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INTERKULTURELLE ÖFFNUNG IN SPORTVEREINEN: GUTE-PRAXIS-LEITFADEN AUS DEM MODELLPROJEKT SPIEL MIT! Soziale Partizipation und interkulturelle Erfahrungen-Lebendiges Miteinander in Thüringen

Authors:

Abstract

Good practice guidelines for sports clubs interested in intercultural opening processes Anregungen zur Interkulturellen Öffnung für interessierte Sportvereine Im Rahmen des SPIEL MIT!-Modellprojekts entstand dieser Gute-Praxis-Leitfaden, den wir heute allen interessierten Sportvereinen zur Verfügung stellen können. Er bietet Ideen und Anregungen für eine erfolgreiche Interkulturelle Öffnung. In Kooperation mit der AWO Jena-Weimar e. V., der Hochschule Karlsruhe, der Karlshochschule und dem Landessportbund Thüringen e.V. werden im Projekt SPIEL MIT! Vereine intensiv bei interkulturellen Fragestellungen betreut. Einige der Vereine haben in diesem Rahmen eigene Maßnahmen entwickelt, um auf gesellschaftliche Herausforderungen in diesem Kontext einzugehen. So konnte das Projekt gelungene Beispiele sammeln, die nun anderen Vereinen zugänglich gemacht werden um zu zeigen, wie interkulturelle Vereinsentwicklung gefördert werden und gelingen kann. Gleichzeitig soll der Leitfaden auch Mut machen, sich an dieses Thema heranzuwagen. http://www.fs-ikoe.de/spiel-mit-thueringen/
INTERKULTURELLE ÖFFNUNG
IN SPORTVEREINEN:
GUTE-PRAXIS-LEITFADEN AUS DEM MODELLPROJEKT SPIEL MIT!
Soziale Partizipation und interkulturelle Erfahrungen - Lebendiges Miteinander in Thüringen
3
Inhalt
Vorwort ............................................................................................................................... 5
Aufbau & Ziel .................................................................................................................... 6
Was bedeutet Interkulturelle Öffnung? ...................................................................... 7
Was bedeutet interkulturelle Vereinsentwicklung? ................................................ 8
Wieso interkulturelle Vereinsentwicklung? .............................................................. 12
Interkulturelle Vereinsentwicklung im Modellprojekt Spiel Mit! .......................... 14
Hauptergebnisse ............................................................................................................. 14
Schwerpunktvereine ....................................................................................................... 21
Gute Beispiele .................................................................................................................. 26
1. Vereinsstruktur/-entwicklung ............................................................................ 26
2. Funktionsebene ..................................................................................................... 32
3. Mitgliederorientierung .......................................................................................... 34
Fazit und Ausblick ........................................................................................................... 40
Literatur ............................................................................................................................. 41
Impressum ........................................................................................................................ 43
54
Vorwort
Die Thüringer Sportvereine leisten mit ihren ehrenamtlich Engagierten einen entscheidenden Beitrag dazu, dass
Menschen mit und ohne Migrationshintergrund durch Sport miteinander in Kontakt treten. Diese Arbeit stellt
die in Thüringen zumeist ehrenamtlich organisierten Sportvereine auch vor Herausforderungen. Wie werden
Menschen angeleitet, die Deutsch erst lernen, wie Regeln vermittelt, die für Vereine gelten, müssen sich diese
Regeln ändern und was muss beachtet werden, um gemeinsam ein Fest zu feiern?
Der Landessportbund Thüringen e. V. als freiwillige Vereinigung der Turn- und Sportvereine sowie sonstiger
Sportgemeinschaften des Freistaats Thüringen ist der Ansprechpartner in solchen Fragen. In Kooperation
mit der AWO Jena-Weimar e. V., der Hochschule Karlsruhe und der Karlshochschule werden im Projekt Spiel
Mit! Vereine intensiv bei interkulturellen Fragestellungen betreut. Um auf gesellschaftliche Herausforderun-
gen einzugehen, haben einige Vereine im Rahmen von Spiel Mit! eigene Maßnahmen entwickelt. Während der
Projektarbeit sind gelungene Beispiele gesammelt worden, um anderen Vereinen zu zeigen, wie interkulturelle
Vereinsentwicklung angeschoben werden kann, und um gleichzeitig Mut zu machen, sich an dieses Thema
heranzuwagen.
Auf Grundlage der gemachten Erfahrungen im Projekt Spiel Mit! entstand dieser Gute-Praxis-Leitfaden. Er bietet
interessierten Sportvereinen Ideen und Anregungen für eine erfolgreiche Interkulturelle Öffnung.
Peter Gösel, Präsident des Landessportbundes Thüringen
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Aufbau & Ziel
Dieser Gute-Praxis-Leitfaden soll Sportvereinen und Sportverbänden eine Orientierung geben, wie sie geeignete
Strategien zur interkulturellen Vereinsentwicklung gestalten können, die die Vielfalt der Gesellschaft berücksich-
tigen und deren Anerkennung zum Ausdruck bringen.
Der Leitfaden stellt Ergebnisse aus dem Modellprojekt Spiel Mit! – Soziale Partizipation und Interkulturelle Erfah-
rungen – Lebendiges Miteinander in Thüringen zusammen. Das Projekt hat seit November 2016 das Anliegen,
die Teilhabechancen in Sportvereinen erfolgreich zu fördern, indem es die interkulturelle Vereinsentwicklung
von Sportvereinen in Thüringen begleitet und als strategische Aktivität der Vereine verankert. Im Rahmen von
Spiel Mit! beraten, begleiten und schulen der Landessportbund Thüringen e. V. und die Fachstelle Interkulturelle
Öffnung der AWO Jena-Weimar e. V. Thüringer Sportvereine. Vier sogenannte „Schwerpunktvereine“ (Spirit of
Football e. V., SV Schott e. V., USV Jena e. V., BC Wacker Gotha e. V.) werden im Rahmen des Projektes intensi-
ver betreut. Das Projekt wird zudem von der Karlshochschule International University und der Hochschule
Karlsruhe wissenschaftlich begleitet: In einer Status-Quo-Analyse wurden Thüringer Sportvereine zu den
Maßnahmen im Bereich interkultureller Vereinsentwicklung befragt und geprüft, wie intensiv sie sich mit dem
Thema bereits beschäftigen. In einer vertiefenden Bedarfserhebung wurde gezielt die interkulturelle Vereinsent-
wicklung der Schwerpunktvereine unter die Lupe genommen. Die wichtigsten Erkenntnisse der Studien werden
in diesem Leitfaden zusammengefasst (Kapitel Hauptergebnisse Seite 14). Aus den gewonnenen Erkenntnissen
wurden in Zusammenarbeit der Fachstelle Interkulturelle Öffnung der AWO Jena-Weimar e. V. mit den Schwer-
punktvereinen jeweils eine Strategie zur interkulturellen Vereinsentwicklung entworfen, Maßnahmen umgesetzt
sowie Vereinsfunktionäre und Ehrenamtliche in interkulturellen Trainings geschult.
In diesem Leitfaden nden Sie Antworten auf die Fragen „Was bedeutet Interkulturelle Öffnung?“ und „Wieso
interkulturelle Vereinsentwicklung?“. Ihr Verein erhält außerdem Einblicke in die interkulturelle Vereinsentwick-
lung der am Projekt teilnehmenden Schwerpunktvereine in Form von Interviews und Gute-Praxis-Beispielen, die
Empfehlungen für Ihre Vereinsarbeit einschließen. Die im Rahmen des Projekts entwickelte Diversity-Checkliste
soll Ihren Sportverein im interkulturellen Öffnungsprozess begleiten (www.fs-ikoe.de/spiel-mit-thueringen/).
Dieser Leitfaden hilft Ihnen, Empfehlungen und Anregungen in die tägliche Praxis umzusetzen und Vorbild für
andere Vereine zu werden. Dabei sollte Ihnen bewusst sein, dass nicht alle Strategien und Konzepte in jedem
Sportverein gleichermaßen umgesetzt werden können, sondern einer individuellen Anpassung bedürfen.
Sollten Sie Fragen haben, berät Sie gerne die Fachstelle Interkulturelle Öffnung der AWO Jena-
Weimar e.V. telefonisch (Tina Czada und Nicole Fehrenbacher: Tel: 03641-8741-121) oder schriftlich (ikoe@
awo-jena-weimar.de) sowie der Landessportbund Thüringen (Jana Conrad, Mitarbeiterin im Bundesprogramm
Integration durch Sport: Tel: 0361 34054-67 / Mail: j.conrad@lsb-thueringen.de und Jörg Schünke,
Programmleiter im Bundesprogramm Integration durch Sport: Tel: 0361 34054-64 / Mail: j.schuenke@lsb-
thueringen.de).
Was bedeutet Interkulturelle Öffnung?
Zuwanderung bewirkt einen Wandel in unserer Gesellschaft. Wir sind immer vielfältiger. Dieser Zunahme an
Vielfalt gerecht zu werden und sie zu nutzen bedeutet, dass Institutionen ihre Maßnahmen und Angebote
konkret auf die Menschen vor Ort ausrichten müssen. Daran setzt das Konzept der Interkulturellen Öffnung
an, welches das Ziel verfolgt, Zugangsbarrieren für Minderheiten abzubauen, um ihre Teilhabechancen in der
Gesellschaft sowie in ihren Institutionen zu erhöhen. Interkulturelle Öffnung ist ein Organisationsentwicklungs-
prozess, in dem Einrichtungen die eigenen Strukturen kritisch betrachten, Zugangsbarrieren aufdecken und
Bedürfnisse von Kund*innen und Mitarbeitenden berücksichtigen. Dies führt schließlich auch zu einer Stär-
kung der Organisation und sichert ihren Fortbestand. Zentral ist eine anerkennende Haltung gegenüber Vielfalt.
ZUM NACH- UND WEITERLESEN:
Fachstelle Interkulturelle Öffnung (2014): „Interkulturelle Öffnung“, [online]
www.fs-ikoe.de/interkulturelle-oeffnung
IQ Fachstelle Interkulturelle Kompetenzentwicklung und Antidiskriminierung (2018): Erklärvideo „Interkul-
turelle Öffnung“, YouTube-Kanal des Förderprogramms „Integration durch Qualizierung (IQ)“, [online]
www.youtube.com/watch?v=3pkW5xRvWHY&t=63s
Schröer, Hubertus (2007): Interkulturelle Öffnung und Diversity Management: Konturen einer neuen
Diversitätspolitik in der Sozialen Arbeit. Wiesbaden, Springer.
„WENN DER WIND DES WANDELS WEHT,
BAUEN DIE EINEN MAUERN,
DIE ANDEREN WINDMÜHLEN“
CHINESISCHES SPRICHWORT
98
Was bedeutet interkulturelle Vereinsentwicklung?
Im Rahmen des Projektes Spiel Mit! wurde das Konzept der Interkulturellen Öffnung an Sportvereine angepasst
und in „interkulturelle Vereinsentwicklung“ umbenannt. Bei der interkulturellen Vereinsentwicklung geht es
darum, gesellschaftliche Vielfalt als Verein aktiv mitzugestalten, was Funktionsträger*innen und Ehrenamtli-
che ebenso wie die Sportler*innen betrifft. Beispiele einer solchen interkulturellen Vereinsentwicklung sind die
Fortbildung von Trainer*innen, Ehrenamtlichen und Sportler*innen, spezielle auf die Zielgruppe ausgerichtete
Angebote oder die bessere Einbindung von Menschen mit Migrationshintergrund in den Verein.
Bereiche der interkulturellen Vereinsentwicklung
Interkulturelle Vereinsentwicklung ist eine Querschnittsaufgabe. Sie betrifft alle Bereiche eines Sportvereins.
