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Wie LehrerInnen und SchülerInnen miteinander reden oder Das Erkenntnispotenzial von Sequenzanalysen plenarer SchülerInnen-LehrerInnen-Interaktionen

Authors:
Barbara Hinger (Hg.), Zweite „Tagung der Fachdidaktik“ 2015.
Sprachsensibler Sach-Fach-Unterricht – Sprachen im Sprachunterricht.
© 2016 innsbruck university press, ISBN 978-3-903122-51-2, DOI 10.15203/3122-51-2
Wie LehrerInnen und SchülerInnen
miteinander reden oder Das Erkenntnispotenzial
von Sequenzanalysen plenarer SchülerInnen-
LehrerInnen-Interaktionen
Mag.a Dr.in Carmen Konzett
Institut für Romanistik
Universität Innsbruck
1. Einleitung
Sprache ist in jeder Art von Unterricht allgegenwärtig, sowohl in Form von
schriftlichen Texten als auch insbesondere in Gestalt mündlicher Interaktion
zwischen Lehrperson und SchülerInnen und zwischen SchülerInnen unterein-
ander. Sprachliche Interaktion ist zentraler Aspekt jeden Unterrichtsgeschehens.
Man könnte sogar so weit gehen, zu sagen, Unterricht sei Interaktion, wie der
Titel eines 2011 erschienenen Buches zur Unterrichtskommunikation insinuiert
(Schmitt 2011). Im Fremdsprachenunterricht kommt freilich der mündlichen In-
teraktion eine deutlich wichtigere Rolle zu als in anderen Fächern, da hier Spra-
che sowohl Unterrichtsmedium als auch Gegenstand des Unterrichts ist (vgl.
Pfeiffer 2003: 267).
Seit 2012 wird am Institut für Romanistik der Universität Innsbruck das
Forschungsprojekt FRAISE (= Französisch in Interaktion in der Schule) durch-
geführt, in dem drei Klassen eines Tiroler Gymnasiums im Französischunterricht
begleitet und videographiert werden. Es entsteht so ein Longitudinalkorpus von
Videoaufnahmen aus dem Französischunterricht, das den gesamten Zeitraum
einer typischen 6-jährigen gymnasialen Französisch-Schullaufbahn abbildet. Das
Aufnahmesetting ist natürlich, d.h. nicht experimentell, und der Unterricht wird
in seinem Ablauf von den Forschenden nicht beeinusst; regulärer Französisch-
C. Konzett
Barbara Hinger (Hg.), Zweite „Tagung der Fachdidaktik“ 2015.
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unterricht wird so möglichst unverfälscht mit zwei Kameras und einem Audio-
gerät festgehalten. Die Studie bendet sich aktuell im Erhebungszeitraum und
das vorliegende Korpus umfasst derzeit Aufnahmen von fünf Lernjahren in drei
Klassen (Tab. 1). Videographien für das letzte Lernjahr laufen derzeit (Tab. 1).
Tab. 1: Stand der Korpusaufnahmen für FRAISE im Juli 2015
Das Projekt FRAISE untersucht schulischen Fremdsprachunterricht mit der Me-
thodologie der ethnomethodologisch orientierten Gesprächsforschung und ge-
hört damit zum Forschungsbereich der „CA-for-SLA” oder „CA-SLA” (Conversa-
tion Analysis for Second Language Acquisition) (vgl. Kasper & Wagner 2011). Fremd-
sprachenerwerb im unterrichtlichen Geschehen wird aus dieser Perspektive vor-
dergründig als soziales Phänomen betrachtet und fokussiert ausschließlich die
(sprachlichen) sozialen Interaktionen von Fremdsprachenlernenden. Außerdem
schließt der Verweis auf „CA“ auch grundlegende methodische Prinzipien mit
ein, wie etwa jenes der Beobachtung natürlicher – im Gegensatz zu experimentell
erhobenen Daten und jenes der emischen, also teilnehmerInnenbezogenen,
Klasse A Klasse B Klasse C
1. Lernjahr 2. Lernjahr
2. Lernjahr 3. Lernjahr 1. Lernjahr
3. Lernjahr 4. Lernjahr 2. Lernjahr
(Klasse danach aufgelöst)
4. Lernjahr 5. Lernjahr
5. Lernjahr (laufend) 6. Lernjahr (laufend)
6. Lernjahr (geplant)
Dzt. 32 Aufnahmestunden Dzt. 44 Aufnahmestunden Gesamt 14 Aufnahmestunden
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Sequenzanalyse, deren analytisches Grundkapital in der „next turn proof pro-
cedure“ (vgl. Sacks, Schegloff & Jefferson 1978: 44; Hutchby & Wooftt 1998:
15) besteht, d.h. in der Tatsache, dass sich InteraktionsteilnehmerInnen ständig
gegenseitig durch ihr interaktionales Handeln anzeigen, wie sie die Redebeiträge
der jeweils anderen verstehen. Im Rahmen von FRAISE wird in der Analyse
ein „vertikaler Vergleich“ (Zimmermann 1999) angestellt, d.h. die longitudinalen
Datensets werden auf beobachtbare Veränderungen im interaktionalen Verhal-
ten der TeilnehmerInnen hin untersucht und beschrieben. Der Beschreibungs-
fokus liegt auf Phänomenen der sogenannten „Interaktionskompetenz“, welche
zwei Aspekte in sich vereint, nämlich einerseits Wissen um soziale, linguistische
und gesprächsorganisatorische Konventionen sowie andererseits die Fähigkeit,
diese Konventionen kontextspezisch zu adaptieren (vgl. z.B. Hall & Pekarek-
Doehler 2011; Young & Miller 2004). Auf der Makro-Ebene geht es dabei um
Phänomene wie etwa Gesprächsablauf, Rollenkonstruktion und Beziehungsge-
staltung, während die Mikro-Ebene die gesamte Bandbreite sprachlicher, proso-
discher, sequenzieller und nonverbaler Mittel umfasst, die in der Interaktion zum
Einsatz kommen.
