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HR Consulting Review, Band 9

Authors:
  • Humboldt University Berlin / University of Applied Management / IQP

Abstract

Im jährlichen Herausgeberband „HR Consulting Review“ stellen PersonalmanagerInnen aktuelle Projekte, innovative Modelle und Sichtweisen sowie wissenschaftliche Studien aus der Unternehmenspraxis vor. Die Themen stammen aus den Bereichen Führung, Personalauswahl, PE und Organisationsentwicklung. Die Autoren der Artikel sind PersonalmanagerInnen aus Organisationen verschiedener Branchen im deutschsprachigen Raum.
Human Resources
Consulting Review
2018
Herausgeber: Prof. Dr. Jens Nachtwei
Band 9 / 2018
HR Consulting Review, Band 9 / 2018, ISSN 2196-0232 2
vante Publikationen aus der praxisnahen, universitären
Lehre zur Verfügung zu stellen. Alle Publikationen sind
frei zum Download auf ResearchGate verfügbar.
Die Veröffentlichungsreihe für Qualitätssicherung in Per-
sonalauswahl und -entwicklung (VQP) baut eine Brücke
zwischen theoretischen Erkenntnissen und praktischer
Anwendung im Bereich Human Resources.
Ziel ist es, einer breiten Leserschaft aus dem Arbeits-
feld sowie fachlich interessierten Studierenden rele-
Veröffentlichungsreihe
Ringvorlesung „Personal- und Organisationsberatung“
entwickelt, so dass die Autoren auf Basis ihres Artikels
einen Vortrag an der HU Berlin halten. Alle Artikel wer-
den einem Review-Prozess durch den Herausgeber
Prof. Dr. Jens Nachtwei unterzogen.
Im jährlichen Herausgeberband „HR Consulting Re-
view“ stellen PersonalmanagerInnen aktuelle Projek-
te, innovative Modelle und Sichtweisen sowie wissen-
schaftliche Studien aus der Unternehmenspraxis vor.
Die Themen stammen aus den Bereichen Führung, Per-
sonalauswahl, PE und Organisationsentwicklung.
Die Autoren der Artikel sind PersonalmanagerInnen
von Unternehmen verschiedener Branchen im deutsch-
sprachigen Raum. Die Artikel werden begleitend zur
HR Consulting Review
Veröffentlichungsreihe für Qualitätssicherung in Personalauswahl und -entwicklung (VQP)
HR Consulting Review, Band 9/2018
Herausgeber: Prof. Dr. Jens Nachtwei
Layout und Satz: Udo Faust
Lektorat: Katharina Nachtwei
ISSN 2196-0232
In einigen Artikeln des Herausgeberbandes wird die männliche Sprachform verwendet. Gemeint sind alle Geschlechter
gleichermaßen. Die Verwendung der männlichen Sprachform impliziert keine Benachteiligung anderer Geschlechter.
Bild: © ag visuell – stock.adobe.com
Copyright © VQP
HR Consulting Review, Band 9 / 2018, ISSN 2196-0232 3
Der vorliegende Band soll dabei unterstützen und
nicht nur Studierende, sondern auch Praktiker und
Hochschullehrer mit Impulsen bereichern. So wird Ta-
lent Management aus unterschiedlichen, komplementä-
ren Perspektiven beleuchtet: In Zeiten erhöhter Agilität,
vor dem Hintergrund voranschreitender Internationali-
sierung und mit Fokus auf die Führungskraft als Treiber
derartiger Management-Systeme.
Ob Systeme wiederum die richtige Lösung für prak-
tische Probleme sind, bleibt fraglich und Lösungen
werden geboten: wie beispielsweise überschaubare
Elemente des Coachings statt umfassender Führungs-
theorie oder knappe Kompetenzenbilanz statt endloser
Kompetenzmodellierungsprozesse.
Zudem ist ein guter Mix aus Klassikern der HR-Welt
gelungen: Das A wie Arbeitgebermarke und O wie Or-
ganisationskultur der Profession werden von kundigen
Experten in knapper und verständlicher Form diskutiert.
