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Anmerkung: Innerhalb von neun Monaten nach der Bekanntmachung des Hinweises auf die Erteilung des europäischen
Patents kann jedermann beim Europäischen Patentamt gegen das erteilte europäische Patent Einspruch einlegen.
Der Einspruch ist schriftlich einzureichen und zu begründen. Er gilt erst als eingelegt, wenn die Einspruchsgebühr
entrichtet worden ist. (Art. 99(1) Europäisches Patentübereinkommen).
Printed by Jouve, 75001 PARIS (FR)
Europäisches Patentamt
European Patent Office
Office européen des brevets
(19)
EP 1 227 362 B1
*EP001227362B1*
(11) EP 1 227 362 B1
(12) EUROPÄISCHE PATENTSCHRIFT
(45) Veröffentlichungstag und Bekanntmachung des
Hinweises auf die Patenterteilung:
26.10.2005 Patentblatt 2005/43
(21) Anmeldenummer: 01101474.3
(22) Anmeldetag: 24.01.2001
(51) Int Cl.7:G02F 1/15
(54) Elektrochromes Verbundglas
Laminated electrochromic glass
Vitrage électrochrome feuilleté
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU
MC NL PT SE TR
(43) Veröffentlichungstag der Anmeldung:
31.07.2002 Patentblatt 2002/31
(73) Patentinhaber: Gesimat GmbH,
Gesellschaft für intelligente Materialen, und
Technologien
12555 Berlin (DE)
(72) Erfinder:
• Kraft, Alexander
12557 Berlin (DE)
• Heckner, Karl-Heinz
12557 Berlin (DE)
(56) Entgegenhaltungen:
DE-A- 19 834 834 US-A- 4 818 352
US-A- 5 838 483 US-A- 5 859 723
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Beschreibung
[0001] Die Erfindung betrifft ein neuartiges Verfahren
zur Herstellung großformatiger elektrochromer Ver-
bundgläser, deren Durchlässigkeit für elektromagneti-
sche Strahlung, insbesondere im UV-, sichtbaren und
nahen infraroten Bereich durch elektrische Ansteue-
rung geregelt wird. Diese großformatigen elektrochro-
men Verbundgläser finden ihr Hauptanwendungsgebiet
in der Verglasung von Gebäuden und Fahrzeugen. Sie
dienen hier der Regelung des Licht- und Wärmeflusses
sowie dem Blendschutz. Auch der Einsatz für großflä-
chige Displays ist möglich.
[0002] Elektrochrome Systeme sind Anordnungen,
deren optische Eigenschaften, insbesondere die Licht-
durchlässigkeit und Reflektivität durch elektrische An-
steuerung verändert werden können. Dabei befinden
sich zwischen 2 Elektroden, von denen mindestens eine
transparent ist, elektrochrome Substanzen und ein
Elektrolyt. Elektrochrome Substanzen sind Stoffe, wel-
che bei der Aufnahme und Abgabe von elektrischen La-
dungen ihre optischen Eigenschaften ändern. Diese
elektrochromen Substanzen können sich als Film auf
den Elektroden befinden und/oder im Elektrolyten ge-
löst vorliegen. Die Erfindung bezieht sich auf elektro-
chrome Anordnungen mit festen elektrochromen
Schichten. Figur 1 zeigt den schematischen Aufbau ei-
ner solchen elektrochromen Anordnung mit festen elek-
trochromen Filmen.
Legende von Figur 1:
[0003]
1,7: transparente oder reflektierende Substrate
2,6: elektrisch leitfähige Schichten von denen min-
destens eine transparent ist
3: elektrochrome Schicht
4: ionenleitendes Material (Elektrolyt)
5: zweite elektrochrome Schicht oder redoxfähige
lonenspeicherschicht
8,9: metallischer Randkontakt
[0004] Trotz des großen Anwendungspotentials elek-
trochromer Systeme befinden sich diese aber aufgrund
diverser Mängel des aktuellen Stands der Technik bis
heutigen Zeitpunkt nur sehr beschränkt im praktischen
Einsatz.
[0005] In den meisten Fällen werden elektrochrome
Schichten durch Vakuumbeschichtungsverfahren auf-
gebracht, wie z.B. in DE19839299 beschrieben. Vaku-
umverfahren sind jedoch vergleichsweise kosteninten-
siv und schränken die Auswahlmöglichkeit für die elek-
trochromen Materialien stark ein, da sie ausschließlich
die Herstellung elektrochromer Oxide ermöglichen. Da-
mit ist auch die Auswahlmöglichkeit der Farben der
elektrochromer Anordnungen eingeschränkt. Anorgani-
sche Komplexverbindungen und organische Polymere
sind durch Vakuumtechniken nicht herstellbar, weisen
aber elektrochrome Eigenschaften auf, mit denen ver-
schiedene Farben für elektrochrome Anordnungen rea-
lisierbar sind.
[0006] Die Herstellung der elektrochromen Schichten
durch Sol-Gel-Techniken ist ebenfalls möglich, wie bei-
spielsweise in US6005705 oder US5838483 beschrie-
ben.
[0007] In DE19834834 wird eine selbsthaftende elek-
trochrome Elektrode beschrieben. Das elektrochrome
Material ist ein Polymer, vorzugsweise Poly-(3,4-ethy-
lendioxy-thiophen). Die elektrochrome Schicht dieser
selbsthaftenden elektrochromen Elektrode wird mittels
Sol-Gel-Technik hergestellt. Dazu wird die wässrige Di-
spersion des leitfähigen Polymers durch eine Lack-
schleuder auf das Substrat (Umdrehungsgeschwindig-
keit 1.500 U/min) aufgebracht und dann das Lösemittel
verdampft. Mit dieser Schleudertechnik sind aber nur
kleine Flächen beschichtbar, weil nur diese unter ver-
tretbaren Aufwand mit hohen Umdrehungsgeschwin-
digkeiten rotieren können.
[0008] Sol-Gel-Techniken sind insgesamt wesentlich
kostengünstiger als Vakuumtechniken, haben jedoch
ebenfalls eine Reihe von Nachteilen. So werden bei der
Tauchtechnik immer Vorder- und Rückseite eines Sub-
strats beschichtet, während die Aufschleudertechnik
nur zur Beschichtung kleiner Flächen geeignet ist. Die
Schichtdicke der Beschichtung ist bei Sol-Gel-Verfah-
ren schwer kontrollierbar und die Auswahl der aufbring-
baren Substanzen ist eingeschränkt. Ein weiterer Nach-
teil ist, dass die mit Sol-Gel-Verfahren verbundenen
thermischen Trocknungsprozesse zur Formierung der
elektrochromen Schichten häufig zu Rissbildung und In-
homogenitäten hinsichtlich der Dicke und der elektroop-
tischen Eigenschaften führen. Außerdem besitzen die
so erzeugten Schichten oft eine schlechte Haftung und
Wechselwirkung mit den transparenten Ansteuerelek-
troden. Dadurch wird das Schaltverhalten negativ be-
einflusst. Die Schaltzeiten werden länger und es wird
keine vollständige Aufhellung mehr erreicht.
[0009] Die Herstellung elektrochromer Schichten ist
auch durch elektrochemische Abscheidung möglich,
wie beispielsweise in den Patentschriften US4818352
und US5876581 beschrieben. Die Vorteile der elektro-
chemischen Abscheidungsverfahren sind, dass die
Schichten kostengünstig herstellbar sind, die Dicke der
abgeschiedenen Schicht durch die eingetragene elek-
trische Ladung definiert ist und gesteuert werden kann
und eine große Anzahl von elektrochromen Substanzen
für die Abscheidung zugänglich ist. So können sowohl
Übergangsmetalloxide, wie Wolframtrioxid, anorgani-
sche Komplexverbindungen wie Eisenhexacyanoferrat
oder organische Polymere, wie Po-ly-(3,4-ethylendioxy-
thiophen) mit elektrochemischen Techniken hergestellt
werden. Ein weiterer wichtiger Vorteil der elektrochemi-
schen Beschichtungsverfahren im Vergleich zu den Va-
kuum- und Sol-Gel-Methoden, besteht darin, dass wäh-
rend der elektrochemischen Schichtbildung Mikroporen
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und Kanäle für den lonentransport gebildet werden, die
das Schaltverhalten der so erzeugten Schichten günstig
beeinflussen.
[0010] Diese Vorteile der elektrochemischen Ab-
scheidung von elektrochromen Substanzen konnten
bisher nicht genutzt werden, da sie auf großflächigen
Substraten nach dem Stand der Technik nicht möglich
ist. Elektrochemische Abscheidungen elektrochromer
Substanzen erfolgten deshalb in der Praxis bisher nur
auf relativ kleinflächigen Substraten. Es ist nicht be-
kannt, das elektrochrome Schichten auf Flächen größer
als 0,16 m2elektrochemisch in tolerierbarer Homogeni-
tät abgeschieden werden konnten (US4818352). Ursa-
che dafür ist der hohe Spannungsabfall der auf den
transparenten leitfähigen Schichten erfolgt und der zu
einer stark inhomogenen elektrochemischen Abschei-
dung führt.
