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Modernes Human Resources Management: Guerilla Recruiting als Instrument des Employer Branding

Authors:
  • University of Applied Science Ansbach

Abstract

Die Suche nach geeigneten Fachkräften wird für Unternehmen zunehmend herausfordernd. Sowohl demografische als auch arbeitsmarkt- und generationsspezifische Veränderungsprozesse erfordern ein Umdenken im Personalmanagement. Die konsequente Ausrichtung eines Arbeitgebers auf potentielle Mitarbeiter ist ein möglicher Ansatz, den geänderten Rahmenbedingungen zu begegnen. Dabei bedient sich das Personalmanagement (Human Ressource Management, HRM) zunehmend Instrumentarien des Marketings, um ein Unternehmen als attraktive Marke für Arbeitnehmer zu positionieren (Employer Branding). Insbesondere unkonventionelle Instrumentarien, wie das Guerilla Marketing, werden als Guerilla-Recruiting Maßnahmen im Personalbereich immer häufiger eingesetzt. Dieser Beitrag beleuchtet Guerilla-Recruiting als Instrument des modernen Personalmanagements. Dafür wird die Entwicklung des unkonventionellen Recruiting-Ansatzes sowie dessen Einordnung innerhalb des Employer Branding dargestellt. Die inhaltsanalytische Analyse 30 durchgeführter Guerilla-Recruiting Kampagnen aus der HR-Praxis zeigt branchenübergreifend, dass zumeist große Unternehmen das innovative Instrument auf der Suche nach kreativ oder analytisch arbeitenden Spezialisten nutzen. Eine tiefgehende Betrachtung unkonventioneller Recruiting-Aktionen innerhalb der Werbeindustrie identifiziert mittels multi-dimensionaler Skalierung (MDS) zudem vier Typen des Guerilla Recruitings: (1) Ambient-Recruiting, (2) Trojan-Recruiting, (3) Conspiracy-Recruiting und (4) Viral-Recruiting. Aus diesen Erkenntnissen generiert der Beitrag Implikationen für die Personal-Praxis und die Forschung.
Münchner Beiträge zu
MARKETING & MANAGEMENT
02/2018
Modernes
Human Resources Management:
Guerilla-Recruiting als Instrument des Employer Branding
Katharina Klug
Isabella Lang
Herausgeber
Prof. Dr. Katharina Klug
ISSN 2566-8706 (Online)
Impressum:
Münchner Beiträge zu Marketing & Management
ISSN 2566-8706 (Online)
Ausgabe Nr. 02/2018 – 1. Auflage
Herausgeber:
Prof. Dr. Katharina Klug
HS Fresenius, Fachbereich Design (AMD)
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ist ohne Zustimmung des Herausgebers unzulässig. Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil dieser Zeitschrift darf ohne schriftliche Genehmigung
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Modernes Human Resources Management:
Guerilla-Recruiting
als Instrument des Employer Branding:
Katharina Klug
Isabella Lang
München, Oktober 2018
II
Zusammenfassung
Die Suche nach geeigneten Fachkräften wird für Unternehmen zunehmend herausfordernd. So-
wohl demografische als auch arbeitsmarkt- und generationsspezifische Veränderungsprozesse
erfordern ein Umdenken im Personalmanagement. Die konsequente Ausrichtung eines Arbeit-
gebers auf potentielle Mitarbeiter ist ein möglicher Ansatz, den geänderten Rahmenbedingun-
gen zu begegnen. Dabei bedient sich das Personalmanagement (Human Ressource Manage-
ment, HRM) zunehmend Instrumentarien des Marketings, um ein Unternehmen als attraktive
Marke für Arbeitnehmer zu positionieren (Employer Branding). Insbesondere unkonventio-
nelle Instrumentarien, wie das Guerilla Marketing, werden als Guerilla-Recruiting Maßnahmen
im Personalbereich immer häufiger eingesetzt. Dieser Beitrag beleuchtet Guerilla-Recruiting
als Instrument des modernen Personalmanagements. Dafür wird die Entwicklung des unkon-
ventionellen Recruiting-Ansatzes sowie dessen Einordnung innerhalb des Employer Branding
dargestellt. Die inhaltsanalytische Analyse 30 durchgeführter Guerilla-Recruiting Kampagnen
aus der HR-Praxis zeigt branchenübergreifend, dass zumeist große Unternehmen das innova-
tive Instrument auf der Suche nach kreativ oder analytisch arbeitenden Spezialisten nutzen.
Eine tiefgehende Betrachtung unkonventioneller Recruiting-Aktionen innerhalb der Werbein-
dustrie identifiziert mittels multi-dimensionaler Skalierung (MDS) zudem vier Typen des Gue-
rilla Recruitings: (1) Ambient-Recruiting, (2) Trojan-Recruiting, (3) Conspiracy-Recruiting
und (4) Viral-Recruiting. Aus diesen Erkenntnissen generiert der Beitrag Implikationen für die
Personal-Praxis und die Forschung.
III
Abstract
Companies find it increasingly challenging to find suitable employees. Changing
demographics, labor markets and generational mindsets require rethinking in HR management.
For companies to strictly focus on potential employees might be one possible approach to deal
with such changing conditions. Hence, nowadays HR management increasingly applies
instruments adopted from marketing to position a company as an attractive employer to
potential staff (= employer branding). In particular unconventional marketing instruments such
as guerilla-marketing are more frequently adopted to the recruiting context. This study sheds
light into the concept of guerilla-recruiting as an instrument of modern HR management.
Accordingly, the development of guerilla-recruiting and its importance in employer branding
is demonstrated. A content analysis of 30 implemented guerilla-recruiting campaigns
illustrates, that mainly large enterprises use the innovative recruiting instrument in their search
for creative and analytic specialists. Additionally, using multi-dimensional scaling (MDS) four
types of guerilla-recruiting are identified among recruiting campaigns implemented in
advertising industry: (1) ambient-recruiting, (2) trojan-recruiting, (3) viral-recruiting and (4)
conspiracy-recruiting. Finally, implications are derived for human resource managers.
Key Words
Guerilla Recruiting, Employer Branding, Talent Management, Inhaltsanalyse, multi-
dimensionale Skalierung (MDS)
IV
Inhaltsverzeichnis
Seite
Abbildungsverzeichnis ........................................................................................................ V
Tabellenverzeichnis ........................................................................................................... VI
1 Marketing-Prinzipien im Human-Resource-Management ........................................ 1
2 Guerilla-Recruiting als Strategie des Employer Brandings ...................................... 2
2.1 Recruiting-Prozess im Wandel ........................................................................... 2
2.2 Adaption des Guerilla-Marketing-Ansatzes für den Personalbereich .................. 4
3 Explorative Analyse des Guerilla-Recruiting in der HR-Praxis................................ 7
3.1 Zielsetzung und methodisches Vorgehen............................................................ 7
3.2 Auswahl des Untersuchungsmaterials ................................................................ 8
3.3 Inhaltsanalytisches Betrachtung des Datenmaterials ........................................... 8
3.3.1 Unternehmensspezifische (Sender-)Informationen ................................ 10
3.3.2 Zielgruppenspezifische (Empfänger-)Informationen ............................. 11
3.3.3 Maßnahmenspezifische (Botschafts-)Informationen ............................. 11
3.4 Guerilla-Kampagnen der Werbewirtschaft ....................................................... 13
3.5 Diskussion der Ergebnisse und Implikationen .................................................. 15
Literatur ........................................................................................................................... VII
Anhang .............................................................................................................................. XII
V
Abbildungsverzeichnis
Seite
Abb. 1: Veränderung des Recruitings im Zeitverlauf ................................................................... 3
Abb. 2: Guerilla-Recruiting als unkonventionelle Methode der Personalgewinnung ................ 4
Abb. 3: Vom Guerilla Marketing zum Guerilla-Recruiting ......................................................... 6
Abb. 4: Adaption der Guerilla-Prinzipien auf das Recruiting ...................................................... 7
Abb. 5: Analyse-Ebenen auf Basis der Lasswell-Formel ............................................................. 9
Abb. 6: Ähnlichkeiten zwischen Guerilla-Recruiting-Aktionen der Werbewirtschaft ............. 14
VI
Tabellenverzeichnis
Seite
Tab. 1: Guerila-Recruiting-Kampagnen im Branchen- und Unternehmensvergleich .............. 10
Tab. 2: Exemplarische Guerilla-Recruiting-Maßnahmen ..........................................................XII
1
1 Marketing-Prinzipien im Human-Resource-Management
Unternehmen müssen derzeit weitaus mehr Anstrengungen auf sich nehmen, um qualifiziertes
Fachpersonal zu gewinnen als noch vor einer Dekade (Maheshwari et al. 2017). Insbesondere
der stetige Wandel unternehmerischer Rahmenbedingungen, der demographische Trend, die
zunehmende Komplexität in Entscheidungsprozessen und eine unsichere Prognostizierbarkeit
künftiger Ereignisse verlangt, dass Recruiting-Prozesse verstärkt flexibel gestaltet werden. um
geeignetes Personal mit den notwenigen Fähigkeiten zum gewünschten Zeitpunkt und am er-
forderlichen Ort zur Verfügung zu stellen (Drury 2016; Chhabra/Sharma 2014, Sahay 2015,
Bunker et al. 2012). Daher ist es nicht verwunderlich, dass Marketing-Prinzipien innerhalb des
Human Resources (HR) Management an Bedeutung gewinnen und die Themen Employer
Branding (dt. Bildung einer Arbeitgebermarke) und Talent Management (dt. langfristige Si-
cherung qualifizierter Mitarbeiter) zunehmend in Praxis und Forschung berücksichtigt werden.
Human Ressource Manager setzen dabei auch auf unkonventionelle Aktivitäten, die aufmerk-
samkeitsstark auf potentielle Bewerber wirken sollen. Solche sogenannten Guerilla-Recruiting-
Maßnahmen machen sich dabei die Prinzipien des Guerilla-Marketing zunutze, indem sie ge-
zielt den Überraschungseffekt nutzen (Böhlich 2012).
Während die HR-Praxis seit einigen Jahren über das Thema Guerilla-Recruiting diskutiert (z.B.
Jammali 2016; Kettner 2014; Krieger 2012; Neukam 2017; Schahinian 2017), gibt es derzeit
kaum wissenschaftlich ausgerichtete Beiträge, die sich explizit dem Guerilla-Recruiting zuwen-
den, wenngleich die HR-Fachliteratur das Thema als Instrument erwähnt (z.B. Trost 2012) und
zahlreiche Beispielmaßnahmen als Best-Practice aufzeigt (z.B. Böhlich 2012).