Jedoch auch Nischen füllen sich in diesem neunten
Band mit Leben. So wird die leider oft ignorierte, fast
schon aktiv gemiedene, nanzielle Ebene der Personal-
arbeit ins Zentrum gerückt: Indem die Folgen von Kon-
ikten in Organisationen beziffert werden – in Euro und
Cent; eine schöne und überfällige Ergänzung zum be-
kannten Narrativ dieses Gebietes. Und es werden Alter-
nativen aufgezeigt. Ansätze wie die systematische Ent-
wicklung einer Laufbahn für die Fachkarriere, die zwar
auf einschlägigen Veranstaltungen der HR-Community
benannt, jedoch selten wirklich gelebt werden.
„HR kann jeder?“ Das kommt darauf an. Nicht zuletzt
auf die Autoren, die ihr Handwerk beherrschen und be-
reit waren, ihre Erkenntnisse zu teilen. Somit rücken
Forschung und Praxis in HR wieder ein kleines Stück
näher zusammen.
Prof. Dr. Jens Nachtwei
„HR kann jeder.“ So oder so ähnlich hört man es noch
heute an deutschen Hochschulen sowie in Unterneh-
men und Verwaltungen. Es scheint also leicht zu sein,
Bewerber für die eigene Organisation zu begeistern,
nach allen Regeln der Kunst ihre Eignung für eine be-
stimmte Laufbahn festzustellen, sie in bestehende
Teams und Kulturen einzubinden – und die neuen Mitar-
beiter überhaupt zu binden. Ganz zu schweigen von der
Entwicklung des eigenen Personals und mittelbar der
Organisation insgesamt. Das kann also jeder.
Eigenartig nur, dass noch immer viele Unternehmen
und Verwaltungen über Nachwuchsprobleme klagen –
andere jedoch nicht. Sonderbar, dass einige ein Händ-
chen für die Personalauswahl haben, andere die Fal-
schen einstellen und zu allem Überuss auch noch die
Richtigen ziehen lassen. Und befremdlich wie kostspie-
lig zugleich, dass so viele Veränderungsprojekte – so-
wohl auf der Ebene des Einzelnen im Rahmen der Per-
sonalentwicklung, als auch hinsichtlich der gesamten
Organisation, so gnadenlos scheitern.
Im inzwischen neunten Band der Reihe HR Consul-
ting Review zeigen die Autoren, dass HR ein anspruchs-
volles und wirtschaftlich hoch relevantes Feld ist. Eines,
das nur durch den Schulterschluss von akademischer
und praktischer Welt begreifbar und überhaupt be-
handelbar ist. Weder ausladende Theorien, noch teils
Voodoo-artige Praxis-Kniffe allein können die heutigen
Probleme von Organisationen lösen.
Die Autoren zeigen, dass in eben dieser Zwischenwelt
die Stärke von HR liegt. Ebenso wie die Ringvorlesung
Personal- und Organisationsberatung, die sie als Gast-
dozenten bereichert haben: Eine Vorlesung, die nicht
nur vom Wechsel der Themen, sondern auch der Per-
spektiven lebt. Die provoziert und Studierende einlädt,
über das Thema, die Rolle von HR und ihre eigene Po-
sitionierung in der Arbeitswelt zu reektieren.
Editorial
Für ein echtes Miteinander: Forschung und Praxis in HR
Prof. Dr. Jens Nachtwei
HR Consulting Review, Band 9 / 2018, ISSN 2196-0232 4
Internationales Personalmanagement: Entwicklung, Schwerpunkte, zukünftige
Herausforderungen
Prof. Dr. Stephan Weinert. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
Professor für Internationales Personalmanagement, Hochschule Ludwigshafen
Die Rolle des Recruitings im War for Talent 2.0
Dr. Frederick Steinke1 & Victoria Heumann2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
1) Head of Recruiting & Sourcing, Allianz Technology SE
2) Trainee Human Resources, Unternehmensgruppe Theo Müller
Efziente globale Talentauswahl bei Stabilus
Dr. Michael Ruppel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
Head of Global Personnel and Organizational Development, Stabilus GmbH
Digitale Transformation – Quo vadis, Personalentwickler?
Dr. Martin Hanauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
Leiter Personalentwicklung und Training, ADAC SE
Karriereberatung als Instrument nachhaltiger Personalentwicklung:
Die Kompetenzenbilanz
Dr. Claas Triebel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
Geschäftsführer, Performplus GmbH
Agilität und Talent Management: Wunsch oder Wirklichkeit?
