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Justus-Liebig-Universität Gießen
Fachbereich 05
Institut für Germanistik
Otto-Behagel-Str.10
35394 Gießen
Masterthesis
Die Rolle des Smartphones beim Lernen des
Deutschen als Fremdsprache
Wissenschaftliche Arbeit zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts im
Fach Germanistik an der Justus-Liebig-Universität Gießen
eingereicht von: vorgelegt bei:
Selmin Hayircil Prof. Dr. Dietmar Rösler
Eichendorffring 107 Gießen, den 20.09.2017
35394 Gießen
Matrikelnummer 7035389
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung ....................................................................................................................... 1
I Theoretische Grundlagen ................................................................................................ 3
2 M-Learning – terminologische Annäherungen .............................................................. 3
2.1 Digitale Medien und ihr Einfluss auf den heutigen Unterricht ............................... 5
2.2 Zum Stand der Forschung des M-Learning ........................................................... 11
3 Der Einsatz von Apps im Fremdsprachenunterricht .................................................... 13
3.1 Positive und negative Aspekte des ‚Bring Your Own Device‘-Ansatzes ............. 22
im Fremdsprachenunterricht ....................................................................................... 22
3.2 Formelles oder informelles Lernen im Unterricht? ............................................... 27
4 Lernerfolg durch Apps?................................................................................................ 29
II Empirische Grundlagen ............................................................................................... 35
5 Erhebung der Daten ...................................................................................................... 35
5.1 Forschungsmotivation und Ausgangsfrage ........................................................... 35
5.2 Forschungsdesign der Online-Befragung .............................................................. 37
5.3 Erhebung der Befragung ....................................................................................... 38
6 Auswertung der Daten .................................................................................................. 39
6.1 Die meistverwendeten Apps im DaF-Unterricht ................................................... 47
6.2 Die Bedeutung der Apps für DaF-Lehrende ......................................................... 50
6.3 Der Einfluss der sozialen Medien ......................................................................... 56
6.4 Komplikationen bei der Befragung ....................................................................... 70
6.5 Zusammenfassung ................................................................................................. 71
7 Fazit und Ausblick ....................................................................................................... 72
Abbildungsverzeichnis ................................................................................................ 74
Literaturverzeichnis ..................................................................................................... 75
Internetquellen ............................................................................................................. 80
Anhänge ...................................................................................................................... 82
Eigenständigkeitserklärung ......................................................................................... 89
1
1 Einleitung
Smartphones und Tablets sind für viele Personen ein Teil ihres Lebens geworden. Ohne
die mobilen Endgeräte wird nichts mehr unternommen. Durch sie findet man schnell
wichtige Informationen, sie sind portabel und auch sehr leicht zu bedienen. Deswegen
werden Smartphones und Tablets mitunter als ‚mobile Alleskönner‘ bezeichnet. Seit mehr
als zehn Jahren sind die mobilen Endgeräte schon Teil des alltäglichen Gebrauchs und
dank der raschen Entwicklung und den immer niedrigeren Preisen überall und in jeder
Hand zu sehen. In diesem Beitrag zu diskutierende Studien zeigen, dass Kinder und
Jugendliche eine enorme Zeit pro Tag mit ihren favorisierten mobilen Computern
verbringen. Mit einem touch können sie Musik hören, mit Freunden kommunizieren oder
die neuesten Inhalte, die in sozialen Medien hochgeladen werden, nachverfolgen. Ein
Leben ohne Smartphones und Tablets ist für sie undenkbar.
Wenn sie für Kinder und Jugendliche so bedeutsam geworden sind, wieso sollten
diese Geräte dann nicht im unterrichtlichen Konzept angewendet werden? Sie erhöhen
die Motivation der Lernenden und haben auch einen Einfluss auf den Spaß-Effekt. Die
Nutzung der Smartphones und Tablets in- und außerhalb des Klassenraums ist daher eine
Bereicherung für die Lernenden. Aber sind diese Geräte auch leicht im Unterricht
bedienbar? Was denken Lehrer
1
über ihren Einsatz? Handelt es sich ihres Erachtens um
eine Zeitverschwendung oder einen Gewinn für die Lernenden und Lehrenden? Um diese
Fragen zu beantworten, wird in dieser Arbeit erforscht, ob Smartphones und Tablets im
Unterricht von den Lehrern in den Deutsch-als-Fremdsprache-Unterricht eingebettet
werden, was sie über den Gebrauch der Apps im Unterricht denken, welche Apps sie dort
anwenden lassen und ob ihr Arbeitsumfeld für die Nutzung der mobilen Endgeräte
geeignet ist. Diese und weitere Fragen wurden 200 Teilnehmern bzw. Lehrkräften in einer
Online-Umfrage gestellt. Die Antworten geben Aufschluss darüber, welchen Einfluss
Smartphones etc. auf ein zukunftsorientiertes Lernen nehmen können. Die Lernenden
lernen nicht mehr wie vor zehn Jahren, da sie nicht mehr an einen stationären Computer
gebunden sind, sondern ihren Lernort selbst wählen. Nicht nur der Ort, sondern auch die
Selbstbestimmung der Lernsituationen ist hier ein bedeutender Aspekt. Sie wählen
‚selbst‘ aus, ‚wie‘ sie eine Sprache lernen möchten. Ob sie auf YouTube durch ein Video
1
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in diesem Beitrag die männliche Sprachform verwendet, die
die weibliche Form jedoch ausdrücklich mit einbezieht.
2
ein Thema anschauen oder Sprach-Applikationen benutzen, um ihre Sprachkompetenz zu
erweitern: es liegt buchstäblich in ihrer Hand.
Durch die Digitalisierung haben Lernende eine Vielfalt an Optionen, um etwas zu
lernen. Fest steht, dass einerseits zwar sehr viele authentische Materialien zur Verfügung
stehen, die andererseits aber nicht immer zum Lernziel weiterleiten. Deswegen spielt der
Umgang mit Applikationen, die in diesem Beitrag detailliert erklärt werden, eine zentrale
Rolle. Lehrer sollten diejenigen sein, die den Lernenden den Weg zeigen, wie man mit
ihnen umgeht und wie sie produktiv auch im Unterricht angewendet werden können. Ein
Ziel dieser Arbeit ist es daher eine Übersicht zu schaffen, welche Bedeutung mobile
Endgeräte derzeit für den Fremdsprachenunterricht bei Lehrern haben und für welche
Zwecke sie Apps im Unterricht anwenden. In diesem Zusammenhang wurde die
vorliegende Arbeit in zwei Grundkapitel (römisch I und II) untergliedert.
Im ersten Teil werden theoretische Aspekte angesprochen. Zunächst werden dabei
Definitionen und terminologische Annäherungen an den Begriff M-Learning erläutert
(Kapitel 2). Dazu werden digitale Medien und deren Einfluss im heutigen Unterricht
aufgegriffen und der Stand der Forschung dargelegt. Der Einsatz mobiler Endgeräte durch
den ‚Bring Your Own Device‘-Ansatz im Unterricht und dessen Einfluss wird durch
Beispiele dargestellt (Kapitel 3). Ob die Nutzung der Apps im Unterricht zum Lernerfolg
führt, beleuchtet dann Kapitel 4. Im zweiten Teil werden empirische Grundlagen erhoben
und anschließend analysiert. Zunächst werden dafür Forschungsinteresse und -design der
Befragung erläutert, danach die Befragung selbst und dann das Erhebungsverfahren.
(Kapitel 5). Schließlich werden diese Daten detailliert ausgewertet (Kapitel 6).
Wie bereits angerissen, wurde durch die Online-Befragung versucht
herauszufinden, ob Lehrer Apps im Unterricht benutzen bzw. bereit sind, sie in ihr
didaktisches Konzept einzubetten. Dafür wurde unter anderem gefragt, welche Apps sie
konkret verwenden. So wurden Aussagen gesammelt, die sowohl Aspekte des
methodisch-didaktischen App-Einsatzes umfassen, als auch Schwierigkeiten wie
nutzbringende Faktoren desselben im Fremdsprachenunterricht beleuchten.
3
I Theoretische Grundlagen
2 M-Learning – terminologische Annäherungen
Bei der terminologischen Annäherung an das Prinzip des M-Learnings lohnt zunächst ein
Blick auf den Oberbegriff Medien, da dieser im Alltag am präsentesten ist und auch im
Unterricht die Hauptrolle spielt, aber nur schwer definierbar ist. Der weiteste Begriff
beruht auf der ursprünglichen Bedeutung des lateinischen Wortes ‚medium‘ ~ Mittel (vgl.
z.B. Böhn/Seidler 2014, S. 16). Es ist ein Mittel, das im weitesten Sinne über die
Vermittlung eines Inhalts hinausgeht. Inzwischen wird das Wort für alles verwendet, das
eine vermittelnde Funktion im Unterricht ausübt (vgl. Freudenstein 1995, S. 288). Auch
im Mittelalter vermittelte man durch das Medium ‚Buch‘ mehr als nur den Inhalt
desselben: Nach der Erfindung des modernen Buchdrucks im 15. Jahrhundert durch
Johannes Gutenberg wurden diese Informationsträger viel schneller bearbeitet und an
Leser weitergeleitet. Die Technik nimmt so einen direkten Einfluss auf die Medien, den
es nicht zu unterschätzen gilt. Sie werden daher „als technische, professionelle und
organisatorische Kommunikationsmittel für öffentliche und gesellschaftliche
Kommunikation verstanden […]“ (Kübler 2001, S. 41).
Auch beim Fremdsprachenlernen hatten sie einen großen Einfluss. Der Philosoph
und Pädagoge Johann Amos Comenius veröffentlichte 1658 das erste Schulbuch – ein
Lehrmedium mit Text und Bildern – das Orbis sensualim pictus, welches auf Deutsch
‚Die sichtbare Welt‘ bedeutet. Es handelte sich um eine zweisprachige Ausgabe, die ein
Wörterbuch zur Übersetzung vom Lateinischen ins Deutsche darstellte. Dadurch hat er
versucht, den Inhalt durch dieses Medium weiterzugeben. Derlei Medien haben mit der
Entwicklung der Technologie einen neuen Stellenwert erlangt. Bücher bzw. Lehrwerke
wurden durch Maschinen schneller gedruckt und an die Rezipienten übermittelt. Im 19.
und 20. Jahrhundert wurden sodann viele weitere Medien erfunden: Der Schreibtelegraph
von Samuel Morse, das Telefon von Graham Bell, die Kinematographie von den Brüdern
Lumière und auch die Erfindung des Computerrechners durch Konrad Zuse sind nur
einige davon (siehe dazu Schanze 2001, Kümmel/Scholz/Schumacher 2004, Faulstich
2006). Diese technischen Entwicklungen wurden erweitert, elektrifiziert und später
digitalisiert, was wiederum dazu führte, dass Menschen viel schneller als zuvor
kommunizieren und sich informieren konnten.
4
Die Entwicklung des Computers hat ab den 1990er Jahren dazu geführt, dass man
von seinen erstellten Leistungen stärker profitiert: „Zum ersten Mal in der Geschichte der
Menschheit ist es möglich, Wörter, Klänge, Bilder und Ideen beinahe endlos zu kopieren
und zu verbreiten. Und man kann all dies mit den gleichen Geräten produzieren,
verarbeiten, verschicken und empfangen“ (Chatfield 2013, S. 3). Durch diese
Komponenten der Digitalisierung kam es dazu, dass die Vernetzung viel wichtiger
geworden ist: nicht nur im Arbeitsalltag, sondern überall. Durch die Entwicklung von
Handys konnte man an jedem Ort und zu jeder Zeit erreichbar sein, fotografieren oder
auch Musik hören, was damals eine Sensation dargestellt haben mag, aber noch nicht das
Ende der Entwicklung war. Erstellt wurde ein Gerät, das den Computer ersetzte, im
Vergleich zu einem Laptop weit mobiler war und dennoch einen Browser bzw. Software
besaß: Das Smartphone vereinte die multimedialen Funktionen von Computer und
Laptop.
„Der Begriff ‚Smartphone‘ wurde zum ersten Mal 1997 von der schwedischen
Firma Ericsson verwendet, um ein Gerät zu beschreiben, das dann aber nie auf den Markt
kam: den GS88-Communicator, der Teil des Firmenprojekts ‚Penelope‘ war“ (Chatfield
2013, S. 76). Durch diese neue Art von Geräten setzte sich allmählich die Kategorisierung
in alte, neue und digitale Medien durch. Alte und neue Medien unterliegen keinen
scharfen terminologischen Grenzen, werden innerhalb dieser Arbeit aber als ‚alt‘ benannt,
wenn es sich um Formen wie Tafeln oder Bücher handelt. Neue und digitale Medien
werden meist synonym benutzt, da ‚elektronische‘ und ‚digitale/mit dem Internet
vernetzte Geräte‘ nicht scharf trennbar sind. Im Sinne der Klarheit werden Geräte im
Folgenden daher anhand ihres Namens hervorgehoben.
Smartphones selbst wiederum werden mit dem Begriff M-Learning, dem ‚mobilen
Lernen‘ verbunden. M steht für das englische Wort mobile, welches im Oxford-Online-
Wörterbuch als „Able to move or be moved freely or easily“ beschrieben wird
(http://bit.ly/2fWROSR, Abrufdatum 14.06.2017). Anhand dieser Definition kann man
mobiles Lernen so definieren, dass man überall mobil sein bzw. unterwegs lernen kann.
Das bedeutet, dass durch das M-Learning auch außerschulisch orts- und zeitunabhängig
gelernt werden kann. Eine Unschärfe liegt nun darin, dass nicht nur mit einem
Smartphone oder Tablet gelernt wird, sondern auch mit einem nicht digitalen bzw. alten
Medium wie dem Buch mobil gelernt werden kann. „There is no agreed definition of
‚mobile learning‘, partly because the field is experiencing rapid evolution, and partly
because of the ambiguity of ‚mobile‘ […]” (Kukulska-Hulme 2009, S. 158). Durch die
5
rasante Entwicklung der mobilen Endgeräte wie Smartphones und Tablets werden immer
wieder neue Definitionsversuche unternommen, weshalb es schwer ist, den Begriff
letztgültig zu definieren: „Mobiles Lernen ist nicht eindeutig definiert und je nach
Perspektive Unterschiedliches, was sich wiederum in engen und weiteren Begriffen von
mobilem Lernen oder synonym Mobile Learning oder auch M-Learning ausdrückt.“
(Mayrberger 2013, S. 6). Der Terminus ist somit mehrdeutig und kann von jedem
Individuum anders interpretiert werden. Dennoch wird mobiles Lernen im
Informationszeitalter mit mobilen Endgeräten verknüpft, die (meistens) als portable und
drahtlose Gegenstände verstanden werden, die durch den Internetzugang effizienter
verwendbar sind.
Mobile learning, or m-learning, has been defined as learning that takes place via such
wireless devices as mobile phones, personal digital assistants (PDAs), or laptop
computers (O’Malley/Vavoula u.a. 2005, S. 6).
Mobile learning can perhaps be defined as ‘any educational provision where the sole or
dominant technologies are handheld or palmtop devices’ (Traxler 2005, S. 262).
Nicht nur die Tragbarkeit, sondern auch die individuelle und informelle Nutzung hat einen
Einfluss auf die Definition vom mobilen Lernen. Deshalb ist es wichtig, die ganzen Teile
bzw. Definitionen in einem Kontext zusammenzubringen. Mobiles Lernen wird mit den
tragbaren Endgeräten und den dadurch entstehenden Lernsituationen verknüpft, die man
wann, wo und wie man möchte ‚selbst‘ gestaltet. Das bedeutet, dass das Lernen durch
mobile Endgeräte keinen bestimmten Ort oder Zeitpunkt mehr voraussetzt. Dazu zählen
derzeit prototypisch Smartphones und Tablets, die im Rahmen dieser Arbeit näher
beleuchtet werden. Nicht ausgeschlossen ist, dass in Zukunft andere Geräte unter diesen
Begriff fallen.
2.1 Digitale Medien und ihr Einfluss auf den heutigen Unterricht
„An App(le) a day, takes me to a new learning way“ – mit dieser Aussage könnte sich die
digitallernende Generation umschreiben lassen. Smartphones und auch die darauf
heruntergeladenen Apps (Kurzform vom englischen application, auf Deutsch
Applikationen) sind für sie im täglichen Leben nicht mehr wegzudenken. WhatsApp,
Facebook, Instagram, Twitter, Snapchat und viele andere Apps sind auf vielen
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Smartphones von jüngeren Personen enthalten. Sie laden diese herunter, um sich damit
privat kommunikativ auszutauschen, nicht den neuesten Trend zu verpassen und so immer
‚auf dem Laufenden‘ zu sein.
Das Motto der jüngeren Generation heißt gerade „immer App to date bleiben“. Ein
Beispiel dafür wären die YouTuber, die jeden Tag Videos für ihre Zuschauer drehen,
damit sie immer den neusten Trends folgen können. Sie drehen auch Videos über sich
selbst wie „Meine Morgen Routine“ oder „Mein Alltag“, um ihren Zuschauern zu zeigen,
was sie an einem Tag machen. Es fällt hier auch auf, dass sie nach dem Aufwachen direkt
zum Smartphone oder zu ihren Tablets greifen und den ganzen Tag mit ihren mobilen
Endgeräten beschäftigt sind, was sie auch in ihren Videos ab und zu mal erläutern. Diese
sind sowohl bei Kindern und Jugendlichen als auch bei den Älteren zum Medium der
alltäglichen Nutzung geworden.
2
In der ‚Jugend, Information, (Multi-) Media‘
Basisstudie (verkürzt JIM-Studie, 2016, S. 31) kam heraus, dass Jugendliche in
Deutschland zwischen 12 und 19 Instant-Messaging-Dienste und Plattformen wie
WhatsApp, Facebook, Instagram, Snapchat etc., die sich durch text- und bildbasierten
Austausch von Nachrichten auszeichnen, täglich mehrmals benutzen und konsumieren
(vgl. JIM-Studie 2016, S.31).
Viele Eltern sind sich dessen bewusst, scheitern aber schon beim Versuch zu verstehen,
warum Kinder und Jugendliche von ihren Smartphones oder auch Tablets abhängig
scheinen (vgl. z.B. Haeusler/Haeusler 2012). Dennoch sollte die Frage bei Erwachsenen
nicht ‚Was müssen wir tun, um dies zu ändern?‘ lauten, sondern: Wie könnte man einen
bewussteren Umgang mit solchen Medien für die Kinder und Jugendlichen gestalten?
Letztendlich kann man digitale Medien bzw. Smartphones nicht abschaffen und auch
nicht stoppen. Diese Generation, die Prensky (2001) als ‚Digital Natives‘ bezeichnete,
sind ‚digitale Eingeborene‘ und es ist somit undenkbar, sie ohne Smartphones etc.
aufwachsen zu lassen. Dies bedeutet natürlich auch nicht, dass man sie von Geburt an
damit konfrontieren soll, sondern dass Kinder und Jugendliche nicht davon
ausgeschlossen und ferngehalten werden dürfen. Dazu muss man jedoch bedenken, dass
nicht jeder, der in der digitalen Welt aufgewachsen ist, all die Fähigkeiten und
Kompetenzen zur Nutzung der digitalen Medien automatisch beherrscht. Empirische
Untersuchungen zu Nutzerkompetenzen der Jugendlichen besagen deutlich, dass die von
2
Vgl. z.B. Appsolutely Smart-Studie (Maschke, Stecher u.a. 2013), Kindheit, Internet, Medien-Studie
2016 (verkürzt KIM Studie), ARD/ZDF-Onlinestudie (2015), Bitkom Studienbericht (2015).
7
Prensky so adressierten Jugendlichen gerade nicht die digitalen Aspekte ihrer Geräte
beherrschen, sich weder technisch mit der Hardware oder dem System Netzwerk
auskennen und beschäftigen noch programmieren können (Schulmeister 2009, S. 20). Es
sollte aber nicht vergessen werden, dass diese Kinder und Jugendlichen anders mit der
Digitalisierung umgehen und damit auch anders lernen als die vorangegangenen
Generationen. Sie lernen schneller mit den mobilen Endgeräten umzugehen als ältere
Personen. Dies kommt womöglich daher, dass sie in ihren Umfeldern mit diesen Geräten
aufwachsen und viel Zeit damit verbringen. Da viele Familien in ihren Haushalten
Smartphones oder Tablets besitzen, sind Kinder und Jugendliche mit ihnen vertraut.
„Many students enter kindergarten well versed in the use of devices, oftentimes to the
amazement of their teachers.” (McQuiggan [u.a.] 2015 S. 56). Das Schulsystem sollte
daher diese Fähigkeiten der digitalen Generation schätzen und die mobilen Endgeräte in
das Curriculum einbetten, wie Prensky bereits 2001 (S. 1) proklamierte: „Today’s
students are no longer the people our educational system was designed to teach.” Die
Steve-Jobs-Schulen, die in den Niederlanden und in Südafrika mit Tablets bzw. Apps
lehren und einen guten Ruf aufgebaut haben, gehen dieser digitalen Denkweise nach.
3
Sie
versuchen den Schülern von klein an zu zeigen, dass man mit mobilen Medien vieles
lernen kann. Auf dem Bildschirm der Tablets von den Schülern steht ‚Dit doe ik‘ (‚Das
mache ich heute‘). Sie planen selbst, was sie an dem Tag lernen möchten. Trotzdem
dürfen sie nicht völlig frei entscheiden: Es gibt auf den Bildschirmen eine Liste, aus der
sie einen Lehrgegenstand auswählen können. Diese Schulen legen auch einen großen
Wert auf das Sprachenlernen. Deswegen gibt es sowohl selbstständiges als auch
begleitendes Sprachenlernen.
4
Es sticht hervor, dass die Zahlen von Schulen (in einigen Ländern) gestiegen sind,
die Smartphones und Tablets im Unterricht benutzen. Ein anderes Beispiel liefert das
staatliche Bildungsprojekt ‚Fatih‘, das seit 2011 in der Türkei durchgeführt wird. Es
wurden Smartboards in den Klassenräumen eingebaut, ferner wurden bis 2015 laut
Bildungsministeriums 1.437.800 Tablets an die Schüler verteilt (vgl.
http://fatihprojesi.meb.gov.tr/en/?page_id=145, Abrufdatum 25.05.2017). Durch
3
Ihr guter Ruf wird etwa daran ersichtlich, dass sie 2015 unter die 13 innovativsten Schulen der Welt
gewählt worden sind. Vgl. http://stevejobsschool.nl (Abrufdatum 19.06.2017) und Tech Insider vgl.
http://read.bi/2gZYIXr (Abrufdatum 19.06.2017).
4
Informationen über den Tagesablauf an den Steve-Jobs-Schulen wurden dem folgenden Online-
Zeitungsartikel der Frankfurter Allgemeinen übernommen: http://bit.ly/2bUZZx4 (Abrufdatum
20.05.2017).
8
bestimmte Lern-Apps sollen die Schüler mit den digitalen Medien schneller an
Informationen gelangen und effizienter lernen. Es steht jedoch die Frage im Raum,
inwieweit wirklich gelernt oder – an dieser Stelle noch wichtiger – ‚gelehrt‘ wird. Seit
2012 gibt es eine Plattform namens EBA (Eğitim Bilişim Ağı, auf Deutsch:
Informationsnetz für Bildung), die mit dem Fatih-Projekt verknüpft ist. Lehrer teilen ihre
selbst entwickelten Materialien, indem sie selbige auf der Web-Seite von EBA hochladen
(vgl. http://en.eba.gov.tr/Share, Abrufdatum 20.05.2017). Diese hochgeladenen
Materialien werden von einem (laut Web-Seite) „unbekannten“ Team überprüft.
Bekommt man eine Zulassung, so werden die Materialien dort veröffentlicht. Wie oder
von wem es bearbeitet wird, bleibt dabei intransparent. Eine Lehrerin, die in Istanbul an
einer staatlichen Schule als DaF-Lehrerin arbeitet und anonym bleiben möchte, meinte in
einem kurzen Gespräch, dass in den Tablets des Fatih-Projekts einige DaF-Materialien
vom Staat zur Verfügung gestellt würden, die nicht für den Unterricht geeignet seien, da
das Interesse der Lerner nicht erweckt würde, weil es nur schwarz-weiß geschriebene
Power Points mit undefinierbaren Bildern gäbe. Auch auf der EBA-Plattform stünden
keine informativen und lehrreichen Materialien zur Verfügung. Die Lerner, so die
Lehrerin weiter, würden über viel mehr technisches Wissen verfügen und würden diese
Folien deswegen langweilig finden. Nur um Power Points zu nutzen, muss man kein
Smartboard und auch keine Tablets in den Unterricht einbetten.
Auch andere Probleme kommen zum Vorschein. Somyürek, Atasoy und Özdemir
(2009, S. 368–374) zeigen, dass die Lehrer über kein ausreichendes Wissen im Bereich
Smartboards verfügen. Da die Apps, die in den Tablets eingerichtet worden sind,
manchmal im Unterricht mit dem Smartboard verbunden werden, entsteht ein Zwiespalt,
ob mit dieser unzureichenden Medienkompetenz besser gelehrt werden kann. Isci und
Demir (2015) betrieben zu diesem Zweck an Schulen in Sivas qualitative Forschungen.