Der vorliegende Beitrag widmet sich explizit dem Phänomen des Guerilla Recruiting. Zum
einen wird das innovative Recruiting-Konzept aus den Prinzipien des Guerilla-Marketing ab-
geleitet und als Instrument innerhalb des HR-Managements (insbesondere des Employer
Branding) einordnet. Zum anderen werden 30 ausgewählte Guerilla-Recruiting Kampagnen in-
haltsanalytisch untersucht, um Rückschlüsse darüber treffen zu können, welche
(1) bisherige Guerilla-Recruiting Aktivitäten in der Personalpraxis umsetzt werden und
(2) aggregierten Erkenntnisse sich hinsichtlich Sender, Botschaft und Empfängers
aus diesen Maßnahmen ableiten lassen. Darüber hinaus werden Guerilla-Recruiting Kampag-
nen aus der Werbewirtschaft mittels einer multi-dimensionale Skalierung (MDS) räumlich so
gruppiert, dass deren Ähnlichkeiten und Unterschiede visualisiert werden. Der Beitrag zeigt
2
abschließend Implikationen sowohl für HR-Manager im Umgang mit Guerilla-Recruiting Maß-
nahmen als auch für Wissenschaftler, die Guerilla-Recruiting Kampagnen näher zu erforschen
beabsichtigen.
2 Guerilla-Recruiting als Strategie des Employer Brandings
2.1 Recruiting-Prozess im Wandel
Aufgabe des Personalmanagers (insb. des Personalbeschaffers, engl. Recruiter) ist es, qualifi-
zierte Mitarbeiter (auch zeitlich und räumlich) passgenau zu finden. In diesem Personalgewin-
nungsprozess spielen kommunikative Aspekte eine immer größere Rolle. Grund dafür ist vor
allem der demografische Wandel. Studien prognostizieren (z.B. BCG 2018; Mc Kinsey 2011)
für Deutschland einen wachsenden Mangel an Arbeitskräften (von zwei Millionen im Jahr 2010
auf bis zu acht Millionen im Jahr 2030). Daher ist es nicht verwunderlich, dass die Mehrzahl
der Unternehmensentscheider der Identifikation und Ansprache geeigneter Bewerber eine
wachsende Bedeutung beimessen und die Rekrutierung von Talenten als Erfolgsfaktor einstu-
fen, die insbesondere Innovationskraft, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit sichern (Groys-
berg/Connolly 2015; Kamluk, 2017). Sichtbar wird dieser Wandel unter anderem auch daran,
dass Arbeitgeber – abgeleitet vom Unique Selling Proposition (USP) aus dem werblichen Kon-
text – einen Employer Value Proposition (EVP) entwickeln. Diese positioniert das Unterneh-
men auf Basis einer Arbeitgebermarke, betrachtet potentielle Mitarbeiter als Zielgruppe, um
diese gezielt ansprechen zu können (Trost 2012). Erkennbar dabei ist, dass sich dieser Anspra-
che-Prozess wandelt und sich an veränderte Rahmenbedingungen des Arbeitsmarktes anpasst.
Die Suche nach Talenten ist prinzipiell nicht neu, vielmehr wandeln sich die Anforderungen an
Fähigkeiten und Kompetenzen der Bewerber und damit auch die Definition, was bzw. wer als
Talent gilt (Fernandez-Araoz, 2015). Während bis zum 19 Jh. vornehmlich körperliche Stärken
(Kraft, Gesundheit) entscheidend waren, zählten seit dem 20 Jh. eher geistige Stärken (Intelli-
genz, Erfahrung). In den 1980er Jahren identifizierten Arbeitgeber Talente anhand stellenspe-
zifischer Kompetenzen (Ambler/Barrow 1996), aktuell ist eher das Potential entscheidend. In
diesem Kontext kommt der Arbeitgebermarke eine entscheidende Bedeutung zu, denn sie be-
einflusst die Wahrnehmung potentieller Bewerber und entscheidet damit, ob sich ein Talent bei
einem Unternehmen bewirbt (Mosley 2007).
3
Ebenso wie die Definition von Talenten einem zeitlichen Wandel ausgesetzt ist, änderte sich
das Vorgehen der Personal Manager beim Rekrutieren im Zeitverlauf. Insbesondere die Ver-
fügbarkeit des Internets und die Digitalisierung beeinflussen, welche Medien Rekruter auf der
Suche nach Talenten einsetzen (Dannhäuser 2015). Während das Schalten von Stellenanzeigen
in Print- und Onlinemedien vor der Jahrtausendwende das zentrale Recruiting-Instrument war,
gehört die gezielte Präsentation als Arbeitgeber auf relevanten Plattformen und die aktive und
direkte Ansprache potentieller Bewerber zum Repertoire der Personalgewinnung (à Abb. 1).
Darin zeigt sich die Entwicklung zur zielgruppenspezifischen Bewerberansprache und die Not-
wendigkeit der Unternehmen für Talente attraktiv zu erscheinen (Groysberg/Connolly 2015).
Parallel zu personalisierten Suchstrategien ist ein verstärkter Fokus von Personalgewinnungs-
aktivitäten erkennbar, die auf die Aufmerksamkeit potentieller Bewerber abzielen und sich da-
bei Mechanismen des Marketings (insb. des Guerilla-Marketing) zu Nutze machen (Böhlich
2012).
Abb. 1: Veränderung des Recruitings im Zeitverlauf
Entsprechend der Marketing-Perspektive betrachtet das Personalmanagement den potentiellen
Bewerber zunehmend als Kunden. Klassische Methoden der Personalbeschaffung (wie Inserate
in digitalen oder Printmedien), aber auch alternative Formate (wie Recruiting-Messen) zeigen
aus Sicht der Rekruiter immer seltener die gewünschten Erfolge, um geeignete Bewerber zu
erreichen, zu rekrutieren und langfristig an das eigene Unternehmen zu binden. Daraus ergibt
sich die Notwendigkeit der unkonventionellen Bewerberansprache (Papasabbas 2015). Mit Fo-
kus auf die Positionierung des Unternehmens als attraktive Arbeitgebermarke bedienen sie sich
2000
Schalten von Anzeigen
(z.B. in Frankfurter Allgemeine Zeitung oder auf Stepstone.de)
Arbeitgeberpräsentation und -Kommunikation
über digitale Medien (z.B. auf kununu)
2010
Aktive und personalisierte Ansprache
potentieller Bewerber (z.B. via Xing)
Unkonventionelle Ansprache
potentieller Bewerber
2020
Quelle: in Anlehnung an Dannhäuser 2015
Jahr
4
daher häufiger sogenannter Guerilla-Recruiting Maßnahmen, d.h. unkonventionellen Kommu-
nikationsaktivitäten mit einer Ausrichtung auf die Zielgruppe der Bewerber. Solche Emplo-
yer Branding Aktivitäten verfolgen das Ziel, Aufmerksamkeit bei potentiellen Bewerbern zu
erlangen und über eine Differenzierung vom Wettbewerb als Arbeitgebermarke bekannt(er)
und attraktiv(er) zu werden (z.B. Witrahm 2012; Immerschitt/Stumpf 2014).
Trost (2012) dokumentiert verschiedene Methoden der Personalgewinnung und klassifiziert
den Guerilla-Ansatz dabei als neuartig aber auch vergleichsweise aggressiv (à Abb. 2). Zudem
kann konstatiert werden, dass klassische Stellenanzeigen und Bewerbermessen weniger inno-
vativ einzustufen sind. Die gezielte Suche nach Talenten (Active Sourcing) und der Einsatz
ungewöhnlicher Methoden ist folglich als neue (ergänzende) Methode im Rahmen des Perso-
nalmanagements (insbesondere der Personalgewinnung) zu identifizieren.
Abb. 2: Guerilla-Recruiting als unkonventionelle Methode der Personalgewinnung
2.2 Adaption des Guerilla-Marketing-Ansatzes für den Personalbereich
Der Guerilla-Begriff bezeichnet in seinem Ursprung eine Form der strategischen Kriegführung,
die in den 1960er Jahren entwickelt wurde und auf Überraschungsangriffen basiert. In den
1970er Jahren erfolgt erstmals die Adaption des Guerilla-Begriffs auf den Bereich des Marke-
tings, wo seither eine Fortentwicklung in vier Phasen sichtbar ist (Hutter/Hoffmann 2014). Der
Adaptionsphase schloss sich in den 1980er Jahren eine Boomphase an, die in den 1990er Jahren
von einer Differenzierungsphase abgelöst wurde, in der sich verschiedene Guerilla-Marke-
ting-Instrumente (z.B. Ambient Marketing) herausbildeten. Während in der Unternehmenspra-
xis Guerilla-Marketing teilweise noch heute mit dem Anspruch der Boomphase der 1980er
Quelle: in Anlehnung an Trost 2012, S. 82
Guerilla-Recruiting
Grad der
Aggressivität
Stellenanzeigen
Bewerbermessen
Active Scouting
Beispielhafte Methoden der Personalgewinnung
Grad der
Neuartigkkeit
5
Jahre „Kleines Budget, Große Wirkung“ gleichgesetzt wird, ist seit den 2000er Jahren erkenn-
bar, dass sich das Guerilla-Marketing zum strategisch integrativen Konzept für alle Unterneh-
mensgrößen entwickelt hat. Seither findet der aufmerksamkeitsstarke Guerilla-Begriff auch in
anderen Bereichen Anwendung. Beispielsweise gilt die Slow-Food-Bewegung, die eine unkon-
ventionelle Alternative zum Fast-Food bietet, als Guerilla-Gastronomie (Klug 2018).
Seit den 2010er Jahren ist erkennbar, dass Personal- und Recruiting-Strategien mehr und mehr
auf Guerilla-Ansätze zurückgreifen, um geeignete Mitarbeiter auf unkonventionelle Weise zu
erreichen (d.h. zielgruppenspezifisch anzusprechen), zu rekrutieren (d.h. Bewerberzahlen zu
erhöhen) und an das eigene Unternehmen zu binden (d.h. die Fluktuationsrate zu reduzieren).
Studien betonen die wachsende Bedeutung des Employer Branding in Bezug auf die Gewin-
nung, Motivation und Bindung von Mitarbeitern und damit einhergehend auch eine Steigerung
der Produktivität (Tanwar/Prasad 2016). Relevant ist dabei der Ansatz, zielgruppenspezifische
Ansprachen stärker in Betracht zu ziehen. Beispielsweise ergab eine Studie der Universität St.