In diesem Beitrag geht es darum, das Potenzial konversationsanalytischer Be-
trachtung von Unterrichtsvideographien, wie sie in FRAISE entstehen, aufzu-
zeigen und anhand von konkreten Analysebeispielen darzulegen. Ein klassisches
Thema der fachdidaktischen Forschung das IRF/IRE-Schema dient dabei
als Analyseobjekt zur Demonstration dessen, was die Konversationsanalyse zur
Erforschung von LehrerInnen-SchülerInnen-Gesprächen beitragen kann. In
typischer konversationsanalytischer Tradition wird zunächst – in schrittweiser
Abfolge gemeinsam mit den LeserInnen jeweils ein konkreter Transkriptaus-
schnitt betrachtet und genau untersucht, bevor anschließend unter Verweisen
auf weitere Studien die Charakteristiken der Interaktion sowie problematische
Aspekte in der Analyse thematisiert werden.
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2. Unterrichtsgespräche in FRAISE:
Das IRF/E-Schema – kritisch betrachtet
Im FRAISE-Korpus tritt mündliche Unterrichtsinteraktion am häugsten in
Form des plenaren LehrerInnen-SchülerInnen-Gesprächs auf. Die Unterrichts-
organisation selbst ist zum Großteil lehrerInnenzentriert. In diesem Kontext
haben zwar SchülerInnen durchaus auch Gelegenheit zur Interaktion unter-
einander, doch die Lehrperson hält die organisatorischen und im Gespräch
die diskursiven – ‚Zügel’ in der Hand. Dass diese Art von Unterricht und von
Unterrichtsgespräch trotz anderslautender Vorschläge aus der fachdidaktischen
Literatur (z.B. Nieweler 2002; Vetter 2008; aber s. Leupold 2010: 403 für eine
Verteidigung dieser Sozialform) im modernen Fremdsprachenunterricht nach
wie vor stark wenn nicht am stärksten verbreitet ist, belegen auch andere
empirische Studien der letzten Jahre (z.B. Schwab 2009, 2013). Fremdsprach-
liche Interaktionen zwischen Lehrperson und SchülerInnen sehen dann etwa
im Anfangsunterricht typischerweise so aus wie im folgenden Beispiel aus dem
FRAISE-Korpus:
Beispiel 1 (Kl.A230512c2)
Was wir hier in Zeile 01 sehen, ist eine typische ‚LehrerInnenfrage’ (oder dis-
play question), also eine Frage, deren Antwort die Lehrerin bereits kennt – im
Gegensatz zu sogenannten ‚echten’ oder „Informationsfragen“ (Mehan 1979b),
die tatsächlich einen niedrigeren Wissensstand des Fragenden ausdrücken. Selbst
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wenn die Sprecherbezeichnungen1 (A, B) hier absichtlich neutral gehalten und
die Rollen der beiden Personen daraus nicht ablesbar sind, wird beim Lesen des
Transkripts schnell deutlich, dass es sich um eine typische lehrerInnenzentriert
organisierte Unterrichtssequenz aus dem fremdsprachlichen Anfangsunterricht
handelt. Der diskursive Spielraum der Schülerin ist erheblich eingeschränkt, al-
lerdings nicht nur aufgrund des syntaktischen Formats der Entscheidungsfrage,
sondern auch, weil Fragen im Allgemeinen und im institutionellen Diskurs im
Besonderen meist bereits eine ziemlich genaue Richtung vorgeben, in welche die
Antwort gehen muss, um nicht interaktional unpassend zu sein (cf. Ehrlich &
Freed 2010). Dieses Abhängigkeitsverhältnis entsteht dadurch, dass Fragen (wie
auch jede andere Äußerung) in einer Interaktion immer im Zusammenhang mit
ihrem lokalen Produktionskontext interpretiert werden (Macbeth 2011: 444), wie
wir in der Analyse gleich sehen werden.
Im oben gezeigten Ausschnitt ist es zum Beispiel so, dass B mit einem voll-
ständigen Satz antwortet, indem sie die Prädikation aus der Frage der Lehrerin
wiederholt ein eher unübliches Verfahren in der Alltagsinteraktion, aber im
Fremdsprachenunterricht, besonders in formfokussierten Unterrichtsphasen
(Seedhouse 2004), eine typische und sogar erwartete Formulierungsvariante. Die
Frage der Lehrerin (A) bezieht sich in diesem Fall auf einen im Schulbuch abge-
druckten Stundenplan, aus dem abzulesen ist, an welchen Tagen der Musikun-
terricht stattndet. Lehrperson und Schülerin (B) haben also gleichberechtigten
Zugang zur selben Sachinformation und müssten, wenn es nur darum ginge, ein-
ander nicht befragen. Die von der Lehrerin gestellte Frage ist außerdem auch im
Schulbuch abgedruckt, d.h. die Schülerin kann die schriftliche Version als Unter-
stützung zum Gehörten heranziehen. Dass die Schülerin (auch) auf die schriftli-
che Frage reagiert, die von der Lehrerin nicht genauso gestellt wird, ist übrigens
deutlich an B’s Antwort-Turn (Zeilen 03-04) abzulesen: Die Schülerin produziert
nämlich den ersten Teil ihrer Antwort mit einer Betonung auf dem konjugierten
Verb („A“) und antizipiert damit bereits einen Kontrast, den sie dann mit einer
anschließenden koordinierenden Konjunktion („mais“) auch fortführt. Sie setzt
1 In allen weiteren Transkriptausschnitten in diesem Beitrag steht jeweils „L“ für die Lehrperson und ein Kür-
zel aus drei Buchstaben für den/die jeweiligen SchülerIn (z.B. FAB für Fabienne). Alle SchülerInnennamen
wurden anonymisiert.
