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> So gelingt die Personalentwicklung (Teil 2)
Teamtraining zur Integration
ausländischer Mitarbeiter
Renate tew es
Paula Singer, Stationsleitung für zwei chirurgische Stationen mit
insgesamt 64 Betten, hat in der letzten Ausgabe gezeigt, wie sie
eine Mitarbeiterin individuell in ihrer beruf lichen Entwicklung
unterstützt. Dieses Mal möchte sie ihr gesamtes Team entwi-
ckeln. Dabei können Sie sich wieder ganz bildlich vorstellen, wie
alle Teammitglieder am ganzen Körper mit Mullbinden eingewi-
ckelt sind. Diese Mullbinden stehen für beengende Gedanken,
einschnürende Gefühle oder drückende Sorgen. Dem Team war
es bisher nicht gelungen ausländische Pflegefachkräfte zu integ-
rieren. Die neuen Kolleginnen aus Polen, der Türkei und Russ-
land sind alle noch in der Probezeit wieder gegangen und haben
sich für einen anderen Arbeitgeber entschieden. Jetzt wollen sie
sich diesem Thema stellen und miteinander lernen, ausländische
Mitarbeiter in ihr Team zu integrieren.
»
Paula Singer versteht ihre Aufgabe
darin, die einschnürenden Binden
nach und nach zu entwickeln. Das ist
für sie wahre Personalentwicklung.
Denn die Hauptaufgabe bei der Perso-
nalentwicklung liegt darin, Wider-
stände abzubauen, Ängste vor Verän-
derungen zu nehmen, Vorur teile zu re-
duzieren und Sorgen ernst zu nehmen.
Das gelingt Paula Singer, indem sie he-
rausfindet, was auf diesen unsichtba-
ren Binden steht. Erst dann kann sie
diese nach und nach „entwickeln.“
Denn das Entwickeln von Personal ist
eine sehr wichtige Führungsaufgabe,
das weiß auch Paula Singer (Tewes,
2015).
So motivieren Sie Ihr Team
Im Studium hatte Paula Singer bereits
einiges über Personalentwicklung ge-
lernt (Tewes & Stockinger, 2014). So
weiß sie, dass Personalentwicklung
·· Wissen vermitteln,
·· Fähigkeiten entwickeln oder
·· die Einstellung ändern kann (Forsy-
th, 2001).
Um Mitarbeiter anderer Nationen
ernst haft ins Team aufzunehmen und
mit ihnen eine langfristige Zusam-
menarbeit zu planen sind alle drei As-
pekte notwendig. Das Team benötigt
mehr Kenntnisse über andere Kultu-
ren, soll eine interkulturelle Kompe-
tenz entwickeln und eine neue Hal-
tung zeigen, die von Dauer ist.
Damit die Bearbeitung des Themas
nachhaltig w irkt, muss ihr Team ak tiv
in den Prozess einbezogen werden.
Doch Paula Singer sieht auch, dass Hil-
fe von außen nötig ist. Ein Praxisbe-
gleiter wäre gut, der Informationen
zum Thema einbringt, mit den Team-
mitgliedern dazu diskutiert, ihnen
Feedback zu ihrem Verhalten gibt und
sie gleichzeitig ermutigt, neue Dinge
auszuprobieren. Bei ihrer Recherche
stößt sie auf die Methode der Praxis-
entwicklung (Practice Development).
Praxisentwicklung hat zum Ziel die
personenzentrierte Versorgungskultur
zu entwickeln. Hier wird ein Team
durch einen externen Experten beglei-
tet, um die eigene Kultur zu reflektie-
ren und sie gemeinsam systematisch
zu verändern (Shannon & McCormack,
2014).
Paula Singer benötigt also für ihr
Team einen geeigneten Moderator und
finanzielle Unterstützung für diesen
Beratungsprozess. Sie erkundigt sich
bei den Hochschulen, welche Projekte
es gerade zum Umgang mit ausländi-
schen Mitarbeitern gibt und berichtet
ihrer Vorgesetzten Pflegedienstleitung
von ihrer Projektidee. Ihre PDL zeigt
sich interessiert, da dieses Thema für
die Zukunft von Bedeutung ist. Ge-
meinsam überlegen sie, inwieweit d ie-
ses Projekt ein Vorreiter für a ndere Ab-
teilungen sein könnte und damit ein
größeres Budget rechtfertigen würde.