[0011] Um größere Flächen elektrochemisch be-
schichten zu können, werden nach der Patentschrift
US4818352 deshalb gut leitfähige Metallstreifen oder
-drähte um die Peripherie und bei noch etwas größeren
Flächen beispielsweise auch diagonal über die Fläche
des beschichtenden Substrats angedrückt bzw. aufge-
klebt. Nachteilig bei dieser Vorgehensweise ist insbe-
sondere, dass in diesen Kontaktierungsbereichen
selbst keine Abscheidung erfolgt und damit auch keine
geschlossene homogene Schicht auf dem Substrat er-
halten wird.
[0012] Ein weiterer Nachteil des aktuellen Stands der
Technik ist, dass man häufig in einem elektrochromen
Element nur eine elektrochrome Schicht (3) verwendet.
Diese wird mit einer nicht elektrochromen lonenspei-
cherschicht (5) kombiniert, wie es beispielsweise in
DE19908737 beschrieben wird. Der entscheidende
Nachteil solcher Systeme ist der wesentlich geringere
elektrochrome Färbungswirkungsgrad, verglichen mit
Anordnungen die 2 elektrochrome Schichten verwen-
den. Dadurch werden sowohl die Geschwindigkeit der
Abdunklung verlangsamt, als auch das Erreichen sehr
tiefer Abdunklungen ausgeschlossen. Es können bei
elektrochromen Elementen mit nur einer elektrochro-
men Schicht maximale Abdunklungen nur bis zu 15 %
Lichtdurchlässigkeit erreicht werden. Die bisher vorge-
schlagenen lonenspeicherschichten sind zwar nicht
elektrochrom, weisen aber eine beträchtliche Lichtab-
sorption auf, so dass im gebleichten Zustand eine Licht-
durchlässigkeit von maximal 50% erreicht wird. Die Her-
stellung einer lonenspeicherschicht ist beispielsweise in
DE19810931 beschrieben.
[0013] Die beiden mit elektrochromen Schichten ver-
sehenen Glasscheiben müssen mit einem Elektrolyten,
der die zur Erhaltung der Elektroneuträlität bei den Oxi-
dations- und Reduktionsreaktionen nötigen lonen ent-
hält, verbunden werden (4). Nach dem Stand der Tech-
nik wurden verschiedene Elektrolyte für den Einsatz in
elektrochromen Anordnungen vorgeschlagen, wie bei-
spielsweise in EP996029, US5581394 und EP 1056097
beschrieben.
[0014] So kann im einfachsten Fall ein flüssiger Elek-
trolyt verwendet werden. Dieser flüssige Elektrolyt be-
steht aus einem polaren organischen Lösungsmittel
bzw. einer Mischung mehrerer polarer Lösungsmittel
und mindestens einem darin dissoziierten Leitsalz (z.B.
WO96/18215).
[0015] Zu den entscheidenden Nachteilen flüssiger
Medien gehören die mangelnde Stabilität der festen
elektrochromen Schichten bei Schaltvorgängen in flüs-
sigen Medien und die Gefahr des Auslaufens bei Zer-
störung des Objekts. Deshalb stellt man durch Zugabe
von Gelbildnem oder von in dem flüssigen Elektrolyten
löslichen Polymeren Gelelektrolyte her. Die Verwen-
dung von flüssigen oder gelartigen Elektrolyten führt bei
der Herstellung großflächiger elektrochromer Elemente
dazu, dass auf die Abdichtungen der Scheibe dauerhaft
ein hoher hydrostatischer Druck ausgeübt wird. Diesem
Druck kann die Abdichtung unter der auftretenden zu-
sätzlichen Temperaturwechselbelastung nicht dauer-
haft standhalten. Beim Einsatz elektrochromer Vergla-
sungen in Fahrzeugen und Gebäuden kann im gefärb-
ten Zustand bei starker Sonneneinstrahlung eine Tem-
peratur von 80°C und höher erreicht werden. Außerdem
führt der hydrostatische Druck einer flüssigen oder ge-
lartigen Füllung zu einer Auswölbung ("Bauchen") gro-
ßer Scheibenverbünde. Aus diesen Gründen sind in der
Gebäudeverglasung nur feste Elektrolyte einsetzbar.
[0016] Die Verwendung von polymeren Festelektroly-
ten zwischen den beiden Scheiben des elektrochromen
Systems führt zu einem elektrochromen Verbundglas.
Unter Verbundglas versteht man einen Aufbau, beste-
hend aus einer Glasscheibe mit einer oder mehreren
Scheiben aus Glas und/oder Verglasungsmaterial aus
Kunststoff, die durch eine oder mehrere Zwischen-
schichten miteinander verbunden sind. Verbundgläser
können prinzipiell mit zwei verschiedenen Verfahren, ei-
nem Gießharzverfahren und einem Folienverfahren
hergestellt werden.
[0017] Bei der Gießharztechnik wird in einen vorher
zwischen den beiden zu verbindenden Scheiben ge-
schaffenen Zwischenraum eine Mischung, die auszup-
olymerisierende Monomere und gegebenenfalls weite-
re Zusätze enthält, eingefüllt. Die Polymerisation kann
durch UV-Licht oder chemisch initiiert werden.
[0018] Wenn versucht wird, mittels der Gießharztech-
nologie ein ionenleitendes Polymer herzustellen, müs-
sen der üblichen Monomerenmischung zusätzlich
Weichmacher und Leitsalze zugemischt werden, wie
das beispielsweise in DE19830993, DE19908737,
US5859723 oder EP499115 beschrieben ist.
[0019] In der Patentschrift US5859723 wird konkret
die Herstellung eines elektrochromen Verbundglases
mit einem ionenleitenden polymeren Festelektrolyten
auf Acrylatbasis durch ein solches Gießharzverfahren
beschrieben. Dieses Gießharz besteht aus den Mono-
meren für den Kettenaufbau und deren Vernetzung,
Weichmacher(n) und Leitsalze(en) sowie leicht oxidier-
baren Zusätzen, die auch Bestandteil eines Leitsalzes
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sein können. Die durch Polymerisation dieses Gießhar-
zes erhaltenen Polymere gehören zur Gruppe der Acry-
late bzw. Methacrylate. Der Anteil von Weichmacher an
der Gießharzmischung beträgt 5 bis 30%, bevorzugter-
weise 25%.
[0020] Polymere, die einem Scheibenverbund die Ei-
genschaften von Verbundsicherheitsglas geben sollen,
müssen einerseits eine sehr gute Haftfestigkeit und
Klebrigkeit besitzen, andererseits sind auch Elasitizität
und Flexibilität des Polymers wichtig. Ersteres ist bei
dem Polymer Polyvinylbutyral besonders ausgeprägt,
zweiteres wird durch den richtig eingestellten Weichma-
chergehalt von etwa 20 bis 35% erreicht.
[0021] Das ionenleitende Gießharz nach US5859723
enthält kein Polyvinylbutyral und kann auch Weichma-
chergehalte unterhalb 20% aufweisen, so dass die da-
mit hergestellten elektrochromen Elemente keine Ver-
bundsicherheitsglaseigenschaften aufweisen.
[0022] Nachteilig beim Gießharzverfahren ist gene-
rell, dass die Polymerisation nicht vollständig verläuft
und Restmonomere zurückbleiben. Diese Restmono-
mere können bei ionenleitenden Polymeren in elektro-
chromen Elementen zu unerwünschten elektrochemi-
schen Nebenreaktionen bei der Schaltung der Elemen-
te führen. Letztendlich wird damit die Langzeitstabilität
eines solchen Systems stark eingeschränkt.
[0023] Die Folientechnologie nutzt eine thermoplasti-
sche, meist aus weichmacherhaltigen Polyvinylbutyral
bestehende Folie, die unter erhöhten Druck und erhöh-
ter Temperatur mit den zu verbindenden Glasscheiben
zusammenlaminiert wird. Ein Verbundglas, welches mit
einer weichmacherhaltigen Polyvinylbutyralfolie herge-
stellt wird, wird aufgrund seiner besonderen Eigen-
schaften auch als Verbundsicherheitsglas bezeichnet.
[0024] Eine ionenleitende Polyvinylbutyralfolie und
ein elektrochromes Verbundglas, welches mit einer sol-
chen Herstellungstechnologie gefertigt wird, sind bis
heute nicht bekannt.