Dr. Lynn Schäfer1 & Prof. Dr. Marion Festing2 & Katharina Harsch3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
1) Geschäftsführerin Talent Management Institut
2) Lehrstuhl für Personalmanagement und Interkulturelle Führung; Akademische Direktorin Talent Management Institut
3) wissenschaftliche Mitarbeiterin, ESCP Europe Berlin
Konzept zum Aufbau einer Fachkarriere
Dr. Heike Baader . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
Head of People Development, Chiesi GmbH Hamburg
Die Führungskraft als Erfolgsfaktor für wirksames Talent Management
Dr. Mathias Fröck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
Leiter Fachbereich Personalentwicklung, Techniker Krankenkasse Hamburg
Führungstheorien – Elemente des Coachings sind wertvoll
Dr. Klaus Weigeldt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
Bereichsleiter Personal, PIN Mail AG, Berlin
Inhaltsverzeichnis
HR Consulting Review, Band 9 / 2018, ISSN 2196-0232 5
Innovative Führung: Warum Goliath so schwer von David lernt
Dr. Sonja Bausch. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
Beraterin/ Coach/ Trainerin, ehemals HR Siemens
Konikte: Ihre Kosten sichtbar machen und an ihnen die Organisation stärken
Dr. Felix Blum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
Leiter Personal, SPIEGEL-Gruppe
Vertriebspsychologie: status «quo» vadis
Prof. Dr. Jens Nachtwei, Annina Fischer, Justus Walf & Janina Zinke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
Index . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
Inhaltsverzeichnis
HR Consulting Review, Band 9 / 2018, ISSN 2196-0232 6
1. Einführung
Das Internationale Personalma-
nagement ist eine relative junge
und hochgradig interdisziplinäre
Wissenschaftsdisziplin. Sie um-
fasst Beiträge aus dem Personal-
management, dem Internationalen
und Interkulturellen Management,
dem Organizational Behaviour oder
der Anthropologie, um nur einige zu
nennen.
Die ersten Veröffentlichungen
sind in den 1960er Jahren erschie-
nen. Seitdem hat sich die Disziplin
sehr dynamisch weiterentwickelt.
Dafür sprechen nicht zuletzt eine
steigende Anzahl an Vorlesungen
und Seminaren an Hochschu-
len, Professuren mit dezidiertem
Schwerpunkt auf das Internationale
Personalmanagement sowie un-
zählige Publikationen in verschie-
densten Fachzeitschriften.
Daher würde der Versuch, den
Lesern dieses Artikels einen um-
fassenden Überblick zum For-
teten in zunehmendem Maß
Tochtergesellschaften.
Dies stellte das Personalmanage-
ment vor die Herausforderung, auf
der einen Seite ein möglichst ho-
hes Ausmaß an Standardisierung
zu gewährleisten, um damit bspw.
verschiedene Arten von Skalenvor-
teilen zu realisieren.
Auf der anderen Seite musste
das Personalmanagement lokal,
z. B. aufgrund spezischer rechtli-
cher Rahmenbedingungen, ange-
passt werden. Die richtige Balan-
ce zwischen Standardisierung und
Differenzierung zu gewährleisten,
beschäftigt die Personalforschung
und -praxis bis zum heutigen Tag.
Ein weiterer Forschungsschwer-
punkt, der mit der steigenden An-
zahl an Auslandsniederlassungen
einhergeht, ist die (ursprünglich)
längerfristige Entsendung von Mit-
arbeitern, sog. „Expatriates“.
Eine grundlegende Frage war,
inwieweit sich Expatriates an ihre
schungsfeld zu geben, auch kläg-
lich scheitern (Für eine Übersicht
siehe bspw. Schuler, Budhwar &
Flokowski, 2002; Stahl, Björkmann
& Morris, 2012.).
Vielmehr soll im Folgenden
der Fokus auf die zentralen For-
schungsschwerpunkte sowie auf
die sich abzeichnenden zukünfti-
gen Entwicklungen gelegt werden.
2. Zentrale Forschungsfelder
2.1 Internationales Personal-
management in multinationalen
Unternehmen
Lange Zeit standen ausschließ-
lich die Tätigkeiten internationaler
Unternehmen im Mittelpunkt des
Interesses. Im Zuge der Globa-
lisierung begannen deutsche
Unternehmen verstärkt ihre Ge-
schäftstätigkeiten auf das Ausland
auszudehnen.
