigung [der] Kon-
sumentenbedürfnisse und -wünsche angestrebt wird.“ (Bode und Hansen 2005: 41)
Die Managerin Eva Kreienkamp bringt in ihrem Buch die Begriffsdefinition wie folgt auf
den Punkt: „Gender-Marketing ist die Verbindung zwischen einem aufgebrochenen
Geschlechterbild mit den daraus resultierenden Chancen und Herausforderungen marktsei-
tig und dem Dialog mit den Kunden und Kundinnen sowie den Mitarbeitern und Mitarbei-
terinnen unternehmensseitig. Diese Verknüpfung ermöglicht die Entwicklung, die Produk-
tion und den Vertrieb von geschlechtersensiblen Produkten und Dienstleistungen.“ (Krei-
enkamp 2007: 15)
Diese Definition sowie die Praxis von Gender-Marketing im Allgemeinen kritisiere ich
aufs Schärfste: Gender-Marketing verfolgt einen ähnlichen Ansatz wie der des Gender-
Mainstreaming und geht damit von unterschiedlichen Lebensentwürfen von Männern* und
Frauen*, Jungen* und Mädchen* aus. Ich sehe also absolut kein „aufgebrochenes
Geschlechterbild“. Von meinem Standpunkt aus müsste Geschlecht* eher als Wirtschafts-
faktor bezeichnet werden. Ferner lässt die Definition Kreienkamps komplett außer Acht,
dass es sich um eine rein marktwissenschaftliche Strategie handelt, die Verkaufszahlen
durch Bewerbung und Verkauf zu verdoppeln. Almut Schnerring und Sascha Verlan gehen
in ihrem populärwissenschaftlichen Buch u.a. dem Gender-Marketing von Spielzeug auf
den Grund (vgl. Schnerring und Verlan 2014: 73-94).
Sie kommen zu der Einsicht, dass die Vermarktung nach Geschlecht* Firmen „steinreich“
(ebd.: 81) macht. Verfechter*innen eines binären Marketing von Rosa und Hellblau argu-
mentieren biologistisch und appellieren an die Grundbedürfnisse von Mädchen* und Jun-
gen* und damit auch an das schlechte Gewissen der Eltern, denn niemand möchte den
eigenen Kindern etwas so grundlegend Wichtiges vorenthalten (vgl. ebd. 75f.). Das fatale
dabei ist, dass Kinder sich von der geschlechtsspezifischen Klassifizierung beeinflussen
lassen, die wir als Eltern ihnen geben: So etwa berichten Schnerring und Verlan von durch-
geführten Studien mit Vorschulkindern von Cordelia Fine, die nachweisen konnte, dass
Kinder „[…] sehr viel länger mit einem genderneutralen Spielzeug spielen, einem Ball
14
oder einem Xylophon zum Beispiel, wenn ihnen zuvor jemand gesagt hat, es sei ein Spiel-
zeug, das für das eigene Geschlecht gedacht ist.“ (Schnerring und Verlan 2014: 87)
Daraus ist klar zu schlussfolgern, dass auf entscheidende Weise eine identifikationsstif-
tende Gruppenzugehörigkeit geschaffen wird.8
Da Gender-Marketing (derzeit) den Großteil der Kleidungsherstellung rechtfertigt und
legitimiert, gehe ich an verschiedenen Stellen kritisch darauf ein.
8 Siehe weiterführend siehe Christine Thon (2015) „Neue Weiblichkeitskonstruktionen im Kinderzimmer?
Geschlechterordnungen im Spiegel von Mädchenspielzeug“.
15
3. Forschungsdesign und Methodologie
In diesem Kapitel werde ich zunächst erläutern, wie ich die Daten für meinen Datenpool
ausgewählt und erhoben habe und auf welchen Prämissen dies beruht. In einem weiteren
Schritt werde ich kurz anreißen, wie sich meine Datengrundlage zusammensetzt und wel-
che Methoden ich für die Analyse genutzt habe bzw. welche notwendigen Bedingungen für
eine solche Analyse erfüllt sein müssen.
Grundsätzlich möchte ich in meiner Arbeit methodisch mit der content analysis (Inhalts-
analyse) arbeiten, die ein Cluster der empirischen Sozialforschung darstellt (vgl. Diek-
mann 2014). Die Grundlagen der heutigen Inhaltsanalysen kommen aus den USA. Es
wurde ein quantitatives Verfahren entwickelt, dass für die Analyse großer Textmengen
geeignet war. Es handelt sich also um ein Verfahren zur Textanalyse. Ich betrachte die
Inhalte, die mit den Kinderoberteilen aus meinem Datenpool transportiert werden, grund-
sätzlich als Bestand_Teil von Kommunikation und rechtfertige mit dieser Textualität mei-
nen Gebrauch der Inhaltsanalyse anstelle visueller Methoden. Maßgeblich stützt sich mein
Methodengerüst auf die Überlegungen Philipp Mayrings zur qualitativen Inhaltsanalyse
(vgl. Mayring 2000). Mayring definiert die Inhaltsanalyse damit, dass Inhalte theoriegelei-
tet und nachvollziehbar unter einer bestimmten Fragestellung betrachtet werden. Dazu soll
ein am Material entwickeltes Kategoriensystem dienen (vgl. Mayring 2002: 114). Als
interpretative Hilfe erscheint es mir zudem sinnvoll, die Hermeneutik als Methodik zu
beachten. Das hermeneutische Prinzip des ganzheitlichen Sinnverstehens und Interpretie-
rens ist meines Erachtens in der Geschlechterforschung von großem Nutzen (vgl. Mikula
und Felbinger 2004). Mit dem sozialwissenschaftlichen Ansatz der objektiven Hermeneu-
tik nach Ulrich Oevermann ist eine Interpretation von Texten gemeint (vgl. Oevermann
1981). Die Texte bilden hierbei die Datengrundlage, welche wiederum als „Protokolle der
Wirklichkeit“ (Wernet 2000: 12) fungieren. Die objektive Hermeneutik hat eine metho-
disch kontrollierte Sinnerfassung zum Ziel, die durch das Verstehen der Textstruktur Aus-
sagen über „die Wirklichkeit“, bzw. über Ausschnitte der sozialen Wirklichkeit treffen las-
sen.
Meine inhaltlich strukturierende Inhaltsanalyse gliedert sich nach der Erstellung der
Datengrundlage in drei Schritten: Zunächst möchte ich die Inhalte der Daten identifizieren.
Das heißt, die content analysis soll dafür dienen, die Inhalte der Kinderoberteile aufzusch-
16
lüsseln und zu extrahieren. Anschließend möchte ich diese konzeptualisieren, um im letz-
ten Schritt eine Beschreibung und Auswertung des Materials vorzunehmen.
Trotz vieler Versuche qualitative und quantitative Methoden konzeptuell voneinander
abzugrenzen, spricht vieles gegen eine solch binäre Auffassung der Methoden. Mayring
(2001) plädiert daher für eine Zusammenführung beider Analysemethoden. Für mich stellt
dies vor allem auf Datenebene eine gute Möglichkeit dar, meine Ergebnisse und Interpre-
tationen zu vereinen. Darüber hinaus lässt diese Triangulation aus quantitativen und quali-
tativen Methoden verschiedene Perspektiven auf meine Daten zu. Dieses Patchworks an
Methoden bediene ich mich in der vorliegenden Arbeit dahingehend, dass weder konzeptu-
ell noch gedanklich schematisch nach quantitativer und qualitativer Analyse zu trennen ist,
sondern Rückgriffe und Querverweise eine sinnvolle Auswertung der empirischen Analyse
gestalten.
3.1 Methode der Datengenerierung
3.1.1 Auswahl der Oberteile
Den Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit bilden Oberteile (T-Shirts und Pullover) für
Kinder aus verschiedenen Onlineshops. Allen Onlineshops ist gemeinsam, dass sie ihre
Produktpalette nach Geschlecht (Mädchen* und Jungen*) aufteilen. Die Auswahl der
Onlineshops erfolgte stichprobenartig. Bis auf ein Unternehmen sind alle Shops in der
Textileinzelhandelsbranche stark vertreten und haben relativ hohe Marktanteile. Es handelt
sich bei allen Unternehmen um solche, die vor allem Eigenmarken verkaufen. Insgesamt
habe ich Oberteile aus 10 verschiedenen Onlineshops untersucht. Diese lassen sich in drei
Preissegmente – untere, mittlere und obere – unterteilen. Bestimmt habe ich die Preisseg-
mente nach den jeweiligen Verkaufspreisen der aufgeführten Produkte. Zur Bestimmung
dessen habe ich in jedem Onlineshope jeweils nach dem günstigsten sowie nach dem teu-
ersten Oberteil gesucht. So lag die Spanne zwischen dem günstigsten und dem teuersten
Oberteil im unteren Preissegment zwischen 0,99-12,99€, im mittleren Preissegment zwi-
schen 2,99-29,95€ und im oberen Preissegment zwischen 12,95-84,95€. Die Unterteilung
ist insbesondere für mein Forschungsinteresse an der Differenzkategorie class von Bedeu-
tung.9
9 In der vorliegenden Arbeit wird ein stark reduzierter und vereinfachter Klassenbegriff in Anlehnung an
Pierre Bourdieu ([1979] 2013) verwendet. Bourdieu skizziert vier wesentliche Kapitalformen, die die
17
Im unteren Preissegment untersuche ich die Kinderoberbekleidung der Onlineshops von
KIK, Takko, NKD und Zeeman. Alle vier Unternehmen sind in der Rangliste der „Größten
Textileinzelhändler in Deutschland 2015“ gelistet (vgl. Business 2015):
KIK (zugehörig zu Tengelmann) auf Rang 6 mit 2541 Filialen und Onlineshop
Takko auf Rang 12 mit 1105 Filialen und Onlineshop
NKD auf Rang 30 mit 1406 Filialen und Onlineshop
Zeeman auf Rang 75 mit 204 Filialen und Onlineshop
Im mittleren Preissegment finden sich vor allem die Marktführer Deutschlands:
H&M auf Rang 2 mit 440 Filialen und Onlineshop
C&A auf Rang 3 mit 479 Filialen und Onlineshop
Ernsting’s Family auf Rang 9 mit 1800 Filialen und Onlineshop
Jako-o mit Katalog und Onlineshop
Die Marke Jako-o, zugehörig zur HABA-Firmenfamilie ist zwar in der Rangliste nicht
vertreten, liegt jedoch mit Platz 40 (von 100) auf der Liste der stärksten Onlineshops
201110. Laut hauseigener Statistiken erfreut sich das Unternehmen bis heute an einer stetig
steigenden Umsatzentwicklung11. Im oberen Preissegment finden sich lediglich zwei
Unternehmen:
Tommy Hilfiger (zugehörig zu Private Textiles) auf Rang 85 mit 10 Filialen und
Onlineshop
bellybutton mit Onlineshop und bei Facheinzelhändlern
Stellung einer Person in der Gesellschaft beeinflussen: Das ökonomische, das kulturelle, das soziale und
das symbolische Kapital. Wenngleich stets das Zusammenwirken der Kapitalformen betrachtet werden
muss, fokussiere ich in dieser Arbeit das ökonomische Kapital. Unter ökonomischem Kapital verstehe
ich im Anschluss an Bourdieu und im wirtschaftlichen Verständnis Güter, die unmittelbar in Geld kon -
vertierbar sind. Vereinfacht für diese Arbeit ziehe ich nun aus der Höhe des ökonomischen Kapitals mit
Rückschlüsse auf die Stellung eines Subjekts in der (Klassen-)Gesellschaft.
10 Vgl. iBusiness 2012
11 Vgl. HABA-Firmenfamilie o. J.
18
Kostspielige Kinderbekleidung von hochpreisigen Firmen ist auf dem Markt des deutschen
Textileinzelhandels nicht sehr stark vertreten. Dennoch sollten sie in der Untersuchung
dringend Erwähnung finden, damit ein aussagekräftiger Vergleich zwischen verschiedenen
Preiskategorien und insbesondere die Analyse der Differenzkategorie class zu treffen ist.
Das deutsche Unternehmen bellybutton ist in Statistiken nicht aufgeführt. Laut Textilein-
zelhandelsverband handelt es sich bei „Umstandsmode in der Damenoberbekleidung“12
zusammen mit Babybekleidung um eine relativ kleine Nische, die daher statistisch nicht
erfasst wird.
3.1.2 Erstellung des Datenpools
Wie bereits erläutert, sollen die Kinderoberteile aus 10 Onlineshops untersucht werden.
Dazu habe ich die jeweiligen Plattformen besucht und mir die Bilder der Produktvor-
schauen aus den gängigen Rubriken „Babys“, „Kleinkinder“ und „Kinder“ für Mädchen*
und Jungen*, heruntergeladen. Die Produkte umfassen im Durchschnitt die Kleidergrößen
56 – 176, was einer ungefähren Altersspanne zwischen 0 und 15 Jahren entspricht.
Oberteile wie Oberhemden (in der Rubrik Jungen*) und Kleider/Blusen (in der Rubrik
Mädchen*), die durch die Kategorisierung an sich bereits stark vergeschlechtlicht sind,
habe ich aus dem Datenpool entfernt.
Zur Analyse stehen nun insgesamt 3860 Kinderoberteile, die ich in der Archivsoftware
Shotwell13 gesammelt habe. Von der Gesamtzahl aller Oberteile sind, nach Eigeneinteilung
der Onlineshops, 51% für Mädchen* und 49% für Jungen*., sodass die Geschlechterver-
teilung relativ ausgeglichen ist.
Die meisten zur Untersuchung stehenden Oberteile (62%) stammen aus dem mittleren
Preissegment: H&M 19,3%, C&A 17,9%, Ernsting’s Family 9,8% und Jako-o 15,5%.
Mit 25% aller Oberteile bilden die Unternehmen aus dem unteren Preissegment ein viertel
der Gesamtmenge ab: Zeeman 3,5%, NKD 2,6%, KIK 8,4% und Takko 9,9%.
Die geringste Datenanzahl ergibt sich mit 13% aus der Menge aller Oberteile des oberen
Preissegments: Tommy Hilfiger 6,8% und bellybutton 6,0%.
12 Handelsblatt o. J.
13 Linuxbasierte freie Bildverwaltungssoftware (https://wiki.gnome.org/Apps/Shotwell/ Zugriff:
11.08.2018)
19
In meiner Wahrnehmung ist die Unterrepräsentation des hochpreisigen Segments kein
Manko. Im Gegenteil spiegeln die Zahlen der ausgewählten Onlineshops reale Marktan-
teile wider und zeigen damit einen Ausschnitt aus der sozialen Wirklichkeit.
3.1.3 Vorbereitung der Analyse
Da Kleidung zur sozialen Konstruktion von Geschlecht* beiträgt, habe ich mich vor dem
Hintergrund des Forschungsstandes dazu entschlossen, die Merkmale „Farbe“, „Sprüche“
und „Motive/Abbildungen“ der Oberteile zu erfassen. Die Auswahl der Merkmale erfolgte
über eigene Forschungsinteressen und bildet bei weitem nicht die gesamte mögliche Aus-
differenzierung der Marktlage ab. Es wäre beispielsweise ebenso interessant, einen Fokus
auf Schnitte und Designs zu legen, allerdings würde dies meinen vorgegebenen Rahmen
überschreiten. Eine Beschäftigung damit wäre in der intersektionalen Kleidungsforschung
zu suchen.
Per Stichwortfunktion der Software Shotwell habe ich dazu jedes Bild getaggt. Zusätzlich
zu den bereits erwähnten Merkmalen habe ich jedem Bild den dazugehörigen Onlineshop
sowie die von diesem gewählte Geschlechtsrubrik (männlich* oder weiblich*) zugeordnet.
Für das Taggen nach sonstigen Merkmalen ist dies jedoch irrelevant, da ich diese Stich-
worte für die weitere Analyse ausblende. Auf diese Weise ist gewährleistet, dass ich nicht
durch die Vorstrukturierung der Onlineshops beeinflusst werde. Das Ziel ist hierbei also
eine möglichst unbeeinflusste Zuordnung von Eigenschaften in Kategorien vorzunehmen.
Die Auswahl der vergebenen Kategorien erfolgt induktiv unabhängig vom jeweiligen
Shop und rein durch das, was ich als Analytikerin auf dem Oberteil sehe, nach hermeneuti-
schem Prinzip.
Das Merkmal Farbe habe ich großzügig und nach Hauptfarben vergeben. Für meine Ana-
lyse spielt es also beispielsweise keine Rolle, ob das jeweilige Oberteil Hell- oder Dunkel-
blau ist. Ich habe dieses dann als „Blau“ getaggt. In der Auswertung der Analyseergebnisse
allerdings gehe ich bei sehr einschlägigen Ergebnissen zum Teil auf Schattierungen und/
oder Nuancen von Farben ein.
Sprüche und Wörter habe ich genau so aufgenommen, wie sie auf den Oberteilen vorge-
kommen sind: Als ganze Sätze, Phrasen oder Wörter. In der Auswertung der Analyse geht
es letztendlich aber darum, die Inhalte und Leitmotive zu analysieren und zu bewerten, die
mittels des Schriftzugs transportiert werden, weniger um die Wörter selbst. Daher sind
Wörter, Wortgruppen und Sätze, die auf den Kleidungsstücken auftauchen, gesondert mar-
20
kiert und werden nicht als Tags behandelt. Die Schriftzüge behandle ich inhaltlich geson-
dert in Kapitel 4.2. Darüber hinaus nehme ich in der qualitativen Analyse exemplarisch
Bezug auf einzelne Sprüche und stelle diese einander gegenüber.