[0025] Auch andere Aufbauten schaltbarer Gläser
sind bekannt, wie z.B. das in der Patentschrift
US5838483 beschriebene photoelektrochrome Ele-
ment. Dieses photoelektrochrome Element hat einen
ähnlichen Aufbau wie in Figur 1 für das elektrochrome
Element angegeben. Es weist auch 2 transparente Sub-
strate und 2 transparente leitfähige Schichten sowie
mindestens eine aber gegebenenfalls auch 2 komple-
mentäre, elektrochrome Schichten sowie einen Poly-
merelektrolyten auf. Als ein mögliches Material für den
Polymerelektrolyten wird auch Polyvinylbutyral (PVB)
vorgeschlagen, allerdings nicht in der für ein Verbund-
sicherheitsglas nötigen Folienform. Im Unterschied zum
erfindungsgemäß hergestellten elektrochromen Ver-
bundglas hat das photoelektrochrome Element zusätz-
lich eine strahlungssensitive Elektrode und einen Re-
doxpromoter bzw. eine redoxaktive Komponente im
Elektrolyte. Beide Komponenten sind für die Funktions-
weise des photoelektrochromen Elementes essentiell,
würden aber die Funktion des elektrochromen Verbund-
glases beeinträchtigen. Die schaltbaren Schichten wer-
den gemäss US5838483 nicht elektrochemisch, son-
dern durch Sol-Gel-Verfahren hergestellt, deren Nach-
teile schon dargestellt wurden. Weiterhin ist nachteilig,
dass das photoelektrochrome Element nach
US5838483 nur bei Sonneneinstrahlung auf die strah-
lungssensitive Schicht gefärbt werden kann. Eine Nut-
zerkontrolle ist nur insofern möglich, dass bei Sonnen-
einstrahlung die Färbung verhindert bzw. die Färbungs-
tiefegesteuertwerdenkann.EineEinfärbungohneSon-
neneinstrahlung ist bei dem photoelektrochromen Ele-
ment nicht möglich. Das kann aber durchaus erwünscht
sein, wenn das schaltbare Glas beispielsweise nachts
als Sichtschutz eingesetzt werden soll. Mit einem elek-
trochromen Glas ist das ohne weiteres möglich. Der Ein-
satz von Redoxpromotern im Elektrolyten eines elektro-
chromen Elementes würde dazu führen, dass zur Auf-
rechterhaltung einer erfolgten Einfärbung ein ständiger
Stromfluss nötig ist.
[0026] Der Stand der Technik lässt sich wie folgt zu-
sammenfassen. Trotz ihres hohen Anwendungspoten-
tials für die Gebäude- und Fahrzeugverglasung konnten
elektrochrome Verglasungen bisher nicht den Sprung in
in die breite praktische Anwendung schaffen. Das hat
folgende Ursachen:
•Elektrochrome Schichten werden oft mit teuren Va-
kuumverfahren aufgebracht, die zudem die Zahl
der nutzbaren elektrochromen Substanzen stark
einschränken.
•Die großflächige elektrochemische Abscheidung
elektrochromer Schichten wird bisher nicht be-
herrscht.
•Oft wird nur eine anstatt von 2 elektrochromen
Schichten in einer elektrochromen Anordnung ge-
nutzt, was einen niedrigen Färbungswirkungsgrad
zur Folge hat.
•Es werden keine hinreichend mechanisch stabilen
Polymerelektrolyte, insbesondere nicht auf Polyvi-
nylbutyralbasis verwendet, so dass das elektro-
chrome Element keine verbundsicherheitsglasana-
logen Eigenschaften aufweist.
•Es wird eine Gießharztechnologie zur Herstellung
des Polymerelektrolyten genutzt, wobei aufgrund
der Anwesenheit des Weichmachers und der darin
gelösten Salze sowie der zu verbindenden elektro-
chromen Schichten keine vollständige Polymerisa-
tion erfolgt.
[0027] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, die
genannten Mängel des Standes der Technik zu über-
winden und ein neuartiges Verfahren zur Herstellung ei-
nes großformatigen elektrochromen Verbundglases an-
zugeben, welches durch die Verwendung kostengünsti-
ger Beschichtungs- und Laminierungstechnologien,
zweier komplementärer, elektrochromer Schichten und
eines mechanisch stabilen, thermoplastisch verarbeit-
baren Polymerelektrolyten auf Polyvinylbutyralbasis ein
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preiswertes, dauerhaft stabiles, großformatiges Ver-
bundglas mit variabler Lichtdurchlässigkeit für den
Markt zur Verfügung stellt.
[0028] Die Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch
gelöst, dass zwei jeweils mit transparenten leitfähigen
Materialien (2und 6) beschichtete, großformatige Glas-
scheiben (1und 7) elektrochemisch unter Verwendung
einer segmentierten Gegenelektrode mit elektrochro-
men Filmen beschichtet werden (3und 5), von denen
einer bei anodischer Oxidation und der andere bei ka-
todischer Reduktion gefärbt wird, und die mit einer me-
chanisch stabilen, gut haftenden, ionenleitenden Poly-
vinylbutyralfolie (4) durch Laminierung verbunden wer-
den, wodurch Verbundsicherheitsglaseigenschaften er-
halten werden.
[0029] Die elektrochemische Beschichtungstechno-
logien ermöglichen im Vergleich zu Vakuumtechnologi-
en besonders kostengünstig die Substrate mit elektro-
chromen Filmen zu beschichten. Mit der elektrochemi-
schen Technik ist außerdem eine wesentlich größere
Vielfalt elektrochromer Materialien in dünnen Schichten
herstellbar als mit den nach dem Stand der Technik
überwiegend genutzten Vakuumverfahren. Dadurch
wird auch der Einsatz leitfähiger Polymerer und anorga-
nischer Komplexverbindungen möglich. Durch die Ein-
beziehung dieser Materialien werden verschiedene Far-
ben für das elektrochrome System realisierbar.
[0030] Die Verwendung einer zweiten elektrochro-
men Schicht anstelle einer lonenspeicherschicht führt
zu einem höheren Färbungswirkungsgrad und damit zu
schnelleren Schaltzeiten sowie der Möglichkeit einer
tieferen Abdunklung. Außerdem ist eine höhere maxi-
male Lichtdurchlässigkeit im entfärbten Zustand reali-
sierbar. Diese Fakten sind anhand der Figuren 2 und 3,
die im Ausführungsbeispiel 9 näher erläutert werden, er-
sichtlich. So beträgt bei einer Wellenlänge von 550 nm
die maximale Lichtdurchlässigkeit der in diesem Aus-
führungsbeispiel beschriebenen Variante des erfin-
dungsgemäßen elektrochromen Verbundglases 78 %
und die minimale Lichtdurchlässigkeit 14%.
[0031] Durch die Verwendung einer optisch transpa-
renten, mechanisch stabilen, thermoplastisch verarbeit-
baren und ionenleitenden Folie aus weichmacherhalti-
gem Polyvinylbutyral wird es möglich, dass die zur Her-
stellung von Verbundsicherheitsglas üblichen Techni-
ken und Vorrichtungen auch zur Herstellung von elek-
trochromen Scheibenverbünden verwendet werden
können. Die ionenleitende Polyvinylbutyralfolie weist
nicht nur die für die Elektrochromie nötige Ionenleitfä-
higkeit sondern auch die für ein Verbundsicherheitsglas
notwendigen Eigenschaften, wie mechanische Stabili-
tät, hohe Haftfestigkeit an Glas und hohe Reis- und
Dehnfestigkeit, auf. Dadurch wird es möglich, Glasver-
bünde herzustellen, die die Eigenschaften der Ände-
rung der Lichtdurchlässigkeit mit denen Splitterschut-
zes kombinieren. Weitere vorteilhafte Eigenschaften
des weichmacherhaltigen Polyvinylbutyrals sind die gu-
te Transparenz, Lichtbeständigkeit und Elastizität.
[0032] Überraschenderweise gelang es mit dem er-
findungsgemäßen Verfahren auch großformatige Glä-
ser elektrochemisch homogen mit elektrochromen Ma-
terialien zu beschichten. Ein Problem, dass die Herstel-
lung großflächiger elektrochromer Scheiben durch elek-
trochemische Abscheidung bisher verhindert hat, ist die
im Vergleich zu Metallen niedrigere elektrische Leitfä-
higkeit der transparenten Leitschichten.
[0033] Erfindungsgemäß erfolgt die elektrochemi-
sche Beschichtung großflächiger Substrate mit elektro-
chromen Schichten unter Nutzung einer segmentierten
Gegenelektrode, wobei jedes Gegenelektrodenseg-
ment in Verbindung mit dem zu beschichtenden Sub-
strat unabhängig elektrisch angesteuert werden kann.
Bei Verwendung einer auf diese Weise segmentierten
Gegenelektrode werden im wesentlichen von jedem E-
lektrodensegment die diesem gegenüberliegenden Tei-
le des großflächigen Substrats beschichtet, wobei eine
gewisse Streuung in benachbarte Bereiche auftritt.
[0034] Das Ausmaß dieser Streuung hängt u.a. von
der Leitfähigkeit des Elektrolyten und der verwendeten
Stromdichte ab, und bestimmt damit den Abstand zwi-
schen den einzelnen Gegenelektrodensegmenten. Da
diese Streuung bei allen Gegenelektroden vorhanden
ist, wird dadurch eine weitgehend homogene Strom-
dichteverteilung über das gesamte zu beschichtende
Substrat gewährleistet. Diese homogene Stromdichte-
verteilung ist die Vorraussetzung für eine gute Homoge-
nitätderabgeschiedenenSchichten.Siewurdeerreicht,
indem jedes dieser Gegenelektrodensegmente von ei-
ner eigenen Spannungsquelle angesteuert wird, wobei
ein Pol dieser Spannungsquelle mit dem entsprechen-
den Gegenelektrodensegment und der andere Pol einer
jeden Spannungsquelle mit dem zu beschichtenden
Substrat verbunden wird. Auf diese Weise kann zwi-
schen jedem Gegenelektrodensegment und dem Sub-
strat eine eigene individuelle Spannung angelegt wer-
den. Bei Realisierung einer homogenen Stromdichte
über das Substrat steigt im allgemeinen die Spannung
von der obersten Segmentelektrode ausgehend zur un-
tersten Segmentelektrode hin an.