Dabei setzten sie nicht nur
auf den Export als Marktein-
trittsstrategie, sondern errich-
Internationales
Personalmanagement:
Entwicklung, Schwerpunkte,
zukünftige Herausforderungen
Prof. Dr. Stephan Weinert1
1 Professor für Internationales Personalmanagement, Hochschule Ludwigshafen
SCHLÜSSELWÖRTER: Internationales Personalmanagement, Personalforschung, Personalmanagement in inter-
nationalen Unternehmen, international komparatives Personalmanagement, interkulturelles Personalmanagement
KURZFASSUNG: Das Internationale Personalmanagement stellt eine noch relativ junge, jedoch sehr facettenreiche
und dynamische Disziplin dar. In diesem Beitrag werden die zentralen Forschungsfelder skizziert sowie ein Ausblick
auf zukünftig relevante Themenfelder gegeben.
HR Consulting Review, Band 9 / 2018, ISSN 2196-0232 7
neue lokale Umgebung anpassen
müssen, um efzient handeln zu
können.
Weitere Forschungsfragen bezo-
gen sich auf die Art und Bedeutung
der im Ausland eingenommenen
Funktionsbereiche, die hierarchi-
sche Stellung und Zentralität der
Position im Ausland, die Richtung,
Häugkeit und Dauer der Trans-
fers, der Zeitpunkt im individuellen
Karrierezyklus, die Intensität und
Kommunikationsmuster in der Be-
ziehung zwischen den Entsandten
und der entsendenden Einheit und
die Art der Wiedereingliederung
nach dem Auslandseinsatz.
2.2 Internationales komparatives
Personalmanagement
Eine andere Forschungsrichtung
beschäftigt sich mit dem Vergleich
von Personalmanagementprakti-
ken zwischen Ländern.
Eng damit verbunden ist die Dis-
kussion um das „universalisti-
sche versus kontextorientierte
Paradigma“. Diese repräsentieren
unterschiedliche und meist unhin-
terfragte Denkweisen.
Der Universalismus ist vor allem
US-amerikanisch geprägt. Des-
sen Befürworter gehen davon aus,
dass im Personalmanagement all-
gemeingültige „Wahrheiten“ bzw.
„Best Practices“ existieren.
Diese gilt es durch wissenschaft-
liche Genauigkeit herauszunden
und anzuwenden, um die Unterneh-
mensperformance zu maximieren.
Damit einher geht ein dedukti-
ves, hypothesentestendes, quanti-
tatives Vorgehen in der Personal-
forschung.
Dem gegenüber stehen die Be-
2015), wird jedoch dominiert durch
Vertreter, die versuchen, Kerndi-
mensionen, mit denen sich Lan-
deskulturen beschreiben und unter-
scheiden lassen, zu ermitteln.
Besonders bekannt sind in die-
sem Kontext die Arbeiten von
Hofstede (1980, 2001).
Neueren Datums sind die Arbei-
ten, die zum Global Leadership and
Organizational Behaviour Effec-
tiveness (GLOBE)-Forschungspro-
gramm gehören.
Im Unterschied zu Hofstede und
anderen früheren Vertretern wollten
die GLOBE-Wissenschaftler jedoch
nicht nur Kulturdimensionen analy-
tisch ableiten.
Eine weitere zentrale Fragestel-
lung lautete, ob es kulturübergrei-
fend akzeptierte Führungsstile gibt.
Der GLOBE-Studie zufolge wer-
den weltweit charismatische, team-
orientierte und überwiegend auch
partizipative Ansätze von Führung
als wünschenswert eingestuft.
Wie stark der jeweilige Führungs-
stil favorisiert wird, schwankt je-
doch in Abhängigkeit von der Kultur
(Gasteiger, Kaschube & Rathjen,
2016).
Der Einuss der Landeskul-
tur wird jedoch nicht nur im Zu-
sammenhang mit Führung dis-
kutiert, sondern bspw. auch in
Bezug auf Kommunikation oder
Entscheidungsndung.
Bei den personalwirtschaftlichen
Feldern geht es zudem um Themen
wie internationale Personalauswahl
und -entwicklung, Management in-
terkultureller Teams sowie Fragen,
die sich mit der Entsendung und
Wiedereingliederung von Expatria-
tes befassen (Festing, 2007).
fürworter des kontextorientierten
Paradigmas.
Sie weisen den Best-Practice-
Ansatz zurück und argumentieren,
dass das Personalmanagement
aufgrund landestypischer institutio-
neller und kultureller Unterschiede
zwangsläug angepasst werden
muss (Brewster et al., 2016). Einen
global gültigen Best-Practice-Stan-
dard kann es daher nicht geben.
