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Effizienz, Konsistenz, Suffizienz. Strategieanalytische Betrachtung für eine Green Economy.

Authors:
IZT-Text 1-2018
Effizienz, Konsistenz, Suffizienz
Strategieanalytische Betrachtung
für eine Green Economy
Effizienz, Konsistenz, Suffizienz
Strategieanalytische Betrachtung
für eine Green Economy
Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.
Autoren
Siegfried Behrendt, Edgar Göll, Friederike Korte
Berlin, 2018
Der vorliegende Beitrag entstand im Forschungsprojekt „Evolution2Green - Transformationspfade zu einer Green Economy:
den Pfadwechsel gestalten“. Das Projekt wurde von adelphi gemeinsam mit dem IZT - Institut für Zukunftsstudien und Tech-
nologiebewertung und dem Borderstep Institut im Rahmen des vom deutschen Bundesministerium für Bildung und For-
schung (BMBF) geförderten Schwerpunktprogramms "Nachhaltiges Wirtschaften" der Sozial-Ökologischen Forschung
durchgeführt (SÖF; Förderkennzeichen FKZ 01UT1407).
© 2018 IZT - Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek
Die deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie.
Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
978-3-941374-35-5
Herausgeber:
IZT - Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung gemeinnützige GmbH,
Schopenhauerstr. 26, 14129 Berlin
Tel.: 030-803088-0, Fax: 030-803088-88, E-Mail: info@izt.de
Abbildung Titel: ©Adobe Stock / © aapsky #157854608 / Petair #40140069 / Егор Кулинич #157854608
IZT-Text 1-2018
3
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis .......................................................................................................... 4
Tabellenverzeichnis .............................................................................................................. 4
Abkürzungsverzeichnis ......................................................................................................... 5
1 Einführung ..................................................................................................................... 6
2 Effizienz, Konsistenz und Suffizienz ................................................................................. 8
2.1 Effizienz ..................................................................................................................................... 8
2.1.1 Definition ............................................................................................................................... 8
2.1.2 Transformationspotenziale .................................................................................................... 9
2.1.3 Grenzen: Wirtschaftswachstum und Rebound-Effekte ....................................................... 12
2.1.4 Fazit 13
2.2 Konsistenz ............................................................................................................................... 13
2.2.1 Definition ............................................................................................................................. 13
2.2.2 Transformationspotenziale .................................................................................................. 14
2.2.3 Grenzen: Technologieumsetzung ........................................................................................ 15
2.2.4 Fazit 16
2.3 Suffizienz ................................................................................................................................. 16
2.3.1 Definition ............................................................................................................................. 16
2.3.2 Transformationspotenziale .................................................................................................. 17
2.3.3 Grenzen: Anschlussfähigkeit ................................................................................................ 23
2.3.4 Fazit 24
3 Stellenwert für Transformation zur Green Economy ...................................................... 25
3.1 Beiträge der Strategien zur Entwicklung einer Green Economy ............................................. 25
3.2 Strategien aus zyklusanalytischer und produktionstheoretischer Sicht ................................. 26
3.3 Komplementarität der Strategien ........................................................................................... 28
3.4 Begrenzung von Rebound-Effekten ........................................................................................ 29
4 Fazit ............................................................................................................................. 32
4.1 Strategieanalytische Heuristik................................................................................................. 32
4.2 Gesamtstrategie der abgestuften Optionen ........................................................................... 34
4.3 Handlungsfelder ...................................................................................................................... 34
Literaturverzeichnis ............................................................................................................ 37
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
4
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Strategien für eine Green Economy ........................................................................... 8
Abbildung 2: Wirkungskette von Anforderungen, Bedürfnissen und Wünschen hin zum
gelieferten Techniknutzen sowie Angriffspunkte für Reduktion, Substitution und
Anpassung ........................................................................................................................ 22
Abbildung 3: Ansatzpunkte und Zusammenhänge bei der Suffizienz privater Haushalte ............ 23
Abbildung 4: Entwicklung von Ökosystemen und Organismen .................................................... 27
Abbildung 5: Strategien aus produktionstheoretischer Sicht ....................................................... 28
Abbildung 6: Die drei Basisstrategien im Kontext von Transformationsprozessen ...................... 32
Abbildung 7: Ko-Evolution von Effizienz, Konsistenz und Suffizienz ............................................. 33
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Suffizienzstufen auf der Basis der Eingriffstiefe .......................................................... 18
Tabelle 2: Handlungsfelder mit Kategorien ................................................................................... 21
Tabelle 3: Effizienz, Konsistenz und Suffizienz im Vergleich ......................................................... 26
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
5
Abkürzungsverzeichnis
BT Deutscher Bundestag
WBGUWissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen
1 EINFÜHRUNG
6
1 Einführung
In der Debatte über nachhaltiges Wirtschaften werden drei mögliche Leitstrategien diskutiert: Effizi-
enz, Konsistenz und Suffizienz. Kurzgefasst stehen Effizienz für weniger Ressourceneinheit pro Ser-
viceeinheit, Konsistenz für naturverträgliche Technologien und Strukturen und Suffizienz für die Re-
duktion des belastenden Konsums. Über die Definitionen und Abgrenzungen sowie den Stellenwert
dieser Strategien für die Transformation
1
von Wirtschaft und Gesellschaft und ihr Verhältnis zu einer
anzustrebenden Green Economy
2
existieren unterschiedliche Ansichten und wird teilweise heftig ge-
stritten
3
.
Die Effizienzstrategie gilt dabei in der Wirtschaft als besonders anschlussfähig und wird in zahlreichen
Formen praktiziert. Eine Steigerung der Ressourcenproduktivität, der Rohstoff- und Energieeffizienz
ist in wirtschaftlicher und ökologischer Hinsicht vorteilhaft, sprich, wirtschaftlich kosteneinsparend
und ökologisch belastungsminimierend. Inzwischen spiegelt sich dieser Zusammenhang in einer dyna-
mischen Entwicklung der globalen GreenTech-Märkte wider, deren „Volumen eine völlig neue Dimen-
sion“ erreicht (BMUB 2014). Der Effizienzstrategie wird sogar eine „Effizienzrevolution“ zugetraut. An-
dere Akteure sind hingegen deutlich weniger euphorisch, ja skeptisch und messen der Effizienzstrate-
gie einen nachrangigen Stellenwert bei. Sie verweisen dabei auf Rebound-Effekte, die Effizienzgewinne
geringer ausfallen lassen, sogar überkompensieren (Santarius 2012, Paech 2012).
Konsistenz wird deshalb als grundlegenderer, systemischer Ansatz diskutiert. Ihm wird eine größere
Reichweite und größerer Impact zugetraut. Während die Effizienzstrategie mengenorientiert ist we-
niger Ressourcenverbrauch bei mehr Ertrag zielt die Konsistenzstrategie auf die Veränderung der
Qualität der Stoff- und Energieströme ab. Gemeint sind dabei Stoffe, Produkte und Technologien, die
verträglich, eben konsistent, mit natürlichen Stoffkreisläufen sind (Schmidt 2008). Im Kern geht es um
die „Schaffung einer metabolisch naturintegrierten Industriellen Ökologie durch basisinnovative Kon-
zeption und Konstitution von technischen ‚Systemwechseln‘, also dem Set-Up und späteren Take-Off“
neuer Technologien auf neuen Pfaden“ (Huber 1999, 13). Fücks plädiert in seinem Buch „Intelligent
wachsen“ (2013) für „eine fundamentale Veränderung der herrschenden Produktionsweise“, also für
eine „grüne industrielle Revolution“, die neben Effizienz vor allem auf Konsistenz setzt. Von solchen
Prozessen wird ein großes Problemlösungspotenzial erwartet. Einige Autoren gehen davon aus, dass
er „mit großem Abstand das höchste Maß an nachhaltiger Problemlösung bringen kann“ (Huber 1999).
Besonders leidenschaftlich debattiert wird über den Stellenwert von Suffizienz. Während eine Fraktion
behauptet, dass Suffizienz „nicht nur ein relativ geringes Einsparpotenzial“ besitzt, sondern „auch ein
viel zu geringes sozio-kulturelles Anschluss- und Resonanzpotenzial“ (Huber 1999; siehe auch Fücks
2013), kommt die andere Fraktion zu der Einschätzung: „Suffizienz ist ein notwendiger Baustein in ei-
nem ebenso notwendigen Ensemble unterschiedlicher Nachhaltigkeitsstrategien“ (Fischer et al. 2013).
Suffizienz gilt sogar dort als „elegante Lösung“, wo Effizienz und Konsistenz an Grenzen stoßen. Auf
Gesellschaftsebene wird in dieser Sicht eine „konsequente sozial-ökologische Transformation der Pro-
duktions- und Lebensweise und eine demokratisch organisierte Reduktion von Produktion und Kon-
–––
1
Siehe Projekt-Definitionspapier, außerdem insbesondere WBGU 2011, Grießhammer/Brohmann 2015
2
Siehe Projekt-Definitionspapier
3
Siehe hierzu beispielsweise Huber 2014, Linz 2014 und Spangenberg 2013
1 EINFÜHRUNG
7
sum“ (Schmelzer/Passadakis 2011) als notwendig angesehen. Das Konzept „der Postwachstumsöko-
nomie orientiert sich an einer Suffizienzstrategie und dem partiellen Rückbau industrieller, insbeson-
dere global arbeitsteiliger Wertschöpfungsprozesse zugunsten einer Stärkung lokaler und regionaler
Selbstversorgungsmuster“ (Paech 2012). Gefordert wird ein “Transformationsdesign“, was auf ein
„komplett anderes Leben“ abzielt. Wiederverwenden, umnutzen, mitnutzen“ ist das Credo einer
neuen, „reduktiven Moderne“, die mithin explizit kulturelle Veränderungen erfordert und mit sich
bringt (Welzer 2014). Einen aktuellen Schub erhält die Diskussion über die drei Basisstrategien der
Nachhaltigkeit durch den Diskurs über „Postwachstum“, da in diesem Kontext über Bereiche von künf-
tigem Wachstum und dessen Art und Qualität sowie die erforderlichen Konzepte und Vorgehenswei-
sen diskutiert wird (z.B. Adler 2014, Hunecke 2013, Paech 2012, Welzer 2011). Darüber hinaus erhält
die Thematik Nachhaltigkeit und Pfadwechsel in internationaler Perspektive eine besonders große Be-
deutung, da eine Verallgemeinerung des westlichen Produktions- und Lebensstils nicht möglich ist und
die kürzlich definierten Nachhaltigkeitsziele (SDG) auch für die EU-Staaten eine große Herausforderung
darstellen und deren Erreichung ermöglicht werden muss (Messner 2015, Altvater 2015, Wuppertal
Institut 2005 sowie Steffen et al. 2015).
Während die bisherige wissenschaftliche, gesellschaftliche und politische Debatte im Wesentlichen die
Vorzüge und Nachteile der jeweiligen Strategien hervorgehoben hat, und dabei Positionen und Schei-
delinien (z. B. Effizienz und Konsistenz versus Suffizienz oder umgekehrt) markiert, fehlt es an einer
vergleichenden Analyse und Einordnung der Transformationspotenziale für eine Green Economy, die
auch deren Wechselwirkungen beachtet und konzeptionell miteinander verknüpft, also die komple-
mentären Funktionen und Potenziale herausarbeitet. Mit Blick darauf soll das vorliegende Papier einen
heuristischen Rahmen aufspannen.
2 EFFIZIENZ, KONSISTENZ UND SUFFIZIENZ
8
2 Effizienz, Konsistenz und Suffizienz
Das Strategiemodell Effizienz, Konsistenz und Suffizienz ist ein hilfreiches Analyseraster, um Trans-
formationen strukturiert zu diskutieren. Es kombiniert strategische Ebenen auf Makro-, Meso- und
Mikroebene und verbindet diese mit einer Akteursperspektive, die es ermöglicht Handlungsspiel-
räume auszuloten. Im Folgenden werden die Strategien bezüglich ihrer Transformationspotenziale für
eine Green Economy beleuchtet und eingeschätzt.
Abbildung 1: Strategien für eine Green Economy
Quelle: BT-Enquete-Kommission, 1996, BMU 2014
2.1 Effizienz
2.1.1 Definition
Die Effizienz-Strategie zielt darauf ab, eine ökonomische Leistung mit geringstmöglichem Einsatz an
Material und Energie zu erstellen, in dem das Input-Output-Verhältnis verbessert wird. Konkret be-
deutet dies eine Steigerung der Material-, Rohstoff- und Energieeffizienz. Der Effekt besteht in einer
relativen Senkung des Ressourcenverbrauchs. Ansätze liegen in der Verbesserung der Technik, der
Prozesse und der Produkte. Ein Beispiel sind effizientere Motoren, ein anderes Beispiel ist die Wärme-
Green
Economy
international
wettbewerbsfähige,
umwelt- und
sozialverträgliche
Wirtschaft.
Vor dem Hintergrund
ökologischer
Grenzen soll ein
umweltverträgliches,
qualitatives und
somit nachhaltiges
Wachstum
ermöglicht werden.
Effizienz
Verbesserung des Input-Output-
Verhältnisses
Suffizienz
Verhaltensänderungen:
Beschränkung des Konsums,
umweltfreundliche Befriedigung
von Bedürfnissen
Konsistenz
metabolisch naturintegrierte
Industrielle Ökologie, „qualitative“
Transformation der industriellen
Stoffumsätze
Leitmärkte
Energieeffizienz, Regenerative Energien, Nachhaltige
Wasserwirtschaft, Nachhaltige Mobilität,
Rohstoffeffizienz, Kreislaufwirtschaft
2 EFFIZIENZ, KONSISTENZ UND SUFFIZIENZ
9
dämmung von Gebäuden, die zur Energieeinsparung beiträgt. Man kann mit Blick darauf von der Ener-
gieeffizienz (Einsatz an Energie pro Einheit Nutzenleistung) sprechen. Gängige Indikatoren sind bei-
spielsweise im Wohnungsbereich Wärmeenergie pro Fläche (Kilowattstunde pro Quadratmeter) oder
Wärmeenergie pro Kopf. Unter Materialeffizienz ist das Verhältnis der Materialmenge in den erzeug-
ten Produkten zu der für ihre Herstellung eingesetzten Materialmenge zu verstehen. Auf volkswirt-
schaftlicher Ebene dient der Quotient aus Wertschöpfung (BIP) und seinem Rohstoffverbrauch
(BIP/Rohstoffmasse) zur Beschreibung der Rohstoffproduktivität. Energieproduktivität wird ausge-
drückt als BIP im Verhältnis zum Primärenergieverbrauch oder zum Endenergieverbrauch. Die Effizienz
ist umso höher, je niedriger der Ressourceneinsatz ist. Die Umkehrung dieser Quotienten wird eben-
falls verwendet und beschreibt die Ressourcenintensität als Verhältnis von genutzter Umweltres-
source zur erwirtschafteten Leistung einer Wirtschaft. Dabei ist eine sinkende Ressourcenintensität
gleichbedeutend mit einer zunehmenden Ressourceneffizienz oder anders ausgedrückt, je sparsamer
eine natürliche Ressource in Relation zur ökonomischen Wertschöpfung verwendet wird, desto weni-
ger wird die Umwelt belastet.