Zunächst geht es um die Vereinsstruktur, welche das Festlegen von Regeln, die Verteilung von Zuständigkeiten
und die Interaktionen innerhalb des Vereins beinhaltet. Der Vorstand und alle, die sich über die eigentliche
sportliche Aktivität hinaus im Verein engagieren (Trainer*innen, Übungsleitende, Schiedsrichter*innen,
Thekendienst usw.), bilden den Kern der interkulturellen Vereinsentwicklung. Sie werden in diesem Leitfaden
unter der Funktionsebene zusammengefasst. Die Mitgliederorientierung, d. h. der Umgang des Vereins mit den
Vereinsmitgliedern sowie das Auftreten des Vereins gegenüber neuen Mitgliedern sind für den Öffnungsprozess
im Verein maßgebend.
Phasen der interkulturellen Vereinsentwicklung
Interkulturelle Vereinsentwicklung ist ein längerfristiger Prozess, der verschiedene, sich wiederholende Phasen
(siehe Grak auf Seite 11) beinhaltet.
Phase 1:
Grundlage für einen interkulturellen Öffnungsprozess ist, die Bedeutung von Interkultureller Öffnung zu kennen
und sich als Sportverein die Verantwortung und Vorbildfunktion in der Gesellschaft zu vergegenwärtigen (siehe
Kapitel Interkulturelle Öffnung Seite 7).
Phase 2:
Die zweite Phase besteht in der Analyse des Ist-Zustands des Vereins. Diese hat das Ziel, herauszunden,
inwieweit ein Verein bereits interkulturell offen ist. Eine geeignete Methode dafür ist das Arbeiten mit einer
Diversity-Checkliste, wie Sie sie beispielsweise online unter www.fs-ikoe.de/spiel-mit-thueringen/ oder im Ein-
leger nden. Aus dieser Analyse des Ist-Zustands können Ziele abgeleitet werden, welche die Grundlage für die
weitere interkulturelle Vereinsentwicklung darstellen.
Ziele festlegen – SMART-Ziele
SMART steht für spezisch, messbar, akzeptiert, realistisch und terminiert. Im Projektmanagement hat es sich
bewährt, die sogenannten SMART-Kriterien bei der Festlegung von Zielen einzuhalten. SMART-Ziele sind klar
und nicht vage, eindeutig und nicht missverständlich formuliert. Jede*r weiß genau, worum es geht, was die
Umsetzung sowie die Motivation bei allen Beteiligten stärkt.
Beispiel SMART-Ziel:
Vages (nicht SMARTES) Ziel:
„Unser Verein möchte mehr Migrant*innen als neue Mitglieder gewinnen.
SMART-Ziel:
„Unser Verein möchte in
den zwei Monaten vor Sai-
sonbeginn 3 Migrant*in-
nen des Interkulturellen
Vereins Gera e.V. zu einem
Probetraining in den Verein
einladen.“
AKZEPTIERT
Ziele werden von allen
Beteiligten akzeptiert
bzw. gewollt
(Wer? Unser Verein).
REALISTISCH
Ziele werden so gesetzt,
dass sie erreicht werden
können (Trifft man im Inter-
kulturellen Verein Gera e. V.
Migrant*innen an?).
TERMINIERT
Klare Terminvorgabe ab
wann oder bis wann das
Ziel erreicht sein muss
(In den zwei Monaten vor
Saisonbeginn).
MESSBAR
Ziele sind messbar
(3 Migrant*innen).
SPEZIFISCH
Ziele werden so genau
wie möglich deniert
(Zum Probetraining
einladen).
1110
Phase 3
Diese Phase beinhaltet das Konzipieren und Durchführen von Maßnahmen, um die erarbeiteten Ziele zu errei-
chen. Dabei sollten die bereits genannten Herausforderungen für Sportvereine bedacht werden. Sowohl die
zeitlichen und personellen Kapazitäten der ehrenamtlich Engagierten als auch das vorhandene Vereinsbudget
spielt bei der Maßnahmenkonzeption eine entscheidende Rolle. Im Kapitel Gute Beispiele (Seite 26) werden
Beispiele für das Konzipieren und Durchführen von Maßnahmen gegeben.
Phase 4
Zur letzten Phase zählt die Evaluation und nachhaltige Verankerung des Öffnungsprozesses. Es geht darum,
durchgeführte Maßnahmen zu reflektieren und aus den Erfahrungen zu lernen. Besonders positive Erfahrungen
können nachhaltig in der Vereinsarbeit verankert werden. Beispielsweise haben Rollen und Funktionen im Ver-
ein neue Beschreibungen erhalten (Aufgabenerweiterung für den*die Integrationsbeauftragte*n), Kommunikati-
onswege sich verändert oder das Leitbild wurde umgeschrieben. Zur Evaluation von Maßnahmen ist es sinnvoll,
sich erneut über die Diversity-Checkliste zu prüfen.
HINWEIS ZU FÖRDERMÖGLICHKEITEN VON PROJEKTEN UND BUDGETPLANUNG:
Landessportbund Thüringen e. V.: „Fördermöglichkeiten für Integration durch Sport“, [online]
www.thueringen-sport.de/unsere-themen/integration-durch-sport/foerdermoeglichkeiten/
Ansprechpersonen:
Jana Conrad, Mitarbeiterin im Bundesprogramm Integration durch Sport:
Tel: 0361 34054-67 / Mail: j.conrad@lsb-thueringen.de
Jörg Schünke, Programmleiter im Bundesprogramm Integration durch Sport:
Tel: 0361 34054-64 / Mail: j.schuenke@lsb-thueringen.de
ZUM NACH- UND WEITERLESEN:
Locke, Edwin / Latham, Gary (2013): New developments in goal setting and task performance.
New York: Routledge.
Mühlberger Christina / Büche, Angela / Jones, Eva (2018): „SMART oder MOTTO? Von der Hemmung in
die Handlungsfähigkeit durch passende Zielformulierung“, in: Organisationsberatung, Supervision,
Coaching, 25 (2). S. 147-160.
Schönenberg, Jörg (2012): „Sportpsychologie – Zielsetzung: Die „Smart-Strategie““, in Trainingsworld,
[online] www.trainingsworld.com/sportmedizin/trainingsziele/sportpsychologie-kriterien-
zielsetzung-smart-strategie-2388559
Watzka, Klaus (2016): Ziele formulieren: Erfolgsvoraussetzungen wirksamer Zielvereinbarungen.
Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden.
Hier eine Zusammenfassung der vier Phasen interkultureller Vereinsentwicklung:
Phase 1
Das Konzept der Interkulturellen Öffnung kennen und sich
die eigene Verantwortung vergegenwärtigen.
Phase 3
Maßnahmen konzipieren & durchführen
Phase 4
Evaluation der Maßnahmen und nachhaltige Verankerung
Phase 2
Analyse Ist-Zustand + SMART-Ziele setzen
1312
Wieso interkulturelle Vereinsentwicklung?
1) Alle Menschen in unserem Ort sollen den gleichen Zugang zu Sportangeboten bekommen.
2) Wir steigern die Akzeptanz unseres Sportvereins im Ort.
3) Neue Mitglieder sichern den Bestand unseres Vereins.
4) Mehr Menschen mit und ohne Migrationshintergrund heißt mehr helfende
Hände im Verein (z. B. bei Festen).
5) Wir sind ein moderner Verein und wollen zeitgemäße Angebote machen.
6) Wir sind neugierig auf unsere Nachbar*innen und wollen das Zusammenleben aktiv gestalten.
Integration funktioniert im Sport besonders gut.
7) Als Verein, der sich besonders für die interkulturelle Vereinsentwicklung interessiert,
können wir zusätzliche Fördermittel bekommen und attraktiv für Sponsoren sein.
Auch wenn interkulturelle Vereinsentwicklung eine Chance für Ihren Verein ist, wird es Vereinsmitglieder geben,
die nicht direkt mit Neuerungen im Verein einverstanden sind und diesen mit Skepsis begegnen (vgl. Thiel/
Meier 2004: 108, Seiberth et al. 2013: 190 und Kapitel Hauptergebnisse). Die folgenden zwei Boxen geben Ihnen
Tipps, wie Sie damit umgehen können.
Ist „Integration“ überhaupt ein Vereinszweck für Sportvereine?
Selbstverständlich gründen sich Sportvereine, weil eine bestimmte Gruppe von Menschen gemeinsam
Sport treiben möchte. Der Sportverein ist die Institution, die den Sportler*innen den Rahmen bietet, ihr
Sportinteresse zu verfolgen (z. B. Organisation des Trainings, Ausrüstung, Versicherungen, Sporthalle).
Man kann deshalb davon ausgehen, dass der Vereinszweck eines Sportvereins nicht ist „Sport zu treiben“,
sondern „Menschen im Umfeld des Vereins die Möglichkeit bieten, Sport zu treiben.“ Diese Uminterpre-
tation (Re-Framing), die Sportler*innen und nicht den Sport in den Fokus zu stellen, bezweckt, dass sich
der Verein auch mit Barrieren auseinandersetzt, die es möglicherweise einigen Menschen im Umfeld des
Vereins erschweren, am Verein teilzunehmen. Barrieren können Sprache, Finanzen, aber auch unausge-
sprochene Praktiken, Erwartungen (z. B. Kabinen-Bier) und ablehnende Haltungen sein.
Wie gehen wir mit Widerständen im Verein, z. B. kritischen
Äußerungen gegenüber Menschen mit Migrationshintergrund, um?
Zunächst ist bei jeder kritischen Äußerung der Gesamtkontext zu berücksichtigen. Ein vertrautes, klären-
des Gespräch mit der Person, die sich kritisch gegenüber Migrant*innen äußert, hilft sicherlich weiter, um
(Beweg-)Gründe festzustellen.
Seien Sie ehrlich zu sich und Ihrem Verein und verschließen Sie nicht die Augen, falls es unterschwellige
Feindseligkeit gibt.
Nehmen Sie die Sorgen der Mitglieder, die skeptisch gegenüber Diversität sind, ernst.
Verdeutlichen Sie die Vorteile und die Notwendigkeit von (interkultureller) Offenheit für den Fortbestand
Ihres Vereins (siehe linke Seite).
Wenn der Verein dem Thema noch kritisch oder unsicher gegenübersteht, kann es ratsam sein, zunächst
mit kleinen Maßnahmen zu beginnen.
Nutzen Sie Beispiele gelungener Integration (in Ihrem Verein oder in anderen), um Stereotypen und Vor-
urteile abzubauen.
Nehmen Sie Fremdenfeindlichkeit und Rassismus ernst und gehen Sie konsequent mit ethischen und
demokratischen Argumenten dagegen vor, damit sich keine allgemeine negative Grundhaltung einstellt.
Holen Sie sich ggf. zusätzliche Beratung, z. B. vom Projekt des LSB Thüringen „Sport zeigt Gesicht!
Gemeinsam couragiert handeln.“
(mehr Infos online unter www.thueringen-sport.de/unsere-themen/sport-zeigt-gesicht/)
1514
Interkulturelle Vereinsentwicklung im Modellprojekt
Spiel Mit!
Hauptergebnisse
Im Projekt Spiel Mit! wurde der aktuelle Stand der interkulturellen Vereinsentwicklung in Thüringen untersucht.
Im Folgenden werden die Hauptergebnisse grasch dargestellt. Diese Informationen können nützlich für Sie
sein, um Prioritäten für die interkulturelle Vereinsentwicklung in Ihrem Verein zu denieren.
Vereine, die folgende Maßnahmen umgesetzt haben, waren besonders erfolgreich (und haben meistens auch
noch weitere integrative Maßnahmen umgesetzt):
Benennung eines*r Integrationsbeauftragten (Seite 28f)
Ausbildung von Menschen mit Migrationshintergrund für die Ausführungsebene (siehe Seite 32f)
Ausbildung von Menschen mit Migrationshintergrund für die Vorstandsebene (siehe Seite 32f)
Welche integrativen Maßnahmen Sie im Verein noch durchführen können, sehen Sie im Kapitel Gute Beispiele.
7%
6%
41%
52%
93%
94%
59%
48%
stimme voll und ganz / eher zu
stimme voll und ganz / eher zu
stimme voll und ganz / eher zu
stimme voll und ganz / eher zu
stimme eher nicht / überhaupt nicht zu.
stimme eher nicht / überhaupt nicht zu.
stimme eher nicht / überhaupt nicht zu.
stimme eher nicht / überhaupt nicht zu.