Die Literatur zu komparativen As-
pekten des internationalen Perso-
nalmanagements umfasst sowohl
theoretisch-konzeptionelle als auch
empirische Beiträge (Boxall, 1995;
Brewster, 1995; Brewster, Tregas-
kis, Hegewisch & Mayne, 1996).
Dabei wird insbesondere die Fra-
ge nach der „Konvergenz“ oder „Di-
vergenz“ diskutiert.
Unter Konvergenz ist eine Annä-
herung des Personalmanagements
zwischen Ländern zu verstehen,
während Divergenz auf Unter-
schiedlichkeit hinweist.
Besonders bedeutsam ist in die-
sem Zusammenhang das Craneld
Project, ein internationaler For-
schungsverbund, der das Ziel ver-
folgt, Unternehmenspraktiken auf
dem Gebiet des Personalmanage-
ments auf internationaler Ebene zu
vergleichen.
2.3 Interkulturelles Personalma-
nagement
Das interkulturelle Personalma-
nagement analysiert das Verhalten
von Menschen in Organisationen
im internationalen und damit inter-
kulturellen Kontext.
Dieses Themenfeld lässt sich
durch unterschiedliche Zugangs-
weisen erschließen (Romani,
Internationales Personalmanagement
HR Consulting Review, Band 9 / 2018, ISSN 2196-0232 8
den zuwendet. Die meisten Studi-
en sind zwar weiterhin vorwiegend
quantitativ, hypothesentestend –
doch wir werden auch Zeuge von
einer wachsenden Anzahl an qua-
litativen, hypothesengenerierenden
Studien.
Inhaltlich werden zudem Themen
wie das Wissensmanagement, das
Veränderungsmanagement, das
Management internationaler Joint
Ventures, der efzientere Transfer
von Managementpraktiken inner-
halb eines globalen Unternehmens
sowie die Suche nach besseren
Möglichkeiten der Strategieumset-
zung ihren festen Platz im inter-
nationalen Personalmanagement
beibehalten.
Mit so einem breiten, komplexen
und dynamisch wachsenden Spek-
trum an Themen wird es jedoch zu-
nehmend schwer, die Grenzen des
internationalen Personalmanage-
ments zu bestimmen.
Dies könnte zu einem Richtungs-
verlust führen (Buckley & Casson,
2009), kann aber auch schlicht-
weg als eine logische Konsequenz
der wachsenden Relevanz und
des sich erweiternden Spektrums
der Forschung im internationalen
Personalmanagement angesehen
werden.
4. Fazit
Blickt man auf die noch relativ jun-
ge Forschung im internationalen
Personalmanagement zurück, so
kann die Disziplin sicherlich für sich
in Anspruch nehmen, die Personal-
forschung deutlich bereichert zu
haben.
Andererseits muss sie sich der
Kritik stellen, dass mit der Vielzahl
3. Entwicklungen und zukünftige
Herausforderungen
Seit den hier skizzierten Anfängen
hat sich das Ausmaß der internati-
onalen Personalmanagementfor-
schung wesentlich vergrößert.
Die Entsendung von Expatria-
tes von der Muttergesellschaft zur
Auslandsniederlassung ist weiter-
hin von Bedeutung, wobei sich die
Betrachtung auf andere internati-
onale Akteure ausgeweitet hat: In-
patriates, Repatriates, Bürger aus
Drittstaaten, lokale Mitarbeiter von
ausländischen Tochtergesellschaf-
ten und selbst-initiierte Expatriates.
Im Kontext der Expatriate-
Forschung war die Anpassungs-
notwendigkeit und -fähigkeit der
Entsandten an die jeweilige auslän-
dische Landeskultur von großem
Interesse.
Dieses Forschungsfeld wird auch
zukünftig relevant bleiben. Doch
gilt es auch hier die Perspektive zu
erweitern.
Im Zuge steigender Migration
wird eine wesentliche Herausfor-
derung sein, wie ausländische
Arbeitskräfte nachhaltig integriert
werden können und wie Unterneh-
men in diesem Zusammenhang
Kreativität, Wissensaustausch und
gegenseitiges Lernen in einer zu-
nehmend multikulturellen Gesell-
schaft ermöglichen können.
Im Zuge der Globalisierung ver-
ändern sich auch die Biographien
moderner Wissensarbeiter.