In den Interviews meinten die Lehrer, die an dieser Forschung teilnahmen, dass sie sehr
motiviert waren, aber nicht genau wussten, wie sie die Tablets im Unterricht benutzen
sollen: „They stated that the Ministry of Education only distributed the tablets and no
teacher knows completely what to do with the tablets and how s/he can integrate tablets
with the educational processes” (ebd., S. 446). Auch Ekici und Yilmaz (2013, S. 317–
339) kamen zu dem Ergebnis, dass dieses Projekt keine Wirkung auf das Lernen hat bzw.
in das Bildungssystem nicht adäquat eingebaut wurde. „According to the data obtained,
the FATIH Project has not been designed within the Project Cycle Management
framework. In its present form, the FATIH Project cannot be integrated into the education
9
system” (ebd., S. 317). Das bedeutet, dass gute technische Ausstattungen vorhanden sind,
aber die Medienkompetenz der Lehrer nicht ausreichend ist, bzw. die Lehrer effektiver
unterstützt werden müssten. „Obwohl digitale Medien die prägende Technologie unserer
Zeit sind, bleibt der tatsächliche Einsatz im Unterricht hinter den Erwartungen zurück“
(Baumgartner/Brandhofer [u.a.] 2016, S. 97). Natürlich sollte man die Schuld nicht den
Lehrern alleine zuschieben. Gleichsam nehmen sie fraglos die entscheidende ‚Medien-
Rolle‘ ein: Sie sind häufig einem Druck von außen (Schulleitung, Eltern, Schüler usw.)
ausgesetzt, digitale Medien zu benutzen, verweigern sich in vielen Fällen aber. Ein
Kernfaktor ist die Sorge vor einer Blamage, falls sie bei der Nutzung der digitalen Medien
nicht alles wissen. Womöglich schimmert klischeebeladenes Ideal des ‚allwissenden
Lehrers‘ durch, der keine Fehler machen darf; eine Auffassung, die als überholt gelten
darf. Kein Mensch wird als IT-Experte geboren, aber „Lehrenden macht diese
Konfrontation mit immer wieder neuen Geräten oft Angst; sie fühlen sich unter Druck
gesetzt, technische Experten zu werden“ (Biechele 2005, S. 5). Schmidt und Strasser (vgl.
2016, S. 5) betonen, dass man für viele Apps kein IT-Experte sein muss, um mit ihnen
arbeiten zu können. „Dabei sind digitale Medien heute durch technische Vereinfachungen
auch ohne Spezialkenntnisse zu bedienen“ (Grimm/Hammer 2014, S. 2). Wenn man eine
App herunterlädt, wird zudem manchmal beschrieben oder durch ein kurzes Info-Video
dargestellt, welches Ziel die App hat, wie sie bearbeitet werden kann und wie das
Endprodukt aussehen kann. Auch gibt es viele YouTube-Videos, die als
Bedienungsanleitungen fungieren. Man sollte sich daher als Lehrkraft nicht fragen, ob
man eine App im Unterricht anwenden sollte, sondern wie man diese effizienter in den
eigenen Unterricht integrieren kann.
An dieser Stelle muss erwähnt werden, dass Lehr- und Lernkultur nicht auf einen
Schlag umgewandelt werden können. Aber wie schon erwähnt kann man die digitalen
bzw. mobilen Medien mit einfachen Apps, deren Umgang im Grunde nicht komplex ist,
im Unterricht in kleineren Schritten anwenden. Es sollte auch nicht vergessen werden,
dass gerade viele private Schulen oder Institute Lehrer bevorzugen, die
Medienkompetenzen besitzen. Nicht umsonst wird in Online-Bewerbungen gefragt, ob
man sich in diesen Bereichen auskennt oder welche Endgeräte man benutzen kann.
Spielen diese Kompetenzen in Vorstellungsgesprächen selbst eine untergeordnete Rolle,
so ist ihre Angabe im Lebenslauf bereits heute obligatorisch. Hätte man
Medienkompetenzen früher vielleicht nicht angegeben, so gibt man jetzt detaillierte
Angaben darüber ab, welche Software, Betriebssysteme, Programme usw. man benutzen
10
kann. Der Umgang mit denselben im privaten Rahmen kann sich dabei von der
didaktischen Kompetenz ihrer Einsetzung im Unterricht unterscheiden. Für viele wäre der
Umgang mit Apps eine empfehlenswerte Lösung. Nach dem Motto ‚Learning by doing‘
könnten sie – wie Schüler – orts- und zeitunabhängig ihre Kompetenzen erweitern.
Kleinschrittig können Apps und mobile Geräte dann in den Unterricht eingebettet werden.
Dies sollte im Optimalfall freilich nicht bedeuten, dass man etwas kurz anwenden lässt,
um danach mit gewohnten Lehrstilen weiterzuarbeiten. Es wird daher argumentiert, dass
das mobile Lernen im Unterricht durch ‚Häppchenübungen‘ integriert, „sogenannte
Lernhappen entwickelt und den Lernenden zur Verfügung gestellt [werden kann]. [Dabei
ist zu beachten,] dass diese Form von M-Learning zwar im Kontext Schule möglich ist,
aber nicht immer den didaktischen Ansprüchen genügen kann […].“ (Mayrberger 2013,
S. 6).
Deswegen ist es bedeutend, dass die Lehr- und Lernintention durch eine App mit
dem unterrichtlichen Kontext verbunden bleibt und nicht durch Häppchenübungen zum
temporären Selbstzweck mutiert. Ist man als Lehrer im Umgang mit Apps unsicher und
möchte sie trotzdem verwenden, könnte man mit leichter bedienbaren Apps anfangen und
diese in einem methodisch-didaktischen Konzept einsetzen. In Österreich gibt es das
sogenannte e-Tapas-Konzept für Lehrer, die verschiedene Apps im
Fremdsprachenunterricht benutzen möchten. Auf der Web-Seite der Initiative
‚eEducation Austria‘ des Bundesministeriums für Bildung werden viele Unterrichtsideen
von Lehrern hochgeladen, die schon gute Erfahrungen mit Apps gesammelt haben (vgl.
eTapas: http://bit.ly/2u37I3L, Abrufdatum 08.07.2017). Diese stellen digital-inklusive
Unterrichtsszenarien im Ausmaß von ein oder zwei Unterrichtseinheiten dar. In diesem
Konzept sollen nicht nur Lernmaterialien angeboten, sondern mit konkreten Aufgaben für
die Lernenden versehen werden, wodurch die Erreichung von Lernzielen messbar
gemacht werden soll. Nicht nur Interaktivität soll eTapas aufweisen, sondern eine
Interaktion zwischen Lehrenden und Lernenden ermöglichen. Entscheidend an diesem
Konzept ist, dass es Bezug auf die österreichischen Lehrpläne nimmt. Die Lernenden
können dabei ihre Lernfortschritte einsehen. Auffällig am Konzept ist überdies, dass nicht
jeder Lehrer seine erprobten Unterrichtseinheiten mit den Apps einfach auf die Web-Seite
hochladen kann. Stattdessen werden sie durch eine zweite Lehrperson nochmals erprobt
und dann auf formale Vorgaben (Urheberrecht etc.) geprüft, bevor es zu einer
Veröffentlichung kommt. Durch das Konzept wird versucht, qualitativ hochwertigen
Szenarien näherzukommen. Solche Unterrichtsbespiele sind ein Anfang, um diese leicht
11
in die eigenen methodisch-didaktischen Unterrichtskonzepte einzubauen. So gibt man den
Schülern die Apps nicht häppchenweise vor, sondern bekommt einen exemplarischen
Ansatz, mit dem man selbst den Unterricht mit Apps verbinden kann. Es gibt diverse –
wenn auch noch nicht ausreichende – Optionen die zur Verfügung gestellt werden, um
Apps im Sprachunterricht anzuwenden. Salopp könnte man sagen, dass der Lehrer es
eigentlich nur selbst wollen muss.
Es ist wichtig, dass ein Lehrer immer weiterforscht und recherchiert, damit er sich der
neuesten Lern-Lehrkonzepte bewusst bleibt. Damit geht freilich nicht einher, dass man
zwanghaft im Trend bleiben muss, sondern viel eher verstehen lernt, wie die Interessen
der jüngeren Generation gelagert sind: „Die postindustrielle Wissenschaft des 21.
Jahrhunderts verlangt von jedem Einzelnen die Bereitschaft zu lernen, weiterzulernen
sowie das eigene Wissen und die eigenen Qualifikationen weiterzuentwickeln“ (Legutke
2011, S. 257). Das Weiterlernen eines Lehrers führt dazu, dass er sein Wissen erweitert
und die neue Generation und deren ‚Schüler-Sprache‘ zu verstehen begreift.
2.2 Zum Stand der Forschung des M-Learning
Smartphones und Tablets sind seit ca. zehn Jahren Teil unseres Alltags. Sie sind überall,
auch in den Schulen. Apple und Microsoft haben weltweit viele Schulen mit Tablets
ausgestattet. Digitalen Medien im Unterricht wird dennoch mitunter mit Skepsis
begegnet: „Dies liegt zum einem daran, dass in den Medien meist eine negative
Berichterstattung stattfindet, zum anderen aber auch an den populärwissenschaftlichen
Veröffentlichungen, die stark verallgemeinernd ausgewählte Forschungsergebnisse
referieren“ (Aufenanger 2017, S. 119). Medien nehmen so einen Einfluss auf die
Einschätzung und Wahrnehmung von digitalen Endgeräten im Unterricht, beeinflussen
Eltern und Institutionen. Nachstehend werden abseits populärwissenschaftlicher
Forschungsdesiderate wissenschaftliche Analysen bzw. der Forschungsstand des M-
Learnings skizziert.
M-Learning genießt seit einigen Jahren einen gewissen Stellenwert in der
Forschung, gilt aber noch als vergleichsweise junger Forschungsbereich, der stetig
nachfolgender Untersuchungen bedarf, da permanent Neues entwickelt wird, weshalb
Forscher immer wieder neue Untersuchungsobjekte auswählen. Wie bereits erwähnt
entwickelt sich das mobile Lernen sehr schnell. Daher gibt es bislang keinerlei
12
Langzeituntersuchungen. Die offene Frage ist, ob Apps das Lernen der Schüler
verbessern. Sie sollte auf einer kritischen Ebene betrachtet werden, weil es darum geht,
was mit ‚Verbesserung des Lernens‘ gemeint ist und inwiefern mit Apps gelernt wird.
Hierfür liegen im Bereich der Fremdsprachendidaktik noch keine handfesten Daten vor.
Aufenanger (2017, S. 121) berichtet zum Stand der Forschung über den Einsatz der
Tablets im Unterricht und kommt zu dem Schluss, dass die „Forschungsergebnisse ganz
unterschiedlich“ ausfallen:
Manche Studien sind rein experimentell angelegt und entsprechen kaum einer realistischen
Situation einer Schulklasse, andere wiederum beruhen nur auf kurzfristigen Effekten. Nur
wenige Studien beziehen sich auf die Lernergebnisse von Schülerinnen und Schülern über
einen längeren Zeitraum. (ebd.)
Er nennt einige Institutionen wie die St. Clare of Assisi Grundschule in Australien, die
ein Bring-Your-Own-iPad Projekt durchführt und wo mit Apple-Geräten unterrichtet
wird (vgl. zum Ansatz des Bring Your Own Device auch Kapitel 3.1). Dies klingt zunächst
sehr innovativ. Liest man sich aber die von Eltern erstellten Informationsflyer durch
(http://bit.ly/2sTVDOf, Abrufdatum 19.06.2017), bemerkt man, dass die iPads
überwiegend der technischen Unterstützung dienen. Es wird nicht angegeben, welche
Apps im Unterricht angewendet werden. Gezeigt wird nur, dass sie zu bestimmten Drill-
Übungen, Schreibaktivitäten und als Wörterbücher benutzt werden. Da nicht angegeben
wird, wie die Apps im Unterricht bearbeitet werden und ob die Apps selber entwickelt
worden sind, muss eine tiefere Analyse an dieser Stelle ausbleiben. Aber dennoch sind
solche Anwendungen ein Fortschritt, um den jungen Forschungsbereich zu unterstützen.
Der Einsatz mobiler Endgeräte hat auch in Europa einen gewissen Stellenwert in
den Schulen und in der Wissenschaft. Mäder (2015, S. 189) berichtet vom myPad.ch-
Projekt, an dem 250 Schüler und 45 Lehrer zwischen 2012 und 2014 mit Unterstützung
der Pädagogischen Hochschule FHNW teilgenommen haben. Es wurden einige Apps für
den Deutschunterricht verwendet und es kam heraus, dass Tablets technisch viele
Möglichkeiten bieten. Damit aber „mobiles, kooperatives Lernen gelingen kann, bedarf
es […] erweiterter Lehr- und Lernformen, die es den […] Schülern ermöglichen, in
offenen Lernumgebungen selbstgesteuert mit den mobilen Geräten zu arbeiten.“ (ebd. S.
196). Die gelungene Integration von Apps in den Unterricht ist ergo ein Feld, welches
weiter erforscht werden muss.
13
Feick (2016) untersucht in ihrer Lernerautonomie-Studie indes, was für einen
Einfluss das Handy beim Lernen einnimmt. Durchgeführt wurde die Forschung mit
mexikanischen DaF-Lernenden anhand von Videoaufnahmen. Es kam heraus, dass sich
dabei eine Gruppenkooperation beim Lernen ergab, die das DaF-Lernen beeinflusste.
Bremer und Tilmann (2014) untersuchten anhand des Projektes MOLE (Mobiles Lernen
in Hessen), welche Unterrichtszenarien mobile Endgeräte im schulischen Alltag
ermöglichen. (Das Projekt lief bis 2017 an sechs Schulen, siehe dazu
http://bit.ly/2hW1A8j, Abrufdatum 20.07.2017). In NRW werden bereits an vielen
Schulen Tablets verwendet (http://bit.ly/2uGlk1K, Abrufdatum 27.07.2017). Sie werden
mit einem Konzept namens Snappet bearbeitet (vgl. http://dasschultablet.de/lerninhalte/,
Abrufdatum 27.07.2017). Interessant an diesem Konzept ist, dass es auch spezielle
Lerninhalte für Deutsch als Zweitsprache anbietet. Nicht nur an Schulen, sondern auch an
Hochschulen und Universitäten werden Projekte entwickelt, wie etwa an der Leuphana
Universität Lüneburg. Hier wurden unter dem Namen LUDICALL zwischen 2013 und
2015 Fremdsprachen-Lern-Apps analysiert und die Ergebnisse auf der Web-Seite
veröffentlicht (vgl. http://ludicall.de/, Abrufdatum 20.07.2017). Dazu wurden
verschiedene Apps je nach Sprache, Kompetenzbereich, Lernniveau, System und
Zielgruppe aufgeteilt, die dazu dienen sollten, Lernern, Lehrern und Eltern eine
Möglichkeit zu geben, die passenden Apps für das digitale und mobile Lernen und Lehren
zu finden.
Obwohl die Studien kurzfristig ausgelegt sind, führt Aufenanger (vgl. 2017, S.
126) aus, dass die nationalen Tablet-Projekte in Deutschland erfolgreich eingesetzt
würden. Nicht nur in Deutschland, sondern weltweit ist ein ‚App-Boom‘ im
Klassenzimmer zu erwarten, der das Interesse didaktischer Forschungsbemühungen
weckt: Lehrpraxis und Forschung beeinflussen sich reziprok. Gleichwohl gibt es bis dato
keine bzw. nur wenige Belege dafür, ob Smartphones und Tablets zweckvoll im DaF-
oder generell Sprachunterricht angewendet werden können. Da dennoch bereits jetzt
diverse Apps im Klassenzimmer zum Einsatz kommen, sollen diese im Folgekapitel
ausführlich vorgestellt werden.
3 Der Einsatz von Apps im Fremdsprachenunterricht
Wann immer der fremdsprachliche Unterricht durch neu entwickelte Medien unterstützt
wurde, hat man dies als eine ‚Reform des Lernens‘ betrachtet: etwa die Sprachlabore, die
14
innerhalb der audiolingualen Methode als technische Hilfsmittel an Wert gewannen und
zur Mitte des 20. Jahrhunderts als Sensation beim Fremdsprachenlernen galten. Selbiges
galt auch, als Computer im Unterricht einen Platz einnahmen. Danach wurden Laptops
und Handys in unterrichtlichen Konzepten eingebaut. Diese Medien schienen, im
Vergleich zu ihren Vorgängern, unterschiedlich, da sie nicht ort- und zeitgebunden sind.
Radios, Kassetten, CD-Player, Aufnahmegeräte, Fotoapparate, Kameras, Videos und
andere technische Hilfsmittel werden immer noch an vielen Schulen im
Fremdsprachenunterricht benutzt. All diese und noch weitere Funktionen aber hat das
Unternehmen Apple in einem Gerät erstmals kombiniert.
Im Jahre 2007 hat Apple sein ausschlaggebendes Produkt ‚iPhone‘ vorgestellt, das unser
Leben verändert hat. Die Funktionen, die das Smartphone besitzt, haben dazu geführt,
dass die Nutzer ein Internet- bzw. Kommunikations-Gadget in der Hosentasche mit sich
führen. Danach wurden auch von anderen Firmen Smartphones hergestellt, die aber nicht
wie das iPhone das iOS Betriebssystem besitzen, sondern auf Android laufen. Durch diese
Erfindungen kann man schneller in Kontakt mit anderen Personen treten; sie sind leichter
als Laptops oder andere Geräte, die einen Internetzugang haben; sie sind mit einem
Touchscreen ausgestattet, der für Einsteiger als benutzerfreundlich empfunden wird; sie
spielen Musik ab oder unterstützen die Komposition eigener Musik; und man kann Spiele,
Filme und Videos anschauen bzw. selbst erstellen. An ihrem Bereicherungspotential für
den Unterricht kann somit kein Zweifel herrschen, allerdings unter der Voraussetzung,
dass sie von der Lehrerseite gut beherrscht und effizient in den Unterricht eingebettet
werden. Während Smartphones und Tablets gleichzeitig oft nicht mehr aus der Schule
wegzudenken sind, steht die Frage nach der konkreten Umsetzbarkeit im Raum.
In vielen Ländern werden die mobilen Endgeräte nicht im Curriculum miteinbezogen. So
ist es natürlich nicht einfach für die Lehrkraft, sie in den Unterricht einzuflechten.
Lehrkräfte sollten daher mit kleineren Lehr- und Lerneinheiten anfangen, die, sowohl für
die Lehrer als auch für die Schüler, leicht bearbeitet werden können. Dabei bieten sich in
allen Unterrichtsfächern Möglichkeiten des Einbezugs, bspw. im Mathematikunterricht.
Michael Herbig etwa benutzt die App Actionbound (https://de.actionbound.com/,
Abrufdatum 28.05.2017), die wie eine Schnitzeljagd funktioniert, in seinem Unterricht.
Er erstellt einen sog. ‚Mathebound‘ auf einer Webplattform und versucht das Thema –
den Umgang mit quadratischen Funktionen und Gleichungen – durch diese App
darzustellen (vgl. Thülen/Herbig/Knaus 2015, S. 23-25). Dies dient zur Wiederholung,
Festigung und zur aktiven Erarbeitung der Unterrichtseinheit (vgl. ebd., S. 23). Auch im
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Musikunterricht kommen Smartphones und Tablets bereits zum Einsatz. Der Musiklehrer
André Spang, der in der Kaiserin-Augusta Schule in Köln seinen Unterricht durch Apps
bereichert, hat Apps wie Garageband, Mediawiki, Audioboo, Soundcloud, iMovie und
Learning Apps benutzt (vgl. Spang 2015, S. 26f). Er hat seinen Schülern durch diese Apps
das Produzieren, Bearbeiten und Remixen von Musik beigebracht (vgl. ebd.). „Apps wie
diese geben einem das Gefühl, auch mal einen ultimativen Hit produzieren zu können“,
ist die Aussage einer seiner Schüler (ebd. S. 26). Das dabei durchschimmernde Gefühl,
etwas ‚selbst aktiv produzieren‘ zu können, ist eine der bedeutungsvollen Aspekte beim
Lernen. Die Schüler sollen durch die Apps nicht nur konsumieren, sondern rezipieren und
damit auch produzieren. Durch die ‚eigene‘ Produktion steigert sich auch die Motivation
der Schüler.
Auch in fremdsprachlichen Unterrichtskonzepten spielen Apps derzeit eine bedeutende
Rolle. Brunsmeier und Kolb (2016) haben in einem Englischunterricht erforscht, wie mit
der Story-App, Wörterbuch-App und mit der App Puppet Pals ein Unterrichtsszenario
bearbeitet wird. Dabei kam heraus, dass die Fünft- und Sechstklässler zu Mit-Autoren
von einer Märchengeschichte wurden. Sie haben dabei mit der ‚Digital Storytelling‘-
Methode mitbestimmen können, wie die Geschichte ‚Jack and the Beanstalk‘ weitergeht
und wie sie in die Gegenwart versetzt werden könnte (vgl. ebd. S. 12f). Mit Hilfe des
mobilen Endgeräts wird die „Erstellung von eigenen multimodalen Texten – Bildern,
Comics, Filmen, Tonaufnahmen und deren Kombination“ – erprobt, die „damit in einem
produktionsorientierten Literaturunterricht neue Akzente“ setzt (ebd., S. 13). Apps haben
also vielfältige Effekte auf das Sprachenlernen. Sie unterstützen nicht nur das
Sprachenlernen selbst, sondern haben auch Einfluss auf das Lernen der Literatur der
Zielsprache. Dasselbe gilt auch für Landeskunde und Kultur. Als landeskundliches
Beispiel lässt sich die App Stadt der Wörter anführen, die das Goethe-Institut entwickelt
hat (siehe dazu: https://www.goethe.de/de/spr/ueb/led.html, Abrufdatum 13.06.2017). In
dieser App müssen die Benutzer einen Avatar erstellen und dadurch virtuelle Städte in
Deutschland bereisen und neue Wörter lernen. „Im Rahmen des DaF-Unterrichts kann
diese App mit ihrem multimodalen Aufbau besonders für die Vermittlung
landeskundlichen Wissens eingesetzt werden“ (Falk 2015, S. 27). Auch die App
Lernabenteuer Deutsch – Das Geheimnis der Himmelsscheibe lädt auf eine
abenteuerliche Deutschlandreise ein, die für das Lernniveau A2 kreiert wurde.
Wie bereits ausgeführt heißt das aber nicht, dass, sobald man eine App im Unterricht
anwendet, diese auch zum methodisch-didaktischem Konzept passt. Die Lehrkraft sollte
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eine App nicht zum reinen Selbstzweck benutzen, viel eher sollte sie auch einen
didaktischen Mehrwert besitzen. „Ein vermehrter Einsatz von Technik allein stellt noch
keine Verbesserung der Lehre dar“, konstatierte Mattusch (1997, S. 122) bereits vor der
Dekade, in der das mobile Internet zur Selbstverständlichkeit aufstieg, und im Kontext
des Einsatzes neuer Medien im Unterricht insgesamt. Bestimmte Lernziele müssen
entwickelt werden, damit die Nutzung der mobilen Endgeräte im Unterricht auch Sinn
macht. Inhalt und Zusammenhang der mobilen Endgeräte müssen also mit dem Unterricht
verflochten sein. Aber wie? Lehrer klagen oft darüber, dass sie keine Zeit für digitale oder
mobile Medien haben, da das Curriculum überfüllt sei und man mit den Geräten mehr
Zeit verlöre. Dies ist natürlich nur dann der Fall, wenn das entsprechende Wissen über
mobile Endgeräte im Fremdsprachenunterricht fehlt. Nicht nur der technische, sondern
der sinnvolle Einsatz ist hier zu unterstreichen. Es nützt nichts, wenn der Lehrer z.B. ein
YouTube-Video auf dem Smartphone suchen und eventuell anhören lässt, nur um danach
wieder zum Kurs- und Arbeitsbuch zurückzugreifen. „Ihr Einsatz darf nicht zu einer
ziellosen Suche nach Materialien im Internet und einer ‚technischen Spielerei‘ zum
Zeitvertreib“ verkommen“ (Grimm/Hammer 2014, S. 4). Der Lehrer sollte daher etwa
keine Instagram-Fotos hochladen und dazu Fragen stellen, also auf einen didaktisch-
methodischen Mehrwert hoffen und Apps nur benutzen, weil es möglich ist. Er sollte
stattdessen auf die Zielsetzung achten und planen, was dabei gelehrt bzw. gelernt werden
kann. Bei mobilen Endgeräten scheint es besonders wichtig, dass kontextverbundenes
Lernen stattfindet.
Es gibt derzeit sehr viele Apps, die meines Erachtens gut in das methodisch-didaktische
Konzept eingebaut werden könnten. Es ist nur eine Frage der Kreativität des Lehrenden.