[0035] Es ist auch möglich, zur elektrochemischen
Beschichtung großflächiger Substrate nur eine Gegen-
elektrode zu verwenden, die wesentlich schmaler ist als
die zu beschichtende Scheibe und die während des Be-
schichtungsvorganges langsam an dem zu beschich-
tenden Substrat vorbeigezogen wird. Da die elektroche-
mische Abscheidung bei Verwendung einer solchen
schmalen Gegenelektrode im wesentlichen nur in den
dieser Gegenelektrode direkt gegenüberliegenden Be-
reichen erfolgt, kann durch das langsame Vorbeiziehen
der Gegenelektrode über das Substrat eine einheitliche
Schichtdickenverteilung der elektrochemisch abzu-
scheidenden elektrochromen Filme erreicht werden.
Die Bewegung der Gegenelektrode kann beispielswei-
se mittels eines Schrittmotors realisiert werden. Die Ge-
schwindigkeit der Bewegung dieser Elektrode ist in
Kombination mit der Stromdichte entscheidend für die
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[0036] Als Materialien der Gegenelektrode können
Edelmetall- oder Edelmetalloxidbeschichtetes Titan,
Kohle oder Graphit verwendet werden. Kohle und Gra-
phit stellen ein preiswerte Elektrodenmaterialen dar,
während sich Edelmetall- oder Edelmetalloxid-be-
schichtetes Titan durch eine besonders hohe Lang-
zeitstabilität auszeichnen.
[0037] In einer erfindungsgemäßen Ausführung wird
als katodisch elektrochrome Schicht in dem elektrochro-
men Verbundglas Wolframtrioxid verwendet. Wolf-
ramtrioxid wird bei katodischer Reduktion blau gefärbt
und bei anodischer Oxidation entfärbt. Wolframtrioxid
besitzt überraschenderweise auch in Verbindung mit
dem ionenleitenden Polyvinylbutyral eine hohe Zyklen-
und Langzeitstabilität.
[0038] Das katodisch elektrochrome Wolframtrioxid
wird großflächig elektrochemisch durch katodische Re-
duktion aus Lösungen von Peroxowolframsäure abge-
schieden. Die Peroxowolframsäure kann dabei in ver-
schiedenen Lösungsmittel gelöst werden. Beispielswei-
se kann eine wässrige oder eine methanolische Pero-
xowolframsäurelösung verwendet werden. Aber auch
eine Mischung von Wasser und Isopropanol beispiels-
weise im Verhältnis von 70 Volumen% Wasser und 30
Volumen% Isopropanol kommt in Frage. Die Herstel-
lung der Peroxowolframsäure kann beispielsweise
durch Auflösung von metallischem Wolfram, von Wolf-
ramtrioxid oder von Wolframsäure in Wasserstoffper-
oxid erfolgen.
[0039] In einer anderen Ausführung der Erfindung
wird als katodisch elektrochrome Substanz Po-
ly-(3,4-ethylendioxy-thiophen) oder Derivate des Po-
ly-(3,4-ethylendioxy-thiophen) verwendet. Po-
ly-(3,4-ethylendioxy-thiophen) wird bei katodischer Re-
duktion blau gefärbt und bei anodischer Oxidation weit-
gehend entfärbt. Poly-(3,4-ethylendioxy-thiophen) oder
Derivate des Poly-(3,4-ethylendioxy-thiophen) werden
großflächig elektrochemisch durch anodische Elektrop-
olymerisation aus wässrigen Lösungen ihrer Monomere
abgeschieden.
[0040] Erfindungsgemäß werden als anodisch elek-
trochrome Schicht Eisenhexacyanoferrat oder andere
unlösliche Metallpolycyanometallate verwendet. Über-
raschenderweise erwies sich Eisenhexacyanoferrat bei
Anwesenheit von lithiumionenhaltigem Polyvinylbutyral
nicht nur für Kalium- sondern auch für Lithiumionen als
interkalationsfähig und kann daher bei Anwesenheit von
lithiumionenhaltigem Polyvinylbutyral geschaltet wer-
den. Die blau gefärbte Form des Eisenhexacyanoferrat
bezeichnet man auch als Preussisch Blau. Preussisch
Blau kann durch Reduktion entfärbt werden.
[0041] Andere unlösliche Metallpolycyanometallate,
die als anodisch elektrochrome Schicht in dem elektro-
chromen Verbundglas eingesetzt werden können, sind
zum Beispiel Indiumhexacyanoferrat oder Nickelhexa-
cyanoferrat. Die Kombination des blau einfärbenden
Wolframtrioxids oder Poly-(3,4-ethylendioxy-thiophen)s
mit unterschiedlichen verschieden einfärbenden Metall-
polycyanometallaten bietet die Möglichkeit in unter-
schiedlichen Farbtönen abtönbare elektrochrome Ver-
bundgläser herzustellen.
[0042] Eisenhexacyanoferrat oder andere unlösliche
Metallpolycyanometallate werden grossflächig elektro-
chemisch abgeschieden.
[0043] Sowohl die Abscheidung der katodisch elek-
trochromen als auch der anodisch elektrochromen
Schichten erfolgt auf transparenten leitfähigen Schich-
ten. Überraschenderweise gelingt die elektrochemische
Abscheidung von Wolframtrioxid und Preussisch Blau
sowohl auf zinndotiertem Indiumoxid (ITO), Al-dotier-
tem Zinkoxid oder fluordotiertem Zinndioxid (FTO) ohne
elektrochemische Zersetzung dieser transparenten leit-
fähigen Materialien auch aus saurer Peroxowolfram-
säurelösung und saurer Hexacyanoferratlösung bei An-
wesenheit von Eisen(III).
[0044] Überraschenderweise gelang es auch, eine
Polyvinylbutyralfolie herzustellen, die gute Ionenleitfä-
higkeitmithohermechanischerStabilitätundguterHaft-
festigkeit vereint. Erfindungsgemäß wird die ionenlei-
tende Polyvinylbutyralfolie aus dem Polymer Polyvinyl-
butyral und einem Weichmacher oder Weichmacherge-
misch, welches mindestens ein in Ionen dissoziiertes Li-
thium- oder Kaliumsalz enthält, durch Extrusion herge-
stellt.
[0045] Als Weichmacher oder Komponente eines
Weichmachergemisches können organische Flüssig-
keiten mit einer Dielektrizitätszahl größer 20 und einem
Siedepunkt größer 150°C, vorzugsweise über 200°C,
verwendet werden. Ein ausreichend hoher Siedepunkt
ist nötig, um die Laminierung der entstehenden Folie bei
erhöhter Temperatur durchführen zu können. Ein erhöh-
ter Siedepunkt ist auch für die Langzeitstabilität und
Temperaturbeständigkeit elektrochromer Elemente
wichtig. Solche organischen Flüssigkeiten können bei-
spielsweise Substanzen aus den Gruppen der Ketone,
Alkylpyrrolidone, Polyethylenglykoldiether, Alkylencar-
bonate, Lactone, Dimethylalkylamide, Sulfolane oder
aliphatische Nitrile oder Mischungen aus diesen Sub-
stanzklassen sein. Stoffe aus diesen Substanzklassen
weisen erfahrungsgemäß eine ausreichend hohe Pola-
rität auf, um geeignete Leitsalze aufzulösen und zur Dis-
soziation zu bringen. Als konkrete Weichmachersub-
stanzen aus diesen Stoffklassen können beispielsweise
N-Methylpyrrolidon, Propylencarbonat, γ-Valerolacton
oder γ-Butyrolacton verwendet werden.
[0046] Zusätzlich zu den oben genannten Weichma-
chersubstanzen können für die Weichmachermischung
auch eine oder mehrere Substanzen aus der Gruppe
der Ester von Dicarbonsäuren (z.B. von Phthalsäure,
Sebazinsäure oder Adipinsäure), Estern der Phosphor-
säure oder Estern von aliphatischen Diolen mit Carbon-
säuren verwendet werden. Diese herkömmlichen bisher
für nicht ionenleitende Polyvinylbutyralfolien verwende-
ten Weichmacher können in der Mischung mit den er-
findungsgemäßen, stärker polaren Weichmachersub-
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stanzen die mechanischen Eigenschaften der ionenlei-
tenden Polyvinylbutyralfolie verbessern.