Gallen (Top Job Trendstudie 2017), dass moderner Unternehmen die Passung der Unterneh-
menswerte mit den Werten neuer Mitarbeiter steigern (Bruch et.al, 2017). Guerilla-Recruiting
kann diese zielgruppenspezifische Ansprache ermöglichen.
Ferner wird in einer Studie bei dem Vergleich von attraktiven und unattraktiven Arbeitgebern
deutlich, dass sich positive Effekte auf die Gesamtleistung (+16%), die Innovation (+12%) und
die Kundenbegeisterung (+12%) aus einer Arbeitgeberattraktivität ergeben und somit auch
wirtschaftlich auszahlen (Bruch et.al., 2015). Guerilla-Recruiting Maßnahmen können bei-
spielsweise diese für Bewerber erlebbar gestalten. Darüber hinaus ist die Identifikation fach-
fremder Potenzialträger für Arbeitgeber zunehmend relevant. Beispielsweise betonen IT-Un-
ternehmen wie Google die Wichtigkeit von Potenzialträgern der unterschiedlichsten Fachberei-
che, d.h. ihre Bewerberansprache geht über jene mit IT-Fachhintergrund hinaus. Für Unterneh-
men ist dies eine Möglichkeit auf steigende interdisziplinäre Anforderungen im Alltag gezielt
reagieren zu können (Google 2018).
Sowohl im Marketing als auch im Personalwesen ist es das Ziel, den Guerilla-Effekt auszu-
nutzen, d.h. die effiziente Wirkung der aufmerksamkeitsstarken Guerilla-Aktivitäten im Ver-
hältnis zu eingesetztem Kapital zu erzielen. In Anlehnung an Hutter/Hoffmann (2011) und
Böhlich (2012) lässt sich Guerilla-Recruiting als die Summe verschiedener Instrumente verste-
hen, die auf effiziente Weise einen großen (Bewerber-)Personenkreis zu erreichen vermag, in-
dem sie einen Überraschungseffekt auslöst (à Abb. 3).
6
Abb. 3: Vom Guerilla Marketing zum Guerilla Recruiting
Hutter/Hoffmann (2014) identifizieren drei grundlegende Guerilla-Prinzipien: Lebensumfeld-
, Empfehlungs- und Trittbrettfahrer-Marketing, die auch im Bereich des unkonventionellen Re-
cruitings anwendbar sind. Das Prinzip des Lebensumfeldes umfasst jene Guerilla-Aktivitäten,
die im direkten Lebens-/Arbeits- und Freizeitumfeld der Zielgruppe stattfinden. Beim Prinzip
der Empfehlung wird insbesondere der Netzwerk- und Austauschaspekt einer Maßnahme fo-
kussiert. Das Prinzip des Trittbrettfahrens macht sich das aggressive Abwerben zu Nutze.
Bisherige Ausführungen zum Guerilla-Recruiting in der Forschungs- und Unternehmenspraxis
beschränken sich zumeist auf die Beschreibung exemplarischer Einzelmaßnahmen (z.B. Kett-
ner 2014; Krieger 2012). Jedoch ist es zielführend, Instrumente anhand ihrer grundlegenden
Guerilla-Prinzipien zu identifizieren, um Einzelmaßnahmen in ihrem Kern besser verstehen zu
können. Die von Böhlich (2012) identifizierten vier Instrumente des Guerilla Recruitings, las-
sen sich analog den Guerilla-Marketing-Instrumenten anhand der Guerilla-Prinzipien kategori-
sieren (à Abb. 4). Ambient-Recruiting als Pendant zum Ambient-Marketing platziert Stel-
lenangebote im direkten Umfeld des (Bewerber-)Personenkreises auf ungewöhnliche Weise
und nutzt daher somit das Lebensumfeld-Prinzip. Das Instrument des Conspiracy-Recruiting
Guerilla als
Strategie der
Kriegsform
(1960er Jahre)
Definition
Adaption und
Differenzierung des
Guerilla-Konzeptes für das
Marketing
(1970er – 2000er Jahre)
Guerilla-Effekt: hohe Kosten-/
Nutzen-Effizienz von Marketing-
(Kommunikations-)Maßnahmen
(Hutter/Hoffmann 2014)
Guerilla-Marketing...
Adaption und
Differenzierung des
Guerilla-Konzeptes für das
Personalwesen
(2010er Jahre)
Guerilla-Recruiting...
... umfasst verschiedene Instrumente, die darauf abzielen, mit
vergleichsweise geringen Kosten bei einer möglichst hohen
Anzahl von Kontaktpersonen einen Überraschungseffekt zu
erzielen, um so einen sehr hohen Guerilla-Effekt (Verhältnis von
Nutzen und -kosten) zu erzielen. (in Anlehnung an Hutter/Hoffmann 2011)
Guerilla-Effekt: hohe Kosten-/
Nutzen-Effizienz von HR-
(Recruiting-)Maßnahmen
(in Anlehnung an Böhlich 2012)
7
initiiert erlebnisorientierte Recruiting-Events, die für einen ausgewählten (Bewerber-)Perso-
nenkreis veranstaltet werden. Die Events sind als Grillabend- oder Festival-Format in den All-
tag der teilweise gezielt selektierten Teilnehmer integriert und forcieren branchenspezifisches
Networking und ungezwungenen Austausch und ist demnach dem Empfehlungs-Prinzip zuzu-
ordnen. Trojan-Recruiting ebenso wie Ambush-Marketing als aggressivste Form des Gue-
rilla-Ansatzes ist als Trittbrettfahrer-Prinzip einzustufen, indem Abwerbebotschaften im Ein-
flussbereich von Wettbewerbern platziert werden, um geeignete Mitarbeiter gezielt vom Kon-
kurrenten abzuwerben. Viral-Recruiting als übergeordnetes Ziel aller Guerilla Recruiting-In-
strumente macht sich (wie auch Viral Marketing) die exponentielle Verbreitung einer (Re-
cruiting-) Botschaft zu Nutze.
Abb. 4: Adaption der Guerilla-Prinzipien auf das Recruiting
3 Explorative Analyse des Guerilla-Recruiting in der HR-Praxis
3.1 Zielsetzung und methodisches Vorgehen
Angesichts der bislang noch weitestgehend unsystematisch aufgearbeiteten Erkenntnisse zum
Guerilla-Recruiting soll eine explorative Studie aufzeigen, (1) welche bisherige Guerilla Re-
cruiting-Aktivitäten die Personalpraxis bereits umsetzt und (2) welche aggregierten Erkennt-
Guerilla-
Prinzipien
Exempla-
rische
Instrumente
des Guerilla-
Recruiting
Ambient-
Recruiting
Trojan-
Recruiting
Conspiracy-
Recruiting
Fokus auf
Lebens-&
Freizeitumfeld
Fokus auf
Netzwerk &
Austausch
Fokus auf
Abwerbung &
Wettbewerber
Platzierung von Stellen-
angeboten an Orten, wo
nicht damit zu rechnen ist,
unter Einbeziehung der
Umgebung.
Platzierung einer (Ab-
werbungs-)Botschaft, die
(als trojanisches Pferd)
in einen geschützten
Bereich vordringt.
Einladung ausgewählter
Teilnehmer zu unge-
zwungenen Events
zur (indirekten)
Personalauswahl.
.
Lebensumfeld TrittbrettfahrenEmpfehlung
Viral-
Recruiting
Platzierung einer Recruiting-Botschaft,
die sich exponentiell verbreitet.
Quelle: eigene Darstellung auf Basis von Hutter/Hoffmann 2014 und Böhlich 2012
8
nisse sich aus diesen Maßnahmen ermitteln lassen. Dafür wird ein mehrstufiges Vorgehen vor-
geschlagen, dass zuerst eine inhaltsanalytische Betrachtung verfügbarer Guerilla Recruiting-
Kampagnen branchenübergreifend vornimmt. In einem zweiten Schritt liegt der Fokus auf der
Werbeindustrie (z.B. Werbe- und Medienagenturen). Diese Branche mangelt es einerseits kon-
tinuierlich an neuen kreativen Mitarbeitern. Andererseits sind potentielle Kandidaten in ihrem
Alltag bereits mit zahlreichen aufmerksamkeitsstarken Inhalten konfrontiert, was es umso her-
ausfordernder macht, ihre Aufmerksamkeit zu erlangen. Guerilla-Maßnahmen erscheinen in
der Mitarbeiter-Recrutierung der Kreativindustrie daher als ergänzende Strategie. Folglich wer-
den im Rahmen dieser Studie Kampagnen der Kreativ-Branche mittels multivariater Analyse-
methoden (multi-dimensionaler Skalierung, MDS) untersucht, um anhand von (Un-)Änlichkei-
ten relevante Typen von Guerilla Recruiting-Aktivitäten zu identifizieren.
3.2 Auswahl des Untersuchungsmaterials
Für die explorative Studie wurden aus existierenden unkonventionelle Recruiting-Maßnahmen
mittels eines systematischen zweistufigen Verfahrens charakteristische Beispiele ausgewählt.
In einem ersten Schritt recherchier´en zwei Experten aus dem Bereich HR und aus dem Mar-
keting unabhängig voneinander in einschlägigen Personal-Portalen (z.B. www.beamery.com).
nach ungewöhnlichen Recruiting-Aktionen, indem sie nach relevanten Begriffen (z.B. Guerilla
Recruiting, kreatives/ cool(es)/ außergewöhnliches/ innovatives/ neues Recruiting/Stellenange-
bote, Content Marketing im Recruiting) sowohl in deutscher als auch in englischer Sprache
suchen. Um aussagekräftige Ergebnisse zu erhalten werden ausschließlich solche Aktionen be-
rücksichtigt, die Angaben zum Unternehmen und zum Inhalt der Kampagne darbieten. In einem
zweiten Schritt gleichen die beiden Experten ihre Rechercheergebnisse miteinander ab und eli-
minierten doppelte Aktionen. Schließlich können 30 Guerilla-Recruiting Maßnahmen (à Tab.
2, Anhang) identifiziert und im Folgenden näher betrachtet werden. Aus Praktikabilitätsgrün-
den wird dabei zur Kampagnen-Indentifizierung dabei zumeist auf eine namentliche Kampag-
nen-Benennung verzichtet und auf die Kampagnen-Nummern aus Spalte 1 verwiesen.
