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PERIPHERIE Nr. 150/151, 38. Jg. 2018, https://doi.org/10.3224/peripherie.v38i2.02, S. 151-177
Wolfram Schaffar & Aram Ziai
Reaktionäre Alternativen zur „Entwicklung“?
Zur Rehabilitierung der Post-Development-
Konzepte in Thailand und im Iran
K eywords: post development concepts, Thailand, Iran, suffi ciency economy,
gharbzadegi-occidontosis, reactionary governments
Schlagwörter: post-development-Konzepte, Thailand, Iran, Suffi zienzwirt-
schaft, gharbzadegi-Okzidontose, reaktionäre Regierungen
Seit nunmehr einem Vierteljahrhundert geht unter dem Namen post-deve-
lopment ein Gespenst in der Entwicklungstheorie um (Ziai 2015). Während
die klassischen post-development-Texte ihren Fokus primär auf Mexiko,
Kolumbien und Indien richteten (Esteva 1995; Escobar 1995; Shiva 1989)
und die neuere Debatte um buen vivir v.a. Ecuador und Bolivien in den
Blick nahm1, lassen sich alternative, auf nichtwestliche Traditionen Bezug
nehmende Vorstellungen einer guten Gesellschaft auch in zahlreichen ande-
ren Ländern fi nden. Zwei davon möchten wir in unserem Beitrag genauer
betrachten. Allerdings möchten wir im Unterschied zu den klassischen
Beispielen hierbei Fälle untersuchen, in denen die Alternativkonzepte nicht
von oft als links angesehenen Basisbewegungen, sondern von politisch
rechts stehenden Regierungen vertreten werden: Thailand und Iran. Diese
Fallauswahl scheint zu der These zu passen, dass post-development letztlich
ein reaktionäres, rückwärtsgewandtes Konzept sei. Dieser These möchten
wir widersprechen. Unsere Zielsetzung im vorliegende Beitrag ist es, die
Instrumentalisierung antiwestlicher entwicklungskritischer Konzepte in den
untersuchten Ländern durch reaktionäre Regierungen zu analysieren, ohne
ihren emanzipatorischen Gehalt zu übersehen – letztlich zielen wir auf eine
Rehabilitierung von vermeintlich rückwärtsgewandten post-development-
Konzepten ab. Was darunter zu verstehen ist und wer die erwähnte These
vertritt, erläutern wir im folgenden Abschnitt. Danach wenden wir uns den
Fallstudien zu.
1 Acosta 2009; Fatheuer 2011; Gudynas 2012; s. auch PERIPHERIE, Nr. 149.
152 Wolfram Schaffar & Aram Ziai
Post-development
als reaktionäre Eliten-Ideologie?
Post-development ist in der entwicklungstheoretischen Debatte überwie-
gend kritisch rezipiert worden.2 Verbreiteter Tenor ist, dass „Entwicklung“
hier zu monolithisch konzipiert und daher zu Unrecht verteufelt werde.
Die Kritik am Eurozentrismus und den Machtverhältnissen zwischen ver-
meintlich „Entwickelten“ und „weniger Entwickelten“ wird jedoch in aller
Regel (meist implizit) geteilt (Ziai 2017). Aus marxistischer Perspektive
sind post-development-Ansätze als eine romantisierende, neo-populistische
Kapitalismuskritik kritisiert worden. Ihre Kritik beziehe sich lediglich auf
multinationale Konzerne, während einheimische KapitalistInnen verschont
würden und sowohl Klassenverhältnisse wie auch Nationalismus stillschwei-
gend akzeptiert würden (Brass 2000: 148f). Am konkreten Beispiel Indiens
argumentiert Meera Nanda, dass post-development-Konzepte mit ihrer Kritik
an Agrarkonzernen, industrieller Landwirtschaft und westlicher Technologie,
ihrer Wertschätzung des Lokalen und der Forderung einer Rückbesinnung auf
eigene kulturelle Traditionen und Wissensformen als Mobilisierungsideologie
ländlicher Eliten dienten. Die anti-imperialistische Rhetorik der so geprägten
Bauernbewegungen aus unterschiedlichen politischen Spektren erlaube es
diesen Eliten, durch die Betonung des Konfl ikts zwischen indischer Dorfge-
meinschaft und westlichen Agrarmultis von jenem zwischen wohlhabenden
Bauern/Bäuerinnen und landlosen ArbeiterInnen abzulenken: die Spaltungen
entlang von Klasse und Kaste würden so zugunsten einer kulturellen Spal-
tung zwischen Indien und dem Westen verschwinden (Nanda 1999: 12, 19f).
Gerhard Hauck (2012: 82f, 87f) wirft in diesem Zusammenhang dem post-
development ein substanzialistisches und harmonistisches Kulturkonzept
sowie eine Vernachlässigung materieller Faktoren vor.
Im Hinblick auf diese Kritik ist in der Debatte um post-development
eine Differenzierung eingefordert worden (Ziai 2006: Kap. 8). Zunächst
einmal ist festzuhalten, dass die Bezeichnung „neo-populistisch“ mit Björn
Hettne (1995: 117f) die Verteidigung der territorialen Gemeinschaft gegenüber
der industriellen Wachstumsgesellschaft kapitalistischer, aber auch sozialisti-
scher Prägung beinhaltet, gekoppelt mit einem Fokus auf landwirtschaftliche
Produktion und dem Widerstand gegen den Nationalstaat, ergänzt um öko-
logisches Bewusstsein und die Ausrichtung auf eine gerechte Weltordnung.
Die Vorwürfe einer Verklärung kultureller Traditionen, einer pauschalen
Zurückweisung der Moderne, eines statischen Kulturkonzepts und einer
Vernachlässigung von Herrschaftsverhältnissen innerhalb der als Alternative
zum globalen Kapitalismus propagierten lokalen Gemeinschaften sind jedoch
2 V.a. Corbridge 1998; Nederveen Pieterse 1998; Kiely 1999; Blaikie 2000.
Reaktionäre Alternativen zur „Entwicklung“? 153
nur zum Teil zutreffend. Zwar fi nden sich im post-development tatsächlich
genau diese Elemente (z.B. Esteva & Prakash 1998: 2, 141; Alvares 1992: 150;
Rahnema 1997). Andererseits fi ndet sich auch explizite Zurückweisung der
Vorstellung einer idyllischen Vormoderne und einer harmonischen Dorfge-
meinschaft und eine Betonung der Hybridisierung von traditionellen und
modernen Elementen (z.B. Escobar 1995: 99ff, 170; Rist 1997: 137, 243ff;
Nandy 1988: 11f). Daher muss zwischen neo-populistischen und skeptischen
Varianten des post-development unterschieden werden (Ziai 2004). Wir
möchten im Folgenden diese Unterscheidung aufgreifen und anhand der
alternativen Konzepte und Praktiken in Thailand und dem Iran den Fragen
nachgehen, 1) inwiefern die als neo-populistisch bezeichneten Charakteris-
tika auf diese Konzepte zutreffen; 2) inwiefern sie als Ideologie reaktionärer
Eliten fungieren und 3) inwiefern sie einen emanzipativen Gehalt aufweisen.
Thailand: Suffi zienzwirtschaft
Prayuth Chan-Ocha, der gegenwärtige Premierminister von Thailand,
widmete das gesamte Jahr 2016 der Förderung alternativer Entwicklungs-
paradigmen: Thailands Vorsitz der G77 nutzte er, einen Süd-Süd-Dialog
zu alternativen Entwicklungsmodellen voranzutreiben, und neben buen
vivir und gross national happiness (s. Dallmer in diesem Heft, S. 317ff) das
thailändische Konzept der Suffi zienzwirtschaft (suffi ciency economy/setakit
phophien) – ein buddhistisch inspiriertes lokales Entwicklungsmodell – als
Mittel zur Erreichung der nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs) anzuprei-
sen.3 Dazu stellte er seine wöchentlichen Video-Ansprachen unter den Titel
„Suffciency Economy for Sustainable Development Goals“ und erklärte –
an die thailändische Bevölkerung gerichtet und in englischer Übersetzung
auch über die thailändischen Botschaften verbreitet – seine Vision von
Entwicklung. Gewöhnlich stellte er dabei einzelne Entwicklungsprojekte
vor und bettete sie in philosophisch-weltanschauliche Allegorien ein. Seine
Rede von Dezember 2016 entlarvt sein Bekenntnis zur Nachhaltigkeit und
Suffi zienzwirtschaft als autoritäres Herrschaftsprojekt.
„Ein Ökosystem besteht aus großen Tieren, kleinen Tieren, Insekten, sogar
die Moleküle gehören dazu.. All diese Dinge müssen in einem harmonischen
Gleichgewicht sein. Wenn wir verstehen, wie ein Ökosystem funktioniert, ist
es auch nicht schwer zu verstehen, wie eine Gesellschaft aufgebaut sein sollte.
Heutzutage fi nden wir unterschiedliche Gruppen mit unterschiedlichen
Berufen: Manche Berufe erfordern mehr Wissen, während andere mehr
3 Der Name „suffi ciency economy“ wurde von König Bhumipol geprägt, was bereits auf den
komplexen Prozess der Kooptierung verweist.