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den ersten Teil ihrer Antwort also in Opposition zum zweiten Teil, den sie als
Negation einer Nominalphrase „ne (.) pas e:n (.) le lundi“ konstruiert. Der für
uns als Transkriptlesende zunächst etwas unmotiviert erscheinende Verweis dar-
auf, dass am Montag keine Musikstunde stattndet, ist dadurch erklärbar, dass im
Schulbuch die Frage mit einer Zusatzfrage versehen ist: 4. Est-ce qu’elle a musique,
le jeudi? Et le lundi?. Die Schülerin orientiert sich offensichtlich auch – oder sogar
hauptsächlich – an dieser schriftlich gestellten Frage, aus ihrer SchülerInnen-
Erfahrung bereits voraussehend, dass die Lehrerin wohl auch eine Antwort auf
diese Zusatzfrage verlangen wird. In diesem Sinne ist die auf den ersten Blick
eigentümlich erscheinende Konstruktionsweise und der zunächst fehlende loka-
le interaktionale Zusammenhang der SchülerInnen-Antwort auch als Ausdruck
ihrer Identität als „student with experience in classrooms“ interpretierbar (Hel-
lermann & Pekarek Doehler 2010: 26). Dass der pädagogische Zweck dieses
LehrerInnen-SchülerInnen-Gesprächs in einer Fokussierung auf die sprachliche
Form bzw. Korrektheit liegt, wird an der Reaktion von A nochmals deutlich,
wenn sie die zweite Hälfte der SchülerInnen-Antwort in einer für den LehrerIn-
nendiskurs typischen reformulierenden Äußerung (cf. Walsh 2011: 35), in der
fachdidaktischen Literatur auch als recast bezeichnet (Lyster 2007: 93), in einem
vollständigen Satz wiedergibt und sogar noch ein zweites Mal wiederholt.
Plenare LehrerInnen-SchülerInnen-Interaktionen dieser Art, die auf den ers-
ten Blick als instructional sequences oder Lehr-Lern-Sequenzen erkennbar sind, wur-
den bereits in den 1970ern von Kommunikationswissenschaftlern beschrieben
und als IRF oder IRE-Sequenzen bezeichnet (Sinclair & Coulthard 1975; Mehan
1979a und b). In unserem Beispiel stünde der erste Redebeitrag von A für die
initiation, also I, B’s Antwort wäre als reply das R und A’s Reaktion das feedback (F)
oder die evaluation (E). In der fachdidaktischen und linguistischen Forschung wird
am häugsten der 3. Redebeitrag untersucht, also der Beitrag ‚F’ oder ‚E’, der von
der Lehrperson produziert wird. In der Terminologie der Konversationsanalyse
wird eine Äußerung an dieser Stelle in der Sequenz üblicherweise als „third turn“
bezeichnet (Schegloff 2007), ein Sequenzelement, welches sich keineswegs nur
auf Unterrichtskommunikation beschränkt, sondern in praktisch jeder Interak-
tion vorkommt.
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Aus einer konversationsanalytischen Perspektive sind die Kategorisierung und
Typ isierung ei nzelne r Red ebeitr äge mit pau scha len Beze ichn ungen wi e feedback
oder evaluation und die Schematisierung ganzer Sequenzen als IRF oder IRE
höchst problematisch – nicht nur, weil dadurch wichtige Differenzierungen unter
den Tisch fallen, sondern auch weil so die Sequenzialität insgesamt, also das fein
abgestimmte, sich linear entwickelnde Zusammenspiel der Interaktionsteilneh-
merInnen, verloren geht. Die interagierenden Personen, insbesondere die Schü-
lerInnen, werden so rasch zu reinen Ausführenden eines vorgegebenen Musters
‚degradiert’, ohne dass im Detail die Handlungsspielräume betrachtet und analy-
siert werden, die womöglich existieren und von SchülerInnen ausgenutzt werden
können. Man ist sich allerdings auch in der neueren pragmatisch-fachdidaktischen
Forschung meist einig, dass Globalbeschreibungen des IRF/IRE-Schemas zu
kurz greifen. So schreibt z.B. Richert (2005: 159), dass der „3rd turn“ der Lehr-
person vier Funktionen haben kann, nämlich SchülerInnenbeiträge zu bewerten,
SchülerInnenbeiträge zu akzeptieren, SchülerInnenbeiträge zu erläutern oder zu
weiterführenden Äußerungen der SchülerInnen anzuregen. Um die Pauschalbe-
zeichnungen in feinere Unterkategorien aufzufächern, verwendet der Großteil
fachdidaktischer und linguistischer Forschung umfangreiche Korpora aus Leh-
rerInnen-SchülerInnen-Interaktionen, die z.B. alle third turns kodieren, um sie in
ein Kategoriensystem einordnen zu können – so kommt etwa auch Richerts vier-
gliedriges Schema zustande (vgl. weiters z.B. Wells 1993; Nassaj & Wells 2000).
Aus Sicht der konversationsanalytischen Unterrichtsforschung wird man da-
mit aber der Komplexität des third turn – geschweige denn der gesamten konver-
sationellen Bearbeitung einer Interaktionssequenz – nach wie vor nicht gerecht.