Ähnlich verhält es sich bei den Motiven und Abbildungen. Ich habe getaggt, was auf dem
jeweiligen Oberteil zu sehen ist und mir möglichst sinnvolle und nicht zu engmaschige
Begriffe überlegt. So unterscheide ich beispielsweise nicht zwischen Sonnenblume und
Rose (beides Blumen), wohl aber zwischen Blumen und Pflanzen (ohne Blüten). Dass dies
kein trennscharfes Vorgehen ist und subjektive Ergebnisse hervorrufen kann, ist mir
bewusst. In den meisten Fällen handelt es sich jedoch um Ableitungen aus dem Material.
Eine Mindestbelegung durch Tags eines Oberteils ist in jedem Fall gegeben, da die Kate-
gorien Unternehmen/Geschlecht*/Farbe auch bei einem einfachen, beispielsweise einfar-
big gelben T-Shirt ohne Aufdruck gegeben sind. Eine Nichtbelegung ist demnach nicht
möglich. Eine Mehrfachbelegung ist im Umkehrschluss die Regel.
21
Abbildung 1: Detailseite H&M - Produkt aus der Rubrik "Mädchen" erscheint via
Mouseover-Effeekt getragen von einem Model. Bildschirmfoto 02.05.2018
http://www.hm.com/de/products/kids/girls/tops?page=2
Die von mir gewählten Tags fungieren demnach lediglich als Operationswerkzeug und
Orientierung. Die Bündelung derer zu Leitmotiven bildet das eigentliche Auswertungsver-
fahren in meiner Analyse.
3.1.4 Grenzen der Analyse
Während der Erarbeitung des Datenpools sind mir insbesondere bei zwei Onlineshops
Abweichungen aufgefallen, die ich gewissermaßen als statistische Ausreißer betrachten
möchte: So ordnen H&M und bellybutton beispielsweise Oberteile, die stereotyp eher
weiblich sind, in die Shoprubrik „Jungen“ ein. So könnte eine Annahme sein, dass diese
Onlineshops als Vorreiter*innen queerer Kinder- und Jugendmode gelten. Bei näherer
Betrachtung wird allerdings deutlich, dass dies nur den Anschein hat:
Bei bellybutton sind in der Produktübersicht der Rubrik Babymode & Minimode /
Babymode Jungen (Gr. 50-86) /Shirts14 67 Produkte aufgeführt. Unter der Beschreibung
und dem Preis können Konsument*innen auch sehen, ob das Produkt zusätzlich in anderen
Farben verfügbar ist. Klicke ich nun einen Artikel an, der sowohl in Hellblau als auch in
Rosa angeboten wird, komme ich auf die Detailsseite die unter dem Pfad Babymode &
Minimode /Babymode Mädchen (Gr. 50-86) zu finden ist (s. Abbildung 2).
14http://www.bellybutton.de/de/babymode-minimode/babymode-jungen-gr-50-86/tshirts-
langarmshirts, Zugriff 02.05.2018
22
H&M hingegen arbeitet auf der Onlinepräsenz häufig mit einem so genannten Mouseover-
Effekt, also der Veränderung eines Elements durch das Darüberfahren mit Mauszeiger. Das
bedeutet, dass die Konsument*innen die aufgelisteten Produkte in kleiner Ansicht sehen
können und sobald sich der Mauszeiger über ein Produkt bewegt, dieses vergrößert oder
als Tragebild mit einem Model erscheint. Auch bei H&M lassen sich Produkte finden, die
sowohl in der Rubrik Jungen* als auch Mädchen* vertreten sind (s. Abbildung 1 und
Abbildung 3). Doch bei einigen dieser Oberteile wird lediglich suggeriert, dass diese für
„beide“ Geschlechter gedacht sind. Per Mouseover-Effekt wird uns dann im übertragenen
Sinne durch das Tragefoto mit einem weiblichen* oder männlichen* Model vermittelt, für
wen das bestimmte Produkt gedacht ist.
23
Abbildung 2: Detailseite bellybutton - Babymode & Minimode /Babymode Mädchen (Gr.
50-86). Bildschirmfoto 02.05.2018 http://www.bellybutton.de/de/baby-langarmshirt-mit-
stern-99777.html?product_id=96647
Der einzige Onlineshop aus meinem Datenpool, der offen und ohne derartige anderweitige
subtile Arten und Weisen Oberteile in beiden Rubriken anbietet, ist Jako-o.
Zum Umgang mit solchen Doppelzuordnungen sei erwähnt, dass die jeweiligen Oberteile
auch in der Auswertung der Analyseergebnisse in beiden Kategorien – Jungen*- und Mäd-
chen*oberteile - auftreten. Konkret ist dies vor allem bei der Bewertung der Ergebnisse zu
berücksichtigen.
24
Abbildung 3: Detailseite H&M - Produkt aus der Rubrik "Jungen" erscheint via
Mouseover-Effekt getragen von einem Model. Bildschirmfoto 02.05.2018
http://www.hm.com/de/products/kids/boys/tops?page=2
3.1.5 Erläuterungen zur Auswertung der Analyse
Das Ziel der Datenanalyse soll im ersten Schritt eine quantitative Analyse sein, die als
Grundlage der Untersuchung vorliegt. Durch die Tags der Bilder kann somit eine Häufig-
keitenanalyse mit sämtlichen Stichworten durchgeführt werden. Es ist dadurch zu sehen,
ob Kategorien vorkommen, die vergeschlechtlicht sind, und wenn ja, welche am stärksten
vergeschlechtlicht sind, bzw. in welchen Bereichen eine Über- oder Unterrepräsentation
vorliegt. Auf diese Weise soll der Datenpool ausgewertet und anschließend ergebnisorien-
tiert dargestellt werden.
Im nächsten Teil sollen die Auswertungsergebnisse durch eine qualitative Inhaltsanalyse
vorgestellt werden. Hierzu soll eine exemplarische Betrachtung der Leitmotive sowie der
am häufigsten repräsentierten Kategorien dienen. Eine Einbettung in den historischen und
gesellschaftspolitischen Kontext ist hierfür unumgänglich. Des Weiteren möchte ich inner-
halb der qualitativen Analyse die Ergebnisse in verschiedenen Feldern und Kontexten ver-
orten und somit aufzeigen, welche Bilder und Stereotype von Weiblichkeit und Männlich-
keit durch die Inhalte der Kinderoberteile vermittelt und transportiert werden. Damit lässt
sich zeigen, wie sie im gesellschaftspolitischen Kontext angesiedelt bzw. zu bewerten sind
und wie ich Schlüsse und Bezüge zu meinen Ergebnissen herstellen kann. Darüber hinaus
soll damit herausgearbeitet werden, dass es sich bei meiner empirischen Forschung ledig-
lich um einen Ausschnitt aus der sozialen Wirklichkeit handelt.
25
4. Quantitative Analyse
Wie bereits erwähnt, wurden 3860 Oberteile aus 10 verschiedenen Onlineshops untersucht.
Im nun folgenden Abschnitt sollen die Ergebnisse meiner empirischen Untersuchung dar-
gestellt werden. Ich werde dabei auf verschiedene Teilbereiche eingehen, diese erläutern
und visuell darstellen, bevor ich am Ende dieses Kapitels eine zusammenfassende Über-
sicht meiner quantitativen Ergebnisse präsentiere.
Ich möchte dabei anfangen, mich näher mit der Farbverteilung der Oberteile aus den
Onlineshops zu beschäftigen, und diese intersektional analysieren und bewerten, bevor ich
detailliert auf andere vergeschlechtlichte Aspekte eingehe.
4.1 Farbverteilung der Oberteile
Farben bestimmen meist schon vor der Geburt von Kindern ihr Leben. Das Kinderzimmer,
Babykleidung, Schnuller, Geburtsgratulationskarten und ähnliches werden in der Regel
nach einem bestimmten und bestimmenden Farbschema gekauft. Jungen* werden hellblau
Mädchen* werden rosa (vgl. Schnerring und Verlan 2014; Thon 2015; Bridges 1993).
Mit dem Älter werden der Heranwachsenden festigt sich jenes Wissen über geschlechtlich
getrennte Farb- und Lebenswelten über jene Strukturprinzipien, die durch performative
Akte ständig reproduziert werden, um es mit Judith Bultlers Begrifflichkeiten widerzuge-
ben.
Dass Farben starke Wirkungen auf Menschen haben, ist unumstritten. Mit Farben werden
Gefühle und Empfindungen hervorgerufen, die kontextuell verwoben sind (vgl. Heller
2004). Schon früh können Kinder Farben wahrnehmen und entwickeln relativ schnell Prä-
ferenzen. Allerdings wird davon ausgegangen, dass sich vor dem zweiten Lebensjahr keine
geschlechtsspezifischen Präferenzen ausbilden (vgl. Karniol 2011: 119). In wissenschaftli-
chen Diskussionen wird angenommen, dass wir in der heutigen Zeit von einer neuen Ära
der Farbe Pink sprechen können: Mehrere Untersuchungen belegen, dass insbesondere
Spielzeug, das einen großen Stellenwert in kindlichen Lebenswelten einnimmt, zuneh-
mend durch Farbe und Gestalt binär an Geschlechtervorstellungen angepasst wird (vgl.
u.a. Adelt 2014; Thon 2015; Auster und Mansbach 2012). Das bedeutet konkret, dass die
Spielzeugwelten sich nicht mehr nur in Puppen für Mädchen* und Autos für Jungen* spal-
ten. Durch Gender-Marketing wird gezielt versucht, eine sowohl gleichwertige aber den-
26
noch speziell auf das jeweilige Geschlecht* abgestimmte Produktpalette abzubieten. So
finden sich beispielsweise rosafarbene Werkzeugkoffer oder eine Wissenschaftlerin-Barbie
in den Regalen der Spielzeugläden. Dass diese „Pinkifizierung“ (Thon 2015) allerdings
nur einseitig passiert und es nicht auch eine Aneignung von klassischem Mädchen*spiel-
zeug für Jungen* gibt, das z.B. Blau gefärbt und actionreicher dargestellt würde, ist wenig
verwunderlich.
4.1.1 Darstellung der Analyseergebnisse
Wie und welche Farben auf den Oberteilen aus meinem Datenpool repräsentiert sind, soll
im Folgenden dargestellt und diskutiert werden. Darüber hinaus sollen signifikante Ergeb-
nisse kurz historisch verortet werden. Wie bereits erwähnt wird die Darstellung der Ergeb-
nisse binär nach zwei Geschlechtern erfolgen – angelehnt an die Aufteilung der jeweiligen
Onlineshops.
Farbe weiblich* männlich* Überrepräsentation
blau 435 694 1,6x
braun 7 17 2,4x
camouflage 1 26 26,0x
gelb 74 101 1,4x
grau 281 428 1,5x
grün 103 232 2,3x
lila 36 4 9,0x
nude 91 3 30,3x
orange 55 91 1,7x
pink 197 6 32,8x
rosa 290 16 18,1x
rot 87 150 1,7x
schwarz 143 204 1,4x
weiß 678 564 1,2x
Tabelle 1: Häufigkeit aller vorkommenden Farben
27
Tabelle 1 zeigt schematisch die Häufigkeit aller vorkommenden Farben in absoluten Zah-
len je Geschlecht* sowie deren Überrepräsentation. Wie der Abbildung und früheren
Anführungen bereits entnommen werden kann, zeigt das Ergebnis keine Aufspaltung ein-
zelner Farbtöne in Schattierungen (hell dunkel). Hellblaue Oberteile wurden beispiels-
weise ebenso wie Dunkelblaue als Blau getaggt und anschließend gezählt.
Als relativ ausgeglichen kann die Verteilung von Blau, Gelb, Grau, Orange, Rot, Schwarz
und Weiß angesehen werden. Ich betrachte jene Farben als hier „ausgeglichen“, da sie bei
keinem der Geschlechter in meinem Datenpool stark überrepräsentiert sind. Von einer star-
ken Überrepräsentation gehe ich aus, wenn ein getaggtes Merkmal bei einem Geschlecht
mindestens doppelt15 so häufig vorkommt wie bei dem anderen.
Entgegen der anfänglichen Erwartung ist Blau die Farbe, die (neben Weiß) am häufigsten
auf den Kinderoberteilen beider Geschlechter vorkommt (s. Abbildung 4). Es handelt sich
um eine Häufigkeit von 17,6% bei Mädchen* und 27,4% bei Jungen* aller Oberteile. Laut
einer Umfrage von Eva Heller mit 1888 Befragten, ist Blau die Lieblingsfarbe vieler Test-
personen (Durchschnitt 38%) (vgl. Heller 2004: 20ff.). Dennoch wird die Farbe Blau von
15 Laut Tabelle 1 also immer dann, wenn die Überrepräsentation bei mindestens 2x liegt.
28
blau
braun
camouflage
gelb
grau
grün
lila
nude
orange
pink
rosa
rot
schwarz
weiß
0
100
200
300
400
500
600
700
800
0
100
200
300
400
500
600
700
800
ufigkeit aller vorkommenden Farben
weiblich
männlich
Farbe
Häufigkeit in absoluten Zahlen
Abbildung 4: Häufigkeit aller im Sample vorkommenden Farben in absoluten Zahlen
vielen als „Farbe der Männlichkeit“ (ebd.: 29) bezeichnet. In der christlichen Tradition
allerdings ist Blau die Farbe Marias (vgl. ebd.: 39). Als „männliche“ Farbe galt bis zum
ersten Weltkrieg die Farbe Rot für Jungen* „das kleine Rot“ (Rosa). Erst etwa ab den
1920er Jahren wurde Blau durch Marineuniformen und blaue Arbeitsuniformen zur Sym-
bolfarbe für Arbeit und Männer* (vgl. Kaufmann 2006; Schnerring und Verlan 2014: 44).
Die Farbe Weiß kommt mit einer relativen Verteilung von 27,4% (Mädchen*) und 22,2%
(Jungen*) insgesamt am häufigsten vor. Erwähnenswert ist, dass Weiß auf Jungen*obertei-
len oft neben kräftigen oder dunklen Farben als sekundäre Farbe auftritt, während Weiß
auf Mädchen*oberteilen häufig die primäre Farbe abbildet und mit anderen hellen Farben
und Pastelltönen kombiniert wird. Da dieser Faktor jedoch nicht erfasst wurde, ist eine
Unterscheidung in Primär- und Sekundärfarben in der quantitativen Analyse nicht umsetz-
bar.
Eine minimale Überrepräsentation kann bei der Farbe Rot gesehen werden. Sie kommt auf
Jungen*oberteilen 1,7x so häufig (5,9%) vor wie auf Mädchen*oberteilen (3,5%).
Unerwartet häufig treten auch die Farben Grau (11,3% Mädchen*, 16,9% Jungen*) und
Schwarz (5,8% Mädchen*, 8,0% Jungen*) auf. Um von der unscheinbaren „grauen Maus“
(vgl. Heller 2004: 131) nicht allzu viel übrig zu lassen, kombinieren die Hersteller*innen
Grau auf Mädchen*oberteilen oft mit Rosa, Glitzer oder auffälligen Aufdrucken. Selten
kommen so genannte einfache Basic-Shirts vor. Auf Jungen*oberteilen wiederum kommt
Grau eher in Komination mit Blau, Schwarz oder anderen dunklen Farbtönen vor.
Die Farbe Grün kommt auf Jungen*oberteilen 2,3 mal so häufig (9,1%) vor wie auf Mäd-
chen*oberteilen (4,2%). Grün wird oftmals als Farbe der Natur konnotiert (vgl. ebd.: 71).
Dies spiegelt auch das Ergebnis der Analyse wider: Selten kommen einfache grüne Ober-
teile vor. Fast auf jedem T-Shirt oder Pullover finden sich Slogans oder Aufdrucke die eine
Verbundenheit mit der Natur hervorrufen.16
Als Mischung aus Rot und Blau ist die Farbe Öila bei den Mädchen* überrepräsentiert
(1,5% Mädchen*, 0,2% Jungen*). Sie kommt damit neunmal so häufig auf Oberteilen aus
der Rubrik „Mädchen“ vor wie auf den Oberteilen der Rubriken „Jungen“. Die Oberteile
für Mädchen* sind häufig relativ hell – sie gehen fast in Richtung fliederfarben – und wer-
den mit romantischen Drucken versehen. Bei den Jungen* hingegen ist das Lila kräftig
und hat einen stärkeren Blau-Anteil (s. als Beispiel im Anhang Abbildung 10 und Abbil-
dung 11, S. 74).
16 Weiterführend zum Leitmotiv Natur siehe Kapitel 4.3.2.6.
29
Die letzte bei den Jungen* überrepräsentierte Farbe, auf die ich eingehen möchte, ist
Vamouflage (26x überrepräsentiert: 0,04% Mädchen*, 1,02% Jungen*). Exakterweise
handelt es sich bei Camouflage nicht um eine Farbe, sondern um ein Muster ein
Tarnfleckenmuster. Meist besteht es aus oliv-braun-grün Farbtönen und kommt aus dem
militärischen Bereich. „Als nach dem Ersten Weltkrieg die roten, weißen und blauen
Militäruniformen abgeschafft wurden, statt dessen die Tarnfarben aufkamen, waren Farben
auch in der zivilen Herrenmode verpönt.“ (Heller 2004: 117) Das Muster soll, angepasst
an die Gegebenheiten der Natur, unsichtbar machen. Kleidung, die Camouflage gehalten
ist, tragen in der Regel Soldat*innen. Auch wenn in der Bundesrepublik ab dem Jahr 2000
Frauen* uneingeschränkten Zugang zur militärischen Laufbahn haben, bleibt das Militär
und das Camouflage-Muster männlich* dominiert ebenso wie die Assoziation mit
Kampf und Krieg.
Sehr stark überrepräsentiert sind bei den Mädchen* die Farben „Nude“, Rosa und Pink.