Bei verschiedenen Stiftungen werden
darüber hinaus Projektgelder bean-
tragt. Und an der nahegelegenen Hoch-
schule zeigt eine Pflegewissenschaft-
lerin türkischer Abstammung Interes-
se am Projekt.
Paula Singer besucht diese Pflege-
wissenschaftlerin in der Hochschule,
um ihre Projektidee und die Methode
der Praxisentw icklung zu besprechen.
Beide werden sich schnell einig, dass
sie das Projekt miteinander angehen
möchten. Die Hochschule ist sogar be-
reit, ihre Mitarbeiterin für 3 Stunden
pro Woche für d ieses Projekt frei zustel-
len.
Aus den beantragten Stiftungsgel-
dern hat sich bisher nichts ergeben. Die
Finanzierung der restlichen Stunden-
anteile von 5 Stunden pro Woche über-
nimmt die Klinik. Die Hälfte ent-
stammt dem Fortbildungsbudget und
die andere Hälfte einem Sondertopf,
den die Geschäftsführung hierfür er-
öffnet hat. Somit sind für die Dauer
von sechs Monaten die Zu- und Mitar-
beit der Praxisbegleiterin gesichert.
Bis das Projekt beginnen kann, ver-
gehen fünf Monate. In der Zwischen-
zeit hat Frau Singer ihre Teammitglie-
der mit ihren Aktionen auf dem Lau-
fenden gehalten und sie gebeten, sich
schon mal vorzubereiten. Die Aussicht
mit einer Expertin zusammen zu ar-
beiten, motiviert das Team sehr.
Die erste Phase der Bedarfsermitt-
lung war i n einer Teamsitz ung gesche-
PFLEGEPRAXIS
36 Pflegezeitschrif t 2018, Jg. 71, Heft 10
hen (Tewes, 2018: 29). Als Ziel (Phase 2)
hatte sich das Team gesetzt, ausländi-
sche Mitarbeiter zu integrieren. Nun
ging es an die dritte Phase des kreati-
ven Gestaltens (Becker, 2013). Paula
Singer regte h ierzu a n, dass alle mal re-
cherch ieren, was ihnen zum Thema in-
terkultureller Zusammenarbeit in die
Hände fällt. Alle vier Wochen wurden
auf einer Teamsitzung die dazu gesam-
melten Ergebnisse vorgestellt und dis-
kutiert. Erstaunlich, was alles zusam-
men kam:
··
So wurde für Berlin ein Partizipa-
tions- und I ntegrationsgesetz entwi-
ckelt, dass alle Beschäftigten der
Berliner Verwaltung verpflichtet,
sich in interkultureller Kompetenz
weiterzubilden, und das Land ent-
sprechende Qualifizierungsmaß-
nahmen sicher zu stellen hat (Part
-
IntG § 3).
··
In Norwegen wurde u ntersucht, wie
philippinische Pflegefachkräfte im
Pflegeheim besser integriert werden
können. Bei diesem Projekt wird
deutlich, dass sich immer beide Kul-
turen aufeinander zubewegen müs-
sen, um voneinander zu lernen (Ba-
luyot, 2014).
··
Die Forschungen von Geert Hofstede
(1993) stießen im Team auf großes
Interesse, wie er die Kulturen aus
verschiedenen Ländern vergleicht.
Hierzu hat er sechs Dimensionen
entwickelt, in denen die jeweiligen
Länder untersucht werden. Im Inter-
net finden sich viele Vergleichstabel-
len verschiedener Länder. Ein Team-
mitglied hat die Vergleiche von
Deutschland und Russland mitge-
bracht. Und gemeinsam wird nun
gerätselt, ob sie eine Erklärung fin-
den, war um die neue Kollegin A nas-
tasia aus Russland so schnell wieder
gegangen sind. Anastasia war vom
Team damit konfrontiert worden,
dass sie ein fach eine sinn lose Anord-
nung des Mediziners ausführte,
ohne diese kritisch zu hinterfragen.