2.1.2 Transformationspotenziale
Die Effizienz-Strategie ist jene, „die im vorherrschenden Wirtschaftsgeschehen am ehesten anschluss-
fähig ist“ (Huber 1995). Dabei ist der Fokus meist betriebswirtschaftlich gesetzt. In der Effizienz-Stra-
tegie „findet sich das Wirtschaftlichkeitsdenken am ehesten wieder: das Maximierungsprinzip, wonach
der Ertrag bei konstantem Aufwand zu maximieren ist, und das Minimierungsprinzip, wonach der Auf-
wand bei konstantem Ertrag zu minimieren ist“ (Schmidt 2008).
Es verwundert daher nicht, dass die Effizienzstrategie von der Wirtschaft gerne aufgegriffen wird. „Sie
steht in keinem Widerspruch zu ökonomischen Zielen, sondern unterstützt diese sogar“ (Schmidt
2008). Im Rahmen der Debatte um eine Green Economy spielt die Effizienz-Strategie eine große Rolle.
Im Umwelttechnologie-Atlas des BMUB heißt es: Für die Fortschritte der „Grünen Transformation“
spielt die Ressourceneffizienz eine Schlüsselrolle, „denn die Unternehmen dieses Wirtschaftszweiges
tragen mit ihren Produkten, Verfahren und Dienstleistungen zur Lösung der ökologischen Herausfor-
derungen bei. Hinzu kommt, dass die Umwelttechnik und Ressourceneffizienz das Greening, das heißt
die Grüne Transformation in anderen Wirtschaftszweigen maßgeblich unterstützt“ (BMUB 2014).
Energieeffizienz, Material- und Rohstoffeffizienz, Wassereffizienztechnologien, Verkehrseffizienz und
Kreislaufwirtschaft sind wichtige Leitmärkte. Sogar eine Effizienzrevolution wird für möglich gehalten
und auch gefordert (Müller 2007). Denn „würde man die Logik der Effizienzsteigerung und Kostenmi-
nimierung noch konsequenter als bisher auch auf ökologische Aspekte anwenden, dann so die Hoff-
nung, wäre eventuell der erforderliche Material- und Energie-Input für Endleistungen, auf einem
gleichbleibend hohen Konsumniveau, in möglichst kurzer Zeit um einen Faktor vier bis zehn zu verrin-
gern“ (Huber 1999, s. auch Schmid-Bleek, Weizsäcker/Lovins 1995, Weizsäcker 2010).
Besonders wichtige Handlungsfelder mit hohen Ressourceneffizienzpotenzialen wurden beispiels-
weise im Rahmen von MaRess (Materialeffizienz und Ressourcenschonung des BMUB, 2010) systema-
tisch identifiziert:
Sensorik: z. B. Condition Monitoring von Material und Struktur, standardisierte elektronische Steue-
rungs- und Regelungselektronik, autonome verteile Mikrosysteme
2 EFFIZIENZ, KONSISTENZ UND SUFFIZIENZ
10
Oberflächentechnologien: z. B. Oberflächenveredelung, Oberflächenfunktionalisierungen mit Nano-
technologien, Optimierung tribologischer Systeme, neue Beschichtungstechnologien wie Plasma-/Va-
kuumtechnik
Prozesstechnologien: z. B. Reinigung mit Vibrationstechnik, Trocknungstechnologien wie IR-Trock-
nung, Simulationsmethoden, neuartige Umformtechnologien für Stahl, abfallfreie Verfahren (Null-
Ausschuss-Produktion)
Prozessintensivierungstechniken: z. B. Mikroreaktionstechnik, Mikroverfahrenstechnik, neuartige Ka-
talysetechniken, Kopplung bestehender Verfahrenstechnik mit biotechnologischen Prozessen
Wassermanagement: z. B. Membrantechnologie, Prozesswasserkreisläufe, dezentrales Wassernut-
zungsmanagement, Kopplung von Abwasser-, Abfall- und Energielösungen, energieautarke Kläranla-
gen, Abwärmenutzung des häuslichen und industriellen Abwassers
Recyclinginfrastrukturen und -technologien: z. B. Trennverfahren für komplexe Stoffverbünde, Recyc-
ling komplexer Produkte
Werkstofftechnologien: z. B. Werkstoffe mit hoher Funktionsintegration, Nutzung von Sekundärroh-
stoffen aus dem Erdbau, Nutzung der Werkstoffvielfalt für den Leichtbau
Energiebereitstellung: z. B. Energiespeichertechnologien und Speichermedien, Wärme- und Kälte-
technik, organische Fotovoltaik, Ressourceneffizienz erneuerbarer Energien
Verkehrstechnologien: z.B. ressourceneffiziente neue Antriebstechnologien, Leichtbau
Textiltechnologie: z. B. Substitution von ressourcenintensiven Fasern, Einsatz von technischen Texti-
lien im Leichtbau
Informations- und Kommunikationstechnik: z. B. ressourceneffiziente Rechenzentren, Server-Virtua-
lisierung, Thin-Client-Lösungen, ressourceneffiziente breitbandige optische Netztechnologien, Next-
Generation-TV-Geräte
4
.
Insgesamt zeigen neue Studien erhebliche Ressourceneffizienzpotenziale auf. Deren Erschließung ist
aber unsicher, denn diese wird nicht unmittelbar durch das Vorhandensein der bloßen technischen
Möglichkeit erreicht; vielmehr handelt es sich lediglich um Potenziale, deren Umsetzung offen und
voraussetzungsvoll ist. Aus Transformationssicht muss nicht nur eine relative, sondern eine absolute
Reduzierung des Ressourcenverbrauchs und der Schadstoffemissionen bewirkt werden. Wie realitäts-
nah ist eine solche Folgerung?
Hierzu zunächst einige indikative Zahlen:
In Deutschland konnte der Ressourceneinsatz vom Wirtschaftswachstum entkoppelt werden, insge-
samt allerdings absolut nur in geringem Umfang.
5
Die Rohstoffproduktivität stieg in Deutschland zwi-
schen 1994 und 2013 um 47,8 Prozent. Der Rohstoffbedarf sank aber nur um 17 Prozent. Ähnlich, aber
–––
4
Die Energie-Agentur IEA fordert in ihrem Bericht „More Data, less Energy“. Hintergrund ist die von der IEA diagnostizierte enorme Energie-
verschwendung.
5
Die Rohstoffproduktivität stieg in Deutschland zwischen 1994 und 2013 um 47,8 Prozent. Ähnlich, aber abgeschwächter, steigt die Energie-
produktivität seit Jahren kontinuierlich an. Damit entwickeln sich beide Indikatoren positiv. Bedeutsam für die Interpretation der Entwicklung
der Rohstoffproduktivität ist auch, dass der Materialeinsatz zunehmend durch Importe gedeckt wird. Quantitativ relevant sind bei dieser Ver-
2 EFFIZIENZ, KONSISTENZ UND SUFFIZIENZ
11
abgeschwächter, steigt die Energieproduktivität seit Jahren kontinuierlich an. Damit entwickeln sich
beide Indikatoren zwar positiv. Die bisher realisierte Ressourceneffizienz bleibt weit hinter dem er-
reichbaren Effizienzpotenzial zurück. Zwar gibt es auf der Mikroebene und Mesoebene viele Bespiele
für erfolgreiche Steigerungen der Ressourceneffizienz, diese übersetzen sich aber kaum in über den
Trend hinausgehende Ressourceneffizienzerhöhungen. Deshalb kann das Ziel der deutschen Nachhal-
tigkeitsstrategie, die Rohstoff- und Energieproduktivität bis 2020 gegenüber 1994 zu verdoppeln, bei
der bisherigen Dynamik nicht erreicht werden. Eine absolute Senkung des Ressourceneinsatzes ist zu-
künftig nur dann möglich, wenn die Ressourceneffizienzsteigerung wesentlich höher als in den vergan-
genen Jahren ausfällt. Würden Materialien im gleichen Maße wie bisher immer effizienter eingesetzt,
würde die Rohstoffproduktivität im Jahr 2020 rund 60 Prozent des Zielwertes erreichen (UBA 2015).
Bedeutsam für die Interpretation der Entwicklung der Rohstoff- und Energieproduktivität ist auch, dass
der Materialeinsatz zunehmend durch Importe gedeckt wird. Quantitativ relevant sind bei dieser Ver-
lagerung insbesondere die gestiegenen Importe von metallischen Halb- und Fertigwaren sowie die Ab-
lösung von heimischer Kohle durch importierte Energieträger. Die inländische Umwelt wird also weni-
ger in Anspruch genommen und Umweltbelastungen, die mit der Entnahme von Rohstoffen und ihrer
Weiterverarbeitung zu Halb- und Fertigwaren verbunden sind, werden in das Ausland verlagert (UBA
2008). Der abiotische Rohstoffeinsatz als Summe der inländischen Rohstoffentnahme und der Importe
einschließlich der indirekten Importe ist zwischen 2000 und 2011 um 2,4 Ptrozent angestiegen (Bun-
desamt für Statistik 2014).
Deutlichere Fortschritte gibt es bei der CO2-Intensität in Deutschland. Die CO2-Emissionen sanken vor
allem in den 1990er- und frühen 2000er-Jahren deutlich. Die abnehmende Energieintensität konnte
die emissionssteigernde Wirkung des gesamtwirtschaftlichen Wachstums mehr als ausgleichen. Neben
der sinkenden Energieintensität war es aber vor allem die zunehmende Bedeutung der emissionsar-
men und emissionsfreien Energieträger (Erdgas und nach 2000 hauptsächlich erneuerbare Energien),
was sich im veränderten CO2-Gehalt des Primärenergieverbrauchs niederschlägt. Trotzdem setzt sich
die Tendenz nicht so fort. Die Gründe dafür sind vielschichtig. So wurde u.a. 2013 (gegenüber dem
Vorjahr) durch das Heizen von Wohnungen und Häusern mehr Heizöl und Gas verbraucht, als Folge
einzelner relativ langer und kalter Winter. Außerdem hat der Export von Strom zugenommen. Darüber
hinaus gingen neue, lang geplante Kohlekraftwerke ans Netz. Andere, veraltete Kohlekraftwerke blie-
ben wegen der niedrigen Brennstoffkosten weiterhin im Einsatz. Dadurch erhöhte sich der Verbrauch
von Braun- und Steinkohle. Dies wiederum lag vor allem am niedrigen CO2-Zertifikatspreis im europä-
ischen Emissionshandel. Aber auch das Anziehen der Konjunktur führte zum Anstieg der Emissionen“
(BMUB 2015).
Betrachtet man diese Thematik global, stellt sich die Entwicklung wie folgt dar:
Ein neuer UNEP-Bericht (2014) zeigt, dass dem Anstieg der Materialentnahme im letzten Jahrhundert
um den Faktor 8 eine Steigerung des BIP im Durchschnitt um das 23-fache gegenüber steht. Das be-
deutet, dass weniger Material zur Bereitstellung der wirtschaftlichen Leistungen benötigt wurde und
somit eine relative Entkopplung erreicht werden konnte. Der absolute Materialverbrauch allerdings
stieg weiter an. Folgt man Langfristprognosen (Simonis 2004, Torras 2003) würde sich unter Status-
quo-Bedingungen das Weltprodukt (GDP) bis zum Jahr 2050 um das 6,1 fache erhöhen. Das Ergebnis:
Je nach Annahme über die Materialintensität der Sektoren müsste die Ressourcenproduktivität, d. h.
–––
lagerung insbesondere die gestiegenen Importe von metallischen Halb- und Fertigwaren sowie die Ablösung von heimischer Kohle durch im-
portierte Energieträger. Die inländische Umwelt wird also weniger in Anspruch genommen und Umweltbelastungen, die mit der Entnahme
von Rohstoffen und ihrer Weiterverarbeitung zu Halb- und Fertigwaren verbunden sind, werden in das Ausland verlagert (UBA 2008).
2 EFFIZIENZ, KONSISTENZ UND SUFFIZIENZ
12
der Output pro eingesetzter Materialeinheit jährlich um 3,2 bis 3,6 Prozent zunehmen, so dass der
globale Materialdurchsatz gleich bleiben könnte (Simonis 2004). Bezüglich der Energieeffizienz ist fest-
zustellen, dass sich Wirtschaftswachstum und Energieverbrauch relativ entkoppeln. Die Energieinten-
sität geht weltweit zurück, im Durchschnitt um 2,3 Prozent jährlich. Absolut steigt der Energiever-
brauch aber an. Nach Prognose der Internationalen Energieagentur (IEA) braucht die Welt in knapp 25
Jahren (bis 2030) über die Hälfte mehr Energie als heute (IEA 2015).
2.1.3 Grenzen: Wirtschaftswachstum und Rebound-Effekte
Grenzen der Effizienzstrategie liegen im Wirtschaftswachstum und in Rebound-Effekten. Wirtschafts-
wachstum treibt den Energie- und Rohstoffverbrauch an und erhöht die Ressourceninanspruchnahme.
Liegt die Erhöhung der Ressourcenproduktivität unter der Wirtschaftswachstumsrate ist nur eine re-
lative Entkopplung möglich, der Ressourcenverbrauch würde absolut steigen. Effizienzsteigerungen
können außerdem produktions- und konsumsteigernde Auswirkungen haben. Solche Rebound-Effekte
schmälern erzielte Effizienzgewinne, können sie auch gänzlich aufheben. Das papierlose Büro ist aus-
geblieben, der Verkehr wächst trotz Telekommunikation, die Hardwaremassenströme schwellen trotz
Leistungssteigerung und Miniaturisierung der Informations- und Kommunikationstechnik an. Zu sol-
chen Rebound-Effekten tragen verschiedene Mechanismen bei. Sie kommen insbesondere dadurch
zustande, dass Effizienzverbesserungen preissenkende und einkommensstärkende und daher konsum-
steigernde Wirkungen haben können. Außerdem können Effizienzfortschritte zu Zeitgewinnen führen,
die sich wiederum in einen veränderten Konsum niederschlagen. Volkswirtschaften reagieren im All-
gemeinen auf Effizienzerhöhungen mit einer Nachfrageausweitung (Binswanger 2001). Die Erschlie-
ßung neuer Anwendungs- und Absatzmöglichkeiten trägt damit zu Kompensation von Effizienzgewin-
nen bei. Häufig führen Effizienzsteigerungen auch zu höheren Leistungsanforderungen, so dass sich
nicht der Ressourcen-Input pro Produkt reduziert, sondern der Leistungs-Output erhöht (Hilty 2003,
2015).
Bislang weiß man recht wenig über Rebound-Effekte, entsprechend groß ist die Unsicherheit bei der
Abschätzung der Auswirkungen von Ressourceneffizienzgewinnen auf volkswirtschaftliche Systeme.