276 befragte Thüringer Sportler*innen aus vier Schwerpunktvereinen
276 befragte Thüringer Sportler*innen aus vier Schwerpunktvereinen
307 befragte Thüringer Sportvereine
307 befragte Thüringer Sportvereine
# 1: Viele Thüringer Vereine sind offen für Integration.
Etwa die Hälfte der Vereine setzen Maßnahmen um.
„Unser Verein sollte aktiv auf neue Vereinsmitglieder zugehen.
„Unser Verein befasst sich mit dem Thema Integration.
„Mein Verein hat in den letzten fünf Jahren mindestens eine integrative Maßnahme durchgeführt.
„Vereinsmitglieder mit Migrationshintergrund sind eine Belastung für unseren Verein.
1716
#2: Die Gewinnung von Personen mit Migrationshintergrund
wird von Sportvereinen mitunter vernachlässigt.
#3: Personen mit Migrationshintergrund sind auf Ausführungs-
und Vorstandsebene relativ schlecht vertreten.
* Da Sportvereine den kulturellen Hintergrund ihrer Mitglieder nicht erfassen, lässt sich die Anzahl der Vereinsmit-
glieder mit Migrationshintergrund nur anhand von Stichproben hochrechnen. Das im Projekt verwendete Hochrech-
nungsverfahren weist Maximalwerte aus. Die tatsächliche Anzahl liegt wahrscheinlich niedriger.
Angesichts dessen, dass 40 % der Vereine in Deutschland über zu wenige Mitglieder klagen (Priemer et al.
2017: 17) und andere Studien ergeben, dass die Beteiligung von Personen mit Migrationshintergrund geringer
ist als die von Personen ohne Migrationshintergrund (Daumann et al. 2015: 4), bleibt die Gewinnung von Perso-
nen mit Migrationshintergrund ein wichtiges Thema.
Es zeigt sich, dass Personen mit Migrationshintergrund auf der Ausführungsebene (Trainer*innen, Abteilungs-
leiter*innen, Schiedsrichter*innen) und vor allem auf der Vorstandsebene deutlich unterrepräsentiert sind. Hier
sollten Vereine auch ihre eigene Struktur hinterfragen und eine größere Durchlässigkeit unterstützen.
126 Menschen mit Migrationshintergrund (v. a. Geflüchtete) wurden gefragt, welche Aspekte einen Sportverein
für sie attraktiv machen. Hier sind die Antworten zusammengefasst:
Es fällt auf, dass jeder der genannten Aspekte von einer nennenswerten Zahl – auch von Migrant*innen, die bis-
her keinen Sport treiben – als bedeutsam eingestuft wird. Selbst der vergleichsweise selten genannte Aspekt
„Deutsch lernen / üben“ ist für 42 % der Migrant*innen wichtig, obwohl es dabei nicht um die primäre Funktion
Sport auszuüben geht.
Kostenloses Schnuppertraining
Deutsch lernen / üben
Teilnahme an Wettkämpfen/Turnieren
Teilnahme am Verein ohne Mitgliedschaft
Teil einer Gemeinschaft sein
Soziale Beziehungen aufbauen
Höhe des Mitgliedsbeitrags
Trainingszeiten
Andere Migrant*innen im Verein
Offenheit gegenüber Migrant*innen
Gute Erreichbarkeit des Vereins
41%
42%
45%
47%
47%
49%
50%
53%
60%
60%
66%
1% Personen mit Migrationshintergrund
auf Vorstandsebene (maximal)
4,5% Personen mit Migrationshintergrund auf
Ausführungsebene (maximal)
Personen mit Migrationshintergrund auf Vorstands- und Ausführungsebene
Was macht Sportvereine attraktiv für Migrant*innen?
307 befragte Thüringer Sportvereine*
11% 89% stimme voll und ganz / eher zu
stimme eher nicht / überhaupt nicht zu.
307 befragte Thüringer Sportvereine
„Unser Verein setzt sich das Ziel, gezielt Menschen mit Migrationshintergrund als neue Mitglieder
zu gewinnen.
11% * Personen mit Migrationshintergrund
auf Sportlerebene (maximal)
1918
Zudem tendieren Männer stärker als Frauen dazu, sich traditionalistisch und fremdenfeindlich zu äußern und
sie nutzen häuger stereotype Sichtweisen auf Migrant*innen.
„Deutsche Vereinsmitglieder sind disziplinierter
als andere Vereinsmitglieder.
„Neue Vereinsmitglieder mit Migrationshintergrund
bereichern unseren Verein NICHT.“
„Neue Vereinsmitglieder sollten sich erstmal hinten anstellen,
wenn es um Spielanteile in meiner Mannschaft geht.“
„Vereinsmitglieder mit Migrationshintergrund
sind eine Belastung für unseren Verein.“
„Es gibt zu viele Migranten
in unserem Verein.“
Sportler*innen
ohne Migrationshintergrund
Sportler*innen
mit Migrationshintergrund
6%
12%
5%
95%
8%
20%
14%
86%
2%
14%
1%
10%
1%
14%
276 befragte Thüringer Sportler*innen aus vier Schwerpunktvereinen
276 befragte Thüringer Sportler*innen aus vier Schwerpunktvereinen
Vgl. auch Baur / Braun 2003: 11,
Mutz / Burrmann 2015: 264ff.
Zustimmung zu ausgewählten Aussagen:
„Migrant*innen und Flüchtlinge sollen regulär in allgemeinen Sportvereinen integriert
werden und nicht in spezischen Migranten- / Flüchtlingsmannschaften spielen“
Frauen
Männer
#5: Die Unterbringung von Migrant*innen und Flüchtlingen in Migranten-
bzw. Flüchtlingsmannschaften wird weitestgehend abgelehnt.
#6: Die Öffentlichkeitsarbeit der Vereine ist eine gute Möglichkeit, um
für Vielfalt Wertschätzung zu zeigen und diese sichtbar zu machen.
nein
ja
In der Öffentlichkeitsarbeit von Sportvereinen dominieren oftmals Menschen, die einem Mehrheitsbild entspre-
chen: Vor allem werden Menschen mit heller Haut und mit deutschsprachigen Namen abgebildet. Durch eine
bewusste kultursensible Öffentlichkeitsarbeit kann der Verein Vielfalt zum Ausdruck bringen und damit auch
die Aufmerksamkeit und das Interesse von Menschen erreichen, die nicht dem Mehrheitsbild entsprechen
(z. B. Personen mit dunkler Hautfarbe, mit nicht-christlicher Religion, mit fremdsprachigem Namen). Dieses be-
trifft insbesondere die Internet-Öffentlichkeitsarbeit (z. B. Webseiten oder soziale Medien wie Facebook, Twitter,
Instagram). Wenn Sie wissen möchten, wie Sie Ihre Öffentlichkeitsarbeit kultursensibel gestalten können, hilft
Ihnen Seite 34f.
ZUGEHÖRIGE PUBLIKATIONEN:
Status-Quo-Analyse: www.hs-karlsruhe.de/leadmin/hska/W/allgemein/Forschungsprojekte/SPIEL_
MIT__Status_Quo_Analyse_2017.pdf, (Abruf: 28.06.2018)
Webseitenanalyse:
www.hs-karlsruhe.de/leadmin/hska/W/allgemein/Forschungsprojekte/SPIEL_MIT_
Webseitenanalyse.pdf
Leitfaden für Kultursensible Öffentlichkeitsarbeit: www.hs-karlsruhe.de/leadmin/hska/W/allgemein/
Forschungsprojekte/SPIEL_MIT_kultursensible_oeffentlichkeitsarbeit.pdf
#4: Nicht alle Mitglieder stehen Vielfalt und Veränderung positiv gegenüber.
Auch wenn die Mehrheit der Thüringer Sportler*innen grundsätzlich offen für Vielfalt und Veränderung ist, gibt
es eine nennenswerte Anzahl an Personen, die diese Entwicklung kritisch und ablehnend sehen und teilweise
neuen Mitgliedern sogar gleiche Teilhaberechte absprechen.
„Neumitglieder sollen sich voll und ganz
den Gewohnheiten anpassen.“
„Vereinsmitglieder mit Migrationshintergrund
sollen im Verein nicht auffallen.“
„Ich lehne es ab, wenn in manchen Situation auch eine
andere Sprache als Deutsch gesprochen wird.“
„Neue Vereinsmitglieder mit Migrationshintergrund
bereichern den Verein NICHT.“
„Neue Vereinsmitglieder sollten sich erstmal hinten anstellen, wenn es um
Spielanteile in meiner Mannschaft geht.“
„Leute aus manchen Ländern (z. B. Europa) passen besser in den Verein als
Leute aus anderen Regionen (z. B. aus dem Nahen Osten oder Afrika).“
„Ich lehne es ab, dass der Verein – selbst bei Mitgliedermangel
– bei Flüchtlingen oder Migrant*innen Werbung macht.“
„Unser Verein sollte nicht aktiv auf
neue Vereinsmitglieder zugehen.“
75%
33%
18%
15%
9%
9%
9%
6%
276 befragte Thüringer Sportler*innen aus vier Schwerpunktvereinen
Zustimmung in Prozent
2120
ZUM NACH- UND WEITERLESEN:
Baur, Jürgen / Braun, Sebastian (2003): „Integrationsleistung von Sportvereinen als Freiwilligenorganisa-
tionen“. Sportentwicklungen in Deutschland, Band 17. Aachen: Meyer.
Daumann, Frank / Esipovich, Lev / Römmelt, Benedikt / Heinze, Robin (2015): „Wie sportlich aktiv sind
Migranten in Deutschland“, in: Jenaer Sportmanagement Survey, No. 5.
Mutz, Michael / Burrmann, Ulrike (2015). „Integration“, in: Schmidt, Werner / Neuber, Nils / Rauschen-
bach, Thomas / Brandl-Bredenbeck, Hans-Peter / Süßenbach, Jessica / Breuer, Christoph (Hrsg.):
Dritter Deutscher Kinder- und Jugendsportbericht. Kinder- und Jugendsport im Umbruch.
Schorndorf: Hofmann. S. 255–271.
Nagel, Michael (2003a): „Die soziale Zusammensetzung der Sportvereinsmitglieder“, in: Baur, Jürgen /
Braun, Sebastian (Hrsg.): Integrationsleistung von Sportvereinen als Freiwilligenorganisationen. Sportentwick-
lungen in Deutschland Band 17. Aachen: Meyer. S. 409–448.
Nagel, Michael (2003b): „Sportvereine im Spannungsfeld zwischen sozialer Offenheit und sozialer
Geschlossenheit“, in: Baur, Jürgen / Braun, Sebastian (Hrsg.): Integrationsleistung von Sportvereinen als
Freiwilligenorganisationen. Sportentwicklungen in Deutschland, Band 17. Aachen: Meyer. S. 449–463.
Priemer, Jana / Krimmer, Holger / Labigne, Anaël (2017): „Vielfalt Verstehen. Zusammenhalt Stärken“, in:
ZiviZ-Survey 2017. Essen: Edition Stifterverband.
Seiberth, Klaus / Weigelt-Schlesinger, Yvonne / Schlesinger, Torsten (2013): „Wie integrationsfähig sind
Sportvereine? Eine Analyse organisationaler Integrationsbarrieren am Beispiel von Mädchen und Frauen
mit Migrationshintergrund“, in: Sport und Gesellschaft. Jg. 10, Heft 2. S. 174–198.
Thiel, Ansgar / Meier, Heiko (2004): „Überleben durch Abwehr – Zur Lernfähigkeit des Sportvereins“, in:
Sport und Gesellschaft, Jg. 1, Heft 2. S. 103– 24.
Schwerpunktvereine
Im Folgenden werden die vier am Modellprojekt mitwirkenden Schwerpunktvereine anhand eines kurzen Inter-
views mit deren Integrationsbotschafter*innen porträtiert. Im Mittelpunkt des Interviews stehen ihre Erfahrun-
gen mit Aktivitäten der interkulturellen Vereinsentwicklung.