Kritisiert werden solche Herangehensweisen etwa von Lee (2007: 1206), der die
zentrale Stellung des third turn für Untersuchungen von Lehrprozessen hervor-
hebt: „The third turn is an extraordinary space in the sense that it allows us to
identify the practical and procedural details of teaching that teachers routinely
and contingently display in the course of interaction”. Der third turn wäre also
in diesem Sinne eine Art Spiegel der pädagogischen Aktivität der Lehrperson,
wie sie sich in einer spezischen, nur lokal versteh- und interpretierbaren Inter-
aktionssituation manifestiert. Wichtig ist vor allem, dass auch im third turn der
Lehrperson dieselben lokalen d.h. aus dem konkreten sequenziellen Kontext
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entstehenden – Abhängigkeiten zum Tragen kommen wie an jeder anderen Stelle
in der Interaktion (vgl. Lee 2007: 1210). Unter anderem reagieren z.B. Lehrperso-
nen in ihrem third turn nicht nur darauf, ob eine SchülerInnen-Antwort ‚korrekt’
oder ‚inkorrekt’ ist (abgesehen davon, dass auch der Status der ‚Korrektheit’ einer
Antwort oft nur im Zusammenhang mit der lokalen Sequenz identizierbar ist),
sondern auch auf die Art und Weise, wie die Antwort gegeben wird, etwa ob sie
zögerlich produziert wird oder sofort heraussprudelt, mit welcher Intonation die
Äußerung konstruiert wird, auf welche Elemente der LehrerInnenfrage über-
haupt Bezug genommen wird, etc. In unserem Beispiel 1 oben etwa hat die Schü-
lerin selbst mit ihrer zweiteiligen Antwort den ursprünglichen Fokus der Lehre-
rInnenfrage leicht verlagert bzw. erweitert. Die Lehrerin geht spontan auf diese
Richtungsadaptierung ein und bestätigt in ihrer korrigierenden Reformulierung
sowohl die Korrektheit und Verständlichkeit der Information, die die Schülerin
geliefert hat, als auch die Legitimation bzw. Relevanz, diese Zusatzinformation
überhaupt zu geben. Die zweifache Reformulierung erlaubt es ihr, im Rahmen
des third turn zunächst die grammatische Form der Äußerung zu korrigieren,
dann mit „>voilà<“ die SchülerInnenäußerung im eben beschriebenen Sinne zu
ratizieren und anschließend nochmals die korrekte Äußerung als Sprachbeispiel
– auch zum Prot der anderen anwesenden SchülerInnen – aufzuzeigen.
3. Sequenzielle Analyse von plenaren
LehrerInnen-SchülerInnen-Gesprächen
Wie eben gezeigt, steckt selbst in ganz einfachen IRF-Sequenzen wie in Beispiel
1 mehr, als man auf den ersten Blick und nach oberächlicher Analyse vermuten
könnte. Vor allem ist es wichtig, den letzten Teil der Sequenz – also den third turn
– nicht isoliert zu betrachten und ihn in seiner Funktionalität nicht von vornher-
ein auf wenige, vorgegebene Kategorien zu reduzieren. Eine detaillierte Analyse
des interaktionalen Kontextes ergibt darüber hinaus, dass bei weitem nicht nur
der third turn der Lehrperson analyserelevant ist, sondern dass die SchülerInnen-
äußerungen mindestens ebenso reichhaltig sind. Mit einer solchen Analyse wird
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auch klar, dass eben selbst in IRF-Sequenzen SchülerInnen einen Handlungs-
spielraum haben und diesen auch nützen. Verdeutlicht wird das im folgenden
Beispiel, in dem eine Schülerin den third turn der Lehrerin infrage stellt und damit
eine Neuorientierung veranlasst.
In Beispiel 2 geht es um eine Form-fokussierte Übungssequenz in einer Fran-
zösischklasse im 1. Lernjahr. Die SchülerInnen sollen Aussagen über einen Stun-
denplan treffen, der im Schulbuch abgedruckt ist. Eine entsprechende SchülerIn-
nenäußerung ist bereits in Beispiel 1 (oben) illustriert.
Beispiel 2 (KlA230512c1)
Der Ausschnitt beginnt mit der Frage der Lehrerin, die sie an die Klasse richtet
(Zeilen 01-02) und dem anschließenden namentlichen Aufrufen der Schülerin
Fabienne (Zeile 04). Deren Antwort kommt in zwei Teilen, da sie zunächst eine
Fremdreparatur in Form eines Hilfeaufrufs initiiert (Zeile 05), dem die Lehrerin
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nachkommt, indem sie ihr die Bausteine für eine grammatikalisch korrekte Ant-
wort liefert (Zeile 06: „il y a les maths entre,“). In Zeile 7 nimmt Fabienne dann
ihren zweiten Antwortanlauf, und zwar, indem sie die unvollständige Äußerung
der Lehrerin (aus Zeile 06) komplettiert. Sie tut dies mit einigen Planungspau-
sen, während sie ins Buch schaut; bei „neuf“ hebt sie den Blick. Auch die Lehre-
rin schaut kurz darauf – in der Mikropause nach Fabiennes „neuf“ – vom Buch
auf; sie blickt zu Fabienne hinüber, öffnet den Mund und schüttelt minimal den
Kopf. Die Lehrperson signalisiert also bereits an dieser Stelle, dass irgendetwas
nicht in Ordnung ist. Aber der verbale third turn der Lehrerin folgt erst einen
Moment später, als Fabiennes fallende Intonation eine übergaberelevante Stelle
markiert („moins.“). Mehrere Aspekte sind in diesem Redebeitrag bemerkens-
wert:
Zunächst greift die Lehrerin in einem Moment ein, als Fabiennes Antwort
noch nicht komplett ist, und zwar kurz nach der Stelle, die sie bereits mimisch als
für sie problematisch markiert hat. Der Turn beginnt mit „ah“, einem „change-
of-state token“ (Heritage 1984), welches anzeigt, dass hier etwas Unerwartetes
passiert ist, und dass die Lehrerin aus diesem Grund eingreift. Daraufhin folgt
eine Pause und dann ein Planungs- und Organisationsmarker: „jetzt ah“ (Zeile
08). Außerdem spricht die Lehrerin nun auf Deutsch; der Wechsel des sprach-
lichen Kodes indiziert gleichzeitig die Eröffnung einer Nebensequenz mit einer
thematischen Richtungsänderung in Form eines Einschubs. Inhaltlich schränkt
die Lehrerin die ursprüngliche Frage nun auf einen spezischen Aspekt neu ein,
nämlich den Ausdruck der zweiten von Fabienne zu nennenden Uhrzeit. Sie tut
dies in anderer Form als bei ihrer ersten Frage (in der sie um Informationsbe-
schaffung aus dem abgedruckten Stundenplan im Buch bat), nämlich indem sie
die gewünschte Zielantwort auf Deutsch, quasi als Übersetzungsaufgabe, anbie-
tet: „ah (.) jetzt ah fünf vor zehn“ (Zeile 08). Sie konstruiert also diese zweite
Frage (die übrigens nicht als Interrogativsatz formuliert ist) ganz offensichtlich
als formfokussierte Sprachübung ohne den Anschein zu erwecken, damit tat-
sächlich ein Informationsdezit ausgleichen zu wollen.