Die Farbe „Nude“ (engl. „nackt“) ist verhältnismäßig jung in der ‚Modewelt‘. Dennoch ist
sie relativ stark vertreten und kommt 30,3-fach häufiger bei Mädchen* (3,7%) als bei
Jungen* (0,1%) vor. Wie dem englischen Wort abzuleiten ist, handelt es sich bei „Nude“
um pastellartige, sanfte „Hautfarben“17. In der ‚Modewelt‘ wird „Nude“ als „elfenhaft und
zart“ beschrieben (vgl. „Nude“ 2018). Ähnlich der farblichen Unterschiede bei der Farbe
Lila, fällt auch hier auf, dass die nude-farbenen Mädchen*oberteile oft Rosa und die
Jungen*oberteile mit hellen Braun-tönen angehaucht sind (Beispiel s. Anhang Abbildung
12 und Abbildung 13, S. 75). Die Farbe Rosa ist mit einer Verteilung von 11,7%
Mädchen* und 0,6% Jungen* 18,1 mal so oft auf Oberteilen der Rubrik „Mädchen“ zu
finden. Laut Hellers Befragung „[…] unterscheiden sich die Farbsympathien von Frauen
und Männern [bei Rosa] deutlicher als [bei] jede[r] andere[n] Farbe.“ (Heller 2004: 115).
„Die deutsche Bezeichnung für die Farbe Rosa ist abgeleitet aus dem
lateinischen Blumennamen ‚rosa‘ und ist mit den Eigenschaften zart, hübsch
und sanft verbunden.“ (Schnerring und Verlan 2014: 46)
Wie bereits kurz angedeutet, hat die Farbe Rosa in der Historie einen Wandel, gar einen
Bruch, in der Farbsymbolik durchlaufen. Wie im Absatz zur Farbe Blau aufgezeigt wurde,
galt als „männliche“ Farbe Rot: die Farbe „des Blutes ist die Farbe des Kriesges“ (ebd.:
17 An dieser Stelle sei dieser Begriff kritisch hinterfragt. Um wessen Hautfarben handelt es sich genau?
Laut der vorliegenden Definition handele es sich um eine Farbpalette, die von Off-White über Beige zu
hellen Braun Tönen reicht. Meines Erachtens ist dies stark rassistisch untermalt.
30
54). Im Sinne der christlichen Farbsymbolik gilt/galt Blau als Mädchen*- und Rosa(rot)
als Jungenfarbe*. Auf vielen Gemälden ist das Jesuskind in rosafarbenen Gewändern (s.
Anhang Abbildung 14, S. 79), Maria in hellblauen Kleidern dargestellt. Lange Zeit wurden
Kinder nach dem Vorbild Erwachsener gekleidet (vgl. Weber-Kellermann 1985). Bevor in
den 1920er Jahren kochfeste und ungiftige Farben für Kleidung entwickelt wurden, trugen,
in langsamer Entfremdung christlicher Traditionen, Babys und Kleinkinder ausschließlich
Weiß.
„Als es […] problemlos geworden war, auch die Babykleidung einzufärben,
machte es einen neuen Sinn, die kleinen Jungen in der Farbe der Arbeitswelt
zu kleiden. Für Mädchen blieb als traditionelle Kontrastfarbe zum Hellblau das
Rosa. Es überzeugte als neue Mädchenfarbe, weil es neben dem kühlen
Hellblau so gefühlsbetont wirkt.“ (Heller 2004: 118)
Die Farbe Pink ist diejenige mit der stärksten Überrepräsentation im gesamten Sample.
Pink findet sich auf Mädchen*oberteilen* mit 7,9% 32,8mal so häufig wie auf Oberteilen,
die laut Onlineshops für Jungen* bestimmt sind (0,2%). Streng genommen ist Pink die
englische Übersetzung von „Rosa“18, allerdings hat Pink im deutschen Sprachraum als
kräftige, gesättigte Farbe Einzug gehalten und wird daher alleinstehend betrachtet.
Dennoch kann von einer gleichen historisch situativen Einbettung in den Kontext
ausgegangen werden.
Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass in der Menge aller Onlineshops alle 14
vorkommenden Farben verteilt sind (s. Anhang Abbildung 15 und Abbildung 16, S. 77).
Die relative Farbverteilung allerdings ist gemäß binär verteilter Zweigenderung auffällig
unterschiedlich. Damit soll nicht gesagt werden, dass Mädchen*oberteile nur Pink und
Rosa sind die meisten Oberteile sind tatsächlich Weiß und Blau (zusammen 45%)19
sondern, dass es Farben gibt, die signifikant selten bei dem einen bzw. anderen
Geschlecht* vorkommen: Grün, Camouflage, Braun und Orange kommen auf
Mädchenoberteilen* deutlich seltener vor als auf Jungen*oberteilen. Rosa, Pink, „Nude“
und Lila hingegen finden sich auf als männlich* markierten Oberteilen so gut wie gar
nicht. Die Farben lassen sich in zwei unterschiedliche Farbwelten clustern: So sind etwa
18 Die englische Übersetzung von Pink ist hot pink oder shocking pink (https://de.pons.com/%C3%BCber-
setzung?q=pink&l=deen&in=&lf=de Zugriff: 14.08.2018)
19 Ebenso verhält es sich bei den Oberteilen die Onlineshops für „Jungen“ markieren: blau und weiß haben
zusammen einen Anteil von 49,6%.
31
beide binär vergeschlechtlichten Farbgruppen Töne, die sich in der Natur wiederfinden,
allerdings handelt es sich bei erstgenannten um Erdtöne (Erde, Sand, Blätter), bei
letztgenannten um strahlende bzw. zarte Blütenfarben (Blumen, auffällige Tiere).
Die Ergebnisse untermauern bereits jetzt meine eingangs gestellte These: Kinderkleidung
ist stark vergeschlechtlicht. Darüber hinaus ist schon jetzt diese Behauptung damit zu
steigern, dass allein mit der Auswertung der Farbanalyse gezeigt werden kann, dass
Mädchen*kleidung stärker vergeschlechtlicht zu sein scheint als Jungen*kleidung.
Untermauern lässt sich dies mit den Analyseergebnissen zu den Farben Rosa und Pink:
Während in den Rubriken „Mädchen“ der Onlineshops so gut wie alle Farben vorkommen,
sind Pink und Rosa in den Rubriken „Jungen“ äußerst selten. Die Warenindustrie legt Rosa
als Farbe für Mädchen* fest und verknüpft sie mit Charaktereigenschaften. Mit rosa- oder
pinkfarbenem Design vermitteln Hersteller Kindern den Eindruck, diese Produkte „[…]
wären nur für Mädchen geeignet, für Jungen dagegen tabu. Deshalb schließt Rosa Jungen
aus, und zugleich engt es Mädchen ein.“ (Schnerring und Verlan 2014: 47)
Interessant erscheint nun im Forschungsinteresse um die Differenzkategorie class ein
Vergleich der drei verschiedenen Preissegmente. Tabelle 2 zeigt die verschiedenen
Preissegmente und in den dazugehörigen Zeilen sind die Farben abzulesen, die in den
jeweiligen Preissegmenten nicht vorkommen. Eine Verteilung aller Farben in den
verschiedenen Preissegmenten je Geschlecht* sind den Abbildungen 17 - 22 im Anhang,
S. 78-80 zu entnehmen.
Als faszinierend stellen sich allerdings nicht jene Farben in den Vordergrund, die nicht
vorkommen, sondern diejenigen, die sich in der Verteilung der jeweiligen Preissegmente
stark unterscheiden. Bei den Mädchen*oberteilen handelt es sich hierbei um die Farbe
Pink. Diese wird seltener je höher das Preissegment: So kommt Pink im unteren
Preissegment auf 10,7%, im mittleren auf 8,3% und im oberen Preissegment nur auf 0,3%
aller Oberteile der Rubrik „Mädchen“ vor. Das „zarte“ Rosa allerdings ist gleichbleibend
stark in allen Preissegmenten vertreten.
32
weiblich* männlich*
Unteres Preissegment braun pink
Mittleres Preissegment camouflage
Oberes Preissegment camouflage camouflage
lila lila
braun pink
Tabelle 2: Vergleich der drei verschiedenen Preissegmente
(PS): Nicht vorkommende Farben
Bei den Jungenoberteilen steigt die Verteilung von Blau mit der Höhe des Preissegments,
ebenso wie die Farbe Rosa: Blau kommt auf 20,2% aller Oberteile des unteren, 28,6% des
mittleren und 32,6% des oberen Preissegments vor. Bei Rosa ist der Unterschied noch
signifikanter: So sind im unteren 0,2%, im mittleren 0,5% und im oberen Preissegment
2,0% aller Jungen*oberteile rosafarben. Die Ernüchterung über das scheinbar positive
Ergebnis stellt sich jedoch rasch ein, da sämtliche rosafarbenen Oberteile aus dem hohen
Preissegment im Onlineshop von bellybutton zu finden sind. Wie im Kapitel 3.1.4 bereits
dargestellt wurde, stellt die Firma zwar stereotype „Mädchenbekleidung“ auch für Jungen*
bereit, allerdings bezieht sich das nur auf die oberflächliche Einteilung des Onlineshops.
Die Einzelpfade der Kinderoberteile sind konkret und binär auf jeweils zwei
Geschlechtsrubriken aufgeteilt.
Dennoch ist das Ergebnis der Mädchen*oberteile als einschlägig zu betrachten. Wenn wir
nun die am Rande erwähnte und hier stark verkürzte Klassentheorie Pierre Bourdieus
anwenden, ließe sich thesenartig postulieren, dass je höher das ökonomische Kapital ist,
desto weniger die Farbe Pink gekauft wird (die deutlich kräftiger und auffälliger als Rosa
ist). Dieser Aussage liegt die Beobachtung zugrunde, dass dieses Vorkommen häufig
auftritt und Gender-Marketing classspezifisch zu sein scheint. Weiterhin muss betont
werden, dass eine Nachfrage zwar ein Angebot generiert, aber andersherum das Angebot
ebenso die Nachfrage steuert. Diese Handlungen wiederrum verfestigen die
Strukturprinzipien.
33
4.2 Sprüche auf Oberteilen
Neben den Farben der Oberteile habe ich auch die Sprüche, die auf Oberteile gedruckt
werden, quantitativ analysiert. Dazu wurden alle Sprüche von Jungen*- und
Mädchen*oberteilen im Ganzen übernommen und in ihre einzelnen Wörter zerlegt. Diese
Begriffe habe ich gezählt und nach Häufigkeit sortiert.20 Aus den Wortlisten habe ich als
intuitiv greifbare Darstellungsform Wordclouds gewählt. Diese wurden mit Hilfe eines
Onlinedienstes21 erstellt. Sie beinhalten die einzelnen Wörter der Sprüche, wobei die
Schriftart umso größer ist, je häufiger ein Begriff auftaucht.22 Die Farbverteilungen der
Wordclouds habe ich an den überrepräsentierten Farben (s. Kapitel 4.1) angelehnt. Die kli-
scheehaften Umrisse der Wordclouds sollen, wie eingangs erwähnt wurde (s. Kapitel I),
nicht unreflektiert zur Re_produktion von heteronormativen Geschlechterstereotypen bei-
tragen, sondern vielmehr die absurde Vergeschlechtlichung von Kinderbekleidung hervor-
heben. Auch die unterschiedlich gewählten Schriftarten sollen die tatsächlich verwendeten
Schriftarten widerspiegeln.
20 Die vollständige Auflistung aller Begriffe auf männlichen* und weiblichen* Oberteilen ist in einer Ta-
belle festgehalten, die auf der beiliegenden CD abgelegt ist.
21 https://www.wortwolken.com/
22 Durch den begrenzten Platz in Wordclouds mussten die Begriffe Happy und Amazing in der weiblichen*
sowie Vibes in der männlichen* Wordcloud ausgelassen werden. Alle anderen Wörter (wenn auch nur
mit Vergrößerung Lesbar), sind in den Wordclouds enthalten.
34
Durch die Wordclouds, wie sie in den Abbildungen 5 und 6 zu sehen sind, ließen sich ste-
tig wiederholende Wörter und Themen identifizieren. Die am häufigsten vorkommenden
Themen bilden zugleich die Grundlage für die spätere Auswertung meiner Daten in Leit-
motive (s. Kapitel 4.3.2 ff.).
Entsprechend gängiger heteronormativer Geschlechterstereotype, werden Jungen* durch
Wörter wie „cool“, „boy“, „adventure“, „explore“ und „future“ als starke, abenteuerlustige
und freie Individuen dargestellt. Wörter wie „love“, „smile“, „magic“ und „unicorn“ stel-
len Mädchen* hingegen als fröhliche, unschuldige, verträumte und sanfte Wesen her. Eine
oberflächliche Analyse des Kontextes, die unter anderem in späteren Kapiteln erfolgen
wird (s. S. 41-56), zeigt auf, dass es nichtsdestoweniger auch Wörter gibt, die sowohl auf
als männlich* markierten als auch auf als weiblich* markierten Oberteilen vorkommen.
Die unterschiedliche Kombination mit anderen Wörtern und Abbildungen jedoch zeigen,
dass die Wirkungsweisen für die Rezipierenden divergieren (übertrieben illustriert durch
das Layout meiner Wordclouds). Häufig handelt es sich dabei um Verknüpfungen mit
vergeschlechtlichten Attributen die einem Geschlecht* zugeschrieben werden.
35
Abbildung 5: Wordcloud basierend auf
Sprüchen von männlichen* Oberteilen.
Abbildung 6: Wordcloud basierend auf Sprüchen
von weiblichen* Oberteilen
Mit den Aufdrucken, seien es Sprüche oder Motive, gehen immer auch Erwartungshaltun-
gen an die Träger*innen einher. Diese gesellschaftliche Konvention kann direkte Auswir-
kung auf die Selbstidentifikation und -wahrnehmung haben. Viele Untersuchungen
belegen, dass sich Einfluss von stereotypen und klischeehaften Ansichten auf die Selbst-
wahrnehmung sowie die Produktivität von Menschen auswirkt (vgl. u.a. Steele und Aron-
son 1995).
Ein prominentes Beispiel hierfür ist ein blaues Mädchen* T-Shirt mit dem Aufdruck „In
Mathe bin ich Deko“ des Versandhauses Otto.23 Es re_produziert das Klischee vom angeb-
lichen mathe- und naturwissenschaftlich unbegabten Mädchen*. Laut der Studien von
Claude M. Steele und Joshua Aronson kann also ein Effekt dieses Oberteils sein, dass
Mädchen* diesen Spruch verinnerlichen und damit tatsächlich schlechtere Leistungen in
Mathe und anderen naturwissenschaftlichen Fächern erzielen.
Ein noch relativ junges Beispiel liefert der schwedische Modekonzern H&M. Durch eine
rassistische Werbekampagne wurde ein grüner Jungenpullover* mit der Aufschrift „Coo-
lest Monkey in the Jungle“, getragen von einem schwarzen Model, in Szene gesetzt (s.
Anhang Abbildung 30, S. 88) „Der Pulli war Teil einer Safari-Kollektion und wurde im
britischen Online-Shop angeboten. Andere Kleidungsstücke, etwa mit der Aufschrift
"Überlebensexperte", wurden von weißen Kindermodels präsentiert.“24 Eine solche Insze-
nierung verfestigt rassistisches Gedankengut und re_produziert menschenverachtende Ste-
reotype und Klischees.
Dank öffentlicher Anprangerungen und lauter Stimmen in sozialen Netzwerken wurden
die Oberteile in beiden Fällen aus dem Sortiment entfernt.
23 https://www.focus.de/familie/schule/in-mathe-bin-ich-deko-otto-streicht-umstrittenes-spruch-shirt-aus-
sortiment_id_2625099.html Zugriff 15.08.2018
24 https://www.zdf.de/nachrichten/heute/h-und-m-fuer-werbefoto-am-rassismus-pranger-100.html Zugriff
15.08.2018
36
4.3 Aufdrucke und Muster der Oberteile
Dass Kleidung in identifikationsstiftender Weise Botschafterin für Gruppenzugehörigkeit
oder ähnliches sein kann, wurde bereits mehrfach ausführlich dargestellt.25 Aufdrucke und
Muster schmücken Kleidung in besonderer Weise: Durch sie können die Träger*innen
Mitteilungen und Informationen an andere geben subtil oder offensichtlich. So können
bspw. T-Shirts mit Logos von Bands, die nicht jeder Person geläufig sind, Insider-Wissen
ausstrahlen, das zugleich die Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe suggeriert. Auch
Protest oder politische Statements können durch Aufdrucke oder bestimmte
Farbkombinationen transportiert werden:
„Während des Vietnamkrieges wurde es (das T-Shirt) durch Aufdrucke gegen
Gewalt, Terror und Unmenschlichkeit zum Gesinnungsträger. Die
Kindermodenindustrie machte aus der Aufdruckidee ein unversiegliches
Geschäft.“ (Weber-Kellermann 1985: 257)
4.3.1 Darstellung der Analyseergebnisse
Im folgenden Abschnitt sollen die quantitativen Ergebnisse dargestellt werden, die sich mit
Aufdrucken sowie bestimmten Designs und Mustern beschäftigen. Wie in Kapitel 3.1.3
bereits angeführt, habe ich alle 3860 Bilder mit Tags versehen. Nun sollen diese vorgestellt
und im nächsten Kapitel ausgewertet werden.
Insgesamt sollen nun 73 Tags ausgewertet werden. Eine Gesamtübersicht hierüber findet
sich im Anhang unter Tabelle 9, Seite 81. Wie bereits im Kapitel zur Farbverteilung, werde
ich den Auswertungsfokus auf die Über- bzw. Unterrepräsentation von Tags legen. Die
Häufigkeit aller Tags auf als männlich* und weiblich* kategorisierten Oberteile ist in der
folgenden Abbildung (Abbildung 7) dargestellt. Auf der x-Achse ist aufgetragen, wie häu-
fig ein Tag auf Oberteilen, die von Shops als männlich* kategorisiert werden, auftaucht.