Ein Großteil der Studien stammt aus dem Energiesektor. Ein Review der bestehenden Studien zum
direkten langfristigen Rebound-Effekt der Energieeffizienz in Haushalten ergab beste Schätzungen
von jeweils 10-30 % für privaten Automobilverkehr und Heizung, 1-26 % für Kühlung und generell
weniger als 20 % für andere Services wie Warmwasserbereitung (Sorrell et al. 2009). Rebound-Ef-
fekte können mit Hilfe von Input-Output-Modellen abgebildet werden. Thiesen et al. (2008) haben
konkret den Rebound-Effekt von Preisdifferenzen in Ökobilanzen mit dieser Methode untersucht.
Auch Tukker et al. (2006) bieten eine Basis zur Abschätzung der Umwelteffekte des indirekten Preis-
Rebound-Effekts. Girod und de Haan (2010) haben Elastizitätswerte der Treibhausgasemissionen von
Haushalten in Bezug zu vermehrten Haushalteinnahmen für die Schweiz veröffentlicht. Auf volkswirt-
schaftlicher Ebene wurden Rebound-Effekte mit Hilfe von makroökonomischen Modellen, oft ökono-
mischen Gleichgewichtsmodellen, untersucht (z. B. Barker et al. 2007). Die Abschätzung der Größe
des Rebound-Effektes variiert bis dato erheblich und reicht von null bis fünfzig Prozent, das heißt,
dass weniger als die Hälfte des technischen Sparpotenzials tatsächlich genutzt wird. Kaum bekannt
sind die Effekte günstigerer Preise, infolge von Effizienzsteigerungen, auf die Konsumausgaben. Be-
lastbare Daten und Fakten über die Größe dieser Rebound-Effekte liegen bis dato kaum vor. Fest
steht, dass Rebound-Effekte keine vernachlässigbare Größe darstellen und Effizienzfortschritte er-
heblich schmälern. Effizienzmaßnahmen bringen längst nicht die beabsichtigte Ersparnis. Daher kon-
terkarieren Rebound-Effekte die Effizienzziele von Wirtschaft und Politik (z. B. der Energiewende in
Deutschland). So haben sich die Enquête-Kommission Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität und die
2 EFFIZIENZ, KONSISTENZ UND SUFFIZIENZ
13
Enquête-Kommission Internet und Gesellschaft im Zusammenhang mit der „Green IT“ mit Rebound-
Effekten befasst und ihnen bescheinigt „viel relevanter zu sein, als bisher in der Umweltdebatte an-
genommen“ (BT 2013). Damit gewinnt die Frage an Bedeutung, wie (umwelt)politisch Rebound-Ef-
fekte eingedämmt werden können (UBA 2016).
2.1.4 Fazit
Grundsätzlich bestehen in der Wirtschaft noch erhebliche Effizienzpotenziale. Ihre Erschließung fällt
hingegen sehr unterschiedlich aus. Zwar lässt sich ein relatives „De-coupling“ bzw. „De-linking“ – eine
Ent- bzw. Abkopplung von der Entwicklung des Bruttoinlandsproduktes (BIP) feststellen, absolut sind
die Reduktionen aber gering. Vergleichende Länderstudien kommen zu Unterscheidungen nach „Vor-
reitern“, „Nachzüglern“ und „Sitzenbleibern“ (Simonis 2004). Dementsprechend muss eine weit hö-
here Ressourcenproduktivität erzielt werden, wenn Ressourceneffizienz als Transformationsstrategie
für eine Green Economy eine starke bzw. absolute Entkopplung erreichen soll wenn die globale Öko-
logie also wirklich entlastet werden soll (vgl. Simonis 2004, UNEP 2014). Ressourceneffizienz als Trans-
formationsstrategie für eine Green Economy ist als absolute und nicht nur relative Umweltentlastung
nur dann wahrscheinlich, wenn die Ressourceneffizienzzunahme beschleunigt wird, also deutlich
schneller als bis dato erfolgt. Aus Transformationssicht in Richtung einer Green Economy geht es dabei
nicht nur um inkrementelle Verbesserungen, sondern um „Quantensprünge“ für einen schonenderen
Umgang mit Ressourcen, die deutlich über dem Wirtschaftswachstum liegen und/oder geringe
Rebound-Effekte erwarten lassen. Dies gilt insbesondere dort, wo sich neue Paradigmen im Umgang
mit Ressourcen abzeichnen. Beispiele sind: Urban Mining, Non-destructive recycling, Null-Ausschuss-
Produktion oder Green IT. Von ihnen kann eine starke gestalterische Kraft ausgehen, die über verschie-
dene Anwendungsfelder hinweg wirkt und Selbstorganisationsprozesse auslöst. Dadurch eröffnen sich
neue Gestaltungsmöglichkeiten („windows of opportunity“) für eine effizientere Ressourcennutzung.
Zu fragen ist also, welche weitergehenden Material-, Produkt- und Systeminnovationen möglich sind
und wie diese erschlossen werden können (durch welche Akteure, Rahmenbedingungen, Governance
etc.).
2.2 Konsistenz
Während es bei Effizienz in erster Linie um Mengenaspekte geht, also um weniger Rohstoff- und Ener-
gienutzung, hebt die Konsistenzstrategie auf eine „qualitative Transformation der industriellen Stof-
fumsätze“ (Huber 1999) ab, ist also stärker systemisch ausgerichtet.
2.2.1 Definition
Konsistenz bedeutet die umweltverträgliche Beschaffenheit von Stoffströmen. Konsistente Stoff-
ströme sind solche, „die entweder weitgehend störsicher im abgeschlossenen technischen Eigenkreis-
lauf geführt werden, oder aber mit den Stoffwechselprozessen der umgebenden Natur so überein-
stimmen, dass sie sich, auch in großen Volumina, relativ problemlos darin einfügen“ (Huber 1999).
Konsistenz steht also für eine „metabolisch naturintegrierte industrielle Ökologie“. Damit zielt diese
Strategie auf eine Veränderung der „Qualität“ der Energie- und Stoffströme ab. Alternativ wird auch
der Begriff „Öko-Effektivität“ genutzt.
2 EFFIZIENZ, KONSISTENZ UND SUFFIZIENZ
14
2.2.2 Transformationspotenziale
Handlungsfelder für eine Konsistenzstrategie liegen besonders dort, wo ökologische Grenzen erreicht
sind, dies gilt insbesondere mit Blick auf globale, „planetare Grenzen“ (Rockstroem 2009). Vier von
neun planetaren Grenzen sind durch den Einfluss des Menschen bereits überschritten: Klimawandel,
Biodiversität, Landnutzung und biogeochemische Kreisläufe. Einige der Grenzen, die global noch nicht
überschritten sind, übersteigen bereits regionale Toleranzlimits, etwa der Wasserverbrauch in Teilen
Südeuropas, Asiens und des Mittleren Ostens. In Deutschland werden Wirkungsschwellen von Ökosys-
temen aufgrund versauernder und eutrophierender Stoffeinträgen des Niederschlags überschritten.
Die derzeitigen Säure- und Stickstoffeinträge liegen für viele Ökosysteme über den Critical Loads. Bei
bestimmten Grenzwertüberschreitungen werden Tipping Points vermutet mit oft plötzlichen und irre-
versiblen Reaktionen.
Vor diesem Hintergrund geht es darum, in ökologisch betroffenen Bereichen, konsistente Stoffströme
herzustellen. Im Zuge der Nachhaltigkeitsdebatte sind vielfältige Ansätze zu verzeichnen, zum Beispiel
Bionik, Biomimetik (Rechenberg 1973, von Gleich 1998)
Ökologische Modernisierung (Jänicke 2006, Huber 1995)
Management des industriellen Metabolismus (Ayres 1996, Simonis 1994)
Cradle-to-Cradle (Braungart/McDonough 1999)
Industrielle Ökologie (Graedel 1994, von Gleich 2010)
Bioökonomie (Lahl 2012, BMBF 2014)
Die übereinstimmende Stoßrichtung der verschiedenen Konzepte liegt darin, grundlegende Technik-
und Produktinnovationen herbeizuführen, die auf ein ökologisches „Re-Embedding“ abzielen.
Zu den wichtigsten Transformationsfeldern einer metabolisch besser naturintegrierten Wirtschaft ge-
hören die Energieerzeugung, der Verkehrsbereich, die Landwirtschaft, Grundstoffindustrie und die
Chemie. Auf besondere Handlungsbereiche machen verschiedene Studien und Aufsätze (Huber 1999,
Simonis 2004, Schmidt 2008 etc.) aufmerksam, u.a.
Erneuerbare Energien wie Solarenergie, Wind- und Wasserkraft, Geothermalenergie
Brennstoffzellen in mannigfaltigen Anwendungen, von Kraftwerken bis Fahrzeugantriebe
Wasserstoff-Technologien
Dezentralisierte Mikroenergieerzeugung
Industrielle Biotechnologie
Ersatz gefährlicher Chemikalien
Bio-Feedstocks
Nanotechnologie
Ökologische Landwirtschaft
Verzicht auf persistente Stoffe
Die Beispiele machen deutlich, dass Konsistenz gegenüber bestehenden Pfaden vielfach radikale In-
novationen verlangt, vielfach wird eine Substitution bestehender Technologien, Produkte oder Stoffe
angestrebt, weshalb andere Technologien notwendig sind. Mit einer Konsistenzstrategie sind nicht nur
technische Veränderungen verbunden, sondern große organisatorische Änderungen mit hoher Ein-
2 EFFIZIENZ, KONSISTENZ UND SUFFIZIENZ
15
griffstiefe bei Design, Produktion, Distribution und Redistribution von Produkten. Konsistenz ist des-
halb eine Strategie für einen technischen und wirtschaftlichen Strukturwandel mit weiteren Folgen für
rechtliche, politische und kulturelle Veränderungen (Huber 1999). Ein Übergang zu einer naturinte-
grierten Wirtschaft muss offensichtlich mit Basisinnovationen einhergehen, die einen Paradigmen-
wechsel herbeiführen und breite Teile von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft erfassen. „Energie-
wende“, „Verkehrswende“, „Ernährungswende“, „Bioökonomie“ und „Low Carbon Economy“ sind ak-
tuelle Beispiele für solche Transformationsfelder.
In einzelnen Bereichen macht sich die Konsistenzstrategie signifikant bemerkbar. So beispielsweise
beim Abbau der Ozonkonzentration in der Stratosphäre. Durch das Verbot ozonzerstörender Substan-
zen ging deren Emission deutlich zurück, langsam auch die Konzentration in der Ozonschicht. Ein wei-
teres Beispiel ist das Verbot der als Dreckiges Dutzend („dirty dozen“) bekannten zwölf Giftstoffe (u.
a. Pflanzenschutzmittel, Industriechemikalien und Nebenprodukte von Verbrennungsprozessen). Sie
wurden durch die POP Konvention - bzw. das Stockholmer Übereinkommen (vom 22. Mai 2001) welt-
weit verboten. Im Energiesektor wurden die energiebezogenen CO2-Emissionen vom Wirtschafts-
wachstum entkoppelt. In 2014 wuchs die Weltwirtschaft um ca. drei Prozent, während die CO2-Emis-
sionen des Energiesektors konstant blieben. Neben dem Rückgang der Energieintensität ist diese Ent-
wicklung auf die Expansion kohlenstoffarmer Technologien zurückzuführen. Erneuerbare Energieträ-
ger, wie z. B. Wind, Solar oder Wasserkraft, machten fast die Hälfte der in 2014 neu geschaffenen
Stromerzeugungskapazität aus (IEA 2015).
2.2.3 Grenzen: Technologieumsetzung
Die Konsistenzstrategie besitzt ein hohes Transformationspotenzial für eine Green Economy. Aller-
dings ist die Eingriffstiefe in bestehende Strukturen und Systeme vielfach hoch, insbesondere dort, wo
es um die Substitution bestehender Technologien und/oder Systeme geht, so dass die Konsistenzstra-
tegie mit der Überwindung von Pfadabhängigkeiten und Blockaden konfrontiert ist (z.B. Feedstock-
Change, regenerativ basierte E-Mobilität). Aus diesem Grunde wird argumentiert, dass der „vollstän-
dige und gleichwertige Ersatz aller derzeitigen Güter und Dienstleistungen in konsistenter Form derzeit
noch Zukunftsmusik ist. Und darauf zu setzen, dass die notwendigen Technologiesprünge rechtzeitig
stattfinden, bevor der Klimakollaps droht, die fossilen Ressourcen erschöpft sind oder die Artenvielfalt
zerstört ist, ist hochriskant“ (Fischer, Grießhammer 2012). Tatsache ist, dass viele industrielle Stoffe
bis dato nicht in die Natur als „Nährstoffe“ integriert werden können (Huber 1995, 146; Hartwig 2007,
200). Produkte, die nach dem „Cradle-to-Cradle“ Konzept (Braungart 2008) entweder als biologische
Nährstoffe in biologische Kreisläufe zurückgeführt werden können oder als „technische Nährstoffe“
kontinuierlich in technischen Kreisläufen gehalten werden, sind bis dato die Ausnahme. Im Gegenteil
durch den Trend zur Miniaturisierung und Leistungsintegration können viele Produkte immer schwerer
stofflich verwertet werden. Durch die Komplexität der Wertschöpfungskette wird auch das Recycling
schwieriger (Behrendt 2014). Dies ist beispielsweise bei vielen Technologiemetallen, die für Zukunfts-
und Umwelttechnologien von besonderer Bedeutung sind, festzustellen. Die Erfassung und Sammlung
von technologiemetallhaltigen Abfällen sowie die Einsteuerung dieser Abfälle in die dafür am besten
geeigneten Recyclingketten ist heute völlig unzureichend.
Außerdem können ökologische Risiken und Nebenfolgen auftreten. Sie äußern sich beispielsweise in
Form von Nutzungskonflikten für die zur Verfügung stehenden Räume und Flächen. So lässt sich ins-
2 EFFIZIENZ, KONSISTENZ UND SUFFIZIENZ
16
besondere die Bodenfläche für Bioenergie und Biomasse insgesamt kaum ausweiten, ohne Nahrungs-
produktion und Naturschutz zu gefährden (Unmüßig et al. 2012). Der Bau von Windkraftanlagen ruft
Lärmprobleme und Nutzungskonkurrenzen hervor. Es ist demnach davon auszugehen, „dass eine
knappe Ressource nicht ohne weiteres durch eine andere zu ersetzen ist.“ „Weltweit ist zum Beispiel
das verfügbare Ackerland pro Person in den letzten Jahrzehnten von 0,45 ha auf weniger als 0,25 ha
gesunken. Mehr noch: Je mehr Technik sich in Naturzyklen integriert, desto mehr wirken deren Rhyth-
men und Kapazitäten als eine Bremse für übersteigerte Leistungserwartungen“ (Unmüßig et al. 2012).
2.2.4 Fazit
Die Strategie der Konsistenz hat voraussichtlich das weitreichendste Transformationspotenzial. Indem
mit ihr versucht wird, die Stoff- und Energieströme den natürlichen biogeochemischen Stoffkreisläufen
und deren Funktionsprinzipien anzupassen, impliziert sie einen tiefgreifenden gesellschaftlichen Wan-
del (in ökologischen Problemfeldern wie Energie, Verkehr, Landwirtschaft, Chemie usw.). Die damit
verbundenen Prozesse sind langfristig, „wegen des erforderlichen wissenschaftlich-technologischen
Vorlaufs, wegen der nur langfristig erfolgenden Erneuerung oder Substitution von Kapitalstöcken, der
Trägheit von Paradigmenwechseln ebenso wie Personalstrukturen, den Interessenkonflikten zwischen
Platzhaltern und Neuerern, wegen der Notwendigkeiten gesellschaftlicher Bewertung und alltagsprak-
tischer Assimilation, auch der Notwendigkeiten rechtlicher Regelungen“ (Huber 1999) und vieles mehr.