Die Lehrerin nimmt Fabiennes Antwort dann explizit zum Anlassfall, um die
Wiederholung eines Unterrichtsthemas einzuleiten. Damit verortet sie sich deut-
lich als Lehrerin, die diese Klasse kennt und sich für diese Klasse verantwortlich
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fühlt, indem sie nämlich Fabiennes Fehler in einen größeren didaktisch-pädago-
gischen Zusammenhang von bereits Bekanntem und Gelerntem einordnet und
das Übungspotenzial für Fabienne – aber auch für ihre KlassenkollegInnen
identiziert. Gleichzeitig unterstellt sie damit Fabienne jedoch ein sprachliches
Problem mit der Formulierung der Uhrzeit im Französischen. Schließlich wird
mit dem third turn der Lehrerin fast nebenbei auch die von Fabienne begonnene
Antwort, die sie ja nicht fertiggestellt hat, als korrekturbedürftig interpretiert
und dargestellt, d.h. als nicht adäquat evaluiert.
Die Interaktionssequenz endet jedoch nicht hier. Es ist mindestens so inter-
essant zu sehen, was Fabienne in ihrem Folge-Turn jetzt aus diesem Redebeitrag
der Lehrerin macht: Zunächst beginnt auch Fabiennes Reaktion bereits lange vor
ihrem nächsten Redebeitrag, und zwar schon in Zeile 8: Direkt nachdem die Leh-
rerin das entscheidende Wort „zehn“ genannt hat, reagiert Fabienne mit einem
Blick ins Buch. Diese nonverbale Handlung kündigt bereits an, was sie danach
verbalisiert: dass ihr Fehler mit richtigem bzw. falschem Lesen zu tun hat.
Ihren tatsächlichen, verbalen Turn beginnt die Schülerin dann ebenfalls mit
einem change-of-state token, nämlich mit einer Interjektion, die lexikalisch und pro-
sodisch so gestaltet ist, dass sie Überraschung anzeigt: „ahSO“ (Zeile 10): Hier
handelt es sich wohl bereits um eine Vorausschau auf die restliche Äußerung, da
eine solche Reaktion auf eine lehrerInnenseitige Korrekturinitiierung unüblich
ist. Auf das Anzeigen eines sprachlichen Fehlers reagieren SchülerInnen meist
nicht mit einem Display von Überraschung, sondern eher mit einem Display, das
ausdrückt, dass sie das zu Äußernde eigentlich gewusst hätten. Daraufhin setzt
Fabienne zur Planung ihrer neuen Äußerung an, während sie weiter ins Buch
schaut. Sie verbalisiert nun laut denkend ihr Erkennen des von der Lehrerin iden-
tizierten Problems: „ok ops des sind zwei stunden“ (Zeile 10). Die Erkenntnis
ist mit „ops“ eindeutig als Versehen markiert, als ungewolltes Übersehen der im
Stundenplan dargestellten Zeitspanne. Mit diesem Herausstellen des Fehlers als
eines Seh- anstelle Sprachproduktionsfehlers weist Fabienne die Zuschreibung
der Lehrerin in deren third turn klar zurück und positioniert sich aus epistemi-
scher Sicht als ‚Sehr-wohl-Wissende‘ in Bezug auf die sprachliche Formulierung
und nur in Bezug auf die Bildinformation als ‚Jetzt-erst-Begreifende‘ aufgrund
der LehrerInnen-Intervention. Erst dann erfolgt die Korrektur des Fehlers mit
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„dix heures moins“ (Zeile 11). Die Lehrerin bestätigt im LehrerInnen-Echo, in-
dem sie die Äußerung (nickend) wiederholt und damit als korrekt qualiziert. Im
Rest der Sequenz wird die Bearbeitung der Uhrzeit im Sinne einer Wiederholung
des Grammatikthemas nicht mehr angesprochen und nicht weiter behandelt.
Die Analyse zeigt, dass selbst in einfachen Interaktionssequenzen third turns
um einiges komplexer sind, als es starre Schemata glauben machen. Zweitens
wird dadurch klar, dass wir es nicht bei der Analyse des third turns belassen kön-
nen, sondern unbedingt den sequenziellen Kontext im Sinne des DAVOR wie
auch des DANACH mit einbeziehen müssen.