3.3 Inhaltsanalytisches Betrachtung des Datenmaterials
Basierend auf der Lasswell-Formel (Lasswell 1948) erfolgt die Auswertung der 30 exempla-
rischen Kampagnen auf drei Ebenen(à Abb. 5); Wer (Sender) sagt Was (Botschaft) zu Wem
(Empfänger). Zunächst sollen unternehmensspezifische Informationen als Sender der Re-
cruiting-Botschaft betrachtet und den zielgruppenspezifischen Informationen als Empfänger
9
der Recruiting-Botschaft gegenübergestellt werden. Anschließend werden maßnahmenspezifi-
sche Informationen mit Blick auf den Inhalt und die Positionierung der Recruiting-Botschaft
näher betrachtet. An dieser Stelle sei vermerkt, dass das ausgewählte Untersuchungsmaterial
keine Rückschlüsse auf die Auswirkung des Guerilla-Recruiting Effektes zulässt, weswegen
dieser Teil der Lasswell-Formel hier unberücksichtigt bleibt.
Abb. 5: Analyse-Ebenen auf Basis der Lasswell-Formel
Eine Gruppe von zwei Experten kodieren die Guerilla-Recruiting Kampagnen anhand geeigne-
ter Kategorien (=Kodierungsvorschrift), die induktiv aus dem Datenmaterial abgeleitet wurden.
Zwei unternehmensspezifische (Sender-) Kategorien umfassen Unternehmensbranche (Werbe-
industrie, Technologieindustrie, anderer Industriezweig) und -größe (kleine, mittelgroße Unter-
nehmen), zwei maßnahmenspezifische (Botschafts-)Kategorien beinhalten den Aufruf zur Be-
werbung (direkt/indirekt) sowie den Medieneinsatz (online/offline) und zwei zielgruppenspe-
zifische (Empfänger-)Kategorien thematisieren die erwarteten Kompetenzen und Erfahrungs-
grad potentieller Bewerber (Generalist/Spezialist, Berufseinsteiger/Berufserfahrene, Hierar-
chiestufe). Die Intercoder-Reliabilität als Indikator für das Ausmaß, in dem mehrere unahän-
gige Kodierer mit Hilfe derselben Kodiervorschrift zum selben Ergebnis kommen, zeigt anhand
des Übereinstimmungskoeffizieten von 0,956 ein zufriedenstellendes Ergebnis (Lombard et al.
2004). Demnach ordenten die Experten 96,5 % der Elemente voneinander unahbängig gleich-
artig zu.
Was
Inhalt
Sender Empfänger
Wer Wem Mit welchem
Effekt
Quelle: eigene Darstellung auf Basis von Lasswell (1948)
Unternehmens-
spezifische Ebene
Guerilla-Recruiting-
Botschaft
Kanal
sagt zu
Guerilla-
Recruiting-
Effekt
Maßnahmen-
spezifische Ebene
Zielgruppen-
spezifische Ebene
Wie Wo
Unternehmens-
branche
Unternehmens-
größe/-bekanntheit
Bewerbung-
aufforderung
Online-/Offline-
Medienwahl
Erforderliche
Kompetenzen
Zu besetzende
Positionen
Betrachtete Kategorien im Rahmen der Analyse
10
3.3.1 Unternehmensspezifische (Sender-)Informationen
Der Blick auf relevante Sender-Informtionen legt offen, dass insbesondere die Kreativindustrie
(d.h. Werbemarkt und Software-/Spieleindustrie) einen großen Anteil an bisherige Guerilla-
Recruiting Kampagnen hat, wobei Werbe-, Medien- und Marketingagenturen häufiger vertre-
ten sind, als Unternehmen des Software- und Gaming-Marktes. Wie die kreuztabelierte Dar-
stellung der Kategorien Unternehmensbranche und Unternehmensgröße in à Tab. 1 aufzeigt,
ist jede dritte der untersuchten Kampagnen einem großen, branchenübergreifend bekannten Un-
ternehmen zuzuordnen. Beispielsweise große weltweit agierende Unternehmen der Werbein-
dustrie wie Jung von Matt [6, 10, 15, 28], und Ogilvy & Mather [2, 12] bedienen sich dabei
wiederholt Guerilla Recruiting-Aktivitäten. Zudem ist ersichtlich, dass sowohl gewinnorien-
tierte Weltkonzerne wie Google [1], IKEA [3], Lego [16], Volkswagen [23] und die Deutsche
Telekom [30] als auch nicht-kommerzielle Organisationen wie das Schwedische Milität [16]
oder die britische Regierungsbehörte GCHQ [14] unkonventionelle Recruiting-Aktivitäten ein-
setzen. Neben großen und mittelgroßen Unternehmen bedienen sich auch kleine, regionale Un-
ternehmen, indem ein konkreter Stadtbezug zur Kampagne hergestellt wird [8], [18] oder indem
der Guerilla-Effekt von wachstumsorientierten Start-Ups fokussiert wird [9].
Tab. 1: Guerila Recruiting-Kampagnen im Branchen- und Unternehmensvergleich
... kleiner,
regional bekannter
Unternehmen
... mittelgroßer, bran-
chenbekannter
Unternehmen
... großer, branchen-
übergreifend bekann-
ter Unternehmen
Gesamt
2
[5, 10]*
3
[17, 19, 21]*
7
[2, 4, 6, 10, 12, 15, 28]*
12
2
[9, 26]*
2
[7, 25]*
3
[1, 29, 30]*
7
5
[8, 13, 18, 24, 27]*
2
[14, 22]*
4
[3, 11, 16. 23]*
11
7
7
14
30
Hinweis: * Nummern der betreffenden Guerilla-Recruiting Kampagnen, vgl. Spalte 1, Tab.2.
Auffällig ist, dass die große Mehrheit der Guerilla-Recruiting Kampagnen aus der Dienstleis-
tungsbranche entstammen. Demnach machen Unternehmen mit tangiblen Produktangebot (z.B.
Möbel-, Spielwarenhersteller) seltener von der innovativen Rekruitierungsform Gebrauch,
11
während Unternehmen intangiblen Dienst- und Serviceleistungen (insb. Geistig-kreative Ent-
wicklungsleistungen) die unkonventionelle Mitarbeitersuche verstärkt und wiederholt nutzen.
Offenkundig ist, dass für die geistig-kreativen Aufgaben verstärkt Potenzialträger in Frage
kommen, die wiederum auf ein kreatives Umfeld Wert legen und für unkonventionelle Re-
cruiting-Maßnahmen empfänglich sind. Assoziiert ein Arbeitnehmer mit einem Unternehmen
beispielsweise das Merkmale „innovativ“, so kann er entsprechende Teile seiner Persönlichkeit
und seines Selbstbildes darüber ausdrücken. Der Arbeitnehmer (und auch sein soziales Umfeld)
schätzt das Unternehmen als attraktiv ein und es kommt zu positiven Rückmeldungen (Lie-
vens/Highhouse 2003).
3.3.2 Zielgruppenspezifische (Empfänger-)Informationen
Die Zielgruppen der Guerilla Recruiting-Maßnahmen lassen sich anhand der erwarteten Kom-
petenzen und Erfahrungen, die das HR-Managements an die potentiellen Mitarbeiter stellt, nä-
her untersuchen. Entsprechend der erarbeiteten Branchenfoki der Werbe- und Technologie-In-
dustrie (à Tab. 1) richten sich die große Mehrzahl der Guerilla Recruiting-Maßnahmen an
kreativ arbeitende Personen (z.B. Designer und Art/Creative Directoren) sowie technisch bzw.
analytisch arbeitende Personen (z.B. Ingenieure und Software-Entwickler) mit konkretem Hin-
weis auf eine Stellenauschreibung. Darüber hinaus finden sich vereinzelt Maßnahmen ohne
konkreten Bezug auf ein Anforderungsprofil, indem die Botschaft als Aufforderung zur Mitar-
beit in diversen Betätigungsfeldern in (z.B. neu eröffneten) Unternehmen generell formuliert
ist (z.B. [3] IKEA und [18] Convergy).
Es ist ersichtlich, dass etwa zwei Drittel der Guerilla Recruiting-Maßnahmen für die Suche nach
Spezialisten und in einem Drittel der Maßnahmen für die Suche nach Generalisten eingesetzt
werden. Damit korrespondierend sind Berufserfahrene häufiger angesprochen als Berufsein-
steiger. Augenscheinlich ist, dass Guerilla Recruiting-Maßnahmen nur selten Führungspositio-
nen bzw. Personen mit Personalverantwortung ansprechen. In mehr als 90 Prozent der unter-
suchten Kampagnen werden Fachkräfte gesucht.
3.3.3 Maßnahmenspezifische (Botschafts-)Informationen
Vier von fünf Guerilla-Recruiting Maßnahmen platzieren einen Aufruf zur direkten Bewerbung
wahlweise um eine konkrete Position (z.B. als Art Direktor [6] oder Spiele-Entwickler [7]) oder
eher allgemein beim Unternehmen (z.B. [3] bei IKEA). Diese Direktaufrufe gibt es in in unter-
schiedlichen Varianten (z.B. QR-Code [4], Abreißzettel [13], Landingpage [19], Snapchat
12
[21]). Die Bandbreite reicht dabei von der personalisierten Direktansprache (z.B. [21] persona-
lisierte iPods) über eine offene individualisierte Anprache der aktuellen Kundengruppe (z.B.
[3] Carrär Instructions) bis hin zu einer verdeckten Ansprache von Wettbewerbern (z.B. [4]
Pizza Digitale, [6] TOP-Fotografen). Die Analyse der Maßnahmen zeigt zudem, dass zwei Drit-
tel der Maßnahmen Bewerber individuell ansprechen, indem personalisierte und individuali-
sierte Maßnahmen umgesetzt werden (z.B. [21] personalisierte iPods) oder der Bewerber kon-
kret in der Aktion angesprochen wird (z.B. .“Bewirb Dich!“). Dem gegenüber werden die In-
formationen für eine Gruppe von Bewerbern angeboten (z.B. analytisch denkende oder kreativ
arbeitende Menschen). Alternativ zu direkten werden indirekte Bewerbungsaufrufe veranstal-
tet, die als (teil-)öffentliche Wettebwerbe (z.B. [5] Speeddating mit Vorabbewerbung von denk-
werk, [16] Brick-Factor von LEGO oder [5] Iron Chef von MGM Grand) organisiert werden.