Anastasia hatte nicht verstanden,
dass sie dem Arzt hätte widerspre-
chen sollen, als dieser bei einer sehr
adipösen Patientin anordnete, dass
ihr die Beine zu wickeln seien, um
eine Thrombose zu verhindern. Für
diese Patientin gab es maßgesc hnei-
derte Strümpfe, die den Vorteil hat-
ten, nicht einzuschneiden. Die Bin-
den rutschten bei dieser unruhigen
Patientin schnell runter und schnit-
ten ein. Im interkult urellen Test ran-
giert Russland mit einem Score von
93 am extremen oberen Ende der
Skala Machtdistanz, während
Deutschland ganz am anderen Ende
mit 35 scored. Das bedeutet, dass
Deutsche wenig bereit sind, unglei-
che Machtverhältnisse zu akzeptie-
ren, während es in Russland hinge-
nommen wird, das sich beispiels-
weise 80% des Finanzvolumens auf
Moskau konzentriert und somit we-
nig für den Rest des riesigen Landes
übrigbleibt. Und Vorgesetzten i st Fol-
ge zu leisten. Da s Team versteht nun,
dass sie von Anastasia etwas für sie
Unmögliches verlangt haben. Es
wird k lar, was Hofstede meint, wen n
er sagt: „Nationalitität definiert die
Realität ei ner Organisation“ (Hofste-
de, 2010: 337).
··
Diversity M anagement ist ein Teilge-
biet der Personalentwicklung und
lässt sich mit Vielfaltsmanagement
übersetzen. Ziel von Diversity Ma-
nagement ist die Verhinderung der
Diskriminierung von sozialen Min-
derheiten. Hiermit können andere
Kulturen gemeint sein, aber auch
andere wahrnehmbare Unterschie-
de wie Geschlecht, Alter, sexuelle
Orientierung, Behinderung oder Le-
bensstil. Im Rahmen zunehmender
Globalisierung schreiben sich im-
mer mehr Firmen auf ihre Fahne,
dass sie Vielfalt umfassend stärken
wollen. Es gibt sogar eine C harta, bei
der sich Organisationen zur Umset-
zung von sec hs verschiedenen State-
ments verpflichten, um ein Arbeits-
umfeld zu schaffen, das frei von Vor-
urteilen ist (www.charta-der-viel-
falt.de).
··
Ein Teammitglied fand einen Test,
der die kulturellen Vorlieben im Ar-
beitskontext ermittelt. Dabei han-
delt es sich um den Online-Fragebo-
gen Intercultural Preference Tool
(IPT), der seit 2008 in deutscher Spra-
che vorliegt. Nach dem Ausf üllen be-
kommt man ein 15seitiges Gutach-
ten mit einer Auswertung zu sieben
verschiedenen Skalen (z.B. Bezie-
hung oder Sachorientierung, Um-
gang mit Ungew issheit, direkte oder
indirekte Kommunikation). Außer-
dem werden die Ergebnisse mit Re-
sultaten aus sechs verschiedenen
Ländern verglichen.
··
Beim Bundesmini sterium für M igra-
tion und Flüchtlinge findet sich fol-
gende Defin ition: „Integration ist ein
© R. Tewes (Symbolbild mit Fotomodell(en))
PFLEGEPRAXIS
37
Pflegezeitschrift 2018, Jg. 71, Heft 10
langfristiger Prozess. Sein Ziel ist es,
alle Menschen, die dauerhaft und
rechtmä ßig in Deutschl and leben, in
die Gesellschaft einzubeziehen. Zu
-
gewanderten soll eine umfassende
und gleic hberechtigte Teilhab e in al-
len gesellschaftlichen Bereichen er-
möglicht werden.“ (www.bamf.de)
Dem Team macht es Spaß, so viele As-
pekte zur interkulturellen Kompetenz
zusammen zu tragen. Sie werden nun
auch im Privatleben hellhörig, wenn
es um die Integration von Ausländern
geht und machen sich gegenseitig auf
Artikel oder Radiosendungen auf-
merksam. Alles wird gesammelt und
kommt in ei nen Ordner, der f ür alle zu-
gänglich ist. Als hilfreich erwies sich
das Buch „Einfluss nehmen“ von Elea-
nor Sullivan (2016). Viele der Teammit-
glieder hatten es gelesen und übten
sich darin ihren Einfluss geltend zu
machen. Je mehr sie sich selbst als ein-
flussreich erlebten, desto besser konn-
ten sie anderen ihren Freiraum zuge-
stehen. Ein schöner Effekt, der die Inte-
gration anderer Menschen erleichtert.
Paula Singer nutzt die Teamsitzun-
gen, um über die Methode Praxisent
-
wicklung zu berichten und das Team
auf die Zusammenarbeit mit der Pfle-
gewissenschaftlerin von der Hoch-
schule vorzubereiten. Sie wird nicht
müde, sich fü r jede eingebrachte Infor
-
mation bei dem jeweiligen Mitarbeiter
persönlich zu bedanken. Damit unter-
streicht sie die Bedeutung der Aktion
und motiv iert ihr Team am Ball zu blei-
ben. Auch ihr Bild, dass Teamentwick-
lung mit dem entwickeln von alten
Binden verglichen wird, kommt gut
an.