[0047] Erfindungsgemäß beträgt der Weichmacher-
anteil in der ionenleitenden Polyvinylbutyralfolie zwi-
schen 15 und 35 Masse%. Bei tieferen Weichmacher-
gehalten ist die lonenleitfähigkeit der Polyvinylbutyral-
folie zu gering für eine sinnvolle praktische Anwendung,
während bei höheren Weichmachergehalten keine me-
chanisch stabile Folie mehr erhalten wird. Tiefere
Weichmachergehalte führen auch zu spröden, unelasti-
schen Folien, die für Verbundsicherheitsglas nicht ge-
eignet sind. Ein elektrochromes Verbundsicherheitsglas
ist besonders vorteilhaft für den Einsatz in der Front-
scheibe von Kraftfahrzeugen, da hier die Verwendung
von Verbundsicherheitsglas zwingend vorgeschrieben
ist.
[0048] Lithium- und Kaliumsalze sind für das in Ionen
dissoziiert Leitsalz besonders gut geeignet sind, da sie
eine hohe lonenbeweglichkeft aufweisen und aufgrund
ihrer Größe auch sehr gut zum Ein- und Ausbau aus
elektrochromen Filmen geeignet sind. Lithium- und Ka-
liumionen weisen nach den Protonen, die in Mischun-
gen mit Polyvinylbutyral allerdings nicht verwendet wer-
den können, die höchste lonenleitfähigkeit auf, so dass
deren Verwendung erfindungsgemäß bevorzugt ist. Als
Beispiele für einsetzbare Lithiumionensalze seinen ge-
nannt: LiClO4, LiPF6, LiSbF6, LiAsF6, Li(CF3COO),
LiBF4, LiCF3SO3 oder LiN(SO2CF3)2.
[0049] Die mechanisch stabile, ionenleitfähige Poly-
vinylbutyralfolie wird durch Extrusion hergestellt. Da-
durch wird es möglich, die ionenleitenden Polyvinylbu-
tyralfolien ohne Einsatz von Hilfslösungsmitteln mit ho-
hen Durchsatz herzustellen. Es ist vorteilhaft, das Leit-
salz im Weichmacher vor Durchführung der Extrusion
aufzulösen. Damit ist eine besonders gute Verteilung
der für die lonenleitfähigkeit sorgenden Ionen in der Po-
lymerfolie möglich.
[0050] Die Herstellung der mechanisch stabilen, io-
nenleitenden Polyvinylbutyralfolie kann aber auch
durch Einlegen einer kommerziell erhältlichen nicht io-
nenleitenden Folie in geeignete Weichmacher oder
Weichmachergemische mit den darin gelösten Leitsal-
zen erfolgen. Bei diesem Verfahren erfolgt eine Eindif-
fusion der Weichmachersubstanzen mit den darin gelö-
sten Leitsalzen in die bestehende nicht ionenleitende
Polyvinylbutyralfolie, wodurch diese ionenleitend wird.
Da die für dieses Verfahren geeigneten Weichmacher
Polyvinylbutyrale auflösen können, wird der Vorgang
der Eindiffusion bevorzugterweise bei Temperaturen
durchgeführt, bei denen das Polyvinylbutyral nur wenig
gelöst wird, der Weichmacher aber bereits in die Folie
eindringen kann. Diese Temperaturen können sich für
verschiedene Weichmacher stark unterscheiden.
[0051] Die Herstellung der mechanisch stabilen, io-
nenleitenden Polyvinylbutyralfolie kann auch in einem
Gießverfahren erfolgen, wobei die Bestandteile der Fo-
lie in einem relativ leicht flüchtigen Lösungsmittel oder
Lösungsmittelgemisch aufgelöst und auf eine Unterlage
gegossen werden, wonach eine Entfernung des Lö-
sungsmittels oder Lösungsmittelgemisches erfolgt. Die-
ser Vorgang kann solange wiederholt werden, bis eine
Folie gewünschter Dicke erhalten wird. Dabei muß die
vollständige Entfernung der leichtflüchtigen Komponen-
te gesichert werden. Bevorzugte Lösungsmittel für die-
sen Zweck sind Alkohole wie zum Beispiel Methanol,
Ethanol oder Isopropanol.
[0052] Erfindungsgemäß erfolgt die Herstellung des
elektrochromen Verbundes durch Laminierung in Auto-
klaven bei erhöhten Drücken vorzugsweise zwischen 5
und 20 bar und bei erhöhten Temperaturen vorzugswei-
se zwischen 120 und 160°C. Es ist überraschend, dass
sich unter diesen harten Bedingungen die Eigenschaf-
ten der elektrochromen Schichten nicht verschlechtern
(Schaltverhalten, Homogenität).
[0053] In einer anderen erfindungsgemäßen Ausfüh-
rung erfolgt die Herstellung des elektrochromen Ver-
bundes durch Laminierung im Vakuumsack oder Vaku-
umring bei erhöhten Temperaturen vorzugsweise zwi-
schen 120 und 160°C. Diese Technik wird wie auch die
Autoklaventechnik zur Herstellung von konventionellem
Verbundsicherheitsglas eingesetzt, ist aber aufgrund
der einfacheren Anlagentechnik mit besonders gerin-
gen Investitionskosten verbunden.
[0054] Nach erfolgter Laminierung im Autoklaven, Va-
kuumsack oder Vakuumring ist das elektrochrome Ver-
bundglas, welches unter Verwendung von Wolframtri-
oxid und Eisenhexacyanoferrat hergestellt wurde, blau
gefärbt, wobei die Wolframtrioxidschicht ungefärbt und
die Eisenhexacyanoferratschicht in der Form von
Preussisch Blau vorliegt.
[0055] Zur endgültigen Formierung des erfindungs-
gemäß hergestellten elektrochromen Verbundglases
für die praktische Anwendung muß daher eine Grund-
entfärbung erfolgen. Erfindungsgemäß erfolgt diese
Grundentfärbung elektrochemisch, indem über längere
Zeit eine Spannung, die 0,3 bis 1,5 V oberhalb der nor-
malerweise zum Bleichen verwendeten Spannung liegt,
an das elektrochrome Verbundglas angelegt und das
Preussisch Blau dabei als Katode geschaltet wird. Auch
nach erfolgter vollständiger Entfärbung, die in der Regel
in Zeiten kleiner als 1 Stunde erreicht wird, ist es zweck-
mäßig, diese Spannung noch mehrere Stunden anlie-
gen zu lassen, um im Polymerelektrolyten vorhandenen
gelösten Sauerstoff zu beseitigen. Wenn der gelöste
Sauerstoff nicht weitgehend entfernt wird, kann er bei
einem elektrochromen
[0056] Verbundglas im ungefärbten Zustand durch
Oxidation des Preussisch Blau zur unerwünschten Fär-
bung und bei einem gefärbten elektrochromen Verbund-
glas durch Oxidation des Wolframtrioxid zu einer parti-
ellen unerwünschten Selbstentfärbung führen.
[0057] Um das Eindringen von Luftsauerstoff in das
elektrochrome Verbundglas hinein und von Weich-
macherkomponenten aus dem Verbundglas heraus zu
verhindern, ist eine Abdichtung des elektrochromen
Verbundglases notwendig. Erfindungsgemäß wird die-
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se Abdichtung durch Einsatz von Epoxidharz und Butyl-
sulfid erreicht. Zuerst erfolgt eine Rundumabdichtung
mit Epoxidharz, wodurch das Eindringen von Sauerstoff
verhindert wird. Das Epoxidharz ist allerdings noch
weichmacherdurchlässig. Auf die erste Abdichtungs-
schicht aus Epoxidharz wird daher Butylsulfid aufge-
bracht, welches das Entweichen des Weichmachers
verhindert und ein Eindringen von Luftfeuchtigkeit un-
möglich macht. Die Komplettierung dieser Abdichtung
kann beispielsweise durch Aufkleben einer mit einem
nicht leitfähigen Kleber beschichteten Aluminiumfolie
erfolgen, die ebenfalls als Gas- und Feuchtigkeitsbar-
riere dient.
[0058] Die Kontaktierung der transparenten leitfähi-
gen Elektroden erfolgt an den überstehenden Randsei-
ten (8und 9). Um eine gleichmäßige Einfärbung zu si-
chern, ist auch homogene Kontaktierung über die ge-
samte überstehende Randseite nötig. Dazu wird vorteil-
hafterweise ein gut leitfähiges Metall auf diese transpa-
rente leitfähige Schicht aufgebracht. Vorzugsweise
kann ein Kupferleitband aufgeklebt werden.
Ausführungsbeispiele
1. Ausführungsbeispiel: elektrochemische Herstellung
eines Wolframtrioxidfilms mit segmentierter Gegenelek-
trode
[0059] Auf eine mit einer Fluor-dotierten Zinndioxid-
schicht (FTO-Schicht) beschichteten 4 mm dicken
Glastafel (K-Glas, Pilkington) der Größe 30 x 50 cm2
erfolgte die galvanostatische elektrochemische Ab-
scheidung eines Wolframtrioxidfilms. Der Flächenwi-
derstand der FTO-Schicht betrug 17 Ω/sq. Die Abschei-
dung erfolgte aus einer 0,05 molaren wässrigen Pero-
xowolframsäurelösung. Diese Lösung wurde durch Auf-
lösen der entsprechenden Menge Wolfram in einer
überschüssigen Menge Wasserstoffperoxid hergestellt.