154 Wolfram Schaffar & Aram Ziai
[praktische] Erfahrung brauchen. [...] Das zeigt, dass es Unterschiede gibt – in
der Gesellschaft, im Einkommen [...].“ (Prayuth, 30.12.2016)
4
Prayuth ist 2014 mit einem Militärputsch an die Macht gekommen. Seit-
her regiert das Militär mit eiserner Hand – das ostentative Bekenntnis zu
SDGs und die Förderung eines buddhistischen Konzepts der Suffi zienz und
Bescheidenheit gehört zum Instrumentarium, mit dem Prayuth sich interna-
tional Legitimität verschafft. Nach innen nutzt er den Aufruf, „seinen Platz
in der Gesellschaft zu kennen“, um vor dem Hintergrund massiver sozialer
Ungleichheit Forderungen nach Demokratie, Verteilungsgerechtigkeit und
Teilhabe zurückzuweisen. Die Naturalisierung sozialer Ungleichheit, gepaart
mit den autoritären Regierungsformen, zeigt Anklänge eines faschistischen
Herrschaftsprojekts.
Thailand stellt damit ein besonders krasses Beispiel der Verwendung
alternativer Entwicklungsvorstellungen zur Absicherung eines autoritären
Herrschaftsprojekts dar. Es handelt sich jedoch nicht einfach um einen
Einzelfall: Die versuchte Vereinnahmung von buen vivir und anderen post-
development-Konzepten und der Anschluss an SDG-Debatte sind vor dem
Hintergrund der weltweiten Ausbreitung autoritärer Herrschaftssysteme ein
alarmierender Befund. Das Projekt der thailändischen Regierung hat das
Potenzial, die gesamte Denk-Richtung post-development zu diskreditieren.
Das Konzept der Suffi zienzwirtschaft wird in verschiedenen Diszipli-
nen und epistemischen Gemeinschaften in sehr unterschiedlicher Weise
diskutiert. In Thailand selbst gibt es eine staatliche Publikationsindustrie,
die seit 1997 Hochglanzbroschüren und Handbücher, Erziehungsleitfäden,
Leitfäden für Thailands Entwicklungszusammenarbeit etc. herausgibt und
massenhaft verbreitet.5 Hierbei handelt es sich um rein affi rmative und nor-
mative Darstellungen. In einer ähnlich unkritischen Art wird das Konzept
von einer kleinen, international vernetzten Gruppe von WissenschaftlerInnen
aus dem Umfeld buddhistischer Ökonomie diskutiert, die eher einem reli-
giösen Impetus verpfl ichtet sind, so z.B. die Buddhist Economics Research
Plattform6 oder das Schumacher Institute for a New Economics7, ferner auch
4 http://thaiembdc.org/2017/01/06/from-the-suffi ciency-economy-philosophy-to-sustainable-
development-goals-december-30-2016/, letzter Aufruf: 4.7.2018.
5 TICA o.J.; Offi ce of the National Economic and Social Development Board, Suffi ciency
Economy Movement Sub-Committee 2007; Thai Chamber of Commerce 2010; Offi ce of
the Prime Minister, Foreign Offi ce, Public Relations Department 2011; Avery & Bergsteiner
2016; Wibulswasdi u.a. 2016; Ministry of Foreign Affairs 2017.
6 Dieses Netzwerk hat einige internationale Konferenzen veranstaltet, auf denen u.a. die
thailändische Suffi zienzwirtschaft diskutiert wurde (2007 in Budapest, 2012 in Brüssel);
http://inebnetwork.org/the-buddhist-economics-research-platform/, letzter Aufruf: 4.7.2018.
7 http://www.centerforneweconomics.org/buddhist-economics, letzter Aufruf: 4.7.2018.
Reaktionäre Alternativen zur „Entwicklung“? 155
Istvan Rado, Seri Phongphit & Nathaniel Long (2013) oder Gayle C. Avery
& Harald Bergsteiner (2016).
Neben diesen normativ erzieherischen oder religiös apologetischen
Werken wird Suffi zienzwirtschaft in politikwissenschaftlichen und regio-
nalwissenschaftlichen Arbeiten zu Thailand diskutiert, in denen aus einer
kritisch-sozialwissenschaftliche Perspektive der augenfällig politische
Charakter des Paradigmas der Suffi zienzwirtschaft im Zentrum steht.8
Das gegenwärtige autoritäre Regime in Thailand sichert sich über
den Paragraphen der Majestätsbeleidigung ab, der jede Form von Kritik
an der Monarchie mit drakonischen Strafen belegt. Da das Konzept der
Suffi zienzwirtschaft von König Bhumibol Aduljadej (1927-2016) geprägt
wurde und eng mit seinem Wirken verbunden ist, ist eine wissenschaft-
liche Auseinandersetzung – d.h. eine auf empirische Untersuchungen
basierende kritische Analyse – innerhalb Thailands nicht möglich. Selbst
WissenschaftlerInnen im Ausland, die wie die oben zitierten eine kritische
Analyse veröffentlichen, werden belangt und günstigenfalls wird ihnen
die Einreise verwehrt.
Die gegenwärtigen systematischen Verzerrungen in der Wahrnehmung
des Konzepts – mit staatlich fi nanzierten oder buddhistisch geprägten apo-
logetischen Publikationen auf der einen und kritischen sozialwissenschaft-
lichen, jedoch meist wenig empirisch basierten Arbeiten auf der anderen
Seite – erschweren seine Einordnung in einen größeren historischen Kontext.
In Thailand gibt es nämlich eine lange und reiche Tradition von Graswur-
zelinitiativen und Netzwerken, in denen alternative Entwicklungskonzepte
diskutiert und praktiziert werden: alternative Landwirtschaftsprojekte,
Lokalwährungen, lokale Gemeinschaften, die buddhistische alternative
Ökonomie praktizieren. Die meisten dieser Initiativen fristeten und fristen
über lange Zeit hinweg eher ein Nischendasein. Manche dieser Netzwerke
und Initiativen sind jedoch innerhalb dieser Nischen sehr erfolgreich und
sichern die Versorgung von mehreren tausend Haushalten (Heis 2013). Oft-
mals gehen sie auf lokale kulturelle Traditionen zurück, die Ernst Friedrich
Schumacher (1953) in seinem Klassiker Small is beautiful beschrieben hat
und können mit Arturo Escobar (1995) und Eduardo Gudynas (2012) als
Alternativen charakterisiert werden, die nicht nur eine spezifi sche Form
von Entwicklung zurückweisen, sondern auch fundamentale Annahmen
von Entwicklung wie z.B. Wachstum infrage stellen.
8 Bell 2008; Elinoff 2012 & 2014; Glassman 2008; Hewison 2008; Isager & Ivarsson 2008;
Rigg 2016; Rossi 2012; Unger 2009; Walker 2008a & b.
156 Wolfram Schaffar & Aram Ziai
Radikale Bauernbewegungen
Wie in vielen anderen Teilen der Welt ging die Integration Thailands in den
Weltmarkt mit der Durchsetzung zentralisierter Produktionszusammenhänge,
der Zerstörung kommunaler Lebensgrundlagen und Landkonfl ikten einher.
In Thailand vollzog sich dieser Wandel in einer besonders gewaltförmigen
Weise, da das Land eine wichtige strategische Rolle im Kalten Krieg spielte
(Heis 2013: 23; Pye 2005). Widerstand von LandwirtInnen im Norden und
Nordosten wurde mit einer doppelten Strategie von offener militärischer
oder paramilitärischer Gewalt und Entwicklungsprogrammen begegnet.
Die dominanten Akteure in diesem Feld waren die Armee, verschiedene
Ministerien – von denen manche von der Armee kontrolliert wurden, wie
z.B. das Forstministerium und das Internal Security Command – und das
National Economic Development Board, das seit 1950 aufeinander folgende
nationale Entwicklungspläne veröffentlichte.
Dieses „development encounter“ (Escobar 1995) manifestierte sich in
großangelegten Infrastrukturmaßnahmen wie Dämmen, Landkonfi szierun-
gen für Plantagen oder Naturparks, aber auch zunehmend industrialisierter
Landwirtschaft, die bei schwankenden Weltmarktpreisen zu hoher privater
Verschuldung der kleinen und mittleren landwirtschaftlichen Betriebe führte.