Wahlweise treten auch individuelle Denksportaufgaben (z.B. [9] 1 Bug in 1 Minute von Quixey,
[14] Code Knacker von GCHQ) auftreten oder Pichtes (z.B. [2] Sell-a-brick von Ogilvy & Ma-
ther) auf. Die jeweiligen Gewinner werden anschließend mit einem Bewerbungsgespräch bzw.
Jobangebot gewissermaßen „belohnt“. Indirekte Bewerbungsaufrufe erfordern in der Regel das
aktive Eingreifen bzw. Mitmachen der Bewerber, wodurch ein grundsätzliches Involvement
gegenüber der Aufgabe bzw. dem Unternehmen erkennbar ist.
Etwa zwei Drittel der Guerilla Recruiting-Maßnahmen nutzen Offline-Medien, um ihre Bot-
schaft zu platzieren. Hierbei kommen neben klassischen Plakaten auch kreative Apparaturen
(z.B. [13] Outdoor-Recruiter von Transa), das eigene Produkt (z.B. [3] Carrär Instructions von
IKEA, [16] Brick-Factor von LEGO) oder Produkte von Fremdanbietern (z.B. [4] Pizza Digitale
von Scholz & Friends, [16] Flaschen gesucht von BISS) zum Einsatz. Darüber hinaus werden
Online-Medien in Form von Sozialen Medien wie Facebook, YouTube, Snapchat, etc aktiviert
(z.B. [21] Snapchat-Recruiting von McCann, [28] Facebook Places von Jung von Matt) und
eigene bzw. fremde Online-Plattformen gezielt genutzen (z.B. [7] Gamification von Uncle
Grey, [10] Lorem Ipsum von Jung von Matt, [29] Falsche Falschmeldung von Web.de). Dabei
ist der Zusammenhang, dass ein im Online-Bereich tätiges Unternehnem zwangsweise die Nut-
zung von Online-Medien in der Guerilla-Rekrutierung wie beispielsweise [1] Cryptic Billboard
von Google bedeutet, nicht gegeben.
13
3.4 Guerilla-Kampagnen der Werbewirtschaft
Angesichts der zentralen Bedeutung von Guerilla-Regruiting-Kampagnen in der Werbewirt-
schaft (à Kap. 3.1) werden im Folgenden elf Maßnahmen [4] [5] [6] [10] [12] [15] [17] [19]
[20] [21] [28] der Agenturen Bloom, denkwerk, Jung von Matt, McCann, Ogilvy & Mather,
Scholz & Friends und Zum Goldenen Hirschen auf der Suche nach kreativ agierenden Personen
(z.B. Designer und Art/Creativ Direktoren) mittels multi-dimensionaler Skalierung (MDS) ana-
lysiert. Maßnahme [2] von Ogilvy & Mather wird aus Vergleichbarkeitsgründen von dieser
Analyse ausgeschlossen, da explizit Vertriebsmitarbeiter gesucht werden. Ex post lässt sich
damit beurteilen, welche Gemeinsamkeiten den Guerilla Recruiting-Maßnahmen zugrunde lie-
gen (Backhaus et al. 2010), um relevante Rückschlüsse über die Wirkung künftiger Aktionen
teffen zu können.
Eine Gruppe von fünf potentiellen Bewerbern bewertet die elf Guerilla-Recruiting Maßnahmen
anhand ihrer Ähnlichkeit. Ferner sollen die Expternen eine aus ihrer Sicht fiktive „ideale“ Gue-
rilla-Recruiting-Kampagne in die Bewertung einbeziehen, ohne diese näher zu spezifizieren.
Die Analyse nutzt das Ratingverfahren, bei dem die Objektpaare jeweils einzeln auf einer 9-
stufigen Ähnlichkeits- oder Unähnlichkeitsskala (1= vollkommen ähnlich; 9=vollkommen un-
ähnlich) eingestuft werden. Für die insgesamt zwölf Kampagnen ergeben sich 66 Rating-Beur-
teilungen. Basierend darauf werden die zwölf Objekte in einen zweidimensionalen Raum an-
geordnet, der ihrer Wahrnehmung entspricht. Die Distanzen zwischen den Objekten repräsen-
tieren dabei die empfundenden Unähnlichkeiten. Aus à Abb. 6 ist ersichtlich, dass dieser
Wahrnehmungsraum vier Gruppen von Guerilla-Recruting-Maßnahmen beinhaltet. Die Güte
der Repräsentation erfüllt mit einem STRESS-Wert von 0,17 ein akzeptables Maß (Backhaus
et al. 2010). Der aufgespannte Raum lässt sich in horizontaler Richtung nach ihrer Wettbewer-
berorientierung und in ihrer vertikalen Richtung nach ihrem Personalisierungsgrad interpre-
tieren. Während die Dimension Wettbewerbsorientierung die Ausprägungen auf das eigene Un-
ternehmen (links) und Fokus auf Wettbewerber (rechts) erzeugt, ist die Dimension Personali-
sierung mit Fokus auf Einzelpersonen (oben) und mit Fokus auf Personengruppen (unten) zu
deuten.
14
Abb. 6: Ähnlichkeiten zwischen Guerilla Recruiting-Aktionen der Werbewirtschaft
Die Ergebnisse zeigen innerhalb der Werbewirtschaft vier verschiedene Maßnahmen-Gruppen,
die das Instrumentarium des Guerilla-Recruiting widerspiegeln und damit gleichzeitig die
grundlegenden Guerilla-Prinzipien abbilden (à Abb. 4, S. 7).
1. Maßnahmen der ersten Gruppe eint, dass jeweils einzelne (Bewerber-)Personen im Wett-
bewerberumfeld angesprochen werden, indem deren kontinuierlich genutzte Arbeitswerk-
zeuge (z.B. relevante Software, Kalender) auf ungewöhnliche Weise beeinflusst/manipu-
liert werden. Auf diese Weise treten die Maßnahmen ins direkte Lebens-/Arbeitsumfeld der
Zielgruppe (Mitarbeiter von Wettbewerbern) und repräsentieren demnach das Instrument
des Ambient-Recruiting.
2. Maßnahmen der zweiten Gruppe ist gemeinsam, dass der Fokus auf dem Abwerben von
talentierten Mitarbeitern liegt, indem eine Personengruppe (z.B. Entscheider im Meeting)
mit einer einmalig durchführbaren Aktionen überrascht wird. Diese offene Abwerbebot-
schaft im Einflussbereich von Wettbewerbern ist dem Instrument des Trojan Recruiting
zuzuordnen.
3. Maßnahmen der dritten Gruppe sprechen eine (Bewerber-) Gruppe über eine ungewöhliche
bzw. überraschend platzierte (Recruiting-)Botschaft an, deren Ziel die virale Verbreitung
ist. Daher sind die Maßnahmen dieser Gruppe dem Viral Recruiting zuzuordnen.
Personali-
sierung
schwach
stark
Wettbewerbsorientierung
schwach stark
Fokus auf
Personen-
gruppe
-2
-1
1
2
-1 1 2-2
Pop-Up Store [17]
Hirsch Rudel [19]
Fake Agentur [20]
Snapchat Recruiting [21]
Facebook Places [28]
Pizza Digitale [4]
Top Fotografen [6]
Pirate Recruiting [12]
Kündigungskalender [15]
Lorem
Ipsum [10]
Job Speeddating [5]
Ideale Guerilla-
Recruiting-
Maßnahmen
Fokus auf
Einzel-
personen
Fokus auf
eigenes Unter-
nehmen
Fokus auf
Wettbe-
werber
Trojan-Recruiting
Viral-Recruiting
Conspiracy-Recruiting
Ambient-Recruiting
15
4. Maßnahmen der vierten Gruppe orientieren auf einzelne (Bewerber-)Personen, indem das
eigene Unternehmen in erlebnisorientierte Recruiting-Events repräsentiert wird, der im un-
gezwungenen Networking-Austausch-Charkter gleichzeitig dem gegenseitigen Kennenler-
nen dient. Entsprechende Maßnahmen können als Conspiracy-Recruiting eingestuft wer-
den.
Die Interpretation der Befunde basiert auf der relativen Position ausgewählter Guerilla-Re-
cruiting Maßnahmen zueinander. Anhand der Distanz zwischen der fiktiven idealen Guerilla-
Recruiting Aktion und den realen Maßnahmen sowie der Posionierung der fiktiv idealen Maß-
nahme im mittleren Bereich der (à Abb. 6) wird deutlich, dass diese aus Sicht der Experten
die Vorteile der einzelnen Instrumente bestenfalls vereint, wenngleich tendenziell der Fokus
auf einzelne Bewerberpersonen (statt Personengruppen) und die Konzentration auf das eigene
Unternehmen (anstatt den Wettbewerber) erkennbar ist. Die Aktion Job Speeddating [5] ist der
idealen Maßnahme dabei am nächsten positioniert.
3.5 Diskussion der Ergebnisse und Implikationen
Der vorliegende Beitrag systematisiert und analysiert Guerilla-Recruiting Maßnahmen erstmals
ganzheitlich und geht damit über bisherige deskriptive Beiträge hinaus. Das zweistufige Vor-
gehen zeigt dabei zum einen die Bandbreite bisheriger Guerilla-Recruiting Aktivitäten der Per-
sonalpraxis sowie einen Systematisierungsansatz (z.B. anhand Sender-, Botschafts- und Emp-
fänger-Kategorien). Zum anderen wird eine Kategorisierung exemplarischer Aktionen vorge-
schlagen, die auf der Wahrnehmug der angesprochenen Zielgruppe beruht.
Die auffällig große Mehrheit der Kampagnen mit direkte Aufforderung zur Bewerbung zeigt,
dass Guerilla-Recruiting maßgeblich als Recruiting-Instrument eingesetzt wird, um die Anzahl
der Bewerber zu erhöhen. Der Einsatz als Employer Branding-Instrument erfolgt dabei auf sub-
tile Weise, indem die Arbeitgebermarke mittels unkonventioneller Maßnahmen mit ihrer spe-
zifischen Arbeitgeberpersönlichkeit positioniert wird. Für HR-Manager bzw. Unternehmen
sind die Darbietung dieser individuellen Arbeitgeberpersönlichkeit, ein hoher Bekanntheits-
grad sowie das vertrauensvolle Auftreten entscheidende Erfoglskriterien. Mittels Guerilla-Re-
cruiting lässt sich die Arbeitgebermarke erlebbar inszenieren, um einerseits Einblicke ins Un-
ternehmen zu schaffen – beispielsweise über Events und Wettbewerbe – und andererseits Be-
rührungspunkte zu ermöglichen, die das Vertrauen erhöhen. Unkonventionelle Kapagnen strah-
len auf die wahrgenommene Persönlichkeit der Arbeitgebermarke ab und beeinflussen die Qua-
16
lität und Quantitat der Bewerber und damit auch die Mitarbeiterbindung des bestehenden Per-
sonalstammes. Mittels Guerilla-Recruiting können auch Unternehmen mit intangiblen Dienst-
und Serviceleistungen trotz Fehlen eines Produktes im Recruiting konkret und pragmatisch auf-
treten.