Der Aufbau des Unterrichts mit mobilen Endgeräten sollte keine Herausforderung sein,
aber auch nicht in den Hintergrund geschoben werden. Es gibt vielleicht nicht so viele
Apps, die in das DaF-Curriculum eingebaut werden können. Dies bedeutet aber nicht,
dass man Apps im Fremdsprachenunterricht nicht anwenden kann. Es gibt viele Apps, die
vielleicht nicht dem unterrichtlichen Konzept dienen, aber dennoch, je nachdem wie
kreativ Lehrer oder auch Schüler sind, angewendet werden können. „Das im
Musikunterricht angewendete GarageBand App kann man auch im
Fremdsprachenunterricht, zur Erstellung von Hörspielen und Dialogen oder Produktion
einer Filmmusik, anwenden“ (Grote/Kneißel 2015, S. 21). Auch kann man mit der Video-
und Kamera-App, die schon in den Betriebssystemen der Smartphones und Tablets
eingebaut ist, Kurzfilme, Gedichte, Märchenszenen und anderes aufnehmen und damit
17
den produktiven Sprachgebrauch fördern. Nicht nur die Sprache, sondern auch andere
Aspekte werden bei den Schülern erweckt, z.B. Motivation oder ein gewisser Spiel- und
Spaßfaktor, die dadurch das Lernen unterstützen und prägen. Zeyer und Bernhardt (2015)
haben an einem Kooperationsprojekt, das zwischen der Justus-Liebig-Universität Gießen
und dem Goethe-Institut München initiiert wurde, erforscht, welche Einflüsse eine
interaktiv animierte Grammatik-App auf die DaF-Lernenden nimmt. Es kam heraus, dass
durch die Interaktivität und die Übungsvielfalt der Animationen der Spaßfaktor bei den
Lernenden erhöht wurde:
Der App wird zudem ein Spaßfaktor zugesprochen, die sie nicht in erster Linie als
Lernmaterial, sondern als Spiel […] angesehen wird. […] manche haben nicht bemerkt,
dass sie etwas gelernt haben, aber am Schluss konnten sie feststellen bzw. von sich
behaupten, dass dies doch der Fall war“ (Zeyer/Bernhardt 2015, S. 65)
Deswegen wird in vielen Apps versucht, den Lernfaktor durch spielerische Elemente zu
unterstützen. Auch wenn keine spielerischen Einflüsse in einer App vorhanden sind,
können Lehrer durch den Einsatz im Unterricht diesen spielerisch gestalten und die
Lernenden motivieren. Es ist wichtig, dass sich auch die Lernenden dabei wohlfühlen und
bei der Nutzung der App mit einer hohen Motivation mitmachen.
With a mobile phone project, hesitant and uncommunicative students have the option of
creating their film in a non-threatening home or neighborhood environment where they feel
comfortable. With this experience and the help of rehearsals, students can get accustomed
to speaking or acting in front of an audience. Those students who are still embarrassed to
be in front of the camera can take more responsibility for writing the scripts and dialogues
and gradually take on minor roles until they feel more comfortable. (Şad 2008, S. 36)
Şad deutet daraufhin, dass mobile Endgeräte durch die Videokamera-App auch auf solche
Lernenden einen positiven Einfluss nehmen, die im Unterricht die neue Sprache nicht
gerne verwenden. Da man in solchen Apps vor- und zurückspulen, nicht in die Videos
oder Filme reinpassende Sätze löschen oder schneiden kann, haben die Schüler beim
Produzieren der fremden Sprache freiere Hand.
Auch ich habe in der privaten Grund- und Sekundarschule TED Samsun in der Türkei in
den Jahren 2011 bis 2015 im DaF-Unterricht diverse Apps benutzt. Da das Curriculum
mit vielen Themen überfüllt, aber das Interesse der Schüler zu ihren eigenen mobilen
Endgeräten sehr hoch war, habe ich den Einsatz dieser Medien in ein unterrichtliches
Konzept eingearbeitet. Bevor der Schultag jedoch anfing, mussten die Schüler immer ihre
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Smartphones und Tablets im Sekretariat abgeben, damit diese nicht die Konzentration im
den Unterricht stören.
5
Nach der Schule rannten die Schüler direkt zum Sekretariat, um
an ihre mobilen Geräte zu gelangen. Sie waren süchtig danach, und das vielleicht noch
mehr, weil es verboten war oder sie in ihre eigene private Welt ‚reinschlüpfen‘ wollten.
Sie haben sich mit Apps wie Instagram, WhatsApp, Facebook oder auch Snapchat
vergnügt und damit kommuniziert bzw. sich dadurch vernetzt.
Nachdem ich feststellte, dass dieses Verbot eigentlich zu einem positiven Nutzen
umgemünzt werden kann, habe ich versucht, jeden Monat einige Apps im Unterricht zu
benutzen. Obwohl ich auch der Generation der Digital Natives angehöre und stets mit
meinem Smartphone unterwegs bin, war das nicht so einfach, da man die methodisch-
didaktischen Aspekte mitbedenken muss. Daher habe ich jeden Monat eine App gesucht
und selbst erst angewendet, bevor ich sie in das Unterrichtskonzept einführte. Dafür war
zunächst die Erlaubnis von Eltern und Schuldirektoren notwendig. Danach habe ich das
Projekt APPetitlich Deutsch lernen gestartet. Jeden Monat wurde nur einmal eine App
verwendet. Am Anfang haben ich und meine Schüler einige Wörterbuch-Apps
heruntergeladen und in Gruppenarbeiten benutzt. Schnell wurde jedoch ersichtlich, dass
dieser Einsatz nur die digitale Version von einem Buch war, obgleich es gewisse Vorteile
mit sich brachte: z.B. die Geschwindigkeit, in der man ein Wort finden und via
Sprachfunktion anhören kann. Bei einem Wort ist es entscheidend, dass es richtig
übersetzt, definiert und grammatikalisch korrekt übertragen wird. Deswegen war die
Wahl der Wörterbuch-App sehr wichtig. Nicht zielführend ist es, wenn ein Schüler mit
Google Translate einen Satz wie Ich gehe gern ins Kino eintippt und die grammatisch wie
semantisch inkorrekte türkische Übersetzung *Ben sinemaya gidecek gibi erhält
(nachgeprüft am 11.06.2017).
Obwohl man auch mit Google Translate Wortschatzarbeiten mit dem Smartphone
bearbeiten kann, wie Harder (2014, S. 12) in ihrem Artikel beschreibt, kann man Beispiele
in verschiedene Sprachen übersetzen lassen und danach über den Satzbau des
Ausgangssatzes reflektieren und gemeinsam besprechen, welche Grenzen bestimmte
Internet- Apps haben. Für mich war es bedeutend, eine Wörterbuch-App zu wählen, die
auch mit Synonymen oder Bildern operiert, statt nur mit dem zielsprachlichen Wort. Nach
5
Verbote sind generell nicht hilfreich, wie man am Handy- bzw. Smartphone-Verbot an Bayerns Schulen
sehen kann. Sie haben keinen positiven Effekt. Viel eher reizt es die Schüler nur noch mehr, ihre
Smartphones zu benutzen (vgl. z.B. Melanie Staudinger: „Auch ohne Wisch ist alles weg“, sueddeutsche.de
vom 2.Juni 2017, http://bit.ly/2tAAzt7, Abrufdatum 15.06.2017).
19
einigen Schüler-Feedbacks habe ich auch soziale Medien mit in den Unterricht
eingebunden, was dazu geführt hat, dass die Medien auch zu Hause verwendet wurden;
z.B. für kreative Hausaufgaben oder Fotos und Videos hochladen, die man bearbeitet hat.
Auch wurde mit dem Einsatz des eTwinning Portals gearbeitet (vgl.
https://www.etwinning.net/de/pub/index.htm, Abrufdatum 11.06.2017). Ich konnte durch
dieses Portal Kontakt zu einer Schule (bzw. einem DaF-Lehrer und seinen Schülern)
herstellen und ein Projekt starten, mit dem man auch außerhalb des Unterrichts mit den
mobilen Endgeräten arbeiten konnte. Die Schule lag in Espoo (Finnland) und es wurde
ebenfalls Deutsch als Fremdsprache unterrichtet. Bezüglich des Sprachgebrauchs waren
die Schüler auf dem gleichen Niveaustand (A1). Nachdem ich mit dem Lehrer die
Planungen abgesprochen hatte, haben wir am 26.11.2014 mit dem Projekt begonnen und
jeden Monat versucht, zu den ausgewählten Themen etwas mit den Smartphones und
Tablets bzw. Apps zu kreieren.
Als Beispiel lässt sich die kostenlose App ChatterPix-Kids nennen (siehe
http://bit.ly/2un4A2d, Abrufdatum 11.06.2017). Durch diese App haben sich die Schüler,
die zwischen 11 und 12 Jahre alt waren, sprachlich durch bearbeitete Fotos geäußert. Das
Motto dieser App lautet ‚Make anything talk!‘. Sie ist eigentlich für jüngere Kinder
gedacht, aber sie kann in allen Altersgruppen eingesetzt werden, da selbst entschieden
wird, was man abfotografieren und ein-/besprechen lassen möchte. Also haben die
Schüler bspw. ihre Socken oder ihre Haustiere fotografisch festgehalten und diese durch
einen touch mit dem Finger Deutsch sprechen lassen. (Für einen Überblick des Portals
siehe Anhang 1, für den Screenshot einer Lernerin Anhang 2). Die Sprechzeit beträgt 30
Sekunden, was die Schüler motivierte, da sie annahmen, mit ihrem Sprachstand nicht so
viel erläutern oder sprechen zu können. Derlei Apps wurden zwar nicht konkret für den
DaF-Unterricht entwickelt, aber man kann viele immer wieder im unterrichtlichen
Konzept anwenden. Auch ist wichtig, in welchem Zusammenhang die Apps benutzt
werden. Im skizzierten Beispiel wurde die App in der Festigungsphase verwendet. Das
wichtigste dieser Zusammenarbeit war, dass sowohl die Lehrer als auch die Schüler
gegenseitig von ihren Ideen und ihrem technischen Wissen profitierten. Wir als Lehrer
waren nicht mehr die einzigen Wissensvermittler, sondern Mit-Lerner, die dasselbe wie
die Schüler im Unterricht bearbeiten mussten.
20
In digitalen Lern-/Lehrsettings arbeitet die Lehrkraft jedoch auf Augenhöhe mit den
Schülerinnen und Schülern zusammen und kann von diesen lernen […]. Lehrende und
Lernende agieren beide als Experten, ein wechselseitiger Kompetenztransfer ist somit
oftmals gegeben. (Schmidt/Strasser 2016, S. 5)
Wie Schmidt und Strasser andeuten, entsteht ein reziproker Transfer beim Lernen dessen,
wie man was bearbeiten kann. Lehrern muss dieses Potential und die damit einhergehende
relative Gleichrangigkeit bewusst sein: „We are living in interesting times, in which
teachers and learners must try to work together to understand how portable, wireless
technologies may best be used for learning“ (Kukulska-Hulme 2009, S. 161). Lehrer
haben die Chance, durch den gegenseitigen Informationsaustausch Apps in ihrem
Unterricht anzuwenden. Beim wechselseitigen Austausch sollten die methodisch-
didaktischen Werte des Unterrichts nicht im Hintergrund stehen. Mobile Endgeräte
sollten nicht nur als ein schnelles und einfach bedienbares Medium betrachtet werden,
das mit ein paar methodisch-didaktischen Mehrwerten den Unterricht schmückt, sondern
sie sollten dazu dienen, neue Lernwege zu schaffen. „Denn dieser Mehrwert besteht
häufig gerade nicht (nur) darin, altbekannte Ziele schneller oder einfacher zu erreichen,
sondern vielmehr darin, völlig neue Zieldimensionen erstmals zu eröffnen“ (Krommer
2014, S. 339).
Ein anderes Beispiel für den Einsatz mobiler Endgeräte im DaF-Unterricht liefern Anand
und Mitra (2017, S. 19-25), die in Indien mit großen Schulklassen gearbeitet haben. Sie
hatten die Intention, dass alle Schüler im Unterricht teilnehmen und sich auch auf Deutsch
ausdrücken bzw. Deutsch lernen. Anhand der mobilen Endgeräte haben sie mit
verschiedenen Apps Gruppenarbeiten durchführen lassen. Die Lehrkräfte haben bemerkt,
dass die Jugendlichen nach einer kurzen Zeit zur Müdigkeit tendieren und
unkonzentrierter werden. Damit die Aufmerksamkeit wiedererweckt wird, haben sie
beschlossen, mit den Smartphones und Tablets im Unterricht zu arbeiten. Eine von den
Apps, die sie benutzt haben, ist Socrative (vgl. www.socrative.com/, Abrufdatum
11.06.2017). Durch diese kostenlose App hat man versucht, müde Lernende zu
motivieren und dadurch auch das Schreiben und Lesen in der Zielsprache zu fördern.
Diese App kann man leicht in den Unterricht einbetten: Die Lehrenden können Fragen
erstellen und zeitnah auf die Antworten reagieren. Sie können einen direkten Zugang
während des Unterrichts erstellen und nach der Beantwortung ein schnelles Feedback
geben. Durch Socrative kann man Multiple-Choice-, Richtig-oder-Falsch-Aufgaben und
Aufgaben mit kurzen offenen Antworten anfertigen. Auch Umfragen, Ratespiele und
21
Tests können in den Unterricht integriert werden. Am Ende kann man sehen, wer was in
wie viel Minuten beantwortet hat. Es entsteht zugleich eine Statistik oder eine Skala, wer
wie viel Prozent der Aufgaben gelöst hat. Da die Aufgaben auch individuell bearbeitet
werden und die Schüler sich selbst Spitznamen geben können, führt diese Statistik nicht
zu Frust oder Angst vor dem direkten Vergleich beim Lernen. Auch können die
Lehrkräfte die am Ende automatisch in einer Skala erscheinenden Ergebnisse in den
Einstellungen verbergen bzw. anonym stellen (vgl. dazu den User-Guide der App:
http://bit.ly/2v0wbnV, Abrufdatum 11.06.2017). Die Lehrer können die Statistiken
geheim halten und individuell die Antworten bzw. Ergebnisse mit den Schülern
diskutieren. Da im Unterricht zeitnah und unter hoher Aufmerksamkeit gearbeitet werden
muss, erhöht dies das Wettbewerbsgefühl. Die Lehrer haben auch die App Piccolage
benutzt, durch die Materialaufwand und -kosten verringert werden. Die Lernenden haben
mehrere Fotos gemacht, sie danach mit der App mit deutschen Wörtern versehen und
diese auf der Pasch-Net-Community Web-Seite hochgeladen, wo sie mit ihren
Mitschülern auf die Poster reagieren bzw. diese kommentieren konnten. Anand und Mitra
lassen jedoch offen, inwieweit unter den Mitschülern in der Zielsprache gesprochen wird.
Natürlich haben solche Apps einen Einfluss auf das Lernen: Sie erhöhen die Motivation,
bringen Abwechslung, ersetzen Frontalunterricht und es macht Spaß, etwas selbst
herzustellen. Allerdings werden solche Apps fast nur zur Festigung des bereits gelernten
Stoffes angewendet. Dennoch handelt es sich um eine Bereicherung des Unterrichts, da
man Zeitaufwand und Materialkosten begrenzt. An dieser Stelle ist es wichtig zu
erwähnen, dass viele Apps nicht nach dem Geschmack der Schüler sind, „[d]enn auch der
Unterricht mit den technischen Neuerungen muss an den Lernenden, ihren Interessen und
ihren zu erwerbenden Kompetenzen für die Wissensgesellschaft ausgerichtet sein“
(Grimm/Hammer 2014, S. 2).
Auch darf nicht vergessen werden, dass Apps verschiedene Lernertypen unterschiedlich
beeinflussen. Durch die multifunktionalen Eigenschaften der Apps werden verschiedene
Fähigkeiten der Lernenden angesprochen. Lerner z.B., die sich mit Visualisierung Wörter
oder Sätze merken, die durch das Hören eines Liedes besser verstehen, die durch das
Lesen eines Textes oder selbst erstellte Notizen oder durch das Aufnehmen ihrer Stimme
produktiver sind, haben alle gleichzeitig die Möglichkeit, entsprechend anhand eines
Gerätes zu arbeiten.
Obwohl ich der Meinung bin, dass Lerner nicht in bestimmte Kategorien eingeordnet
werden sollten, verfügen sie dennoch über Eigenschaften, mit denen sie bessere bzw.
22
effektivere Lernergebnisse erzielen können. Im Endeffekt lernt jedes Individuum anders.
Dennoch wurden (und werden) Lerner bestimmten Profilen zugeordnet.
6
Lernende, die
durch Hören und Sehen besser lernen, könnten etwa als audiovisuell kategorisiert werden.
Gardner (vgl. 1983) hat mit seiner Theorie der ‚multiplen Intelligenz‘ Lerner bestimmten
Gruppen zugeteilt. Er hat zum Verständnis beigetragen, dass Lerner diverse Fähigkeiten
und ‚Intelligenzen‘ besitzen, wie z.B. die sprachlich-linguistische, die musikalisch-
rhythmische, die bildlich-räumliche oder auch die körperlich-kinästhetische Intelligenz.
Solche Einteilungen können die Kreativität der Lerner beeinträchtigen. Natürlich gibt es
Lerner, die z.B. überwiegend durch Musik und Rhythmus lernen. Aber sie können auch
weitere Fähigkeiten mitbringen. Man sollte ihnen durch solche Beschreibungen kein
Etikett anheften, sondern ihnen zeigen, dass es beim Lernen viele Strategien gibt. Sie
sollen sich nicht eingegrenzt fühlen und selbst herausfinden, durch welche Lernfaktoren
sie besser und effektiver arbeiten können. Jeder verarbeitet die erworbenen Informationen
anders. Viele lernen gerne mit traditionellen Materialien, aber sie blenden gerne auch
digitalen Medien ein. So gab es in meiner DaF-Klasse Teilnehmer, die mit einer App
Wörter, Bilder oder auch kurze Videos gesucht haben, diese auf Papier schrieben und
danach in ihre Mappen eingeheftet haben. Sie blätterten hin und wieder zu den selbst
geschrieben Daten zurück. Deswegen sollte man als Lehrkraft den Faktor der
Lernervariablen immer im Hinterkopf behalten.
Apps – und das ist in diesem Zusammenhang entscheidend – unterstützen viele Sensoren
der Lerner. Bilder/Fotos, Videos/Filme, Musik, das Schreiben von Notizen,
Selbstbearbeitungen usw. führen dazu, dass man mit einem Gerät viele Lernkanäle der
Lernenden parallel ansprechen kann.
3.1 Positive und negative Aspekte des ‚Bring Your Own Device‘-Ansatzes
im Fremdsprachenunterricht
An vielen Schulen gibt es seit einigen Jahren Computerräume, die leider nicht immer
optimal genutzt werden. Sie wurden erstellt, damit schneller, effektiver und produktiver
gelernt wird. Aber sie stellen teils keine Lösungen, sondern Probleme dar. Technische
Schwierigkeiten führen dazu, dass immer wieder der geplante Unterricht abgebrochen
werden muss. Sich nicht starten lassende Computer oder von Schülern vorbereitete
6
In diesem Abschnitt flossen einige Gedanken aus meiner unveröffentlichten Projektarbeit ‚Autonomes
Lernen. Die Förderung des autonomen Lernens im DaF-Unterricht‘ (Wintersemester 2016/17, JLU Gießen,
Betreuer: Prof. Dr. Dietmar Rösler) ein.
23
Präsentationen, die sich nicht öffnen lassen, weil Softwareinstallationen fehlen, sind
hierfür beispielhaft (vgl. z.B. Krommer 2014, S. 337). Derlei Kleinigkeiten kosten Geduld
und Energie. Lehrkräfte können die geplanten Unterrichtszenarien nicht umsetzen,
weshalb sowohl bei ihnen als auch bei den Schülern eine demotivierende Stimmung
entsteht, ergo genau das Gegenteil dessen, was der Einsatz solcher Geräte eigentlich
bewirken sollte. Mit dem ‚Bring Your Own Device‘-Ansatz (BYOD) wird versucht, diese
negativen Einflüsse fernzuhalten. Bei diesem Ansatz bringen die Schüler ihre eigenen
Smartphones und Tablets mit in den Unterricht. Da sie ihre eigenen digitalen und mobilen
Endgeräte kompetent bedienen, fällt es ihnen leichter sie zu benutzen und im Unterricht
anzuwenden. Dies ist jedoch nur einer von mehreren Vorteilen. Zunächst ist es eine große
Erleichterung für die Lehrer und auch für die Schüler, da das Hochfahren des Rechners
und etwaige Zusatzinstallationen entfallen. Auch kann durch den BYOD-Einsatz den
Schülern eine große Wahlfreiheit im Unterricht zugesprochen werden. Auch für das
Schulsystem stellt es eine potentielle Bereicherung dar, weil keine Anschaffungskosten
anfallen. Der gegebenenfalls wichtigste Punkt ist jedoch, dass in der Schule der Zugang
zum WiFi möglich wird, so ist es ohne Schwierigkeiten durchführbar, mobile Endgeräte
zu benutzen.
Ein negativer Aspekt des BYOD-Ansatzes ist, dass nicht jeder Schüler ein Smartphone
oder Tablet besitzt. „Bei einigen Schülern ist dies möglicherweise nicht der Fall, entweder
aus finanziellen Gründen oder aufgrund von pädagogischen Entscheidungen der Eltern“
(Biebighäuser 2015, S. 6). In solchen Fällen versuchen die Lehrkräfte Schüler, die keine
mobilen Endgeräte besitzen, durch Partner- oder Gruppenarbeiten in den Unterricht zu
integrieren. Doch auch dies kann Nachteile haben, da Schüler, die kein Smartphone oder
Tablet besitzen, manchmal als Außenseiter stigmatisiert werden. In solchen Fällen
ergeben sich mitunter weitere Probleme. Trüby (2015) etwa hat in interkulturellen
Sprachfördercamps den Einsatz mobiler Endgeräte empirisch anhand jugendlicher Camp-
Teilnehmer erforscht. Er kam zwar zu dem Schluss, dass dieser einen hohen
Motivationseffekt und großes Interesse bei den Jugendlichen geweckt habe. Aber er erläutert
auch, dass beim Einsatz der mobilen Endgeräte diverse Probleme auftraten:
Auf der Ebene von Lerneffizienz stehen Aspekte wie durch das Tablet ausgelöste
Verständigungsprobleme, Hindernisse durch den Tablet-Einsatz, technische (Rück-)Fragen,
mögliche Ablenkungen, aufkommender Streit, der aus dem Tablet-Einsatz resultiert, sowie
technische Probleme im Fokus der Ergebnisdarstellung (Trüby 2015, S. 4).
24
Nicht nur aufkommender Streit, sondern auch die ‚Angeberei‘ der Jugendlichen ist hier
zu nennen. Viele Schüler bringen gerne die neuesten Endgeräte mit in die Schule, um
ihren Mitschülern zu zeigen, dass sie die aktuellsten und besten Waren besitzen. Dieser
Aspekt sollte ernst genommen werden, da Medien auch soziale Ungleichheiten erhöhen
können (vgl. Kutscher 2015, S. 40). Man kann den Schülern natürlich nicht verbieten,
beim BYOD-Ansatz ihre neusten Endgeräte mitzubringen. Dennoch ist es die Aufgabe
des Lehrers, medienpädagogische Faktoren in den Unterricht einzubringen und einige
Themen diskutieren zu lassen, die die Schüler zum Nachdenken bringen können.
Der Lehrer Nico Schneider (2016, S. 25-28) beschreibt, dass man mit den
mitgebrachten Geräten auch Aktivitäten mit Grundschulkindern durchführen kann. Er
schränkt jedoch ein, dass man sich nicht zu hundert Prozent auf die schülereigenen Geräte
verlassen kann, weil sich die Zahl der mitgebrachten Geräte jede Woche ändert. Auch
möchte die Schule finanziell bedürftige Familien nicht benachteiligen (vgl. ebd., S. 28).
Darüber hinaus muss sich ein Lehrer im Klaren sein, dass er nicht nur für den
medienpädagogischen und didaktisch-methodischen Einsatz der Geräte zuständig ist,
sondern auch für die technische Heterogenität (vgl. Golla/Kurtz 2016, S. 60). Das
bedeutet, dass diese Geräte bewusst und mit ausreichend Hintergrundwissen im
Unterricht eingesetzt werden sollten, da sie sich durch Betriebssysteme und viele andere
Aspekte unterscheiden können.
An der Justus-Liebig-Universität Gießen wurden im Sommersemester 2016 im Seminar
‚Ap(p)ropos mobile – Smartphones und Tablets im DaF-Unterricht‘ einige Projekte
vorgestellt, die den Einsatz mobiler Endgeräte im Präsenzunterricht beinhalteten. In
meiner Gruppe kam es dazu, dass ich das Betriebssystem iOS auf meinem Smartphone
hatte, die anderen jedoch Android. Wir konnten deswegen nicht dieselbe App
(ChatterPix-Kids) herunterladen, da einige nur in einem der beiden Betriebssysteme
vorhanden waren. Eine Studentin versuchte via Web-Browser zu arbeiten, doch gab es
die Web-Form dieser App damals noch nicht. Erst durch einige Recherchen kamen wir
darauf, dass es ähnliche Apps gibt, bspw. iFunFace, die sowohl mit iOS als auch mit
Android laufen. Visuell sahen sie nicht gleich aus, aber dennoch hatten sie die gleichen
inhaltlichen Funktionen. Golla und Kurtz (2016, S. 59–63) erwähnen in ihrem Artikel,
dass es ein wichtiger Punkt ist, solche Szenarien zu beachten. Wichtig ist daher auch eine
Kategorisierung von Apps. Budiu (2013, Onlinepublikation) etwa unterscheidet native
Apps, Web-Apps und hybride Apps.
25
Native Apps werden für spezielle Betriebssysteme wie iOS oder Android
entwickelt. Man kann sie nur von Application-Stores wie Google Play oder Apple Store
herunterladen. Auch können native Apps auf die Eigenschaften der Geräte zugreifen. Dies
umfasst persönliche Daten des Anwenders, etwa die Kontaktliste oder Fotos und Videos.
Web-Apps sind hingegen Apps, die durch einen Browser ausgeführt werden. Oft werden
sie mit HTML5 aufgerufen. Da immer mehr Websites HTML5 verwenden, ist die
Unterscheidung zwischen Web-Apps und regulären Webseiten unscharf. Hybride Apps
hingegen ermöglichen die Kombination der beiden zuvor genannten Arten. Wie die
nativen Apps kann man sie im App Store herunterladen, jedoch sind die technischen
Eigenschaften beschränkter als in der nativen App. Dafür sind sie günstiger und einfacher
in der Anwendung, da sie durch einen Code in vielen verschiedenen mobilen
Betriebssystemen verwendbar sind.