Das Problemlösungspotenzial der Konsistenzstrategie hängt auch wesentlich davon ab, inwieweit es
gelingt, die Prozesse so zu gestalten, dass ökologische Risiken und Nebenfolgen, Nutzungskonkurren-
zen und Zielkonflikte früh erkannt und möglichst vermieden werden.
2.3 Suffizienz
2.3.1 Definition
Unter Suffizienz, hier: „Öko-Suffizienz“ verstehen wir „Änderungen in Konsummustern, die helfen, in-
nerhalb der ökologischen Tragfähigkeit der Erde zu bleiben, wobei sich Nutzenaspekte des Konsums
ändern“ (Heyen et al. 2013: 7). Darunter werden diejenigen Schritte, Maßnahmen, Instrumente und
Strategien von Individuen und Organisationen gefasst, mit denen Ressourcen durch Verhaltensverän-
derungen eingespart werden können, die mit der Absicht erfolgen, Energie und Rohstoffe anders zu
nutzen und von ihnen weniger zu verbrauchen als bisher. „Eine Ressourcen schonende Lebensweise
ist also das Ziel der Öko-Suffizienz.“ (Linz 2012: 75) Mit dieser Basisstrategie bestehen unmittelbare
Anknüpfungspunkte bzw. Überschneidungen vor allem zu „anwenderbezogenen Pfadabhängigkeiten“
bzw. entsprechenden Möglichkeiten für einen Pfadwechsel in diesen Kontexten.
Der Suffizienzdiskurs zeichnet sich allerdings noch durch viele weitere Facetten aus: so wird Suffizienz
oft mit dem Diskurs um ein „Gutes Leben“ (Schneidewind/Zahrnt 2013) in Verbindung gebracht oder
als ein Konsummuster mit dem „rechtem Maß“ (Linz 2004) angesehen. Es findet demnach eine positive
Bewertung sowohl eines qualitativ anderen Konsums als auch einer Reduktion von Konsum statt. Be-
sonders greifbar wird dies durch die von Sachs entwickelten „4 Es“ (Entschleunigung, Entrümpelung,
Entflechtung, Entkommerzialisierung), die von Schneidewind und Zahrnt aufgenommen werden
(Schneidewind, Zahrnt 2013). Brischke ergänzt die 4 Es um ein weiteres E (Emanzipation). Gemeint ist
die Befreiung von Überfluss, Beschleunigung und Entfremdung sowie die Emanzipation hin zu einer
2 EFFIZIENZ, KONSISTENZ UND SUFFIZIENZ
17
„Wertschätzung für sich selbst und die Umwelt“ (Brischke 2014). Die Bereitschaft zu einem solchen
suffizienten Lebensstil ist jedoch sehr voraussetzungsvoll und bislang nur in spezifischen Milieus, wie
das der Postmateriellen, anschlussfähig (Kleinhückelkotten 2005). Ein kultureller Wandel hin zu Suffi-
zienz in der Gesamtgesellschaft wird daher unter derzeitigen Umständen als unrealistisch eingeschätzt
(Linz 2012, Heyen et al. 2013). Daraus ergibt sich, dass ein verbreitetes Praktizieren von Suffizienz nicht
allein dem Individuum überlassen werden kann. Die geforderten Änderungen in den Konsummustern
müssen vielmehr durch politische Maßnahmen und Rahmenbedingungen bestärkt und gefördert wer-
den (Linz 2012) (Schneidewind, Zahrnt 2013, Heyen et al. 2013). Politische Maßnahmen im Bereich
Suffizienz umfassen vor allem: Deklarieren, Fördern, Verteuern, Regulieren und Verbieten. Suffizienz-
politiken erschöpfen sich demnach nicht allein in Ordnungspolitik, in finanziellen Belastungen, in Ge-
boten und Verboten. Zu ihnen gehören ebenso das Setzen von Anreizen und die Förderung lebensfä-
higer Alternativen (z. B Linz 2012, Linz 2015, Schneidewind, Zahrnt 2013).
Ein anderer Schluss hinsichtlich der Schwierigkeit eines kulturellen Wandels hin zu Suffizienz ist ein
Suffizienzverständnis, welches die Suffizienzstrategie von einer individuellen Bewertungsebene abkop-
peln möchte. Suffizienz soll demnach bewusst weltanschaulich neutral betrachtet werden und anstatt
auf die Motivation oder die Bewertung von Suffizienz (also: Intrinsische Motivationen) auf die erzielten
Suffizienzeffekte fokussieren („innerhalb der ökologischen Tragfähigkeit bleiben“, so Heyen et al.
2013). Dies betont die Dringlichkeit von Suffizienz, welche sich aus den Grenzen und Schwächen von
Effizienz (Rebound) und Konsistenz (sehr langfristige Technologieentwicklung) ergibt, und die um suf-
fiziente Nutzungsänderungen ergänzt werden müssen. Im Suffizienzdiskurs sollte jedoch die Definiti-
onsebene von der Kommunikationsebene unterschieden werden. So ist es für die Anschlussfähigkeit
von Suffizienz in der Gesellschaft durchaus sinnvoll ein positives Transformationsnarrativ, welches Vor-
teile eines ressourcenleichten Lebens herausstellt, zu kommunizieren (Heyen et al. 2013).
2.3.2 Transformationspotenziale
Ziel des Wirtschaftens ist die Befriedigung von Bedürfnissen der Menschen, die einem Wandel unter-
liegen und durch äußere, gesellschaftliche Umstände mitgeformt werden. Sowohl im historischen als
auch im internationalen Vergleich wird deutlich, wie vielfältig sich die Bedürfnisse sowie die Nachfrage
nach Gütern und Dienstleistungen entwickelt haben. In unserer sogenannten „Konsumgesellschaft“
(Stengel 2011) haben sich verschiedene Steigerungsdynamiken entwickelt, vor allem die „Beschleuni-
gung“ vieler Aktivitäten und Prozeduren in der Wirtschaft (vgl. Rosa 2013), die auch den Stoffumsatz
betreffen.
Indem alltägliche Verhaltensweisen diese Fehlentwicklung mit bewirkt haben, ist ein Umsteuern un-
mittelbar von den Gewohnheiten, Verhaltensroutinen und Motiven der Individuen und Organisationen
sowie deren Veränderbarkeit und Veränderung abhängig. Dies zeigt sich u. a. bei der Einführung neuer
technischer Systeme: so ist das Wunschbild von einem „papierlosen Büro“ nicht in Erfüllung gegangen.
Bei intendierten Verhaltensänderungen kommt es darauf an, den jeweiligen Aufwand („Transaktions-
kosten“) möglichst gering zu halten. Dazu ist es sinnvoll, den Aufwand im Sinne eines Spektrums bzw.
einer Skala zu differenzieren. Heyen et al. (2013) haben dies am Beispiel von Nutzungsweisen eines
Kühlschranks exemplarisch dargestellt. Deutlich wird dabei, dass mit höherem Aufwand auch höhere
Einspareffekte erzielt werden können. Daraus kann der Schluss gezogen werden wie die Autoren dies
für die schrittweise Einführung von Rauchverboten erwähnen, dass sukzessives Vorgehen, beginnend
möglichst mit erfolgversprechenden, spürbaren Entlastungen, sehr erfolgversprechend sei.
2 EFFIZIENZ, KONSISTENZ UND SUFFIZIENZ
18
Der folgende Klassifizierungsvorschlag am Beispiel der Kühlgerätenutzung soll der Akzeptanzabschät-
zung dienen; er baut daher auf den Eingriffstiefen hinsichtlich des Nutzens auf:
An diesem Beispiel wird das Transformationspotenzial von Suffizienz in kleinem Maßstab beschrieben.
Nach diesem Schema können „Suffizienzpotenziale“ je Gerätetypus bzw. Bedarfsfeld oder auch je nach
Individuum bzw. Organisation (kollektiv/gemeinschaftlich) kalkuliert werden. Vor allem bei Strategien
und Maßnahmen für Suffizienz ist zu prüfen, inwieweit und mit welchen Aktivitäten eine breitere Dif-
fusion, ein „mainstreaming“ suffizienter Verhaltensweisen in möglichst viele soziale Milieus und Be-
reiche erreicht werden kann. Im Zusammenhang mit industrieller Ökologie konstatiert Huber (2000):
„Das Hauptproblem im Innovationsprozess liegt weniger in der Erfindung und Frühentwicklung neuer
Technologien, als vor allem in der Einführung und allgemeinen Verbreitung.“
Die Umwelt besonders entlastende Verhaltensweisen sind bislang nur für die Bereiche Energie und
Klimaschutz relativ gut untersucht worden. „Interessante Handlungsfelder für Suffizienz wären dort
aus unserer Sicht der Pkw-Ersatz, das Stromsparen, die Ernährungsumstellung auf mediterrane Kost
und die Wohnflächenreduktion. Sie gehören zu den „Top Ten“ der Energiesparmöglichkeiten im priva-
ten Haushalt (Grießhammer et al. 2010). Zudem sind Pkw-Ersatz, Stromsparen und Ernährungsumstel-
lung gesellschaftlich vergleichsweise anschlussfähig, Ernährungsumstellung hat zudem ein Potenzial
für gesellschaftlichen Strukturwandel (Umstellung der Landwirtschaft). Wohnflächenreduktion dürfte
auf mehr Widerstand stoßen und geringe Ausstrahlungswirkung haben, hat aber ein hohes Potenzial
sowohl für individuellen als auch gesellschaftlichen Strukturwandel(Fischer/Grießhammer 2013).
Tabelle 1: Suffizienzstufen auf der Basis der Eingriffstiefe
Empfundene Einschrän-
kung bzw. Aufwand
Art der Änderung des
Konsummusters
Beispiel
S1
Keine bis wenig
z.B. kleineres Gerät
Kühlschrank mit 3-Sterne-Fach (101 l/17 l) statt
Kühl-Gefrier-Gerät (171 l/41 l)
S2
Mittel
z.B. Gerät mit weniger
Komfort
Nur Kühlgerät ohne Gefrierfunktion
S3
Stark
z.B. zeitaufwendige Ver-
haltensmaßnahmen
Kühlschrank 4 Monate im Jahr nicht nutzen, Le-
bensmittel auf Balkon / vor dem Fenster kühlen
S4
Sehr stark
z.B. Verzicht auf Gerät,
komplette Umstellung
von Praktiken
Gar kein Kühlschrank, dafür häufiger / andere
Lebensmittel einkaufen; einmachen / konser-
vieren…
Quelle: Eigene Darstellung auf Grundlage von Heyen et al. 2013
2.3.2.1 Suffizienzpotenziale
Positive Effekte im Zusammenhang mit Aktivitäten und Maßnahmen der Suffizienz sind bislang für Ein-
zelfälle und auf individueller Ebene (Haushalt) vorgenommen worden. Eine allgemeine Einschätzung
2 EFFIZIENZ, KONSISTENZ UND SUFFIZIENZ
19
der Potenziale ist derzeit noch schwer möglich. Ansätze für eine bessere Gestaltung von Suffizienz-
maßnahmen liegen bereits vor.
Während die Basisstrategie Suffizienz früher in Bezug auf persönliche Lebensweisen thematisiert
wurde, erhält sie inzwischen mehr strukturelle, strategische Bedeutung (z. B. ressourcenschonende
Lebensstile, Entschleunigung). Dabei wird Suffizienz als Bereich politischer Gestaltung erachtet und es
werden konkrete Suffizienzpolitiken diskutiert. „So führt (aller Voraussicht nach) nichts an einer ver-
ordneten Nachhaltigkeit und damit einer verbindlich gemachten Suffizienz vorbei (…).“ (Linz 2013, S.
47)
Von einer Suffizienzpolitik prinzipiell förderbare Handlungen (Heyen et al. 2013) sind im Folgenden
beispielhaft aufgeführt, aufgeteilt in drei Bereiche:
1) Suffiziente Handlungen auf Verbraucher-Ebene:
ein Weniger an (ressourcenintensiven) Gütern und Güternutzung:
-vollständiger Verzicht auf bestimmte Güter (z.B. Autobesitz, Fernreisen)
-Reduzierung der Menge bestimmter Güter (z.B. Fleisch, Fernsehgeräte)
-seltenere Nutzung von Gütern (z.B. des Autos, des Fernsehers)
evtl. Ersatz durch qualitativ andere, umweltfreundlichere Güter (z.B. Rad statt Auto)
Wahl einer Variante des (gleichen) Gutes mit einem Weniger an Größe, Funktionen oder Kom-
fort (z.B. kleinerer Fernseher, kleinere Wohnung, Auto ohne Klimaanlage)
Eigenproduktion, wenn ökologisch vorteilhaft (z.B. ökologischer Gemüseanbau im Garten)
gemeinsame Nutzung, wenn ökologisch vorteilhaft (z.B. Nachbarschaftsauto)
verändertes, umweltfreundlicheres Nutzungsverhalten (z.B. max. 120 km/h auf Autobahn)
Verlängerung der Nutzungsdauer, wenn ökologisch vorteilhaft (z.B. Handy, Kleidung)
2) Suffizienzerleichternde Handlungen auf Unternehmensebene:
Angebot und Bewerbung umweltfreundlicherer Güter mit veränderten Nutzenaspekten (z.B.
Produktion eines kleinen Geräts und günstige Platzierung im Geschäft)
Nutzen-statt-Besitzen-Angebote für eine intensivere Nutzung (z.B. Werkzeugverleih)
Herstellung von Gütern mit längerer Haltbarkeit bzw. Angebote, die eine längere Nutzung er-
möglichen (z.B. günstige Reparatur und auswechselbarer Akku beim Laptop)
Reduzierung der neu angebotenen Güter pro Jahr (z.B. Mode-Kollektionen)
Bereitstellung von Umweltinformationen (z.B. absoluter Energieverbrauch einer Kühltruhe)
Setzen entsprechender Anreize bei Mitarbeitern (z.B. BahnCard statt Dienstwagen)
3) Suffizienzerleichternde Handlungen Dritter (z.B. Verbände, Initiativen, „Prosumenten“):
Bereitstellung von Angeboten, die suffizientes Handeln erleichtern (z.B. Verleihladen)
Durchführung von Kampagnen, Bereitstellung von Informationen, Vergabe von Labels
Grundsätzlich sollten Suffizienz-Maßnahmen „eingebettet werden in einen Policy-Mix mit Effizienz-
und Konsistenz-Maßnahmen“ (Heyen et al. 2013). Dementsprechend weist auch Linz darauf hin, be-
2 EFFIZIENZ, KONSISTENZ UND SUFFIZIENZ
20
zugnehmend auf das Beispiel suffiziente Regelung der Raumwärme, dass „zwischen Effizienz und Suf-
fizienz, keine Konkurrenz entsteht. Effizienz will die falsche Nutzung der physischen Ressourcen ver-
ändern, Suffizienz die falschen Denkansätze“ (Linz 2013). Je nach Praxisbereich, Herausforderungen,
dominanten Handlungsmustern und Akteurskonstellationen kann es sowohl zu sich ergänzenden Ent-
wicklungen in Richtung Green Economy kommen, aber auch zu Konflikten zwischen den drei Basisstra-
tegien. Dies bezieht sich auf alle Handlungsebenen (Individuen, Organisationen/Unternehmen, staat-
lich-administrative Ebenen), insofern mit den Basisstrategien jeweils unterschiedliche Präferenzen und
entsprechend unterschiedliche Entscheidungen, Handlungen und Effekte verbunden sind.