Insbesondere die Positionierung von Guerilla-Aktivitäten im direkten (Online-)Lebensumfeld
potentieller Bewerber ist für Unternehmen mit Blick auf den Stufenprozess des Employer
Brandings (Backhaus/Tikoo 2004) höchst relevant. Demnach besitzt eine Arbeitgebermarke
sowohl einen funktionalen Nutzen (z.B. monetäre Leistungen wie Gehalt) als auch einen sym-
bolischen Nutzen (z.B. Unternehmensimage). Der symbolische Nutzen z.B. wie ein Unter-
nehmen im sozialen Umfeld eines Bewerbers wargenommen wird – gewinnt dabei immer stär-
ker an Bedeutung bei der Entscheidung für/gegen einen Arbeitgeber. Auch die emotionale Bin-
dung (Loyalität) zu einem Unternehmen manifestiert sich letztlich eher im symbolischen als im
funktionalen Nutzen. Erlebbare Maßnahmen wie jene des Guerilla-Recruiting können dabei
einen entscheidenden Beitrag liefern, um eine Arbeitgebermarke (dauerhaft) mit einer stringen-
ten Identität gegenüber (späteren) Mitarbeiten zu versehen. Insbesondere Maßnahmen, die po-
tentiellen Bewerbern eine aktive Teilnahme abverlangt (z.B. Wettbewerber, Denksportaufga-
ben), erfüllen hier zweierlei Aspekte. Zum einen wird eine Zielgruppe mit den geeigneten Fä-
higkeiten und Kompetenzen angesprochen (z.B. analytische, mathematische Fähigkeiten) und
zum anderen wird ein Interesse (z.B. gegenüber dem Unternehmen oder der Aufgabe) unter-
stellt, dass ein erhöhtes Involvement impliziert. Nicht zuletzt zeigen sich Arbeitgeber mittels
Guerilla-Aktivitäten nahbar – auch gegenüber fachfremden Potentialträgern – und schaffen da-
mit Möglichkeiten für unerwartete Bewerbungen.
Eine vorliegende Analyse zeigt, dass Unternehmen zumeist über Ambient Recruiting potenti-
elle Bewerber sowohl zielgruppenspezifisch als auch unpersonalisiert ansprechen. Dies ge-
schieht branchenübergreifend sowohl außerhalb als auch innerhalb des Wettbewerberumfeldes
(àKap. 3.3) und in der Werbewirtschaft zumeist innerhalb des Wettbewerbsumfeldes (àKap.
3.4). Dabei werden eher kompetenzprüfende Denksportaufgaben mit direkten Bezug zum ak-
tuellen Lebens-/Arbeitsumfeld als öffentliche Wettbewerbe integriert, die in einem Kennen-
lerngespräch gipfeln und damit den Selektionsprozess für Recruiter kanalisieren. Dies ist nicht
überraschend angesichts der Zielstellung solcher Aktionen, offene Stellen mit geeignetem
Fachpersonal zu besetzen.
17
Auch eine Trojan-Recruiting-Aktion als gezielt offene oder verdeckte Abwerbebotschaft im
Lebens-/Arbeitsumfeld von Wettbewerbern sorgt zumeinst für Aufmerksamkeit aufgrund des
Überraschungseffektes. Hier ist jedoch Vorsicht geboten, da solche Aktionen einerseits miss-
verstanden und/oder mit einer entsprechenden Gegenaktion beantwortet werden könnten. Die
bisherigen unkonventionellen Trojan-Recruiting Aktionen der Werbewirtschaft führten nicht
zuletzt zu einer stillschweigende Übereinkunft, solche Abwerbungsversuche untereinander zu
unterlassen. Das bedeutet jedoch nicht, dass sich alle daran halten (wollen) und darauf verzich-
ten kreative medienwirksame Wechsel-Angebote zu unterbreiten, um Bewerber mit passendem
Know-how und Mind-Set direkt aus dem geschützen Bereich der Wettbewerber heraus für das
eigene Unternehmen zu rekrutieren.
Der Mehrwert des Conspiracy-Recruiting liegt für den potentiellen Bewerber im Dabeisein
und im Mitmachen, d.h. im Interagieren mit dem Unternehmen bzw. potentiellen Arbeitgeber.
In einer Unternehmens- und Arbeitsumgebung, die von steigender Volatilität, Unsicherheit,
Komplexität und Abiguität (engl. volatility, uncertainty, complexity, ambiguity, short: VUCA)
geprägt ist, rücken aktuelle Kompetenzen zunehmend in den Hinter- und Potentiale (insbeson-
dere von fachfremden Personen) in den Vordergrund. So ist beispielsweise der Weltkonzern
Google der Ansicht, „dass das Team von Google die Weltbevölkerung besser widerspiegeln
sollte. Das wird einige Zeit dauern, aber wir arbeiten daran, mehr Möglichkeiten für alle zu
bieten“ (Google 2018). Im Fokus steht dabei nicht nur die Besetzung offener Stellen, sondern
auch eine verbesserte Wahrnehmung der Arbeitgebermarke. Durch die Ansprache einer breite-
ren (Bewerber-)Zielgruppe – beispielsweise über öffentliche Wettbewerbe und Pitches lässt
sich auch bei potentiellen Mitarbeitern mit unterschiedlichsten Lebensläufen und auf Diversität
fußenden Hintergründen Interesse wecken, der Bekanntheitsgrad und das Vertrauen gegenüber
einer Arbeitgebermarke erhöhen und somit der symbolische Nutzen stiegern.
Nicht zuletzt lässt sich über Viral-Recruiting-Kampagnen die Aufmerksamkeit und Neugierde
fachfremder und fachspezifischer Potenzialträger steigern. Hierbei steht zumeist nicht die Be-
setzung einer konkreten Stelle im Mittelpunkt. Vielmehr ermöglichen viral ausgerichtete Re-
cruiting-Aktionen eine Kombination unterschiedlicher Perspektiven, die den zunehmenden
Einsatz von Marketing-Prinzipien in der Recruiting-Praxis widerspiegeln und auf der Wahr-
nehmung der gesamten Unternehmensmarke fußt und alle Stakeholder – auch Mitarbeiter (res-
pektive Bewerber) integriert (Maheshwari et al. 2017). Viral-Aktionen können potentiellen
18
Mitarbeitern ein Kennenlernen über eine Recruiting-Botschaft ermöglichen, die sich im Ideal-
fall exponentiell (online) verbreitet und die wahrgenommene Arbeitgeberattraktivität steigert
und langfristig einen positiver Effekt auf das Retention Management (Mitarbeiterbindung) hat.
VII
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XII
Anhang
Tab. 2: Exemplarische Guerilla-Recruiting Maßnahmen
Nr.
Beschreibung der Maßnahme
Quelle
1
Cryptic Billboard: Der Technologiekonzern Google platziert 2004 eine Plakatwand im
Silicon Valley mit einer kryptischen Internetadresse getarnt als mathematische Aufgabe.
Mathematiker und Ingenieure, die in der Lage waren die Aufgabe zu lösen, konnte sich
unter der eigens kreierten Seite www.7427466391.com einloggen, um dort als ein Joban-
gebot des Unternehmens zu sehen.
Slater (o.J.)
2
Sell-a-brick: Die Werbeagentur Ogilvy & Mather platziert 2010 ein etwa ein-minütiges
Video in den relevanten Social Media-Kanälen (z.B. YouTube), in dem ein überspitz dar-
gestellter Vertriebsmitarbeiter im US-amerikanischen „hardselling“-Stil, um die Anwer-
bung künftiger Vertriebsmitarbeiter wirbt, die in der Lage sind einen Stein auf unkonven-
tionelle Art an Ogilvy & Mather zu verkaufen. Die besten Bewerber werden in einem
öffentlichen Pitch ausgewählt. Der Gewinner erhält ein dreimonatiges Praktikum in der
Agentur.
Slater (o.J.)
3
Carrär Instructions: Der schwedische Möbelhersteller IKEA platziert im Zuge einer
Store-Eröffnung 2011 in Australien Handzettel mit Informationen zu aktuellen Stellenan-
gebote in den Verpackungen seiner Möbelstücke, die der Käufer selbst zusammenbaut.
Daraufhin wurden 4.285 Bewerbungen gezählt, von denen 280 erfolgreich in neue Mitar-
beiter umgewandelt werden konnten.
Slater (o.J.)
4*
Pizza Digitale: Die Agentur Scholz & Friends ließ im Jahr 2011mit jeder Pizza-Bestel-
lung, die aus den Büros von ihren Wettbewerbern ausging, eine Pizza ausliefern, auf der
mit Tomatensauce eine scanbaren QR-Code abgebildet war, der wechselwillige Kreative
auf die Bewerberseite der Agentur leitete.
o.V. (2017),
Müller
(2016)
5*
Job-Speeddating: Die Agentur denkwerk veranstaltet 2011 erstmals einen Grill-Nachmit-
tag in Form eines "BlaBQ", um mit geeigneten Bewerbern ins Gespräch zu kommen. Wer
mit 280 Zeichen die Veranstalter überzeugen kann ein unverzichtbarer Gast zu sein, ist
eingeladen in gemütlicher Atmosphäre die Agentur kennenzulernen und mit seinem po-
tentiellen Arbeitgeber ins Gespräch zu kommen. Abgewandelte Formen der Veranstaltun-
gen sind "Brainday" oder "Adventalk".
Stephan
(2012)
6*
TOP-Fotografen: Auf der Suche nach Art Direktoren platziert 2011 die Agentur Jung
von Matt platziert in den Portfolio-Bildern branchenbekannten Fotografen versteckte Be-
werber-Aufrufe, die durch das Vorsprechen der Fotografen beim Wettbewerb gezielt bei
potentiellen Bewerbern platziert werden.