Widerstand artikulierte sich in Form von starken Bauernbewegungen wie
den Small-Scale Farmers of Isan, die dem Muster von Bauerngewerkschaf-
ten anderer Länder des Südens folgte (Somchai 2006). Tom Brass (1995)
diskutiert die sog. Alten Bauernbewegungen mit gewerkschaftlichen Orga-
nisationsstrukturen vor dem Hintergrund des Aufstiegs Neuer Bauernbewe-
gungen in Indien und Lateinamerika, die alternativen, manchmal indigenen
Organisationsprinzipien folgen (Veltmeyer 1997; Brass 2005). In Thailand
war der Übergang zwischen beiden Bewegungsformen fl ießend: Die „alten“
Bauerngewerkschaften waren den Kooptierungsstrategien des Staates aus-
gesetzt und wurden zur Zielscheibe von militärischer und paramilitärischer
Repression. Auf diese Repression und Unterwanderung reagierte das Forum
der Armen (Assembly of the Poor) – ein Netzwerk von Kleinbäuerinnen/-bau-
ern und Kleinfi scherInnen, die von großen Infrastrukturmaßnahmen betroffen
waren – indem es sich eine fl ache Organisationsstruktur und strikt konsens-
orientierte Entscheidungsformen mit imperativen Mandaten gab, die an die
Organisationsformen der Zapatistas in Mexiko erinnern.9
Für manche dieser neuen Bewegungen war die Kooperation mit den Intel-
lektuellen entscheidend, v.a. mit StudentInnen, die nach der Niederschlagung
der Demokratiebewegung in Bangkok 1976 in den Dschungel gefl ohen
9 Missingham 2003; Somchai 2006; Pye 2009; Schaffar 2011.
Reaktionäre Alternativen zur „Entwicklung“? 157
waren, um sich dort dem bewaffneten Widerstand der Kommunistischen
Partei Thailands anzuschließen. Nach einer Amnestie 1977 nahmen sie
ihre politische Arbeit als lokale AktivistInnen auf (Pasuk & Baker 2002).
Abgestoßen sowohl vom Staat und der staatlichen Gewalt, als auch von
den hierarchischen Kommandostrukturen der maoistisch ausgerichteten
Kommunistischen Partei wandten sich die StudentInnen lokalen Projekten
in ländlichen Gebieten zu. Die zentrale Idee hinter vielen dieser Projekte
war es, eine radikale politische und ökonomische Alternative auf der Ebene
von Graswurzelinitiativen zu organisieren. Die Hinwendung zu Subsistenz-
wirtschaft, um ökonomische Unabhängigkeit von Regierungsprogrammen
und vom kapitalistischen Markt zu erreichen, wurde als radikale subversive
Strategie verfolgt. Die Organisierung von geheimen und informellen Aus-
tauschstrukturen war eine Antwort auf staatliche Repression, und hier liegt
der Ursprung von vielen radikalen, anti-kapitalistischen und organisations-
kritischen Projekten der 1980er Jahre.
Alexandra Heis (2013) diskutiert die Situation in der Provinz Yasothorn
im Zentrum der Region Isan, wo lokale gemeinschaftlich organisierte
Strukturen eine lange Tradition haben und tief in den Alltagspraxen und in
der politischen Kultur verankert ist (Parnwell 2005 & 2006). Das Inpaeng-
Netzwerk, das etwa 900 Dorfgemeinschaften in den Provinzen Nong Khai,
Nakhon Sakhon und Nakho Phanom – das Gebiet des kommunistischen
Aufstandes – umfasst, hat ebenfalls seine Wurzeln hier. Nicht-monetäre
Tauschstrukturen, gegenseitige Hilfen und ein dichtes und zuverlässiges
soziales Netz zu organisieren, war entscheidend für das Überleben dieser
ca. 100.000 Menschen umfassenden Gemeinschaft in einem Gebiet, das
Aufstandsbekämpfungsmaßnahmen ausgesetzt war (Interview mit Aktivis-
tInnen im März 2008).10
Buddhistische Alternativen
Eine weitere Quelle radikaler Entwicklungsalternativen stellt der Theravada-
Buddhismus dar, der in Thailand dem Rang einer Staatsreligion nahekommt.
Vor dem Hintergrund des staatlich unterstützten und staatlich kontrollierten
buddhistische Klerus entstanden in den 1970er Jahren im Umfeld einzelner
charismatischer religiöser Führer Bewegungen, die die staatsnahe Form
des Buddhismus ablehnten und zu einer reineren Form von Glauben und
religiöser Praxis zurückfi nden wollten. Oft standen die Entdeckung und das
Praktizieren neuer Meditationsformen am Anfang dieser Sekten.
10 Für eine andere Interpretation vergleiche Baker 2007 und Rado 2013.
158 Wolfram Schaffar & Aram Ziai
Die buddhistische Meditationspraxis im täglichen Leben ernst zu nehmen
und religiöse Prinzipien – wie eine vegetarische Ernährungsweise oder der
weitreichende Verzicht auf Konsumgüter – im täglichen modernen Leben
zu verfolgen war zentrales Ziel dieser Bewegungen und bedeutete für die
Mitglieder zunächst eine private Abkehr vom „Thai way of life“. Gemein-
schaften, die sich aus diesem Grund in ländliche Gebiete zurückzogen,
gerieten dort jedoch oft in Konfl ikt mit staatlich betriebenen Entwicklungs-
projekten (Apinya 1993; Heikkilä-Horn 1998). Wie Marja-Leena Heikkilä-
Horn (2009) ausführt, hat der Theravada-Buddhismus – ganz im Gegensatz
zum Bild des weltabgewandten und entrückten Buddhismus – eine lange
Tradition politischen und sozialen Engagements. Zwei prominente Beispiele
sind Buddhadasa Bhikkus (1986) Konzept des Dhamma-Sozialismus, und
die buddhistisch-ökologische Mönchsbewegung mit ihrer Praxis, Bäume zu
ordinieren – als Protest gegen Holzeinschlag und als Strategie, das Bewusst-
sein für Umweltfragen zu steigern (Darlington 1998).
Die
Community Culture School
Einige der radikalen lokalen Entwicklungsalternativen zogen die Auf-
merksamkeit von Intellektuellen auf sich, die als community culture school
bekannt wurden und eine spezifi sche Interpretation entwickelten. Nartsupha
Chatthip – ein bedeutender thailändischer Marxist, der die einfl ussreiche
Schule der Politischen Ökonomie an der Chulalongkorn-Universität grün-
dete – ist der bekannteste Vertreter dieser Denkrichtung. Er geht davon
aus, dass Thailand zwar nie direkt kolonialisiert, faktisch jedoch eine
Halbkolonie war, was zu einer charakteristischen Spaltung geführt hat: auf
der einen Seite eine autochthone thailändische Dorfkultur, auf der anderen
Seite eine kapitalistische Kultur, die Chatthip als ein ökonomisches Sys-
tem betrachtet, das von Ausländern zur Befriedigung von deren Interessen
eingeführt wurde (Chatthip 1991: 121). In seinem einfl ussreichen zentralen
Werk The Thai Village Economy in the Past (Chatthip 1984) zeichnet er
das Bild einer selbst-versorgenden Dorfökonomie und verbindet dies mit
einem trans-historischen, primordialen Konzept von thailändischer Identität
(Thongchai 2008: 587). Die community culture school fand viele Anhänge-
rInnen sowohl in Thailand als auch in der internationalen akademischen Welt,
die die Thesen von Chatthip durch anthropologische Forschungen in thai-
sprachigen Gemeinschaften zu untermauern suchten. Mit Aram Ziai (2004)
kann diese Denkschule als intellektuelle Basis für eine neo-populistische
post-development-Schule gelten, die auch die Grundlage für das autoritäre
Projekt der Suffi zienzwirtschaft legte.
Reaktionäre Alternativen zur „Entwicklung“? 159
Das königliche Konzept der Suffi zienzwirtschaft
Suffi zienzwirtschaft – der Name, der gegenwärtig als Sammelbegriff für alter-
native Entwicklungskonzepte in Thailand benutzt wird und in den Reden des
gegenwärtigen Premierministers und Ex-Generals eine prominente Stellung
einnimmt – hat eine andere Herkunft. Der Begriff ist relativ neu und wurde
erst durch die Geburtstagsreden des Königs 1997 und 1998 geprägt. Ursprüng-
lich war er nicht mit den oben dargestellten Projekten verbunden, sondern
bezog sich auf königliche Entwicklungsprojekte, die seit den 1970er Jahren
in ländlichen Gebieten implementiert wurden. Ihre Anzahl und ihr Umfang
waren relativ gering, aber sie prägten das Bild des Königs und seines Enga-
gements für ländliche Entwicklung – was auch zur Legitimierung der Mon-
archie selbst diente. Projekte im Bereich der Opiumsubstitutionsprogramme
in den Bergregionen – Grenzregionen, die von sog. Bergvölkern besiedelt
sind – waren jedoch eng mit den staatlichen Entwicklungsprogrammen und
damit der Logik der Aufstandsbekämpfung verbunden. Das zugrundeliegende
Entwicklungskonzept – ursprünglich als „Neue Theorie“ bezeichnet (Isager &
Ivarsson 2008: 226f) – wurde vom König 1974 in einer Rede als dreistufi ger
Prozess skizziert. Die Basis bildet die Aufteilung des Ackerlandes in 30 %
für Reis, 30 % für Gemüse und cashcrops, 30 % für Aquakultur/Fischzucht
und 10 % für den Wohnbereich. Solche selbst-versorgenden Einheiten sollten
den Kern von lokalen Kooperativen bilden, die schließlich in die nationale
Ökonomie und in den Weltmarkt integriert werden könnten. Dieses Konzept
blieb jedoch relativ abstrakt, und selbst die königlichen Projekte bezogen
sich hierauf nur theoretisch (Walker 2008a). Was jedoch erwähnenswert ist,
ist die zunehmende metaphysische Verklärung der königlichen Gedanken:
1994 berichtet der König, dass ihm seine Entwicklungskonzepte in einem
prophetischen Traum erschienen seien (Isager & Ivarsson 2008: 227f). Diese
Begebenheit ebenso wie die Anstrengungen des Königs, Regen zu erzeugen,
haben den Status von modernen Mythen erlangt, auf die sich auch der heutige
Militärmachthaber in seinen Reden beruft.11
Politisierung der Suffi zienzwirtschaft und
Kooptierung der Alternativen in ein autoritäres Staatsprojekt
Der Prozess, im Zuge dessen Suffi zienzwirtschaft politisiert und für das
autoritäre Projekt der jetzigen Militärregierung vereinnahmt wurde, lässt
11 Prayuth, Video-Blog, Suffi ciency Economy for Sustainable Development Goals, 21.10.2016,
http://thaiembdc.org/2016/10/30/from-the-suffi ciency-economy-philosophy-to-sustainable-
development-goals-october-21-2016/, letzter Aufruf: 4.7.2018.