Bei der Herstellung nicht verbrauchtes Wasserstoffper-
oxid wurde durch Eintauchen einer platinierten Titan-
elektrode in die Lösung katalytisch zersetzt. Die Leitfä-
higkeit des Elektrolyten betrug etwa 6 mS/cm.
[0060] Die elektrochemische Beschichtung erfolgte in
einem Behälter mit den Maßen:
[0061] Höhe x Breite x Tiefe = 30 cm x 55 cmx4cm.
Die zu beschichtende Glasscheibe wurde so in dem Be-
hälter befestigt, dass ein 1 cm breiter Streifen aus der
Lösung herausragte. Auf diesen Streifen wurde zur
Kontaktierung über die volle Breite von 50 cm ein Kup-
ferleitband (Band 1181, Firma 3M) geklebt. Parallel zu
der zu beschichtenden Glasscheibe wurde im Abstand
von 3 cm eine PVC-Platte, auf der 6 Gegenelektroden-
segmente befestigt wurden, in die Elektrolytlösung ein-
gebracht.
[0062] Jede der 6 Gegenelektrodensegmente war 50
cm lang entsprechend der Breite der zu beschichtenden
Glasplatte und 4 cm breit. Der Abstand zwischen den
einzelnen Streifen betrug jeweils 0,7 cm. Die Elektro-
denstreifen bestanden aus 1 mm dicken mit Ruthenium-
oxid beschichtetem Titan.
[0063] Am oberen Teil der zu beschichtenden Glas-
platte wurde ein 1 mm-dicker beidseitig platinierter Ti-
tanstreifen mit einer Länge von 50 cm und mit einer Brei-
te von 4 cm befestigt und etwa 0,5 cm tief in die Elek-
trolytlösung eingetaucht. Dieser Streifen diente als Hilf-
selektrode.
[0064] Zur elektrolytischen Wolframtrioxidabschei-
dung wurden 6 Gleichrichter des Typs PS-2403D (Fa.
Conrad) eingesetzt. Die Minuspole aller 6 Gleichrichter
wurden mit der zu beschichtenden Glasplatte und der
Hilfselektrode verbunden, während jeder Pluspol der 6
verschiedenen Gleichrichter mit einer anderen der 6
einzelnen Gegenelektrodensegmente verbunden wur-
de. Durch die Einstellung des gleichen Stromes von je-
weils 80 mA an jedes Gegenelektrodensegment erfolg-
te an jedem Gleichrichter eine sich selbstregulierende
Einstellung der notwendigen Spannung. Die Gesamt-
stromstärke der Abscheidung betrug 480 mA. Unter die-
sen Bedingungen erfolgte eine 10-minütige katodische
Abscheidung der Wolframtrioxidschicht aus der Wolf-
ramperoxosäurelösung. Es wurde dabei eine Wolf-
ramtrioxidschicht mit großer Homogenität der Schicht-
dicke von 180 nm erhalten. Abweichungen in der opti-
schen Homogenität betrugen weniger als 5 %.
2. Ausführungsbeispiel: elektrochemische Herstellung
eines Preussisch Blau-Films mit segmentierter Gegen-
elektrode
[0065] Auf eine mit einer Fluor-dotierten Zinndioxid-
schicht beschichteten 4 mm dicken Glasplatte (K-Glas,
Pilkington) der Größe 80 x 120 cm2erfolgte die galva-
nostatische elektrochemische Abscheidung eines
Preussisch-Blau-Films. Der Flächenwiderstand der
FTO-Schicht betrug 17 Ω/sq. Die Abscheidung erfolgte
aus einer wässrigen Lösung, die 0,025 mol/l Kaliumhy-
drogensulfat, 0,005 mol/l Eisen(III)-sulfat und 0,005
mol/l Kaliumhexacyanoferrat(III) enthielt. Die Leitfähig-
keit dieser Lösung betrug etwa 12 mS/cm.
[0066] Die elektrochemische Beschichtung erfolgte in
einem Behälter mit den Maßen:
[0067] Höhe x Breite x Tiefe = 100 cm x 130 cm x 5
cm. Die zu beschichtende Glasscheibe wurde so in dem
Behälter befestigt, dass ein 1 cm breiter Streifen aus der
Lösung herausragte. Auf diesen Streifen wurde zur
Kontaktierung auf der vollen Breite von 120 cm ein Kup-
ferleitband (Band 1181, Firma 3M) geklebt. Parallel zu
der zu beschichtenden Glasscheibe wurde im Abstand
von 3 cm eine Plexiglas-Platte, auf der 17 Gegenelek-
trodensegmente befestigt wurden, in die Elektrolytlö-
sung eingebracht. Jede der 17 Gegenelektrodenseg-
mente war 120 cm lang entsprechend der Breite der zu
beschichtenden Glasplatte und 4 cm breit. Der Abstand
zwischen den einzelnen Streifen betrug jeweils 0,7 cm.
Die Elektrodenstreifen bestanden aus 1 mm dicken mit
Iridiumoxid beschichtetem Titan.
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[0068] Am oberen Teil der zu beschichtenden Glas-
platte wurde ein 1 mm-dicker beidseitig platinierter Ti-
tanstreifen mit einer Länge von 120 cm und mit einer
Breite von 4 cm befestigt und etwa 2,5 cm tief in die
Elektrolytlösung eingetaucht. Dieser Streifen diente als
Hilfselektrode.
[0069] Zur elektrolytischen Preussisch-Blau-Ab-
scheidung wurden 17 Gleichrichter eingesetzt, deren
Minuspole wiederum alle mit der zu beschichtenden
Glasplatte und der Hilfselektrode verbunden wurden,
während jeder Pluspol der 17 verschiedenen Gleich-
richter mit einer anderen der 17 einzelnen Gegenelek-
troden verbunden wurde.
[0070] An jedem der 17 Gleichrichter wurde eine
Stromstärke von 10 mA eingestellt, so dass die Gesamt-
stromstärke der Abscheidung 170 mA betrug. Die Ein-
stellung der erforderlichen Spannung erfolgte unter den
Konstantstrombedingungen bei jedem Gleichrichter
selbstregulierend. Nach einer katodischen Abschei-
dung über 20 Minuten wurde eine Preussisch-Blau-
Schicht mit großer Homogenität der Schichtdicke von
110 nm erhalten. Abweichungen in der optischen Ho-
mogenität betrugen weniger als 5 %.
3. Ausführungsbeispiel: elektrochemische Herstellung
eines Wolframtrioxidfilms mit beweglicher, schmaler
Gegenelektrode
[0071] Auf eine mit einer Fluor-dotierten Zinndioxid-
schicht beschichteten 4 mm dicken Glasplatte (K-Glas,
Pilkington) der Größe 30 x 50 cm2erfolgte die Abschei-
dung eines Wolframtrioxidfilms. Die Abscheidung er-
folgte aus einer 0,05 molaren wässrigen Peroxowolf-
ramsäurelösung.
[0072] Die elektrochemische Beschichtung erfolgte in
einem Behälter mit den Maßen:
[0073] Höhe x Breite x Tiefe = 30 cm x 55 cmx4cm.
Die zu beschichtende Glasscheibe wurde so in dem Be-
hälter befestigt, dass ein 1 cm breiter Streifen aus der
Lösung herausragte. Auf diesen Streifen wurde zur
Kontaktierung über die volle Breite von 50 cm ein Kup-
ferleitband (Band 1181, Firma 3M) geklebt. Parallel zu
der zu beschichtenden Glasplatte wurde eine bewegli-
che Gegenelektrode am Boden des Gefäßes positio-
niert. Diese Gegenelektrode war 50 cm lang entspre-
chend der Breite der zu beschichtenden Glasplatte und
4 cm breit. Sie bestand aus platiniertem Titan mit einer
Dicke von 2 mm. Sie war mittig an einem Titanstreifen
(2 mm dick) mit einer Länge von 30 cm und einer Breite
von 5 mm befestigt. Dieser Titanstreifen diente sowohl
zur Kontaktierung als auch zur Bewegung der Elektro-
de.
[0074] Während der galvanostatischen elektrochemi-
schen Abscheidung der Wolframtrioxidschicht wurde
die Gegenelektrode mit einer Geschwindigkeit von 0,56
cm pro Minute an dem zu beschichtenden Substrat vor-
beigezogen. Insgesamt wurde die Gegenelektrode 3
mal an dem gesamten Substrat vorbeigezogen. Die Be-
schichtungsdauer betrug 132 Minuten. Zwischen Ge-
genelektrode und zu beschichtendem Substrat floß
während der gesamten Beschichtungsdauer ein Strom
von 80 mA.
4. Ausführungsbeispiel: Herstellung einer ionenleiten-
den Polyvinylbutyralfolie im Gießverfahren
[0075] 84 g Polyvinylbutyral (Fa. Aldrich) mit einer
Molmasse von 170000-250000 g/mol wurde unter Rüh-
ren in 1,6 l Isopropanol gelöst. Zu dieser Mischung wer-
den 73,5 g einer 1 molaren Lösung von Lithiumperchlo-
rat in γ-Butyrolacton gegeben.