Wenn deren Lebensweisen und
Karrieremodelle mit zunehmend
multi-kulturellen, multi-lingualen
und selbst-initiierten Auslandstätig-
keiten betrachtet werden, so ver-
wischt nicht nur die traditionelle Un-
terscheidung zwischen einheimisch
und fremd.
Solche Mitarbeiter verfügen über
das, was Wissenschaftler als „Glo-
bal Mindset“ beschreiben, die Fä-
higkeit, unterschiedliche Kulturen
zu verstehen und diese miteinander
in Einklang zu bringen.
Ob und wie diese Fähigkeit ge-
zielt entwickelt und genutzt wer-
den kann, um nachhaltige Wett-
bewerbsvorteile für Unternehmen
zu generieren, stellt eine untersu-
chenswerte Herausforderung für
die Forschung im internationalen
Personalmanagement dar.
Auch das interkulturelle Perso-
nalmanagement steht vor weiteren
Herausforderungen. Kulturelle Un-
terschiede sind vielschichtiger und
komplexer als es eine Zahl an Kul-
turdimensionen adäquat wiederge-
ben kann.
Besonders kritisch ist zu sehen,
wenn Kulturunterschiede zwischen
Ländern auf ein reines Distanzmaß
reduziert werden.
Außerdem sind kulturelle Unter-
schiede nicht nur zwischen Ländern
relevant, sondern auch zwischen
Regionen innerhalb eines Landes.
Zudem werden institutionelle Dif-
ferenzen zwischen Ländern zu oft
in Studien vernachlässigt, wahr-
scheinlich weil sich diese nicht so
einfach auf wenige Dimensionen
analytisch reduzieren lassen.
Es wird spannend sein zu sehen,
wie die bislang starke US-amerika-
nische Forschung vermehrt durch
Ansätze aus anderen Ländern er-
weitert wird.
Zusätzlich ist zu beobachten,
dass sich die Forschung langsam
auch weiteren Forschungsmetho-
Internationales Personalmanagement
HR Consulting Review, Band 9 / 2018, ISSN 2196-0232 9
an behandelten Themen eine man-
gelnde Abgrenzung und Schwer-
punktsetzung einhergeht.
Insgesamt blickt das internationa-
le Personalmanagement jedoch in
eine spannende Zukunft – sowohl
thematisch als auch methodisch.
Es bleibt zu hoffen, dass die Dis-
ziplin zudem ihrem stark interdiszi-
plinären Charakter treu bleibt.
Sollte dem so sein, können von
ihr noch zahlreiche wichtige Impul-
se, Erklärungen und Handlungs-
empfehlungen erwartet werden.
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Internationales Personalmanagement
HR Consulting Review, Band 9 / 2018, ISSN 2196-0232 10
Einleitung
Als die Welle des wirtschaftlichen
Aufschwungs nach den Terroran-
schlägen in den USA im Jahr 2001
langsam wieder abklang, waren
viele Wirtschaftsexperten der Mei-
nung, dass damit auch der „War for
Talent“, ein Begriff, der bereits 1997
durch die Strategieberatung McKin-
sey & Company geprägt wurde, ein
Ende habe (Busold & Adams, 2013,
Michaels u. a., 2001).
Das Gegenteil war jedoch der
Fall.
Dem heutigen „Kampf um die
besten Talente“ liegen jedoch ande-
re spezische Ursachen zugrunde,
weswegen dieses Phänomen häu-
g als „War for Talent 2.0“ bezeich-
net wird (Busold & Adams, 2013).
Die wohl bekanntesten und am
besten erforschten Ursachen, sind
dabei der demographische Wandel
und die zunehmende Überalterung
der Gesellschaft; zwei Phänome-
Demnach werden „in Deutschland
jedes Jahr 20.000 MINT-Fachkräfte
weniger ausgebildet als erforder-
lich, um akute Personalbedarfe zu
decken“ (Trost, 2012, S. 12).
Wie können Unternehmen nun
am besten dem Kampf um die
Talente begegnen?
Zunächst weicht die traditionelle
vakanzfokussierte Herangehens-
weise der Personalgewinnung ei-
nem talentorientierten Ansatz.
Dabei wird der Rekrutierungs-
prozess nicht mehr durch das Vor-
handensein und die Ausschreibung
einer zu besetzenden Position ein-
geläutet, sondern vielmehr durch
die kontinuierliche Suche und An-
sprache qualizierter Fachkräfte
auf dem Arbeitsmarkt.