Verein: Spirit of Football e. V.
Homepage: www.spirit-of-football.de
Integrationsbotschafter Robert Meyer
Rolle des Botschafters im Verein:
Ich bin bei Spirit of Football e.V. aktuell vor allem für das Personal und
die Qualitätssicherung verantwortlich. Außerdem bin ich Teamer und
führe Bildungsveranstaltungen an Schulen rund um das Thema Fair Play
durch.
Bitte stelle deinen Verein kurz vor:
Unser Verein hat 40 Mitglieder. Neben Sport bieten wir auch kulturelle Aktivitäten und Bildungsveranstaltungen
an: Wir machen Workshops an Schulen, bieten Quartiersfußball und Futsal sowie einmal in der Woche einen
Kulturabend an. Unser Fokus liegt dabei immer auf dem Fair Play, Begegnung und Respekt. Bei uns geht es
darum, dass jeder mitspielen kann und alle Spaß dabei haben.
Was war eure Motivation, an Spiel Mit! teilzunehmen?
Wir wollten unsere seit 2005 laufenden Aktivitäten rund um das Thema Interkulturalität mit Hilfe einer externen
Begleitung reflektieren, vielleicht den einen oder anderen „blinden Fleck“ entdecken und an diesem weiterarbei-
ten.
Welche Herausforderungen gab es denn im Verein?
Wir sehen uns unter anderem vor die Aufgabe gestellt, unsere Zielgruppe so vielfältig wie möglich zu halten, um
unserem Credo der Offenheit und des Fairplay gerecht zu werden. Eine weitere Herausforderung für uns ist es,
geflüchtete Frauen zu erreichen. Sie kommen bisher nur selten zu den Kulturabenden oder zu unseren Sportan-
geboten.
2322
Welche Lösungsansätze habt ihr ausprobiert?
Um mehr geflüchtete Frauen zu erreichen, haben wir betreute Café-Runden eröffnet, bei denen die Frauen
zunächst unter sich in Kontakt kommen und sich austauschen können. Außerdem wurde ein Fahrradkurs für
Frauen angeboten. Nächstes Jahr wollen wir auch mit von uns ausgebildeten weiblichen Fußball-Coaches zur
Frauenfußball-WM nach Frankreich fahren. Um die Kulturabende wieder mehr zu öffnen, hat sich ein Team in-
tensiv um mehr Werbung und ein attraktiveres Angebot bemüht. Außerdem haben wir uns mit Gästen und Mit-
wirkenden des Kulturabends darüber ausgetauscht, was für Gründe es geben könnte, dass die Gruppen bei den
Kulturabenden immer homogener wurden bzw. was die Gäste von uns als Verein vom Kulturabend erwarten.
Welche Lernerfahrung war für dich besonders wichtig?
Wir haben gelernt, dass eine positive Einstellung und Vertrauen sowie Flexibilität extrem wichtig sind. Beim
Quartiersfußball gab es Streitereien zwischen Spielern verschiedenen Alters und Geschlechts sowie unter-
schiedlichen sozialen Hintergrunds und unterschiedlicher Herkunft. Dann sind wir dazu übergegangen die
Mannschaften noch konsequenter zu mischen bzw. die Ursprünge dieser Streitereien zu besprechen. Das hat
gut geklappt. Und wir haben festgestellt, dass mit außergewöhnlichen Formaten und Ideen, wie Musikveranstal-
tungen, oft neue Menschen erreicht werden können.
Verein: SV SCHOTT Jena e. V.
Homepage: www.svschottjena.de
Integrationsbotschafter Markus Ringleb
Rolle des Botschafters im Verein:
Ich bin hauptamtlicher Mitarbeiter in Vollzeit und vor allem für die Kin-
dersportschule verantwortlich. Nebenher arbeite ich in der Geschäfts-
stelle. In diesem Rahmen wurde ich auch zum Integrationsbotschafter
ernannt.
Bitte stelle deinen Verein kurz vor:
Der SV Schott hat 14 Abteilungen und ca. 1550 Mitglieder. Unsere größten Abteilungen sind die Kindersport-
schule, Fußball und Tischtennis. Hauptamtlich ist der Verein sehr gut aufgestellt. In Jena kennt man uns als
„soliden, leisen Verein, der in Ruhe seine Arbeit erledigt“.
Was war eure Motivation, an Spiel Mit! teilzunehmen?
Damals hatten wir große Unsicherheiten, was rechtliche und sprachliche Themen im Bereich Flucht betrifft.
Zudem haben wir uns überlegt, dass wir uns als Verein für das Thema Integration vielleicht neu aufstellen müs-
sen. Spiel Mit! hieß für uns, einen Ansprechpartner für potentielle Herausforderungen zu haben.
Welche Herausforderungen gab es denn im Verein?
Unser FSJler Hasan kam zum Beispiel mit der Frage auf uns zu, wie er es bewerkstelligen kann, dass sein
Vater ihn in Deutschland besuchen kann. Sein Vater ist aus Syrien geflüchtet und lebte derzeit in der Türkei.
Die Kolleg*innen von Spiel Mit! halfen uns alle fehlenden Infos einzuholen. Eine weitere Herausforderung liegt
in sprachlichen Barrieren in der Kindersportschule. Da braucht man ganz einfach Hilfe. Im Arabischen haben
wir hierfür jetzt unseren FSJler, der dolmetschen kann. Er kennt den Verein gut und kennt auch die kulturellen
Unterschiede, auf die neue Mitglieder eventuell stoßen.
Welche Lernerfahrung war für dich besonders wichtig?
Meine Lernerfahrung war, dass man wirklich offensiv mit Interkultureller Vereinsentwicklung umgehen muss
und schon tief graben muss, um Interesse zu wecken. Dass man sich nicht zufrieden gibt mit Stimmen im Ver-
ein, die sagen „ja, das läuft doch nebenbei“. Ich denke, interkulturelle Vereinsentwicklung ist besonders vor dem
Hintergrund aktueller gesellschaftlicher Tendenzen relevant – Rassismus wird immer gesellschaftsfähiger. Da
müssen wir als Sportverein als Teil des kulturellen Lebens offensiv dagegen steuern.
2524
Verein: USV Jena e. V.
Homepage: www.usvjena.de
Integrationsbotschafterin Andrea Altmann
Rolle der Botschafterin im Verein:
Ich bin Vorstandsmitglied, habe dort die Funktion als Schatzmeisterin
und bin zudem verantwortlich für das Integrationsprojekt Welcome Uni-
sport.
Bitte stelle deinen Verein kurz vor:
Der Universitätssportverein ist mit ca. 3300 Mitgliedern und 29 Abteilungen einer der größten Vereine in Thü-
ringen. Die Besonderheit ist, dass wir mit der Universität sehr eng kooperieren, was wiederum die Vereinskultur
und -organisation stark prägt. Durch die Kooperation bieten wir neben den Vereinsmitgliedern auch den ca.
20.000 Universitätsangehörigen eine sportliche Heimat.
Was war eure Motivation, an Spiel Mit! teilzunehmen?
Der USV engagiert sich erst seit 2015 aktiv in der Integrationsarbeit. Weil das Thema damals für uns noch
neu war, war es reizvoll, uns der Interkulturellen Öffnung des Vereins mit fachlicher Kompetenz zu nähern und
Unterstützung zu bekommen.
Welche Herausforderungen gab es denn im Verein?
2015 war das Thema überall präsent und es gab viel Hilfsbereitschaft. Das Thema aber dauerhaft zu imple-
mentieren, ist eine andere Herausforderung: Engagierte zu gewinnen, die über längere Zeit am Thema arbeiten
und ein Bewusstsein im Verein zu schaffen, sich dem Thema kontinuierlich zu widmen. Integration funktioniert
nicht von selbst. Wir haben dann das Thema Interkulturelle Öffnung weiter in den Verein getragen, indem wir
einen Bundesfreiwilligen mit Fluchthintergrund eingestellt haben. Über unseren Bufdi bekommen auch viele
Vereinsmitglieder ganz nebenbei direkten Kontakt mit dem Thema.
Welche Lernerfahrung war für dich besonders wichtig?
Das Erste ist, dass interkulturelle Vereinsentwicklung eine dauerhafte Aufgabe ist. Das Zweite ist, dass Inte -
gration am besten über einen intensiven persönlichen Kontakt funktioniert. Die dritte Erkenntnis ist: Integration
muss ein aktiver, beidseitiger Prozess sein. In der Theorie ist das klar, in der Praxis sieht das nochmal anders
aus. Hier gilt es, sich immer wieder in die Perspektive des Gegenübers hineinzuversetzen und Geduld zu haben.
Und was mir noch aufgefallen ist: Natürlich sind auch nicht alle Migranten und Migrantinnen gleich. Sie sind
genauso unterschiedlich in ihrem Charakter und ihrer Persönlichkeit wie wir Deutschen. Hier muss man sehr
vorsichtig sein, dass man nicht vorschnell in Stereotypen verfällt. Gleiches gilt übrigens auch andersherum,
d. h. auch den Migrant*innen fällt es nicht immer leicht, die Persönlichkeitsunterschiede der Deutschen aus-
schließlich auf die Person und nicht auf die Herkunft zu beziehen.
Verein: BC Wacker Gotha e. V.
Homepage: www.boxclubgotha.de
Integrationsbotschafterinnen: Franziska Hanf & Patricia Rieger
Rolle der Botschafterinnen im Verein:
Schatzmeisterin sowie Vorstandsmitglied (Franziska Hanf), Referentin für Öf-
fentlichkeitsarbeit (Patricia Rieger)
Bitte stellt euren Verein kurz vor:
Unser Verein hat 30-40 Mitglieder, darunter sind viele Nationalitäten (Afghanen,
Syrer, Iraker, Deutsche) vertreten. Wir bieten Boxen an und sind ein Stützpunkt-
verein beim Bundesprogramm Integration durch Sport. Bei uns wird Mitgliedern
auch in sozialen Aspekten geholfen. Wir sind ein sehr familiärer Verein.
Was war eure Motivation, an Spiel Mit! teilzunehmen?
Wir sind schon lange in der integrativen Arbeit tätig, wollten auf diesem Gebiet aber gerne weiter dazulernen
und hatten Lust auf neue Inputs.
Warum ist die Interkulturelle Öffnung in eurem Verein wichtig?
Wir haben schon lange viele Mitglieder mit Migrationshintergrund. Es ist wichtig, für alle eine Willkommenskul-
tur zu schaffen, damit sich jede*r, unabhängig von der Nationalität oder Herkunft, bei uns wohl und willkommen
fühlt.
Welche Herausforderungen gab es denn im Verein?
Eine Herausforderung ist sicherlich, wie wir mit sprachlichen Barrieren umgehen. Manchmal kommen kulturel-
le Missverständnisse und Streitereien zwischen den Mitgliedern auf: Hier braucht es Lösungsansätze, um zu
vermitteln und Konflikte vorzubeugen.
Welche Lösungsansätze habt ihr ausprobiert?
Zum Thema Sprachbarrieren: Im Sport kann man sich oft auch über Mimik und Gestik verständigen. Oder wir
haben mit Mitgliedern gearbeitet, die für wichtige Dinge als Dolmetscher fungiert haben. Bei Konflikten erinnern
wir daran, dass bei uns dieselben Regeln für alle gelten. Unsere Trainer versuchen dann zwischen den Parteien
zu vermitteln und gemeinsam eine Lösung zu nden.
Welche Lernerfahrung war eurer Meinung nach besonders wichtig für den Verein?
Wir haben gelernt, dass es wichtig ist, allen Sportler*innen mit Respekt zu begegnen. Unabhängig von der
Herkunft werden bei uns alle gleichbehandelt. Beim Boxen zählt am Ende die sportliche Leistung und nicht die
Nationalität eines*r Sportlers*in.
