Verschiedene Vorgänge können zu einer Dimensionsveränderung des Kieferkamms führen, in deren Folge die Insertion eines dentalen Implantats deutlich erschwert oder unmöglich ist. Dazu zählen entzündliche Prozesse wie z.B. eine Parodontitis, aber auch Tumore und Zysten, Traumata, chirurgische Einflussfaktoren sowie physiologische Umbauvorgänge und Inaktivitätsatrophie nach Zahnverlust. In den vergangenen Jahrzehnten sind viele operative Techniken beschrieben worden, die eine Verbreiterung bzw. Erhöhung des Kieferkamms anstreben, um die sichere Insertion eines Implantats zu gewährleisten.
Das Ziel der vorliegenden Untersuchung war der Vergleich zweier Techniken zur Augmentation bei transversalen Kieferkammdefiziten für die Aufnahme von dentalen Implantaten. Dabei sollte überprüft werden, ob sich mit einer Kieferkammaugmentation unter Verwendung einer autologen Dentinscheibe und partikuliertem Dentin (Tooth-ShellTechnique) Ergebnisse erreichen lassen, die hinsichtlich des Augmentations- und Implantaterfolges, dem Auftreten postoperativer Komplikationen und postoperativer Beschwerden mit der Knochenschalentechnik nach Khoury (Bone-Shell-Technique)gleichwertig sind. Die Untersuchung wurde als prospektive, randomisierte Studie durchgeführt.
Der Beobachtungszeitraum der Studie belief sich auf ein Jahr.
Es wurden insgesamt 20 Studienteilnehmer in die Studie eingeschlossen und in zwei Studiengruppen (Gruppe 1: Bone-Shell-Technique (BST); Gruppe 2: Tooth-Shell-Technique(TST)) randomisiert zu je 10 Patienten verteilt.
Mit der TST konnten primär Augmentationsbreiten erreicht werden, die mit denen der BST vergleichbar waren. Während des Beobachtungszeitraums traten bei keinem der Studienteilnehmer Komplikationen auf. Die postoperativen Beschwerden nach den augmentativen Eingriffen wurden von den Patienten vom 1.-28. postoperativen Tag mittels visueller Analogskalen dokumentiert. Die Schmerzen waren in beiden Gruppen moderat (mediane VAS <20) ohne signifikanten Unterschied zwischen den beiden Gruppen. Die postoperative Schwellung wurde von den Patienten als schwerwiegender bewertet als der postoperative Schmerz. Die Schwellung wurde in der TST-Gruppe am 7. postoperativen Tag signifikant stärker als in der BST-Gruppe angegeben.
Drei Monate nach dem augmentativen Eingriff war bei allen Studienteilnehmern ein ausreichend dimensionierter Kieferkamm für die Aufnahme eines konventionellen Titanimplantats vorzufinden. Die Implantate konnten in beiden Gruppen mit einer vergleichbaren Primärstabilität (BST: ISQ=63,1, TST: ISQ=57,7; p=0,301) verankert werden.
Nach einer Einheilzeit von drei Monaten hatte die Implantatstabilität in beiden Gruppen gleichermaßen signifikant zugenommen (BST: +15,1; TST: +15,4; p=0,956). Die transversale Kieferkammbreite wurde nach der Augmentation, der Implantation, der Freilegung und ein Jahr
nach der Augmentation mit einer dreidimensionalen Bildgebung im Sinne eines digitalen Volumentomogramms ermittelt. Dabei zeigte sich nach einem Jahr eine mittlere Resorption der transversalen Kieferkammbreite von 1,42±0,93 mm in der BST-Gruppe und 0,98±1,09 mm in der TST-Gruppe. Der Unterschied zwischen beiden Gruppen war dabei nicht signifikant(p=0,346). An einem Implantat der BST- Gruppe und an zwei Implantaten der TST- Gruppe war ein vertikaler Knochenabbau von 0,9 mm bzw. 0,5 mm und 0,7 mm zu dokumentieren. Die Häufigkeit einer periimplantären Mukositis war in beiden Gruppen vergleichbar (BST: n=3; TST: n=4).
Es konnte festgestellt werden, dass die Augmentation mit autologem Dentin nach dem Konzept der Tooth-Shell-Technique eine erfolgsversprechende und sichere Behandlungsmethode zur Augmentation von lateralen Kieferkammdefiziten darstellt. Hinsichtlich des Augmentations-und Implantationserfolgs, der Resorption, des Auftretens von Komplikationen und postoperativer Beschwerden ist diese mit der Knochenschalentechnik nach Khoury vergleichbar. Zur Bewertung der Langzeitstabilität der Augmentate und der Implantatüberlebensraten sind Studien mit einem längeren Beobachtungszeitraum notwendig.