Müller
(2016)
7
Gamification: Um digitale Spezialisten (z.B. Frontend-Developer) anzusprechen inte-
griert der Softwareentwickler Uncle Grey 2011 gezielt Recruiting-Messages in Online-
Spieleumgebungen und nutzt Top-Spieler als Kommunikationskanal.
Müller
(2016), Sla-
ter (o.J.)
8
Flaschen gesucht: Auf der Suche nach Verkäufern spricht das Münchner Straßenmagazin
BISS (Bürger in Sozialen Schwierigkeiten) 2011 gezielt die Gruppe der Flaschensammler
an, indem Pfandflaschen mit Recruiting-Botschaften beklebt und verteilt wurden. Sie Auf-
kleber lagen zudem den Zeitungen bei, so dass die Leser eigenes Leergut damit bekleben
und somit als als Multiplikatoren der Recruiting-Aktion fungieren konnten.
o.V. (2011)
9
1 Bug in 1 Minute: Das Technology-Start-Up Quixey stellt 2012 einen Monat lang täglich
eine Denksportaufgabe an Programmierer, die einen komplexen Softwarefehler in 60-Se-
kunden finden sollen. Wer die Aufgabe meistert, erhielt 100 $.
Slater (o.J.)
10*
Lorem Ipsum: Auf der Suche nach einem Artdirector platziert die Agentur Jung von Matt
2012 eine versteckte Stellenanzeige in den Blindtext-Generator Lorem Ipsum, der von der
Kreativindustrie ufig als Platzhalter in Design-Entwürfe kopiert wird. Der kopierte Text
enthielt neben dem üblichen "Lorem Ipsum" einen Aufruf zur Bewerbung.
Slater (o.J.)
11
Who cares?: Die Schwedische Armee positioniert zur Rekrutierung von Soldaten 2012 in
Stockholm eine betretbare Box (ca. 2x2x3m), die einmal stündlich automatisch geöffnet
wurde. Betrat eine Person die Box, war ein Verlassen erst wieder möglich, wenn sich eine
andere Person an dessen Stelle in die Box begab. Die Geschehnisse von innerhalb der Box
wurden live per Video-Stream übertragen. Passanten waren unter dem Slogan "Who
Cares" aufgerufen, die Person aus der Box zu befreien, indem sie selbst den Platz in der
Box einnahmen bis sie wiederum von einer anderen Person befreit werden.
Slater (o.J.)
XIII
12*
Pirate-Recruiting: Die Agentur Ogilvy & Mather nutzt 2012 aus, dass Webdesigner teuer
Softwareprogramme (z.B. Adobe Photoshop) häufig über illegale Filesharing-Websites
beziehen. Der vermeintliche Download präsentiert eine Aufforderung zur Bewerbung in
der Agentur, wo die begehrten Programme zur Verfügung gestellt werden.
Müller
(2016)
13
Outdoor-Rekruter: Der Schweizer Reise- und Outdoor-Ausrüster Transa sucht Mitar-
beiter für einen 2012 neu eröffneten Store, indem das Unternehmen seine Mitarbeiter in
Outdoorkleidung mit selbstgebautem Holzschild inkl. Abrisszetteln mit Bewerberinfor-
mationen durch die Züricher Innenstadt laufen lässt.
Fellinger
(2014);
o.V. (2012)
14
Code-Knacker: Die britische Regierungsbehörde GCHQ sucht 2013 mittels einer kom-
plexen Aufgabe Kandidaten zum Schutz vor Cyberkriminalität. 400.000 Computerspezi-
alisten versuchten den Code zu knacken, lediglich 1 % der Teilnehmer konnten die Auf-
gabe lösen.
Slater (o.J.)
15*
Kündigungskalender: Die Agentur Jung von Matt versendet 2013 einen 365-tägigen Ka-
lender an potentielle Mitarbeiter (in anderen Agenturen), der täglich ein kreatives Kündi-
gungsschreiben zum Abreißen anbietet, um sich anschließend bei Jung von Matt zu be-
werben.
Müller
(2016)
16
Brick-Factor: Der dänische Spielzeughersteller LEGO initiiert seit 2014 fortwährend an
verschiedenen Orten (z.B. LEGOLAND Boston oder Philadelphia, USA) einen kompeti-
tiven Event, bei dem etwa 100 talentierte Modell-Designer in drei 30-60-minütigen Run-
den vor einem Live-Publikum ihr das „bestes Lego-Modell“ erschaffen. Der Gewinner
erhält ein Job-Angebot des Spielzeugherstellers.
Lukez
(2014); Sla-
ter (o.J.)
17*
Pop-Up Store: Zu ihrem 20. Geburtstag eröffnet die Agentur Zum Goldenen Hirsch 2015
in Berlin-Mitte einen Pop-Up Store in der unmittelbaren Nachbarschaft von ihren Wett-
bewerbern. Neugierige Passanten können sowohl das Produktsortiment bewundern als
auch mit der Agentur ins (Bewerbungs-) Gespräch kommen.
Bauer
(2015),
Neukam
(2017)
18
Schwebendes Callcenter: Als Teil der Kampagne "500 Jobs für Wuppertal" von
Convergy (vormals: BUW) fungiert 2016 die Schwebebahn als Key-Visual, um Call-Cen-
ter-Agenten zu rekrutieren. Ergänzend kommen Floor Grafity, Großplakate und Merchan-
dising Artikel (z.B. Bierdeckel) zum Einsatz.
Meinert
(2016)
19*
Hirsch-Rudel: Auf der Suche nach kreativen Studierenden platziert die Agentur Zum Gol-
denen Hirschen 2016 ein Rudel goldener Spielzeug-Hirsch-Figuren in der Fußgängerzone.
Jeder Hirsch trug ein Fähnchen mit der Aufschrift "Werde Teil des Rudels" und dem Link
auf die Bewerberseite. Die Spielzeug-Hirsche konnten von Passanten mitgenommen wer-
den.
Zum Golde-
nen Hirschen
(2016)
20*
Fake Agentur: Auf der Suche nach Mitarbeitern kreiert die Agentur Bloom 2016 eine
vermeintlich neue Werbeagentur namens Schweinebauchs, die Missstände der Branche
karikiert. Beim Klick auf nähere Informationen über Jobangebote der falschen Agentur
wurde auf Jobangebote von Bloom erlinkt.
Neukam
(2017)
21*
Snaphat-Recruiting: Die Agentur McCann bietet Absolventen von Hochschulen im Jahr
2016 eine Woche lang die Option, sich direkt über SnapChat zu bewerben. Zuvor war an
relevanten Hochschulen mit Plakaten und Social Media darauf aufmerksam gemacht wor-
den. Auf diese Weise wird ein bislang unüblicher Recruiting-Kanal bewusst für die Rek-
rutierung der Berufseinsteiger genutzt.
Neukam
(2017)
22
Iron Chef: Das Hotel und Casino MGM-Grand in Las Vegas (US) richten fortwährend
auf der Suche nach einem Küchenchef Wettbewerbe in Kooperation mit einem japani-
schen TV-Format (Iron Chef) aus, in der Bewerber aus aller Welt eine Stunde Zeit bekom-
men, ein 4-Gänge-Menü zu kreieren, ohne im Vorfeld die Zutaten zu kennen. Dem Ge-
winner wird die Position angeboten.
Slater (o.J.)
23
Mechanicans Wanted: Der Automobilkonzern Volkswagen sucht erfahrene Mechaniker
mithilfe versteckt angebrachter Job-Anzeigen („Mechaniker gesucht“) am Unterboden
von Fahrzeugen, die zur Reparatur an Autowerkstätten ausgeliefert wurden. Nur Personen,
die wie Mechaniker unter dem Auto agierten entdeckten die Botschaft.
Slater (o.J.)
24
1cent-Überweisung: Mittels 1cent-Überweisungen an Mitbewerber zieht ein Unterneh-
men die Aufmerksamkeit gewissenhafter Buchhalter auf sich. Im Verwendungszweck der
Überweisung wird die auf die Karriereseite des Unternehmens verwiesen, die aus der
Mini-Überweisung einen Abwerbungsversuch erkennen lässt.
Müller
(2016)
25
Personalisierte iPods: Der Computerspieleentwickler Red 5 Studios versendet 100 selek-
tierten Wunsch-Kandidaten einen iPod mit einer personalisierten Botschaft, in der der
CEO Mark Kern die Arbeit der Personen explizit würdigt und sie gezielt auffordert sich
Slater (o.J.),
o.V. (2017)
XIV
zu bewerben. Von den 100 angesprochenen Kandidaten meldeten sich 90 bei Red 5 Stu-
dios und drei wechselten zum Unternehmen.
26
Talent Roadshow: Der australische Softwarehersteller Atlassian tourt unter der Kam-
pagne "Steal European geek's" mit einem Buss durch Europa, um Softwareentwickler nach
Sydney (Australien) zu locken. Im Bus fanden Informationsgespräche und Bewerberaus-
wahl statt.
Slater (o.J.),
o.V. (2017)
27
Flughafenkontrolle: Auf der Suche nach sehr gewissenhaften Mitarbeiter schickt ein
Schweizer Security-Unternehmen Fluggäste präpariert mit Metallplatten durch den Si-
cherheitscheck eines Flughafens. Der Röntgen-Scan fordert die Sicherheitsbeamten zur
Bewerbung auf: "Gelangweilt? Bewerben Sie sich bei uns!“.
Müller
(2016)
28*
Facebook Places: Die Agentur Jung von Matt markiert zur Einführung von "Facebook
Places" die Locations ihrer Wettbewerber (z.B. CEO-Parkplatz kokurrierender Agenturen)
und hinterlegt in Facoboof an diesem Ort den Hinweis "Erster! Wärt Ihr auch gern? Dann
checkt doch ein bei www.jvm-neckar.de/jobs." oder "Beste Grüße aus dem Bauch des tro-
yanischen Pferdes. dreht den Spieß um und checkt ein bei www.jvm-neckar.de/jobs. Wir
suchen neue Köpfe." mit dem direkten Link zum eigenen Stellenportal.
Fellinger
(2014)
29
Falsche Fehlermeldung: Auf der Suche nach Software-Entwicklern lässt Web.de grund-
los Fehlermeldungen aufscheinen mit dem Hinweis "Der Fehlerteufel hat sich eingeschli-
chen - wir kümmern uns bereits um die Behebung des Problems... Das wäre uns mit Ihnen
nicht passiert? Zeigen Sie es uns. Bewerben Sie sich als Software-Entwickler bei Web.de."
mit dem direkten Link zum eigenen Stellenportal.