2726
Gute Beispiele
Die alltägliche Arbeit mit Vereinen im Allgemeinen und mit Schwerpunktvereinen hat es den Mitgliedern des
Projekts Spiel Mit! ermöglicht, zahlreiche Berichte über positive Erfahrungen im Bereich der interkulturellen
Vereinsentwicklung zu sammeln. Dank dieser Erfahrung kann im Folgenden eine Liste zentraler Aufgaben, die
zur guten Praxis der interkulturellen Vereinsentwicklung gehören, vorgestellt und mit anschaulichen Beispielen
beschrieben werden. Konkrete Empfehlungen zur Implementierung sind auch hinzugefügt worden. Die Aufga-
ben werden in Anlehnung an die bereits dargestellten Bereiche: Vereinsstruktur und -entwicklung, Funktionsebe-
ne und Mitgliederorientierung gegliedert.
1. Vereinsstruktur/-entwicklung
Der Bereich Vereinsstruktur und -entwicklung ist entscheidend in der interkulturellen Vereinsentwicklung.
Veränderungen in diesem Bereich sind die Grundlage für interkulturelle Öffnung in den beiden anderen Berei-
chen, Funktionsebene und Mitgliederorientierung. Wie in Phase 1 (Seite 8) beschrieben, gehört die Analyse der
eigenen Vereinsstruktur zu der Einleitung interkultureller Öffnungsprozesse.
Maßnahme 1.1: Ist-Zustand der interkulturellen Vereinsentwicklung erheben
Ziel:
Zugangsbarrieren aufdecken, Ideenndung für Maßnahmen zur interkulturellen Vereinsentwicklung
Beschreibung:
Um interkulturelle Vereinsentwicklung anzustoßen, ist es wichtig, einen Überblick über die aktuelle Situation
im Verein zu erhalten. Im Projekt Spiel Mit! haben alle Schwerpunktvereine zunächst ihre Stärken und Schwä-
chen in verschiedenen Bereichen (Organisation, Mitglieder, Kommunikation, Finanzen, Umfeld, Erfahrungen im
Bereich Interkulturalität) gesammelt. Anschließend erhielten die Vereine einen Einblick in mögliche Maßnahmen
zur interkulturellen Vereinsentwicklung. Sollten Sie keine externen Berater*innen zur Seite haben, kann eine
Checkliste verwendet werden. Sie ermöglicht einen Blick von außen auf den Verein und bietet Impulse für die
Vereinsentwicklung: Ist die Webseite gut verständlich? Könnte eine neue Kooperation den Verein weiterbringen?
Gibt es mehrsprachige Übungsleitende?
Empfehlung:
Zugangsbarrieren sind oft nicht auf den ersten Blick erkennbar. Sprechen Sie mit Ihren Mitgliedern, um
herauszunden, was ihnen im Verein gut gefällt oder noch fehlt.
Eine Checkliste wie beispielsweise online unter www.fs-ikoe.de/spiel-mit-thueringen/ oder im Einleger
kann helfen, einen umfassenden Blick auf den eigenen Verein zu erhalten.
Empfehlung:
Damit gute Ideen und Vorsätze auch zum Leben erweckt werden, ergänzen Sie am besten Ihr Vielfalts-
statement in der Satzung durch konkrete Maßnahmen und Ideen: Was wollen wir machen? Bis wann?
Wer macht was? (siehe Beispiel SMART-Ziel Seite 9)
Maßnahme 1.2: Vielfaltskonzept – Vom Leitbild zur Umsetzung
Ziel:
Eine gemeinsame Handlungsgrundlage zum Thema Interkulturalität im Verein schaffen
Beschreibung:
Im USV Jena e. V. ist Vielfalt schon lange fest im Leitbild des Vereins verankert.
Förderung des gesellschaftlichen Zusammenhalts
Der Universitätssport ist nicht nur sportlicher, sondern zugleich auch sozialer Treffpunkt der Stadt und der Universi-
tät Jena. Er bietet eine Plattform des Kennenlernens und Austauschs. Er versteht sich als Integrationsmotor, denn
der Universitätssport bewegt alle – ohne nach dem Alter, der Religion, der sozialen Zugehörigkeit, der Hautfarbe,
der Leistungsfähigkeit zu fragen. Damit überwindet er kulturelle oder gesellschaftliche Grenzen im wahrsten Sinne
des Wortes spielerisch. Er bringt die Menschen über den Sport zusammen - nicht virtuell, sondern unmittelbar und
direkt.
Auszug aus dem Leitbild des USV Jena e. V., [online] ˂www.usvjena.de/verein/philosophie.html
Um dieses Leitbild und damit die Förderung von Vielfalt im gesamten Verein mit seinen 27 Abteilungen und
über 3300 Mitgliedern umzusetzen, wurde im Rahmen von Spiel Mit! ein Vielfaltskonzept entwickelt. Darin steht,
welche gesellschaftliche Verantwortung der USV beim Thema Migration und Integration konkret übernehmen
möchte und mit welchen Maßnahmen in den Bereichen Personal, Organisation und Mitgliederorientierung er
sich für die Förderung und wertschätzende Anerkennung von Vielfalt im Verein einsetzen will. Eine Maßnahme
ist beispielsweise die mehrsprachige Beschilderung der Sportstätten, damit sich alle Menschen gut orientieren
können und sich auch in ihrer Muttersprache willkommen fühlen.
2928
Es ist ratsam, eine feste Ansprechperson für die Querschnittsaufgaben der interkulturellen Vereinsentwicklung
zu benennen. Im Rahmen von Spiel Mit! wurden sogenannte Integrationsbotschafter*innen im Verein benannt.
Diese können bei Problemstellungen zu den Themen Migration und Integration helfen und aufklären. Wichtig
ist, dass das Amt als solches längerfristig Bestandteil der Vereinsstruktur wird, sodass nicht mit dem Ende des
Engagements der*s Integrationsbotschafters*in die Integrationsarbeit im Verein aufhört.
Maßnahme 1.3: Integrationsbotschafter*in als Ansprechperson für interkulturelle Themen
Ziel:
Bei Fragen, Problemen und Ideen eine Ansprechperson haben
Beschreibung:
Manchmal gibt es im Verein ohnehin schon eine*n inofzielle*n „Integrationsbotschafter*in“, eine Person, für
die Interkulturalität ein Herzensthema ist und die sich auch im Verein dafür engagiert. Die ofzielle Ernennung
und Bekanntmachung einer Ansprechperson für das Thema Interkulturalität hilft Vereinsmitgliedern mit Fragen,
Problemen oder Ideen zum Thema umzugehen. Deshalb ist es empfehlenswert, wenn diese Ansprechperson
über Basiswissen zum Thema Interkulturalität verfügt (siehe Maßnahme 2.2), oder Kontakt zu weiteren An-
sprechpersonen herstellen kann. Im Projekt Spiel Mit! haben die Integrationsbotschafter*innen mit Unterstüt-
zer*innen aus ihrem Verein Ideen für interkulturelle Maßnahmen entwickelt und angestoßen, diese umzusetzen.
Sie bringen das Thema Interkulturalität und Interkulturelle Öffnung regelmäßig in verschiedenen Vereinsgre-
mien wie der Abteilungsleitersitzung und den Vorstand ein, damit die Förderung von Vielfalt in den alltäglichen
Vereinsprozessen mitgedacht wird.
Gerade in größeren Vereinen oder Verbänden gibt es oft Menschen, die sich für die interkulturelle Vereinsent-
wicklung interessieren, die aber nicht jeden Tag zusammensitzen oder sich vielleicht noch gar nicht kennen. Der
LSB Thüringen hat für seine eigene Verbandsstruktur aus diesem Grund eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen,
die Ideen und Vorschläge für die interkulturelle Verbandsentwicklung sammelt und an die Geschäftsführung
weiterleitet. Seitdem trifft sich diese „Steuerungsgruppe“, um den Prozess zu begleiten.
Interkulturelle Vereinsentwicklung sollte von allen Ebenen des Vereins mitgetragen werden. Erhalten Ehrenamt-
liche und Sportler*innen keine Unterstützung durch ihren Vorstand, kann die Interkulturelle Öffnung nicht ohne
Hindernisse umgesetzt werden. Genauso wichtig ist es, die Vereinsmitglieder bei der Umsetzung einzubeziehen.
Wieso ist es wichtig, alle Bereiche des Vereins aktiv in den Prozess der interkulturellen Vereinsentwicklung
einzubeziehen?
Vor allem die Unterstützung durch den Vorstand ist bei Veränderungen im Verein, welche die interkulturelle Ver-
einsentwicklung mit sich bringt, ungemein wichtig. Ist die Unterstützung des Vorstands und einiger Menschen
in Schlüsselpositionen auf anderen Ebenen im Verein gesichert, wirken diese als Vorbild auf weitere Vereinsmit-
glieder und können auch Einfluss in schwierigen Situationen nehmen. Dazu ist es wichtig, das Vorhaben der
interkulturellen Vereinsentwicklung auf relevanten Vereinstreffen (Mitgliederversammlung, Abteilungsleiter-
versammlung, Festen) zu kommunizieren und den Verein über die aktuellen Entwicklungen zu diesem Thema
(aktuelle Maßnahmen, woran wird gearbeitet) auf dem Laufenden zu halten. Es gibt viele Argumente, warum
eine interkulturelle Vereinsentwicklung Ihrem Verein etwas bringt (Kapitel Wieso interkulturelle Vereinsentwick-
lung Seite 12). Nutzen Sie diese, um Ihre Gesprächspartner im Verein zu überzeugen! Sind Mitglieder aus allen
Bereichen des Vereins involviert, wird allmählich interkulturelle Vereinsentwicklung als normale Aktivität der
Institution und deren Ergebnis als erstrebenswert angesehen. Um Sportler*innen, Funktionsträger*innen und
Ehrenamtliche in den Prozess der Interkulturellen Öffnung miteinzubeziehen, ist es wichtig, ihre Wünsche und
Sorgen aufzunehmen. Hierzu kann neben einem Workshop auch eine Befragung durchgeführt oder ein Ideen-
baum mit Post-Its auf einem Vereinsfest aufgestellt werden.
Empfehlung:
Um als Integrationsbotschafter*in in Ihrem Verein ernannt zu werden, müssen Sie kein*e Expert*in zum
Thema Migration sein. Viel wichtiger ist, dass Ihnen das Thema am Herzen liegt und dass Sie wissen, an
welche relevanten Ansprechpersonen und Expert*innen Sie sich mit dem Thema wenden können.
Im Übrigen muss dieses Amt nicht von einer Person alleine ausgefüllt werden. Häug ist es von Vorteil,
wenn sich mehrere Engagierte zusammenschließen und damit anstehende Aufgaben auf mehrere Schul-
tern verteilt werden. Die Existenz einer Steuerungsgruppe zur interkulturellen Vereinsentwicklung verleiht
der Aktivität Sichtbarkeit und Anerkennung.
3130
Maßnahme 1.4: Das Thema platzieren und an aktuelle Vereinsthemen anknüpfen
Ziel:
Das Thema interkulturelle Vereinsentwicklung auf die Tagesordnung setzen
Beschreibung:
Oftmals hat das Thema Integration keine Priorität im Verein, sondern Bereiche wie Finanzen oder das Leitbild
bestimmen die Tagesordnung. Gerade deshalb ist es wichtig, im Verein Mitstreiter*innen zu nden. Im SV
SCHOTT Jena e. V. wurde – neben satzungsmäßigen Treffen wie der Vorstandssitzung oder der Delegierten-
konferenz – seit April 2018 ein regelmäßiges Strategietreffen eingeführt. Dieses Treffen bietet Raum, ver-
einsrelevante Themen zu besprechen. Da das Thema Integration als Leitthema nicht gewählt wurde, griff der
Integrationsbotschafter zu einer anderen Strategie: Er knüpfte das Thema interkulturelle Vereinsentwicklung an
das gewählte Thema „Leitbild“, um diese Fragen zur Diskussion zu stellen: Wer möchten wir als Verein sein, was
verstehen wir unter Offenheit? Kann das Thema Interkulturalität ein Identikationsmerkmal für uns werden? So
konnte das Thema, auch wenn es im Verein noch nicht die höchste Relevanz besaß, diskutiert und mitgedacht
werden.