Dieses Wissen um die Kategorisierung von Apps ist wichtig, da die Lehrer bei der
Anwendung im Unterricht technische Probleme vermeiden können. Wo man was
herunterladen kann und ob man es aus allen Web-Browsern und Apps aus bearbeiten
kann, ist auch ein Teil bei der Nutzung der Apps im Unterrichtskonzept. Nicht
unterschlagen werden darf, dass sich durch die Zugriffe der Apps auf die persönlichen
Daten Probleme entwickeln können. Jeder Lehrer muss sich bewusst sein, dass durch die
Anmeldung private Angaben der Schüler weitergegeben werden. Es gehört deswegen
zum grundsätzlichen Planungsaufbau des BYOD-Ansatzes (und auch bei der Nutzung
von Apps im Unterricht generell), dass man dies mit dem Schulrat und den Eltern
besprechen und eine Erlaubnis von den Bezugspersonen der Schüler einholen muss, um
juristische Verfahren zu vermeiden.
Es ist auch in der Diskussion, dass viele Apps eigentlich Altersbeschränkungen
haben, aber dennoch im Unterricht benutzt werden. Als Beispiel wäre hier Facebook zu
nennen. Kinder unter 13 Jahren dürfen eigentlich keinen Account eröffnen. In Spanien
und Südkorea liegt die Altersgrenze bei 14 (vgl. die Facebook Foren-Seite
http://bit.ly/2tTJbLV, Abrufdatum 17.06.2017). Diesen Faktor muss ein Lehrer
berücksichtigen, da ansonsten juristische Probleme für den Lehrer, aber auch für die
Schulverwaltung und die Schüler entstehen könnten. Solche Gesetze sind stets zu
beachten.
Der BYOD-Ansatz vereint im Bereich der Mediennutzung im Klassenzimmer eine
Reihe positiver Aspekte. Die Endgeräte passen in jede Hosentasche und erfordern (wie
bereits ausgeführt) keine Extrakompetenzen in der Handhabung, da die Schüler ihr Gerät
26
bereits kennen. Lehrer aber müssen auf die skizzierten Gefahren achten. Ein weiterer
Aspekt ist, dass die Lehrer die Apps vor den Schülern im Unterricht angewendet haben
sollten, um diese zu prüfen: Da diverse Apps kostenlos und deswegen
marketingunterstützt sind, wird in den Apps Werbung angezeigt, die manchmal zu
anderen Apps weiterleitet und nichts mit dem Unterrichtskonzept zu tun hat. So besteht
das Risiko, dass sie ansonsten auf für Minderjährige unangemessene Seiten weitergeleitet
werden: „Das Verlassen des Schutzraums Klassenzimmer muss im Unterricht begleitet
werden von einer Reflexion der Arbeitsweisen und einer Stärkung von
Medienkompetenz“ (Rösler 2010, S. 288).
Hinzu kommen kritische Stimmen wie die von Spitzer (vgl. 2012, S. 18-23), der
postuliert, dass die digitalen und sozialen Medien Kinder und Jugendliche verdummen
und zu einer Sucht führen. Es kommt jedoch darauf an, wie Sucht definiert wird. Für
manche ist eine Stunde pro Tag im Internet zu surfen schon eine Sucht, andere sehen
Suchtpotenzial erst durch das permanente ‚Starren aufs Smartphone und Nachrichten
senden‘ gegeben. Für die jüngere Generation jedoch ist dies keine Sucht, sondern ein
Alltagsmedium, das immer gebraucht wird. In einem weiteren Buch von Spitzer
(Cyberkrank!: Wie das digitalisierte Leben unsere Gesundheit ruiniert, 2015) erläutert er
auch die gesundheitlichen Schäden des digitalen und sozialen Medienkonsums. Solche
negativen Einstellungen führen dazu, dass die digitalen Medien schlecht dargestellt
werden. Wenn das Bildungssystem mit den Schulen und Lehrern systematisch und
geplant kooperiert und das Curriculum so aufbaut, dass gesundheitliche Schäden durch
die mobilen Endgeräte nicht entstehen, würden negative Kommentare nicht auftauchen.
Auch die psychischen Effekte digitaler Medien werden erforscht. Im englischen
Projekt Ditch the Label (2017) etwa wurden über 10.000 Jugendliche im Alter von 12 bis
20 Jahren in Kooperation mit Schulen und Hochschulen aus dem ganzen Land unter der
Frage: ‚How addicted are you?‘ geforscht. Ziel war es, Gründe für den Stand der neuesten
Mobbing-Statistiken zu finden (vgl. http://bit.ly/2vHL65C, Abrufdatum 21.07.2017). Sie
kamen zu dem Ergebnis, dass viele jüngere Personen gemobbt werden oder wurde.
Angaben wie im Unterabschnitt „Being Bullied“ (ebd., S. 13) sind deswegen weniger
überraschend, da mehr als die Hälfte der Befragten schon Mal gemobbt wurden. Auf die
Frage (ebd. S. 16) “From those who were bullied within the past year... What kind of
impact did the bullying have on you?” gaben 37% der Jugendlichen an, dass sich bei ihnen
eine soziale Angst entwickelt hat, bei 36% entwickelten sich Depressionen, 24% machten
sich Gedanken über Selbstmord und 23% haben sich selbst geschädigt (ebd.). Es gab
27
mehrere negative Antworten auf diese Frage. Im Endeffekt ergab sich aus diesem Projekt,
dass digitale und soziale Medien einen sehr großen psychischen Einfluss auf die
Jugendlichen haben. Es ist daher eine Sache der vernünftigen medialen Berichterstattung
und/oder der Kooperation zwischen Eltern bzw. Bezugspersonen und der Schule,
Aufklärung über soziale Medien zu betreiben, damit Mobbing verringert wird. Auch ist
es wichtig, dass Umgehen mit Hate-Speech zu lernen. Schließlich gibt es dies nicht nur
online, sondern auch im realen Leben.
3.2 Formelles oder informelles Lernen im Unterricht?
Formelles (bzw. formales) Lernen wird mit dem obligatorischen Bildungssystem, das
informelle Lernen hingegen mit den außerschulischen Bildungsinstituten verbunden. Der
amerikanische Erziehungswissenschaftler John Dewey hat als erster den Begriff des
informellen Lernens Anfang des 20. Jahrhunderts verwendet und vertrat die Ansicht, dass
es der „Hintergrund der formalen Bildung sei“ (vgl. Overwien 2016, S. 41f). Mit der
außerschulischen Erwachsenenbildung bekam der Begriff einen neuen
Verwendungskontext in der Weiterbildung. Das informelle Lernen wird im 21.
Jahrhundert nicht mehr durch die außerschulischen Institute gelehrt, sondern auch mit den
Medien, die man bei sich trägt. Diese mobilen Medien aber haben den Vorteil, dass man
sie nicht nur in informellen Situationen verwendet, sondern auch in formellen, etwa
schulischen Kontexten benutzen kann. Durch den BYOD-Ansatz entwickelt sich nicht
nur die Lernsituation im Unterricht weiter, sondern auch der Lernraum: „In numerous
situations, the mobile device acts as a bridge between different sites of learning, some of
which are ‚formal‘ whilst others are more ‚informal‘” (Kukulska-Hulme 2009, S. 161).
Der Lehr- und Lernraum ist nicht mehr das traditionelle Klassenzimmer, sondern findet
aufgrund von Smartphones und Tablets auch in informellen Situationen statt. Das
bedeutet, dass man überall einen Lernanschluss hat; ein Lernanschluss, der mit dem
Internet verbunden sein muss.
In einer Mitteilung der Europäischen Kommission (2001, S. 33, vgl.
http://bit.ly/2bJhInQ, Abrufdatum 20.07.2017) werden einige Termini inklusive des
formalen und informellen Lernens definiert:
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Formales Lernen
Lernen, das üblicherweise in einer Bildungs- oder Ausbildungseinrichtung stattfindet, (in
Bezug auf Lernziele, Lernzeit oder Lernförderung) strukturiert ist und zur Zertifizierung
führt. Formales Lernen ist aus der Sicht des Lernenden zielgerichtet.
Informelles Lernen
Lernen, das im Alltag, am Arbeitsplatz, im Familienkreis oder in der Freizeit stattfindet. Es
ist (in Bezug auf Lernziele, Lernzeit oder Lernförderung) nicht strukturiert und führt
üblicherweise nicht zur Zertifizierung. Informelles Lernen kann zielgerichtet sein, ist
jedoch in den meisten Fällen nichtintentional (oder „inzidentell“/beiläufig).
Die (Nicht-)Zertifizierung spielt im formalen und informellen Lernen eine entscheidende
Rolle, da man bei einer formalen Lernumgebung an eine Einrichtung bzw. Schule
gebunden ist und am Ende eine Zertifizierung bzw. einen Leistungsnachweis (etwa ein
Zeugnis) bekommt. Beim informellen Lernen ist dies gegenteilig. Wie in der obigen
Definition beschrieben, wird beim informellen Lernen überall und zeitunabhängig
gelernt.
Lahaie (1995, S. 23) weist darauf hin, dass beim selbstgesteuerten Lernen die
Lernenden mehr oder weniger ‘Eigenverantwortung, für ihren Lernprozess übernehmen.
Informelles Lernen kann für Lerner wie eine Befreiung vom Klassenzimmer und von den
Regeln und Lehrstilen des Lehrers wirken. Die Lerner sind beim informellen Lernen ihr
eigener ‚Boss‘. Sie entscheiden, salopp gesagt, wo es langgeht. Negativ ist nun aber, dass
die Lerner im Lernprozess nicht begleitet werden, unkontrolliert vorgehen und den
Prozess womöglich verschieben. Eine Kontrolle von außen (ergo von der Lehrkraft) wirkt
sich auf die Lerndisziplin aus. Die App DuoLingo bspw. wird von vielen Personen
benutzt, die eine Sprache lernen möchten. Da sie aber kostenlos ist, fühlt man sich nicht
gezwungen, um zu lernen. Die Frage ist, ob man die beiden Komponenten des informellen
und formellen Lernens nicht so in den Unterricht einbringen kann, dass die Schüler im
Unterricht selbstgestalterisch vorgehen und dennoch den Lehrer als Lernberater bei sich
haben. Durch die Unterstützung des Lernberaters kann der Lernprozess erfolgreicher
gestaltet werden, da die Lehrer den Schülern einen Weg zeigen, wie sie produktiver
vorgehen können.
29
4 Lernerfolg durch Apps?
Es ist müßig zu diskutieren, ob Apps zu einem signifikanten Lernerfolg führen, da dies
ein junges Forschungsfeld ist und „bislang keinerlei Studien [vorliegen], die den
Zusammenhang einer Nutzung von Tablets im Unterricht und dem Lernerfolg
untersuchen“ (Scheiter 2015, S. 55). Ich möchte viel eher erläutern, dass durch das Lernen
mit Apps im Unterricht Lerner bis zu einem unbestimmten Grad gefördert werden können
und ihnen gezeigt werden kann, dass es auch andere Lernweisen gibt, die sie beim Lernen
unterstützen und sogar zu einem Fortschritt beim Sprachenlernen führen können. Damit
bilden die Lernenden zugleich einen weiteren Lernstil aus, was einen wichtigen Aspekt
im gesamten Lernprozess darstellt.
Lernstil ist ebenfalls ein Begriff, der von Wissenschaftlern aus unterschiedlichen
Perspektiven interpretiert wurde (vgl. z.B. Aguado/Riemer 2010; Grotjahn 2003). Es ist
im Unterricht daher wichtig, dass der Lehrer weiß, mit welchen Lernstilen seine Schüler
besser lernen können oder wie ihr Lernprozess unterstützt werden kann. Alle Lerner
haben individuelle Lernstile. Dabei muss unterstrichen werden, dass diese nicht mit
Methoden verwechselt werden dürfen und Lerner nicht immer einem bestimmen Lernstil
zuzuordnen sind. Die Lehr- und Lernstile haben im Unterricht eine enorme Bedeutung,
da sie den Lernern zeigen, welche Stile ihnen beim Lernen Spaß bereiten können. Dieser
Spaßfaktor hat dann einen entsprechenden Einfluss auf das erfolgreiche Lernen: „For
optimal language progress, language instructors need to understand their students'
learning styles and the cultural and crosscultural influences that help shape those styles”
(Oxford/Anderson 1995, S. 201). Dieser Aussage stimme ich einerseits zu, da die
kulturellen Einflüsse beim Lernprozess einen wichtigen Aspekt darstellen, worauf ich an
dieser Stelle jedoch nicht weiter eingehen möchte. Auf der anderen Seite aber finde ich
es interessant, dass man für einen optimalen Sprachfortschritt die Lernstile der Schüler
begreifen muss. Die Frage sollte daher eher lauten, wie man den Lernstil von Schülern
erkennen kann?
Dabei handelt es sich um ein komplexes Unterfangen, da jedes Individuum von
vielen Faktoren beeinflusst wird. Die Lernumgebung, der Lernort, das Lerninstrument,
die psychische Konstitution des Lernenden und viele andere Aspekte spielen beim Lernen
und dadurch auch beim Lernstil eine Rolle. Und auch wenn ein Lehrer es schafft, die
Lernstile seiner Schüler einzukreisen, würde deren Lernstil nicht stabil bleiben, da sich
die Psyche der Lernenden durch die angerissenen Faktoren ändern kann. Trotzdem
30
verfügen Lernstile über die Möglichkeit, bestimmte Alternativen im Sprachunterricht
anzubieten. Lerner verwenden Lernstile, die ihnen gefallen. Lehrer hingegen sollten die
Lerner dabei unterstützen und ihnen wie ein Wegweiser aufzeigen, durch welche Lernstile
oder -strategien sie effektiver lernen können. Sie sind wie eine zusätzliche ‚Option‘ beim
Lernen und schaffen neue Lernwege. „Lernende kommen nicht als tabula rasa in den
Fremdsprachenunterricht, sie bringen vielmehr ihren Lerntyp, ihren Lernstil, ihre
Lernerfahrungen und damit auch ihre Lernstrategien in den Lernprozess ein“
(Aguado/Riemer 2010, S. 850).
Es gibt des Weiteren Lehrer, die gute Erfahrungen mit ihrem eigenen Lernstil
gemacht haben und diesen ihren Schülern beibringen möchten. Dies ist klärungsbedürftig:
„Bevorzugt z.B. ein Lehrer, weil er selbst ein visueller Lerntyp ist, einen visuellen
Lehrstil, kann dies im Fall eines primär auditiven Lernens zu Lehr-Lernstil-Konflikten
und hieraus resultierendem Lernschwierigkeiten führen […]“ (Grotjahn 2003, S. 330).
Daraus würden nicht nur Lernschwierigkeiten resultieren, sondern auch große Lehrlücken
des Lehrers (vgl. ebd.). Lehrer müssen offen gegenüber dem Lernprozess der Lerner sein.
Nur durch ein paar Lernstile allein kann das Lernen nicht gefördert werden. „Hören,
sehen, lesen, schreiben, sprechen, malen, schneiden, kleben, Stille und Geräusche – je
mehr Variation, desto größer die Chance, dass unterschiedliche Lerntypen lust- und
sinnvoll zum Zuge kommen“ (Raths 2002, S. 25).
Lehrer müssen Wahrnehmungskanäle der Lerner durch die Gesamtheit der Lehr-
Lernstile eröffnen können. Hierbei ist es wichtig, dass das Interesse erweckt wird, da
Lernstile mit Aspekten wie Interesse und Spaß verbunden sind. Lernstile erwecken
entweder Interesse am Lernen oder nicht. Tun sie es, so kommt der Spaßfaktor ins Spiel,
was wiederum einen positiven Einfluss auf das Lernen hat. Hierbei liegt, wie innerhalb
dieses Beitrags ausgeführt, zurzeit der Fokus auf Smartphones und Tablets. Durch die
mobilen Endgeräte wird ein neuer ‚digitaler‘ Lernstil für die jüngere Generation
entworfen.
Einer der wichtigsten Faktoren beim Lernen mit Smartphones und Tablets ist die
Motivation. Wenn ein Lehrer durch extrinsische Motivierung seine Schüler fühlen lässt
und durch intrinsische Motivierung in Bewegung bringt, dass mit Apps effektiv gelernt
werden kann, kann dies die Kreativität beflügeln und Spaß am Lernen stiften. (Vgl. zu
den Termini extrinsisch und intrinsisch z.B. Riemer 2010, S. 170.) Dies würde zu einem
weiteren Schritt in Richtung ‚Lernerfolg mit Apps‘ führen. Ungeplanter Unterricht und
31
auch unsympathische Lehrkräfte würden die Schüler keineswegs motivieren. Auch
Emotionen haben einen Einfluss auf die Motivierung beim Lernen. Wenn Schüler positiv
motiviert werden, entwickeln sie keine Angst vor dem Fremdsprachenunterricht. Sie
trauen sich mehr in der Zielsprache zu sprechen oder zu schreiben und machen bei allen
Aktivitäten mit, auch wenn nicht alle Sprachproduktionen sofort ‚richtig‘ sind:
Wenn der angebotene Input den Lernenden interessiert und sein Inneres anrührt, steigert
sich unvermeidlich seine Sprechbereitschaft. Je mehr sich der Lernende emotional
angesprochen fühlt, desto eher vergisst er beim Sprechen seine Ängste und Hemmungen
und desto größere Chancen hat er, aus dem Teufelskreis der Angsterzeugung
herauszukommen. (Süleymanova 2011, S. 57)
Lehrer haben daher einen sehr großen Effekt auf den Lernerfolg ihrer Schüler. Sie sind
die Schlüsselperson, die ihnen den Weg zur Motivierung zeigt. „In effect, everything
teachers say or do and how they communicate and behave in the classroom may
potentially influence student motivation in different ways” (Dörnyei/Ushioda 2011, S.
28f). Natürlich gibt es auch Schüler, die langsamer lernen oder die sich nicht für
Fremdsprachenlernen interessieren. Lehrer aber können mit ‚verlockenden‘ Ideen die
Schüler an den Unterricht fesseln. Lehrer sollten ein Gefühl für Entertainment besitzen,
da dies mit Motivierung und dadurch auch mit dem Lernerfolg einhergeht. Damit ist nicht
gemeint, dass die Lehrer ihre Schüler unentwegt zum Lachen bringen sollen. Ich bin nur
der Meinung, dass ein Lehrer in den 40 bis 45 Minuten ein paar Unterhaltungskünste
zeigen darf, um dadurch seine Schüler zu motivieren. Diese Unterhaltung kann durch
Apps relativ leicht in den Unterricht eingebaut werden. Auch ohne eigene
Entertainmenttalente kann ein Lehrer diese durch die kreative Arbeit mit Apps im
Unterricht gewährleisten.
Medien geschickt einzusetzen, informationsreiche Materialen zu produzieren,
faszinierende Themen anzubieten, ungewöhnliche Lernorte zu nutzen, das sind
unzweifelhaft förderliche Tugend, die sehr wohl intrinsische Motivation befördern
können, also solche, die von den Lernenden um der Sache selber investiert werden. (List
2002, S. 6)
Motivierung durch Apps kann jedoch genauso schnell wieder verschwinden. In meinem
DaF-Unterricht wollte ich jeden Monat eine andere App finden, die ich in den Unterricht
einbetten konnte. Die Schüler, die am Anfang sehr neugierig und hochmotiviert waren,
wollten nach einer Weile nicht mehr dieselbe App benutzen. Da die Lerner die Apps auch
32
außerhalb der Schule benutzt haben, hatten sie keinen Wert mehr, sie nutzten sich ab und
verloren ihren Neuheitswert. Damit dies nicht geschieht und die Motivation und die
Neugier hoch bleiben, musste ich als DaF-Lehrkraft immer wieder neue Apps finden, was
aber nicht nur für die Abwechslung für meine Schüler diente, sondern auch für mich.
Motivation und Kreativität müssen immer unterstützt werden. Dies erst führt zu
Lernerfolg. Seipold (2012, S. 323f) kommt in ihrer wissenschaftlichen Forschung zu dem
Fazit, dass es bestimmte Schwerpunkte bei den Anforderungen des mobilen Lernens gibt.
Zu den wichtigsten Punkten zählen:
• Lerner sollen sein: selbstverantwortlich, kreativ, gestaltend, kompetent, vernetzend,
nachhaltig, mobil, Handlungskompetenzen haben, kulturelle Praktiken beherrschen;
• Lernprozess soll sein: diskursiv, kommunikativ, gleichberechtigt, situiert, partizipativ,
aktivitätenzentriert, konversationsgeprägt, kontextualisiert, lernerzentriert
• Technologien sollen sein: Infrastruktur, Ressource, Ermöglicher, Werkzeug,
Gleichberechtigung, personalisierbar, miniaturisiert, sich nahtlos einfügen und mittels Top-
down-Ansatz, Bottom-up-Ansatz oder bedarfsorientiert implementiert werden;
• Schulsystem soll sein: offen, kritisch, Reflexion fördernd, einordnend, protektionistisch
• Gesellschaft: Lernen und Aneignung soll als kulturell situiert verstanden werden. (Seipold
2012, S. 324)
Neben den wichtigen Elementen der didaktisch-methodischen Inhalte des Unterrichts und
auch der Lehr- und Lernsituation haben diese Faktoren einen großen Bestandteil im Lehr-
und Lernprozess. Diesen Punkten kann man entnehmen, dass es eine Wechselbeziehung
zwischen Lernern (samt ihren Fähigkeiten und Kompetenzen) und dem Schulsystem (mit
seiner Infrastruktur, in diesem Fall also dem Internetanschluss und der Fähigkeit, sich
Neuem gegenüber offen zu zeigen) gibt. Die Gesellschaft spielt in diesem Raum auch
eine Rolle. Da viele noch skeptisch auf das Lernen mit digitalen und neuen Medien
reagieren oder (noch konkreter formuliert) den Umgang mit Smartphones und Tablets im
Unterricht nicht bereichernd finden, wird das Lernen mit mobilen Endgeräten teils
verhindert. Eine Möglichkeit kann nun darin bestehen, dass die Schule mit den Eltern
oder Bezugspersonen der Schüler eine gute Zusammenarbeit aufbaut. Gerade im digitalen
Zeitalter ist es schwer möglich, ein Auskommen ohne Smartphones etc. einzufordern.
Stattdessen muss betont werden, dass der Umgang mit den digitalen Medien Teil der
Erziehung sein muss. Eine wegweisende Erziehung sollte deswegen entscheidend sein,
damit sich keine psychischen Störungen wie Mobbing in sozialen Medien oder
Internetsucht entwickeln. Den Schülern sollte man die Konsequenzen erklären, bevor man
mit digitalen und sozialen Medien im Klassenzimmer umgeht. Der erste Schritt wäre die
33
Ausbildung von Empathie, und verbunden damit Netiquette und Verhaltensregeln in
sozialen Medien.
„Der Begriff ‚Netiquette‘ wird seit den 1980er Jahren ironisch in populären Ratgebern für
das Verhalten im Netz gebraucht. Er greift unsoziale Gewohnheiten auf, wie das Posten
von Einträgen ins Netz mit überlangen und übertrieben aufgeplusterten Signaturen oder
das Verschicken von Hunderten Kopien einer E-Mail, das schlampige Schreiben und die
Verwendung von untauglichen Überschriften, die das Folgende nicht beschreiben.“
(Chatfield 2013, S. 44).
Die Universität Leipzig (vgl. http://www.math.uni-leipzig.de/pool/netikett.htm,
Abrufdatum 22.06.2017) stellte gar Regeln für dieses Verhalten online, damit im Netz
eine höfliche Kommunikation und Zufriedenheit herrscht. Einige davon könnte man mit
den Schülern diskutieren und ihnen klarmachen, dass es um eine echte Person geht, die
gegenüber an einem anderen Gerät sitzt. Solche Anfänge sind eine Bereicherung für den
Unterricht und nehmen Einfluss auf die Lernenden.
„1.Vergiss niemals, dass auf der anderen Seite ein Mensch sitzt
2. Erst lesen, dann denken, dann erst posten
3. Fasse Dich kurz!
4. Deine Artikel sprechen für Dich. Sei stolz auf sie!
5. Nimm Dir Zeit, wenn Du einen Artikel schreibst!
6. Vernachlässige nicht die Aufmachung Deines Artikels
7. Achte auf die "Subject:"-Zeile!
8. Denke an die Leserschaft!
9. Vorsicht mit Humor und Sarkasmus!
10. Kürze den Text, auf den Du Dich beziehst
11. Benutze Mail, wo immer es geht!
12. Gib eine Sammlung deiner Erkenntnisse ans Netz weiter
13. Achte auf die gesetzlichen Regelungen!
14. Benutze Deinen wirklichen Namen, kein Pseudonym
15. Kommerzielles?
16. Keine "human gateways" - das Netz ist keine Mailbox
17. "Du" oder "Sie"?“ (Uni-Leipzig.de, nach: Astel, Joachim [Newsgroup: de.newusers;
From: ac…@jat.sub.org])
Ich bin der Meinung, dass solche Regeln bzw. Bewusstmachungen den Schülern zeigen,
dass es um die Gefühle der Menschen geht und nicht um das Gewinnen einer auf Mobbing
ausgerichteten Kommunikation, die mit negativen Ausdrücken Personen psychisch
verletzen soll. Schlimm ist, dass sich manchmal auch Lehrer in solchen
Kommunikationsstadien bewegen. Deswegen ist es wichtig, solche Regeln im
Curriculum zu integrieren.