Beispiel 3 soll zwei weitere Aspekte von SchülerInnen-LehrerInnen-Inter-
aktion in IRF/IRE-Sequenzen – oder anders gesagt, von LehrerInnenfragen
sichtbar machen: Erstens, dass zum richtigen Beantworten einer Lehrerfra-
ge auf SchülerInnenseite auch ein Verständnis davon gehört, was als nächstes
Element erwartet wird („sequenzieller Horizont“, vgl. Macbeth 2011) und dass
dies manchmal mit einem Verständnis der Einbettung in den größeren Interak-
tions- oder Diskurszusammenhang des Unterrichts zu tun haben kann. Zwei-
tens, dass „richtige” Antworten” in der LehrerInnen-SchülerInnen-Interaktion
treffender als „lokal adäquate” oder „für den aktuellen praktischen Zweck akzep-
table Antworten” (Macbeth 2004: 722) deniert werden sollten, d.h. umgekehrt,
dass LehrerInnenfragen typischerweise nur in ihrem lokalen interaktionalen Zu-
sammenhang verstehbar und beantwortbar sind (vgl. Macbeth 2011). Macbeth
zeigt dies anhand eines Beispiels aus dem naturwissenschaftlichen Unterricht,
in dem die im Anschluss an ein Experiment gestellte Frage „What happened
here?“ eigentlich eine Vielzahl möglicher Antworten zulassen würde, von den
SchülerInnen jedoch auf eine ganz bestimmte Art und Weise interpretiert wird,
um die für den lokalen Fragekontext adäquate und damit aus Sicht der Lehr-
person ‚richtige’ – Antwort zu produzieren. In einer ähnlichen Situation benden
sich die SchülerInnen im folgenden Beispiel, in welchem allerdings LehrerInnen-
und SchülerInneninterpretation nicht ganz deckungsgleich sind, woraus sich ein
Kommunikationsproblem ergibt.
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Beispiel 3 (KlB130612c1)
Es geht in diesem Beispiel, das aus einer Klasse im 2. Lernjahr stammt, um ein
Bild aus dem Schulbuch À plus! 2 (vgl. Bächle, Gregor, Jorißen & Schenk 2005:
97), das von den SchülerInnen beschrieben werden soll. Darauf zu sehen ist ein
Öltanker auf dem Meer. Wir interessieren uns in diesem Ausschnitt zunächst für
Zeilen 08-09, eine Frage-Antwort-Paarsequenz, in der offensichtlich ein Problem
besteht: die Lehrerin fragt „et à côté?“, von der Schülerin kommt zunächst keine
Antwort, dann ein „e:h“ und anschließend nochmals eine 0.5-sekündige Pause.
Gleichzeitig lehnt sich die Schülerin vor und betrachtet das Bild im Buch näher.
Um zu verstehen, was hier passiert ist, sehen wir uns zunächst an, was bis zu
der Problemstelle geschehen ist. „et à côté?“ ist ja recht deutlich eine Frage, die
Vorläufer haben muss.
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Barbara Hinger (Hg.), Zweite „Tagung der Fachdidaktik“ 2015.
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Die Sequenz beginnt mit der Aufforderung der Lehrerin zur Bildbeschreibung
und mit der Selektion der Schülerin Döndü als Sprecherin (Zeilen 01-02). Bereits
im ersten Teil der Sequenz (Zeilen 01-04) ist relativ viel sogenannte ‚konversati-
onelle Arbeit‘ der Lehrerin beobachtbar: Auf die initiale Frage und die Sprecher-
wahl folgt eine nochmalige Aufforderung „regarde l’image.“ sowie eine Spezi-
zierung der Lokalisierung des Bildes „après le texte“. Und dann nochmals die
Frage „qu’est-ce que tu vois“. Bis dahin hat Döndü noch keinen Antwortversuch
gestartet. Sie hat lediglich ein bestätigendes „oui“ geäußert, um mitzuteilen, dass
sie das richtige Bild identiziert hat. In Zeile 05 erfolgt dann ihre Antwort: „°un
bateau°“. Die Lehrerin evaluiert dies durch „oui“ als korrekt und hakt sofort
nach: „est-ce que c’est un petit bateau“ (Zeile 06), mit einer deutlich suggestiven
Frage, die eine verneinende Antwort nahelegt, so wie sie Döndü auch liefert. An
dieser Stelle nun kommt die Frage nach dem „à côté“ (Zeile 08), auf die Döndü
eine Antwort schuldig bleibt.
Die Lehrerin reagiert darauf mit einer intensiven Reparatur ihres rst turns, also
ihrer Frage „et à côté?“. Sie formuliert dies syntaktisch nicht als Frage sondern
in Form einer Konstruktion, die der Beginn einer Antwortäußerung sein könn-
te, und die sich hier als sogenannte „designedly incomplete utterance“ (Koshik
2002), also eine absichtlich unvollständige Äußerung präsentiert. Gleichzeitig
gibt diese Äußerung der Schülerin weitere Hinweise auf die gewünschte Ant-
wort: „à gauche“ und „une tâche“ (Zeile 10). Zwischen den Elementen macht
die Lehrperson jeweils Pausen, die die Schülerin ungenützt lässt bzw. in denen
sie sich nicht äußert. Was sie aber tut, ist, mit ihrer Körperorientierung, ihrem
Umgang mit dem Schulbuch und v.a. mit ihrem Blick zu demonstrieren, dass sie
– ähnlich wie im ersten Beispiel – ein Seh-Problem hat: Sie kann auch hier das,
was die Lehrerin hören möchte, nicht sehen. Zeilen 12-14 zeigen das ganz deut-
lich: Buch näher ziehen, aufblicken, Kopf schütteln, hinunter blicken. Schließlich
kommt ihr eine andere Schülerin, die aufgezeigt hat, zu Hilfe und zwar auf in-
teressante Weise: Vanessa meldet sich, die Lehrperson erteilt ihr das Wort durch
die Nennung ihres Namens und die Schülerin beantwortet die Frage der Lehrerin
mit „c’e:st une tâche noire“ (Zeile 17), stellt sie aber im selben Atemzug unter
Rückgriff auf ihre L1, Deutsch, in Frage: „aber is des nit des ganz normale
meer?“ (Zeile 17.).