Maßnahme 1.5: Teilnahme von leitenden Mitarbeiter*innen des Vereins an relevanten
lokalen Vernetzungs- und Fachgremien
Ziel:
Relevante Kooperationspartner*innen aus dem lokalen Umfeld für den Verein gewinnen
Beschreibung:
Manche Vereine sagen, dass es für sie schwer ist, Menschen mit Migrationshintergrund, v. a. Geflüchtete im
Umfeld des Vereins zu nden und diese anzusprechen. Der USV Jena e.V. hat hier eine spezielle Strategie: Im
ProgrammWelcome Unisportwerden unter anderem Sportkurse für Frauen mit Flucht- und Migrationshinter-
grund angeboten. Anfangs besuchten die Freiwilligen der Initiative viele Gemeinschaftsunterkünfte, um dort
Werbung für ihr Angebot zu machen. Da mittlerweile die meisten Geflüchteten in Jena dezentral untergebracht
sind, wurde es mit der Zeit schwieriger, neue Frauen zu erreichen. Deswegen wurde über die AWO Jena-Weimar
e. V. eine Vernetzung mit einer Frauengruppe initiiert. Bei einem ihrer Treffen wurde das Sportangebot für die
Frauen vorgestellt, um neue Teilnehmerinnen zu gewinnen. Auch Kooperationen mit der Integrationsbeauf-
tragten der Stadt, mit der Bürgerstiftung Jena und dem Internationalen Büro der Universität Jena haben dabei
geholfen, neue Teilnehmerinnen zu erreichen.
Empfehlung:
Den Verein bei den Themen abholen, die gerade relevant sind, und die Beziehung dieser Themen zu
einem interkulturellen Öffnungsprozess verdeutlichen und hervorheben.
Interkulturelle Vereinsentwicklung sollte mit leichten, schnell umsetzbaren Beispielen beschrieben wer-
den. Es ist wichtig, dass der Nutzen für den Verein klar wird.
Empfehlung:
In vielen Städten gibt es Netzwerktreffen zur Koordinierung der Aufgaben und Initiativen in Bezug auf
Migration und Geflüchtete, bei denen alle relevanten Akteure im lokalen Umfeld vertreten sind. Ein Be-
such solcher Treffen kann sich lohnen, um wichtige Kooperationspartner*innen oder Unterstützer*innen
für Ihren Verein und Ihre Projekte zu gewinnen.
Akteure der Integrationsarbeit mit Migrant*innen und Flüchtlingen:
- Migrant*innenorganisationen
- Schulen
- Sportvereine/-verbände
- Unternehmen
- Stadtverwaltung/Kommune
- Beratungsstellen
- weitere sozial engagierte Vereine (z. B. Flüchtlingshilfe)
3332
2. Funktionsebene
Die Funktionsebene ist Herz und Seele des Vereins. Nur mithilfe der Ehrenamtlichen können Vereinsmitglieder
ihren Sport überhaupt ausüben. Weil auf Funktionsebene Menschen mit Migrationshintergrund seltener ver-
treten sind, ist es hilfreich, genau hier geeignete Maßnahmen zu entwickeln. Dazu gehört, alle Menschen nach
ihren Talenten und Fähigkeiten wertzuschätzen und die Herkunft eines Menschen nicht in den Mittelpunkt bei
der Vergabe von Vereinsposten zu stellen; auch nicht unbewusst. Gleichzeitig kann der Verein sein Image ver-
bessern, wenn er sich darum bemüht, Menschen mit Migrationshintergrund in den Verein einzubinden, da somit
seine soziale Verantwortung sowie sein Einsatz für eine plurale Gesellschaft zum Vorschein kommen.
Maßnahme 2.1: Menschen mit Migrationshintergrund für den Verein ausbilden oder ein-
stellen, Besetzung FSJ-Stelle (Freiwilliges Soziales Jahr)
Ziel:
Direkte Kontaktperson zur Zielgruppe im Verein und deren sprachliche Ressourcen nutzen
Beschreibung:
Die FSJ-Stelle mit Hasan aus Syrien zu besetzen bedeutete für den Verein SV Schott e. V., eine direkte Kontakt-
person zu Menschen der arabischen Sprache und Kultur zu haben. Besonders schätzte es die Geschäftsstelle,
interkulturelle Erfahrungen zu sammeln: „Weil man die Möglichkeit hat, nachzufragen und sich bestimmte
Dinge erklären zu lassen“, sagt der Integrationsbotschafter Markus Ringleb. So erläuterte Hasan ihm beispiels-
weise die Bedeutung des muslimischen Fastenmonats Ramadan und wie man als Verein darauf Rücksicht
nehmen kann. Diese interkulturellen Schnittpunkte wurden als besonders bereichernd beschrieben. Zudem war
Hasan Ansprechpartner für Geflüchtete und verantwortlich für Fragen von Menschen mit arabischer Sprache.
Er leitete außerdem das Tischtennistraining für Geflüchtete.
Der SV SCHOTT Jena e. V. hat darüber hinaus einen europäischen Freiwilligen mit Migrationshintergrund ein-
gestellt. Auch die Vereine USV Jena e. V. und Spirit of Football e. V. beschäftigen einen Bundesfreiwilligen mit
Migrationshintergrund.
Empfehlung:
Zur Einarbeitung von Deutschlernenden ist es ratsam, etwas mehr Zeit und spezische Unterstützung
einzuplanen, insbesondere wenn es um Aufgaben zur schriftlichen Kommunikation oder zum schriftli-
chen Verfassen von Texten geht.
Bei der Ausschreibung von Stellen können Sätze wie „Wir freuen uns auf Bewerbungen aller Menschen
unabhängig von Herkunft, Religion und Geschlecht“ oder der Hinweis auf den Wunsch nach bestimmten
Sprachkenntnissen dafür sorgen, dass die Zielgruppe auch wirklich angesprochen wird.
Bundesweit werden freiwillige soziale Dienste für Geflüchtete angeboten. Seit 2015 gibt es den Bundes-
freiwilligendienst (BFD) mit Flüchtlingsbezug. Mehr Informationen nden Sie im Internet unter der
URL: www.bundes-freiwilligendienst.de/news/freiwilliges-soziales-jahr-fsj/652/fuer-fluechtlinge.html.
Es ist nicht immer einfach, den Wünschen und Bedürfnissen aller Vereinsmitglieder gerecht zu werden, aber
häug bedarf es nur eines Perspektivwechsels, um Menschen anderer Herkunft gut in den Verein zu integrie-
ren. Dieser Perspektivwechsel erfolgt oft auch durch das Erwerben von Wissen über kulturelle Hintergründe,
die unsere Denkweise und unser Verhalten beeinflussen. Dies kann über den direkten Kontakt mit Menschen
mit Migrationshintergrund im Verein oder auch über die Teilnahme an kulturspezischen oder interkulturellen
Trainings gelingen.
Maßnahme 2.2: Interkulturelles Seminar: Wissen, Methoden und Motivation zum Durch-
starten mit der interkulturellen Vereinsentwicklung
Ziel:
Handlungssicher mit interkulturellen Situationen umgehen können, sich den Fallen der eigenen Wahrnehmung
bewusstwerden und Strategien des Umgangs mit Ungewissheit erlernen
Beschreibung:
Vor ihrer internationalen Ballreise (siehe Maßnahme 3.3, Seite 38) haben sich die Mitglieder von Spirit of
Football e. V. mit dem Vereinsvorstand in einem interkulturellen Training auf die internationalen Begegnungen
vorbereitet. Im Training haben sie erfahren, wie unsere Kultur unsere Wahrnehmung beeinflusst. Außerdem war
ein Thema, wie uns unsere Wahrnehmung manchmal austrickst und was wir gegen Fallen der Wahrnehmung
unternehmen können, damit keine Vorurteile entstehen, wir sie erkennen und konstruktiv mit ihnen umgehen
können. Auch das Thema Diskriminierung, und wie man sich im Sportverein dagegen einsetzen kann, wurde im
dem Workshop behandelt. Ziel war es, dass einem offenen und vorurteilsbewussten internationalen Austausch
nichts im Wege steht.
Der USV Jena e. V. hat sich für ein interkulturelles Training zum Thema „Wie können wir Vielfalt bestmöglich im
Verein wertschätzen und einbinden?“ entschieden. In diesem Training geht es zunächst darum, mit welchen
Methoden die verschiedenen Dimensionen von Vielfalt (wie z. B. Alter, sexuelle Orientierung, Herkunft) im Verein
berücksichtigt und wie sie als Mehrwert für den Verein genutzt werden können.
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Empfehlung:
In interkulturellen Seminaren gibt es viele Denkanstöße, spannendes Wissen und gute Methoden, mit
denen Sie die Welt, Ihr Umfeld sowie Ihren Verein aus einer neuen Perspektive sehen lernen können. So-
mit können Sie auch die Kommunikation, den Austausch und den Zusammenhalt innerhalb des Vereins
sowie die Verbindung mit der Gesellschaft und mit anderen Institutionen beeinflussen.
Kostenfreie interkulturelle Seminare bietet das Thüringer Landesprogramm „DENK BUNT“,
[online] ˂www.denkbunt-thueringen.de/fortbildung/angebot/ehren-und-hauptamtliche-in-vereinen/ an.
Die Fachstelle Interkulturelle Öffnung der AWO Jena-Weimar e. V. bietet außerdem Workshops zu den
Themen Interkulturalität und Integration an.
3. Mitgliederorientierung
Die Ausrichtung von Vereinsaktivitäten an den Bedürfnissen und Wünschen der Mitglieder ist Grundlage dafür,
dass Vereine ihre Ziele erreichen. Wenn es beispielsweise darum geht, Mitglieder für die Teilnahme an Sportan-
geboten oder für ehrenamtliches Engagement zu gewinnen, ist es wichtig, dass die Mitglieder zufrieden sind
und sich angesprochen fühlen, denn nur so binden sie sich fester an den Verein. Es gibt einige Möglichkeiten,
für die Mitgliederzufriedenheit und -identikation im Verein zu sorgen, welche Menschen mit Migrationshinter-
grund einschließen. Dazu gehört eine geeignete Ansprache von allen Vereinsmitgliedern, d. h. eine kultursen-
sible Öffentlichkeitsarbeit, die Rücksicht auf kultur- und religionsspezische Lebensgewohnheiten, Selbstbilder
und Bedürfnisse aller Vereinsmitglieder sowie die Orientierung der Vereinsangebote an den Bedürfnissen aller
potentiellen Vereinsmitglieder. Um diese Bedürfnisse kennenzulernen, bieten sich Umfragen oder längere Ge-
spräche mit Vereinsmitgliedern an. So erfahren Sie nicht nur deren Meinung, sondern drücken diesen auch Ihre
Wertschätzung aus.
Wie gestalte ich meine Öffentlichkeitsarbeit kultursensibel?
Wir möchten Sie einladen, Ihre Öffentlichkeitsarbeit im Verein genauer unter die Lupe zu nehmen. Häug ist es
nämlich so, dass Männer mit heller Hautfarbe und deutschsprachigem Namen besonders oft zu sehen sind
oder genannt werden, während Menschen mit anderen wahrnehmbaren Eigenschaften eher unterrepräsen-
tiert sind oder gar nicht zum Vorschein kommen. Eine kultursensible Öffentlichkeitsarbeit verfolgt das Ziel, die
Wertschätzung von Vielfalt auch nach außen zu zeigen, um ein Willkommensgefühl bei der Zielgruppe auszulö-
sen. Heutzutage greifen viele Menschen auf soziale Medien zurück, um sich zu informieren oder miteinander zu
kommunizieren. Deshalb lohnt es sich, die Öffentlichkeitsarbeit bewusst kultursensibel zu gestalten, insbeson-
dere in Hinblick auf den hohen Wirkungsgrad und die breite Reichweite von Webseiten und Prolen in sozialen
Netzwerken.
Empfehlung:
Durch die Einbindung von Sprachen der (potentiellen) Mitglieder (z. B. Übersetzung der Anfahrt und Trai-
ningszeiten) erreichen Sie mehr Menschen mit Migrationshintergrund.