34
Androutsopoulos (2003, S. 42-64) verdeutlicht, dass im Unterricht die Netiquette
auch durch Gruppenarbeiten klargemacht werden kann. Eine Gruppe soll z.B. schauen,
ob in Foren höfliche Sprachmittel benutzt werden, während andere auf Missverständnisse
in einem Chat achten. Eine weitere Gruppe beobachtet Verhaltensregeln in Chat-
Gesprächen, und wer sich nicht an die Regeln von diesen Netzwerken hält, an denen die
Schüler selbst teilnehmen und darüber reflektieren, wird ausgeschlossen (vgl. ebd., S. 44).
Warum der Aspekt ‚Höflichkeit‘ hier eingeführt wird speist sich daraus, dass es wichtig
ist, im Internet und den sozialen Medien nicht zu vergessen, dass man es mit realen
Menschen zu tun hat. Außerdem sollten im Unterricht keine sog. Hass-Kommentare
rezipiert werden. Dies würde einen negativen Einfluss auf die Nutzung der Smartphones
und Tablets im Unterricht haben. Und negative Situationen stoppen den Lernerfolg.
35
II Empirische Grundlagen
5 Erhebung der Daten
5.1 Forschungsmotivation und Ausgangsfrage
Die rasante Entwicklung der Smartphones und Tablets und der steigende Konsum von
Apps haben mein Interesse erweckt, die nachfolgende Untersuchung zu entwickeln. Die
häufige Nutzung mobiler Endgeräte ist – wie im theoretischen Teil dieses Beitrags
dargelegt – durch viele Studien nachgewiesen worden: Sie lassen sich überspitzt so
zusammenfassen, dass Kinder und Jugendliche quasi nicht mehr ohne Smartphones und
Tablets leben können. Sie tragen diese Medien – wie Erwachsene – zu jeder Zeit bei sich.
Wenn diese Geräte mehrmals am Tag konsumiert werden, warum sollte dieser Umstand
nicht auch das Lernen fördern?
Diese Frage trieb mich als DaF-Lehrerin um, weshalb ich mit mobilen Endgeräten
arbeitete, um diese in der Praxis auszuprobieren. Meine Schüler hatten viel Spaß dabei.
Auch jene, die nie aktiv am Unterricht teilnahmen, haben intensiv all die Übungen,
Recherchen etc. mitgemacht. Es war erstaunlich, wie kreativ sie mit den Apps
umgegangen sind. Aber viel interessanter war, dass ich auch als DaF-Lehrerin viel Spaß
im und am Lehrprozess hatte. Nach den ersten Unterrichtsbeispielen mit den Apps habe
ich mich mit anderen Kolleginnen und Kollegen besprochen, die genauso alt sind wie ich.
Sie fanden es interessant und innovativ, haben aber trotzdem die Apps nicht angewendet.
Einige sprachen von Zeitverschwendung und fanden die mobilen Endgeräte als nicht
relevant genug für ihr methodisch-didaktisches Konzept. Einige Lehrer klagten sogar,
dass die Schüler wegen mir auch in anderen Fächern diese Medien benutzen möchten. Ich
konnte die ablehnende Haltung meiner Kollegen damals nachvollziehen, da das
Curriculum auch in anderen Fächern stark überfüllt war. Aber wie könnte Schaden
entstehen, wenn diese Medien nur für einige Minuten benutzt würden? Warum sahen sie
nicht, dass die Schüler durch solche Medien sehr motiviert werden und dadurch ihr
Lernprozess gefördert wird? Zudem hatten Kollegen aus anderen Fächern (z.B. dem
Englischunterricht) mehr Materialien zur Verfügung, um mit mobilen Endgeräten zu
arbeiten. Trotzdem griffen sie auf diese Optionen nie zurück.
Am Ende meines sechsten Arbeitsjahres in der Schule bemerkte ich, dass ich nach
einer Weile die Lektionsthemen auswendig gelernt hatte. Ich brauchte Abwechslung und
36
suchte auch deswegen nach alternativen Unterrichtsgestaltungen und Lehrstilen.
Smartphones und Tablets dienten damals als Motivationsspender und Abwechslung.
Heute hat sich die Lage verändert. Ich vertrete die Meinung, dass diese Medien die
Zukunft des Lernens sein werden. Viele große Hersteller, die Lehrbücher für den
Unterricht entwickeln, erstellen jetzt schon Apps, damit die Bücher auch benutzt werden.
Der Trend scheint sich gänzlich von Büchern weg zu bewegen, wie etwa die bereits
erwähnten Steve-Jobs-Schulen andeuten, in denen überhaupt keine Bücher mehr
verwendet werden. Andere Lehrer betreuen ihre Schüler jahrelang mit demselben Buch.
Wird diesen Lehrern nicht ähnlich langweilig, wie seinerzeit mir? Zudem sollte auch in
Betracht bezogen werden, dass sich Lebenseinstellungen und Denkweisen mit der Zeit
ändern. Die heutige Generation, die auch Gen Z genannt wird, sieht die Welt im Vergleich
zu deren Vorgängern anders (siehe Abb. 1). Technik und Digitalisierung haben einen
Einfluss auf die Lebensinhalte der Menschen. Die Generation konzentriert sich mehr auf
die ‚schnelle Form‘ der Datenverarbeitung. Sie können jederzeit auch außerhalb des
Arbeitsraums überall die Arbeit fortsetzen. Schüler können mit ihren mobilen Endgeräten
ihre schulischen Hausaufgaben, Projekte oder das Selbstlernen fortsetzen/durchführen,
was wiederum zum Lernen außerhalb des schulischen Kontextes führt.
(Abb. 1) Veränderung der Lebensinhalte nach Belwe und Schutz (2014, S.46)
Durch mobile Endgeräte werden neue und interessante Türen für die Lehre und deren
Entwicklung geöffnet. Für mein Forschungsprojekt bzw. den dafür entwickelten
Fragebogen sollten möglichst viele Lehrer erreicht werden, um herauszufinden, ob sie die
Nutzung der Endgeräte eher als Bereicherung des Unterrichts oder als Zeitverschwendung
betrachten. Des Weiteren wurde gefragt, wie und wann sie die mobilen Endgeräte
benutzen, bzw. warum sie diese Medien nicht im Unterricht verwenden.
37
5.2 Forschungsdesign der Online-Befragung
Für die Online-Umfrage kam Google Drive zum Einsatz (zu Fragen und Antworten der
Umfrage vgl. http://bit.ly/2tZ4omD), da es sich als schwierig erwies, diese bei anderen
Web-Surveys zu gestalten. Obwohl auch dort kostenlose Zugänge zur Verfügung stehen,
wird man nach der Erstellung von zehn Fragen zu einem Upgrade weitergeleitet, welches
zu einem Jahresabonnement führt. Daher fiel die Wahl auf Google Drive.
Um möglichst viele Teilnehmer zu generieren, wurde die Umfrage anhand eines
Links in geschlossenen DaF-Lehrer-Gruppen wie ‚Deutschlehrer weltweit‘, ‚DaF -
Lehrer/Teacher of German as a Foreign Language‘, ‚Almanca Öğretmenleri bilgi
paylaşımları‘ (übersetzt: ‚Deutschlehrer Informationsaustausch‘) und ‚Deutsch mit
Kaffee und Kuchen‘ geteilt. Die Zahl der Mitglieder war überraschend hoch. In der
Gruppe ‚Deutschlehrer weltweit‘ waren damals 15.345, bei ‚DaF - Lehrer/Teacher of
German as a Foreign Language‘ 15.523 Mitglieder registriert. Durch die hohe
Teilnehmerzahl verringerte ich die Seiten, auf welchen ich die Umfrage veröffentlichte.
Der Fragebogen wurde aber auch auf der eTwinning-Plattform für DaF-Lehrer
veröffentlicht, wo Lehrer meine Umfrage kommentierten.
Bevor dieser Link in den Facebook-Gruppen geteilt wurde, führte ich einige
kleinere Probestudien durch, um die Zuverlässigkeit des Fragebogens zu erfassen. Dabei
wurden die Reihenfolge und einige Frageformen geändert. Nach der Testung einiger
Teilnehmer wurden deren Antworten gelöscht und der Link in den sozialen Netzwerken
geteilt. In ungefähr einer Woche haben letztlich 200 Lehrer an der Umfrage partizipiert.
Die Teilnehmerzahl hätte auch höher ausfallen können. Da aber nicht nur geschlossene
Fragen gestellt wurden und schon viele Angaben zu den offenen Fragen vorlagen, habe
ich die Zahl bewusst begrenzt. Wie bereits in der Einleitung skizziert, war es die Intention
der Online-Befragung herauszufinden, ob die DaF-Lehrkräfte mobile Endgeräte und
dadurch auch Apps im Unterricht benutzen.
Einleitend wurde eine kurze Information gegeben, um was es sich konkret handelt,
welche Personen teilnehmen können und die Dauer der Umfrage angegeben. Fragen und
Antworten der geschlossenen Fragen sollten so kurz wie möglich und verständlich
ausfallen, da es „bei längeren Fragebogen schwierig [ist], die Konzentration und Fähigkeit
zur Differenzierung der einzelnen Fragebogeninhalte aufrechtzuhalten“
(Mummendey/Grau 2008, S. 74). Es wurden geschlossene, halboffene und offene Fragen
gestellt. Die offenen Fragen wurden in der webbasierten Umfrage als sog. ‚kurze Antwort‘
38
erstellt. ‚Kurz‘ meint bei Google Drive, dass die Teilnehmer maximal 500 Wörter
schreiben können. Damit wurde sichergestellt, dass trotz der quantitativen Ausrichtung
der Forschung zugleich eine große Bandbreite an Antwortmöglichkeiten möglich wurde:
„Offene Fragen haben den Vorteil, dass sie den Befragungspersonen die Möglichkeit
bieten, so zu sprechen, wie sie es gewohnt sind […]“ (Porst 2009, S. 54). Hingegen kann
auch der Fall eintreten, dass offene Fragen nicht zielführend beantwortet werden. Da die
Teilnehmer solcher Umfragen in der Regel aber so schnell wie möglich antworten
möchten, wurden die Antworten kurz und den Fragen gemäß beantwortet.
Trotz des quantitativen Forschungsansatzes wurden freie Antwortmöglichkeiten
gegeben. Es wurden auch geschlossene Fragen erstellt, damit „die Dimensionen der
Antworten vereinheitlicht und vergleichbar gemacht“ und „die Häufigkeiten und
Zusammenhänge der Antworten ermittelt“ werden konnten (Scholl, 2003, S. 157).
5.3 Erhebung der Befragung
Bevor man geschlossenen Facebook-Gruppen beitritt, muss man zunächst ein oder zwei
Fragen wie ‚Warum möchten Sie in der DaF-Lehrer-Gruppe aufgenommen werden?‘,
‚Sind Sie als Lehrer tätig?‘ oder ‚Wo arbeiten Sie derzeit?‘ beantworten. Nachdem diese
Informationen eingegeben worden sind, liest sich der Moderator der Gruppe diese durch
und nimmt den Beitrittsgesuch im Optimalfall an. Das ist kein unwichtiger Punkt, da so
nur Personen aufgenommen werden, die zum ‚Kontext‘ der DaF-Lehrkräfte zählen. Eine
einhundertprozentige Sicherheit über den tatsächlichen Wahrheitsgehalt gibt es zwar
nicht; an den Posts und Kommentaren kann man jedoch erkennen, dass hauptsächlich
Lehrer in den Gruppen unterwegs sind.
Während der Woche, in der die Online-Umfrage in den Facebook-Gruppen
durchgeführt wurde, habe ich einige interessante Kommentare unter meinem geposteten
Link erhalten, die mit meinen Hypothesen zur Netiquette übereinstimmten: Lehrer
‚müssen‘ die Höflichkeitsformen im Internet bzw. den sozialen Medien beherrschen. Sie
sind teils dazu zuständig, dass ihre Schüler eine gewisse Empathie auf solchen
Plattformen entwickeln und diese Umgangsformen ausbilden. Es hat sich aber auch
herausgestellt, dass unter meiner geposteten Umfrage einige ‚unhöfliche‘ Kommentare
geschrieben wurden („Das fülle ich nicht aus! Basta!“) oder Nachrichten eingingen, die
39
eigentlich gar nichts mit der Umfrage zu tun hatten (siehe Anhang 3). Es überwogen
jedoch positive Kommentare.
Eine Frist für die Umfrage gab es nicht, da ich nicht wusste, wie viele Teilnehmer
daran teilnehmen und wie viele Daten ich sammeln werde. Als ich sah, dass die Lehrkräfte
viele Kommentare auf die offenen Fragen hinterließen, grenzte ich die Teilnehmerzahl
ein. Wenn man in sozialen Netzwerken wie Facebook viele Mitglieder erreichen möchte,
muss man die Umfrage immer wieder auf ein Neues hochladen (‚pushen‘), damit eine
möglichst große Reichweite erreicht wird.
Die Online-Umfrage wurde in einem Pre-Test mit sieben Personen durchgeführt,
damit während der eigentlichen Umfrage keine Komplikationen eintreten. Es wurden
zunächst zwölf Fragen angefertigt. In Folge des Pre-Tests wurden einige Fragen geändert
bzw. deren Abfolge vertauscht. Die Frage ‚Wie alt sind Sie?‘ z.B. stand zuerst am Anfang,
wurde schließlich jedoch am Ende der Umfrage platziert, damit die Befragten direkt ins
Thema einsteigen konnten und nicht mit der Angabe privater Daten am Anfang ihre
Motivation verschwendeten. Die Teilnehmer konnten zwischen mehreren
Antwortmöglichkeiten wählen. Überdies konnten sie über die Angabe ‚Weitere…‘ eigene
Antworten nachtragen, die zuvor nicht zur Wahl standen. Die Teilnahme erfolgte
freiwillig und anonym; dies ging auch aus den bereitgestellten Informationen innerhalb
der Umfrage hervor. Es wurde betont, dass die Umfrage einem wissenschaftlichen Zweck
diente und dadurch die Bedeutsamkeit der Antworten unterstrichen. An der Online-
Umfrage nahmen 200 DaF-Lehrkräfte teil, die an verschiedenen Schulen, Instituten usw.,
arbeiten, wie man der ersten Frage und den Antworten entnehmen kann. Es sei hier gesagt,
dass auf einige Antworten wie ‚Ich arbeite nicht‘ oder ‚Ich bin eine Studentin‘ nicht näher
eingegangen wird, wie auch auf Antworten, die nichts mit der Frage zu tun hatten und nur
einem minimalen Prozentsatz entsprachen.
6 Auswertung der Daten
Schulen propagieren gerne, dass sie in ihren Klassenzimmern über die neusten digitalen
Utensilien verfügen. Viele private Schulen werben offensiv damit und versuchen Eltern
und Schüler damit anzulocken. Wenn man Google auf Türkisch nach den neusten
Technologien privater Schulen fragt, reihen sich mehrere Namen privater Institutionen in
der Suchmaschine.
40
Es ist aber fraglich, ob diese Geräte auch benutzt werden oder nur als Werbeprodukt
dienen. Diese Verlockungsstrategie gilt auch für viele Universitäten und Institute, die auf
eine höhere Zahl von Schülern und Studenten hoffen. Vor diesem Hintergrund war es
wichtig in der ersten Frage zu evaluieren, wo die Lehrkräfte derzeit arbeiten (vgl. Abb.
2). Es kam heraus, dass über 40% der Befragten an einer staatlichen Schule tätig sind.
Dahinter reihen sich Privatschulen (27%) und private Institutionen für Erwachsene
(21,5%) ein. Auch Goethe-Institute im Ausland sind private Einrichtungen, da man für
die Kurse oder Zertifikationen zahlen muss. Zudem wurden private Angaben wie ‚ich
arbeite nicht‘ oder ‚ich lerne allein zu Hause (vgl. Abb. 3) gemacht.
Ziel der Frage war es einen Einblick zu gewinnen, wie viele der Befragten in
dienstlichen und wie viele in privaten Kontexten Smartphones und Tablets anwenden. Die
nachstehend gezeigten Antworten beziehen sich in diesem Sinne bereits auf die
Folgefragen:
(Abb. 2) Antworten der Lehrkräfte auf die Frage ‚Wo arbeiten Sie?‘
41
Im zweiten Balkendiagramm (siehe Abb. 3) erstaunt es wenig, dass die Zahl der
Computer und Laptops in den Einrichtungen in dieser Statistik hoch ist. Man bemerkt,
dass es in den Arbeitsräumen Computer und Laptops gibt. Wie viele es genau sind und
auf welchem Stand der Technik sie sich befinden, bleibt offen. Auch haben derlei digitale
Medien meistens keinen Wert ohne Beamer, da alles, was bearbeitet wird, auch allen
Schülern präsentiert werden können sollte. Interessant ist, dass sich neben Computern,
Laptops und Beamer auch viele Smartboards in den Klassenräumen befinden. Viele
Schulen verzichten auf selbige, da sie erstens teuer und zweitens sehr komplex zu
bedienen sind. Ich selbst hatte in der privaten Schule, in der ich arbeitete, in jeder Klasse
ein Smartboard. Ich musste zweimal an Workshops teilnehmen, um ihre Bedienung zu
erlernen. Obwohl ich (im Prenskyschen Sinne) zur Kategorie der digitalen Eingeborenen
gehöre, ist es mir schwer gefallen, diese anzuwenden. Zudem stehen für dieses Medium
kaum Materialien für den DaF-Unterricht bereit, weshalb ich selbst in den neuesten
Ausgaben vieler Herausgeber (zwischen 2009 und 2015) keine Smartboard-Lektionen
oder Übungen gefunden habe. Es gab nur interaktive Tafelbilder oder CDs, die man
ausschließlich mit dem Computer und mit dem Whiteboard bedienen konnte. Dieser
Mangel an Unterrichtsmaterialien aber sollte die Lehrer nicht davon abhalten, andere
digitale und mobile Geräte zu benutzen. Auch der digitale Stift, den man für das
Smartboard braucht, erfüllte die erwünschten Aufgaben meistens nicht oder man
verschwendete viel Unterrichtszeit, bis er funktionierte oder reagierte. Da nur die
Klassenlehrer diese Stifte besaßen, konnten andere Lehrer, die in diesen Klassen
unterrichteten, diese nicht uneingeschränkt verwenden. Smartphones statt Smartboards
zu verwenden erschien als die beste digitalmobile Option für die Nutzung im Unterricht.
Die Zahl der Tablets im Unterricht (23%) ist in diesem Sinne vielversprechend.
Hingegen muss man auf die 12% jener Klassenzimmer aufmerksam machen, in denen
sich gar keine digitalen Medien befinden.
42
(Abb. 3) Antworten der Lehrkräfte auf die Frage ‚Welche digitalen Medien gibt es in Ihrem
Arbeitsraum/Klassenzimmer?‘
Die dritte Frage (siehe Abb. 4) bzw. die Antworten stellen womöglich die
interessantesten Ergebnisse dar, die in dieser Umfrage evaluiert wurden. Sie zeigen
nämlich, dass über die Schüler selbst sehr wohl mobile Endgeräte in den DaF-Unterricht
einfließen. Gefragt wurde, welche digitalen Medien von den Schülern regelmäßig
mitgebracht werden.
(Abb. 4) Antworten der Lehrkräfte auf die Frage ‚Bringen Ihre Schüler/innen digitale Medien
mit in den DaF-Unterricht? Wenn ja, welche?‘
43
64% der Lehrkräfte haben in der Statistik angegeben, dass ihre Schüler Smartphones
mitbringen, bei Tablets sind es 29%. Sonstige Angaben wie ‚Handy‘ oder ‚privat oft
Smartphone‘ werden nicht miteinbezogen, da Handys zwar ebenfalls mobile Geräte sind,
aber keine App-Funktion beinhalten. 20% der Lehrkräfte haben die Antwort ‚Laptop‘
markiert. Insgesamt ist es erfreulich, dass mobile Endgeräte auch von den Schülern in den
Unterricht mitgebracht werden. Um die offene Frage, ob sie auch von der Lehrkraft
verwendet werden, zu beantworten, wurde die vierte Frage gestellt.
In dieser (siehe Abb. 5) zeigt sich, dass die Lehrer Laptops zu 18% häufiger
verwenden, als Computer. Das indiziert, dass Computer langsam aus den Schulen
zurückgezogen werden. Für diese Argumentation bedürfte es zwar einer repräsentativeren
Studie; anzunehmen ist jedoch, dass in der Zukunft nicht mehr an einem Ort gelernt wird,
sondern durch die mobilen Geräte (zu denen auch die moderneren und leichteren Laptops
zählen) überall eine Lernsituation hergestellt werden kann. Ist dieser Trend teilweise
bereits zu beobachten, gibt es gleichzeitig weiterhin Lehrer, die aus verschiedenen
Gründen, auf die hier nicht eingegangen werden soll, lieber im Klassenzimmer lehren.
Die Anzahl der Personen, die keine digitalen Medien benutzen, beträgt 4,5% bzw. 9 von
200 Personen (die Frage war obligatorisch, weshalb jeder antworten musste). Ein
möglicher Grund, weshalb sie diese Medien nicht benutzen, könnten die nicht
existierenden Geräte in den Klassenräumen sein, da in der zweiten Frage 24 Personen
angegeben haben, dass sie keine digitalen Medien im Arbeitsumfeld zur Verfügung
haben. Daraus ergibt sich, dass 15 von diesen Lehrern dazu beitragen, dass ihre Schüler
ihre eigenen mobilen Geräte mitbringen sollen. Durch das BYOD-Prinzip werden so
mobile Endgeräte verwendet, obwohl die Klasse eigentlich über keinen digitalen Zugang
verfügt.
44
(Abb. 5) Antworten der Lehrkräfte auf die Frage ‚Benutzen Sie digitale Medien im
DaF-Unterricht? Wenn ja, welche?‘
Ich möchte zudem auf Einmalnennungen aufmerksam machen. MP3-Player z.B. sind
Geräte, in denen man Audiodateien speichern kann. Früher hat man mit ihnen Musik
gehört oder auch Hörbücher. Die erweiterte Version dieser Geräte sind iPods, die im
Prinzip dieselbe Funktion haben. Es ist bewundernswert, wie Lehrer solche Geräte im
Unterricht benutzen können, da sie sehr individuell bearbeitet werden müssen. Auch der
Großbild-TV mit PC-Anschluss wird an vielen Schulen, die finanziell nicht in der Lage
sind, digitale Geräte zu kaufen, immer noch benutzt. Eine Lehrkraft gab zudem ‚Apple-
TV‘ an. Der Unterschied zu einem normalen Fernseher besteht darin, dass man sie wie
einen Computer benutzen kann.
Interessante Erkenntnisse konnten auch aus den beantworteten offenen Fragen
gewonnen werden, wie bspw. dieser Beitrag zeigt:
Ich empfehle jedoch meinen SchülerInnen, sich die Schritte Plus Neu 1-4-Apps
runterzuladen, damit sie bei Bedarf zu Hause noch mal in Ruhe den Stoff durchgehen
können. Außerdem benutzen meine TN ständig Wörterbuch und Konjugations-Apps. Das
ist total toll, da ich selbst dann nicht immer auch als Wörterbuch fungieren muss und meine
TN sich selbstständig Fragen beantworten können. Es macht meine TN unabhängiger und
dadurch gibt es eine flachere bis gar keine Hierarchie. Außerdem ist es praktisch, dass sie
manchmal Fotos schießen oder Filmchen drehen können. (85. Lehrkraft in der Umfrage)
Der Lehrer gibt hier einige wichtige Informationen zu einer App, die im Unterricht
verwendet wird. Die Rede ist von einer App, die man zusammen mit dem Lehrwerk
45
Schritte Plus bearbeiten muss. Man kann mit ihr (laut der Web-Seite des Verlags, vgl.
https://www.hueber.de/seite/pg_app_spn, Abrufdatum 25.07.2017) sowohl individuell
als auch im Klassenzimmer arbeiten. Die Lehrkraft deutet in der Aussage an, dass diese
App der Wiederholung zu Hause dient. Durch sie werden Videos, Slide-Shows und Hör-
Texte mit einem touch schnell abrufbar. Auch andere Verlage versuchen derzeit ihre
Lehrwerke mit einer App zu kombinieren, was zugleich ein guter Leitfaden für Lehrer
sein könnte, die sich im Umgang mit Apps unsicher fühlen. Auch kann man der Hueber-
Web-Seite entnehmen, dass die Videos, die durch die App abrufbar werden, so gestaltet
sind, dass landeskundliche Elemente bearbeitet werden. Derlei Apps führen meist aber
nicht zu einem ‚kreativen, produktivem und freierem‘ Umgang im Klassenzimmer. Die
Schüler werden durch die ausgewählten Übungen und Videos nach wie vor gesteuert. Die
Nutzung der Apps, die mit den Lehrwerken verbunden sind, dient oft nur der
Abwechslung im DaF-Unterricht. Schüler wissen, dass das Nutzen solcher Apps
eigentlich ‚ganz normaler‘ Unterricht ist, der nur mit mobilen Endgeräten ‚geschmückt‘
wird.
Trotzdem lässt sich dies als gewisser Fortschritt von Verlagsseite deuten. Sie
verdeutlichen damit, dass die Kinder und Jugendlichen von heute anders lernen und dies
nicht verleugnet werden sollte. Dennoch wollen Verlage zunächst primär ihre Waren
verkaufen und verwenden mobile Endgeräte um zu unterstreichen, dass sie ihr
methodisch-didaktisches Konzept mit Apps zu verknüpfen vermögen. Ob dies im
Einzelnen funktioniert, stellt eine offene Frage dar.