160 Wolfram Schaffar & Aram Ziai
sich in drei Phasen untergliedern. Jede Phase dieses Prozesses wurde durch
ein spezifi sches politisches Ereignis eingeleitet, bei dem jeweils spezifi sche
Aspekte dem Konzept hinzugefügt und einzelne Projekte unter dem Banner
der Suffi zienzwirtschaft vereinnahmt wurden.
Die erste Phase begann mit der Asienkrise 1997, die in Thailand ihren
Ausgang nahm. Mit dem Platzen der Immobilienblase wurden eine mehr-
jährige Boom-Phase mit zweistelligen Wachstumszahlen sowie der Traum
Thailands, zu einem neuen asiatischen Tigerstaat aufzusteigen, jäh been-
det. Vor dem Hintergrund der massiven Arbeitslosigkeit kehrten viele der
WanderarbeiterInnen, die aus dem Norden und Nordosten nach Bangkok
migriert waren, in ihre Dörfer zurück, wo sie in familiären Zusammenhän-
gen und Strukturen von Subsistenzwirtschaft ein vorübergehendes Aus-
kommen fanden. Die Zahlen dieser Rückkehrer wurden zwar gemeinhin
überschätzt und vor dem Hintergrund der Verfl echtung von formeller und
informeller Wirtschaft ist eine konzeptionelle Trennung zwischen urbaner
kapitalistischer Wirtschaft und ländlicher Subsistenzwirtschaft nicht haltbar
(Bierschenk 2002). Nichtsdestotrotz etablierte sich unter der städtischen
Bevölkerung eine positiv besetzte Vorstellung von widerstandsfähigen länd-
lichen Subsistenzstrukturen. Daher fand die Rede des Königs im Dezember
1997 und 1998 große Resonanz. Er bezeichnete das Ziel, ein Asiatischer
Tigerstaat zu werden, als verfehlt und forderte stattdessen die Entwicklung
einer auf lokale Strukturen bezogenen Wirtschaft. Hierfür prägte er den
Begriff Suffi zienzwirtschaft und bezog sich auf die bereits existierenden
Projekte und intakten Dorfgemeinschaften des Nordens und Nordostens.
Königliche Reden in Thailand sind gemeinhin opak und unkonkret. Die
Idee einer alternativen Ökonomie erfuhr jedoch große Resonanz. Entwick-
lungsinstitute nahmen sich der Ausarbeitung des Konzeptes an und es wurde
als Leitidee in den nationalen Entwicklungsplänen aufgegriffen. Kern des
Konzepts war die Idee einer Wirtschaftsstruktur, die widerstandsfähig gegen-
über globalen Schocks ist. Heis (2013) stellt dar, wie der Rekurs auf lokale
Projekte in eine Vereinnahmung mündete: Kurz nach dem Ausbruch der
Asienkrise startete die lange vorbereitete Lokalwährung Bia (Kauri-Muschel)
in der Provinz Yasonthon und entfaltete – angetrieben durch den Verfall
der offi ziellen Währung – eine enorme Wirkung. Das Projekt zog dadurch
eine große Aufmerksamkeit auf sich, und neben JournalistInnen trat auch
bald die Polizeieinheit für Kommunismusbekämpfung auf. Schließlich
verbot die Nationalbank das Projekt und es wurde nach einer Pause unter
der Leitung eines führenden Vertreters der Suffi zienzwirtschaft, Prof.
Apichai Sunasen, mit eingeschränkter Reichweite als Forschungsprojekt
Reaktionäre Alternativen zur „Entwicklung“? 161
wiedereröffnet, dadurch jedoch seiner Radikalität beraubt. Seither stagniert
die Lokalwährung auf niedrigem Niveau.
Trotz der staatlichen Förderung entfaltete das Konzept der Suffi zienz-
wirtschaft kaum eine wahrnehmbare Wirkung – auch deshalb, weil die
Auswirkungen der Asienkrise letztlich durch den neuen Premier Thaksin
Shinawatra überwunden wurden. Einerseits trat er als hemdsärmeliger Regie-
rungschef auf, der KritikerInnen einschüchterte und sich in seinem Kampf
gegen Drogen zahlreiche Menschenrechtsverletzungen zuschulden kommen
ließ. Andererseits gelang ihm durch sein doppelgleisiges Wirtschaftspro-
gramm – eine Mischung aus neoliberalen Reformen und Infrastruktur- und
Sozialmaßnahmen – die Rückkehr zu hohen Wachstumsraten. Besonders die
Einführung einer allgemeinen Krankenversicherung und die Investitionen in
die Infrastruktur in den ländlichen Gebieten sicherten ihm eine große Popula-
rität im strukturschwachen Norden und Nordosten, wodurch Thaksin jedoch
zunehmend in Konkurrenz zu den alten royalistischen Eliten in Bangkok
geriet.12 Nach seiner fulminanten Wiederwahl 2005 formierte sich daher eine
Bewegung – getragen von städtischen Mittelschichten und fi nanziell gestützt
von royalistischen Eliten – die gegen Thaksins autoritären Regierungsstil
mobilisierte und schließlich einen Putsch des Militärs im September 2006
herbeiführte (Pye & Schaffar 2008). Hier beginnt die zweite Phase der
Prägung des Konzepts der Suffi zienzwirtschaft: Die Militärs und die mit
ihnen verbundenen royalistischen Eliten griffen nun das Konzept zur Legi-
timierung des Putsches auf und brachten es gegen Thaksin in Anschlag: Ihm
wurde vorgeworfen, mit seinem auf Wachstum, Export und Wohlfahrtsstaat
ausgerichteten Wirtschaftsprogramm die ländliche Bevölkerung populistisch
verführt zu haben. Thaksins Wahlerfolge und ungebrochene Popularität
wurde auf ein falsches Bewusstsein der ländlichen Bevölkerung zurückge-
führt. Majid Rahnema (1997: 388) beschreibt eine ähnliche Gedankenfi gur
(die Armen hingen dem trügerischen Entwicklungsmythos an), die Ziai als
ein Kennzeichen der neo-populistischen Denkschule des post-development
charakterisiert. Dieser Gedankenfi gur schlossen sich auch Intellektuelle und
NGO-AktivistInnen an, die sich eigentlich einem linken Spektrum emanzi-
pativer Bewegungen zurechneten, die jedoch der community culture school
folgend Thaksin als Kapitalisten sahen, der die intakten, vor-kapitalistischen
Dorfstrukturen zerstöre. Das politische Programm der Putschistenregierung
in den Jahren 2006/2007 kann als Versuch gesehen werden, unter dem Banner
12 Viele der von Thaksin umgesetzten Programme gingen letztlich auf Ideen aus dem NGO-
Spektrum zurück – so z.B. das Schuldenmoratorium für LandwirtInnen oder die allgemeine
Krankenversicherung. Anders als später unter royalistischer Federführung wurden sie jedoch
nicht im Sinne der community culture school romantisch überhöht.
162 Wolfram Schaffar & Aram Ziai
der Suffi zienzwirtschaft ein gegenhegemoniales Projekt gegen Thaksin zu
etablieren. Dazu wurden die ländlichen Infrastruktur- und Entwicklungspro-
jekte von Thaksin einfach übernommen und in Projekte des Suffi zienzwirt-
schaftsprogramms umgetauft. Die Krankenversicherung wurde ausgebaut.
Für linke städtische Intellektuelle und globalisierungskritische NGOs war
das Konzept der Suffi zienzwirtschaft an Ideen der De-Globaliserung und der
Wachstumskritik anschlussfähig. Der Regierung gelang es sogar, die inter-
nationale Gemeinschaft zu vereinnahmen, indem der Human Development
Report des United Nations Development Programme des Jahres 2006 sich
exklusiv mit dem Konzept der Suffi zienzwirtschaft beschäftigte und damit
über Ideen von alternativer Entwicklung letztlich den Putsch rechtfertigte
(Baker 2007). In diesem Bericht wurde auch das Inpaeng-Netzwerk im
Nordosten des Landes prominent als Beispiel von praktizierter Suffi zienz-
wirtschaft vorgestellt und vereinnahmt – allerdings ohne seine Herkunft als
radikales post-development-Projekt zu thematisieren.13
Die Konstruktion eines gegenhegemonialen Projekts unter dem Banner
der Suffi zienzwirtschaft misslang. Das wurde bereits deutlich, als 2007
ein Referendum über die von der Militärregierung entworfene Verfassung
abgehalten wurde, in der Suffi zienzwirtschaft als Staatsziel festgelegt war.