Die Methode der Praxis-
entwicklung
Die Methode der Praxisentwicklung
stammt aus Großbritannien und hat
sich bei vielen Veränderungsprozessen
bewährt (Manley et al, 2008). So wur-
de beispielsweise in Irland mit diesem
Verfahren eine personenzentrierte
Sterbebegleitung in Akut- und Rehabi-
litationsklin iken entwic kelt (Shannon
& McCormack, 2014). In Australien
wurde mit dieser Methode ein Orien-
tierungsprogramm für Mitarbeiter
entwickelt, die beruflich in die Not-
fall ambulanz oder auf die Intensivs ta-
tion wechse ln möchten (Thoms, 2008).
Und ebenfalls in Aust ralien wurde m it
dem Verfahren der Praxisentw icklung
ein zweijähriges Einführungspro-
gramm für Fü hrungskrä fte in der Pfle-
ge entwickelt, welches Webinars, Ein-
zelcoaching, Workshops, Fragebogen
und andere Methoden einschließt.
Dieses Projekt „Take the Lead“ wurde
staatlich gefördert (www.health.nsw.
gov.au).
Ziel der Pra xisentwic klung ist es, die
Kultur des Teams nachha ltig zu verän-
dern. Dabei hilft ein Praxisbegleiter,
der sich authentisch auf die Individu-
en eines Teams ein stellt und seine per
-
sönlichen Qualitäten und kreative
Imagination mit praktischem Wissen
verbindet. Die dadurch möglichen
Lernprozesse verändern das Team in
seiner Einstellung und dem Verhalten.
Der Praxisbegleiter füttert das Team
mit Informationen, stellt aber mehr
Fragen, um d as Team zur Selbs treflexi-
on anzuregen. Bei der Praxisentwick-
lung steht die Eigenverantwortung
und positive Gruppendynamik des
Teams im Vordergrund. Der Praxisbe-
gleiter fungiert als Experte, Mentor,
Coach, Berater aber vor allem als Be-
gleiter im Prozess. Empowerment ist
hier das Zauberwort und meint, dass
der Praxisbegleiter an die Fähigkeiten
und das Wissen der Mitarbeiter an-
dockt und sie ermutigt, neue Wege zu
gehen (Man ley et al, 2011). Es wechse ln
sich also immer wieder Phasen des Ide-
ensammelns, der Diskussion, des Aus-
probierens, des Erfahrungsaustaus-
chens und des Neuentscheidens ab.
Das Lernen bleibt dabei nicht auf eine
intellektuelle Ebene beschränkt, son-
dern bearbeitet auch die auommen-
den Gefühle. So können Widerstände
erkannt, Ängste besproc hen oder freu-
dige Erfahrungen ausgetauscht wer-
den. Gemeinsam werden Strategien
zur Umsetzung geplant und durchge-
führt bis das Team zufrieden ist und
das Ziel erreicht wurde.
Als die türkische Pflegewissen-
schaftlerin der Hochschule mit dem
Team die gemeinsame Arbeit beginnt,
ist der größte Widerstand gegen das
Projekt bereits überwunden. Alle 14
Tage werden sich Team und Praxisbe-
gleiterin treffen. Der erste Schritt, auf
den sie sich nun einigen ist, dass jedes
Teammitglied mit einem Mitarbeiter
ausländischer Herku nft aus der Klinik
ein Inter view führ t und hier insbeson-
dere die Anfangszeit betrachtet wird,
die den beruflichen Einstieg in der Kli-
nik beschreibt. Von der Pflegewissen-
schaftlerin erhalten alle noch die An-
regung, für sich etwas Persönliches
über die Kultur des Interviews in Er-
fahrung zu bringen. Zwei Teammit-
glieder sind bereit, sich mit Paula Sin-
ger zusam men zu setzen, um einen In-
terviewleitfaden zu entwickeln. Dieser
wurde an die Praxisbegleiterin ge-
mailt, die noch mal darüber schaut
und ein Feedback gibt, bevor dann alle
ins Interview gehen. Der Leitfaden
sieht sechs Fragen vor:
1.
Bitte beschreiben Sie Ihre Anfangs-
zeit hier in der Klinik. Wie sind Sie
vom Team/dem Vorgesetzten/der
Organisation aufgenommen wor-
den?