Verwenden Sie eine ausgewogene Mischung von Bildern mit vielfältigen Personen.
Personen wirken in einem Bild dominanter, wenn sie sich im Vordergrund benden, zentral positioniert
sind oder eine aktive Rolle einnehmen, beispielsweise sprechen oder etwas zeigen.
Vermeiden Sie Bilder mit Stereotypen und Rollenklischees (z. B. Dunkelhäutige Person im Hiphop-Outt).
Zeigen Sie Wertschätzung für Ihre Mitglieder, indem Sie sie beim Namen nennen, durch Verwendung von
Bezeichnungen wie „unsere Biathletin“ und durch Kenntlichmachung des Erfolgs (z. B. „Torjäger Zlatan
B.“).
Machen Sie sichtbar, wenn Sie Funktionsträger*innen (Trainer*innen, Abteilungsleiter*innen, Vorstands-
mitglieder) mit Migrationshintergrund haben. Diese sind Aushängeschilder ihres Vereins in der Öffentlich-
keitsarbeit.
Nutzen Sie Ihre Internetseite, um kulturelle Vielfalt als etwas Positives darzustellen.
Nicht nur christliche, sondern auch andere kulturelle oder religiöse Feiertage können Anlass für Grußbot-
schaften sein, z. B.
- 21.3. Internationaler Tag gegen Rassismus
- 21.5. Welttag der kulturellen Vielfalt
- 30.7. Internationaler Tag der Freundschaft
- Ramadanfest (muslimisch), Datum variiert
- Jom Kippur (jüdisch), Datum variiert
Natürlich wird es nicht möglich sein, dass Sie mit jedem Bild oder Text kulturelle Vielfalt demonstrieren.
Wichtig ist der Gesamteindruck Ihres Internetauftritts. Also: Kulturelle Vielfalt sollte nicht „immer“, son-
dern „immer wieder“ sichtbar sein.
Wenn Sie mehr wissen wollen, schauen Sie sich gerne unseren „Leitfaden für kultursensible Öffentlichkeits-
arbeit“ an, online unter der URL www.hs-karlsruhe.de/leadmin/hska/W/allgemein/Forschungsprojekte/
SPIEL_MIT_kultursensible_oeffentlichkeitsarbeit.pdf abzurufen, oder sprechen Sie die Fachstelle Interkulturelle
Öffnung der AWO Jena-Weimar e. V. telefonisch (Tina Czada und Nicole Fehrenbacher: Tel: 03641-8741-121)
oder schriftlich (ikoe@awo-jena-weimar.de) an.
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Maßnahme 3.1: Kultur- und religionsspezifische Lebensgewohnheiten beachten
Ziel:
Den Vereinsalltag so gestalten, dass alle Mitglieder daran teilhaben können und wertgeschätzt werden
Beschreibung:
Unter kultur- und religionsspezischen Lebensgewohnheiten verstehen wir z. B. Feste und Feierlichkeiten, Es-
sensgewohnheiten oder Hygienegewohnheiten, die sich auf das Vereinsleben auswirken können.
Der Verein BC Wacker Gotha e. V. hat die Erfahrung gemacht, dass seine mehrheitlich muslimischen Mitglieder
kein Schweinefleisch essen. Zur Jahresabschlussfeier gab es deshalb für alle Sandwiches mit Hühnchen. Der
Vorteil: Die Sportler*innen fühlten sich wertgeschätzt.
In der Ausbildung für Übungsleiter C Breitensport des Landessportbundes Thüringen e. V., die während des
muslimischen Ramadans (der einmonatigen Fastenzeit) stattfand, hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit,
Essenspakete sowohl für das Abendessen als auch für das Frühstück zu erhalten. So konnten sich die Mitglie-
der gemäß ihrer Religionsvorschrift vor Sonnenaufgang bzw. nach Sonnenuntergang stärken.
Der USV Jena e.V. stellte fest, dass Frauen – insbesondere Mütter – mit Fluchthintergrund das Sportangebot
nur in geringem Maße annehmen. Als Lösung schuf der Verein Angebote für diese Zielgruppe und organisierte
eine begleitende Kinderbetreuung.
Nicht nur die gezielte Ansprache und das Beachten von kultur- und religionsspezischen Lebensgewohnheiten
von Menschen mit Migrationshintergrund ist Bestandteil interkultureller Vereinsentwicklung, sondern beson-
ders die Einbindung in den Verein. Die folgenden Beispiele geben Tipps, wie dies erfolgreich gelingen kann:
Maßnahme 3.2: Buddy-Programm mit Tandems zur Integration von Geflüchteten in den
Vere i n
Ziel:
Geflüchtete Sportler*innen an den Verein binden und als Mitglieder gewinnen
Beschreibung:
Seit April 2016 hat der Hochschulsport der Universität Jena die Welcome Unisport Kurse im Angebot. Dabei
bilden jeweils eine einheimische und eine geflüchtete Person ein Tandem und treiben gemeinsam Sport. Die
Kurse sollen etwaige Ängste und Vorurteile abbauen und soziale und gesellschaftliche Integration vorantreiben.
Ebenfalls im Rahmen der Initiative Welcome Unisport hat sich eine gemischte Fußballmannschaft "Welcome
Unisport Jena" gegründet, die im Rahmen der Uni-Liga aktiv ist.
Im November 2017 wurde dieses Buddy-Programm vom Hochschulsport auch auf den Vereinssport des USV
Jena e. V. ausgeweitet. Seitdem gibt es Tandems von Einheimischen und Geflüchteten in den Abteilungen Kick-
boxen, Taekwondo, Billard, Volleyball und Frisbee.
Empfehlung:
Welche Feste in verschiedenen Religionen wann gefeiert werden, erfahren Sie im interkulturellen Ka-
lender, der jedes Jahr u. a. auf der Internetseite des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge zum
Download zur Verfügung gestellt wird. Sie nden ihn über das Suchfeld mit dem Begriff „interkultureller
Kalender“ auf der Seite www.bamf.de/DE/Startseite/startseite-node.html .
Suchen Sie das Gespräch mit Ihren Vereinsmitgliedern, um deren Bedürfnisse kennen zu lernen.
Wie kann mein Verein kultur- und religionsspezifische Gewohnheiten berücksichtigen?
Wichtige Termine von z. B. Muslimen kennen und dafür sorgen, dass es (a) keine Terminkollision gibt (gilt für
Feiertage und Gebetszeiten), (b) den Mitgliedern gegebenenfalls "Alles Gute“ gewünscht wird.
Essensgebote anderer Religionen kennen, z. B. Schweinefleischverbot (im Islam und im Judentum), und beim
Vereinsfest dafür sorgen, dass Mitglieder nicht hungrig bleiben.
Gebetsvorschriften kennen und z. B. beim Trainingslager einen geeigneten Platz zum Beten (Prayer Room)
bereitstellen.
Urlaubsbedürfnisse bei der Sommerplanung im Blick haben (z. B. langer Sommerurlaub, um Familienurlaub in
der Türkei zu machen).
Nach spezischen Trainingsgewohnheiten aus dem Herkunftsland fragen und sie nach Möglichkeiten aufneh-
men und integrieren (z. B. Aufwärm-Rituale).
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Empfehlung:
Oftmals ist die erste Hemmschwelle, in einen Verein/in ein Team einzutreten, für Menschen (die bisher
wenig Erfahrungen mit deutschen Vereinen hatten) geringer, wenn sie dort bereits einen persönlichen
Kontakt haben und gemeinsam das Sportangebot wahrnehmen können, sodass sich Soziales und Sport-
liches verbindet.
Maßnahme 3.3: Ballreise – Internationaler sportlicher Austausch
Ziel:
Menschen aus verschiedenen Ländern über Sport verbinden
Beschreibung:
Seit 2002 organisiert Spirit of Football e. V. alle vier Jahre vor einer Fußball-Weltmeisterschaft die internationale
„The Ball“-Reise. Startpunkt ist immer der Battersea Park in London, wo 1864 das allererste Fußballspiel nach
modernen Regeln stattfand. Reiseziel ist jeweils die Eröffnungszeremonie der Fußball-Weltmeisterschaft. Auf
dieser Reise wird ein Fußball mitgetragen, auf dem alle Menschen, die den Ball ins Tor geköpft haben, unter-
schreiben. Darunter waren 2018 Prominente wie der Fußballtrainer Jürgen Klopp oder der jordanische König
Abdullah II. bin al-Hussein, aber auch einfache Sportenthusiast*innen aus einem jordanischen Flüchtlingslager.
„The Ball“ ist ein Symbol für Tradition, Fairplay und Respekt und zelebriert die Möglichkeit, durch den globa-
len Sport Menschen weltweit einander näher zu bringen. Auf dieser Reise vermitteln sie die Geschichten von
Geflüchteten, und spielen an allen Stationen mit den Menschen vor Ort Fußball. Oft werden dabei Themen wie
Nachhaltigkeit, Gerechtigkeit etc. thematisiert.
Maßnahme 3.4: Kindersportstipendium
Ziel:
Allen Interessierten die Mitgliedschaft im Verein ermöglichen
Beschreibung:
Der Vereinsbeitrag im Bereich Kindersport im SV SCHOTT Jena e. V. ist durch die Beschäftigung zweier
Hauptamtlicher höher als in anderen Vereinen. Um trotzdem niemanden vom Sportbetrieb auszuschließen,
möchte der SV SCHOTT Jena e. V. ein Kindersportstipendium für Kinder mit und ohne Migrationshintergrund
einführen, deren Eltern den Beitrag nicht bezahlen können. Dieses soll durch regionale Unternehmen gespon-
sert werden. Eine weitere Möglichkeit, um Menschen mit und ohne Migrationshintergrund nicht nanziell von
einer Mitgliedschaft auszuschließen, ist das Bildungspaket des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales
(BMAS). Mithilfe dieses Bildungspaketes konnte der SV SCHOTT Jena e. V. unbegleiteten minderjährigen
Flüchtlingen (UMF) die Mitgliedschaft im Verein nanzieren.
Empfehlung:
Es muss ja nicht gleich eine Weltreise sein: Oftmals gibt es für internationale Begegnungen gute Förder-
möglichkeiten. Die Berater*innen vom LSB Thüringen helfen Ihnen gerne weiter. Mehr Informationen
unter der URL: ˂www.thueringen-sport.de/unsere-themen/integration-durch-sport/?L=0˂.
Internationale Begegnungen eignen sich auch sehr gut für die Öffentlichkeitsarbeit. Wenn Sie von der
Erfahrungen auf der Ballreise lesen wollen: www.spirit-of-football.de.
Empfehlung:
Das Bildungspaket ist nicht nur auf die Unterstützung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen
beschränkt. Weitere Informationen unter der URL:
www.bmas.de/DE/Themen/Arbeitsmarkt/Grundsicherung/Leistungen-zur-Sicherung-des-
Lebensunterhalts/Bildungspaket/bildungspaket.html
We it er e B e is pi e le fü r A k ti vi t ät e n z ur Ei n bi n du n g vo n M en s ch e n m it Mi g ra ti o ns h in t er -
grund in den Verein:
Gezielte Ansprache von Menschen mit Migrationshintergrund zur Mitgliedergewinnung.
Angebot von speziellen Trainings für Menschen mit Migrationshintergrund (z. B. Schnuppertrainings).
Beliebte Sportarten bei Männern mit Migrationshintergrund sind Fußball, Basketball, Schwimmen,
Tischtennis, Skaten und Kampfsport und bei den Frauen Tanzen, Schwimmen, Skaten, Basketball,
Fußball und Volleyball. Die Unterschiede zwischen Männern und Frauen mit deutscher und mit auslän-
discher Herkunft sind dabei gering. (vgl. Mutz / Burrmann 2011: 112)
Förderung von Geflüchteten (z. B. durch reduzierte Mitgliedsbeiträge).
Durchführung von Projekten im Rahmen des Programms „Integration durch Sport“ (DOSB).
Beteiligung an speziellen Aktionen für den interkulturellen Austausch (z. B. Teilnahme an Stadtfesten).