Im Rahmen eines aktuellen Projektes über den Bereich „Energiesuffizienz“ analysiert ein Team des ifeu
verschiedene Energiesuffizienz-Strategien und -Instrumente als komplementäre Ergänzung zu Ener-
gieeffizienz und Konsistenz auf den Ebenen Geräte, Haushalte sowie urbane Dienstleistungen und Inf-
rastrukturen. Letzteres erfolgt vor allem, um zu prüfen, wie diese „zu suffizienten Praktiken und All-
tagsroutinen in Haushalten und zu suffizienten urbanen Lebensstilen beitragen können“ (Schmitt et al.
2015).
Dabei werden drei prinzipielle Suffizienzansätze unterschieden: Reduktion, Substitution und Anpas-
sung:
Reduktion: Quantitative Verringerung des Techniknutzens, nach Bewusstmachung der
tatsächlich benötigten Bedarfe und Entlastungen, durch verringerten Technikgebrauch
(weniger fernsehen) oder bewusste Entscheidungen bei Geräteausstattung (kleinerer
Fernseher) oder Haushaltsproduktion (Kleidung seltener waschen).
Substitution: Qualitative Veränderung von sozialen Praktiken und Alltagsroutinen im
Haushalt, die Nutzen mit hohem Aufwand an technischer Energie liefern hin zu Arten
des Nutzens mit geringerem Aufwand an technischer Energie (Wäscheleine statt Wä-
schetrockner, frische Nahrung statt Tiefkühlgerichte, Innenstadt‐Wohnung statt Eigen‐
heim am Stadtrand).
Anpassung: Bewusste Anpassung der gelieferten technischen Dienstleistung an den an-
geforderten Techniknutzen (bspw. Anpassung der beheizten Herdplattenfläche an die
Topfgröße) oder Anpassung des Technikgebrauchs an den tatsächlichen Bedarf (modu-
lare Abschaltung von nicht genutztem Kühlvolumen). Der Ansatz kann mittels techni-
scher Sensoren und Automatismen oder auch durch „nudging“ unterstützt werden ‐ und
damit ohne umfassende Bewusstmachung erfolgen. Damit ist die Anpassung vor al-
lem eine Verringerung von Überfluss bzw. unnötigem Energieverbrauch.“
(Schmitt et al. 2015, S.8)
Wichtig in Bezug auf die Umsetzbarkeit von Suffizienzmaßnahmen ist gemäß der bisherigen Erkennt-
nisse des Projektes zur Energiesuffizienz die kommunale Ebene, denn „Kommunen als direkte erste
politische Ebene über den Haushalten spielen eine wichtige Rolle für die Gestaltung der Rahmenbe-
dingungen, in denen BürgerInnen handeln“. Kommunen können „über ordnungsrechtliche Rahmen-
bedingungen beispielsweise durch Parkraumbewirtschaftung (Suffizienz bestärken) und den Bau von
Radwegen (Suffizienz ermöglichen) direkt Handlungsoptionen der BürgerInnen beeinflussen.“ Über
kommunale Unternehmen können öffentliche Dienstleistungen allen BürgerInnen in gleicher Weise
2 EFFIZIENZ, KONSISTENZ UND SUFFIZIENZ
21
zugänglich gemacht werden und dadurch zu einer größeren Unabhängigkeit vom Markt beitragen.
(Schmitt et al. 2015)
Handlungsfelder und Kategorien von kommunalen Suffizienzmaßnahmen, welche in deutschen Kom-
munen identifiziert werden konnten:
Tabelle 2: Handlungsfelder mit Kategorien
Mobilität
Konsum und Ernährung
Strom-/Energiespa-
ren
Motorisierten Individual-
verkehr (MIV) verrin-
gern/klimafreundlicher
gestalten
• Carsharing
• Radverkehr stärken
• Fußverkehr stärken
• ÖPNV/SNV stärken
• Mobilität
Sonstige
Selbst produzieren/an-
bauen
Klimafreundliche Ernäh-
rung (Regionale und sai-
sonale Produkte,
Fleischarme/-freie Er-
nährung, Bioprodukte
und/oder klimafreundli-
cher Transport von Le-
bensmitteln)
Klimafreundlicher Ein-
kauf (klimafreundliche
Produkte, klimafreundli-
cher Transport von Pro-
dukten)
• Tauschen und Teilen
Langlebigkeit von Pro-
dukten/Reduktion von
Abfall
• Konsum und Ernährung
Sonstige
• Wettbewerbe
Beratung/Informa-
tion
• Strom-/ Energiespa-
ren
Sonstige
Quelle: Schmitt et al 2015, S. 18
Neben diesen Handlungsfeldern wurde des Weiteren herausgearbeitet, dass Bürgerinnen und Bürger
in suffizienten Praktiken bestärkt (encourage), einbezogen und motiviert (engage) werden sollten. Dar-
über hinaus sind Praxisbeispiele mit unmittelbar erfahrbaren Erfolgen, also mit einer deutlich beispiel-
gebenden Wirkungsweise (exemplify) ebenfalls zu empfehlen (Schmitt et al. 2015). Zudem wurde fest-
gestellt, dass Suffizienzmaßnahmen erfolgreich konzipiert und umgesetzt werden können, wenn sie
als wichtiges Handlungsfeld für den Klimaschutz erkannt werden:
2 EFFIZIENZ, KONSISTENZ UND SUFFIZIENZ
22
„Kommunen, die sich das Ziel einer Halbierung des Energieverbrauchs und einer Reduktion der CO2-
Emissionen um 95 % bzw. einer 2000-Watt-Gesellschaft bis 2050 setzen, um daraus notwendige Ver-
änderungen und Maßnahmen abzuleiten, erkennen in den meisten Fällen den Stellenwert der Suffizi-
enz und haben hierzu die ambitioniertesten Maßnahmen unter den verglichenen Konzepten“ (Schmitt
et al. 2015).
Als in dieser Hinsicht besonders gelungenes Beispiel kann die Stadt Zürich angeführt werden, die seit
2008 das Ziel einer „2000-Watt Gesellschaft“ verfolgt. Suffizienz wird zur Erreichung dieses Ziels als
noch wichtiger als Effizienz und Konsistenz angesehen und soll als „handlungsleitendes Prinzip in be-
stehende Strategien, Leitbilder und Prozesse einfließen." (Schmitt et al. 2015). Folgende Instrumente
zur Förderung von Suffizienz werden in Zürich verfolgt: 1) Lobbying bei Bund und Kantonen, 2) Vor-
schriften, regulative und preisliche Maßnahmen, 3) Infrastruktur und Beschaffung, 4) Vorbildwirkung
der Stadt, 5) Bildung, Kommunikation und Kampagnen, 6) Angebote (z. B. Flächen für Urban Gardening
ausweisen).
Abbildung 2: Wirkungskette von Anforderungen, Bedürfnissen und Wünschen hin zum gelieferten Techniknutzen
sowie Angriffspunkte für Reduktion, Substitution und Anpassung
Quelle: Wirkungskette von Anforderungen, Bedürfnissen und Wünschen hin zum gelieferten Techniknutzen so-
wie Angriffspunkte für Reduktion, Substitution und Anpassung, Schmitt et al, 2015, S.11
2 EFFIZIENZ, KONSISTENZ UND SUFFIZIENZ
23
Abbildung 3: Ansatzpunkte und Zusammenhänge bei der Suffizienz privater Haushalte
Quelle: Ansatzpunkte und Zusammenhänge bei der Suffizienz privater Haushalte, Schmitt et al. 2015, S.10
2.3.3 Grenzen: Anschlussfähigkeit
Ansatzpunkt für die Anschlussfähigkeit von Suffizienzmaßnahmen sind die grundlegenden Bedürfnisse
von Menschen. Im Zusammenhang mit Wohlstand sind dies drei Typen: „Güter-, Zeit- und Beziehungs-
wohlstand“ (Linz 2013). Diese Differenzierung gilt es auch bei der Untersuchung und Einschätzung heu-
tiger Potenziale und künftiger Entwicklungen zu berücksichtigen. Im Einzelnen heißt dies konkret:
„Zum Haben gehören die objektiven Lebensbedingungen wie Nahrung, Kleidung, Wohnung, Bildung,
Einkommen, Arbeitsbedingungen, Gesundheit; zum Lieben die soziale Zugehörigkeit, persönliche Be-
ziehungen, soziale Aufgaben; und zum Sein die Selbstverwirklichung, die Möglichkeit und Fähigkeit,
sich erreichbare Ziele zu setzen, die Beteiligung an den für das Leben wichtigen Entscheidungen, und
für viele sicher auch ein angemessenes Niveau von Alltagskultur und Kunst“ (Linz 2013).
In Bezug auf das Erreichen einer „Green Economy“ ist unmittelbar nachvollziehbar, dass der Typ „Ha-
ben“ von größter Bedeutung ist. Dieser zieht ökologische Negativeffekte nach sich und besitzt daher
prinzipiell Potenzial zur Minimierung. Hinzu kommt, dass Suffizienz-Strategien „Vorsorge-Handeln auf
Grund erkennbarer Anfänge von Schädigungen und spürbarer Anzeichen zukünftiger Großgefahren“
darstellen (Linz 2013).
Mehr noch als die beiden anderen Basisstrategien für eine nachhaltige Entwicklung setzt die Suffizienz-
strategie mehr oder weniger deutliche Veränderungen der Denk- und Verhaltensmuster sowohl bei
Individuen als auch Organisationen in verschiedenen Bereichen und Ebenen voraus und erfordert ent-
sprechenden Umgang mit hohen „Transaktionskosten“. Die Suffizienzstrategie bedarf daher eines
weitgehend partizipativen Vorgehens und ist als bottom-up-Ansatz anzusehen, weil mit einer Verän-
derung der Lebensweise viele Alltagsgewohnheiten in Frage gestellt und bewusst verändert werden
2 EFFIZIENZ, KONSISTENZ UND SUFFIZIENZ
24
müssen. Im Sinne einer weiteren Ausbreitung und Transformation zu Nachhaltigkeit wären diese Akti-
vitäten durch angemessene politische Maßnahmen zu flankieren und zu unterstützen.
Im Einzelnen sind es beispielsweise die folgenden fünf Hemmnisse, die suffiziente Verhaltensweisen
erschweren und aufwändig erscheinen lassen (nach Stengel 2011):
Barriere 1: Der Primat der individuellen Rationalität
Barriere 2: Das materialistische Welt- und Selbstbild
Barriere 3: Die Praxis der Majorität
Barriere 4: Die Abgabe der Verantwortung
Barriere 5: Verheißungen der Konsumgesellschaft
Diese und weitere Faktoren und Rahmenbedingungen können zusammengenommen als Umstände
angesehen werden, die hier eine „Pfadabhängigkeit“ erzeugen und stabilisieren bzw. reproduzieren.
Aufgrund dieser Hemmnisse und Barrieren sind Verhaltensänderungen, hier die Änderung von Kon-
summustern und damit letztlich auch „Pfadwechsel“ sehr voraussetzungsvoll, eher unwahrscheinlich
und selten zu beobachten.
2.3.4 Fazit
Die Strategie der Suffizienz hängt unmittelbar mit kulturellem Wandel und Einstellungsveränderungen
(„Wertewandel“) in Teilen der Gesellschaft zusammen sowie mit Engpässen und spürbaren Kostenver-
änderungen bis hin zu Katastrophen, die die Handlungsbereitschaft meist deutlich steigen lassen. Die
jeweils sich ergebende Lebensgestaltung, und damit auch die Nutzung bzw. der Konsum von Produk-
ten, Ressourcen und Energie, ist auf das jeweils individuelle und milieuspezifische Normale bezogen.
Das Transformationspotenzial kann punktuell hoch sein (z. B. Moden im Ernährungsverhalten), ist im
gesellschaftlichen Durchschnitt jedoch eher begrenzt, wandelt sich eher langsam und lässt sich nur
schwer beeinflussen (demografischer und soziokultureller Wandel, z. B. Wohnungsgröße und -ausstat-
tung, Mobilität). Verhaltensänderungen erfolgen nur unter bestimmten Voraussetzungen und Bedin-
gungen (z. B. Werbung), deren gezielte Steuerung bzw. Beeinflussung höchst unsicher bzw. unklar ist.
Hierbei geht es auch um individuelle und gemeinschaftliche Lernprozesse, die weniger kognitiver als
vielmehr emotionaler Natur sind. Das Problemlösungspotenzial der Suffizienzstrategie ist in manchen
Bereichen hoch (z. B. Energienutzungsverhalten, Ernährung, Mobilität, allgemein umweltbewusstes
Konsumverhalten), doch hängt deren Ausschöpfung wesentlich davon ab, inwieweit es gelingt, einen
alltagsnahen kulturellen Wandel sowie flankierende Prozesse effektiv zu gestalten.
3 STELLENWERT FÜR TRANSFORMATION ZUR GREEN ECONOMY
25
3 Stellenwert für Transformation zur Green Economy
3.1 Beiträge der Strategien zur Entwicklung einer Green Economy
Die Beiträge, die die Strategien Effizienz, Konsistenz und Suffizienz zur Entwicklung einer Green
Economy leisten können, sind unterschiedlich.
Die Effizienz-Strategie ist mit dem Ziel der Umweltentlastung und Ressourcenschonung nur vereinbar,
wenn der jährliche Effizienzgewinn größer als das Wirtschaftswachstum ist eine erhebliche Heraus-
forderung an Technologien. Zwar findet eine Effizienzsteigerung als immanenter Prozess kapitalisti-
scher Marktwirtschaft immer statt, aber die Potenzialausschöpfung könnte bzw. sollte künftig noch
größer und beschleunigter ausfallen. Das Potenzial beispielsweise mit Blick auf Rohstoff- und Energie-
produktivität in Deutschland dürfte bei 2 bis 4 Prozent pro Jahr liegen, weitergehende Effizienzgewinne
sind äußerst ambitiös. Die Auswirkungen auf die Höhe der absoluten Reduktion der Stoff- und Ener-
gieströme liegt geschätzt in der Größenordnung von 10-20 Prozent (im Laufe von 20 Jahren). Effizienz-
steigerungen schaffen „Zeitgewinne“ in mittlerer Perspektive, auf längere Sicht erweist sich Effizienz
alleine als „nicht nachhaltig“ (Huber 1999).