Wie LehrerInnen und SchülerInnen miteinander reden
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Hier treten zumindest zwei Aspekte deutlich zutage: Erstens, dass offensicht-
lich der visuelle Aspekt tatsächlich nicht ganz unproblematisch ist (Ist auf dem
Bild wirklich ein Öleck zu sehen?) und zweitens, dass die Schülerin Vanessa
trotzdem zu wissen glaubt, was hier als ‚richtige’ Antwort gefordert ist. Wie kann
Vanessa dies wissen oder vermuten? Zum einen wohl, indem sie die sich zuspit-
zende Frageweise der Lehrerin, die im Laufe der Sequenz immer deutlicher auf
ein bestimmtes Element abzielt, richtig interpretiert. Und zum anderen vermut-
lich, indem sie mehrere Informationen aus dem größeren pädagogischen Diskurs
kombiniert: den bereits bearbeiteten Lesetext, den das Bild illustriert, das Thema
der Lektion (Ölpest in der Bretagne), die Vokabelliste, die zu lernen war und in
der „tâche noire“ als Vokabel vorkommt, und ihr Wissen über übliche LehrerIn-
nen-SchülerInnen-Interaktion im Fremdsprachunterricht, wonach die Lehrerin
mit der Frage nach der Bildbeschreibung höchstwahrscheinlich das Thema und
Vokabular der Lektion wiederholen möchte.
Es wird in diesem Beispiel eines SchülerInnen-LehrerInnen-Gesprächs deut-
lich, dass eine Detailanalyse von third turns aus IRF/IRE-Sequenzen in ihrer se-
quenziellen Einbettung nicht nur Rückschlüsse über das pädagogische Handeln
und die Zielsetzungen der Lehrperson zulässt, sondern auch über die mindes-
tens ebenso relevanten Fokussierungen der SchülerInnen in der betreffenden
Interaktion, die nicht notwendigerweise durchgehend im Einklang mit jener der
Lehrperson sind (vgl. Fasel Lauzon & Pekarek Doehler 2013).
4. Schlussbemerkung
Wie aus den Analysen deutlich wurde, sind LehrerInnen-SchülerInnen-Interakti-
onen selbst im gewöhnlichen plenaren LehrerInnen-SchülerInnen-Gespräch und
sogar im Anfangsunterricht deutlich komplexer, als es das grobe IRF-Schema
vermuten lassen würde. Lee (2007: 1226) unterstreicht, wie aufschlussreich es
ist, auch die Interaktion im Frontalunterricht detailliert zu beschreiben und zu
analysieren: „While formal categories of classroom discourse give the impressi-
on that teachers and students do the same thing over and over again […], each
and every three-turn sequence involves close interpretive works of understan-
C. Konzett
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ding by the parties to the interaction“. Dieser Beitrag soll daher ein Plädoyer
für ein genaueres Hinsehen und vor allem für eine sequenzielle Analyse von
LehrerInnen-SchülerInnen-Interaktion sein, insbesondere auch deshalb, um das
in der Fachdidaktik verbreitete schablonenhafte Image von IRF/IRE-Sequenzen
in Frage zu stellen und aufzuzeigen, dass hier genauso wie in jeder Interaktion
die Agentivität aller TeilnehmerInnen auch die der SchülerInnen und Ko-
Konstruktion eine tragende Rolle spielen.
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Transkriptionskonventionen
? steigende Intonation
. fallende Intonation
, halbsteigende Intonation
(0.9) gemessene Pause in Zehntelsekunden
les Betonung
LE verstärkte Sprechintensität
no:n gedehnter Laut
°un° leiseres Sprechen
>wie< schnellere Sprechweise
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Tonhöhensprung nach oben
[ ] Überlappung
e- (Wort)abbruch
Non-verbales Handeln wird für jede/n SprecherIn in einer eigenen Zeile be-
schrieben und kursiv gesetzt. Ein für jede/n SprecherIn eigenes Symbol (*, #)
zeigt an, an welcher Stelle in Bezug auf die Sprechzeile eine jeweilige non-verbale
Aktion beginnt bzw. zu Ende ist.
... Während des Zeitraums der Korpuserstellung wurden im FRAISE-Projekt bereits einige explorative Fallanalysen durchgeführt, die zunächst wertvolle Einzelergebnisse liefern, aber auch als Pilotuntersuchungen für größer angelegte, longitudinale Studien fungieren. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf Schüler-Lehrer-Interaktionen im plenaren Setting, einem Interaktionstyp, der in einer Basisstudie (Konzett 2016) Neben den Studien zu Lehrer-Schüler-Interaktionen ist aus FRAISE auch bereits eine Studie zur Kommunikation von Schülern untereinander hervorgegangen. Konzett (2015b) beschreibt in Form einer Einzelfallanalyse die Interaktion von Schülerinnen während eines Grammatik-Brettspiels und zeigt auf, wie die Schülerinnen Artefakte wie den Würfel und die Kegel sowie Rituale wie den Spielablauf dazu nützen, auf sozial möglichst verträgliche Weise mündliche Peer-Assessments durchzuführen. ...