Genau in den Provinzen, in denen laut der Wahrnehmung der royalistischen
Eliten die Suffi zienzwirtschaft praktiziert wurde – im Norden und im Nord-
osten – wurde die Verfassung mehrheitlich abgelehnt. Noch deutlicher war
die Ablehnung bei der Wahl von 2007, bei der trotz aller Bemühungen, die
ländliche Bevölkerung zu umarmen, die Thaksin-nahe Partei mit großer
Mehrheit gewann. In den Augen der ländlichen Bevölkerung transportierte
das Konzept der Suffi zienzwirtschaft die Aufforderung, man möge sich
bescheiden, nicht nach Krankenversicherungen oder sozialem Aufstieg
verlangen, während der konsumorientierte Lebensstil der städtischen Mit-
telschichten und der Eliten nicht zur Disposition stand.
Die Zurückweisung dieses Konzepts durch die ländliche Bevölkerung,
die immer wieder den Thaksin-nahen Parteien zu Wahlerfolgen verhalfen,
vertiefte die politische Spaltung, radikalisierte die Auseinandersetzung und
führte zur dritten Phase der Prägung der Idee einer Suffi zienzwirtschaft.
2011 hatte die Schwester von Thaksin die Parlamentswahl mit großer
Mehrheit gewonnen. Wiederum kam es zu Demonstrationen der städtischen
13 Die hier angesprochenen Kooptierungsprozesse verliefen je nach Projekt und NGO unter-
schiedlich und waren immer umkämpft und widersprüchlich. Das oben angesprochene
Forum der Armen, z.B. hat sich in ein Pro- und ein Anti-Thaksin-Lager gespalten. Manche
Initiativen haben sich unter dem Banner der suffi ciency economy komplett dem royalisti-
schen Lager angeschlossen – andere haben die staatlichen Fördermöglichkeiten lediglich
strategisch genutzt und eine politisch andere Agenda verfolgt.
Reaktionäre Alternativen zur „Entwicklung“? 163
Mittelschichten, unterstützt von royalistischen Eliten, die nun ganz offen
die Abschaffung von Wahlen und stattdessen die Einführung eines korpora-
tistischen Systems der politischen Repräsentation forderten. Die Demons-
trationen waren insofern erfolgreich, als dass sie im Mai 2014 einen Putsch
herbeiführten. Wiederum wurde das Konzept der Suffi zienzwirtschaft zur
Legitimierung der Abschaffung der Demokratie benutzt. Dabei kam jedoch
eine Regierung an die Macht, die über einen „aufgeklärten Autoritarismus“
(Ziai 2004: 1055) hinausgeht und vielmehr – in ihrer Rhetorik und ihrem
Bezug auf korporatistische Strukturen – Züge eines faschistischen Regimes
in der Art des Estado Novo in Portugal der 1920er Jahre und des österrei-
chischen Ständestaats der 1930er Jahre zeigt. Die eingangs zitierte Rede des
Militärmachthabers, in der er unter dem Titel der Suffi zienzwirtschaft und
unter Bezug auf ein ökologisches Gleichgewicht die soziale Ungleichheit
und politische Entmündigung als natürliche Gegebenheiten darstellt, ist der
vorläufi ge Höhepunkt der Instrumentalisierung der Suffi zienzwirtschaft für
ein autoritäres Herrschaftsprojekt.
Inwiefern treffen nun die in der Einleitung erhobenen Vorwürfe auf das
Konzept der Suffi zienzwirtschaft zu? In seiner derzeitigen Gebrauchsweise
handelt es sich eindeutig um ein von reaktionären Eliten instrumentalisiertes
Konzept, das über die Verklärung vormoderner lokaler Gemeinschaften
zur Entmündigung weiter Teile der Bevölkerung in Stellung gebracht wird.
Grundlage hierfür ist die community culture school, deren Essenzialisierung
thailändischer Dorfkultur mit dem Vorurteil der Eliten konvergierte, die
ländliche Bevölkerung sei besonders anfällig für populistische Verführungen,
und damit politisch nicht mündig.
Diese Funktionalisierung und Diskreditierung der Suffi zienzwirtschaft
ist jedoch weder in den Praktiken noch im Selbstverständnis der lokalen
Gemeinschaften angelegt, die heute darunter subsummiert werden. Der
Rückbezug auf lokale ökonomische Kreisläufe, die Abkehr von einem
konsumistischen Lebensstil war für viele Gemeinschaften ein Mittel, unter
Bedingungen repressiver Entwicklungspolitik das Überleben zu sichern
und politischen Widerstand zu leisten. Die Kooptierung dieser Projekte in
ein rechtes, nationalistisches und repressives Projekt ist das Ergebnis eines
langen politischen Prozesses, der das Konzept der Suffi zienzwirtschaft auf
zwei Ebenen prägte: zum einen wurde Suffi zienzwirtschaft zum Überbegriff
von post-development-Projekten erhoben und es wurden alle existierenden
originären, radikal kritischen post-development-Projekte hierunter sub-
summiert, kooptiert und ihrer Radikalität beraubt. Zum anderen wurde das
Konzept in einem Intra-Elitenkonfl ikt gegen einen populären/populistischen
Premier in Stellung gebracht und zur Legitimierung zweier Militärputsche
164 Wolfram Schaffar & Aram Ziai
missbraucht. Erst durch diesen Intra-Elitekonfl ikt wurde das Konzept mit
undemokratischen Herrschaftspraktiken und -strategien zusammengebracht
und diskreditiert.
Die Projekte, die heute – ungefragt – unter dem Begriff der Suffi zienz-
wirtschaft geführt werden, haben einen eindeutigen emanzipativen und
radikalen Ursprung. Ebenso hatte das Konzept der Suffi zienzwirtschaft in
der ersten Phase der Begriffsprägung – in Reaktion auf die Asienkrise – mit
der Akzentuierung auf de-globalisierte, lokale Wirtschaftskreisläufe einen
emanzipativen Gehalt. Die wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Pro-
bleme, auf die die radikalen Projekte reagierten, sind nach wie vor anhängig.
Sie können in der Umarmung durch die staatlich geförderte Suffi zienzwirt-
schaftsideologie jedoch nicht mehr artikuliert werden.
Iran:
Gharbzadegi
– Okzidentose
Der Iran ist als Untersuchungsgegenstand in der post-development-Debatte
bisher nicht in Erscheinung getreten, jedenfalls nicht direkt. Allerdings
wurde der breit rezipierte Post-Development-Reader von Majid Rahnema,
dem langjährigen Vertreter Irans bei den Vereinten Nationen und Victoria
Bawtree herausgegeben (Rahnema & Bawtree 1997); Rahnemas Beitrag in
diesem Band betrachtet das Entwicklungsdenken als eine Krankheit, eine
soziokulturelle Variante von AIDS (Rahnema 1997). Damit nimmt er –
ohne dies allerdings zu benennen und die betreffenden iranischen Autoren
zu zitieren – Bezug auf ein in iranischen Debatten der 1960er und 1970er
Jahre sehr präsentes Konzept: gharbzadegi oder Okzidentose, die Krankheit
der Verwestlichung.
Geprägt wurde der Begriff vom Philosophen Ahmad Fardid, ausgear-
beitet und verbreitet wurde das Konzept jedoch durch die Streitschrift des
Schriftstellers Jalal Al-i Ahmad, die Anfang der 1960er Jahre zensiert und
daher zunächst klandestin veröffentlicht wurde (Al-i Ahmad 1984 [1962]).
Der historische Entstehungskontext des Konzepts ist also das Regime des
Schah Reza Pahlavi, das auf eine Westorientierung und Modernisierung der
iranischen Gesellschaft ausgerichtet war. Auch wenn das zwischenzeitlich
geltende Kopftuchverbot in dieser Zeit wieder abgeschafft war, stießen die
Reformen der „Weißen Revolution“ des Schahs seit 1962 vielerorts und v.a.
in religiösen Kreisen auf Protest. Sie beinhalteten liberale, kapitalistische und
zwangsmodernisierende Elemente, u.a. die Einführung des Frauenwahlrechts
und eine Bodenreform, materielle Verbesserungen beispielsweise im Bereich
der medizinischen Versorgung blieben jedoch nur einer Minderheit vorbe-
halten (Zamirirad & Sarkohi 2011: 43). Der oft im Zentrum des religiösen
Reaktionäre Alternativen zur „Entwicklung“? 165
Protests stehende Ayatollah Ruhollah Khomeini wurde 1964 ins Exil getrie-
ben, doch die sozialen Unruhen gingen auch ohne ihn weiter (Hasib 2004).
Einen Kristallisationspunkt fanden sie im Konzept des gharbzadegi.