Eine andere Aussage derselben Lehrkraft ist, dass ihre Schüler im hohen Maße
Wörterbücher und Konjugations-Apps verwenden. Dies begrüßt sie, da sie nicht als
lebendiges Wörterbuch fungieren muss. Trotzdem sollten Apps nicht ausschließlich als
Ersatz des Lehrers dienen, sondern das produktive Lernen der Schüler fördern. Sie sollten
nur dann im Unterricht angewendet werden, wenn sie einen didaktischen Mehrwert
tragen. Leider wurde der Unterrichteinsatz von Apps von dieser Lehrkraft nicht
detaillierter beschrieben, z.B. wie genau sie die Wörterbuch- und Konjugations-Apps im
Unterricht anwenden lässt. Es ist aber erfreulich zu lesen, dass die Lehrkraft nicht nur
besagte Apps verwendet, sondern auch solche, die dazu führen, dass die Schüler etwas
produzieren können. Es ist bemerkenswert, dass die Lehrkraft auch die flache Hierarchie
im Klassenzimmer beschreibt. Wie sich das hierarchische Verhältnis innerhalb des
Klassenraums tatsächlich ausgestaltet, muss an dieser Stelle unbeantwortet bleiben. Wenn
ein Lehrer auch von den Schülern etwas über die App lernt, so könnte man behaupten,
46
dass tatsächlich keine traditionellen Lehrverhältnisse im Unterricht vorherrschen. Da ich
die Umfrage als Excel-Tabelle herunterladen konnte, standen mir die gesamten Angaben
zur Verfügung, die jeder Teilnehmer hinterlassen hat. Die hier beleuchtete Lehrkraft etwa
arbeitet in einer privaten Schule, wo meistens gute WiFi-Verbindungen vorliegen. An
anderer Stelle sagt die betreffende Person, dass die Arbeit mit Apps auch das Lehrpersonal
motivierte. Ferner ist sie sich bewusst, dass sie mit einer „digitalen Generation arbeitet“,
weshalb sie diese Arbeitsweise fördert, da sie zu Kreativität und Selbstständigkeit
ermutigt.
Meine Klasse hat eine What's app Gruppe. Aber eben ohne mich. Bei dem Gehalt ist nicht
drin, dass ich da zu viel Zeit investiere. Normalerweise sammel ich gute Apps an der Tafel.
Dann kann jede/r führ sich selbst entscheiden. Ab und zu frage ich auch, wie es mit der
App läuft. (85. Lehrkraft in der Umfrage)
Diese Aussage könnte man kritisch entgegnen, dass das alleinige Schreiben des App-
Namens an die Tafel etc. ausdrückt, dass auf das Lernen mit Apps im
Fremdsprachenunterricht nur ein geringer Wert gelegt wird. Lehrer verstehen oft nicht,
dass nicht nur außerhalb der Schule mit den Apps gelernt werden kann, sondern auch
innerhalb des Klassenraums, also im Unterricht, für den die Lehrer bezahlt werden.
Trotzdem kann konstatiert werden, dass mit den Apps in diesem Fall zumindest etwas in
Bewegung gebracht werden dürfte.
Die fünfte Frage (siehe Abb. 6) sollte dazu dienen, eine konkrete Antwort zur
Nutzung der Apps zu erhalten. An der Verteilung sieht man, dass fast die Hälfte der
Befragten Apps im DaF-Unterricht benutzt und die andere Hälfte sie laut Eigenaussage
gar nicht anwendet, obwohl die vierte Frage belegt, dass 86,5% der Lehrer Smartphones
und Tablets im Unterricht verwenden lassen. Diese Zahlen und Angaben sind verwirrend.
Viele Personen wissen nicht oder denken nicht daran, dass die schon vor dem Verkauf
integrierten Anwenderprogramme auch Apps sind, wie die Kamera-App, mit der man
Videos und Fotos macht, die Karten-App, die Wegbeschreibungen angibt oder auch die
Safari-, Musik-, Notizen- und Erinnerungs-Apps. Nur Apps, die durch einen sogenannten
Store (wie den App-Store von Apple) heruntergeladen werden, werden meist als eine
solche betrachtet. Die Wahrscheinlichkeit ist daher hoch, dass die Lehrer sich dessen nicht
bewusst sind und einige von den „vorher integrierten Apps“ durchaus nutzen.
47
(Abb. 6) Antworten der Lehrkräfte auf die Frage ‚Benutzen Sie Apps im DaF-Unterricht?‘
6.1 Die meistverwendeten Apps im DaF-Unterricht
Für die Fragen 5 bis 10 wurden spezielle Angaben über die Apps, die im DaF-Unterricht
angewendet werden, erfragt. Lehrer, die keine Apps benutzen, sollten daher zur zehnten
Frage springen. Die sechste Frage, die in Anhang 4 zu sehen ist, lautete: „Welche Apps
benutzen Sie im DaF-Unterricht?“ Die Antworten divergierten stark, 82 Lehrkräfte
nannten etwa verschiedene App-Namen. Es wurde siebenmal WhatsApp, dreimal
Facebook und viermal YouTube angegeben. In der zehnten Frage wird (in Bezug auf
diese Antworten) detaillierter auf die sozialen Medien eingegangen. Nachfolgend möchte
ich zunächst auf die meistgenannten Apps hinweisen und analysieren, wie sie
funktionieren und ob bzw. wie sie meines Erachtens im DaF-Unterricht einsetzbar sind.
Auffällig ist zunächst, dass mehr als dreißig Vokabeltrainer- und Wörterbuch-
Apps wie ‚Der Die Das‘, ‚Pons‘, ‚Cornelsen‘, ‚Coharts‘, ‚Goethe Institut Vokabeltrainer‘,
‚Duden‘ oder ‚Wordle‘ genannt wurden. Es gibt derzeit viele Vokabeltrainer oder auch
Wörterbücher, bei denen nicht nur Übersetzungen oder grammatische Attribute angezeigt,
sondern die Wörter auch durch Videos, Fotos, Sprechübungen oder spielerische
Funktionen vermittelt werden. Vor ein paar Jahren hat man solche Vokabeltrainer- oder
auch Wörterbücher-Apps alleine oder durch Partnerarbeit im Unterricht bearbeiten lassen.
Durch die Entwicklung und den Effekt des großen Konsums der Apps werden
spielerische, motivationssteigernde Apps für die ganze Klasse entwickelt, die mit dem
Beamer bearbeitet werden können. Eine dafür exemplarische und auch in der Umfrage
48
14-mal genannte App nennt sich Quizlet. Diese App wurde vor fast zehn Jahren entwickelt
und verfügt im Kern über eine Vokabellernfunktion. Wenn man die App herunterlädt,
kann man individuell sowie unabhängig von Zeit und Ort lernen. Sie ist intuitiv zu
bedienen und hat keine Alterseinschränkung. Man kann neugelernte Vokabeln in die App
schreiben und Fotos hinzufügen, die die Lexeme näher beschreiben. Es fällt jedoch auf,
dass es darüber hinaus fast keine Unterschiede im Kontrast zum Lernen mit Stift und
Papier gibt. Auch gibt es in der kostenlosen Version keine Sprechübungen oder eine
Selbst-Einsprech-Funktion. Ein Pluspunkt ist, dass durch das Tippen auf die Vokabeln
das gewählte Wort wiedergegeben wird.
Wie oben erwähnt, werden viele Apps weiterentwickelt und tragen dazu bei, dass
man sie auch in der Schule einbringen kann. Quizlet hat etwa eine Funktion, dank der
durch Quiz-Spiele im Unterricht das Lernen gefördert werden kann: Quizlet-Live. In der
12. ‚Teaching and Language Corpora‘-Konferenz an der Justus-Liebig-Universität
Gießen (vgl. http://bit.ly/2v2fuIO, Abrufdatum 25.07.2017) wurden Praxiserfahrungen
mit dieser App von Doktoranden geschildert. Sie haben zu beweisen versucht, dass man
mit Quizlet-Live nicht nur eine Sprache lehren, sondern gleichzeitig auf landeskundliche
Aspekte aufmerksam machen kann. Als Lehrer muss man sich registrieren, eine Gruppe
(‚virtuelle Klasse‘) erstellen und die Lerner in die Gruppe einladen. Diese können die App
nun entweder auf ihren mobilen Endgeräten oder ihren Rechnern bearbeiten. Lehrer
müssen zu den passenden Themen Fragen erstellen oder aus den schon verfügbaren
Fragen auswählen. Die Lerner sehen diese Fragen auf der App und müssen diese so
schnell wie möglich beantworten. Dabei sehen sie auf dem White- oder Smartboard ihren
Zwischenstand und den Stand der anderen, konkret also wer die meisten Fragen richtig
beantwortet hat. Es ist möglich, sich anonym bzw. mit einem Pseudonym anzumelden
(vgl. dazu http://bit.ly/1MBTk6R, Abrufdatum 25.07.2017). Quizlet-Live kann man auch
für Gruppenarbeiten benutzen. Auf die Antworten folgt intern ein sofortiges Feedback.
Solche quizartigen Lern-Apps steigern den Ehrgeiz zum Lernen. Wettbewerbe und
Gewinnspiele (wie in einigen Apps, in denen Punkte, Sternchen, virtuelle Tiere etc.
gesammelt werden) fördern die Lernenden, indem sie den Erfolg visuell sichtbar machen.
Wettbewerbsaspekte sind in allen Apps zu finden und steigern das Bedürfnis, mehr mit
der App zu lernen. Auch DuoLingo ist eine App, die solche Funktionen beinhaltet: Je
mehr man mit der App lernt, desto mehr ‚Lingots‘ sammelt man. Auf der Anbieter-Seite
erfährt man, dass Lingots DuoLingos virtuelle Währung sind und man desto mehr
49
bekommt, je mehr man mit der App lernt (vgl. http://bit.ly/2vsJobA, Abrufdatum
25.07.2017). Durch diese Belohnungsstrategien werden die Lerner angelockt.
Zur Online-Umfrage zurückkehrend kann man dieser auch entnehmen, dass acht
der Lehrer angaben, DuoLingo im DaF-Unterricht einzubetten. Ich habe mich zunächst
gefragt, wie man eine App, die speziell für das individuelle Lernen ausgelegt zu sein
scheint, im Unterricht verwenden kann. Doch kann man der Web-Seite von DuoLingo
entnehmen (vgl. http://bit.ly/1M8TtfY, Abrufdatum 25.07.2017), dass DuoLingo auch für
das Klassenzimmer entwickelt wurde. Auf der Seite wird spekuliert, dass die App für
Schulen ein perfekter Begleiter des Blendend-Learning-Ansatzes sei. Um diese
Argumentation nachzufolgen, habe ich ein virtuelles Klassenzimmer entwickelt, in das
ich einige Freunde von mir als Schüler eingeladen habe. Der Versuch startete damit, dass
bei der Anmeldung auf dem Smartphone und auf einem Web-Browser technische
Komplikationen anfielen, obwohl es einen Leitfaden gibt, der eine unproblematische
Bedienung anmutet lässt. Ohne zu wissen, wer genau sich für die Klasse angemeldet hat,
waren meine Teilnehmer schon eingeloggt. Als Lehrerin habe ich am Anfang eine
Nachricht bekommen, in der stand, dass ich ein Zertifikat bekomme, wenn ich einen Kurs
und Aufgaben erstelle und dazu noch Schüler einlade. Dies tat ich und hatte nach ein paar
Minuten mein virtuelles Zertifikat (siehe Anhang 5).
Zertifikate dienen als Motivation für den Lehrer und für die Lernenden. Aber wenn
diese in einigen Minuten herunterladbar sind, ist der Einfluss auf das Weiterlernen oder
auch Lehren marginal. Möchte man etwas ‚gewinnen/bekommen‘, sollte man auch
danach streben und Mühe investieren. Nach meiner Anmeldung und Erstellung der Klasse
und der Einladung meiner Lernenden habe ich einige Aufgaben erstellt. Als Lehrerin kann
ich sehen, ob sie die Aufgaben rechtzeitig abgeschlossen, verspätet oder gar nicht
bearbeitet haben. Die Aufgaben erstellen die Lehrer nicht selbst, sondern es sind
Aufgaben, die DuoLingo anbietet. (Auch beim individuellen Lernen kommen diese
Aufgaben zum Einsatz.) Das bedeutet, dass man einen ‚Lehrereffekt‘ hat, der nur zur
Kontrolle der DuoLingo-Übungen dient. Es war etwa merkwürdig, als ich eine Aufgabe
stellte und diese schon von einer Schülerin bearbeitet wurde (obwohl sie diese gar nicht
gemacht hatte). Dies fand darin Begründung, dass die von mir gegebenen Aufgaben schon
früher von der Teilnehmerin erledigt wurden. DuoLingo in der Schule ist zwar ein
interessantes Konzept, aber der Aspekt zur Steigerung der Motivation fehlt bzw. es fehlen
neue und pfiffige Aufgaben, die das Lernen unterstützen.
50
Neben Quizlet und DuoLingo wurde die App Kahoot auffällige
achtundzwanzigmal von den Lehrkräften genannt. Sie wird weltweit nicht nur von
Lehrern und Schülern angewendet, sondern auch von Lernern, die individuell lernen
möchten. Es handelt sich um eine Plattform, auf der Multiple-Choice-Aufgaben und auch
andere Übungsarten kreiert werden. Kahoot selbst bezeichnet sich auf Instagram: „Like a
Playstation, but with a phone or tablet as the controller!” (vgl. http://bit.ly/2v2ZUwC,
Abrufdatum 25.07.2017). Der Lehrer muss sich zuerst auf der Web-Seite einloggen und
danach entweder Übungen suchen, die schon von anderen Personen entwickelt worden
sind, oder selbst welche entwerfen. Die Länge der Fragen, die Hintergrundmusik sowie
die Auswahl der Arbeit mit einer Bildbearbeitung oder ohne hängt alles von der Person
ab, die die Übung gestalten möchte. Die Lehrer brauchen dazu einen Computer oder
Laptop sowie einen Beamer. Nach dem Öffnen des Browsers erscheint eine PIN-
Nummer. Die Lerner hingegen können mit ihren mobilen Endgeräten via Browser den
Namen ‚Kahoot‘ eingeben und landen so direkt auf der Seite der gesuchten App. Danach
muss man nur den Pin eingeben, der auf der Tafel, dem White- oder Smartboard steht.
Die App weckt Aufmerksamkeit und motiviert, da sie leicht zu bedienen ist, trotz der
tickenden Zeit bzw. Timer und der bunten Seiten. Man kann durch diese App
Lückentexte, Vokabeltraining, Landeskunde, Grammatik und vieles mehr im Unterricht
bearbeiten/lernen. Während bei DuoLinguo Aufgaben vorgegeben sind, ist bei Kahoot
frei auswählbar, ob die Lehrkraft die Präsentationsfragen vorbereitet oder Übungen
benutzt, die von anderen Personen entwickelt wurden. Natürlich verliert die App ihren
positiven Einfluss, wenn ein Lehrer keine unterrichtsspezifischen oder Fragen erstellt, die
das Interesse nicht wecken. Auch kommt es vor, dass Lehrer immer dieselben Apps
verwenden, was die Schüler nach einer gewissen Zeit langweilt. Es ist ratsam, nicht immer
dieselben Apps in den Unterricht einzubinden, da es eine große Bandbreite an alternativen
Möglichkeiten gibt.
6.2 Die Bedeutung der Apps für DaF-Lehrende
In der siebten Frage (siehe Abb. 7) wurden die Lehrer gebeten, den Satz ‚Die Nutzung
der Apps im DaF-Unterricht…‘ frei zu beenden. Ziel war es herauszufinden, zu welchem
Zweck sie Apps im DaF-Unterricht verwenden.
51
(Abb. 7) Antworten der Lehrkräfte auf die Aussage, was die Nutzung von Apps im
DaF-Unterricht für sie bedeutet
Insgesamt votierten 103 Teilnehmer. 67 davon sagten, dass sie Apps als Abwechslung
betrachten. Apps dienen zwar – wie jedes andere Material im Unterricht – immer auch
der Abwechslung, aber man muss diese in den methodisch-didaktischen Rahmen
einbauen, was auch einer der Lehrer anhand einer offenen Antwortmöglichkeit einräumt.
Diversität bringt nicht viel, wenn sie nichts mit dem Unterricht zu tun hat. Deshalb sollten
Apps nicht als Abwechslung vom Unterricht, sondern als Unterstützung desselben
betrachtet werden, die das Lernen fördert.
Wie man dem Balkendiagram außerdem entnehmen kann, sagen 90 von 103
Lehrern, dass die Nutzung der Apps ihre Schüler motiviert. Die Steigerung der Motivation
wird immer dadurch erhöht, wenn auch die Unterrichtseinheiten erfolgreich konzipiert
und die Unterrichtsutensilien an den Unterricht angepasst werden. Die Schüler freuen sich
natürlicherweise über etwas Neues, aber wenn sie durchschauen, dass es eigentlich
überhaupt nichts mit dem Unterricht zu tun hat oder sie den Sinn der Sache nicht erfassen,
so verringert sich die Motivation, was nicht der Fall sein sollte. Zudem ist es wichtig, dass
der Lehrer sich beim Umgang mit den Apps wohlfühlt. Viele Lehrer neigen dazu, ungern
etwas Neues im Unterricht zu benutzen. Ich selbst war am Anfang ebenfalls skeptisch,
aber man lernt auch als Lehrer, wie und wo man Apps im Unterricht einsetzten kann.
Durch die Anwendung werden nicht nur die Lerner motiviert, sondern auch die Lehrer,
da sie neue Wege zum Lehren lernen. Trotz der hohen Anzahl von Lehrern die denken,
dass Apps zur Motivierung ihrer Schüler beitragen, fällt ihre eigene Motivierung (bzw.
52
die Selbsteinschätzung derselben) deutlich geringer aus. Dennoch liegt die Zahl derer, die
sich ebenfalls motivierter fühlen, bei 50 von 103. Das bedeutet, dass beide Seiten einen
Reiz am Weiterbilden empfinden können.
Es erscheint mir wichtig, dass Lehrkräfte wissen, dass Apps jetzt und in der
Zukunft einen großen Stellenwert beim Lernen haben werden. In der Umfrage kam
heraus, dass 41 der Lehrer sich dessen bewusst sind (siehe Abb. 7, Balken 4). Ihnen ist
klar, dass sie es mit einer Generation zu tun haben, die immer und überall mit ihren
Smartphones und Tablets unterwegs ist. Dennoch liegt die Quote mit 41 Personen von
103 ein wenig hinter den anderen prozentualen Verteilungen zurück.
Was die 103 Lehrkräfte im DaF-Unterricht mit den Apps zu fördern hoffen, ist
Gegenstand der achten Frage (siehe Abb. 8). 38,5% gaben ‚Vokabeln lernen‘ an. Dies
ist insofern nicht erstaunlich, als dass in der sechsten Frage viele Vokabeltrainer-Apps
notiert wurden. Nicht zuletzt ist der Wortschatz der Zielsprache fundamentaler
Bestandteil deren Erwerbs. Entsprechende Apps sind meistens wie ein Wörterbuch
aufgebaut und verfügen nur über wenige Aufgabentypen, was zu Langeweile führen kann.
Persönlich würde ich daher zur Vorsicht beim Einsatz von Vokabel-Apps im Unterricht
raten. Jene Lehrer aber, die diese Option gewählt haben, gaben (den heruntergeladenen
Excel-Tabellen zufolge) ebenfalls die vier Fertigkeiten Lesen, Hören, Sprechen und
Schreiben an. Insofern ist es auffällig, dass die Mehrheit das Vokabellernen mit den Apps
in den Vordergrund stellt.
53
(Abb. 8) Antworten der Lehrkräfte auf die Frage ‚Was versuchen Sie mit den Apps zu fördern?‘
Die Förderung des Hörens durch Apps erscheint mit 66% an zweiter Stelle. Es lässt sich
argumentieren, dass entsprechende Apps zu den fruchtbarsten Aspekten des
Sprachunterrichts zählen: Durch das Hören können nicht nur Schüler, sondern auch die
Lehrer profitieren, weil in manchen Ländern Lehrer ihre universitäre Ausbildung
absolvieren, ohne je Kontakt mit Muttersprachlern aufgenommen oder sich in einem
deutschsprachigen Land aufgehalten zu haben. Deswegen vermögen Apps in solchen
Fällen als eine Bereicherung für den DaF-Unterricht zu wirken, obwohl es vorkommen
kann, dass Apps dieser Art zu schnell ‚sprechen‘ wird. Dies verwirrt stärker als es hilft,
obgleich es alternative Apps gibt, die über die Funktion verfügen, Hörübungen gezielt zu
verlangsamen. Nicht nur das schnelle Sprechen in den Höraufgaben ist ein Problem,
sondern auch der Mangel authentischer Kontexte, die in Apps meistens nicht angeboten
werden. Es ist deshalb wichtig, das Trainieren dieser Fertigkeit mit mehreren Apps zu
begleiten.
Die Hälfte der Lehrer haben angegeben, dass sie das Schreiben durch Apps
fördern. Vielleicht sollte man anstellte von schreiben das Wort tippen verwenden, da die
Lerner auf der App per touch Wörter eingeben, sofern sie kein Extra-Zubehör wie das
Digitizer-Pen (Digitaler Stift, dass man bei Endgärten verwenden kann) benutzen. Offen
54
bleibt, ob Lerner zuerst durch das Tippen lernen und danach andere Schreibaufgaben
erledigen. Beim schnellen Tippen auf der virtuellen Tastatur des Smartphones oder
Tablets kommt es zudem dazu, dass die Lerner sich vertippen. Bei manchen Apps wie
DuoLingo kann durch das Verwechseln eines Buchstabens die ganze Aufgabe als ‚falsch‘
markiert werden. Bei anderen Apps jedoch bekommen die Lernenden ein Feedback, wenn
man sich vertippt hat.
Einer der schwierigsten Aspekte ist es, durch Apps das Sprechen zu fördern, denn
viele Apps können das Nachgesprochene (noch) nicht erfassen. Derlei Apps sollten daher
von Lehrern mit Vorsicht und nur dann angewendet werden, wenn zuvor recherchiert
wurde, ob sie fruchtbringend einsetzbar sind. Ansonsten können sie demotivierend
wirken. Statistisch auffällig ist jedoch, dass auch hier fast die Hälfte der Lehrkräfte
versuchen, das Sprechen ihrer Schüler zu fördern. Es sei an dieser Stelle daran erinnert,
dass es Apps (wie etwa Chatterpix-Kids) gibt, die keinen unmittelbaren Zusammenhang
zum DaF-Unterricht herstellen, aber dennoch für die Förderung des Sprechens in der
Zielsprache einsetzbar sind. Auch die Kamera- oder Video-App kann Sprechanreize
liefern. Im Projekt ‚FilmSprache-Begegnung‘ (vgl. https://filme-foerdern-sprache.org/,
Abrufdatum 25.07.2017), welches 2015 begann, kooperierten Wissenschaftler aus
verschiedenen Ländern. Über 30 Schüler nahmen teil und Aufgabe war es, einen Film in
der Zielsprache zu drehen. Das Projekt zielte darauf ab, dass die Schüler kommunikativ
und zweckgebunden sprechen lernen. Dabei haben sie auch Tablets benutzt, um die Filme
zu bearbeiten. Das Projekt ist insofern beispielhaft für den Ansatz, Sprechen durch
interessante, informative und kreative Übungen zu fördern. Auch die drei Lehrer, die auf
Frage 8 antworten, dass sie ‚Kreativität‘, ‚entdeckendes Lernen‘ und ‚Alles‘ fördern
wollen, stützen die These, wonach die Anwendung und Bündelung verschiedener
Übungen diesem Sinn am ehesten Rechnung trägt.
Im fremdsprachlichen Unterricht sorgt eine Struktur dafür, dass der Ablauf des
Unterrichts nach einem systematischen Plan verläuft. Diese Lehrphasen sind auch
Bestandteil des DaF-Unterrichts. Zimmermann (1988, S. 160), der diese
Unterrichtsplanung ‚Lehrphasenmodell‘ nennt, hat den fremdsprachlichen Unterricht
bzw. dessen Unterrichtseinheiten in fünf Phasen unterteilt: Präsentation, Einübung,
Kognitivierung, Transfer und Anwendung. Sie wurden ursprünglich für den
Grammatikunterricht entworfen, änderten sich im Laufe der Zeit, haben ihren Sinn aber
im Kern behalten. Da diese Phasen eine große Bedeutung im DaF-Unterricht besitzen,
55
wollte ich in der neunten Frage (siehe Abb. 9) herausfinden, in welcher Phase Lehrer
Apps am meisten benutzen.
Der Drang, Unterricht in Sequenzen oder Phasen, also in klar voneinander abgegrenzte
Lernschritte zu gliedern, ist auch eine Reaktion auf die Tatsache, dass gerade bei
jugendlichen Lernenden die Aufmerksamkeitsspanne nach einer gewissen Zeit nachlässt,
dass Erfolgserlebnisse zur Aufrechterhaltung der Motivation vonnöten sind. (Ende,
Grotjahn u.a. 2013, S. 98)
Nicht nur bei Jugendlichen, sondern bei allen Altersgruppen, wirkt Unterricht ohne
Phasen monoton. Dies führt dazu, dass die Lernenden sich langweilen und unmotivierter
die Zielsprache lernen. Da bereits feststeht, dass der Einsatz mobiler Endgeräte
Aufmerksamkeit erweckt und die Lernenden zum Lernen motiviert, wurden die Lehrer in
der Umfrage indirekt gefragt, in welcher/-n Phase oder Phasen sie Apps verwenden.