Die Konsistenz-Strategie erstreckt sich vor allem auf die Erschließung von neuen Technologien, deren
Stoffströme ‚konsistenter‘ mit natürlichen Prozessen sind. Das Umweltentlastungspotenzial lässt sich
schwer abschätzen, dürfte aber grob bei 50 bis 80 Prozent liegen. Es müssen aufgrund tiefgreifender,
struktureller Veränderungen, in dem alte Technologien abgelöst und neue Technologien etabliert wer-
den, lange Zeiträume (30 bis 100 Jahre) für die Erschließung angenommen werden.
Die Suffizienz-Strategie setzt auf Bewusstseinswandel und Lebensstile, die dem Prinzip der ökologi-
scheren Bedürfnisbefriedigung folgen, aber auch Genügsamkeit und Selbstbegrenzung sowie andere
Maßstäbe an Lebensqualität und Sinn des Lebens umfassen. Im Kontext einer Green Economy, die in
den gängigen Vorstellungen wachstumsbasiert ist, geht es primär um einen „anderen“ Konsum. Hin-
gegen ist der mögliche Stellenwert eines „geringeren“ Konsums im Konzept der Green Economy noch
auszutarieren (Fragestellung: Anderer Konsum oder weniger Konsum?). Das Umweltentastungspoten-
zial hierzu lässt sich ebenfalls schwer beziffern. Schätzungen gehen von einem Umweltentlastungspo-
tenzial von 10 bis 40 Prozent aus (Huber 1999). Auch hier müssen lange Zeiträume für die Erschließung
angenommen werden.
3 STELLENWERT FÜR TRANSFORMATION ZUR GREEN ECONOMY
26
Tabelle 3: Effizienz, Konsistenz und Suffizienz im Vergleich
Strategie
Anschlussfähigkeit
Impact: Beitrag zur Transformation
Potenzial
Effizienz
Hoch, Wirtschaftslogik
Inkrementell, Rebound-Effekte
10-20 %
Konsistenz
Hohe Eingriffstiefe,
große Widerstände
Langfristig hoch wegen naturnaher
Stoffstromqualität
50 -80 %
Suffizienz
Geringes sozio-kultu-
relles Anschluss- und
Resonanzpotenzial
Langfristig hoch bei veränderten Kon-
sumeinstellungen
10-40 %
Quelle: eigene Abschätzungen auf Basis von Huber 1999
3.2 Strategien aus zyklusanalytischer und produktionstheoretischer Sicht
Der zyklusanalytische Ansatz ist geeignet, die Frage nach dem Stellenwert der drei Strategien weiter
zu vertiefen. Huber (1999) zieht zur Analyse den Lebenszyklus eines Organismus oder eines Ökosys-
tems heran. Aus den Wachstumskurven leitet er zwei Erkenntnisse ab: „Erstens der absolute Umsatz
wächst durchweg, erst beschleunigt, dann verlangsamt. Im Lebenszyklus eines in die Geo- und Bio-
sphäre eingelassenen Systems, solange der Zyklus anhält, gibt es keine absolute Reduktion der Men-
gen oder Bestandsvolumina, allenfalls marginal in einer späten Erhaltungs- oder Niedergangsphase.
Zweitens, die Produktivität (= Stoffproduktivität = Öko-Effizienz) nimmt im Entwicklungs- und Wachs-
tumsverlauf zu “… der spezifische Aufwand (Umsatz x,y,z pro Einheit Produkt) nimmt spiegelbildlich
zum Größenwachstum ab (vgl. Abbildung 4).
3 STELLENWERT FÜR TRANSFORMATION ZUR GREEN ECONOMY
27
Abbildung 4: Entwicklung von Ökosystemen und Organismen
Wachstum der Biomasse; E: Änderung des Energieflusses; E/B: Ökoeffizienz.
Quelle: Huber 1999
Diese Grundaussagen gelten für industrielle Systeme in gleicher Weise, wie eine Vielzahl von Studien
nahelegt (vgl. Huber 1999; Grübler 1994). Huber zieht daraus den Schluss: „Einen Konsistenz-Ansatz
verfolgen heißt, erstens auf beschleunigten Strukturwandel und die beschleunigte Innovation neuer
Systemzyklen hinzuwirken. Der Effizienz-Ansatz bedeutet, zweitens den nachfolgenden Entfaltungs-
und Wachstumsverlauf im Rahmen des Möglichen gezielt zu beschleunigen. Suffizienz ergibt sich
schließlich drittens als die organische Wachstumsgrenze eines System-Lebenszyklus“.
Schmidt ergänzt diese Überlegungen aus produktionstheoretischer Sicht: „Will man mit Suffizienzmaß-
nahmen einen geringeren Aufwand erreichen, so muss zwangsläufig der Ertrag reduziert werden und
zwar proportional zu dem reduzierten Aufwand. Effizienz- und Konsistenzstrategien setzen dagegen
eine Ertragsreduzierung nicht voraus. Die Effizienzstrategie stößt aber „irgendwann“ an die Grenze des
Technikkorridors. Neue Technikkorridore sind deshalb notwendig, die einen „Qualitätssprung zur Kon-
sistenz“ ermöglichen. Der Ressourcenverbrauch pro Nutzeneinheit wäre dann nicht um Faktor 4 oder
10 kleiner, sondern einen Faktor 100 oder 1000 das wäre dann, wie in der folgenden Abbildung illus-
triert der Qualitätssprung hin zur Konsistenz (Schmidt 2008).
3 STELLENWERT FÜR TRANSFORMATION ZUR GREEN ECONOMY
28
Abbildung 5: Strategien aus produktionstheoretischer Sicht
Quelle: Schmidt 2008
3.3 Komplementarität der Strategien
Da die Strategien sehr unterschiedlich sind, auch unterschiedliches leisten, macht es wenig Sinn nur
auf eine Strategie zu setzen (z. B. nur Effizienz-Revolution oder nur Suffizienz-Revolution). Es wäre aber
auch zu einfach alle Strategien gleich zu setzen, nach dem Motto, „jeder Beitrag ist willkommen“. Viel-
mehr sind die Strategien komplementär (Huber 1999; Linz 2013; Heyen et al. 2013). Es handelt sich
dabei nicht um drei getrennt, nebeneinander stehende Strategien, sondern um interdependente Stra-
tegien, die aufeinander abzustimmen sind.
Effizienz, Konsistenz und Suffizienz „haben verschiedene Auswirkungen sowohl auf die Mengen als
auch auf die Arten und Weisen des industriellen Metabolismus, und sie haben dies in unterschiedli-
chen Zeithorizonten“ (Huber 1999). Das liegt insbesondere daran, dass ihre Anschlussfähigkeiten sehr
unterschiedlich sind. Am anschlussfähigsten ist die Effizienzstrategie, die Konsistenzstrategie stößt auf
erhebliche Pfadabhängigkeiten und Barrieren. Die Suffizienz-Strategie besetzt unter den drei Nachhal-
tigkeitsstrategien bis dato die schwächste Position. Im Green-Economy-Diskurs spielt sie faktisch keine
Rolle, auch im Green-Tech-Atlas für Deutschland (BMUB 2014) wird sie nur am Rande behandelt. Die
Suffizienzstrategie konfligiert mit Interessen von Konsumenten, Politik und Unternehmen (Schmidt, I;
Winterfeld 2007; Bilharz 2008). Nachhaltiges Wirtschaften ist aber ohne nachhaltigen Konsum wiede-
rum nicht vorstellbar. Daher stellt sich die Frage, welchen Beitrag sie tatsächlich zu einer Green Eco-
nomy, weiter gefasst zu einer nachhaltigen Entwicklung leisten kann (weniger Konsum oder anderer
Konsum?).
3 STELLENWERT FÜR TRANSFORMATION ZUR GREEN ECONOMY
29
Trotz offener Fragen dürfte mit Blick auf eine Green Economy „eine Gesamtstrategie der abgestuften
Optionen das Beste sein“ (Huber 1999), die erstens auf einen wirtschaftlichen Strukturwandel hinwirkt
(Konsistenz), zweitens die Erschließung bestehender Effizienzpotenziale ausschöpft (Effizienz) und
drittens sich schließlich in gewissen Konsumgrenzen/-qualitäten (Suffizienz) bewegt. Den Übergang zu
einer nachhaltigen Wirtschaft kann man sich daher nur mehrgleisig vorstellen: „durch eine Neuerfin-
dung der technischen Mittel und durch eine Orientierung an Lebensqualität statt an der Gütermenge“
(Sachs 2008).
3.4 Begrenzung von Rebound-Effekten
Strategien zur Green Economy ohne die Berücksichtigung von Rebound-Effekten sind unvollständig.
Ansonsten besteht die Gefahr, dass das Schwungrad zunehmender Produktion und Konsumtion nicht
nur unangetastet bleibt, vielmehr ist zu vermuten, dass es noch beschleunigt wird. Transformations-
pfade ohne die Berücksichtigung von Rebound-Effekten sind daher prekär. Grundsätzlich hat die Ent-
wicklung von Transformationspfaden diesen komplexen Wirkungsmechanismen Rechnung zu tragen,
um gravierende Fehleinschätzungen zu vermeiden und richtungssichere Schlüsse zu ziehen. Allerdings
sind die Zusammenhänge komplex, vielschichtig und überlagern sich, was mit dazu beitragen mag,
dass der Begriff geradezu „inflationär“ gebraucht wird.
Damit von Rebound-Effekten gesprochen werden kann, muss eine Kausalität zwischen Effizienzsteige-
rung und Mehrproduktion oder Mehrkonsum existieren. Zumindest ist der Rebound-Effekt im Kontext
mit einer Absicht oder Erwartung einer Effizienzsteigerung zu sehen. Hilty (2004) spricht von einem
Rebound-Effekt, wenn eine Effizienzverbesserung mit der Absicht vorgenommen wird, den Input zu
senken, und diese Wirkung dann nicht eintritt. Stattdessen wächst der Output. Dies ist ein typischer
Rebound-Effekt (Hilty 2003). Wird eine Effizienzverbesserung dagegen mit der Absicht vorgenommen,
den Output zu steigern und gelingt dies, ist dies ein beabsichtigtes Wachstum und demzufolge auch
kein Rebound-Effekt. Nicht als Rebound-Effekte sind auch solche Phänomene zu bezeichnen, die zwar
der Effizienzmaßnahme entgegenwirken, aber nicht von ihr verursacht werden. So liegt kein Rebound-
Effekt vor, wenn Computer immer sparsamer werden, aber wegen des zunehmenden Einkommens
mehr Computer gekauft werden. Auch kann die Zunahme der Wohnfläche nicht als Rebound-Effekt
interpretiert werden, da ja die Kosten der Wohnfläche nicht sinken, vielmehr sind demografische, so-
ziale und wirtschaftliche Faktoren verantwortlich, weshalb die Wärmeenergie zwar pro Fläche aber
nicht pro Kopf sinkt.
Jenkins (2011), Paech (2011), van den Berg (2011) Madlener und Acott (2001), Santarius (2012) haben
verschiedene Ursachen für mögliche Rebound-Effekte untersucht. Eine einheitliche Strukturierung hat
sich bis dato nicht herausgeschält. Nach Greening et al. (2000) können zumindest grundsätzlich (un-
strittig) direkte, indirekte und makroökonomische Rebound-Effekte unterschieden werden.
Direkter Rebound-Effekt
Der direkte Rebound-Effekt äußert sich in einer erhöhten Nachfrage nach demselben Gut. Eine Leis-
tung, die effizienter angeboten wird, wird billiger. Was billiger wird, wird stärker nachgefragt. Direkte
Rebound-Effekte in Bezug auf Produktpreise entstehen, wenn verbesserte Ressourceneffizienz für ein
bestimmtes Produkt den effektiven Preis für dieses Produkt senkt, was eine vergrößerte Nachfrage
3 STELLENWERT FÜR TRANSFORMATION ZUR GREEN ECONOMY
30
nach diesem Produkt erwarten lässt. Beispielsweise waren die ersten Mobiltelefone mehrere Kilo-
gramm schwer, heute wiegen sie nur noch ein Zwanzigstel. Aber gerade das geringe Gewicht und damit
die Handlichkeit und die sinkenden Kosten machten sie zur Massenware. Häufig führen Effizienzstei-
gerungen auch zu höheren Leistungsanforderungen, „so dass sich nicht der Ressourcen-Input pro Ge-
rät reduziert, sondern der Leistungs-Output erhöht“ (Hilty 2003, s. auch Kapitel 2.1.3).
Indirekter Rebound-Effekt
Der indirekte Rebound-Effekt zeigt sich in einer erhöhten Nachfrage nach alternativen Gütern. Wer
aufgrund einer Effizienzsteigerung Ressourcen und damit Geld spart, gibt das Geld gegebenenfalls für
andere Konsumgüter aus, die ebenfalls Ressourcen verbrauchen und die Umwelt belasten. Ein Beispiel
ist die Einsparung von Strom. Verbraucher können die Stromrechnung durch eine bewusste Kaufent-
scheidung für energiesparende IKT-Geräte und deren intelligente Nutzung erheblich senken. Wird das
eingesparte Geld für andere Güter ausgegeben, wird die Umwelt wahrscheinlich wieder belastet. Wie
hoch hängt von Art und Nutzung der Güter ab. Wird das eingesparte Geld für eine Flugreise ausgege-
ben, dürfte dies die Umweltentlastung nicht nur zunichtemachen, sondern zu höherer Umweltbelas-
tung führen.
Makroökonomischer Rebound-Effekt
Während direkte und indirekte Rebound-Effekte in der Regel bereits auf der Mikroebene wirksam wer-
den, gibt es vermittelte Effekte, die makroökonomisch wirken. Wirtschaftsweite Rebound-Effekte ent-
stehen, wenn eine Verringerung der realen Preise beispielsweise von Energie-Services in der ganzen
Wirtschaft zu einer Reihe von Preis- und Strukturanpassungen führen. Dabei profitieren energieinten-
sive Güter und Sektoren auf Kosten der weniger energieintensiven Güter und Sektoren. So können
Energieeinsparungen vieler Verbraucher dazu führen, dass der Energiepreis sinkt, was wiederum einen
Anreiz setzt, dass andere Verbraucher vermehrt Energie nachfragen. Im Allgemeinen reagieren Volks-
wirtschaften auf Effizienzerhöhungen mit einer Nachfrageausweitung. Die Erschließung neuer Anwen-
dungs- und Absatzmöglichkeiten trägt damit zur Kompensation von Effizienzgewinnen bei.
Umgang mit Rebound-Effekten?
Es wäre verfehlt, aus der Debatte über Rebound-Effekte abzuleiten, wie dies gelegentlich geschieht (s.
z.B. Paech 2011) Effizienz-Fortschritte stünden einer Verringerung des Ressourcenverbrauchs im
Wege. Das Fazit lautet vielmehr: Die Erschließung von Ressourceneffizienzpotenzialen setzt erhebliche
und gezielte Anstrengungen sowohl auf Seiten der Politik und der Wirtschaft als auch bei den Anwen-
dern voraus und erfordert, dass potenziellen Rebound-Effekten aktiv entgegenzuwirken ist. Dabei sind
drei Stränge zu verfolgen:
1. Technikzentrierte Effizienzstrategien reichen nicht aus; es bedarf einer Systemperspektive.
2. Ressourcenschonende Anwendungen mit geringen Rebound-Effekten sind konsequent zu er-
schließen.