Verwestlichung als Krankheit
Gharbzadegi – wörtlich: mit dem Westen geschlagen sein – beschreibt Al-i
Ahmad mit der Analogie einer Kornfäule, bei der die Kleie zwar äußerlich
intakt, von innen aber befallen und daher hohl sei. Ausgangspunkt seiner
Diagnose ist zunächst der Unterschied zwischen „entwickelten“, industriali-
sierten Nationen und „Entwicklungsländern“, gekennzeichnet durch niedrige
Löhne, hohe Sterblichkeitsraten und die Abhängigkeit von Gütern aus dem
Westen (deren Rohstoffe allerdings aus ihnen selbst exportiert werden) (Al-i
Ahmad 1984 [1962]: 27f). Den Westen defi niert er dabei ausdrücklich nicht
geographisch, sondern sozioökonomisch, vergleichbar also mit der Kategorie
des Globalen Nordens. Im Kontext des Konfl ikts zwischen Exporteuren und
Importeuren von Industriegütern sieht er die UN und andere internationale
Organisationen primär als Agenten einer Verwestlichung oder sogar der
Kolonisierung der anderen Länder. Letzteren kommt dabei die Rolle von
braven Konsumentinnen und billigen Zulieferern zu, die ihre historisch
gewachsenen kulturellen Eigenschaften verlieren und durch die Nachahmung
des Westens zu einem „Esel im Löwenfell“ werden (ebd.: 30f). Okziden-
tose defi niert er so als einen Zustand der Orientierungslosigkeit aufgrund
fehlender Traditionen und einer mangelnden Beherrschung der industriellen
Maschinerie, die zur unkritischen Konsumtion ihrer westlichen Produkte
führe. Das iranische Volk befi nde sich in diesem Zustand (ebd.: 34), was
sich auch in der Übernahme westlicher Bewertungsmaßstäbe und kultureller
Praktiken sowie der Hörigkeit gegenüber westlichen ExpertInnen mani-
festiere (ebd.: 43f). Der Iran sei heute nur noch eine unterworfene Provinz
des Westens. Den Islam sieht er dabei trotz seines arabischen Ursprungs
aufgrund seiner starken Prägung durch iranische Traditionen als zentralen
Teil der iranischen Identität (ebd.: 52) und sogar als Bastion des Widerstands
gegen westliche Vorherrschaft, in der Religion mit Aberglauben gleichgesetzt
werde (ebd.: 57f). Der Gott der Technologie auf seinem Thron aus Banken
und Börsen dulde keine anderen Götter neben sich (ebd.: 59). Die politische
und ökonomische Kontrolle durch den Westen spiegele sich auch darin
wider, was im Bereich der Kultur wertgeschätzt und in den Nachrichten als
relevant eingestuft wird (ebd.: 62f). Hier sieht Al-i Ahmad die Anzeichen
von gharbzadegi.
166 Wolfram Schaffar & Aram Ziai
Die Krankheit resultiert für ihn nicht nur in einer Art kollektiver Entfrem-
dung (ebd.: 64), sondern auch in sehr materiellen Konsequenzen. Die
Widersprüche kapitalistischer Modernisierung für ländliche Gebiete sieht
er jedoch nicht nur als negativ, z.B. im Hinblick auf die Aufl ösung feudaler
Beziehungen oder die Verdrängung ausbeuterischer Arbeitsweisen im lokalen
Handwerk, wo teilweise Kinder unter gesundheitsgefährdenden Bedingun-
gen Teppiche für reiche Städter knüpften (ebd.: 69). Dass Aberglaube und
Talismane die Modernisierung überleben und zu Hybridisierung führen,
sei auch einer der Widersprüche (ebd.). Im Hinblick auf die Emanzipation
der Frau kritisiert er, diese sei im modernen Iran primär beschränkt auf das
Recht, sich mit Lippenstift in der Öffentlichkeit zu präsentieren und einige
Schulen zu besuchen, wirklich gleiche Rechte oder gleiche Wertschätzung
und Bezahlung der Arbeit von Frauen suche man vergebens (ebd.: 70).
Während Al-i Ahmad Religion einerseits marxistisch als Opium, d.h. als
Mittel der Armen, ihr Leben erträglich zu machen, auffasst, erscheint ihm
religiös begründete Herrschaft zumindest im Gegensatz zur damals beste-
henden Monarchie als legitimeres System (ebd.: 71). Die nationalistische
Propaganda und Indoktrination des Schah-Regimes führten in der Schule
zu verwestlichten, areligiösen SchülerInnen (ebd.: 72f), und auch eine Art
früher Globalisierungskritik ist auffi ndbar: Die „Maschine“ (ein Synonym
für die industrielle Moderne) verlange offene Grenzen, gemeinsame Märkte
und die Internationalisierung von allem – zumindest dort, wo die Konzerne
Öl fi nden. Aber andererseits existiere immer noch die Trennung durch den
eisernen Vorhang und nationalstaatliche Grenzen gegenüber Afghanistan –
zumindest für Menschen. Für Pepsi-Cola, Ölkonzerne, die Filme von Brigitte
Bardot und HeroinschmugglerInnen hingegen existierten diese Grenzen
kaum (ebd.: 74f).
Als dritten Weg neben einer Kapitulation vor der Maschine und dem
Rückzug in nationale und religiöse Traditionen skizziert Al-i Ahmad eine
Aneignung der industriellen Moderne: man müsse die Technologie selbst
bauen und kontrollieren, um sie für das Ziel materiellen und spirituellen
Wohlergehens nutzbar zu machen (ebd.: 78f). Modernisierungstheoretische
Züge fi nden sich auch in dem Plan, die nomadischen ViehzüchterInnen
sesshaft zu machen und ihnen Land, landwirtschaftliche Arbeitsgeräte,
Schulen und Krankenhäuser zur Verfügung zu stellen. Dörfer sollen mit
Elektrizität und Schnellstraßen ausgestattet und die Landwirtschaft auf
der Basis von Kooperativen organisiert werden (ebd.: 103f). Die Medien
seien sowohl vom schädlichen Einfl uss der Konzerne (wie in den USA)
als auch dem des Staates (wie im Ostblock) zu befreien und sollten einen
Bildungsauftrag erfüllen und durch demokratisch gewählte Räte kontrolliert
Reaktionäre Alternativen zur „Entwicklung“? 167
werden (ebd.: 105). Die Ausgaben für Rüstung seien drastisch zu senken,
zumal paramilitärische Truppen primär zur Niederschlagung von Demons-
trationen eingesetzt würden (ebd.: 108). Anstelle der Pseudodemokratie
nach westlichem Vorbild (aber ohne Elemente wie Pressefreiheit etc.), die
lediglich einer Männerversammlung fragwürdige Legitimation verleihe,
setze eine tatsächliche Demokratie voraus, dass Wahlen nicht mehr von
Eliten beeinfl usst würden, der Sicherheitsapparat (besonders der Inlandsge-
heimdienst SAVAK) sich aus der Politik heraushalte und die Medien auch
der Opposition eine Stimme gäben (ebd.: 110f). Im Bildungssystem sollten
eigene kulturelle Traditionen und Religion wieder eine Rolle spielen, ohne
sich jedoch in einen „Kokon“ überlieferter Texte und religiöser Erstarrung
zu begeben (ebd.: 116f). Studierende sollten den Umgang mit der Maschine
lieber in Indien oder Japan statt in den USA oder Europa lernen, gerade
auch im Hinblick auf die Anpassung von Technologien an die Bedürfnisse
des eigenen Landes (ebd.: 121). Al-i Ahmad warnt vor den Gefahren des
Faschismus ebenso wie vor denen der „Mechanose“, der unkritischen
Akzeptanz der Standardisierung und der instrumentellen Vernunft, die sich
aus der industriellen Moderne ergeben (ebd.: 124f), vor der Glorifi zierung
der eigenen Vergangenheit ebenso wie vor der Erschaffung von Feindbil-
dern zur Stärkung des inneren Zusammenhalts (ebd.: 134). Am Ende der
Streitschrift zitiert er nicht nur den Koran, sondern auch Camus, Ionescu
und Bergman, die auf die Gefahr der Zerstörung der Humanität durch die
industrielle Moderne aufmerksam machen (ebd.: 136f).