(Abb. 9) Antworten der Lehrkräfte, in welcher Unterrichtsphase sie die Apps verwenden
An erster Stelle fällt auf, dass nicht die Motivations- und Festigungsphase im Vergleich
zu den anderen Phasen im Vordergrund stehen, wie auch im theoretischen Teil dieses
Beitrags angerissen wurde, sondern fast alle Phasen gleichermaßen ausgewählt worden
sind. Weiterhin stellt sich heraus, dass mehr als die Hälfe der Lehrer Apps in der
Anwendungsphase verwenden. Dies ist interessant, da die Zielsprache so mutmaßlich in
einer natürlichen Situation benutzt werden muss – obgleich nicht gesagt werden kann,
wie konkret vorgegangen wird. Es lässt sich jedoch mutmaßen, dass die Lehrer die Apps
56
zum face-to-face-Austausch in der Zielsprache mit anderen DaF-Lernenden oder mit
Muttersprachlern anwenden. Kommunikativ verbindende Apps wie Skype, WhatsApp,
Facebook, Viber usw. haben Videochat-Funktionen, mit denen Personen synchron
kommunizieren können. Diese Apps wurden auch mehrmals in den Antworten von den
Lehrkräften genannt. Durch die Videokamera-Funktion können Sprachlernende direkt
mit Muttersprachlern in Kontakt treten, synchron oder asynchron sprechen und schreiben
und auch Kultur und Land der Zielsprache (je nachdem, in welchem Land oder Umfeld
sie sich befinden) live erleben und davon profitieren. Derlei würde sich effizient in eine
Anwendungsphase einfügen lassen. Natürlich haben solche Apps auch negative Effekte
für die Lehrer, da sie nicht alles, was gesprochen wird, zur gleichen Zeit und am selben
Ort mithören oder kontrollieren können. Auch kann es dazu kommen, dass die Lernenden
nicht sprechen oder sich unwohl fühlen, wenn sie ad-hoc mit einem Gesprächspartner
interagieren sollen, auch wenn kein Gesprächsanlass besteht. Kooperationsprojekte
können daran scheitern, weshalb der Lehrer früh ‚ins Spiel‘ kommen muss: Themen,
Sprachniveau und Aufgabenstellung müssen sorgfältig geplant werden, damit eine
Kommunikation zwischen den Lernenden erweckt wird.
69,6% der Lehrkräfte gaben an, dass sie Apps in der Festigungsphase und zu
62,7% in der Motivationsphase anwenden lassen. Dies widerspricht nicht den
Erwartungen, da man viele Materialien für die Motivierung und Festigung finden kann.
Anscheinend können die Lehrer auch für die anderen Phasen Apps finden, die in die
Unterrichtszenarien passen. Es gibt viele Apps, die mit kreativen Ideen der Lehrer und so
mit dem Unterricht verknüpft werden können. Leider kann man der Umfrage nicht
entnehmen, wie die Apps in den Phasen verwendet werden. Es lässt sich aber vermuten,
dass in allen Phasen durch soziale Medien eine Einführung erfolgt. Deren Einfluss wurde
in der zehnten Frage untersucht.
6.3 Der Einfluss der sozialen Medien
Da die zehnte Frage (siehe Abb. 10) obligatorisch war, mussten alle 200 Lehrer, die an
der Online-Umfrage teilgenommen haben, selbige beantworten.
57
(Abb. 10) Antworten der Lehrkräfte auf die Frage ‚Verwenden Sie soziale Medien im
DaF-Unterricht? Wenn ja, welche?‘
Smartphones und Tablets werden nicht nur für Kommunikation angewendet, sondern
auch dafür, um in sozialen Netzwerken aktiv zu sein. Personen, die einen Account bei
Instant-Messaging-Diensten wie Facebook, WhatsApp, Twitter, Instagram und vielen
anderen Alternativen besitzen, möchten immer auf dem neuesten Stand bleiben: Auf
mobilen Endgeräten muss man dafür nur von oben nach unten scrollen, und in einigen
Sekunden kann man lesen und sehen, was auf der Welt geschieht, was zum Trend
geworden ist oder was Freunde gepostet haben. Der Grund dafür, dass man das Internet
nicht mehr ‚nur‘ für E-Mails, das Sammeln von Informationen und deren Bearbeitung etc.
nutzt, sondern jeder im Internet etwas kommentieren oder posten kann, lässt sich auf
Entwicklungen des sog. Web 2.0 zurückführen. Durch Web 2.0 hat sich die
Kommunikationsweise fundamental geändert. Es trägt nicht umsonst den Beinamen
‚Mitmach-Web‘, da jeder auf vielen Web-Seiten etwas produzieren und selbst etwas
beitragen kann.
Der Begriff Web 2.0 hat […] sehr schnell Karriere gemacht. Verwiesen wird damit vor
allem darauf, dass die Nutzer des Internets sich zum einen immer mehr aktiven Produzenten
der Inhalte entwickelt und dass zum anderen der moderne Mensch im beruflichen und im
privaten Leben fast ohne Pause auf verschiedenen Kanälen kommuniziert. (Ehrhardt, 2009,
S. 172)
58
Ehrhardts knapp zehn Jahre alten Postulate zur Stellung des Netznutzers als Produzenten
und zum ununterbrochenen Kommunikationsaustausch haben sich seither nicht nur
bestätigt, sondern eher intensiviert. Parallel entwickelten sich auch die sozialen Medien
weiter, die diesen Prozess möglich machen. Auch Kinder und Jugendliche, die ein
mobiles Endgerät und einen Internetzugang besitzen, sind davon betroffen. Laut KIM-
und JIM-Studie 2016 kam heraus, dass sie täglich in den sozialen Netzwerken unterwegs
sind. Die meisten Kinder und Jugendlichen können und wollen sich nicht von diesen
Plattformen fernhalten. Soziale Medien sind aus dem Leben der digitalen Generation
nicht wegzudenken. Es ist für Lehrer oft schwierig, mit solchen Medien umzugehen (vgl.
dazu auch Frage 11). Sie sind sich unsicher, ob sie ihrem methodisch-didaktischen Feld
passen. Da aber Tatsache bleibt, dass sich weder die Entwicklung noch die Nutzung von
sozialen Medien abnehmen wird, ist es wichtig, dass die Lehrkräfte nicht alle Türen zu
diesen zu verschließen. Es geht eher darum zu verstehen und zu wissen, dass diese
Plattformen ihren Unterricht positiv bedingen können. Sie können dazu beitragen, dass
die Lernenden motivierter lernen. „Gleichzeitig können die Social-Media-Plattformen
ganz hervorragende und ergänzende Dialog- und vor allem Vernetzungschancen liefern
[…]“ (Ruisinger 2011, S. 152).
Strasser (2017, S. 8-11) führt eine Reihe an Attributen an, die Web-2.0-Tools in der
Klasse bewirken können: „Web 2.0 is interactive[,] creative[,] open source[,]
collaborative[,] fast, expands knowledge[,] provides the target language[,] supports digital
literacy[,] authentic[,] environmentally friendly[,] motivational[,] democratic“ (ebd., S. 8-
11). Dem stehen die Antworten der zehnten Frage entgegen, da die Nutzung der sozialen
Medien laut Umfrage gering ausfällt, obwohl laut Statista allein auf Facebook rund 2
Milliarden aktive Nutzer unterwegs sind (vgl. http://bit.ly/2daz7Yr, Abrufdatum
27.07.2017). Nur 28% der Befragten gaben an, dass sie im DaF-Unterricht Facebook
verwenden. Diese Plattform kann nicht nur für Schreibaufgaben dienen, sondern stellt für
die Schüler ein vertrautes Gebiet dar, in dem sie sich frei und ungezwungen äußern
können. Schüler, die sich im Unterricht nicht trauen zu melden, bekommen hier die
Chance, sich mit kreativen Ideen auszutoben: Sie können kurze Videos posten, auf denen
sie nicht zwingend selbst zu sehen sein müssen, und erproben so die Zielsprache. Sie
können Bilder und Fotos aus ihrem eigenen Leben hochladen oder andere Meinungen
kommentieren. Wenn Schüler etwas falsch schreiben oder sprechen, kommt es manchmal
dazu, dass sie von ihren Mitlernenden korrigiert werden, also durch Peer-Feedback.
59
Bei der Nutzung der Facebook-App ist es am wichtigsten, dass auch der Lehrer
mitmacht und die Kommentare stets durchliest. Ich habe als Lehrerin fast alle Posts
kommentiert, die meine Schüler in den Facebook-Gruppen der jeweiligen Klassen
geschrieben haben. Sie haben dadurch gesehen, dass ich aktiv dabei war und als Lehrerin
alles verfolgte. Dies sollte sich natürlich nicht wie eine ständige Kontrolle anfühlen,
sondern Aufmerksamkeit signalisieren, die ich meinen Schülern entgegengebracht habe.
Manche Lehrer empfinden dies jedoch als unbezahlte Zeitverschwendung, die es aber
nicht ist, da die Lerner viel aktiver und motivierter lernen, was wiederum manche Stellen
des Unterrichts erleichtert. Die Schüler erwarten jede Woche neue interessante Projekte
oder Posts auf Facebook. Und wenn ein Lehrer keine Zeit für ein paar Sätze aufwenden
möchte, kann er alternativ in wenigen Sekunden ein Emoji senden, das ebenfalls als
virtuelle Sprache fungiert. Durch Emojis werden Gefühle oder Stimmungslagen durch
kleine Bilder symbolisiert.
Forschungen ergaben, dass Facebook einen positiven Einfluss auf das
Sprachenlernen hat. Blattner und Fiori (2009) haben in einer Fremdsprachenlerngruppe
Facebook anwenden lassen. Sie kamen zu dem Schluss, dass dies viele Vorteile in puncto
authentischer Sprachinteraktion nach sich zog, das sich ein Sprachbewusstsein bei den
Lernern aufbaute, die Motivation der Lerner dadurch erhöht wurde und sich ihre
Leistungen verbesserten. Auch Sablotny hat für seine taiwanesischen Studenten eine DaF-
Facebook-Gruppe angelegt und diese sogar in das Gesamtcurriculum integriert:
Auf der Ebene der Präsentationsformen bietet die FB-Gruppe durch die einfache
Einbindung digitaler Inhalte Lehrenden und Studierenden die Möglichkeit, unterschiedlich
codierte und auf verschiedene Sinnesmodalitäten abzielende Inhalte nebeneinander zu
verwenden und so die Kommunikation im Rahmen von Interaktionsprozessen
möglicherweise noch effektiver, zumindest jedoch vielfältiger zu gestalten und dabei
unterschiedliche Zugangswege für die Kommunikation zu eröffnen. (Sablotny 2017, S.
56f)
Sablotny wendet zugleich ein, dass bei der Anwendung von Facebook einige
Schwierigkeiten auftraten: etwa der Umgang mit sprachlichen Fehlern oder – aus Sicht
der Lehrkraft – die Suche nach einem „angemesse[n] Gleichgewicht zwischen korrektiver
Rückmeldung, Öffentlichkeit und Gesichtswahrung, Autonomie und Restriktion“ (ebd.
S. 79). Letzteres könne aber mit cleveren Lösungsansätzen bearbeitet werden. Auf
Facebook und andern sozialen Medien können immer wieder Probleme auftauchen, doch
es finden sich fast immer Lösungen.
60
Es gibt viele soziale Medien, deren Basisfunktionen (wie: Instant-Messaging, das
Anlegen von Gruppen und das Versenden von Videos/Fotos/Sprachnachrichten) denen
von Facebook ähneln, z.B. die Edmodo App, die von drei Lehrern in der Online-Umfrage
angegeben wurde. Die App ist jedoch wie ein soziales ‚Lern‘-Netzwerk aufgebaut. Auf
der Seite kann man nur Schulklassen oder Lehrer finden. Sie ist also nicht wie Facebook,
wo jeder jeden hinzufügen kann (wenn das Konto nicht auf privat eingestellt ist).
Eine weitere interessante Facette der Antworten ist, dass 26,5% der Lehrkräfte
angaben, im DaF-Unterricht WhatsApp verwenden zu lassen, welches seit 2014 ebenfalls
zu Facebook gehört. Beide Instant-Messaging-Dienste, also Facebook und WhatsApp,
dienen für eine zeitnahe Kommunikation, die einen großen Stellenwert beim Lernen
besitzt. Dennoch ist es bemerkenswert, dass ein Viertel der Befragten diese anwenden, da
sich viele Lehrer weigern, ihre Smartphone-Nummern oder E-Mail-Adressen
bekanntzugeben, da sie dies als Eingriff in ihre Privatsphäre auffassen. Damit haben sie
auch Recht. Daraus leitet sich jedoch nicht ab, dass man überhaupt keine sozialen Medien
benutzen soll bzw. kann. Bei Facebook z.B. können Lehrer sich pseudonyme Zweit-
Accounts anlegen und durch Gründung einer geschlossenen Gruppe Schüler nach einer
Anfrage in diese einladen. Außerdem kann man auf Facebook in den Einstellungen das
Profil so bearbeiten, dass niemand jemanden hinzufügen und auch keine Nachricht senden
kann. Die Privatsphäre kann also bei Facebook sehr gut geschützt werden.
Auch bei WhatsApp gibt es Privatisierungsmöglichkeiten, indem man z.B. die
Gruppe stummschaltet oder Nummern blockiert, was für den Lernprozess jedoch nicht
immer förderlich ist. WhatsApp hat Funktionen, die durch Updates weiterentwickelt
werden. Die App verfügt über eine Push-Benachrichtigungsfunktion, durch die man eine
Sprachnachricht in einer Gruppe oder an jemanden senden kann. Auch können
Nachrichten eingesprochen und diese durch das Smartphone oder Tablet automatisch in
Text umgewandelt werden. Manchmal können bei diesen Funktionen Komplikationen
auftreten. Die App kann nicht immer die einzelnen Wörter decodieren, weshalb diese
falsch ausgegeben werden. Dennoch macht diese Funktion vieles für die Nutzer bzw.
Lernenden leichter, da sie nicht immer wissen, wie ein Wort geschrieben wird. Auch die
automatische Korrektur, die in den Einstellungen auf den mobilen Endgeräten aktiviert
werden muss, hilft dabei, Wörter richtig zu schreiben, was wiederum das Lernen
unterstützt. „Durch diese Unterstützung können Sprachlerner entlastet werden – sie haben
weniger Angst, fehlerhafte Nachrichten abzuschicken und erhalten auch weniger
fehlerhafte Antworten“ (Biebighäuser/Marques-Schäfer 2017, S. 84).
61
Die hohe Kommunikationsgeschwindigkeit macht WhatsApp zu einer der
attraktivsten Apps, die es bislang gab. In der Jim-Studie 2016 kam heraus, dass 95% der
Jugendlichen WhatsApp nutzen, davon 89% täglich (vgl. Jim-Studie 2016, S. 31). In
derselben Studie kam heraus, dass „WhatsApp […] in allen Altersgruppen an der Spitze
[liegt]“ (ebd.). Dennoch ist der Einsatz solcher Instant-Messaging-Apps schwieriger als
man denkt. Aussagen von Lernenden, die nichts mit den gesetzten Themen zu tun haben,
die Zeiten, zu denen Nachrichten gesendet werden, Deadlines und die mangelnde
Höflichkeit bzw. der raue Umgangston in diesen Medien sind nur einige Punkte, die die
Lehrer davon abhalten, solche Apps im Unterricht zu verwenden. Lehrer müssen
deswegen klare Regeln mit den Lernenden ausformulieren und festlegen, denn nur
dadurch können solche Schwierigkeiten überwunden werden. Nicht immer haben Regeln
jedoch positive Effekte auf das Lernen. Schart und Legutke deuten darauf hin, dass
Regeln Sicherheit verleihen, aber die Kreativität der Lernenden mindern:
Sie erleichtern Lehrenden die Organisation des Unterrichts, behindern dann dessen
Weiterentwicklung, wenn sie zu Routinen erstarren, deren Sinn nicht mehr verstanden
wird. Sie helfen den Beteiligten dabei, ein Arbeitsbündnis zu schließen und fördern das
Bewusstsein für die Lerngemeinschaft, haben jedoch ebenso das Potenzial, übermäßigen
Anpassungsdruck zu erzeugen. […] Deshalb ist es notwendig, Regeln und Rituale
regelmäßig danach zu befragen, ob sie in den Augen von Lehrenden und Lernenden noch
die gewünschten Effekte erzielen oder angepasst werden sollten. (Schart/Legutke 2012, S.
101)
Es ist daher wichtig, die Regeln kontinuierlich zu aktualisieren und mit den Lernenden
über diese zu diskutieren, wenn diese nicht funktionieren oder sich als nicht
zweckdienlich erweisen.
Als beliebteste angegebene App in der zehnten Frage entpuppte sich YouTube.
137 von 200 Personen haben angegeben, dass sie YouTube im DaF-Unterricht
verwenden. Wirklich erstaunlich ist das nicht, da YouTube
• ferne Orte ins Klassenzimmer bringt
• interessante Themen beinhalten kann, die in den Unterricht passen oder auch
Lehr-und Lernvideos bereitstellt.
Dies wäre ohne YouTube in dieser Vielfalt undenkbar: Viele YouTube-Nutzer benötigen
keinen Fernseher mehr, da fast alle Programme auf der Plattform durch Live-Stream
gezeigt werden. Überdies ist YouTube dem Web 2.0 zuzurechnen, da man Videos selbst
drehen und (kostenlos) hochladen kann. Dies ist sehr einfach. DaF-Lehrer öffnen jedoch
62
meist Videos, damit die Lernenden Muttersprachler hören und sehen. Auch
landeskundliche und kulturelle Aspekte kann man auf dieser Plattform finden, etwa
Sehenswürdigkeiten oder Historisches.
Des Weiteren trat in der zehnten Frage zum Vorschein, dass nur 6% der Befragten
Instagram im DaF-Unterricht benutzen. Instagram ist eine der meist konsumierten Apps
unter Jugendlichen. Man kann sie – wie auch Facebook und WhatsApp – zugleich als App
oder im Web-Browser kostenlos benutzen. Bei Instagram kann man schnell Fotos oder
Videos hochladen und diese mit Emojis, einem virtuellen Sticker und Beschriftungen
schmücken. Unter hochgeladenen Fotos oder Videos kann man zudem etwas schreiben.
Durch andere Funktionen kann man diese auch in anderen sozialen Netzwerken teilen.
Dies vereinfacht auch die Lehre, wenn z.B. Schüler ohne Instagram-Account trotzdem via
Facebook sehen können, was gepostet wurde. Mit einem Hashtag (#) kann man zu
anderen Fotos oder Videos weiterleiten. Wie in anderen sozialen Medien ist es möglich,
dass eigene Konto auf ‚privat‘ umzustellen, damit nicht jeder frei kommentieren kann.
Damit nun eine Interaktion zwischen den Lehrern und Lernern entsteht, müssen sie sich
gegenseitig ‚Folgen‘. Instagram wird nur für kurze Informationsaustausche verwendet.
Lange Texte wirken langweilig, weshalb Lehrer generell nur bestimmte Informationen
veröffentlichen: z.B. Hausaufgabenerinnerungen oder im Unterricht bearbeitete
Aufgaben. Durch neue Funktion der App kann man auch bei Instagram Videos hochladen
(Insta-Stories), die nach 24 Stunden (ähnlich wie bei Snapchat) automatisch gelöscht
werden. Diese Funktion wird beliebter, weshalb WhatsApp ähnliches in seiner App
einrichtete.
Snapchat wurde 2011 noch speziell für diese Funktion entwickelt. Diese sieht vor,
hochgeladene Fotos oder Videos an Follower zu senden, worauf sich diese nach der
Öffnung nach wenigen Sekunden selber löschen. Business Insider schrieb in einem
Artikel, dass Snapchat-Benutzer jeden Tag zwischen 25 bis 30 Minuten mit der App
verbringen (vgl.: Carson, Biz: Here's everything you need to know about how many
people are using Snapchat, 02.02.2017, http://bit.ly/2w6hUce, Abrufdatum 28.07.2017).
Vier der Lehrer haben in der Online-Umfrage angegeben, dass sie Snapchat im DaF-
Unterricht benutzen. Die Schnelligkeit dieser App könnte zur Steigerung der Motivation
führen. Leider können keine Aussagen darüber getroffen werden, wie oft die App benutzt
wird.
In der Online-Umfrage gab es auch die Option ‚Twitter‘, die von zehn Lehrern
ausgewählt wurde. Twitter ist vielleicht das ‚unkontrollierbarste‘, aber dafür das am
63
meisten authentische soziale Netzwerk. Laut Eigenaussage des Konzerns twittern 328
Millionen Menschen jeden Monat aktiv. 82% davon seien mit ihren mobilen Endgeräten
unterwegs (vgl. https://about.twitter.com/de/company, Abrufdatum 29.07.2017). Das
Netzwerk ist benutzerfreundlich und sehr einfach zu bedienen. Dabei kann man
Nachrichten aus aller Welt in nur wenigen Sekunden erhalten. Es gibt auf der Web-Seite
29 Sprachoptionen, die es bei vielen sozialen Netzwerken oder Apps nicht gibt, mit
Ausnahme von Facebook, welches 108 Sprachoptionen beinhaltet. Twitter lässt sich als
‚Mikroblogging-Netzwerk‘ beschreiben, da man nur 140 Buchstaben auf einmal
veröffentlichen kann. Strasser (2017, S. 183-187) gibt einige Lehr- und Lernszenario-
Beispiele, die man durch Twitter anwenden kann. Er schlägt vor, dass man mit den 140
Buchstaben Kurzgeschichten mit den Lernenden entwickeln könnte. Er listet an gleicher
Stelle weitere Lehr-Variationen durch Twitter, die mit dem Hashtag-Zeichen in den
Unterricht schnell und effizient eingebettet werden können. Wenn man auf Twitter z.B.
#deutschlernen eingibt, werden hunderte von Nachrichten (wie Videos über Deutschland,
deutsche Musik, Fragen über deutsche Grammatik usw.) gelistet. Es sind nicht nur
anonyme Personen auf den Twitter-Seiten unterwegs, sondern auch offizielle/staatliche
wie die Deutsche Welle, die auf Twitter aktiv ist. Wenn man #Deutschland eingibt und
diesen Hashtag sucht, öffnen sich landeskundliche oder alltägliche Themen (z.B. von
Zeitungen), deutsche Parteien oder Politiker, Sport- sowie Umweltthemen und vieles
weitere. Für DaF-Lerner ist Twitter theoretisch eine hervorragende Quelle, da alles kurz
und bündig geschrieben und aktuelle Themen angesprochen werden.
Man darf jedoch nicht vergessen, dass sich kulturelle, politische und
gesellschaftliche Entwicklungen rasant verändern. Da dies von sozialen Medien wie
Twitter reflektiert wird, ist es für die Lehrenden wichtig, dass sie sich vor dem Unterricht
über aktuelle Situationen informieren. Dennoch bildet dies „die Möglichkeit, über
anschauliche und authentische Bespiele an ein erhöhtes Sprachbewusstsein
heranzuführen“ (Moraldo 2015, S. 313). Manche Aussagen sind jedoch ‚zu authentisch‘,
so dass die Lerner diese nicht verstehen können. Durch die 140-Zeichen-Limitierung
greifen Nutzer häufig auf Kurzwörter, Akronyme und andere Codes zurück, die
Deutschlerner verwirren können. Hinzu tritt, dass auf Twitter die gesprochenen Dialekte
in Deutschland auf Basis ihrer Aussprache geschrieben werden, was ebenfalls zu
Verwirrungen führen kann. Twitter im Unterricht zu benutzen stellt eine große
Herausforderung dar, da man die Lerner auch nicht vor Hasskommentaren oder vor
64
unangemessenen Aussagen schützen kann. Das Ablenkungspotential im Unterricht ist
durch solche Faktoren sehr hoch.
Bei der Nutzung von YouTube-Videos werden automatisch andere Videos
vorgeschlagen, die manchmal dazu führen, dass Lerner vom Lernen abgelenkt werden.
Es gibt jedoch Alternativen, auf denen nur ausgewählte YouTube-Videos angezeigt
werden, z.B. NicerTube (vgl. http://nicertube.com/, Abrufdatum 29.07.2017). Auf Twitter
sind solche unterrichtsgemäßen Web-Seiten Mangelware. Daher muss ein Lehrer den
tatsächlichen methodisch-didaktischen und pädagogischen Sinn des Sprachunterrichts
und die Verwendung von Twitter sorgfältig planen und selbst auf Seiten, die das Lernen
beeinflussen könnten, recherchieren.
So leicht dies zunächst klingen mag, muss man einige Faktoren bedenken, wenn
man soziale Medien im Unterricht verwenden möchte. Die Anzahl authentischer Daten in
diesen Medien ist recht hoch und sie erweitert sich jede Sekunde. Der Umgang mit ihnen
ist manchmal eine Herausforderung: sowohl für Lerner als auch für Lehrkräfte.