[0076] Von dieser Mischung wurde jeweils der sech-
ste Teil auf eine Glasunterlage der Größe 30 cm x 50
cm gegossen. Nach dem Gießen der Lage wurde das
Isopropanol innerhalb eines Tages verdunstet. Dieser
Prozess wurde fünfmal wiederholt. Am Ende wurde eine
optisch transparente, mechanisch stabile, ionenleiten-
de Polyvinylbutyralfolie der Dicke 0,7 mm erhalten.
5. Ausführungsbeispiel: Herstellung einer ionenleiten-
den Polyvinylbutyralfolie durch Extrudieren
[0077] Die Extrusion erfolgte an einem Doppel-
schneckenlaborextruder der Firma Haake. Polyvinylbu-
tyralpulver Pioloform BS18 (Firma Wacker) und eine 1
molare Lösung von Lithiumperchlorat in γ-Butyrolacton
als Weichmacher wurden im Massenverhältnis von 65
Masse% Polyvinylbutyral und 35 Masse% Weichma-
cher bei Temperaturen von 160 bis 180°C im Bereich
der Doppelschnecke zu einer 10 cm breiten ionenleiten-
den Folie mit einer Dicke von 0,5 mm extrudiert.
6. Ausführungsbeispiel: Herstellung einer ionenleiten-
den Polyvinylbutyralfolie durch Einlegen einer her-
kömmlichen Folie in ein Weichmachergemisch
[0078] Eine weichmacherhaltige, nicht ionenleitende
Polyvinylbutyralfolie Trosifol MB-FR (HT Troplast) mit
einer Dicke von 0,76 mm wurde 2 Tage bei einer Tem-
peratur von +5°C in eine 1 molare Lösung von Lithium-
perchlorat in γ-Butyrolacton eingelegt.
[0079] Nach Herausnehmen dieser Folie und Entfer-
nen der anhaftenden Reste von γ-Butyrolacton wurde
eine ionenleitende Polyvinylbutyralfolie erhalten.
7. Ausführungsbeispiel: Herstellung eines elektrochro-
men Verbundglases durch Laminieren im Vakuumsack
[0080] Zwei elektrochemisch mit Wolframtrioxid be-
ziehungsweise mit Preussisch Blau beschichtete
K-Glasscheiben der Maße 30 cm x 50 cm wurden mit
einer ionenleitenden Polyvinylbutyralfolie zusammen-
gelegt. Diese Polyvinylbutyralfolie wurde wie im Ausfüh-
rungsbeispiel 6 beschrieben, jedoch unter Verwendung
einer weichmacherhaltigen, nicht ionenleitenden Poly-
vinylbutyralfolie des Typs Trosifol MV-HR (HT Troplast),
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hergestellt.
[0081] Das Ensemble wurde in einem Vakuumsack
(Airtech International) positioniert. Nach Anlegen eines
Vakuums kleiner 50 mbar wurde der Vakuumsack mit
dem zu laminierenden Ensemble auf eine Ceranheiz-
platte der Fläche 58 cm x 43 cm (Fa. Gestigkeit) gelegt.
Innerhalb von 2 Stunden wurde die Temperatur auf 135
°C gesteigert und dort 1 Stunde gehalten. Danach er-
folgte über 3 Stunden die Abkühlung auf unterhalb 40°C
und daraufhin die Entnahme des elektrochromen Ver-
bundglases.
8. Ausführungsbeispiel: Herstellung eines elektrochro-
men Verbundglases durch Laminieren im Autoklaven
[0082] Zwei elektrochemisch mit Wolframtrioxid be-
ziehungsweise mit Preussisch Blau beschichtete
K-Glasscheiben mit den Maßen 4 cm x 6 cm wurden mit
einer im Gießfolienverfahren nach Ausführungsbeispiel
4 hergestellten ionenleitenden Polyvinylbutyralfolie ver-
bunden.
[0083] Zu diesem Zweck wurden die beschichteten
Glascheiben und die ionenleitende Polyvinylbutyralfolie
zusammengelegt und in einen Laborautoklaven einge-
bracht. Dieser wurde druckdicht verschlossen. Nach
Evakuieren auf 7 mbar wurde mit Argon ein Druck von
12 bar hergestellt. Daraufhin wurde der Autoklav auf
140 °C erwärmt. Diese Temperatur wurde 15 Minuten
lang gehalten. Nach erfolgter Abkühlung und Druckent-
lastung konnte ein elektrochromes Verbundglasmuster
entnommen werden.
9. Ausführungsbeispiel: Abdichtung, Grundentfärbung
und Schaltung eines elektrochromen Verbundglases
nach der Laminierung
[0084] Ein elektrochromes Verbundglas mit den Ma-
ßen 30 cm x 50 cm erhielt nach erfolgter Laminierung
einen ersten Abdichtungsstreifen aus dem Epoxidharz
Araldit 2010 (Fa. Ciba). Nach Aushärtung dieses Epo-
xidharzes wurde das elektrochrome Verbundglas mit ei-
nem Streifen Butylband Delta B15 (Firma Dörken) und
danach noch mit einer rückseitig mit nicht leitfähigem
Kleber beschichteten Aluminiumfolie (Alujet) am Rand
umklebt. Anschließend wurde zur besseren Kontaktie-
rung ein mit leitfähigem Kleber beschichtetes Kupfer-
band (Band 1181, Firma 3M) auf den beiden überste-
henden Randstreifen der transparenten leitfähigen
Schicht aufgeklebt.
[0085] Danach erfolgte die Grundentfärbung dieses
elektrochromen Verbundglases durch Anlegen einer
Gleichspannung von 2,8 V, wobei das Wolframtrioxid an
den Pluspol und das Preussisch Blau an den Minuspol
angeklemmt wurden. Nach etwa 20 Minuten ist das
elektrochrome Verbundglas vollständig entfärbt. Zur
Entfernung des im ionenleitenden Polyvinylbutyral ge-
lösten Sauerstoff bleibt die Spannung von 2,8 V weitere
6 Stunden an das Element angelegt. Danach ist das
elektrochrome Verbundglas einsetzbar.
[0086] Es wurde mit 1,4 V (Wolframoxid Minuspol) ge-
färbt und 1,8 V (Wolframoxid Pluspol) entfärbt. Der
Strom-Zeit-Verlauf ist für einen Schaltzyklus in Figur 2
dargestellt. Pro Färbe- oder Entfärbeschritt floss jeweils
eine elektrische Ladungsmenge von 16 As.
[0087] Das entspricht einer Ladungskapazität von et-
wa 11 mAs/cm2. Die elektrische Energie für eine voll-
ständige Umfärbung beträgt bei der Färbung ca. 160
Ws/m2und bei der Entfärbung etwa 200 Ws/m2. Die
Transmissionsspektren für die gefärbte und ungefärbte
Form des elektrochromen Verbundglases zeigt Figur 3.
Die Lichtdurchlässigkeit im sichtbaren Spektralbereich
zwischen 380 und 780 nm beträgt im ungefärbten Zu-
stand 70 % und im gefärbten Zustand 13 %. Bei 550 nm
betrug die Lichtdurchlässigkeit im gefärbten Zustand
14% und im ungefärbten Zustand 78%.
10. Ausführungsbeispiel: Belastungstest eines elektro-
chromen Verbundglases
[0088] Das nach Ausführungsbeispiel 9 hergestellte
elektrochrome Verbundglas wurde einem Dauerschalt-
test unterworfen. Dazu wurde es mit 1,4 V gefärbt und
unter Polaritätsumkehr bei 1,8 V entfärbt. Die Färbung
dauerte jeweils 2 Minuten und die Entfärbung 1 Minute.
Insgesamt wurden 20.000 Färbe-/Entfärbezyklen
durchgeführt, ohne das signifikante Änderungen in der
Lichtdurchlässigkeit sowie im Schaltverhalten (Ge-
schwindigkeit, Bereich der Transmissionsänderung)
des elektrochromen Verbundglases auftraten.
Patentansprüche
1. Verfahren zur Herstellung eines großformatigen
elektrochromen Verbundglases, dadurch gekenn-
zeichnet, dass zwei jeweils mit einer transparen-
ten leitfähigen Schicht (2und 6) beschichtete Glas-
scheiben (1 und 7)
-elektrochemisch unter Verwendung einer seg-
mentierten Gegenelektrode mit elektrochro-
men Filmen (3und 5) beschichtet werden, von
denen einer bei anodischer Oxidation und der
andere bei katodischer Reduktion gefärbt wird
-und danach mit einer mechanisch stabilen, gut
haftenden, ionenleitenden Polyvinylbutyralfolie
(4) durch Laminierung zum Verbundsicher-
heitsglas verbunden werden.
2. Verfahren zur Herstellung eines großformatigen
elektrochromen Verbundglases nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, dass bei der elektro-
chemischen Beschichtung jedes Gegenelektroden-
segment in Verbindung mit dem zu beschichtenden
Substrat unabhängig elektrisch angesteuert wer-
den kann.