3. Rebound-Effekte sind eine Gestaltungsaufgabe für das Politikfeld des nachhaltigen Konsums.
3 STELLENWERT FÜR TRANSFORMATION ZUR GREEN ECONOMY
31
Es ist wenig handlungsrelevant Rebound-Effekte auf einzelne Produkte und Prozesse zu beschränken,
vielmehr ist es notwendig, sie in eine Dynamik von Angebot und Nachfrage (z.B. Steigerung von An-
zahl, Größe und Funktionalitäten der Geräte, Zeithorizont) bzw. Produktion und Konsum (z.B. Verän-
derungen im Nutzerverhalten) einzuordnen. Lösungen, die tatsächlich einen Beitrag zur Verringerung
von Rebound-Effekten leisten, können nur aus der Systemperspektive heraus entwickelt werden.
4 FAZIT
32
4 Fazit
4.1 Strategieanalytische Heuristik
Sichtet man die wissenschaftliche Literatur, wie hier geschehen, so wird deutlich, dass bis dato die drei
Basisstrategien Effizienz, Konsistenz und Suffizienz konzeptionell weitgehend nebeneinander ste-
hen. Sie werden unterschiedlich bewertet, teilweise werden sie in Konkurrenz zu einander gesehen.
Die Scheidelinie verläuft vor allem zwischen Effizienz- und Konsistenzstrategie auf der einen Seite und
der Suffizienzstrategie auf der anderen Seite. Dabei spielt Suffizienz in der Debatte um eine Green
Economy eine untergeordnete Rolle. Die Untersuchung von Transformationspfaden zur Green Eco-
nomy ist aber nicht auf einzelne Strategien zu reduzieren, wie dies oftmals der Fall ist, vielmehr gilt es
die Wechselwirkungen besser zu verstehen. Unserer Einschätzung nach gilt es, die Strategien mög-
lichst sinnvoll und zielführend zu kombinieren, und zwar genau dort wo sie jeweils ihre Potenziale und
Stärken haben sowohl was die Ressourceneinsparpotenziale als auch die Mobilisierungsfähigkeit von
Akteuren anbelangt. So ist insbesondere auch zu fragen, wo und inwiefern Suffizienz einen Beitrag zur
Green Economy leisten kann.
Abbildung 6: Die drei Basisstrategien im Kontext von Transformationsprozessen
Eigene Abbildung (IZT 2016) in Anlehnung an Geels 2002
Was bislang fehlt ist eine systematische, aufeinander abgestimmte und integrierte Umsetzung der drei
komplementären Strategien. Dafür spricht auch, dass sich Maßnahmen nur selten ganz präzise der
Effizienz-, Konsistenz- oder Suffizienzstrategie zuordnen lassen. Vielmehr entwickeln sich Transforma-
tionsprozesse nicht monokausal und linear, indem einseitig das eine durch das andere bestimmt wird,
sondern ko-evolutiv in wechselseitiger Beeinflussung und im Zeitverlauf mit unterschiedlicher Wir-
4 FAZIT
33
kungsmacht, gegenseitiger Verstärkung oder Schwächung (siehe die Abbildung oben). Einseitige Stra-
tegiediskussionen, wie sie in einer Reihe von Publikationen zum Ausdruck kommen (z.B. Paech (2012):
Befreiung vom Überfluss mit Blick auf Suffizienzstrategie; Braungart und MacDonough (2008): Die in-
telligente Verschwendung bezüglich der Konsistenzstrategie; Schmidt-Bleck (2014): Grüne Lügen mit
Blick auf Dematerialisierung bzw. Effizienzstrategie), sind daher wenig fruchtbar und unterstützen
„Schubladendenken“. Es wird daher wichtig sein, dass sich vielmehr Mischungen solcher Strategien
ergeben und manche Zielvorstellungen nur zeitversetzt als Übergangspfad (z.B. Biokraftstoffe, Hybrid-
Fahrzeuge) erreichbar sind (vgl. Leinfelder 2016). So werden bestimmte Lebensstile (z.B. kollaborativer
Konsum) erst durch die Nutzung technischer Möglichkeiten (z. B. Internet, Digitalisierung und soziale
Netzwerke) möglich. Andererseits wird die Technikgenese (z. B. Elektrofahrzeuge) wesentlich durch
die entsprechenden gesellschaftlich-kulturellen-ökonomischen Adaptions- und Nachfrageentwicklun-
gen mitbestimmt. Hier werden Überschneidungen der drei Basisstrategien zu anderen theoretischen
Ansätzen, wie Pfadabhängigkeit und Models of Change, erkennbar.
Abbildung 7: Ko-Evolution von Effizienz, Konsistenz und Suffizienz
Eigene Abbildung (IZT 2016)
Zugleich aber sind die Differenzen und die damit verbundenen unterschiedlichen Funktionen zu unter-
streichen. Mit Hilfe der drei Basisstrategien kann abgeschätzt werden, welche Produkte prinzipiell
große Potenziale aufweisen, um dort einen Pfadwechsel zu konzipieren und wie dies durch eine intel-
ligente, angemessene Kombination von Maßnahmen zur Effizienz, Konsistenz und Suffizienz gestaltet
werden könnte. Der Ansatz der Pfadabhängigkeit wiederum ermöglicht ein noch genaueres Verständ-
nis für die konkreten Prozesslogiken und -dynamiken (Phasen), sowie damit verbunden mögliche
Effizienz
Konsistenz
Suffizienz
Impact
Transformationspotenzial
niedrig mittel hoch
Beschleunigte Marktdiffusion ressourceneffizienter Lösungen
Grundlegend neue Technologien zur
Veränderung der Qualität von Stoffströmen
Neue Nutzungskonzepte,
Shifting values
Green Economy
Zeit
4 FAZIT
34
strategische Interventionspunkte (Bifurkationen, „Stellschrauben“, „windows of opportunity“). Der
Models of Change-Ansatz wiederum ermöglicht ein genaueres Verständnis und entsprechende
Schlussfolgerungen für die Gestaltung von Pfaden bis hin zu Pfadwechseln durch innovative Vorge-
hensweisen relevanter Akteure in Wirtschaft, Gesellschaft und Politik.
4.2 Gesamtstrategie der abgestuften Optionen
In Anbetracht der möglichen Komplementarität der drei Basisstrategien stellt sich die Frage, wie ko-
evolutive Transformationsprozesse zustande kommen, wie sie unterstützt und beschleunigt werden
können, und wie die Trägheiten überwunden werden können, die Paradigmenwechseln und Pfad-
wechseln entgegenstehen. Die oben stehende Abbildung illustriert in vorläufiger Abschätzung sowohl
die vermutliche Dynamik (Zielhorizont, Zeithorizont) als auch das vermutliche Transformationspoten-
zial. Die gesellschaftliche Transformation muss so die Hypothese durch eine Kombination von Maß-
nahmen auf unterschiedlichen Ebenen ausgelöst, gestaltet und forciert werden. Eine Green Economy
ist daher auf eine Abstimmung und Synchronisierung der Strategien angewiesen.
Daher ist zu untersuchen,
wie eine „Gesamtstrategie der abgestuften und aufeinander abgestimmten Optionen“ ausse-
hen kann,
welcher Kombinationsbedarf zwischen den Strategien Effizienz, Konsistenz und Suffizienz zur
Erzielung größtmöglicher Impacts existiert,
wie eine Gesamtstrategie der abgestuften Optionen politisch gestaltet werden kann, und
was diesbezüglich ein geeigneter Policy-Mix für Unterstützung und Beschleunigung von Pfad-
wechseln ist.
4.3 Handlungsfelder
Im Kontext der Debatte über Effizienz, Konsistenz und Suffizienz wird eine Vielzahl von Handlungsbe-
reichen und Maßnahmen diskutiert. Diese haben eine jeweils unterschiedliche Eingriffstiefe und Reich-
weite.
Effizienz
Hier geht es darum, die Erschließung möglicher Effizienzpotenziale der Rohstoff-, Energie- und Flä-
chennutzung zu beschleunigen. Dies ist schon deshalb notwendig, um die von der Bundesregierung
angestrebte Verdopplung der Rohstoff- und Energieproduktivität (zwischen 1990/2020) zu erreichen.
Nach dem derzeitigen Trend wird dieses Ziel deutlich verfehlt. Erst recht ist eine Beschleunigung not-
wendig, um dem Anspruch einer Transformation in Richtung einer Green Economy gerecht zu werden.
Wichtige Felder sind insbesondere die Energieeinsparung im Gebäudebereich (Wärmedämmung, in-
telligente Heiztechnik, Smart Home), Nutzung von Abwasser als Abwärmequelle, energieeffiziente
Elektromotoren in der Produktion, Null-Fehler-Produktion etc. Dabei geht es nicht nur um Effizienz-
steigerungen bei bestehenden Produkten und Technologien, sondern vor allem auch bei neuen Tech-
nologien, die zur Konsistenz beitragen (z.B. Produktion von Solaranlagen) zur Verbesserung der Lern-
kurven. Im Hinblick auf eine ressourceneffiziente Wirtschaftsweise von größter Bedeutung ist eine
4 FAZIT
35
Reihe von Querschnitts- und Basistechnologien, darunter Informations- und Kommunikationstechni-
ken, Mess- Steuer- und Regeltechniken (Automation), Material- und Werkstofftechnologien, Steuer-
und Leistungselektronik der Mikrosystemtechnik, optische Technologien, Displaytechnologien, Spei-
chertechnologien und Sensorik. Unter Industrie 4.0 wird bspw. ein Paradigmenwechsel in der Produk-
tion diskutiert, der eine Hebelwirkung auf die Ressourceneffizienz haben könnte. Über die spezifischen
Potenziale der Industrie 4.0 für ein nachhaltiges Wirtschaften und darüber, wie diese erschlossen wer-
den können, liegen bisher aber kaum fundierte Prognosen und Abschätzungen vor.
Konsistenz
Die Konsistenzstrategie verfolgen heißt auf eine beschleunigte Innovation und Durchsetzung neuer
Technologien und einen Systemwechsel hinzuwirken, was letztlich einen umfassenden Strukturwandel
bedeutet. Zentrale Transformationsfelder betreffen die Energiewirtschaft (Umbau der Energieerzeu-
gungsinfrastruktur weg von fossilen hin zur Nutzung regenerativer Energiequellen, was Smart Grids,
Super Grid, Virtuelle Kraftwerke etc. einschließt), die Landwirtschaft (ökologische, biologische Land-
wirtschaft), die Chemie (z.B. Substitution persistenter, ökotoxischer, akkumulationsfähiger Stoffe, ge-
schlossene technische Stoffkreisläufe, Chemie der geringen Reichweiten, Feedstock Change, industri-
elle Biotechnologie, Bioraffinerien) und den Verkehr (z.B. neue Antriebstechniken und Infrastrukturen
für Pkw, Schiffe, Güterverkehr, Flug; integrierte Mobilitätssysteme, Carsharing, Mobility as a Service
etc.).
Suffizienz
Die Strategie der Suffizienz wird seit langem diskutiert, dennoch ist sie diffus und umstritten. Strittig
ist vor allem die Bedeutung des Verzichts, des weniger Konsumierens, das als Leitorientierung wenig
anschluss- und akzeptanzfähig erscheint, zumal es sehr hohe Ansprüche auf der individuellen Ebene
stellt. Hierfür gibt es derzeit in nur wenigen soziokulturellen Milieus Handlungsbereitschaft und Hand-
lungsfähigkeit. Weniger umstritten ist hingegen die Notwendigkeit, das Konsum- und Nutzungsverhal-
ten zu verändern. Viele Effizienz- und Konsistenz-Maßnahmen lassen sich nur mit Einstellungs- und
Verhaltensänderungen im größeren Umfang realisieren. So setzen eine deutliche Erhöhung der Biok-
raftstoffquote, eine Steigerung der Ökostroms, eine Senkung des Stromverbrauchs in der Informa-
tions- und Kommunikationstechnik oder eine ökologische Landwirtschaft jeweils Konsumenten vo-
raus, die bereit sind, ökologische Produkte nachzufragen und effizient zu nutzen, gegebenenfalls auch
bereit sind, mehr Geld auszugeben, als dies für herkömmliche (weniger umweltfreundliche) Produkte
und Dienstleistungen der Fall ist. Letztlich gilt eine derart veränderte Handlungsbereitschaft auch für
Entscheidungsträger in allen Bereichen und auf allen Ebenen. Bedeutsame Handlungsfelder für Suffi-
zienz sind die Ernährungsumstellung auf ökologische Kost, das Stromsparen und ökologisches Bauen
und Wohnen. Eine umweltverträglichere Mobilität gewinnt zunehmend an Bedeutung (z.B. Car-Sha-
ring) bei gleichzeitig gegenläufigen Trends (wie SUVs), insbesondere auch was Reisen (wie die Zu-
nahme des Billigflugsektors) anbetrifft. Die Wohnflächenreduktion wird diskutiert, ist aber bis dato
wenig anschlussfähig.
Übergreifende, querliegende Herausforderungen für Pfadwechsel
Neben Feldern, die aus strategischer Sicht als besonders relevant gelten, weil sie big points oder key
points darstellen, stellen sich auch übergreifende, querliegende Herausforderungen für Pfadwechsel.
Die Vision einer Green Economy lässt sich nicht ohne weiteres in win-win-Strategien übersetzen. Dies
4 FAZIT
36
macht die Klärung und Regelung unterschiedlicher Partikularinteressen erforderlich (disruptive Inno-
vationen, Verteilungsgerechtigkeit, Entscheider-Nutzer-Dilemma, Flächennutzungskonflikte etc.).
Strategien zur Green Economy müssen außerdem Rebound-Effekte und Wild Cards (z.B. ‚Peak-oil-Chi-
märe‘, steigende Preise für Landwirtschaftsflächen, sinkende Rohstoffpreise) berücksichtigen, um gra-
vierende Fehleinschätzungen zu vermeiden.
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ISBN 978-3-941374-35-5
www.izt.de
Impressum
IZT - Institut für Zukunftsstudien
und Technologiebewertung gemeinnützige GmbH
Tel.: +49 (0) 30 803088-0
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14129 Berlin
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Wissenschaftlicher Direktor
Prof. Dr. Stephan Rammler
Geschäftsführer
Dr. Roland Nolte
Aufsichtsratsvorsitzende
Doris Sibum
... It sets the boundaries in which strategies are acted. Typical strategies are efficiency, consistency and sufficiency in the context of sustainability [11]. ...
Chapter
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Today green IT is mostly driven by the measurement of CO2e of data centers. However, this is a symptom treatment approach, since the operating parameters of software are defined during build-time. This implies that the consumption during run-time of a software cannot be changed in a wide range. To ensure that enterprise IT can be operated within a higher sustainable setup the software and systems engineering has to consider sustainability aspects during development phase. Furthermore, sustainability is more than measuring and optimizing CO2e of applications – it includes e.g. reuse aspects. Each software component which is reused reduces resource allocation during development and maintenance. IT sustainability step by step becomes a quality characteristic of software. This work presents a more holistic view for sustainable software engineering from an enterprise IT perspective which can be integrated into agile software development especially within DevOps teams.