Fellinger
(2014)
30
Snack-Verteiler: Die Deutsche Telekom verteilt vor den Hauptstandorten von Mitbewer-
bern kleine Snacks (z.B. Eiscreme und Coussants) mit dem Hinweis "Schön, dass Sie da
sind. Hier ist ihr Traumjob" und den Link zur Job-webseite der Telekom. Durch die mar-
kante Farbgebung der Aktion (z.B. magentafarbene Jacken der Snack-Verteiler), war die
Verbindung zur Telekom für Passanten auch weithin erkennbar.
Fellinger
(2014)
Hinweis: Auflistung in zeitlich chronologischer Reihenfolge, für Maßnahmen 22-30 sind keine Jahresangaben verfügbar.
*) Maßnahmen, die in die multi-dimensionalen Skalierung (MDS) einfließen.
Die Suche nach geeigneten Fachkräften wird für Unternehmen zunehmend herausfordernd.
Die konsequente Ausrichtung eines Arbeitgebers auf potentielle Mitarbeiter und die Nutzung
von Marketinginstrumentarien (Employer Branding) ist ein möglicher Ansatz. Dieser Beitrag
zeigt Einsatzmöglichkeiten des Guerilla-Recruiting als Instrument des modernen Personalma-
nagements auf und gibt Einblicke in die Praxis und Forschung. Es wird dargelegt, dass zu-
meist große Unternehmen das innovative Instrument auf der Suche nach kreativ oder analy-
tisch arbeitenden Spezialisten nutzen. Eine tiefgehende Betrachtung unkonventioneller Re-
cruiting-Aktionen innerhalb der Werbeindustrie identifiziert vier Typen des Guerilla Re-
cruitings: (1) Ambient-Recruiting, (2) Trojan-Recruiting, (3) Conspiracy-Recruiting und (4)
Viral-Recruiting.
Ambient-
Recruiting
Trojan-
Recruiting
Conspiracy-
Recruiting
Viral-
Recruiting
Instrumente des Guerilla-Marketing
Instrumente des Guerilla-Recruiting
Fokus auf
Personengruppen
Fokus auf
Einzelpersonen
Fokus auf
Wettbewerber
Fokus auf eigenes
Unternehmen
Wettbewerbs-
orientierung
Zielgruppen-
orientierung
+++ Management Summary +++ Management Summary +++
Vom Nischentrend zum Lebensstil:
Der Einfluss des Lebensgefühls auf das Konsumentenverhalten
Autor: Katharina Klug
Produktinformationen
Gebundene Ausgabe: 92 Seiten
Verlag: Springer; Auflage: 1, 2018
Sprache: Deutsch
ISBN 978-3-658-21109-7
Über das Buch
Cocooning, Neo-Nomadismus, Minimalismus, Slow Living, Precycling und Freecycling – das sind
sechs unkonventionelle Lebensstile, die sich derzeit stark ausbreiten. Das Buch zeigt, wie diese Le-
bensstile das Verhalten von Verbrauchern beeinflussen und welche Relevanz dies für Unternehmen
hat.Jedem Lebensstil widmet die Autorin ein eigenes Kapitel und zeigt darin die grundlegenden Ver-
haltensmotive der Konsumenten auf. Leser erfahren, welches spezifische Lebensgefühl dem jeweili-
gen Lebensstil zugrunde liegt und welche Entwicklungen sich daraus künftig ergeben können.
Schließlich werden die Auswirkungen des Lebensstils für die Handlungsoptionen von Unternehmen
dargelegt und darüber hinaus konkrete Marketingstrategien vorgeschlagen. Jedes Kapitel des Buchs
schließt mit einem Resümee und fasst die zentralen Aspekte zusammen. Daher ist es als wissenschaft-
lich fundierte Orientierungs- und Argumentationshilfe geeignet, um sich etwa auf Gespräche mit Kun-
den, Auftraggebern oder Vorgesetzten vorzubereiten.Katharina Klug wendet sich mit ihrem Buch an
Marketingfachkräfte in Unternehmen und Agenturen, die Konsumenten bereits aus einer lebensstil-
zentrierten Perspektive betrachten oder sich mit dem Thema unkonventioneller Lebensstile vertraut
machen möchten. Studierenden bietet dieses Buch einen fundierten Überblick zur Kundensegmentie-
rung aus der Lebensstilperspektive mit einem ersten einfachen Zugang zu wissenschaftlichen Studien.
Sie erhalten einen anwendungsbezogenen Einblick in den aktuellen Forschungsstand und lernen, wis-
senschaftliche Erkenntnisse in konkrete (Marketing-)Aktivitäten zu überführen. Nicht zuletzt kann das
Buch Dozenten als Grundlage dienen, wenn sie das Thema aktuelle Consumer Movements und Life-
styles innerhalb einer Lehrveranstaltungsreihe einführen möchten.
Literaturservice+++Literaturservice+++Literaturservice+++Literaturservice
Lf. Nr.
Titel
Author(en)
01/2018
Das Phänomen der Filter Bubble:
Eine explorative Analyse der Wahrnehmung und der
Akzeptanz personalisierter Informationen in Sozialen
Medien am Beispiel des Facebook-Newsfeed
Katharina Klug
Charlotte Strang
01/2017
Digitales Luxusgütermarketing:
Luxusmode zwischen Ubiquität und Selektivität
Katharina Klug
Thomas Haditsch
Bisher erschienene „Münchner Beiträge zu Marketing & Management“
ResearchGate has not been able to resolve any citations for this publication.
Der Schweizer Reise-und Outdoor-Ausrüster Transa sucht Mitarbeiter für einen 2012 neu eröffneten Store, indem das Unternehmen seine Mitarbeiter in Outdoorkleidung mit selbstgebautem Holzschild inkl. Abrisszetteln mit Bewerberinformationen durch die Züricher Innenstadt laufen lässt
  • Outdoor-Rekruter
Outdoor-Rekruter: Der Schweizer Reise-und Outdoor-Ausrüster Transa sucht Mitarbeiter für einen 2012 neu eröffneten Store, indem das Unternehmen seine Mitarbeiter in Outdoorkleidung mit selbstgebautem Holzschild inkl. Abrisszetteln mit Bewerberinformationen durch die Züricher Innenstadt laufen lässt. Fellinger (2014);
LEGOLAND Boston oder Philadelphia, USA) einen kompetitiven Event, bei dem etwa 100 talentierte Modell-Designer in drei 30-60-minütigen Runden vor einem Live-Publikum ihr das "bestes Lego-Modell" erschaffen
  • Brick-Factor
Brick-Factor: Der dänische Spielzeughersteller LEGO initiiert seit 2014 fortwährend an verschiedenen Orten (z.B. LEGOLAND Boston oder Philadelphia, USA) einen kompetitiven Event, bei dem etwa 100 talentierte Modell-Designer in drei 30-60-minütigen Runden vor einem Live-Publikum ihr das "bestes Lego-Modell" erschaffen. Der Gewinner erhält ein Job-Angebot des Spielzeugherstellers. Lukez (2014); Slater (o.J.)
Der australische Softwarehersteller Atlassian tourt unter der Kampagne "Steal European geek's" mit einem Buss durch Europa
  • Talent Roadshow
Talent Roadshow: Der australische Softwarehersteller Atlassian tourt unter der Kampagne "Steal European geek's" mit einem Buss durch Europa, um Softwareentwickler nach Sydney (Australien) zu locken. Im Bus fanden Informationsgespräche und Bewerberauswahl statt.
Auf der Suche nach sehr gewissenhaften Mitarbeiter schickt ein Schweizer Security-Unternehmen Fluggäste präpariert mit Metallplatten durch den Sicherheitscheck eines Flughafens. Der Röntgen-Scan fordert die Sicherheitsbeamten zur Bewerbung auf
  • Flughafenkontrolle
Flughafenkontrolle: Auf der Suche nach sehr gewissenhaften Mitarbeiter schickt ein Schweizer Security-Unternehmen Fluggäste präpariert mit Metallplatten durch den Sicherheitscheck eines Flughafens. Der Röntgen-Scan fordert die Sicherheitsbeamten zur Bewerbung auf: "Gelangweilt? Bewerben Sie sich bei uns!".
Der Fehlerteufel hat sich eingeschlichen -wir kümmern uns bereits um die Behebung des Problems
  • Falsche Fehlermeldung
Falsche Fehlermeldung: Auf der Suche nach Software-Entwicklern lässt Web.de grundlos Fehlermeldungen aufscheinen mit dem Hinweis "Der Fehlerteufel hat sich eingeschlichen -wir kümmern uns bereits um die Behebung des Problems... Das wäre uns mit Ihnen nicht passiert? Zeigen Sie es uns. Bewerben Sie sich als Software-Entwickler bei Web.de." mit dem direkten Link zum eigenen Stellenportal. Fellinger (2014)
Eiscreme und Coussants) mit dem Hinweis "Schön, dass Sie da sind. Hier ist ihr Traumjob" und den Link zur Job-webseite der Telekom. Durch die markante Farbgebung der Aktion (z.B. magentafarbene Jacken der Snack-Verteiler), war die Verbindung zur Telekom für Passanten auch weithin erkennbar
  • Snack-Verteiler
Snack-Verteiler: Die Deutsche Telekom verteilt vor den Hauptstandorten von Mitbewerbern kleine Snacks (z.B. Eiscreme und Coussants) mit dem Hinweis "Schön, dass Sie da sind. Hier ist ihr Traumjob" und den Link zur Job-webseite der Telekom. Durch die markante Farbgebung der Aktion (z.B. magentafarbene Jacken der Snack-Verteiler), war die Verbindung zur Telekom für Passanten auch weithin erkennbar. Fellinger (2014)
Auflistung in zeitlich chronologischer Reihenfolge, für Maßnahmen 22-30 sind keine Jahresangaben verfügbar. * ) Maßnahmen, die in die multi-dimensionalen Skalierung (MDS) einfließen
  • Hinweis
Hinweis: Auflistung in zeitlich chronologischer Reihenfolge, für Maßnahmen 22-30 sind keine Jahresangaben verfügbar. * ) Maßnahmen, die in die multi-dimensionalen Skalierung (MDS) einfließen.
die in die multi-dimensionalen Skalierung (MDS) einfließen
  • Maßnahmen
Maßnahmen, die in die multi-dimensionalen Skalierung (MDS) einfließen.