Auf der y-Achse ist die Häufigkeit der gleichen Tags auf als weiblich* kategorisierten
Oberteilen aufgetragen. Beide Achsen sind zur Basis 2 logarithmiert, um eine übersichtli-
chere Darstellung zu ermöglichen. Die farbliche Hinterlegung des Diagramms zeigt an,
25 Für weitere Überlegungen zu Kleidung als „vestimentäre Kommunikationsform“ siehe König 2007 und
Scheiper 2008
37
wie stark ein Tag auf männlichen* beziehungsweise weiblichen* Oberteilen überrepräsen-
tiert ist. Begriffe, die weniger als doppelt so häufig zu einem Geschlecht* zugeordnet wer-
den als zum anderen sind weiß hinterlegt und gelten als nicht stark überrepräsentiert. Die
Tags in der Rot hinterlegten, oberen diagonalen Hälfte des Diagramms sind mindestens
doppelt so häufig auf Mädchen*oberteilen vertreten. Mit steigender Farbintensität steigt
auch die Überrepräsentation der Tags auf weiblichen* Oberteilen. Für männlich* überre-
präsentierte Tags gilt das gleiche mit Bezug auf die Blau hinterlegte, untere diagonale
Hälfte des Diagramms. Tags, die nur einem Geschlecht* zugeordnet werden, sind streng
genommen unendlich stark überrepräsentiert und darüber hinaus auf einer logarithmierten
Skala nicht darstellbar. Um sie dennoch einordnen zu können, wurden die Häufigkeiten
aller Tags um 1 erhöht und die Achsen anschließend um diese Differenz verschoben,
sodass die dargestellten Häufigkeiten dennoch korrekt sind. Da es sich in diesen Fällen
jedoch um eine mathematische Definitionslücke handelt, gilt die Farbskala zur Überreprä-
sentation hier nicht.
Um die Überlappung von Tags zu verhindern, sind diese gegebenenfalls leicht verschoben
dargestellt. In diesen Fällen zeigt eine kurze Linie an, wo die exakten Koordinaten des
Tags liegen.
38
Insgesamt gibt es 16 Tags, die ausschließlich einem Geschlecht* zuzuordnen sind: Bei den
Jungen*oberteilen gibt es vier Tags, die ausschließlich auf solchen vorkommen, bei den
Mädchen*oberteilen sind es umgekehrt zwölf. Wie in der Erläuterung zu Abbildung 7
bereits erwähnt, sind diese Tags unendlich stark überrepräsentiert. Bei den Jungenshirts*
handelt es sich dabei um die Tags Erde (4), Fliege/Krawatte (6), Totenkopf (12) und Werk-
zeug (7)26. Tags, die ausschließlich auf Oberteilen vorkommen, die von den Onlineshops
als weiblich* kategorisiert wurden sind ComicW27 (138), Flamingo (29), Lippen (8), Meer-
jungfrau (17), Popgruppe (1), Prinzessin (24), Schmetterling (106), Punkte (47), Rüschen
26 Die eingeklammerten Zahlen sind die absoluten Häufigkeiten der Tags.
39
Abbildung 7: Häufigkeit aller Tags auf als männlich* und weiblich* kategorisierten
Oberteilen
(234), Schleife (66), Spitze (80) und Tüll (3). Bei den letzten fünf Tags handelt es sich
streng genommen um Muster bzw. spezielle Designs, die mir per se als stark verge-
schlechtlicht erscheinen: Rüschen28 beispielsweise sind auf als weiblich* kategorisierten
Oberteilen unendlich stark überrepräsentiert. Auf keinem einzigen Oberteil aus der Kate-
gorie „Jungen“ kommen Rüschen vor – auf Oberteilen der Kategorie „Mädchen“ hingegen
kommen sie 234 mal vor.
Die Häufigkeiten aller Tags aufgetrennt nach Preissegmenten sind in den Abbildungen 23,
24 und 25 (s. Anhang S. 82, 83 und 84) für das untere, mittlere und oberere Preissegment
dargestellt. Eine aufgeschlüsselte Analyse der Tags nach diesen Preissegmenten ergab für
das hier genutzte Sample keine signifikanten Ergebnisse. Das kann zum einen daran lie-
gen, dass die Datenmenge zu klein ist, um sie weiter aufzuschlüsseln. Insbesondere ist zu
erwähnen, dass die Datenmenge je nach Preissegment stark unterschiedlich ist. Zum ande-
ren ist problematisch, dass einige Onlineshops eine doppelte Belegung der Kategorien
Mädchen* und Jungen* vornehmen. Dies sorgt für unterschiedliche Verzerrungen der
Ergebnisse je nach Preissegment, die eine fundierte Unterscheidung zu tatsächlichen
Effekten in meiner konkreten Vorgehensweise nicht zulässt.
Dennoch erscheint auffällig, dass vor allem im niedrigen Preissegment mehr Tags nur auf
männlichen* oder weiblichen* Oberteilen zu finden sind als im mittleren und hohen Preis-
segment. Ebenfalls interessant ist, dass im oberen Preissegment keine Oberteile mit männ-
lichen Comicfiguren oder Superhelden vertreten sind, während diese einen großen Anteil
der Motive im unteren und mittleren Preissegment ausmachen.
4.3.2 Auswertung der quantitativen Analyseergebnisse
Im nun folgenden Abschnitt möchte ich die Ergebnisse meiner Analyse auswerten und ver-
ortend ins Verhältnis setzen. Dazu möchte ich die gesammelten Tags bündeln und in Leit-
motive zusammenfassen. Das bedeutet, es werden Gedanken oder Motive gruppiert, die
sich immer wieder finden und somit signifikant häufig im Sample auftreten. Dies ist insbe-
sondere hilfreich, um Sinnzusammenhänge zu erkennen und Bedeutungsassoziationen zu
27 ComicW steht für ‚Comicfigur weiblich*‘ und kategorisiert solche Figuren, die durch stereotype Merk-
male oder vermitteltes Hintergrundwissen eindeutig als weiblich* hergestellt werden. Das Pendant dazu
bildet der Tag ComicM.
28 Als Rüsche wird ein Stoffbesatz bezeichnet, der „durch Einziehen, Falten oder Umbügeln [...]“ (Lo-
schek 1994: 401) gekräuselt wird. Dabei dient dieser „[…] als Ausputz an Kanten, in Nähte gefaßt [sic]
oder aufgesetzt als Applikation in div. Formen.“ (Wisniewski 1996: 219)
40
begreifen. Es kann dabei vorkommen, dass ein Tag verschiedenen Leitmotiven entspricht,
diese jedoch in einer Art logischen Verwandtschaft stehen. Welche assoziativen Muster
und Verwobenheiten eventuell im Einzelfall versteckt sind, sollen an gegebener Stelle
erläutert werden. Auch ist an dieser Stelle zu erwähnen, dass die Darstellung der Sprüche
in Wordclouds (s. S. 34) zusätzlich als Grundlage für die Auswahl der Leitmotive dienen.
Insgesamt konnte ich folgende Leitmotive herausarbeiten:
Schönheit & Selbstbewusstsein
Märchen & Träume
Unschuld & Naivität
Sport, Wettkampf & Teamgeist
Liebe, Partnerschaft & Freundschaft
Natur
4.3.2.1 Schönheit & Selbstbewusstsein
Für dieses Leitmotiv habe ich Tags gebündelt, die ich subjektiv thematisch mit Schön-
heit29, Ästhetik und Selbstbewusstsein in Verbindung bringe. In der folgenden Übersicht
(Tabelle 3) werden jene Tags mit der vom jeweiligen Onlineshop getätigten Kategorisie-
rung in „weiblich“ und „männlich“ aufgeführt. Neben den Häufigkeiten ist in den den fol-
genden Tabellen (Tabelle 3, 5, 6, 7 und 8) jeweils farblich die Überrepräsentation der Tags
auf weiblichen* (rot) und männlichen* (blau) Oberteilen markiert. Je intensiver die Farben
dargestellt sind, desto stärker ist die Überrepräsentation für das entsprechend von den
Onlineshops zugeordnete Geschlecht* ausgeprägt.
29 Zur kulturellen Konstruktion von „Schönheit“ als kritische Begriffsbestimmung sowie Näheres zum Be-
griff „Schönheitshandeln“ siehe (Degele 2004: 10f.).
41
Tabelle 3: Gruppierung der Tags des Leitmotivs
Schönheit & Selbstbewusstsein
Bereits der erste hier aufgeführte Tag Accessoire30 lässt eine aufschlussreiche These zu:
Bei den Accessoires, die auf Mädchen*oberteilen abgebildet sind, handelt es sich zum
größten Teil um solche, die hübsch anzusehen sind oder dazu dienen, die Schönheit zu
unterstreichen. Zu sehen sind etwa Tücher, Make-up, Edelsteine, Handtaschen, Masken
oder Schirme. Die Accessoires auf Jungen*oberteilen erwecken eher einen coolen, sportli-
chen und zweckmäßigen Anschein: Kopfhörer, Sonnenbrillen, Hosenträger und Handys
etwa. Schuhe und Hüte sind bei beiden Geschlechtern abgebildet. Der Unterschied liegt im
Detail: Auf Mädchen*oberteilen* beispielsweise sind Schuhe abgebildet, die offen sind
und viel vom Fuß preisgeben. Etwa Latschen, Ballettschuhe und Flip Flops. Auf
Jungen*oberteilen sind es Turnschuhe oder Fußballschuhe. Ebenso gibt es Unterschiede
bei den Abbildungen von Hüten. So handelt es sich auf als männlich* markierten Obertei-
len um Basecaps und Cowboyhüte und auf als weiblich* markierten Oberteilen um Son-
nenhüte oder Kopftücher. Die Tags Bommeln/Fransen und Fliege/Krawatte könnten
ebenso als Accessoire gelesen werden. Glitzer ist ebenso ein Tag, der signifikant überre-
präsentiert auf Mädchen*oberteilen vorkommt.31 Während es hier in allen Farben glitzert
und funkelt, kommen auf Jungenoberteilen nur vereinzelt sog. Wende-Pailletten vor.32
Interessant scheint mir hierbei der Fakt, dass beispielsweise das Glitzer, das auf
Jungen*oberteilen vorkommt, stets und ausschließlich in Kombination mit anderen als
männlich* überrepräsentierten Tags vorkommt (etwa Beruf oder Hai). Der Tag Beruf ist
mit einem Verhältnis von 54:2 stark männlich* überrepräsentiert. Der Abbildung 26 im
Anhang S. 85 ist zu entnehmen, welche Berufe im Detail und mit welcher Häufigkeit auf
30 Frz. ‚Beiwerk‘ - als Accessoire wird „modisches Zubehör“ (Loschek 1994: 100) verstanden.
31 Historisch betrachtet war Glanz und Prunk ausschließlich dem Adel vorbehalten und war nicht durch
eine Trennung nach Geschlecht* konnotiert (vgl. Lehnert 2013). Die historische Verknüpfung könnte
eine Brücke schlagen zwischen Glitzer, Prinzessin, Krone und dem Teiltmotiv Schönheit & Selbstbe-
wusstsein.
32 Dies gilt explizit nicht für das obere Preissegment.
42
Superheld gesamt 102
Superheld in ComicM 98
davon männlich 95
davon weiblich 3
Superheld in ComicW 7
davon männlich 3
davon weiblich 4
Tabelle 4: Aufspaltung des Tags "Superheld"
in ComicM und ComicW
als männlich* kategorisierten Oberteilen dargestellt sind. Bei so gut wie allen beruflich
dargestellten Tätigkeiten handelt es sich um solche, die vornehmlich im öffentlichen Raum
stattfinden, sowie mit Prestige und sozialem Engagement ausgezeichnet werden. Bei kei-
nem der dargestellten Berufen handelt es sich um Care-Arbeit (im Anschluss an feministi-
sche Theorien), sondern ausschließlich um männlich* dominierte Berufszweige.33 Die
Berufe Feuerwehrmann (19 mal) und Polizist (10 mal) sind dabei diejenigen, die mit
Abstand am häufigsten auftreten. Beide Berufe gelten als heldenhaft, bei denen man sich
für andere aufopfern kann. Der Tag Beruf kam auf Mädchen*oberteilen genau zwei mal
vor: Ein blaues Oberteil, auf welchem ein gezeichnetes Feuerwehrauto mit der Aufschrift
„Feuerwehr“ in frontaler Ansicht abgebildet ist, sowie ein rot-grau gestreiftes Oberteil, auf
dem ein gezeichnetes Polizeiauto abgebildet ist, in dem eine stereotyp männlich* darge-
stellte Figur sitzt. Ulrike Teubner zufolge, wird „der Beruf als entscheidende Vermittlungs-
oder Zugangsinstitution für Qualifikations-, Erwerbs- und Lebenschancen […]“ (Teubner
2010): 500) als zentrales Thema der Frauen- und Geschlechterforschung bearbeitet. Wel-
che geschlechterdifferenzierenden Momente die analysierten Oberteile vermitteln, ist mei-
nes Erachtens eindeutig. Es wird durch die Motive und Aufdrucke der Kinderoberteile
explizit ein binäres und hierarchisches Bild von „typischen“ Berufen für Frauen* und
Männer* illustriert, welches unreflektiert in die Sozialisation mit einfließt.
Herausfordernd ließe sich sagen, dass sich allein die Formulierung des Leitmotivs Schön-
heit & Selbstbewusstsein bereits binär nach zwei Geschlechtern trennen ließe. Dienen also
die Dinge, die auf weiblichen* Oberteilen abgebildet sind dazu, etwaige Schönheitsnor-
men zu erfüllen, fungieren die Tags der Jungen*oberteile als Elemente, die das Selbstbe-
wusstsein unterstreichen. „Cool sein für Mädchen bedeutet mithilfe von Mode, Make-up
und Körpersprache weniger kindlich zu wirken und erwachsene Sexualität nachzuahmen.“
(Schnerring und Verlan 2014: 176) Aus kritischer Perspektive könnte man sagen, dass die
Dinge, die auf Mädchen*oberteilen abgebildet sind, Selbstbewusstsein herstellen oder ver-
mitteln sollen die Dinge, die auf Jungenoberteilen zu sehen sind, das Selbstbewusstsein
lediglich betonen.
„Schönheitshandeln […] ist ein Medium der Kommunikation und dient der
Inszenierung der eigenen Außenwirkung zum Zweck der Erlangung von
33 Bei dem Oberteil mit dem Aufdruck einen Arztkittels, handelt es sich evtl. um eine Darstellung von Re -
produktionsarbeit, allerdings ist ohne Zweifel ein ranghohes Mitglied einer medizinischen Einrichtung
abgebildet (mit Stethoskop und Ausweis mit der Aufschrift „Doctor“).
43
Aufmerksamkeit und Sicherung der eigenen Identität.“ „Schönheitshandeln ist
ein Mittel der Differenzierung von Geschlechtern […].“ (Degele 2004: 10, 29)
Inwieweit der von Nina Degele geprägte Begriff des Schönheitshandelns schon auf kindli-
che Lebenswelten anzuwenden ist, kann ich an dieser Stelle nicht abschließend evaluieren.
Dennoch denke ich, dass durch das Anziehen von nicht-neutraler Kleidung34, Kindern
dadurch schon früh eine soziale Positionierung auferlegt und sie mit der „Inszenierung der
eigenen Außenwirkung“ beladen werden. Wenn Kinder, ungefähr ab dem dritten Lebens-
jahr, gelernt haben, welchem biologischen Geschlecht* sie angehören, lernen sie ebenfalls,
dass damit auch gesellschaftliche Erwartungen und Zuschreibungen verwoben sind (vgl.
Schnerring und Verlan 2014: 51). Diese Erwartungen und Zuschreibungen werden durch
die Aufdrucke und Sprüche auf Kinderkleidung stark re_produziert.
4.3.2.2 Märchen & Träume
Die mit dem Leitmotiv „Märchen & Träume“ in Verbindung gebrachten Tags finden sich
in der folgenden Übersicht (Tabelle 5):
Darstellungen von Comicfiguren beziehungsweise Figuren aus Comic- und Zeichentrick-
filmen sind nach wie vor beliebte Motive auf Kinderoberteilen. Auf Oberteilen die als
männlich* kategorisiert sind, kommen solche Darstellungen insignifikant öfter vor. Inter-
essant ist, dass Comic- und Zeichentrickfiguren, die von der Industrie als männlich*
hergestellt35 werden, auf Jungen*oberteilen 185 Mal vorkommen, auf Mädchen*oberteilen
34 Damit ist Kleidung gemeint, die durch Farben, Sprüche oder Aufdrucke Kinder stereotyp feminisieren
oder maskulinisieren.
35 Diese geschlechtsbezogene Identitätsherstellung geschieht in den meisten Fällen durch Namen, Klei-
dung und Steckbriefe, die gesellschaftlich mehrheitlich als zu dem einen oder dem anderen Geschlecht*
zugehörig akzeptiert werden. Hinzu kommen Verhaltenseigenschaften, (magische) Fähigkeiten oder Ge-
44
Tabelle 5: Gruppierung der Tags des Leitmotivs Märchen
& Träume
immerhin 21 Mal. Andersherum kommen Comic- und Zeichentrickfiguren, die als weib-
lich* hergestellt werden auf Mädchen*oberteilen 138 mal vor und kein einziges Mal auf
Jungen*oberteilen (s. Tabelle 4). Ebenso unter ComicW eingeordnet, aber dennoch einzeln
getaggt wurde der Tag Prinzessin. Dieser Tag ist mit 24:0 unendlich stark auf
Mädchen*oberteilen überrepräsentiert. Ein Tag, der sich ebenfalls in ComicW oder
ComicM aufspalten lässt, ist Superheld. Dieser ist mit einer Verteilung von 7:95 sehr stark
auf Jungen*oberteilen überrepräsentiert.