Um mit dieser Vielfalt produktiv umgehen zu können, müssen die Lernenden und
Lehrenden eine hohe Medienkompetenz besitzen. Gleichzeitig muss die
Fremdsprachendidaktik den Lernenden Hilfestellungen anbieten, damit sie so früh und so
erfolgreich wie möglich selbständig mit diesem Material umgehen können (Rösler 2010,
S. 286).
Die hier genannte Medienkompetenz spielt in den sozialen Medien eine große Rolle, da
die Lehrenden und Lernenden nicht nur die technischen Einstellungen kennen, sondern
zudem wissen müssen, dass sie es mit Daten zu tun haben, die durch andere Personen
weiterverwendet werden könnten. Lehrer müssen daher einen Weg aufzeigen, wie dieser
Realität zu begegnen ist. Dies bedeutet, dass Lehrer den Umgang mit digital-sozialen
Medien äußerst kompetent beherrschen müssen, um diese im Unterricht behandeln zu
können. Je stärker Lehrer mobile Endgeräte auch privat benutzen, desto eher kann diesem
Anspruch entsprochen werden. Sie hätten dadurch die Option zu sehen, wie sich die
Lernenden in ihren neuen Lernumgebungen verhalten oder wie sie sich mit ihnen
weiterentwickeln. Sich in die Rolle der Lernenden hineinzuversetzen und ihre Seite zu
betrachten, ist von großer Bedeutung.
21% der Lehrenden haben die Frage, ob sie mit sozialen Medien arbeiten, negiert.
Dieser Fall tritt häufig dann ein, wenn sie dies zu viel unbezahlte Zeit kostet. Ein anderer
Grund ist, dass sie fürchten, mit Hasskommentaren konfrontiert zu werden oder in eine
65
Situation zu geraten, auf die sie nicht einwirken können, z.B. private Nachrichten. Die
elfte Frage bzw. die gegebenen Antworten verdeutlichen diese Aspekte:
Frage 11: Vervollständigen Sie bitte den Satz: Apps…
Legende
Antworten Angaben
%
1
sind nur Zeitverschwendung
3
1,9
2
haben keinen methodisch-didaktischen Mehrwert
12
7,5
3
bearbeite ich, weil es im Curriculum steht
8
5,0
4
sind schwierig im DaF-Unterricht einzusetzen, da nicht
jeder/e Schüler/in ein Smartphone hat
55
34,2
5
sind in unserer Schule usw. nicht erlaubt
21
13,0
6
können nicht genutzt werden, weil es keinen
Internetzugang an unsere Schule gibt
31
19,3
7
verwende ich nicht, weil ich mir unsicher im Umgang mit
ihnen bin
21
13,0
(Abb. 11) Die Antworten auf die Vervollständigung des Satzes ‚Apps…‘
Gebeten wurde um die Vervollständigung des Satzes ‚Apps [sind für Sie was im DaF-
Unterricht]‘. Dafür wurden den Teilnehmern sieben Antwortmöglichkeiten vorgegeben,
die in der Tabelle aufgelistet sind. Darüber hinaus hatten sie die Chance, durch die offene
1
2
3
4
5
6
7
66
Spalte weitere oder längere Aussagen zu schreiben. Diese können Anhang 6 entnommen
werden. Auf eine Anzeige als Balkendiagramm von Google-Drive wurde verzichtet, da
nicht alle – auch die vorgegebenen Antworten – angezeigt werden.
161 Lehrer haben die Angaben ausgefüllt. Die Mehrheit meinte mit 34,2%, dass
Apps im Unterricht schwierig einzusetzen seien, da nicht alle Schüler mobile Endgeräte
besitzen. Dies ist eines der größten Probleme, wenn man Smartphones oder Tablets im
Unterricht anwenden lassen möchte. Durch die rasche Entwicklung mobiler Endgeräte
aber gibt es bereits günstigere Alternativen, die von den Schulen eingesetzt werden
können. So lange Schulen Smartphones etc. nicht flächendeckend bereitstellen, sollten
Lehrer versuchen, Alternativen zu finden, wie z.B. Smartphones oder Tablets der Eltern
in die Schule mitbringen zu lassen. Ich hatte Schüler, die alte Smartphones ihrer Eltern
mit in die Schule brachten, welche ihren didaktischen Zweck erfüllten. Lehrer können
immer Lösungen finden, so sie dies möchten, auch ohne Staat und Schulleitung um
Unterstützung zu bitten.
Ein anderes Problem besteht darin, dass es an den Schulen/Institutionen keinen
Internetzugang gibt, wie 19,3% der Lehrkräfte angaben, die deswegen keine mobilen
Endgeräte im Unterricht einsetzen. Dabei gerät leicht in Vergessenheit, dass es auch Apps
gibt, die ohne Internet funktionieren. Viele davon benötigen einen WiFi-Anschluss, aber
die meisten, die schon in die Smartphones und Tablets integriert worden sind, kann man
auch offline benutzen.
13% haben angegeben, dass die Schul- oder Institutsleitung Apps im Unterricht
nicht erlaube. Es könnte mehrere Gründe geben, warum diese nicht zugelassen werden,
aber es steht fest, wie im theoretischen Teil dieser Arbeit skizziert wurde, dass sich (laut
Erhebungen wie der KIM- und JIM-Studie 2016) der Konsum der Apps bei Kindern und
Jugendlichen rasant steigert. Wie lange kann man den didaktischen Nutzen digitaler
Endgeräte bestreiten? Wenn man den Lernenden beibringt und ihnen einen Weg zeigt,
wie sich der Unterricht mit Apps bereichern lässt, so würde dies zugleich das Lernen in
der Zukunft und den Umgang mit solchen Medien besser beeinflussen. Viele Menschen
sehen mobile Endgeräte nur als Mittel für Spiel, Spaß und/oder Kommunikation. Etwas
nicht zu erlauben bringt jedoch nichts, weshalb Schul- oder Institutsleiter innovativer sein
und die Geräte in ihren Lehrräumen benutzen lassen sollten.
Hinzu tritt das Problem, dass Lehrer im Umgang mit diesen Medien nicht vertraut
sind. In der Umfrage gaben dies 13% der Lehrer an. Fast alle Sprachlernapps und Apps
der sozialen Netzwerke ähneln sich funktional und sind ähnlich strukturiert. Zudem wird
67
versucht, Apps so zu entwickeln, dass sie leicht bedienbar sind. Trotzdem weigern sich
manche Lehrer hartnäckig, Apps zu verwenden. In wie vielen Fällen tatsächlich
(womöglich altersbedingte) Kompetenzlücken der Grund sind und wie häufig das
Argument in Wahrheit als Ausrede herhalten muss, kann nicht geklärt werden. Fakt ist
jedoch, dass man wie mehrfach angedeutet kein IT-Experte sein muss, um Apps zu
benutzen.
Ebenfalls interessant ist, dass 5% der Teilnehmer Apps zu verwenden angaben,
weil es im Curriculum steht. An einigen privaten Schulen in der Türkei gibt es keine
konkreten Daten bzw. curricularen Anweisungen, wann und was im Unterricht bearbeitet
werden muss. Es gibt Lehrer-Coachs, die das Curriculum der DaF-Lehrer gestalten. Der
Vorsitzende bearbeitet es für die Lehrer und sie müssen den angegeben Stoff im
Unterricht bearbeiten, was die Kreativität der Lehrer automatisch hemmt und – zumindest
in meinem Fall – die Motivation verringert. Viele Lehrer werden zudem gebeten, das
Bearbeitete in Online-Plattformen wiederzugeben, damit auch die Eltern sehen können,
was gemacht wurde. Deshalb ist es in solchen Situationen nachvollziehbar, dass die
Lehrer nicht auch noch zusätzliche Apps in ihrem Unterricht einbetten möchten. Meistens
handelt es sich um Lern-Apps, die direkt mit dem Lehrbuch zu tun haben und bei den
Schülern nach meiner Erfahrung weniger gut ankommen. Es wäre daher sinnvoller, wenn
Lehrer andere Apps verwenden, die den Lernenden mehr Spaß machen und sie
motivieren: denn Lernen fängt mit Motivation an.
Dennoch gibt es Lehrer, die analoge Methoden beibehalten möchten und implizit
erwarten, dass Lerner mit diesen ähnlichen Leistungen erbringen, wie mit moderneren
Herangehensweisen. In der Umfrage gaben 7,5% der Lehrer an, dass Apps für sie keinen
methodisch-didaktischen Mehrwert besäßen, während 1,9% die Auffassung vertraten,
wonach Apps nur Zeitverschwendung seien. In den offenen Antworten (vgl. dazu Anhang
6) meinte ein Lehrer überdies, dass er/sie sich über diese Frage noch keine Gedanken
gemacht hätte. Ein anderer wandte ein, dass Apps oft schlecht programmiert seien und
andere meinten, dass es schwierig sei, gute Apps zu finden, oder dass sie in der Regel
unspezifisch seien. Die Mehrheit der Einzelaussagen fällt jedoch positiver aus, wie die
folgenden Beispiele zeigen:
• „super nützlich“ (Lehrkraft 8)
• „sind ein Teil meines Unterrichts und werden nur für sinnvolle Zwecke
verwendet“ (Lehrkraft 31)
68
• „benutze ich so oft wie möglich“ (Lehrkraft 42)
• „sind zeitgemäß und bereichern mein Unterricht, bringen Spaß“ (Lehrkraft 108,
vgl. Anhang 6)
Lehrkraft 147 äußerte, Apps „sollten nicht als Ersatz für andere Medien gesehen werden,
sondern sind dann einzusetzen, wenn sie das Erreichen von Lernzielen fördern.“ Es ist
wichtig für Lehrer zu wissen, dass mobile Endgeräte nicht nur für Spaß im Unterricht
dienen, sondern dass sie gezielt in den Unterricht eingebettet werden sollten.
In der zwölften Frage (siehe Abb. 12) bzw. Zuordnungsangabe wurde versucht,
die Altersgruppen der Teilnehmer zu analysieren. Dies sollte einordnen helfen, ob die
Lehrer zu den ‚Digitale Natives‘ oder zu den ‚Digitale Immigrants‘ im Sinne Prenskys
(2001) gehören. Spekuliert wird wiederholt, dass die digitalen Eingeborenen besser mit
diesen Endgeräten umgehen können, wie auch im theoretischen Teil dieser Arbeit
diskutiert wird. Ob sich diese Vermutung bewahrheitet, Lehrer der ersten Kategorie also
tatsächlich häufiger mit Smartphones und Co. im Unterricht arbeiten oder aber Lehrer der
Altersklasse 40 bis 70 zur Digitalisierung des Klassenzimmers neigen, müsste anhand
qualitativer Untersuchungen eruiert werden – etwa anhand eines Beobachtungsverfahrens
oder durch Interviews. Intention dieser Forschung war es hingegen, möglichst viele
Lehrer auf einmal zu befragen und eine erste Analyse der verschiedenen Fragen zu liefern.
(
Abb. 12) Die Altersangaben der Lehrkräfte
69
Das Tortendiagramm visualisiert die Altersgruppen. Vier Optionen standen dabei zur
Auswahl: 20-29, 30-39, 40-49 und 50-70. Die Majorität bildeten mit 35,5% die 30 bis 39-
jährigen, gefolgt von der Gruppe 40-49 (28,5%) und 20-29 (23,5%). Die Umfrage wurde
überwiegend von Lehrkräften ausgefüllt, die auf Facebook registriert und aktiv sind, da
viele dort auf meine gepostete Umfrage aufmerksam wurden und kommentierten, diese
ausgefüllt zu haben. Daraus kann man herleiten, dass Lehrer, die nicht zur Generation der
‚Digitale Natives‘ gehören, auch auf sozialen Netzwerken unterwegs sind. Man kann des
Weiteren vermuten, dass sie Wissen über sozialen Medien besitzen und den Umgang mit
ihnen beherrschen. Weiterhin stellt sich dar, dass die Lehrer, die zwischen 20-29 Jahre alt
sind, 23,5% der Befragten repräsentieren. Man kann auch hier nur vermuten, dass die
älteren Facebook-Nutzer (hierbei handelt es sich um die Befragten zwischen 30 und 70)
mehr an Facebook interessiert sind, bzw. dass sie die neuesten Nachrichten auf den
Lehrerseiten sehen oder lesen wollen. So zeigt sich erneut, dass die älteren Teilnehmer
auf dem digital-sozialen Stand des Lehrens bleiben und sich somit eigentlich, vielleicht
auch ohne es zu bemerken, im Web 2.0 weiterentwickeln.
Durch diese Alterszuordnung kam heraus, dass die jüngeren Lehrer (zwischen 20
und 39 Jahren) die Mehrheit der Teilnehmer darstellen. Aber die Zahl der älteren
Befragten, die zwischen 40 und 70 sind, ist auch nicht gering. Sie sind interessanterweise
fast so viele wie die digitalen Eingeborenen. Laut Palfrey und Gasser (2010) sind die
Digitale Natives ab den 1980er Jahren geboren, im Jahr 2017 also maximal 37 Jahre alt.
Da in der Umfrage nicht 37, sondern 40 Jahre als Altersgrenze firmierte, könnte das
bedeuten, dass die natives und immigrants, die an dieser Umfrage teilgenommen haben,
sich das Tortendiagramm fast paritätisch teilen. Gezeigt werden konnte jedoch in jedem
Fall, dass nicht nur die jüngere Generation, sondern auch ältere Personen soziale Medien
und Apps verwenden. Auf die Frage, ob die Teilnehmer Apps verwenden, antwortete die
Hälfte mit ‚Ja‘. Zudem steht fest, dass einige der Teilnehmer, die nach Prensky zu den
digitalen Eingeborenen zählen, Apps nicht immer anwenden wollen oder können. Ein
Beispiel hierfür ist Lehrkraft 152, die sich zur Alterskategorie der 20- bis 29jährigen zählt
und angegeben hat, Apps nicht verwenden zu können, weil die Schule/das Institut keinen
Internetzugang besitzt. Im Kontrast dazu steht Person 165 (Altersgruppe 50 bis 70), die
Apps verwendet, da dies seine Schüler motiviert. Aus diesen Ergebnissen geht hervor,
dass man Lehrer nicht kategorisch auf ihr Alter reduzieren sollte, da es viele Faktoren
gibt, die zur Nutzung/Nicht-Nutzung mobiler Endgeräte beitragen.
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6.4 Komplikationen bei der Befragung
Umfragen bilden eine scheinbare Objektivität ab, die gepaart mit der Einfachheit ihrer
Erstellung leicht einen universellen Wahrheitsanspruch suggerieren. Detaillierte Angaben
jedoch, etwa die Frage nach dem konkreten Einsatz von Apps in bestimmten
Unterrichtskontexten, bleiben bei quantitativen Ansätzen meist offen. Um dem
entgegenzuwirken wurde zwar mit offenen und halboffenen Fragen gearbeitet aber man
kann durch solche Umfragen keine Ergänzungsfragen stellen und so nähere Angaben
erheben. Es entstand keinerlei Interaktion zwischen den Teilnehmern, weshalb diverse
erhobene Daten automatisch neue Leerstellen produzieren, die neugierig auf detailliertere
Untersuchungen machen.
Vor der Veröffentlichung der Umfrage wurde, wie erwähnt, ein Pre-Test mit
Versuchspersonen durchgeführt, damit keine Komplikationen während der Umfrage
auftreten. Trotzdem traten bei der tatsächlichen Erhebung gewisse Unstimmigkeiten auf,
etwa in der ersten Frage (‚Wo arbeiten Sie?‘). Hier wurde nach staatlichen und privaten
Schulen gefragt, nicht aber nach Universitäten. Dabei wäre es durchaus wissenswert, ob
die Lehrkräfte an einer privaten oder staatlichen Universität arbeiten, denn sie sind der
Ort, an dem der technische Stand repräsentiert wird. Diese Information blieb jedoch offen.
Ein technischer Konflikt bestand darin, dass in der Umfrage nicht alles
Geschriebene gelesen werde konnte (siehe Abb. 13). Um an die Antworten zu gelangen,
muss zunächst eine Excel-Tabelle heruntergeladen werden. Da die Tabelle nicht sehr
übersichtlich ist, kann man die Antworten nur durch eine kurze Suche finden, was
wiederum zeitaufwändig ist. Die Fragen und auch Antworten können nicht durch ein PDF
heruntergeladen werden, da ein solches nicht für Google-Drive-Umfragen existiert. Das
trug dazu bei, dass die meisten Abbildungen, die als Screenshots in die Arbeit einflossen,
keine hohe Auflösung haben und daher verschwommen wirken.
(Abb. 13) Beispiel auftauchender Schwierigkeiten in der Online-Umfrage
7
7
Der Screenshot zeigt einen Teil der Umfrage, die normalerweise in Abbildung 5 (vgl. Kapitel 6)
eingeflossen wäre. Aufgrund der im Fließtext geschilderten Probleme wurde alternativ manuell eine
Tabelle erstellt, die die Forschungsergebnisse aufzeigt.
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Auch die Apps, die von den Lehrern benutzt werden, konnte nicht detaillierter erforscht
werden. Wie haben die Lehrer sie benutzt? Haben sie dabei ihre Schüler motivieren
können? Wie haben sie sich verhalten und wie kam es bei den Schülern an? Solche Fragen
müssten durch qualitative Forschungen beantwortet werden. Es wurde in dieser Umfrage
aber versucht, die quantitative Umfrage durch offene Fragen und Antworten mit
qualitativen Elementen zu ergänzen, auch wenn dieses Vorgehen nicht an die Exaktheit
ausführlicher Analysen heranreicht.
Die schwierigste Problematik war, auf welcher Web-Seite die Umfrage erstellt
werden sollte. Zunächst wurde sie auf SurveyMonkey erstellt, aber nach der zehnten
Frage ist diese Plattform nicht mehr kostenlos. Das galt auch für andere Plattformen. Da
Google eine der meist benutzten Suchmaschinen ist und kostenlos zur Verfügung gestellt
wird, wurde die Forschung auf Google Drive durchgeführt. Damit jeder nur einmal
teilnimmt, wurde dies in den Einstellungen festgelegt. Einige Minuten nach der
Veröffentlichung der Umfrage aber kamen Facebook-Kommentare, in denen es darum
ging, dass die Personen nicht teilnehmen können, weil sie einen Google-Account
benötigen. Daher wurde die Online-Umfrage nicht mehr begrenzt, sondern für alle
freigeschaltet. Dies war bedenklich, weil Lehrer potentiell erneut die Umfrage ausfüllen
konnten und dadurch die Zuverlässigkeit der Forschung ins Schwanken käme. Auf eine
neuerliche Eingrenzung wurde verzichtet, da die meisten Versuchspersonen in der Regel
weder Zeit noch Lust haben, zweimal an derselben Umfrage teilzunehmen, und das
Manipulationsrisiko als gering eingeschätzt werden konnte.
6.5 Zusammenfassung
Trotz gewisser Komplexitäten und Schwierigkeiten konnten viele Daten erhoben werden,
die wichtige Forschungsergebnisse lieferten. Es stellte sich heraus, welche große Rolle
soziale Medien bereits heute im Unterricht spielen. Einige Lehrkräfte haben auch die
offen gestellten Fragen beantwortet, was die Forschung ebenfalls positiv beeinflusste.
Dadurch entstanden Angaben, die detaillierter erhoben werden konnten.
Das Thema hat bei vielen Lehrern große Aufmerksamkeit geweckt. Dies konnte
man bereits den Kommentaren der Lehrer auf den Facebook-Seiten entnehmen. Daran
kann man erkennen, dass die Lehrkräfte gegenüber mobilen Endgeräten wenig Scheu
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haben, sondern ihnen mit Neugier begegnen und neue Wege suchen, damit im Unterricht
umzugehen. Wenn auf einer DaF-Seite etwas über die digitalen oder neuen Medien
veröffentlicht wird, scheint jeder etwas beitragen zu wollen; und so war es auch unter der
von mir geposteten Umfrage. In der Umfrage selbst konnte man erkennen, dass viele
Lehrer eigentlich sehr aktiv mit Apps umgehen. Dies hat sich anhand der sechsten Frage
und deren Antworten herauskristallisiert. Obwohl nicht alle der Teilnehmer antworteten,
wurden mehr als 200 App-Namen/Arten genannt. Manche davon kamen mehrmals vor,
dennoch sollte diese Zahl nicht unterschätzt werden. Sie zeigt, dass sich Lehrer bewusst
sind, dass es einen technischen Fortschritt gibt und dies auch die Lernszenarien ändert.
Auf der anderen Seite war es interessant zu sehen, dass fast die Hälfte der
Befragten keine mobilen Endgeräte verwendet. Dazu wurde jedoch häufig relativierend
geschrieben, dass dies entweder von der Schulleitung verboten sei oder es keinen
Internetzugang an der Schule gäbe. Jedoch steht fest, dass es Lehrer gibt, die Apps im
DaF-Unterricht trotz der Verbote anwenden.
7 Fazit und Ausblick
Der Unterricht kann in der Regel oder im klassischen Sinne nicht ohne einen Lehrer
stattfinden. Lehrer sind ein Bestandteil des Unterrichts. Sie sind diejenigen, die den
Schülern den Weg zeigen, wie gelernt wird oder gelernt werden kann. Deswegen war es
in diesem Bericht wichtig, aus Sicht der Lehrer zu erforschen, ob und wenn ja welche
Apps sie im DaF-Unterricht verwenden. Es kann resümiert werden, dass die Mehrheit der
Lehrer, die an der Online-Umfrage teilgenommen haben, Apps im Unterricht verwenden.
Die Mehrheit ist sich im Klaren, dass die mobilen Endgeräte von den Lernenden auch in
der Zukunft als Lehrgegenstand angewendet werden. Einige Lehrer beschrieben, dass sie
Apps anwenden, da immer mehr Lehrbücher mit ihnen kombiniert eingesetzt werden.
Lehrbücher spielen daher eine wichtige Rolle bei der Nutzung von Apps.
Es besteht aber ein Fragezeichen, wie man Apps in den DaF-Unterricht einfügen
soll. In den Antworten gaben manche Teilnehmer an, dass sie nicht mit der Arbeit mit
mobilen Endgeräten vertraut sind oder keinen methodisch-didaktischen Mehrwert in der
Nutzung dieser Geräte sehen. Solche Vorurteile können auf vielerlei Wegen abgebaut
werden: durch Workshops, Konferenzen oder Institute, die Lehrern beispielhafte
Unterrichtszenarien nahebringen. Auch die Lehrwerke, die dazu beitragen, mobile
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Endgeräte in den Unterricht einzubetten, sind ein Gewinn für die Weiterentwicklung der
Apps im DaF-Unterricht.
Lehrer sollten daher nicht durch das Bildungssystem im Stich gelassen, sondern
immer wieder über die rasante Entwicklung der Apps informiert werden. Der Staat sollte
nicht nur Tablets zur Verfügung stellen, sondern auch zusammen mit den Lehrern (oder
gar den Lernenden) kooperieren und Curricula aufbauen. Wie auch in der Umfrage
herauskam, gibt es viele Lehrer, die die digitalen und mobilen Medien im Unterricht
sinnvoll finden. Solche Ansätze wären ein erster Schritt für die Weiterentwicklung der
Apps im DaF-Unterricht.
Veränderungen beim Lernen einer fremden Sprache gab es immer und wird es auch
in Zukunft geben. Früher gab es andere Theorien und Methoden, die diskutiert und
kritisiert wurden. Heute liegt der Schwerpunkt dieser Debatten auf der Digitalisierung
und beim mobilen Lernen. Der Haken ist hierbei, dass sich dieser Bereich mit enormer
Geschwindigkeit entwickelt, so dass es der Forschung schwerfällt, handfeste Ergebnisse
vorzuweisen und neue Forschungsgebiete zu entwickeln. Desto wichtiger ist es, dass es
immer eine Forschungs- und Untersuchungskooperation zwischen Lehrern, Schülern und
Bildungssystem gibt. Denn man konnte der hier ausgewerteten Online-Umfrage
entnehmen, dass die Lehrer das Potenzial in der Arbeit mit mobilen Endgeräten sehen,
wegen diverser Mangelfaktoren aber nicht weiterführen können. Dazu zählen Zeit, die
Medienkompetenz der Lehrer/Lerner und auch finanzielle Aspekte. Die wichtigste
Herausforderung für die Lehrenden ist, die Planung des Unterrichts mit Apps methodisch-
didaktisch und pädagogisch mit den Themen des Curriculums zu vereinbaren. Dies
bedeutet nicht, dass es nicht möglich wäre, sondern dass man dafür manchmal etwas Zeit
investieren muss.
Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass ich auch als DaF-Lehrerin einige
Schwierigkeiten bei der Nutzung der Apps im Unterricht hatte oder immer noch
manchmal habe. Aber dies hält mich nicht auf, da die Digitalisierung nicht mehr
wegzudenken ist. Lehrer sollten immer auf dem Laufenden bleiben, weiter recherchieren
und nicht aufgeben. Denn wie auch in dieser Thesis erläutert wurde, ist es sehr wichtig
die digitale Generation zu verstehen und deren Interessen zu verfolgen: Ein Lehrer muss
immer auch ein Lerner bleiben, um sich weiterzuentwickeln.
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Abbildungsverzeichnis
(Abb. 1) Veränderung der Lebensinhalte nach Belwe und Schutz, S. 36
(Abb. 2) Antworten der Lehrkräfte auf die Frage „Wo arbeiten Sie?“, S. 40
(Abb. 3) Antworten der Lehrkräfte auf die Frage „Welche digitalen Medien gibt es in
Ihrem Arbeitsraum/Klassenraum?“, S. 42
(Abb. 4): Antworten der Lehrkräfte auf die Frage „Bringen Ihre Schüler/innen digitale
Medien mit in den DaF-Unterricht? Wenn ja, welche?“, S. 42
(Abb. 5): Antworten der Lehrkräfte auf die Frage „Benutzen Sie digitale Medien im DaF-
Unterricht? Wenn ja, welche?“, S. 44
(Abb. 6): Antworten der Lehrkräfte auf die Frage