... Zwar gibt es keinen vollständigen Wertekanon im Zusammenhang mit BNE in der Literatur, aber es werden Suffizienz, Fairness und Solidarität sowie Mitgefühl und Empathie betont. Die Stärkung der Motivation, den Wandel zu gestalten, zählt ebenfalls zu dieser Zieldimension(BEHRENDT et al., 2018). Wenn auch Einstellungen langfristig angelegt sind, bleiben sie veränderbar(ALBARRACIN & SHAVITT, 2018). ...
Article
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Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) leistet einen Beitrag zur Umsetzung der Sustainable Development Goals (SDG) und erfordert zugleich innovative Lernumgebungen. Mit dem Modul Sustainability Challenge wird ein flexibel einsetzbares Format für Service Learning außerhalb der Hochschule vorgeschlagen. Begleitende Lehrforschung liefert einen systematischen Überblick über die Lernerfahrungen der Studierenden und die Besonderheiten des außerhochschulischen Lernorts. Die Ergebnisse zeigen, wie die Sutainability Challenge auf BNE einzahlen kann.
... 14.4 verschafft einen Überblick des 11 Zu den drei Prinzipien bzw. Leitstrategien siehe Behrendt, Göll & Korte (2018). ...
Chapter
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Zusammenfassung Ein klimafreundliches Leben erfordert Zugang zu Gütern und Dienstleistungen, die sowohl einen geringen CO2-Fußabdruck aufweisen als auch in ihrer Nutzung möglichst wenig Treibhausgase emittieren. Dieses Kapitel geht der Frage nach, inwieweit die bestehende Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen durch österreichische Wirtschaftsakteur_innen ein klimafreundliches Leben fördert oder verhindert und welche Gestaltungsoptionen sich daraus für die Erreichung der Klimaziele ergeben. Neben den Rollen von Unternehmen werden auch andere in die Versorgungsstrukturen eingebundene Akteur_innen sowie die entsprechenden Rahmenbedingungen beleuchtet. Das Kapitel zeigt mit Blick auf den Status quo zunächst auf, dass Österreich zwar über einen recht gut etablierten und fortschrittlichen Sektor für umweltorientierte Produkte und Dienstleistungen wie energieeffiziente Technologien oder Recyclingverfahren verfügt, dieser aber nur einen kleinen Ausschnitt der Versorgungsstrukturen abbildet. In der breiten Masse der in der Versorgung tätigen Organisationen wurden klimafreundliche Prozesse bisher nur unzureichend umgesetzt. Das Kapitel geht darauffolgend auf die grundlegenden Veränderungen ein, die in abnehmender Dringlichkeit als notwendig erachtet werden: eine Transformation der Energiesysteme, eine Transformation zu einer Kreislaufwirtschaft und der Ausbau von Ökonomien des Teilens. Weiters werden die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen und Zielkonflikte zusammengefasst, die als kritisch für die Ausgestaltung der Versorgungsstrukturen gelten. Die Analyse zeigt, dass die Förderstrukturen für unternehmerische Tätigkeiten recht großzügig sind, zugleich aber wenig Handlungsdruck in Richtung klimafreundlicherer Versorgungsstrukturen von Seiten der öffentlichen Hand ausgeht. Abschließend befasst sich das Kapitel mit den klimapolitischen Gestaltungsoptionen.
... The consistency strategy means to improve the environmentally compatible nature of material flows, technologies, and structures. The sufficiency strategy focuses on reducing burdensome consumption (Behrendt et al. 2016). ...
Chapter
Urban sustainability (US) and urban resilience (UR) are two of the main approaches commonly used by cities, urban policymakers, and scientists to adapt urban areas with future requirements. Indicator sets measuring multidisciplinary performance levels are fundamental to the evaluation of the status and progress of urban areas in the domains of either sustainability or resilience. Indicators enable us to agglomerate large amounts of complex and heterogeneous information in tangible and simplified values. The aim of this chapter is to establish an overview of the commonalities and differences between urban sustainability and urban resilience as well as between the topics and sectors valued by each perspective. It will then investigate the characteristics of different indicator sets used to assess the performance of the studied factors in the domains and sectors valued by either UR or US. This chapter also proposes a conceptual framework for defining possible intersections and combinations between the concepts of UR and US using the example of the water supply sector.KeywordsUrban resilienceUrban sustainabilityIndicatorWater supply
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Um transformative Prozesse erfolgreich zu gestalten, verfügt die Verbraucherpolitik über eine Vielzahl von Instrumenten. Ein nach wie vor wichtiges Instrument stellt die Verbraucherinformation dar. Die Ergebnisse unserer Analyse zeigen, dass das Informationsparadigma der Verbraucherpolitik nicht per se problematisch ist, sondern vielmehr, dass es einer Reflexion und Weiterentwicklung bedarf. Vieles, was als Verbraucherinformation bezeichnet wird, erfüllt lediglich den Anspruch der Bereitstellung von Daten. Zudem zeigt sich, dass es im Hinblick auf die Verbraucherkommunikation noch erhebliche Professionalisierungspotenziale gibt. Die systematische Integration entsprechender kommunikations- und wirtschaftswissenschaftlicher Erkenntnisse könnte hier genauso hilfreich sein wie die Berücksichtigung psychologischer Konzepte, Methoden und Theorien.
Conference Paper
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In structural engineering, the principles of lightweight structures are often associated with sustainability. However, maximising structural efficiency while minimising the use of materials does not necessarily lead to the ecological efficiency of structures. This publication analyses the relationship between lightweight design strategies and sustainability, which are both approaches to the evaluation and optimisation of structures. The results indicate that while both lightweight structures and sustainability aim for efficiency, their relationship is characterised by complex dependencies. Only by expanding the principles of lightweight design through consistency and sufficiency strategies can they be redefined, with a holistic view already inherent in lightweight structures. The approach to sustainable design in engineering combines structural efficiency and a value-based attitude, towards holistic, sustainable, and therefore contemporary lightweight design principles.
Article
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The food industry is one of the most important sectors of the global economy, however, it is associated with significant environmental impacts. To counteract these, the Green Economy has emerged as an approach that aims to create a sustainable food industry. In this context, efficiency, consistency and sufficiency are considered central measures. The objective of this thesis is the coordination of these measures by developing an overall strategy that is effective in achieving an ecologically-socially and economically beneficial system in the food industry. Moreover, potential challenges should be taken into account. The findings are based on a literature review and a multiple case study analysis of six companies in the food industry, irrespective of size, location and product range. The overall strategy focuses on a company from the food industry and how efficiency, sufficiency and consistency measures are coordinated in order to realize the Green Economy approach. It is based on a system of categories. Within the category of efficiency strategy, measures for energy and water efficiency as well as resource optimization, productivity increase and cooperation are included. The consistency strategy includes organic farming, waste utilization, packaging reduction and recycling, as well as innovation. For the sufficiency strategy, evaluation, awareness raising, food reuse, and supply management are addressed. In this context, the influences from and to the external environment as well as the cooperation with partners such as suppliers, retailers, biogas plants and customers are also taken into account. The result is an overall strategy that provides the opportunity to create food products that fully meet the goals of the Green Economy.
Chapter
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Das Wort " Nachhaltigkeit " ist in der politischen Diskussion zur Beliebigkeit verkommen. Was vor 20 Jahren mit dem Brundtland-Report einen neuen paradig-matischen Ansatz in der Umweltdiskussion einläutete, wird heute auf allen Ebenen und in jedem Kontext gerne zitiert. Schon vor zehn Jahren bezeichnete sich ein Konzern vollmundig als " hoechst nachhaltig " , um kurz darauf zu einer Fußnote deutscher Wirtschaftsgeschichte zu verkümmern. Andere Unternehmen wollten durch " nachhaltige Gewinne die Zukunft gewinnen " , und Politiker freuten sich end-lich über die Harmonie der drei Nachhaltigkeitssäulen Wirtschaft, Umwelt und Soziales. Aber es gab auch andere Stimmen. Angela Merkel beispielsweise wies auf die Konfliktpotenziale hin, die zwischen Ökonomie und Ökologie mit dem Nach-haltigkeitsansatz verbunden sind: "Nachhaltigkeit ist keine Harmonieveranstaltung", sagte sie 1 , und in der Tat: Ließe sich Nachhaltigkeit so einfach und konfliktfrei umsetzen, wie manche Hochglanzbroschüren das nahe legen, so müsste auf Weltwirtschaftsgipfeln nicht über Klimaschutz oder die Ressourcenfrage gestritten werden. Die Vision der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung unter Leitung von Gro Harlem Brundtland war weitreichend in inter-und intragenerationeller Hinsicht: " Die Menschheit wäre durchaus in der Lage, die Voraussetzungen für eine dauerhafte Entwicklung 2 zu schaffen; einer Entwicklung, die den gegenwärtigen Bedarf zu decken vermag, ohne gleichzeitig späteren Generationen die Möglichkeit zur Deckung des ihren zu verbauen. Zwar schließt ein solches Konzept eines dauerhaften Wachstums Grenzen ein – doch sind dies keine absoluten Grenzen. Es sind vielmehr lediglich technologische und gesellschaftliche Grenzen, die uns durch die Endlichkeit der Ressourcen und die begrenzte Fähigkeit der Biosphäre zum Verkraften menschlicher Einflussnahme gezogen sind. " 3 Einer der Eckpunkte des Nachhaltigkeitsansatzes war und ist die Endlichkeit der Ressourcen – einschließlich der Endlichkeit unserer Umwelt als billiges Abgaslager, Mülldeponie und Kloake. Wie sollen wir als Menschheit mit den uns zur Verfügung stehenden Ressourcen und der Umwelt wirtschaften, ohne uns selbst, unseren 1 Angela Merkel bei einem Besuch beim Rat für Nachhaltige Entwicklung am 22.9.2004 in Berlin 2 Im englischen Original ist von " sustainable developement " die Rede. 3 Hauff, V. (Hrsg.).
Article
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The planetary boundaries framework defines a safe operating space for humanity based on the intrinsic biophysical processes that regulate the stability of the Earth system. Here, we revise and update the planetary boundary framework, with a focus on the underpinning biophysical science, based on targeted input from expert research communities and on more general scientific advances over the past 5 years. Several of the boundaries now have a two-tier approach, reflecting the importance of cross-scale interactions and the regional-level heterogeneity of the processes that underpin the boundaries. Two core boundaries—climate change and biosphere integrity—have been identified, each of which has the potential on its own to drive the Earth system into a new state should they be substantially and persistently transgressed.
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Eine Steigerung der Energieproduktivität, um Energie möglichst sparsam im Wirtschaftsprozess einzusetzen, ist ein wichtiger Beitrag zur Nachhaltigkeit. Dieser Text geht indessen der Frage nach, inwiefern Produktivitätssteigerungen unerwünschte Nebenwirkungen in Form einer Mehrnachfrage nach Energie nach sich ziehen können, die als so genannter Rebound-Effekt dem Ziel der Energieeinsparung zuwiderlaufen. Der Text zeigt 13 mögliche Rebound-Effekte auf, umreißt ihr quantitatives Ausmaß und beschreibt die Schwierigkeiten, sie mit politischen Maßnahmen zu begrenzen. Im Ergebnis erscheint es dringend erforderlich, zukünftig Rebound-Effekte in wissenschaftlichen Szenarien und im politischen Handeln zu berücksichtigen. Denn aufgrund der Vielzahl und Verschiedenartigkeit möglicher Rebound-Effekte und der Einschätzung des Autors, dass die Summe dieser Rebound-Effekte auch langfristig mindestens die Hälfte der Einsparpotenziale von Effizienzmaßnahmen aufzehren wird, werden Nachhaltigkeitsziele wie die Verminderung der Treibhausgase um ca. 80-90 Prozent in den Industrieländern bis zum Jahr 2050 durch Effizenz- und Konsistenzstrategien alleine unerreichbar. Erst wenn das Volkseinkommen aufhört stetig weiter zu wachsen, können Effizienz- und Konsistenzstrategien einen uneingeschränkt positiven Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten und ihre technisch möglichen Einsparpotenziale voll realisieren. -- An increase of energy productivity, in order to use energy as economically as possible in production and consumption, is an important contribution to environmental sustainability. However this text investigates the question, to what extent productivity increases create unwanted side effects in form of an increased demand for energy (so called rebound effects), which counteract the goal of energy conservation. The text differentiates 13 possible rebound effects, sketches out their quantitative dimension, and describes the difficulties to prevent them with political measures. As a result, it appears urgently necessary to consider in the future rebound effects in scientific scenarios and policy-making. For due to the diversity of possible rebound effects and the estimate that the sum of these effects will consume about half of the saving potentials of efficiency measures also in the long run, sustainability goals such as an 80-90 % reduction of greenhouse gases in industrialised countries up to the year 2050 become unattainable by efficiency and consistency strategies alone. Only if gross national income stops growing can efficiency and consistency strategies realise their technical saving potential and, thus, fully positively contribute to achieve sustainability goals.
Article
Der folgende Beitrag ergänzt den Ansatz der Öko-Effizienz um den bisher ver- nachlässigten Aspekt einer notwendigen ökologischen Konsistenz des industriellen Metabolismus. Beide Aspekte gehören zum vollständigeren Konzept einer indus- triellen Ökologie, die sich nicht durch bloße Mengenreduktion an ihre Umwelt an- passen muss, sondern sich entfalten kann aufgrund ihrer qualitativen Eigenschaft der metabolischen Naturintegration. 1. Erdpolitische Strategien im Kontext der Nachhaltigkeitsdebatte Der Rioprozess vor und nach 1992 hat zur weltweiten Adoption von so ge- nannten Nachhaltigkeitsregeln geführt (Umweltraum-angepasstes Bevölkerungs- wachstum, ausgeglichene Bewirtschaftung regenerativer Ressourcen, unterkriti- sche Emissionslasten, Schonung nicht-erneuerbarer Ressourcen, u.ä.). Aber wir sind immer noch auf der Suche nach denjenigen Transformation-Strategien, mittels derer diese Orientierungen praktisch realisiert werden können. Die aktuell disku- tierten Strategien lassen sich sortieren mithilfe der IPAT-Formel nach Paul und Anne Ehrlich (zuletzt 1990). Umweltwirkungen ergeben sich demzufolge aus dem Zusammenspiel von Bevölkerungsentwicklung, konsumtivem Anspruchsniveau und technologischer Entwicklung:
Article
Employing World Bank data, this article finds that the observed worldwide transition from industrial to service activity has an insignificant long-term impact on global de-materialization. Unlike earlier studies that focus on actual material flows for specific sectors, this study considers economy-wide sectoral composition changes from 1960 to 1998 for 206 countries, and infers some future scenarios based on observed trends. Sensitivity analysis under alternative assumptions about technological change and average industry material intensity indicates that, unless de-materialization is “weakly” defined, a leveling off of world gross domestic product at some time this century will probably be required to achieve it.