Die Gesamtübersicht der tatsächlichen Abbildungen von weiblichen* und männlichen*
Comicfiguren lässt vermuten, dass es popkulturell deutlich weniger weibliche* Identifika-
tionsfiguren gibt:
ComicW Eiskönigin Elsa, Minnie Mouse, Biene Maja, Schlumpfine, Bambi, Hello
Kitty, Wendy, Skye (Paw Patrol), Amaya (PJ Masks)
ComicM Mickey Mouse, Donald Duck, Star Wars Figuren, Pokémon, Winnie Puh,
Jungle Book, Olaf, Sesamstraße, Benjamin Blümchen, Cars, Schlümpfe,
Pink Panther, Transformers, Bugs Bunny, Tom & Jerry, Minions, Ninjas,
Super Mario, Dumbo
Davon
Superhelden
Spiderman, Superman, Batman, Chase (Polizei) und Marshall (Feuerwehr)
[Paw Patrol], Ninja Turtles, Hulk, Fireman Sam
Eine Parallele dieser starken Überrepräsentation von männlichen* Figuren auf Oberteilen,
lässt sich zu Studien36 aus den letzten 40 Jahren zu generellen Darstellungen von Frauen*
und Männern*, deren Rollenbildern sowie Kindern und ihren Held*innen im Fernsehen
ziehen. Eine Studie aus dem Jahr 2007, die sich mit den Lieblingsfernsehfiguren von Kin-
dern befasst, kommt zu dem Ergebnis, dass es mehr männliche* Lieblingsfiguren gibt. Die
Autorin weist allerdings darauf hin, dass dies daran liegt, dass nur rund 30% aller Figuren
weiblich* sind und somit weniger Auswahlmöglichkeit besteht (vgl. Maya Götz 2007: 23).
„Kinder weisen ihren Lieblingsfiguren in ihrem Alltag Bedeutung zu.“ (ebd.: 24). Das
bedeutet, dass sie sich gemeinschaftlich über sie austauschen, sich in Figuren hineinverset-
fühlsäußerungen, die vergeschlechtlicht sind.
36 Viele Studien, in denen Frauen*- und Männerbilder* im Fernsehen wissenschaftlich untersucht wurden,
kommen zu dem Ergebnis, dass zwar Männer* und Frauen* auf den Bildschirmen vorkommen, jedoch
lediglich Männer* die handelnden Subjekte darstellen vgl. (Küchenhoff 1975; Weiderer 1995; H. Becker
und Becker 1999; Götz 2013; Smith, Choueiti, und Pieper 2014)
45
zen, aber auch von ihnen schlicht unterhalten werden wollen. Laut Götz ist es den Kindern
nicht wichtig, dass die Figuren ähnliche Dinge erleben wie sie selbst, sondern dass sie sich
aufgrund von Handlung und Umgebung mit einer Figur identifizieren können:
„Da Mädchen in unserer Gesellschaft nach wie vor nahegelegt wird, sich in
andere hineinzuversetzen, zu analysieren und durch Kommunikation zu
vermitteln, finden sie leichter Zugang zu Figuren, die eben dies
widerspiegeln.“ (ebd.: 27)
Die virtuellen, fiktiven Welten sind nicht real,beeinflussen aber dennoch die Realität. Mäd-
chen* träumen so das Stereotyp in verwunschenen Märchenwelten während Jungen*
heldenhaft die Welt retten und Bösewichte beseitigen. Es gibt aus der Kinderfilm- und
Fernsehbranche viele Beispiele37 (Schlumpfine, Minnie Mouse) die zeigen, dass Jungen*
als Konsumenten die Norm darstellen und Mädchen* die Unregelmäßigkeit. Aus (lingu-
istisch) konstruktivistischer Perspektive ließe sich sagen, die Jungen* (mit ihren Lieblings-
figuren) stellen das Unmarkierte, die Norm, dar, während Mädchen* das Markierte zuge-
sprochen wird (vgl. Doleschal 1992; Hornscheidt 2012; Trömmel-Plötz 1982). „‚Weiblich-
keit‘ wird nicht nur als etwas eindeutig anderes als ‚Männlichkeit‘ angesehen, sondern die-
ses Andere wird auch geringer bewertet.“ (Focks 2016: 19) Filme, die sich gezielt an
Mädchen* richten und weibliche* Haupt(identifikations)figuren entwickeln, transportieren
häufig Frauenbilder, die Rückständigkeit und die Unterwerfung der Frau* mit sich brin -
gen38. Disneys Arielle, die Meerjungfrau (1989) wünscht sich nichts sehnlicher als ein
Mensch zu sein. Sie verliebt sich bei der Rettung eines gekenterten Prinzen in diesen und
muss binnen drei Tagen auf seinen „Kuss der wahren Liebe“ hoffen, um ein Menschenle-
ben zu führen. Wie auch Rapunzel besticht Arielle durch wunderschönen Gesang. Häufig
werden in diesen Märchengeschichten die Abhängigkeitsverhältnisse zwischen Frauen*
und Männern* romantisiert dargestellt und mit einer heldenhaften Rettung durch Prinzen
oder Könige verklärt.
Die Motive auf den Kinderoberteilen scheinen also zwei Parallelwelten zu verkörpern: Auf
Jungen*oberteilen werden Stärke, Abenteuerlust, Raumexploration, Technik und Angriffs-
lustigkeit transportiert, während Mädchen*oberteile Harmonie, Phantasie und Ästhetik
darstellen (vgl. Hunger 2014).
37 Siehe auch „Smurfette-Prinzip“ zitiert nach Schnerring und Verlan 2014: 135.
38 Siehe auch „Dominanzkultur“ in Rommelsbacher 1995 v.a. S. 22.
46
Ein weiterer Faktor, der in das Leitmotiv Märchen & Träume mit einfließt, ist die Dimen-
sion der Zeit. Abgesehen davon, dass viele märchenhafte und magische Motive mit Wün-
schen und Sehnsüchten einhergehen, ist aus den getaggten Sprüchen auf den Kinderober-
teilen eine starke Tendenz erkennbar: Während Mädchen* scheinbar „für immer“ in einer
endlosen Zeitschleife leben, befinden sich Jungen* monumental im Hier und Jetzt. Eine
Auswahl an Sprüchen auf Oberteilen soll dies verdeutlichen.
Sprüche auf Mädchen*oberteilen Sprüche auf Jungen*oberteilen
Attention – femme of the Future (NKD) Be a Rebel (Takko)
Best Friends forever (Takko) Be Ready, Be First (KIK)
Did we just become friends for life? (H&M) Fun Surf Life (Ernsting’s Family)
Dream All Day (C&A) I Choose Today (H&M)
Dream big (Takko) Make today epic (C&A)
Dreams Do Come True (H&M) Chase your dreams (H&M)
Little Future Mermaid (Ernsting’s Family) Create your own future (H&M)
Never stop dreaming (C&A) Never get enough (C&A)
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Motive und Sprüche der Jungen*oberteile
das Hier und Jetzt sowie einen Bezug zur Realität, vor allem aber zur Handlung betonen.
Mädchen* werden mit Sprüchen und Bildern von Prinzessinnen und Feen ermutigt zu
träumen denn irgendwann gehen Träume bestimmt in Erfüllung, ohne eigene Handlung
allerdings, denn Jungen* sollen ihre Träume verfolgen und ihre Zukunft selbst kreieren,
also nicht nur davon träumen (wie im stereotypen Märchen).
47
4.3.2.3 Unschuld & Naivität
Die mit dem Leitmotiv „Unschuld & Naivität“ verbundenen assoziativen Tags (s. Tabelle
6) sind allesamt auf als weiblich* kategorisierten Oberteilen signifikant überrepräsentiert.
Ebenso wie diese Tags, zählen auch Farben, die klischeehaft als zart und sanft gelten
(Rosa, „Nude“) in dieses Raster. Die Darstellung von Naivität und Unschuld passiert durch
Motive, Sprüche und Farben, die die Betrachter*in inhärent mit ebensolchen ‚Eigenschaf-
ten‘ verbindet.
Das Attribut „süß zu sein“ wird stereotyp häufig mit Weiblichkeit in Verbindung gebracht
(MacNaughton 2017) und unterstreicht das Bild von Unschuld und Naivität. In Form von
Aufdrucken wird dies (auf Mädchen*oberteilen) oft transportiert. Auffällig ist dabei, dass
wiederholend mehrere Tags, die binär eher bei dem einen oder dem anderen Geschlecht
überrepräsentiert sind, zusammen auftreten.
Der Tag Obst ist mit 5:53 sehr stark auf als weiblich* kategorisierten Oberteilen überreprä-
sentiert. Bis auf wenige Ausnahmen sind süße, sommerliche, bunte Früchte abgebildet.
Auf Jungen*oberteilen kommt mehrmals die Ananas als Frucht vor, die allerdings mit
einer coolen Sonnenbrille ausgestattet ist. Auf Mädchen*oberteilen kommen am häufigs-
ten Melonen (aufgeschnitten), Kirschen, Erdbeeren und Ananas vor. In vielen Fällen glit-
zern und funkeln die Früchte hier allerdings. Generell ist die Darstellung von Nahrung
bzw. Lebensmitteln auf den Kinderoberteilen stark binär verteilt. Während sich auf Jun-
gen*oberteilen häufig Fast-Food wie Pizza oder Pommes wiederfinden, sind auf Mäd-
chen*oberteilen Desserts wie Cupcakes, Donuts und Eis oder Süßigkeiten abgebildet. Auf
nur einem einzigen Mädchen*oberteil (von H&M) findet sich die Abbildung von Pommes.
Kombiniert mit dem Spruch „finally fryday“ und bestickt mit Glitzerpailletten, werden
somit aber wieder althergebrachte Verbindung zu stereotypen Klischees hergestellt. Auf
48
Tabelle 6: Gruppierung der Tags des Leitmotivs Unschuld
& Naivität
zwei Jungen*oberteilen kommen Abbildungen von Eiswaffeln mit Kugeleis vor, diese
werden jedoch von Figuren verspeist (Schlumpf und Elefant) und werden so weniger stark
mit dem Speiseplan des T-Shirt Trägers in Verbindung gebracht.
Noch stärker überrepräsentiert ist der Tag Blumen auf Mädchen*oberteilen (190:3). Blu-
men treten in diesem Fall entweder vereinzelt als großes Motiv auf oder als kompletter
Print auf dem Stoff selbst. Wenn die Firmen bei Jungen*oberteilen auf gemusterte Stoffe
zurückgreifen, handelt es sich meist und geometrische Muster mit klaren Linien und wenig
ausgeschmückten Schnörkeleien. Vielfach handelt es sich bei den Blumenmotiven um
Rosen und andere Blumen mit kräftigen Blütenfarben. Die assoziative Verbindung mit
Liebe, Romantik und einer Art von unberührter Natur ist nicht zu übersehen. Auch der an
dieser Stelle wiederkehrende Tag ComicW sei hier genannt: Die Darstellung vieler weibli-
cher* Comicfiguren mit übertriebenen ‚femininen Attributen‘ wie langen, klimpernden
Wimpern, großen Kulleraugen und hohen Stimmen erweckt in dem*der Zuschauer*in
einen Instinkt, zu beschützen und die gezeichnete Figur als liebreizend und süß abzuspei-
chern. Ebendies passiert im übertragenen Sinne auf den Kinderoberteilen – durch die Auf-
drucke und das Zusammenspiel mit unserem gesellschaftlichen Erfahrungspool speichern
wir die Träger*innen mit den Informationen ab, die wir durch ihre Kleidung von ihnen
erfahren.
In Tabelle 6 sind noch weitere Tags aufgeführt, auf die ich unter Rückgriff auf dieses Leit-
motiv im Abschnitt zum Leitmotiv „Natur“ näher eingehe.
Aufgedruckte Worte, die in das Leitmotiv Unschuld & Naivität fallen, sind in den meisten
Fällen „sweet“, „cute“ und „little“. In welchen Sinnzusammenhängen diese vorkommen
soll die folgende Tabelle veranschaulichen:
49
Sprüche auf Mädchen*oberteilen Sprüche auf Jungen*oberteilen
Enjoy the little things (Takko, KIK) Happy little camper39 (NKD)
Pretty little lady (C&A) Daddy’s little helper (bellybutton)
Hello little one (C&A) Cool little boy (Takko)
Sweet little one (Takko) Little sailor (Ernsting’s Family)
Sweet as a strawberry (C&A)
I am cute as a flower (Takko)
I am not a princess – I am a rockstar (C&A)
Auffallend in dieser Darstellung ist die vehemente Vergeschlechtlichung des Adjektivs
„little“. Während auf Mädchen*oberteilen „little“ häufig in Verbindung mit einem unbe-
stimmten „one“ vorkommt, wird das Adjektiv auf Jungen*oberteilen genutzt um das Bild
eines tüchtigen Menschen zu zeichnen, der eben einfach klein bzw. jung ist (Camper, Hel-
fer, Segler). Eine Ausnahme dieses Musters scheint der letzte aufgeführte Spruch zu sein:
„I am not a princess – I am a rockstar“ suggeriert stark, dass die Träger*in nicht als zarte,
unschuldige Prinzessin gesehen, sondern als Rockstar (vermutlich mit einem komplett
konträren Lebensentwurf) wahrgenommen werden möchte. Um dennoch eine Verbindung
zu bekannten Stereotypen herzustellen, ist zwischen den beiden Teilsätzen ein zwar zer-
brochenes, aber dennoch pinkfarbenes funkelndes Herz aufgedruckt. Nichtsdestoweniger
wird die Assoziation allein schon dadurch geweckt, als das auf Jungen*oberteilen wahr-
scheinlich auch nicht „I’m not a Princess“ gedruckt wird.
Das Leitmotiv Unschuld & Naivität wird, wie gezeigt werden konnte, durch Farben, Sprü-
che und Motive transportiert:
„The connection between sweetness and fashion has important implications for
children’s and adults’ ideas about children’s clothing. It tells a truth about
what it means to be a girl, including their appearance affecting how adults
interact with girls, and further supports Western gendered discourses.“
(MacNaughton 2017: 39)
39 Dieses T-Shirt vermittelt eine zweideutige Botschaft: Auf dem schwarz-weiß gestreiften T-Shirt sitzt ein
kleiner Fuchs vor einem Zelt. Darunter befindet sich die Aufschrift „Happy Little Camper“ in bunten
Lettern. Zum einen wird durch das Zelt das Bild eines Campers vermittelt, zum anderen bedeutet die
engl. Redewendung „to be a happy camper“ soviel wie „glückselig sein“.
50
4.3.2.4 Sport, Wettkampf & Teamgeist
Dieses Leitmotiv lässt sich als wiederkehrendes Muster erkennen. Die folgende Tabelle
gibt einen Überblick über die damit verbundenen Tags (Tabelle 7):
Auf den Tag Beruf wurde bereits unter dem Leitmotiv „Schönheit & Selbstbewusstsein“
eingegangen. Er soll an dieser Stelle erneut aufgegriffen werden: Die am häufigsten darge-
stellten Berufe auf Kinderoberteilen sind die des Polizisten* und die des Feuerwehr-
manns* (siehe Abbildung 26 im Anhang, S. 85). Diese beiden Berufe verlangen explizit
Teamgeist und auf eine gewisse Art und Weise stellen „Verbrechensbekämpfung“ und „der
Kampf mit dem Feuer“ eine Wettkampfsituation dar, die es zu gewinnen gilt. Nicht überra-
schend ist daher die starke Überrepräsentation auf als männlich* kategorisierten Obertei-
len.
Prinzipiell ist das Sport als Leitmotiv sehr stark vertreten und ebenso männlich* domi-
niert. Sport wird mit körperlicher Anstrengung und Verausgabung, Ausrüstung bzw. Aus-
stattung sowie Gewinnen bzw. Verlieren verknüpft. Althergebrachte und bekannte
Geschlechterstereotype legen nahe, dass Jungen* deutlich aktiver sind als Mädchen*: Sie
klettern auf Bäume, sind laut und machen sich schmutzig. Dieses Klischee spiegeln im
Übrigen auch die meisten Schnitte von Kinderkleidung wider. Jungen*kleidung ist häufig
etwas weiter geschnitten praktisch und bequem. Mädchen*kleidung hingegen engt oft
ein, Schmutz wird auf den zarten Farben schneller sichtbar und würde das Bild des
unschuldigen unbefleckten Mädchens* zerstören.40
40 Das Eingehen auf die Vergeschlechtlichung von Schnitten und Schnittmustern sowie die Veränderung
derer im historischen Verlauf wäre an dieser Stelle erkenntnisbringend, würde jedoch den vorliegenden
Rahmen überschreiten. Ein erster Einblick darin findet sich in Döring 2016.
51
Tabelle 7: Gruppierung der Tags des Leitmotivs Sport,
Wettkampf & Teamgeist
Grundsätzlich scheint eine vorherrschende Reduktion auf den Körper als Bewegungsappa-
rat vorzuliegen: „Im Sport werden Weiblichkeit und Männlichkeit im sozialen Sinne – also
im Sinne der Kategorie gender alltagstheoretisch mit der Körperlichkeit also mit der
Kategorie sex – direkt verbunden.“ (Gramespacher 2009: 13f.; Herv. i.O.)
Mit den diversen Verzahnungen von Sport und Geschlecht* sind dominante Männlichkei-
ten im Sport verbunden, die letztendlich geschlechtsbezogene Segregationsmerkmale für
weiblichen* Sport aufrufen. So etwa werden leistungsbezogene, geschlechtsdifferenzie-
rende Bewertungen vorgenommen, die essentialistische Vorstellungen von körperlichen
Prozessen herstellen und reproduzieren.
„Unreflektiert verschmelzen im Sport somit die Kategorien sex und gender zu
einem ethisch-moralisch legitimierten Amalgam, das in seiner Konsequenz die
Zuschreibungen einzelner Sportarten beziehungsweise Sportdisziplinen zu
gender mit sich bringt.“ (Gramespacher 2009: 15; Herv. i.O.)