Chapter
Full-text available
Aufgrund der technologischen Entwicklung der letzten Jahre haben Studierende heutzutage zunehmend Zugang zu Medien in englischer Sprache und die Möglichkeit, außerhalb des Englischunterrichtes die Sprache anzuwenden. Zusätzlich erwerben Studierende durch die Verwendung von internetfähigen Endgeräten digitale Kompetenzen. Im gerade abgeschlossenen Projekt habe ich untersucht, wie sich tertiärer Englischunterricht die außeruniversitären Englischaktivitäten der Studierenden nutzbar machen kann, um Sprachfertigkeiten gemeinsam mit digitalen Kompetenzen zu vermitteln. Dabei wurden Fragebogenergebnisse zur Verwendung von sozialen Medien und Englisch, Einstellung zur englischen Sprache und Erfahrung in der Verwendung von sozialen Medien und digitalen Werkzeugen für das Erlernen der Sprache herangezogen. Die Auswertung zeigt drei Erkenntnisse: 1) eine Fokussierung auf rezeptive Sprachfertigkeiten; 2) eingeschränkte digitale Kenntnisse und Fertigkeiten; und 3) die Wichtigkeit von internetfähigen Endgeräten für die Kommunikation in Englisch. Basierend auf diesen Ergebnissen wurde ein Modell, das gleichsam Sprachfertigkeiten und digitale Kompetenzen fördert, entwickelt. Dabei wurden die fünf Sprachfertigkeiten mit fünf für den Sprachgebrauch relevanten, digitalen Kompetenzen zusammengeführt und daraus Vorschläge für die Einbindung von Sprachfertigkeiten gepaart mit digitalen Kompetenzen in die tertiäre Englischlehre entwickelt.
Article
Full-text available
Much of our daily lives are spent talking to one another, in both ordinary conversation and more specialized settings such as meetings, interviews, classrooms, and courtrooms. It is largely through conversation that the major institutions of our society - economy, religion, politics, family and law - are implemented. This is the first in a new series of books by Emanuel Schegloff introducing the findings and theories of conversation analysis. Together, the volumes in the series when published will constitute a complete and authoritative ‘primer’ in the subject. The topic of this first volume is ‘sequence organization’ - the ways in which turns-at-talk are ordered and combined to make actions take place in conversation, such as requests, offers, complaints, and announcements. Containing many examples from real-life conversations, it will be invaluable to anyone interested in human interaction and the workings of conversation.
Book
Based on a synthesis of classroom SLA research that has helped to shape evolving perspectives of content-based instruction since the introduction of immersion programs in Montreal more than 40 years ago, this book presents an updated perspective on integrating language and content in ways that engage second language learners with language across the curriculum. A range of instructional practices observed in immersion and content-based classrooms is highlighted to set the stage for justifying a counterbalanced approach that integrates both content-based and form-focused instructional options as complementary ways of intervening to develop a learner’s interlanguage system. A counterbalanced approach is outlined as an array of opportunities for learners to process language through content by means of comprehension, awareness, and production mechanisms, and to negotiate language through content by means of interactional strategies involving teacher scaffolding and feedback.
Article
As part of the familiar three-turn sequence in pedagogical discourse, the third turn position in classroom talk is considered to play an important role in giving feedback on second turn answers produced by the students. The prior literature relies on functional categories to explain the relationship between teachers' third turn moves and student learning and yet, their analyses often take for granted the local exigencies embedded in the three-turn sequence. In producing the third turn, classroom teachers come to terms with far more local and immediate contingencies than what is projected by blanket terms such as 'evaluation,' 'feedback,' or 'follow-up.' Following Ethnomethodology and Conversation Analysis, this paper examines and specifies the local contingencies that surround the teacher's third turn in order to bring into view the unforeseen range of the method of actions that teachers display. Based on 46 hours of ESL classroom interactions, several collections of talk exchanges are analyzed to demonstrate how the third turn carries out the contingent task of responding to and acting on the prior turns while moving interaction forward. It is in these procedural aspects of interaction that we find the practical enactment of the classroom teachers' pedagogical work.
Article
The fact that the spoken texts of classroom interaction - particularly those involving the teacher with the whole class - are co-constructed relatively smoothly, despite the number of participants involved, suggests that they are organized in terms of standard strategies, embodied in typical forms of discourse that have evolved for responding to recurring types of rhetorical situation (Miller 1984; Kamberelis 1995). That is to say that, like written texts, they can be thought of as being constructed according to one of a set of educational genre specifications. One such rhetorical structure, the ubiquitous 'triadic dialogue' (Lemke 1990), also known as the IRE or IRF sequence (Mehan 1979; Sinclair and Coulthard 1975). It has attracted considerable attention in recent years, and has variously been seen as, on the one hand, essential for the co-construction of cultural knowledge (Heap 1985; Newman et al. 1989) and, on the other, as antithetical to the educational goal of encouraging students' intellectual-discursive initiative and creativity (Lemke 1990; Wood 1992). Drawing on episodes of teacher - whole-class interaction collected during a collaborative action research project, this paper will show, however, that the same basic IRF structure can take a variety of forms and be recruited by teachers for a wide variety of functions, depending on the goal of the activity that the discourse serves to mediate and, in particular, on the use that is made of the follow-up move.
Chapter
Chapter 1, written by the volume's editors, Susan Ehrlich and Alice Freed, provides an overview of the fourteen chapters of this volume and makes its own contribution to the study of questioning in institutional discourse. Ehrlich and Freed discuss various descriptions of questions, provide a working definition of questions that combines functional and sequential dimensions, and review earlier studies of questions in institutional discourse. The description of the chapters is organized around the features of context, which the volume contributors focus on in determining the meaning and function of questions in various settings. The distinctions previously drawn between ordinary and institutional talk are critiqued. The chapter underscores the value of attending to a range of factors in diverse institutional settings for gaining new insights about question meaning and question function.
Article
Several debates have recently addressed complementarities and/or (in)compatibilities between two lines of research concerned with second language interactions: Focus on Form research and conversation analytic work on repair in second language interactions. While our expertise primarily lies in the latter, we follow up on recent calls emanating from the former for more qualitatively oriented analysis. In this paper, we report on a study of correction in naturally occurring French L2 classroom interaction addressing the following question: how is attention focus on form distributed among the participants and interactionally organized across the temporal unfolding of talk? We show the analytic difficulty of determining precisely whose focus we observe in focus on form episodes. The findings substantiate an understanding of attention focus – along with the cognitive orientations of participants – as a process that is interactionally occasioned and organized, and the transformation of which into joint focus hinges on the local contingencies of talk.