·· Was hat Ihnen dabei gefallen?
··
Was hat Ihnen am Anfang nicht
gefallen?
2.
Was waren Ihre Erwartungen an
diese Arbeitsstelle? Wurden Sie er-
füllt?
3.
Was können wir in Deutsch land von
dem Gesundheitswesen Ihres Lan-
des lernen?
4.
Worin sehen Sie Vorzüge im deut-
schen Gesundheitswesen?
5. Was ist notwendig, damit Integrati-
on neuer ausländischer Mitarbeiter
in unserer Klinik gut funktioniert?
6.
Über welche Anfangsfehler, die auf
kulturbedingte Missverständnisse
zurück zu führen sind, können Sie
heute lachen?
Das Team macht sich mit dem Praxis-
begleiter auf d ie Reise, ohne zu wissen,
was es konk ret erwartet. Während d as
Ziel steht, h ier die Verbesserung der In-
tegration neuer ausländischer Mitar-
beiter, ist der Weg dorthin offen. Dabei
werden natürlich jede Menge Binden
bei den Mitarbeitern entwickelt. Auf
einigen stehen Vorurteile, auf anderen
die Angst vor dem Fremden. Für jedes
Thema, was bearbeitet wird, wird als
Erinnerung eine Mullbinde ins Regal
im Dienstzimmer gestellt und be-
schriftet. Zu lesen ist bisher:
·· Vorurteil, dass alle türkischen Frau-
en bei ihren Entscheidungen von ih-
ren Ehemännern abhängig sind
··
Angst vor Mehrarbeit, da ausländi-
sche Mitarbeiter eine längere Einar-
beitung benötigen
··
Sorge, dass die Fehlerrate durch
Missverständnisse zunimmt
PFLEGEPRAXIS
38 Pflegezeitschrif t 2018, Jg. 71, Heft 10
··
Das Projekt ist noch nicht abge-
schlossen, aber auf einem guten
Weg. Das Team stellt sich mutig sei-
nen einschnürenden Binden und be-
freit sich zusehends.
Erkenntnis des Teams
Die bisherigen Reflexionsprozesse ma-
chen deutlich, dass es eine völlig fal-
sche Vorstellung von der Integration
ausländischer Kollegen gab. Das Team
war davon ausgegangen, dass sich die
neue Kollegin vor allem unterzuord-
nen und an zupassen hatte. In einer Be-
sprechung mit der Praxisanleiterin
formulierte ein Teammitglied „wenn
wir eh rlich sind, er warten wir von Kol-
legen aus anderen Ländern, dass sie
sich uns völlig unterwerfen“. Das hat-
te alle nachdenklich gestimmt und
eine große Diskussion ausgelöst. Mitt-
lerwei le weiß jeder im Team, dass man
auf jeden neuen Mitarbeiter aktiv zu-
gehen muss. Es ist wichtig, Neugier zu
zeigen und bereit zu sein, von dem
neuen Kollegen über ihn und über sei-
ne Kultur lernen zu wollen.
Paula Singer arbeitet derzeit mit ih-
rem Team an der Frage, wie es gelingen
kann, aus der Sorge vor Mehrarbeit
durch neue ausländische Mitarbeiter
herauszukommen und stattdessen
eine Haltung der Neugier und Vorfreu-
de auf diesen Men schen mit seiner Ge-
schichte und seiner Kultur zu entwi-
ckeln . Um diese Gef ühle (von Sorge zur
Neugier) zu verändern, ist ein Refra-
ming notwendig – die Methode einer
gedanklichen Umdeutung. Einem be-
stimmten Inhalt wird eine neue Be-
deutung zugeschrieben. Keine leichte
Aufgabe, aber eine schöne Herausfor-
derung. Die türkische Praxisbegleite-
rin ist dabei eine große Unterstützu ng.
Literatu r
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ty/20160412_Diversitaetsmerkmale_Boomer_
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Autorenkontak t:
Prof. Dr. Renate Tewe s ist aus-
gebildete Krankenschwester,
Dipl.-Psychologin, Pflegewissen-
schaf tlerin und Business Coach.
E-Mail: tewes@crown-coaching.
de
PFLEGEPRAXIS
39
Pflegezeitschrift 2018, Jg. 71, Heft 10
Kompaktes und
praxisbezogenes
Nachschlagewerk
M. Winkhardt
Das Herzkatheterlabor
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Pflegefachpersonal
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