Dass Jungen* als aktiver, leistungsfähiger und sportbegeisterter gelten, implizieren auch
die vorliegenden Ergebnisse. Neben ComicM, Fahrzeug und Stadt kommt der Tag Sport
am häufigsten vor. Eine Überschneidung mit diesen überrepräsentierten Tags ist oftmals
gegeben. Sport, Fußball, und Fußballtrikot41 wurde zusammengenommen auf 172
Jungen*oberteilen identifiziert (9,1%). Bei Mädchen* hingegen liegt das Ergebnis bei
insgesamt 28 Tags weit unter einem Viertel (1,4%).
Hinweise auf Sport und sportliche Aktivitäten finden sich in Sprüchen und Motiven. Auf
Jungen*oberteilen werden die Sportarten Fußball, Skateboarden, Paddeln/Rudern, Basket-
ball, Surfen, Bergsteigen/Klettern, Autorennen, Eishockey und Snowboarden dargestellt.
Viele dieser genannten Sportarten sind actionreiche, nicht ungefährliche Sportarten. Die
großen Namen jener Sportbranchen sind allesamt männlich* und dementsprechend gestal-
tet sich auch die gesellschaftlich diskursive Wahrnehmung. Sportarten, in denen die Natur
bezwungen, das Sportgerät komplett unter Kontrolle gebracht und mit dem Körper eine
Einheit bilden muss, charakterisieren die Abbildungen auf als männlich* konnotierten
Oberteilen. Auf Mädchen*oberteilen werden überwiegend die Sportarten Rollschuhfahren,
Laufen und Tanzen (Cheerleading, Bändertanz und Ballett) dargestellt. Ein Mal gibt es
eine Darstellung von drei pinkfarbenen Flamingos mit Sonnenbrillen auf Skateboards
(H&M) und ein Mal (in drei verschiedenen Farben) wird durch eine schwarz-weiß kar-
41 Aufgrund der zeitlichen Nähe zur populären Männerfußballweltmeisterschaft 2018, habe ich diese
Sportart als Einzeltag ins Sample aufgenommen.
52
rierte Flagge in Form eines Herzens, die auf das Ende eines Autorennens hindeutet, Motor-
sport veranschaulicht (Tommy Hilfiger).
Die folgende Gegenüberstellung zeigt eine Auswahl von Sprüchen auf Oberteilen, die mit
dem Leitmotiv „Sport, Wettkampf & Teamgeist“ korrelieren, und unterstreicht die bisher
gewonnenen Erkenntnisse.
Sprüche auf Mädchen*oberteilen Sprüche auf Jungen*oberteilen
GO! (Tommy Hilfiger) Be ready, be first (KIK)
I just love 2 run (KIK) Catch a wave (H&M)
Ribbon Dance (KIK) Chase the adventure (H&M)
I don‘t sweat – I sparkle (Takko) Fußballnachwuchs (Takko)
Enjoy the sun (KIK) Enjoy the ride (C&A)
Only for nice cheerleader (KIK) Race to win (C&A)
Abgesehen davon, dass sich die dargestellten Sportarten in Wort und Bild in das System
binärer Zweigeschlechtlichkeit und die dominanten Diskurse um Sport und Geschlecht*
einreihen, kann ein weiterer geschlechterwissenschaftlich relavanter Diskurs entlarvt wer-
den: Während nahezu alle als männlich* konnotierten Sportarten draußen, also im öffentli-
chen Raum, ausgeübt werden, sind die gezeigten weiblichen* Sportarten wie Ballett und
Bändertanz für geschlossene, dafür konzipierte – private – Räume bestimmt.42
Die sportwissenschaftliche Frauenforschung konnte Dank eines feministischen Theorie-
modells „das einseitig naturwissenschaftlich und Diskriminierungen begünstigende Ver-
ständnis von Geschlecht“ (Hartmann-Tews 2003: 15) weitestgehend entlarven, nichtsdes-
toweniger halten sich, wie wir sehen, Begründungen der körperlichen Unterlegenheit und
Untauglichkeit von Frauen* im Sport erschreckend lang im gesellschaftlichen Kanon.
42 Privatheit und Öffentlichkeit werden in der Frauen- und Geschlechterforschung als essentialistische
Konstruktionen verhandelt, die als kontextgebundene Bedeutungskomplexe über rigide Wirkmacht ver-
fügen. Weiterführend siehe u.a. Hausen 2007.
53
4.3.2.5 Liebe, Partnerschaft & Freundschaft
In vielen Aufdrucken und Sprüchen der Kinderoberteile findet sich ein dominanter Diskurs
um Beziehungen verschiedener Art. Häufig auftretend sind Liebesbeziehungen, soziale
Beziehungen sowie familiäre Beziehungen. Getaggte Motive sind im Gegensatz zu aufge-
fundenen Sprüchen auf den Oberteilen eher selten. Ausmachen ließen sich Herz, ein Tag,
der mit einer Verteilung von 177:6 signifikant auf Mädchen*oberteilen überrepräsentiert
ist, sowie Lippen, eine Abbildung, die zwar nur acht mal im gesamten Sample vorkommt,
allerdings lediglich auf als weiblich* konnotierten Oberteilen. Die nun folgende Aufstel-
lung soll exemplarisch zeigen, durch welche Sprüche das Leitmotiv Liebe, Partnerschaft
und Freundschaft symbolisiert und zum Ausdruck gebracht wird.
Sprüche auf Mädchen*oberteilen Sprüche auf Jungen*oberteilen
All I need is love and a cute cat (KIK)
I am a dog lover (C&A)
Hello little love (C&A)
I love you (Ernsting’s Family)
Best friends forever (Takko, KIK, NKD) Sailor friends (H&M)
Did we just become friends for life? (H&M) Vaycay friends (H&M)
Lovely friend (Ernsting’s Family) King of my castle (bellybutton)
Best Sis (H&M) Hero of the family (Takko), Best little Bro
(Takko)
Sisters forever (KIK) Mum and Dads hero (Takko)
I love mum (Takko) Hugs for mom (C&A), I love my Dad (H&M)
DAD (H&M)
My Dad rules (Takko)
Generell ist erkennbar, dass das Wort „Liebe“ auf Mädchen*oberteilen deutlich häufiger
auftritt als auf Jungen*oberteilen. Neben Liebes-, sozialen, und familiären Beziehungen,
drücken sich in den Sprüchen auf den als auf weiblich* konstruierten Oberteilen auch
Beziehungen zu Subjekten und Objekten aus, die sie „lieben“ - das können Tiere, Sportar-
ten oder sogar sie selbst sein („Love yourself“ (NKD)) – Männer* hingegen dürfen sich nicht
selnst lieben. Solche Liebesbekunden finden sich auf Jungenoberteilen überhaupt nicht.
Einhergehend damit sind geschlechterstereotype Annahmen von Mädchen* und Frauen*
54
als liebesbedürftig und die allgegenwärtige Bereitschaft, Liebe und emotionale Bindung zu
teilen.
Auch die Sprüche, die sich um Freundschaft drehen, sind auf Mädchen*oberteilen signi-
fikant häufiger vertreten als auf Jungen*oberteilen und unterscheiden sich in der Kernaus-
sage. Während häufig eine Langzeitfreundschaft betont wird auch hier findet sich wie-
derkehrend die Dimension der Zeit sind die Freundschaften, die auf Jungen*oberteilen
zum Ausdruck gebracht werden zweck- oder zeit-gebunden (siehe Auflistung).
Entgegen meiner eigenen Erwartungen kommen Sprüche, die familiäre Beziehungen und
Bindungen symbolisieren und skizzieren auf Jungen*oberteilen häufiger vor als auf Mäd-
chen*oberteilen. Nicht selten wird der Träger der Oberteile durch diese Sprüche zum
Familienliebling erkoren, der eine enge und innige Beziehung zum Vater führt. An das
„Muttersöhnchen“ denken die Rezipierenden so sicher nicht.
Implizit werden mit den Sprüchen Charaktereigenschaften der Träger*innen konstruiert:
Während die Sprüche auf Mädchen*oberteilen Treue, Innigkeit und Beständigkeit vermit-
teln, suggerieren die Sprüche der Jungen*oberteile, dass die jeweiligen Träger allseits
beliebt sind, auch wenn sie beispielsweise lediglich Ferienfreundschaften führten oder
zusammen zum Segeln gingen.
55
4.3.2.6 Natur
Das letzte Leitmotiv „Natur“ ist gleichsam das wohl bedeutendste Leitmotiv der unter-
suchten Kinderoberteile, das viele Sinnzusammenhänge und bereits aufgegriffene Proble-
matiken eint.
56
Tabelle 8: Gruppierung der Tags des Leitmotivs Natur
Zum einen ist erkennbar, dass die Häufung der Tags auf ein starkes Vorkommen von Moti-
ven hindeutet, zum anderen offenbart die Analyse eine signifikant unterschiedlich verge-
schlechtlichte Inszenierung von Natur. Die Auswertung der Ergebnisse soll sich nach ver-
schiedenen Konzepten aufgliedern. Beginnend mit der Darstellung von Tieren auf Kinder-
oberteilen, sollen anschließend Fortbewegungsarten analysiert und schließlich die Verein-
nahmung des Weltraums als Beobachtungsgegenstand dienen.
Viele Tiere wurden, wie Tabelle 8 entnommen werden kann, separat getaggt. Der Tag
Tiere eint diejenigen Motive, die auffallend wenig bzw. nur ein Mal auf einem Oberteil
vorkommen, die nicht als ein bestimmtes Tier identifizierbar sind und solche Motive, die
aus einer Vielzahl unterschiedlicher Tiere bestehen. Bei den als Mädchen*oberteile kate-
gorisierten Kleidungsstücken sind insgesamt 12 Tags, die ein Tier symbolisieren, überre-
präsentiert. Bei den Jungen*oberteilen sind es hingegen nur halb so viele überrepräsen-
tierte Tier-Tags. Daraus ist zu schlussfolgern, dass die Varianz an Tiermotiven auf Mäd-
chen*oberteilen insgesamt höher ist ebenso wie das Vorkommen von Tiermotiven über-
haupt. Bei genauerer Betrachtung lässt sich ein Muster innerhalb der dargestellten
Lebewesen erkennen:
Auf Mädchen*oberteilen sind meist Tiere abgebildet, die a) als Haustiere gehalten werden
können und mit weichem, kuschligem Fell versehen sind (Hase, Hund, Katze, Maus,
Pferd43) oder b) mit ihren durch Sagen, Medien und Alltagswissen verbreiteten
(Charakter)Eigenschaften „zu Mädchen passen“ oder eben passend gemacht werden. Der
Delphin beispielsweise gilt als besonders soziales Lebewesen, das fürsorglich und in The-
rapieform mit anderen Wesen interagiert. Andere Tiere wie zum Beispiel der rosa-/pinkfar-
bene Flamingo, der Schmetterling oder Vögel werden allem Anschein nach aufgrund des
jeweiligen Aussehens und/oder der vermeintlichen Leichtigkeit dargestellt. Das Einhorn
als Illustration eines Fabelwesens, passt sich durchaus auch in das Leitmotiv Märchen &
Träume ein. Das pferdeähnliche Fabeltier findet zwar bereits seit der Antike Erwähnung,
43 Streng genommen passt das Pferd nicht in die Aufzählung der hier genannten Haustiere. Dennoch darf
es an dieser Stelle nicht fehlen, da es, wie die Geschichte zeigt, noch bis vor dem Zweiten Weltkrieg ein
rein von Männern* gehaltenes und berittenes Tier war. Als nach der genannten historischen Marke das
Reiten zum Sport avancierte, stieg der Frauenanteil* in den Pferdeställen rapide an. In vielen von mir
gelesenen Beiträgen zum Thema Reitsport und Geschlecht* allerdings wird das große und vermehrte
weibliche* Interesse am Reitsport und Pferden evolutionsbiologisch und essentialistisch begründet:
Mädchen* verlieren schneller ihr Interesse am fiktiven Spiel und wollten sich früher als Jungen* um
echte Lebewesen sorgen (vgl. Dohna 2018).
57
dennoch ist es bis auf eine Ausnahme „als Symbol der Keuschheit und Jungfräulich-
keit“44 ausschließlich auf Mädchen*oberteilen zu finden.
Auf Jungen*oberteilen sind die überrepräsentierten Darstellungen solche, die annähernd
unbezähmbare, gefährliche Tiere mit scharfen Zähnen im Gebiss zeigen. Am häufigsten
sind dabei Abbildungen von Dinosauriern, die im Erdmittelalter vorkamen. In den meisten
Fällen wird der als Fleischfresser bekannte Tyrannosaurus rex (T-Rex) aufgedruckt. Nicht
selten werden dieser und andere Saurier vermenschlicht, indem sie beim Autofahren, Piz-
zaessen oder Surfen/Skaten dargestellt werden. Eine Identifikation des Trägers* soll damit
leichter gemacht werden. Auch andere Tags wie Hai, Krokodil oder Tiger45 beschreiben
sinnbildlich die Kernaussage dieses Abschnitts: Auf Jungen*oberteilen finden sich solche
Tiere, die konträr zu denen auf den Mädchen*oberteilen stehen und dabei die gesellschaft-
lich akzeptierten „Eigenschaften“ von Jungen* präsentieren – wild, rebellisch, unbezähm-
bar.
Abweichend vom bisherigen Auswertungsverfahren möchte ich an dieser Stelle auf ein
Mädchen* T-Shirt (C&A, siehe Abbildung 8) näher eingehen, da es meines Erachtens
neben den bereits erwähnten sozialen Kategorien, Klasse und Geschlecht*, race näher in
den Betrachtungsfokus rückt.
44 Definition Duden - die deutsche Rechtschreibung: „Einhorn“
https://www.duden.de/rechtschreibung/Einhorn, Zugriff 25.07.2018
45 Dieser Tag Tiger symbolisiert auch Löwen, Geparden, Pumas und andere Wildkatzen.
58
Abbildung 8: Oberteil von C&A aus der Rubrik Mädchen> Kinder> T-Shirts.
Bildschirmfoto 26.04.2018 https://www.c-and-a.com/de/de/shop/kurzarmshirt-bio-
baumwolle-glanz-effekt-2003013/1?categoryId=15229&facets=ads_f10037_ntk_cs
%3AWei%C3%9F%3B
Es handelt sich beim untersuchten Objekt um ein Oberteil, das für Mädchen* beworben
wird. Weder die dargestellten Figuren, Tiere und Pflanzen, noch der Schriftzug „My Trip
To Nairobi“ scheint durch die Anordnung im Vordergrund zu stehen. Dennoch kann ver-
mutet werden, dass die Lebewesen und Pflanzen durch Diagonalachsen und wieder aufge-
griffene Farben in Verbindung stehen. Die pink- und schwarzfarbenen Pfeile sind ethni-
siert dargestellt und rahmen den Spruch des Oberteils ein. Weder der Spruch noch die
„neutrale“ weiße Farbe des T-Shirts sprechen für eine Darstellung von Eroberung bzw.
59
kolonialistischen Ideen/Bildern. Die Abbildungen der Lebewesen sind im Kindchen-
schema gehalten. Es werden zwei Personen dargestellt, die durch diverse Codes (Klei-
dung, Körperhaltung, Schmuck) als weiblich und als of Color zu identifizieren sind. Beide
Personen sind in aktive Handlungen involviert: Während die eine ‚im Damensitz‘ auf
einem Fahrrad sitzt, wird die andere in übertriebener Weise versinnlicht und verharmlost
beim Wassertragen dargestellt. Die Natur, in der beide Personen eingebettet scheinen, wird
nicht als bedrohlich sondern als geordnet und gepflegt inszeniert. Die Abbildung des
potentiell gefährlichen Tigers wird durch die geschlossenen Augen des Tieres und den
blauen Schmetterling auf dessen Kopf verharmlost. Offen bleibt, wer den „Trip To Nai -
robi“ macht. Ist es eine der abgebildeten Personen? Ist es die Trägerin* selbst? Vermuten
lässt sich, dass diese Frage durch den Verkaufs- bzw. Vermarktungskontext beantwortet
wird. Es kann somit angenommen werden, dass eine weiße westliche Person den „Trip To
Nairobi“ macht. Abgesehen davon, dass erneut Weiblichkeit in Verbindung mit Natur und
Fortbewegung klischeehaft und unrealistisch gezeigt wird, transportiert dieses Oberteil
meines Erachtens rassistische und rassifizierende Vorstellungen global südlicher Länder
und soziokultureller Umgebungen.46 Illustriert wird hierbei eine stereotype und romanti-
sierte Vorstellung eines afrikanischen Landes
Zusätzlich zu den getaggten Motiven soll eine Gegenüberstellung der Sprüche auf den
jeweiligen Oberteilen zeigen, mit welchen Gedanken und Worten die Darstellungen ver-
bunden werden.
Sprüche auf Mädchen*oberteilen Sprüche auf Jungen*oberteilen
Do what you love (C&A) Rules are made to be broken (Takko)
Creative imagination (KIK) Deep sea adventure (KIK)
Have a magical day (Ernsting’s Family) Stars take waves (Takko)
Cutest girl (C&A) Mini hero inside (Takko)
Dreamer (C&A) Nice to eat you (C&A)
Watch more sunsets (Takko) I have got great power (Ernsting’s Family)
I believe in unicorns (H&M)
Wie schon zuvor bei anderen Leitmotiven ersichtlich war, werden Mädchen* als Trägerin-
nen der Oberteile als verträumt, liebenswert, süß, romantisch und märchenhaft dargestellt.
46 Weitere rassistische Darstellungen sind u.a. die Darstellungen sog. indigener Bevölkerung auf den Ober-
teilen von Jako-o (siehe Anhang Abbildung 27, S. 86).