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3. Verfahren zur Herstellung eines großformatigen
elektrochromen Verbundglases nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, dass als katodisch
elektrochrome Schicht Wolframtrioxid verwendet
wird, welches elektrochemisch durch katodische
Reduktion aus Lösungen von Peroxowolframsäure
abgeschieden wird.
4. Verfahren zur Herstellung eines großformatigen
elektrochromen Verbundglases nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, dass als katodisch
elektrochrome Substanz Poly-(3,4-ethylendioxy-
thiophen) oder dessen Derivate verwendet werden.
5. Verfahren zur Herstellung eines großformatigen
elektrochromen Verbundglases nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, dass als anodisch elek-
trochrome Schicht Eisenhexacyanoferrat oder an-
dere unlösliche Metallpolycyanometallate verwen-
det werden.
6. Verfahren zur Herstellung eines großformatigen
elektrochromen Verbundglases nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, dass die ionenleitende
Polyvinylbutyralfolie (4) aus dem Polymer Polyvi-
nylbutyral und einem Weichmacher oder Weichma-
chergemisch, welches mindestens ein in Ionen dis-
soziiertes Kalium- oder Lithiumsalz enthält, durch
Extrusion hergestellt wird, wobei der Weichmacher-
anteil in der ionenleitenden Polyvinylbutyralfolie
zwischen 15 und 35 Masse% liegt.
7. Verfahren zur Herstellung eines großformatigen
elektrochromen Verbundglases nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, dass die Herstellung
des Verbundes durch Laminierung im Autoklaven
bei erhöhten Drücken vorzugsweise zwischen 5
und 20 bar und bei erhöhten Temperaturen vor-
zugsweise zwischen 120 und 160°C erfolgt.
8. Verfahren zur Herstellung eines großformatigen
elektrochromen Verbundglases nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, dass die Herstellung
des Verbundes durch Laminierung im Vakuumsack
oder Vakuumring bei erhöhten Temperaturen vor-
zugsweise zwischen 120 und 160°C erfolgt.
9. Verfahren zur Herstellung eines großformatigen
elektrochromen Verbundglases nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, dass nach der Laminie-
rung eine elektrochemische Grundentfärbung
durchgeführt wird, wozu über längere Zeit eine
Spannung, deren Betrag 0,3 bis 1,5 V oberhalb der
im Schaltbetrieb zum Bleichen verwendeten Span-
nung liegt, an das elektrochrome Verbundglas an-
gelegt wird.
10. Verfahren zur Herstellung eines großformatigen
elektrochromen Verbundglases nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, dass die Randabdich-
tung durch eine Kombination von Epoxidharz und
Butylsulfid durchgeführt wird.
Claims
1. Process for the production of a large area laminated
electrochromic glass characterised in that two
glass panes (1and 7) respectively coated with a
transparent conductive layers (2 and 6)
-are coated electrochemically with electrochro-
mic films (3and 5), using a segmented counter-
electrode, one of the films being colored during
anodic oxidation and the other during cathodic
reduction,
-and subsequently combined, by laminating,
with a mechanically stable, highly adhesive,
ion-conductive polyvinyl butyral film (4) to form
laminated safety glass.
2. Process for the production of a large area laminated
electrochromic glass according to claim 1 charac-
terised in that, during electrochemical coating,
each counter-electrode segment can be independ-
ently electrically targeted in association with the
substrate to be coated.
3. Process for the production of a large area laminated
electrochromic glass according to claim 1 charac-
terised in that tungsten trioxide is used as cathodic
electrochromic layer which is deposited electro-
chemically by cathodic reduction from solutions of
peroxotungstic acid.
4. Process for the production of a large area laminated
electrochromic glass according to claim 1 charac-
terised in that poly-(3,4-ethylene dioxythiophene)
or its derivatives are used as cathodic electrochro-
mic substance.
5. Process for the production of a large area laminated
electrochromic glass according to claim 1 charac-
terised in that iron hexacyanoferrate or another in-
soluble metal polycyanometalate is used as anodic
electrochromic layer.
6. Process for the production of a large area laminated
electrochromic glass according to claim 1 charac-
terised in that the ion-conductive polyvinyl butyral
film (4) is produced by extrusion from the polymer
polyvinyl butyral and a plasticizer or plasticizer mix-
ture which contains at least one ion dissociated po-
tassium or lithium salt, the proportion of plasticizer
in the ion-conductive polyvinyl butyral film being be-
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tween 15 and 35 % by mass.
7. Process for the production of a large area laminated
electrochromic glass according to claim 1 charac-
terised in that the production of the composite
takes place by lamination in an autoclave at elevat-
ed pressures of preferably between 5 and 20 bar
and at elevated temperatures of preferably between
120 and 160 °C.
8. Process for the production of a large area laminated
electrochromic glass according to claim 1 charac-
terised in that the production of the composite
takes place by lamination in the vacuum bag or the
vacuum ring at elevated temperatures of preferably
between 120 and 160 °C.
9. Process for the production of a large area laminated
electrochromic glass according to claim 1 charac-
terised in that, following lamination, an electro-
chemical basic discolouration is effected for which
purpose a voltage, the amount of which is 0.3 to 1.5
V above the voltage used for bleaching during
switching operation, is applied to the electrochromic
composite glass.
10. Process for the production of a large area laminated
electrochromic glass according to claim 1 charac-
terised in that the edge seal is effected by a com-
bination of epoxy resin and butyl sulphide.
Revendications
1. Procédé pour la fabrication d'un verre de sécurité
feuilleté électrochrome de grand format, caractéri-
sé en ce que deux vitres en verre (1et 7) revêtues
chacune d'une couche transparente conductrice (2
et 6)
-sont revêtues de films électrochromes (3et 5)
par un procédé électrochimique à l'aide d'une
contre-électrode segmentée, l'une de ces cou-
ches étant colorée par oxydation anodique et
l'autre par réduction cathodique
-et sont ensuite reliées par laminage par le biais
d'un film en polybutyral de vinyle (4) conducteur
d'ions, mécaniquement stable et bien adhésif,
de sorte à former d'un verre de sécurité feuille-
té.
2. Procédé pour la fabrication d'un verre de sécurité
feuilleté électrochrome de grand format selon la re-
vendication 1, caractérisé en ce que, lors du revê-
tement électrochimique, chaque segment de con-
tre-électrode peut être excité électriquement de
manière indépendante en relation avec le substrat
à revêtir.
3. Procédé pour la fabrication d'un verre de sécurité
feuilleté électrochrome de grand format selon la re-
vendication 1, caractérisé en ce que du trioxyde
de tungstène, déposé par un procédé électrochimi-
que de réduction cathodique de solutions d'acide
peroxotungstique, est utilisé pour la couche électro-
chrome cathodique.
4. Procédé pour la fabrication d'un verre de sécurité
feuilleté électrochrome de grand format selon la re-
vendication 1, caractérisé en ce que du Po-
ly-(3,4-dioxyde d'éthylène-thiophène) ou ses déri-
vés sont utilisés comme substance électrochrome
cathodique.
5. Procédé pour la fabrication d'un verre de sécurité
feuilleté électrochrome de grand format selon la re-
vendication 1, caractérisé en ce que de l'hexacya-
noferrate de fer ou d'autres polycyanométallates
métalliques non solubles sont utilisés pour la cou-
che électrochrome anodique.
6. Procédé pour la fabrication d'un verre de sécurité
feuilleté électrochrome de grand format selon la re-
vendication 1, caractérisé en ce que le film en po-
lybutyral de vinyle (4) conducteur d'ions est réalisé
par extrusion à partir du polymère polybutyral de vi-
nyle et d'un plastifiant ou d'un mélange de plasti-
fiants contenant au moins un sel de potassium ou
de lithium dissocié en ions, la proportion de plasti-
fiant dans le film en polybutyral de vinyle conduc-
teur d'ions se situant entre 15 et 35 % en masse.
7. Procédé pour la fabrication d'un verre de sécurité
feuilleté électrochrome de grand format selon la re-
vendication 1, caractérisé en ce que la liaison est
réalisée par laminage en autoclave sous des pres-
sions élevées, de préférence entre 15 et 20 bars,
et à des températures élevées, de préférence entre
120 et 160 °C.
8. Procédé pour la fabrication d'un verre de sécurité
feuilleté électrochrome de grand format selon la re-
vendication 1, caractérisé en ce que la liaison est
réalisée par laminage en sac sous vide ou en an-
neau sous vide à des températures élevées, de pré-
férence entre 120 et 160 °C.
9. Procédé pour la fabrication d'un verre de sécurité
feuilleté électrochrome de grand format selon la re-
vendication 1, caractérisé en ce que, après le la-
minage, une décoloration électrochimique de fond
est réalisée en appliquant, sur une période prolon-
gée, une tension au verre de sécurité feuilleté élec-
trochrome dont la valeur se situe 0,3 à 1,5 V au-
dessus de la tension utilisée en service pour le blan-
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chiment.
10. Procédé pour la fabrication d'un verre de sécurité
feuilleté électrochrome de grand format selon la re-
vendication 1, caractérisé en ce que l'étanchéité
des bords est obtenue à l'aide d'une combinaison
de résine époxy et de sulfure de butyle.
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