Rezeption und Umsetzung in der Islamischen Republik
Das durch die Schrift bekannt gewordene Konzept der gharbzadegi ist im
Iran äußerst einfl ussreich geworden, Hamid Dabashi (2006: 74f) bezeichnet
den Essay im Hinblick auf seine Wirkung auf eine ganze Generation von
AktivistInnen als den wichtigsten in der modernen iranischen Geschichte
und als „Manifest der Anti-Verwestlichung“. In einigen Politgruppen wurde
nur akzeptiert, wer Passagen des Textes wörtlich zitieren konnte, und auch
Ayatollah Khomeini griff in seinen Vorträgen und Briefen den Begriff
auf (ebd.) – trotz der deutlichen Kritik am Klerus. Im Unterschied zur die
religiös-kulturellen Elemente betonenden Rezeption durch Dabashi (s. auch
Afshari 1994: 72) fällt die stark kapitalismuskritische und stellenweise mit
der Dependenztheorie vergleichbare Argumentationsweise in Teilen der
Schrift auf, so z.B. wenn Al-i Ahmad der Verdoppelung der Exporte aus dem
Iran zwischen 1952 und 1962 eine Verzehnfachung der Importe gegenüber-
stellt (Al-i Ahmad 1984 [1962]: 84). Die Kritik an politisch-ökonomischer
168 Wolfram Schaffar & Aram Ziai
und an intellektuell-kultureller Abhängigkeit geht hier miteinander Hand
in Hand, und Brad Hanson sieht gharbzadegi daher auch als Vorboten der
Forderungen nach einer neuen Weltwirtschafts- und Weltinformationsord-
nung (Hanson 1983: 12). Zutreffend scheint jedoch die Analyse Dabashis,
dass Al-i Ahmad ungewollt zur Konstruktion des Westens als des „Anderen“
des iranischen Selbst beitrug (Dabashi 2006: 85) – und so die Annahme
einer ontologischen Differenz dieser Entitäten, von Edward Said (1978) als
Grundpfeiler des Orientalismus identifi ziert, untermauerte. Weitergetragen
wurde die Kritik an der Verwestlichung im Iran von Ali Shariati, der die
„Rückkehr zum Selbst“ und ebenso wie Al-i Ahmad einen demokratischen,
islamischen Antiimperialismus als dritten Weg zwischen Kapitalismus und
Staatssozialismus anstrebte. Neben dem Porträt Khomeinis war es Shariati,
dessen Bild auf den zur iranischen Revolution führenden Massendemons-
trationen stets präsent war, doch Al-i Ahmads Konzept der gharbzadegi
bereitete den Weg zum Umsturz des Schah-Regimes (Hanson 1983: 18f).
Afseneh Najmabadi betont, dass in den 1960ern und 1970er Jahren jedeR
Oppositionelle im Iran – unabhängig ob säkular oder islamisch – Al-i Ahmads
Buch kannte und lobte. Aus feministischer Perspektive kritisiert sie, dass es
beiden Gruppen von Männern Argumente zur sozialen Kontrolle vermeint-
lich verwestlichter Frauen in die Hand gab. Auf staatlicher Ebene wurde
das Konzept jedoch erst nach der Islamischen Revolution 1979 zentral und
prägte die Politik der neuen Republik maßgeblich (Najmabadi 1991: 64f).
Die massive gesetzliche Diskriminierung von Frauen, die weitgehend aus
dem öffentlichen Leben und insbesondere aus den Rechtsfakultäten ver-
bannt wurden, wurde nach der Revolution von Ayatollah Rafsanjani wie
folgt begründet: Der Westen habe in übertriebener Weise auf feministische
Forderungen reagiert. Er habe Frauen gezwungen, ihre natürlichen Fähig-
keiten und Pfl ichten (Mutterschaft) zu vernachlässigen sowie ihre natürliche
Umgebung (das Zuhause) zu verlassen. So habe er ihnen die doppelte Bürde
von Haushalts- und Lohnarbeit auferlegt. Dies habe zu einer entfremdeten
Gesellschaft geführt und müsse auch gerade im Interesse der Frauen selbst
rückgängig gemacht werden (zit. nach Afshar 1987: 319). Auch solle die
Zwangsverschleierung von Frauen (abgesehen von Händen und Gesicht) ein
Symbol der „Freiheit und des Widerstands gegen Kapitalismus“ sein und zur
„Befreiung vom Joch des Imperialismus“ führen (ebd.: 320). Ein weiteres
Beispiel führt Soussan Sarkhosh an: In der Rechtfertigung des Ausschlusses
von Frauen vom Landwirtschaftsstudium an der Universität Mashad wurde
die Einforderung von Gleichberechtigung als Manifestation dekadenten,
verwestlichten Denkens gesehen (Sarkhosh 2000: 253).
Reaktionäre Alternativen zur „Entwicklung“? 169
Nicht nur gegen Frauen, auch gegen Intellektuelle und Kulturschaffende
wurde nach der Revolution der Vorwurf der Verwestlichung erhoben. Dies
betraf im Rahmen der „Säuberung“ der Universitäten 1980 Liberale ebenso
wie Linke, wobei letztere mit Unverständnis reagierten, da eine vom Geist
der Bekämpfung des gharbzadegi getragene Kulturrevolution durchaus auch
auf ihrer Agenda stand (Saghafi 2001: 22f). Die islamische Regierung unter
Khomeini begriff jedoch auch linke Gruppierungen wie Tudeh und Fedayi
trotz ihrer Loyalität im Irakkrieg als politische Gegner und behandelte sie
dementsprechend (ebd.: 28f). Khomeini, dessen Anti-Schah-Schriften das
populäre Konzept der gharbzadegi teilweise aufgriffen (Hasib 2004: 3),
setzte zu Beginn der Revolution eine Ablehnung des ersten, eher säkularen
Verfassungsentwurfs gerade auch mit dem Verweis auf die Verwestlichung
der verfassungsgebenden Versammlung durch (ebd.: 4).
In der neuen Verfassung, die auf die Oberherrschaft der islamischen
Rechtsgelehrten (Velayat-e Faqih) hinauslief, fi nden sich einige antiimpe-
rialistische Elemente, die auf das Konzept der gharbzadegi zurückgeführt
werden können (Pesaran 1982; s.a. Pesaran 2008). So steht an erster Stelle
des Kapitels zu Wirtschaft und Finanzen das Ziel, die ökonomische Unab-
hängigkeit der Gesellschaft zu sichern, noch vor der Beseitigung der Armut
und der Befriedigung der Grundbedürfnisse (Art. 43). Explizit betont wird
auch in einem weiteren Satz, dass eine Fremdherrschaft über die Wirtschaft
des Landes zu verhindern ist. Und auch die weiteren wirtschaftlichen Grund-
sätze – das Ziel der Selbstversorgung, die Kombination von öffentlichem,
genossenschaftlichem und privatem Sektor, die Möglichkeit weitreichen-
der Staatsintervention und der Beschränkung von Eigentumsrechten bei
einer Ablehnung einer komplett staatlichen Wirtschaft – scheinen eher von
einem demokratisch-islamisch-antiimperialistischen Dritten Weg zwischen
Kapitalismus und Kommunismus, wie er sich bei Al-i Ahmad und Shariati
fi ndet, als vom schiitischen Islam und seinen Rechtsgrundsätzen abgeleitet
zu sein. Letztere wurden und werden in der Islamischen Republik teilweise
durchaus kreativ umgangen: so dürfen zwar keine Zinsen genommen wer-
den, aber garantierte Profi te für Geldgeber eines Unternehmens führen diese
durch die Hintertür wieder ein (Pesaran 1982: 512). Wirtschaftspolitisch
bemerkenswert war nach der Islamischen Revolution auch die Einführung
von Arbeiterräten und Stiftungen für bezahlbaren Wohnraum sowie von
Armutsbekämpfungsprogrammen wie mahroomiat-zoda’i (Beseitigung des
Elends) oder jihad-e sazandegi (Kreuzzug des Bauens). Auch wenn hierin
möglicherweise von gharbzadegi inspirierte Elemente gesehen werden
können, blieb die grundlegende Struktur des abhängigen Kapitalismus und
der Ölrentenökonomie im Iran doch weitestgehend erhalten. Die Landfl ucht
170 Wolfram Schaffar & Aram Ziai
nahm aufgrund der urbanen Fokussierung der Armutsbekämpfungspro-
gramme sogar zu, und eine Annäherung an das öffentlichkeitswirksam
verkündete Ziel der wirtschaftlichen Selbstversorgung blieb aus (ebd.: 517f).
Nach dem ersten Jahrzehnt der Islamischen Republik, dem Ende des
Irakkriegs und dem Tode Khomeinis gab es durchaus unterschiedliche
wirtschaftspolitische Akzentsetzungen: Die Durchsetzung neoliberaler
Maßnahmen unter Präsident Rafsanjani 1989-1997, die abgeschwächt auch
unter seinem reformerischen Nachfolger Khatami (1997-2005) weiterging,
steht der dezidiert staatsinterventionistischen (und wenig erfolgreichen)
Wirtschaftspolitik mit dem offi ziellen Ziel der Armutsbekämpfung durch
den populistischen Präsidenten Ahmadinejad in den folgenden zwei Legisla-
turperioden (2005-2013) gegenüber. Eine Konstante, auch unter dem neuen
Reformpräsidenten Rohani, stellt jedoch die Kritik an der intransparenten
und korrupten Verwendung der Gewinne aus den Ölgeschäften dar. Diese
werden allein für die Jahre 2005-2012 auf über 500 Mrd. US$ geschätzt
(Revenue Watch Institute 2012: 5), sie bleiben jedoch (oft vermittelt über
die bonyads, religiöse Stiftungen) primär den Eliten vorbehalten und kamen
bei der breiten Masse der Bevölkerung nicht an. Genau diese Wahrnehmung
einer Privatisierung der Ölgewinne bei wirtschaftlicher Perspektivlosigkeit
für die unteren Klassen ist es, die auch den massiven zivilgesellschaftli-
chen Protesten gegen die Regierung Anfang dieses Jahres zugrunde liegt.