60
Gegenteiliges ist bei den Jungen*oberteilen der Fall. Die Träger* werden als abenteuerlus-
tig, rebellisch, heldenhaft und schlagfertig charakterisiert.
Das Konzept der Fortbewegung dient gewissermaßen als Vorstufe für die ‚Vereinnahmung
des Raumes‘ und spiegelt zugleich bereits gewonnenes Wissen über die binäre, verge-
schlechtlichte Darstellung von Natur und ihrer Besiedelung wider: Wenn davon ausgegan-
gen werden kann, dass die konsumierten Kinderoberteile lebensweltliche Realitäten wider-
spiegeln und abbilden, ist festzuhalten, dass Mädchen* sich mit einer signifikant geringe-
ren Anzahl an Fortbewegungsmitteln durch die Natur bewegen. Während auf
Mädchen*oberteilen Schiffe (ein Piratenschiff; ein Schiff mit Blumendeko), Fahrräder
(Damenrad mit Körbchen), Rollschuhe, Busse, Autos (Rosa, vermenschlicht) und Mopeds
abgebildet werden, finden sich auf Jungenoberteilen Schiffe (Piratenschiffe, Segelschiffe,
U-Boote), Helikopter, Autos (Rennautos, Monstertrucks, Bagger, LKW, Feuerwehrautos,
Abschleppwagen), Eisenbahnen, ICE, Fahrräder (BMX, Rennräder), Skateboards, Surf-
bretter, Snowboards, Motorräder, Quads. Kongruent zum Konzept Tiere lässt sich festhal-
ten, dass die gedruckten Motive auf Jungen*oberteilen Fortbewegungsmittel zeigen, die
schneller, gefährlicher und ungewöhnlicher/extremer sind als diejenigen, die auf Mäd-
chen*oberteilen gezeigt werden.
Nahtlos an diese Theorie schließen sich die Überlegungen zur Vereinnahmung Raumes an,
welche ebenso vergeschlechtlicht scheint. Martina Löw versteht die Konstitution von
Raum stets als sozialen Prozess. Das impliziert zum einen, dass jede Handlung auch raum-
bildend ist und soziale Verhältnisse, etwa Klassen- und andere Machtverhältnisse, im Zuge
der Raumnutzung und -aneignung mitgedacht werden müssen (vgl. Löw [2001] 2012: 15,
137f.). Wie unterschiedlich bespielsweise die Nutzung von Raum auf Kinderoberteilen
dargestellt wird, hat sich an dieser Stelle gezeigt.
Als zusätzliche Fortbewegungsmittel, die eine weitere territoriale Raumnutzung möglich
machen, sind bei Mädchen*oberteilen ein rosafarbenes Flugzeug und ein Heißluftballon
zu finden. Auf Jungen*oberteilen können real aussehende (Weltraum-)Raketen und Flug-
zeuge betrachtet werden. Auffällig erscheint an dieser Stelle einmal mehr das Ungleichge-
wicht der Darstellungen: Während das Flugobjekt auf dem Mädchen*oberteil lediglich
durch die Farbe Rosa markiert ist, ist auf der Rakete des Jungen*oberteils sogar der
Schriftzug „NASA“ zu erkennen. Es handelt sich dementsprechend um eine besondere
Markierung des Objekts auf dem Mädchen*oberteil.
Ebenso unterschiedlich ist die eigentliche Darstellung des territorialen Raumes – in diesem
Fall die Inszenierung des Universums auf den Kinderoberteilen. Während auf
61
Jungen*oberteilen Vorstellungen verschiedener Galaxien gedruckt sind, findet sich ledig-
lich auf einem Mädchen*oberteil eine Bleistiftzeichnung des Planeten Saturn. Besonders
auffällig an dieser Stelle war der Kontrast zweier Oberteile: Auf dem Mädchen*pullover
ist die Milchstraße erkennbar und ein*e Beobachter*in, der*die diese durch das Fernrohr
betrachtet (siehe Anhang Abbildung 28, S. 87). Auf dem Jungen*oberteil im Vordergrund
ein Astronaut* zu sehen, der seinen Blick auf die Erde richtet (siehe Anhang Abbildung
29, S. 87). Sinnbildlich hat dieser Vergleich enorme Aussagekraft. Während Mädchen* auf
dem Wasser bleiben und maximal in einem Flugzeug als Passagierin* die Natur besiedeln/
bereisen/bewohnen, erobern Jungen weit unter dem Meeresspiegel bis in ferne Galaxien
den Weltraum. Durch solch wiederholte Handlungen werden Räume immer wieder auf die
gleiche Weise hergestellt (vgl. Löw [2001] 2012: 164). Die Analyse des Materials bestätigt
somit eine geschlechtlich-räumliche Differenzierung, die eine Selbstverständlichkeit von
(rassistischer/kolonialer) Eroberung voraussetzt.
„Die Vergeschlechtlichung der Wahrnehmung führt im Sinne der
Somatisierung sozialer Ordnung zu einer Ortswahl und einer
Platzierungspraxis, die gesellschaftliche Strukturprinzipien (so auch
Geschlecht) reproduziert.“ (Löw, Steets, und Stoetzer 2007: 50)
Das bedeutet, dass nicht nur jede Handlung durch Geschlecht* als Strukturkategorie und
anderen Machtverhältnissen durchzogen ist, sondern auch das Wahrnehmen von Räumen.
62
5. Zusammenfassung der Analyseergebnisse und
Desiderata
In diesem Abschnitt sollen die Ergebnisse der empirischen Untersuchung übersichtlich
zusammengefasst, kritisch bewertet werden sowie einen Ausblick auf mögliche weitere
Forschungsziele gegebenen werden.
Gebündelt und als Leitmotive in einen Sinnzusammenhang gesetzt, zeigte die Analyse aus-
sagekräftige Ergebnisse. Wie in vielen Einzelfällen ersichtlich wurde, wird Kinderkleidung
marketingstrategisch gezielt binär und orientiert einer heteronormativen Zweigeschlecht-
lichkeit designt und vermarktet. Dieser Sachverhalt lässt sich unter dem Stichwort Gender-
Marketing diskutieren. Diese besondere Marketing-Strategie beinhaltet die Vermarktung
von Produkten und Dienstleistungen. Das bedeutet, Entwicklung und Herstellung sowie
Werbung und Verkauf werden gezielt an die „Interessen“ der Konsument*innen angepasst.
Unter der Prämisse, dass Frauen* und Männer, Mädchen* und Jungen* unterschiedliche
Konsum- und Entscheidungsverhalten hätten, wird Geschlecht* zum ultimativen Wirt-
schaftsfaktor (vgl. Kreienkamp 2007: 14f.). Biologistische und evolutionstheoretische Vor-
stellungen von Geschlecht* erleben damit eine neue Renaissance und dienen als Erklä-
rungsmuster und Legitimationsgrundlage.
Das Zusammenspiel aus Farbverteilung und Leitmotiven liefert signifikante Aussagen
über die Vorstellungen und Charakterisierungen von kindlichen, zweigeschlechtlichen
Lebenswelten. Stets nach dem Motto „Was unter ‚weiblich‘ verstanden wird, ist das, was
nicht ‚männlich‘ ist“ (Küchler 1997: 38), werden Mädchen* gezielt als zarte, romantische
und schützenswerte Wesen angesprochen.47 Jungen* hingegen werden als draufgängerisch,
rebellisch und aktiv charakterisiert. „Wer sich dem Habitus zu entziehen versucht, wird
von den anderen an dessen Gültigkeit erinnert“ (Meuser 1998: 118f.). Gesellschaftlich
re_produzierte Unterschiede zwischen Mädchen* und Jungen* werden aufgenommen und
auf den Kinderoberteilen abgebildet und neu hervorgebracht.
47 Vgl. auch ‚Sameness Taboo‘: Wenn die herkömmliche Herstellung der Geschlechterunterschiede durch
Institutionalisierung o.ä. generiert ist und damit an Exaktheit verliert, muss auf andere Art und Weise das
Tabu am Leben gehalten werden (vgl. Rubin 1975: 178f.). Wenn bspw. auch Mädchen* maskulinisierte
Motive tragen ‚dürfen‘, muss der Unterschied durch die Farbgebung (z.B. Rosa) hervorgehoben werden.
63
Der hier dargestellte Netzwerkgraph (Abbildung 9) veranschaulicht die Bündelung zusam-
men vorkommender Tags. Jede Kante in diesem Graphen repräsentiert das gemeinsame
Vorkommen der Tags an ihrem Ende auf einem Oberteil. Die Länge der Kanten ist gewich-
tet nach der Häufigkeit der gemeinsamen Darstellung: je häufiger zwei Tags gemeinsam
auftauchen, desto stärker werden die beiden Knoten des Graphen zueinander hingezogen.
Diejenigen Tags, die rosafarben markiert sind, sind auf Mädchen*oberteilen überrepräsen-
tiert, die blauen auf Jungen*oberteilen. Weniger als zweifach überrepräsentierte Tags sind
in dieser Abbildung nicht dargestellt. Es ist deutlich zu erkennen, dass diejenigen Tags
besonders häufig gemeinsam auf Oberteilen avorkommen, die dem gleichen Geschlecht*
64
Abbildung 9: Netzwerkgraph: Verbindung zusammenhängender Tags
zugeschrieben werden. Damit illustriert diese Darstellung die bereits beschriebenen
Sinnzusammenhänge und zeigt eindeutig die binäre Segmentierung der analysierten Tags.
Veranschaulicht wird hiermit auch, wie stark die Vorstellungen von männlicher* und weib-
licher* Sozialisation voneinander abzuweichen scheinen. Insbesondere die Leitmotive
‚Sport, Wettkampf & Teamgeist‘ sowie ‚Natur‘ repräsentieren gesellschaftlich gängige und
akzeptierte Männlichkeitspraktiken, die angewandt werden, um als „eindeutig“ männlich*
identifiziert zu werden (vgl. Focks 2016: 80). Durch die Motive und Sprüche, die auf den
Oberteilen für Jungen* abgebildet sind, werden Inszenierungen von hegemonialer Männ-
lichkeit*, also die Herstellung eines bestimmten Bildes von Überlegenheit, re_produziert.
Es ist zwar davon auszugehen, dass sich „die Formen von Männlichkeiten von Männern*
und Jungen* deutlich unterscheiden“, Kinder jedoch durch ihr Verhalten und den Umgang
mit spezifischen Situationen ihre Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe zeigen (ebd.).
Leitmotive wie ‚Märchen & Träume‘ oder ‚Liebe, Partnerschaft & Freundschaft‘ spiegeln
Weiblichkeitskonstruktionen, soziale Fähigkeiten und Werte wider (vgl. Thon 2015: 159).
Diese und andere durch Gender-Marketing hervorgebrachten Produkte und Dienstleistun-
gen tragen maßgeblich dazu bei, dass im kindlichen Sozialisationsprozess „die Zugehörig-
keit zu einem der beiden Geschlechter gelernt und die Geschlechterverhältnisse durch dif-
ferenzierende Praktiken immer wieder hergestellt werden“ (Faulstich-Wieland 2000: 12).
Es werden damit also keine rosafarbenen und hellblauen kindlichen Grundbedürfnisse
befriedigt – das Gegenteil ist der Fall. Die soziale Gruppe „Kinder“48 wird durch politische
Entscheidungen sowie soziokulturelle Formungen konstruiert. Die generationale Ordnung
kommt schließlich als soziale Hierarchisierung zum Tragen. Als Generation, die nicht
ernst genommen und der jegliche Teilhabe verweigert wird, werden Kindern so u.a. durch
die Textilindustrie Handlungsräume vorstrukturiert und systematisch übergestülpt.
In meinem hier vorliegenden Sample hat es den Anschein, dass die untersuchten Oberteile
des hochpreisigen Segments von Tommy Hilfiger und bellybutton weniger aggressiv mit
den stereotypen Sozialisationsvorstellungen von Jungen* und Mädchen* spielen. Zum
einen kann es an der weniger starken „Pinkifizierung“ (Thon 2015) der (Mädchen*)Ober-
teile liegen, zum anderen an der generell zurückhaltenderen Farb- und Motivauswahl der
Hersteller*innen. Bei Tommy Hilfiger lassen sich auf den Oberteilen grundsätzlich so gut
wie keine Sprüche finden – typisch für dieses Preissegment erscheint ein mehr oder weni-
48 Hinsichtlich kindheitswissenschaftlicher Diskurse wird Kindheit verstanden als gesellschaftlicher Raum
mit spezifischen Anordnungen, Institutionalisierungen und Logiken (vgl. Luber und Hungerland 2008).
65
ger präsenter Schriftzug des Markennamens gepaart mit den Logo und/oder dem Firmen-
gründungsjahr.
Festzuhalten ist, dass durch die zu Schlichtheit, in allen untersuchten Facetten, neigenden
Oberteile des hochpreisigen Segments, sich von jenen Oberteilen der niedrigen und mittle-
ren Preissegmente abzugrenzen scheinen. Nichtsdestoweniger wurden in allen Preisseg-
menten Hinweise auf die vorgestellten vergeschlechtlichten Leitmotive gefunden. Es ließe
sich ggf. von sozialen Zwängen oder Kleidungscodes sprechen, die sich durch jede gesell-
schaftliche Schicht bzw. Klasse ziehen. So ist sowohl in der Auswertung meiner For-
schungsergebnisse wie auch im täglichen sozialen Umgang zu beobachten, dass „klassi-
sche Eleganz“ eng mit einer realen oder imaginierten upperclass verbunden sind. So lassen
sich häufig als einzige Aufdrucke subtile Markenlogos finden. Eine weitere These könnte
also sein, dass unser kulturelles Kapital Kleidungscodes definiert. Dem müsste selbstver-
ständlich in einer weiterführenden Untersuchung nachgegangen werden.
Mit der vorliegenden empirischen explorativen Untersuchung ließ sich meine These, dass
Kinderkleidung stark vergeschlechtlicht ist, bestätigen. Ebenso konnte ergebnisorientiert
dargelegt werden, dass Mädchen*kleidung insofern stärker vergeschlechtlicht ist, als dass
Mädchen*oberteile auch Farben und Motive aufweisen, die auf Jungen*oberteilen gefun-
den wurden, Jungen* in feminisierter Kleidung hingegen ein absolutes No-Go zu sein
scheinen. „Es ist schlimmer für einen Jungen ‚ein Mädchen‘ zu sein, als für ein Mädchen*
wild und aktiv zu sein“, sagt Stevie Schmiedel, Gründerin des Protestvereins pinkstinks in
einem Interview (ARD 2018: 06:55). Das heißt, dass Kleidung einen stark normierten und
normierenden Symbolwert hat, der je nach Kleidungsstück Ein- und Zuschreibungen
an den*die Träger*in und die Rezipierenden weitergibt.
Kinder erlernen durch ihr soziales Umfeld sowie durch (stilles) Beobachten Geschlechter-
rollen. Durch immer wiederkehrende Repetitionen in Büchern, im Fernsehen oder in der
Werbung werden diese Vorstellungen internalisiert und schon in jungen Jahren nachge-
ahmt. Auch wenn davon auszugehen ist, dass Säuglinge und Kleinkinder noch nicht ver-
stehen, welche Aussagen sie durch Sprüche49 oder Motive auf ihrer Kleidung transportie-
ren, haben sie ein Bewusstsein für die Reaktionen, welche sie mit dieser Kleidung und mit
speziellen Farben bei anderen Menschen hervorrufen. Noch bevor Kinder überhaupt zur
Welt kommen und selbstständig handeln und lernen können, wird ihnen durch gesell-
schaftliche Muster und Gewohnheiten, zumindest gedanklich, der rosafarbene oder hell-
49 Es sei noch erwähnt, dass auf genau 702 Oberteilen Sprüche identifiziert werden konnten. Lediglich fünf
davon waren in deutscher Sprache. Wenige Sprüche waren in französischer, der Rest in englischer Sprache.
66
blaue Strampler übergezogen. Was in der Historie gegenteilig der Fall war, scheint nun
‚typisch Mädchen – typisch Junge‘ zu sein. Wie diese ‚typischen‘ Rollenverständnisse und
Gruppenzugehörigkeiten verinnerlicht sind, zeigt sich daran, wie und welche Entscheidun-
gen Kinder treffen. Differenzkategorisierung erfolgt schließlich nicht zuletzt dadurch, dass
wir uns zu anderen in Relation setzen, uns abgrenzen bzw. dazugehörig fühlen wollen.
Gesellschaftliche Positionen und soziale Ordnungen können, vereinfacht gesagt, durch
diese Mechanismen aufrecht erhalten und wiederholt werden.
Mit der stetigen Re_produktion stereotyper Männlichkeits- und Weiblichkeitsbilder unter-
stützt die Mainstream-Textilindustrie die Aufrechterhaltung hegemonialer Männlichkeiten
und Weiblichkeitskonstruktionen. Durch die strikt binäre und heterosexuell geprägte
Bewerbung von Kinderkleidung, werden die Träger*innen in ihrer freien Entfaltung einge-
schränkt und sie bzw. ihre Eltern werden zu einer Entscheidung für ein Geschlecht* von
zweien gezwungen (Zweigenderung). Damit reiht sich der Textileinzelhandel in eine
Gruppe von Branchen ein, die ebenso durch Gender-Marketing eben kritisierte Struktur-
prinzipien re_produzieren (die Spielwarenindustrie, die Hersteller*innen von Pflegepro-
dukten, Schuhen, Schultüten, etc.). Sie alle tragen zu einer fortdauernden starren Tren-
nung zwischen zwei Geschlechtern bei. Abgesehen davon, dass die Wirtschaft mit dieser
Marketingstrategie doppelt soviel Geld generiert, macht sie mit dieser Vorgehensweise aus
Geschlecht* einen unbezahlbaren Wirtschaftsfaktor – Geschlecht* bzw. Geschlechtlichkeit
und Vergeschlechtlichung wird damit zur Ware.