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Fazit und Ausblick
Wir hoffen, dass wir Ihrem Verein mit diesem Leitfaden die Werkzeuge an die Hand geben konnten, um ihn für
eine interkulturelle Vereinsentwicklung t zu machen. Sammeln auch Sie eigene Erfahrungen und tauschen
Sie sich mit anderen Sportvereinen aus! Unsere Erfahrungen im Projekt Spiel Mit! haben gezeigt, dass in den
verschiedenen Sportvereinen ähnliche Fragen und Probleme aufgekommen sind und durch den Austausch mit
anderen Sportvereinen der eigene interkulturelle Öffnungsprozess erleichtert wurde. Kein Sportverein muss
sich neu ernden; es geht oftmals um Details und kleine Anstöße, die ausreichen, um sich interkulturell gut
aufzustellen. Auf der anderen Seite sollten Sie für Ihre Vereinsentwicklung Geduld mitbringen. Manchmal treten
Widerstände auf, mit denen Sie zunächst nicht gerechnet haben, oder Veränderungen wirken erst zu einem
späteren Zeitpunkt als erwartet. Lassen Sie sich in Ihrem Entwicklungsprozess nicht entmutigen, wenn etwas
weniger Erfolg bringt. Auch aus solchen Erfahrungen kann Ihr Verein wieder etwas lernen und Prozesse ändern
bzw. anpassen. Seien Sie auch nicht enttäuscht, wenn Ihre Arbeit keine direkte Würdigung erfährt. Auch in Zu-
kunft wird das Thema Interkulturelle Öffnung von Sportvereinen eine wachsende Rolle spielen und nicht zuletzt
auch im großen Interesse der Vereine sein. Sie und Ihr Verein bestimmen, in welchem Tempo Sie Ihre eigene
interkulturelle Vereinsentwicklung gehen.
Wir wünschen Ihnen dabei viel Erfolg und stehen Ihnen über die Fachstelle Interkulturelle Öffnung der AWO Je-
na-Weimar e. V. gerne für Fragen, Anregungen und Hilfestellungen telefonisch (03641-8741-121) oder schrift-
lich (ikoe@awo-jena-weimar.de) zur Verfügung.
Literatur
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Sportentwicklungen in Deutschland, Band 17. Aachen: Meyer.
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kalender-2018_pdf.html, (Abruf: 24.07.2018).
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WEITERE INFORMATIONEN ZUM THEMA INTERKULTURELLE VEREINSENTWICKLUNG:
Beratung für Sportvereine durch die Fachstelle Interkulturelle Öffnung (Spiel Mit!)
www.fs-ikoe.de/spiel-mit-thueringen/˂
Sport zeigt Gesicht! Gemeinsam couragiert handeln (LSB Thüringen)
www.thueringen-sport.de/unsere-themen/sport-zeigt-gesicht/?L=0˂
Bundesprogramm „Integration durch Sport“ (DOSB)˂
www.integration.dosb.de/
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ger Fachmedien Wiesbaden.
Impressum
Herausgeber:
AWO Kreisverband Jena-Weimar e.V.
Fachstelle Interkulturelle Öffnung
Kastanienstraße 11
07747 Jena
Email: ikoe@awo-jena-weimar.de
Telefonnummer: 03641-8741-121
www.fs-ikoe.de
Text und Redaktion:
Andrea Cnyrim, Jana Conrad, Tina Czada, Helena Faust, Nicole
Fehrenbacher, Jean-Baptiste Lê, Roman Lietz, Francisco Javier
Montiel Alafont
Zitiervorschlag:
Cnyrim, Andrea / Czada, Tina / Faust, Helena / Fehrenbacher, Nicole
/ Lê, Jean-Baptiste / Lietz, Roman / Montiel Alafont, Francisco
Javier (2018): Interkulturelle Öffnung in Sportvereinen: Gute-Pra-
xis-Leitfaden aus dem Modellprojekt Spiel Mit!, AWO KV Jena-Wei-
mar, [online] www.fs-ikoe.de/spiel-mit-thueringen/.
Grasche Gestaltung:
Sören Lindner / www.lindner-design.de
Fotos:
Titel/Seite 7 & 15: © Rawpixel - Fotolia; Seite 4: © biker3 - Fotolia;
Seite 21: © Spirit of Football e.V.; Seite 23: © SV Schott e.V.;
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Seite 43: © Robert Kneschkle - Fotolia
gefördert durch das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat im Rahmen des Bundesprogramms
usammenhat durch eihae
gefördert durch das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat im Rahmen des Bundesprogramms
usammenhat durch eihae
Das Projekt Spiel Mit! wird vom Bundesministerium des Inneren, für Bau
und Heimat über das Programm Zusammenhalt durch Teilhabe gefördert.
2018
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Article
Full-text available
Ziele werden in Beratungen oft so konkret wie möglich auf Verhaltensebene formuliert. Ist eine Person jedoch unsicher und besorgt, wenn sie über ihr Ziel spricht, kann davon ausgegangen werden, dass die Identifikation mit dem Ziel zu gering ist, als dass es handlungswirksam werden könnte. Eine Ursache können Konflikte zwischen bewussten und unbewussten Bedürfnissen sein. Die vom Zürcher Ressourcen Modell (ZRM) entwickelten MOTTO-Ziele bringen Bewusstes mit Unbewusstem in Einklang. Sie stellen Zielidentifikation her und können so die Zielverfolgung unterstützen. Identifiziert sich eine Person bereits mit ihrem Ziel, kann sofort mit der konkreten Planung begonnen werden.
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Wie die aktuelle OECD-Studie „International Migration Outlook 2014“ zeigt, hat sich Deutschland nach den Vereinigten Staaten von Amerika zum zweitbeliebtesten Einwanderungsland der Welt entwickelt. So kamen alleine im Jahr 2013 nach OECD-Schätzungen fast eine halbe Millionen Menschen in die Bundesrepublik, um dauerhaft hier zu leben (dazu mehr OECD, 2014, S. 256). Dabei steigen die Zahlen der Einwanderer stetig, was dazu beiträgt, dass aktuell nach Angaben des Mikrozensus über ein Fünftel der Einwohner Deutschlands zur 1. bzw. 2. Zuwanderergeneration gehört (Statistisches Bundesamt, 2014). Aufgrund der hohen Anzahl an Migranten wird ihre Integration zur Schlüsselaufgabe in der Gesellschaft. Im Integrationsverlauf nimmt dabei Sport als Brücke in die Gesellschaft einen großen Stellenwert ein. Darüber hinaus hat Sportausübung einen positiven Einfluss auf Gesundheit und Wohlbefinden der Migranten. Im Hinblick auf diese positiven Effekte der Sportausübung stellt sich nun die Frage, wie sportlich aktiv die in Deutschland lebenden Migranten sind. In der bisherigen Forschung wird diese Frage vor allem im Kontext der vereinsorganisierten Sportangebote betrachtet, wobei die Inanspruchnahme anderer Sportmöglichkeiten (z.B. selbst-initiierte Aktivitäten, kommerzielle Sportangebote usw.) außer Acht gelassen wird. An diesem Aspekt setzt die vorliegende Analyse der Sportaktivität von Migranten an, indem sie sich an dem durchschnittlichen Zeitumfang der regelmäßigen Sportausübung unabhängig vom organisatorischen bzw. motivationalen Rahmen orientiert. Dabei wird ein Vergleich zur Sportaktivität der Menschen ohne Migrationshintergrund gezogen. Darüber hinaus stellt die Untersuchung dar, welche Faktoren die Sportaktivität der Migranten beeinflussen. Die durchgeführte Analyse basiert auf einem Datensatz der Untersuchung zur Sportaktivität der Erwachsenen in fünf deutschen Großstädten, der von Juni bis Juli 2014 erhoben wurde.
Chapter
Ziel des Beitrags ist es, den Umgang mit gesellschaftlicher Vielfalt zu skizzieren und die strategischen Ansätze der interkulturellen Orientierung und Öffnung sowie des Diversity Managements darzustellen, miteinander zu vergleichen und Konsequenzen für eine Diversitätspolitik insbesondere in Sozialer und pädagogischer Arbeit aufzuzeigen. Der professionelle Umgang mit den Herausforderungen durch Einwanderung und die dafür geschaffenen strukturellen Rahmenbedingungen vor dem Hintergrund der politischen Lebenslüge, Deutschland sei kein Einwanderungsland, wurden in den 1990er-Jahren zunehmend kritisch analysiert. Mit interkulturellen Arbeitsansätzen schien zunächst eine fachlich adäquate Antwort auf die gesellschaftlichen Herausforderungen gefunden zu sein. Mit einem breiteren Vielfaltsverständnis stellten der Diversity-Gedanke und dessen strategische Umsetzung im Diversity Management ein Angebot dar, die kategoriale Verengung der einzelnen Zielgruppenorientierungen aufzubrechen und zu erweitern. Nach zunächst deutlichen Vorbehalten gegenüber einem profitorientierten Managementkonzept, das von globalen Akteuren der internationalen Wirtschaft praktiziert wurde, konnten in der fachlichen Rezeption von Diversity Management auch dessen bewegungspolitische Wurzeln herausgearbeitet werden. Aktuell findet eine Zusammenschau der unterschiedlichen Ansätze im Umgang mit gesellschaftlicher Vielfalt statt. Unter Einbeziehung von Erfahrungen mit dem Analyseansatz der Intersektionalität zeichnen sich die Konturen einer neuen Diversitätspolitik ab, die geeignet erscheint, für die pädagogische und Soziale Arbeit eine deutliche Qualifizierung zu bringen.
Chapter
Dem vereinsorganisierten Sport werden besondere Chancen zur Integration von Jugendlichen und Erwachsenen mit Migrationshintergrund nachgesagt. Diese Annahme stützt sich einerseits auf die Vermutung, dass mit dem gemeinsamen Sporttreiben im Verein integrationsförderliche Wirkungen verbunden sind. In diesem Zusammenhang wird ein Beitrag zur sozialen, kulturellen, alltagspolitischen und womöglich auch zur strukturellen Integration vermutet, der mit einem Sportengagement im Verein verbunden sein soll (vgl. Baur 2006; Bundesregierung 2007). Andererseits wird die Anschlussoffenheit und Inklusivität des Sports betont. Die flächendeckende und angebotsreiche Sportinfrastruktur, das ‚universell‘ gültige Regelwerk und der vorwiegend nonverbale Charakter des Sports werden als Gründe angeführt, weshalb Zuwanderer in der Lage sein sollen, ‚aus dem Stand‘ mitzumachen (vgl. Baur 2006; Bundesregierung 2007; kritisch dazu Bröskamp 1994).
Interkulturelle Öffnung
  • Öffnung Fachstelle Interkulturelle
Fachstelle Interkulturelle Öffnung (2014): "Interkulturelle Öffnung", [online] www.fs-ikoe.de/interkulturelle-oeffnung/, (Abruf: 17.07.2018).
  • Antidiskriminierung Iq Fachstelle Interkulturelle Kompetenzentwicklung Und
IQ Fachstelle Interkulturelle Kompetenzentwicklung und Antidiskriminierung (2018): Erklärvideo "Interkulturelle Öffnung", YouTube-Kanal des Förderprogramms "Integration durch Qualifizierung (IQ)", [online] www.youtube.com/watch?v=3pkW5xRvWHY&t=63s, (Abruf: 17.07.2018).
Fördermöglichkeiten für Integration durch Sport
  • V Landessportbund Thüringen E
Landessportbund Thüringen e. V.: "Fördermöglichkeiten für Integration durch Sport", [online] www.thueringen-sport.de/unsere-themen/integration-durch-sport/foerdermoeglichkeiten, (Abruf: 17.07.2018).
Sport zeigt Gesicht! Gemeinsam couragiert handeln
  • V Landessportbund Thüringen E
Landessportbund Thüringen e. V.: "Sport zeigt Gesicht! Gemeinsam couragiert handeln", [online] www.thueringen-sport.de/unsere-themen/sport-zeigt-gesicht, (Abruf: 17.07.2018).