Zusammenfassend lassen sich im Hinblick auf gharbzadegi und seine Aus-
wirkungen in der Wirtschafts- und Sozialpolitik der Islamischen Republik
Iran demnach die linkspopulistische Aneignung des Konzepts, seine neo-
liberale Relativierung und ein reaktionär-populistisches Wiederaufgreifen
unterscheiden.
Antiwestliche Herrschaftsideologie?
Auch wenn es auf den ersten Blick so scheint, als führe eine direkte Linie
vom antiwestlichen Konzept Al-i Ahmads aus den 1960er zur islamistischen
Unterdrückung der 1980er Jahre, ist dieser Zusammenhang bei näherem
Hinsehen keineswegs eindeutig. Zwar entstammt das von Antiimperialismus,
der Zurückweisung entfremdender westlicher Praktiken und der Besinnung
auf die eigene, islamische Identität geprägte Vokabular der islamischen
Revolution eindeutig dem gharbzadegi-Diskurs. Aber wie in den oben
zitierten Passagen des Werkes deutlich wird, kann sich die Diskriminie-
rung der Frau im Namen des Islam genau nicht auf diese Quelle berufen.
Al-i Ahmad kritisierte ja die nur oberfl ächliche Gleichstellung der Frau im
Reaktionäre Alternativen zur „Entwicklung“? 171
modernisierungstheoretischen Schah-Regime, die ihr zwar Make-up und
Schulbesuch erlaubte, gleichen Lohn für gleiche Arbeit jedoch verweigerte.
Wenn wir nun gharbzadegi als ein post-development-Konzept interpre-
tieren und die gegenüber der neo-populistischen Variante erhobenen Vor-
würfe analysieren, kommen wir zu folgenden Ergebnissen: Eine Verklärung
kultureller Traditionen lässt sich gharbzadegi durchaus anlasten, es fi ndet
sich trotz der Warnung vor ihrer Glorifi zierung kein kritisches Wort über
die iranische Geschichte. Stattdessen werden ausschließlich ihre kulturel-
len und philosophischen Errungenschaften hervorgehoben. Eine pauschale
Zurückweisung der Moderne ist dem Konzept jedoch beim besten Willen
nicht vorzuwerfen, es geht ihm streng genommen sogar im Gegenteil um ein
Modernisierungsprogramm, aber um eines, das eine Aneignung der Moderne
auf der Grundlage kultureller Traditionen vorsieht: um eigene Technologie-
und Industrieproduktion, eigene Medien, eigene Demokratiemodelle. Im
Unterschied zum andinen post-development-Konzept des buen vivir geht es
demnach nicht um ein anderes gesellschaftliches Naturverhältnis, lediglich
um eine islamische Moderne (s. Escobar 2012).
Was die Frage eines statischen oder dynamischen Kulturkonzepts angeht,
so scheint gharbzadegi eher letzteres zugrunde zu liegen, andernfalls könnte
der ursprünglich arabische Islam kaum als zentraler Teil der iranischen Kul-
tur reklamiert werden. Und auch die anvisierte Aneignung der ursprünglich
westlichen industriellen Moderne ist nur im Rahmen eines dynamischen
Kulturbegriffs vorstellbar. Allerdings ist in der Frage, welches Element der
Historie als Grundlage der authentischen iranischen Kultur dient – Zarathus-
trische Philosophie? Säkularer Konstitutionalismus? Schiitischer Islam?
Und welche Interpretation davon? –, zweifellos eine gewisse Willkür zu
erkennen (s. auch Sarkhosh 2000: 254): Kultur ist wie immer auch etwas
Gemachtes. Hinsichtlich der Frage einer Ausblendung innergesellschaftlicher
Machtverhältnisse zugunsten von internationalen lässt sich festhalten, dass
letztere zwar klar im Vordergrund stehen, Herrschafts- und auch Klassenver-
hältnisse im Iran (autoritäres Regime, ländliche Eliten, reiche Städter, rück-
wärtsgewandte Kleriker) jedoch klar benannt und kritisiert werden. Somit
fi nden sich im Konzept sowohl Element des neo-populistischen als auch des
skeptischen post-development. Die Zurückweisung der Verwestlichung und
die Betonung eigenständiger kultureller Traditionen sind aber gepaart nicht
mit einer Propagierung der Rückkehr zur traditionellen Subsistenzwirtschaft,
sondern mit der Erfi ndung einer islamischen Moderne.
Kann gharbzadegi im Iran als Ideologie reaktionärer einheimischer Eliten
gelten? Diese Frage ist angesichts der Vereinnahmung des Konzepts seitens
der neuen Machthaber nach der Revolution (die sich übrigens auch in einer
172 Wolfram Schaffar & Aram Ziai
„gemeinsamen“ posthumen Veröffentlichung von Shariati und Staatsober-
haupt Ayatollah Khamene’i zeigt, s. Khamene’i & Shariati 1997) eindeutig
zu bejahen. Dass das Konzept hierbei allerdings in mehrerlei Hinsicht umin-
terpretiert werden musste, bevor es zur Festigung der Herrschaftsverhältnisse
in der Islamischen Republik Iran eingesetzt werden konnte, deutet darauf
hin, dass es sich nicht per se um ein reaktionäres Konzept handelt. Auch
wenn es von modernisierungstheoretischen Annahmen und einem starken
Avantgardedenken geprägt ist (Al-i Ahmad 1984 [1962]: 92f), so fi nden sich
doch einige emanzipative Elemente im gharbzadegi: die Kritik am westli-
chen wirtschaftlichen und kulturellen Imperialismus, die Suche nach einem
eigenständigen dritten Weg zwischen Kapitalismus und Staatssozialismus,
das Bekenntnis zu demokratischen Werten wie auch zu sozialer Gleichheit,
und nicht zuletzt die Einforderung einer tatsächlichen Gleichberechtigung
der Geschlechter.
Fazit
In beiden Fallstudien zeigt sich, dass die propagierten Konzepte – Suffi zienz-
wirtschaft und gharbzadegi – zentrale Elemente des Entwicklungsparadig-
mas wie die Idee des Nachholens oder die Übernahme westlicher Modelle
(im Bereich der Ökonomie, des Sozialen, der Kultur) ablehnen und daher
als Alternativen im Sinne des post-development gelten können. Die Proteste
in Thailand wie im Iran 2009 und 2017/2018 gegen die autoritären Regime
und ihre reaktionären „Alternativen zur Entwicklung“ lassen sich jedoch
in zweierlei Hinsicht interpretieren: Zum einen erheben sich die Menschen
in beiden Ländern gegen die politische Entmündigung, die im Iran und in
Thailand mit den jeweiligen post-development-Konzepten legitimiert wird.
Diese Entmündigung folgt in beiden Fällen der gleichen Gedankenfi gur
und diffamiert jede Form von Kritik an den politischen Verhältnissen als
falsches Bewusstsein, als Kontaminierung durch westliches oder kapitalis-
tisches Denken.
Zum anderen artikuliert sich in der Ablehnung der post-development-
Konzepte das Aufbegehren gegen soziale Ungleichheit und die Forderung
nach konkreten sozioökonomischen Verbesserungen, die – vor dem Hin-
tergrund der weltweiten Krisengeschehen – immer dringlicher erscheinen.
Unsere Analyse zeigt, dass die Unterscheidung zwischen neo-popu-
listischem und skeptischem post-development zwar sinnvolle Analyse-
kategorien bietet, die empirische Realität sich jedoch nicht passgenau in
diese einfügt. Gerade gharbzadegi steht zwischen beiden Kategorien, und
auch die thailändische Suffi zienzwirtschaft entspricht nicht vollständig
Reaktionäre Alternativen zur „Entwicklung“? 173
der als neo-populistisch identifi zierten Variante des post-development.
Unzweifelhaft ist die Instrumentalisierung beider Konzepte als Herrschaft-
sideologie in Thailand und im Iran. Wir halten es jedoch für verfehlt, von
der Vereinnahmung der betreffenden Konzepte durch reaktionäre Regime
auf den reaktionären Charakter der Konzepte zu schließen, wie dies in
der Kritik am post-development nicht selten praktiziert wird. Wie wir zu
zeigen versucht haben, beinhalten die beiden hier untersuchten Konzepte
durchaus progressive Elemente und emanzipatives Potential. Und in ihren
jeweiligen historisch-politischen Kontexten haben beide auf ernst zu neh-
mende Probleme hingewiesen: solche des globalisierten Kapitalismus und
der Weltmarktöffnung in Thailand und solche einer westlich orientierten
Zwangsmodernisierung – mit dem Ziel der Durchsetzung eines autoritären
Kapitalismus – im Iran.
Wir halten es für zentral, diese Elemente und dieses Potential nicht zu
übersehen und die angesichts der drängenden Probleme nicht nur des glo-
balen Kapitalismus, sondern der industriellen Moderne generell notwendige
Suche nach Alternativen nicht per se durch den beschriebenen Fehlschluss
zu diskreditieren. Sie darf nicht reaktionären Regimen wie in Thailand und
im Iran überlassen werden.
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Anschriften der Autoren:
Wolfram Schaffar Aram Ziai
wolfram.schaffar@gmx.de ziai@uni-kassel.de