Ausnahmen von diesen mehrheitsgesellschaftlichen Einzelhändler*innen mag es geben,
diese Untersuchung müsste allerdings in einer weiterführenden Studie getätigt werden.
In der Einleitung wurde bereits erwähnt, dass der soziale Stand in der Frühen Neuzeit
durch eine strenge Kleiderordnung zu erkennen sein musste. Es war nicht jeder Person
erlaubt, alle Stoffarten, Schnitte und Farben zu tragen. Auch wenn wir im 21. Jahrhundert
nicht mehr von einem autoritären Diktat der Kleiderordnung sprechen können, spiegelt
Kleidung soziale Ungleichheiten auf verschiedene Weise wieder. Zwänge sind noch in der
heutigen Zeit vorhanden, nur sind sie von sozialer, panoptischer Art. Für die Differenzka-
tegorien Geschlecht* und Klasse ist mit dieser Arbeit ein erster Forschungsansatz getan.
Die soziale Konstruktion von race müsste detailliert mit einem anderen Forschungsdesign
und eventuell abweichenden -fragen untersucht werden. Hier wurden lediglich die Aspekte
von (kolonial-)rassistischen Illustrationen auf Kinderoberteilen angeschnitten.
Weitere Forschungsperspektiven, die meine eingangs gestellte These vermutlich unterstrei-
chen würden, könnten weiterführende Studien zu den Schnittstellen zwischen den
67
Geschlechterwissenschaften und der Kleidungsforschung sein: Wie etwa haben sich
Schnitte, Stoffe und Muster im historischen Verlauf verändert? Welche Rolle spielen poli-
tische Systeme, Bewegungen und soziokulturelle Gegebenheiten dabei und wie waren und
sind Geschlecht, Klasse, race, Alter und andere Ungleichheitskategorien darin eingeschrie-
ben?
Ebenso in der Planung dieser Arbeit angedacht, aber aus Platzgründen verworfen, war die
Idee zu einer Untersuchung, die den Aufbau von Warenhäusern, beziehungsweise speziel-
len Abteilungen zum Gegenstand hat. Ist es denkbar, dass sich eine soziale, hierarchische
Ordnung in der Struktur von Kaufhäusern erkennen lässt?
Festzuhalten bleibt, dass es sich um ein Meer von Fragen handelt, die in sich verwoben
einen Diskurs bilden, der unsere Lebenswelten maßgeblich Tag für Tag beeinflussen, ohne,
dass wir es unbedingt bemerken. Die Kleiderzwänge des 21. Jahrhunderts sind subtiler
geworden und haben sich wie selbstverständlich in uns festgesetzt. Und auch wenn wir uns
in einer scheinbar unveränderbaren Flut aus vereinheitlichender und normierender Waren-
förmigkeit befinden, können wir – wenn wir nur laut genug sind – Werbung kritisieren, die
Produktion von einzelnen T-Shirts stoppen oder wenigstens auf die sexistischen, altersdis-
kriminierenden und rassistischen Inhalte aufmerksam machen und fortwährend wachsam
bleiben.
68
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Abbildung 11: C&A T-Shirt (Lila) aus der
Rubrik "Mädchen-Baby-Bekleidung".
Download 25.04.2018 https://www.c-and-
a.com/de/de/shop/babys-maedchen-baby-
bekleidung-oberteile
Abbildung 10: C&A T-Shirt (Lila) aus der
Rubrik "Jungen-Bekleidung". Download
25.04.2018
https://www.c-and-a.com/de/de/shop/kinde
r-jungen-bekleidung-oberteile?
pagenumber=7#
75
Abbildung 13: TAKKO T-Shirt (Nude)
aus der Rubrik "Mädchen Tops und T-
Shirts". Download 23.04.2018
http://www.takko.com/de-de/maedchen
mode/shirts-tops-kleinkinder-
maedchen/?sz=48&start=48
Abbildung 12: H&M T-Shirt (Nude)
aus der Rubrik "Baby-Jungenmode".
Download 23.04.2018
http://www.hm.com/de/products/kids/b
abyboy/tops_tshirts
76
Abbildung 14: Jesuskind in
rosafarbenem Gewand - Bartolomé
Esteban Murillo "Die Dreifaltigkeit und
die Heilige Familie". Foto: National
Gallery, London 1981. Aus: Heller 2004
77
Abbildung 15: Farbverteilung aller Shops weiblich*
Abbildung 16: Farbverteilung aller Shops männlich*
78
Abbildung 17: Farbverteilung unteres Preissegment weiblich*
Abbildung 18: Farbverteilung unteres Preissegment männlich*
79
Abbildung 19: Farbverteilung mittleres Preissegment weiblich*
Abbildung 20: Farbverteilung mittleres Preissegment männlich*
80
Abbildung 21: Farbverteilung hohes Preissegment weiblich*
Abbildung 22: Farbverteilung hohes Preissegment männlich*
81
m w m w
Accessoire 68 32 Lippen 0 8
Affe 6 2 maritim 67 54
Animalprint 3 2 Maus 1 3
Anker 18 5
Meerjungfrau
0 17
Beruf 54 2 Nahrung 10 39
Blumen 3 190 Obst 5 53
Bommel/Fransen
1 29 Pferd 4 35
camouflage 26 1 Pflanzen 30 57
Comicfigur 44 31 Plüsch 6 21
ComicM 185 21 Popgruppe 0 1
ComicW 0 138 Prinzessin 0 24
Delphin 3 7 Punkte 0 47
Deutschland 1 8 Regenbogen 4 32
Dino 73 3 Rockgruppe 8 3
Einhorn 1 50 Rüschen 0 234
Elefant 4 5 Schiff 23 5
Entdecker 6 2 Schleife 0 66
Erde 4 0
Schmetterling
0 106
Fahrzeug 130 16 Seestern 1 16
Feder 7 7 Sonne 3 9
Fisch 63 26 Spitze 0 80
Flamingo 0 29 Sport 114 15
Fliege/Krawatte 6 0 Stadt 121 28
Fotoapparat 2 5 Stern 58 145
Fußball 45 8 Superheld 95 7
Fußballtrikto 13 5 Tier 72 61
Giraffe 2 4 Tiere 20 12
Glitzer 13 276 Tiger 19 9
Hai 28 1 Totenkopf 12 0
Hase 4 16 Tüll 0 3
Herz 6 177 Vogel 8 29
HipHopGruppe 1 1 Wal 8 6
Hund 7 21 Weltraum 20 7
Insekt 7 9 Werkzeug 7 0
Katze 2 31 Zahl 100 25
Krokodil 14 1 Zebra 1 2
Tabelle 9: Gesamtmenge aller vorkommender Tags;
alphabetisch sortiert und getrennt nach männlich* (m) und
weiblich* (w)
82
Abbildung 23: Häufigkeit aller vorkommenden Tags im Sample des unteren Preissegments
83
Abbildung 24: Häufigkeit aller vorkommenden Tags im Sample des mittleren
Preissegments
84
Abbildung 25: Häufigkeit aller vorkommenden Tags im Sample des oberen Preissegments
85
Abbildung 26: Dargestellte Berufe auf als männlich* kategorisierten Oberteilen
86
Abbildung 27: "T-Shirt Indianer" [sic] von Jako-o aus der Rubrik Jungen/Mädchen.
Bildschirmfoto 16.05.2018 https://www.jako-o.com/de_DE/t-shirt-indianer--153852
87
Abbildung 28: Oberteil von Jako-o
aus der Rubrik Mädchen> Kinder>
Gr. 92-182> Pullover, Zugriff
26.04.2018:
https://www.jako-o.com/de_DE/c/mod
e/oberteile/pullover--01010103?
q=:relevance:sizeClothes:92/98:sizeC
lothes:104/110:sizeClothes:116/122:si
zeClothes:128/134:sizeClothes:140/14
6:sizeClothes:152/158:sizeClothes:16
4/170:sizeClothes:176/182:gender:0
Abbildung 29: Oberteil von Jako-o
aus der Rubrik Jungen> Kinder> Gr.
92-182> Shirts, Zugriff 26.04.2018:
https://www.jako-o.com/de_DE/c/mod
e/oberteile/t-shirts--01010104?
q=:relevance:sizeClothes:92/98:sizeC
lothes:104/110:sizeClothes:116:sizeCl
othes:116/122:sizeClothes:128:sizeCl
othes:128/134:sizeClothes:140:sizeCl
othes:140/146:sizeClothes:152:sizeCl
othes:152/158:sizeClothes:164:sizeCl
othes:164/170:sizeClothes:170:sizeCl
othes:176:sizeClothes:176/182:sizeCl
othes:182:gender:1
88
Abbildung 30: Rassistisches Werbefoto des
Modehauses H&M: "Coolest Monkey in the Jungle".
Bildschirmfot 07.08.2018
https://www.google.de/search?
q=coolest+monkey+in+the+jungle&source=lnms&
tbm=isch&sa=X&ved=0ahUKEwj_m4SK-
NrcAhVFNOwKHXdbB-
sQ_AUICygC&biw=3373&bih=1320#imgrc=5gng
GMZcM4fyyM:
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Detailseite H&M...........................................................................................21
Abbildung 2: Detailseite bellybutton...................................................................................24
Abbildung 4: Häufigkeit aller im Sample vorkommenden Farben in absoluten Zahlen.....28
Abbildung 5: Wordcloud basierend auf Sprüchen von männlichen* Oberteilen................35
Abbildung 6: Wordcloud basierend auf Sprüchen von weiblichen* Oberteilen..................35
Abbildung 7: Häufigkeit aller Tags auf als männlich* und weiblich* kategorisierten
Oberteilen............................................................................................................................39
Abbildung 8: Oberteil von C&A aus der Rubrik Mädchen.................................................59
Abbildung 9: Netzwerkgraph: Verbindung zusammenhängender Tags...............................64
Abbildung 10: C&A T-Shirt (Lila) aus der Rubrik "Jungen-Bekleidung"..........................74
Abbildung 11: C&A T-Shirt (Lila) aus der Rubrik "Mädchen-Baby-Bekleidung".............74
Abbildung 12: H&M T-Shirt (Nude) aus der Rubrik "Baby-Jungenmode"........................75
Abbildung 13: TAKKO T-Shirt (Nude) aus der Rubrik "Mädchen Tops und T-Shirts"......75
Abbildung 14: Jesuskind in rosafarbenem Gewand............................................................76
Abbildung 15: Farbverteilung aller Shops weiblich*..........................................................77
Abbildung 16: Farbverteilung aller Shops männlich*.........................................................77
Abbildung 17: Farbverteilung unteres Preissegment weiblich*..........................................78
Abbildung 18: Farbverteilung unteres Preissegment männlich*.........................................78
Abbildung 19: Farbverteilung mittleres Preissegment weiblich*.......................................79
Abbildung 20: Farbverteilung mittleres Preissegment männlich*......................................79
Abbildung 21: Farbverteilung hohes Preissegment weiblich*............................................80
Abbildung 22: Farbverteilung hohes Preissegment männlich*...........................................80
Abbildung 23: Häufigkeit aller vorkommenden Tags des unteren Preissegments..............82
Abbildung 24: Häufigkeit aller vorkommenden Tags des mittleren Preissegments............83
Abbildung 25: Häufigkeit aller vorkommenden Tags des oberen Preissegments...............84
Abbildung 26: Dargestellte Berufe auf als männlich* kategorisierten Oberteilen..............85
Abbildung 27: "T-Shirt Indianer" [sic] von Jako-o aus der Rubrik Jungen/Mädchen.........87
Abbildung 29: Oberteil von Jako-o aus der Rubrik Jungen................................................87
Abbildung 30: Rassistisches Werbefoto des Modehauses H&M........................................88
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Chapter
Full-text available
Die Analyse der Ausdifferenzierung von Bewegung, Spiel und Sport zu einem eigenständigen gesellschaftlichen Teilsystem zeigt im interkulturellen Vergleich, dass die Inklusion der Bevölkerung nicht neutral gegenüber zentralen sozialstrukturellen Merkmalen wie Klasse, Geschlecht und Alter realisiert worden ist. Angehörige der oberen Klassen hatten vor denjenigen der unteren Klassen Zugang zu Turnen und Sport, Kinder und Jugendliche vor der erwachsenen Bevölkerung, Jungen vor Mädchen und Männer vor Frauen (vgl. Hartmann-Tews 1996, 47 ff). Die funktionalen Bezüge von Turnen und Sport zum Militär bestimmten weitestgehend die Inklusionsformeln und -mechanismen, mit denen Mädchen und Frauen ausgeschlossen wurden. Parallel wurde auch im Erziehungssystem eine differentielle Einbeziehung der Kinder und Jugendlichen in den Turn- und Sportunterricht vorgenommen. Die Einführung von Turnen und Sport als Pflichtfach wurde Ende des 19. Jahrhunderts zuerst für die Knaben in den höheren Schulen, dann für diejenigen in den Volksschulen, und erst sehr viel später für Mädchen eingeführt. Generell wurden turnerische und sportliche Aktivitäten von Mädchen und jungen Frauen nur unter strikter Einhaltung von zeitlicher, sozialer und sachlicher Differenzierung — und dies auch nur gegen großen Widerstand — akzeptiert (Müller-Windisch 1995; Pfister 1995). 2
Chapter
Rubin evaluates the feminist implications of the theories of Marx, Engels, Levi-Strauss, and Lacan. She argues that a sex/gender system exists whereby a society transforms biological sexuality into products of human activity. It relates to, but still stands in contrast to the overarching domination of capitalism. She also explores the role of kinship in the maintainence of gender roles and the reduction of women to properties of exchange. Kinship systems create an "exchange of women" that involves not only exchanging women but also sexual access, the right of genealogical significance, and social status. Gender becomes one way of maintaining the stratified sex/gender system. Sexuality is another way.
Book
Liegt in den textil inszenierten Körperbildern eine tiefer gehende symbolische Aussagekraft, über die Probleme und Tendenzen einer spätmodernen Gesellschaft thematisiert und kommuniziert werden? Oder sind sie nur ein oberflächlicher ästhetischer Ausdruck einer kommerzialisierten und medialisierten Jugendkultur? Petra Scheiper analysiert fotografisches Datenmaterial und berücksichtigt dabei das Konzept der Szene sowie das Habitus-, Mimesis- und Performativitätskonzept. Sie arbeitet heraus, inwiefern die textile Metaphorik seismografisch auf gesellschaftliche Veränderungen verweist und welche Rolle die Kleidung in den Selbstinszenierungen, Körpertechniken und in den Prozessen der Identitätsentwicklung spielt.
Book
Mode das ist weit mehr als bloß Kleidung. Das Buch entwickelt eine aktuelle und in dieser Form lange überfällige Theorie der Mode: Es macht Mode sowohl als Teil der materiellen Kultur wie auch als Ergebnis kulturellen und ästhetischen Handelns verstehbar. Die Rolle der Mode für die Konstitution von kulturellen und individuellen Identitäten wird analysiert, ihre Qualität als soziales Zeichensystem oder ihre Bedeutung als Wirtschaftsfaktor von globaler Dimension. Und schliesslich gerät Mode auch als Kunstform in den Blick als Spiel mit ästhetischen Möglichkeiten, das unseren Alltag in ungeahnten Ausmassen prägt und durchdringt.
Book
„Für wen machen Sie sich schön?“ – „Für mich selbst“, lautet die Antwort heute meist. Das stimmt nicht, auch wenn viele felsenfest davon überzeugt sind. Schön machen wir uns vor allem, weil wir auf soziale Anerkennung aus sind. Dabei handelt es sich nicht um eine „Frauensache“, und mit Spaß und Lust hat es nur selten etwas zu tun. Weil rund um das Sich-schön-Machen vieles anders ist, als wir zu wissen glauben, geht es in diesem Buch auch nicht um Schönheit, sondern um “Schönheitshandeln“: ein Medium der Kommunikation, das der Inszenierung der eigenen Außenwirkung dient, das Aufmerksamkeit verschafft (oder auch vermeidet) und die eigene Identität sichert.
Chapter
Simone de Beauvoir gilt als die emblematische Intellektuelle des 20. Jahrhunderts.1 Sie war Philosophin und Schriftstellerin. Sie wurde für ihre Schriften und ihr poli- tisches Engagement zeit ihres Lebens angefeindet und bewundert. Sie machte ihr privates Leben öffentlich wie keine andere Intellektuelle. Vor allem aber: Sie ver- öffentlichte 1949 mit 41 Jahren ein Buch, das weltweit rezipiert zu einem der poli- tisch wirksamsten Schlüsseltexte der zweiten Frauenbewegung und zu einem theo- retisch einflussreichen Hauptwerk der feministischen Theorie wurde. In Das an- dere Geschlecht fuhrt Beauvoir ihre früheren theoretischen Ausführungen zu einer existentialistischen Ethik weiter und arbeitet ihre eigene Situation als Frau und damit die Frage nach der Geschlechterdifferenz konstitutiv in einen normativen Entwurf zu einer kritischen Theorie gesellschaftlicher Praxis ein. Ihre existenzphi- losophisch begründete Auffassung der konkreten menschlichen Existenz als Frei- heit und die Ausarbeitung individueller Verantwortung der Handelnden verband Beauvoir in Das andere Geschlecht nicht nur mit einer materialistischen Geschichts- philosophie und mit den Diskussionen anderer Wissenschaften, die für die Beant- wortung ihrer Frage nach der Genese und Bedeutung der Geschlechterdifferenz und des hierarchischen Geschlechterverhältnisses zentral sind. Dies an sich war in einer philosophischen Abhandlung zum damaligen Zeitpunkt schon sehr ungewöhn- lich. Sie bezog darüber hinaus die gelebten Erfahrungen von Frauen, das „Frau werden“ in ihre Analyse der Situation der Frau mit ein.