Bei der Besetzung von Engpass-
und Schlüsselfunktionen wird nicht
mehr länger nach einem „Talent
für die Vakanz gesucht, sondern
ne, die Deutschland im Vergleich
zu anderen Industrienationen be-
sonders stark betreffen (Busold &
Adams, 2013; Trost, 2012).
Ein anderer unterstützender Fak-
tor ist die zunehmende Transparenz
der Arbeitsmärkte bedingt durch die
Digitalisierung.
Mit Hilfe von Suchmaschinen und
Jobbörsen können potenzielle Mit-
arbeiter innerhalb von Sekunden
tausende Stellenangebote nden
und miteinander vergleichen.
Gleichzeitig machen es soziale
Netzwerkseiten und Bewertungs-
portale wie Facebook, XING, Linke-
dIn oder kununu leicht, sich detail-
lierte Unternehmensinformationen
zu beschaffen.
Zugespitzt wird der War for Talent
durch den Mangel an Fachkräften
aus den Bereichen Mathematik, In-
formatik, Naturwissenschaften und
Technik, sogenannte „MINT-Fach-
kräfte“.
Die Rolle des Recruitings
im War for Talent 2.0
Dr. Frederick Steinke1 & Victoria Heumann2
1 Head of Recruiting & Sourcing, Allianz Technology SE
2 Trainee Human Resources, Unternehmensgruppe Theo Müller
SCHLÜSSELWÖRTER: Arbeitgeberattraktivität, Arbeitgebermarke, Candidate Experience, Employer Branding,
Recruiting
KURZFASSUNG: Dem „War for Talent 2.0“ können Unternehmen nur durch eine kontinuierliche und aktive (globale)
Suche und Ansprache qualizierter Fachkräfte entgegenwirken. Dabei benötigen Recruiter mehr denn je ein aus-
geprägtes Kommunikations- und Verhandlungsgeschick. In Verbindung mit dem Auf- bzw. Ausbau einer starken Ar-
beitgebermarke, die langfristig das Arbeitgeberimage positiv beeinusst, wird dem Bewerber der bestmögliche, aber
realistische Eindruck vom Unternehmen und seinen Mitarbeitern vermittelt. Durch diese aktive, positive Gestaltung
der Candidate Experience gelingt es, eine längerfristige Beziehung zu Kandidaten aufzubauen. Das Ziel dahinter
sollte sein, dass sich diese Kandidaten eine spätere Tätigkeit im Unternehmen vorstellen können.
HR Consulting Review, Band 9 / 2018, ISSN 2196-0232 11
umgekehrt: Für ein identiziertes
Talent wird eine Vakanz gesucht.“
(Trost, 2012, S. 18).
Für Recruiter bedeutet dies eine
kontinuierliche Suche nach talen-
tierten und motivierten Kandidaten
auf dem Arbeitsmarkt, unabhän-
gig von aktuellen Unternehmens-
vakanzen.
Die talentfokussierte Herange-
hensweise bei der Rekrutierung
neuer Mitarbeiter ist Teil des Talent
Relationship Management (TRM),
ein Strategieansatz, der aus den
Folgen des Fachkräftemangels her-
aus entstanden ist.
TRM meint nicht die direkte Aus-
einandersetzung mit einem be-
stimmten Kandidaten, sondern viel-
mehr mit einer vorher denierten,
schwer zu erreichenden Zielgruppe
(Trost, 2012).
Wichtig ist es, hierbei einen ziel-
gruppenspezischen Ansatz zu
verfolgen, bei dem zuvor denier-
te Sourcing Methoden und Kanäle
(gleichzeitig) Verwendung nden.
Der Recruiter muss, ähnlich wie
ein Vertriebsmitarbeiter (Athanas,
2014), großes Verhandlungsge-
schick zeigen, um den Kandidaten
von den Stärken des Unternehmens
sowie dem „person-job t“ und dem
„person-organization t“ zu über-
zeugen (Dannhäuser, 2014).
Ergänzend gewinnt, neben „Di-
rect Sourcing“, das vor allem die
persönliche Kandidatenansprache
bei Messen oder anderen Recrui-
ting-Events meint, vor allem „Active
Sourcing“, die webbasierte Varian-
te, immer mehr an Bedeutung.
Gemeint ist damit die proaktive
Kandidatenansprache über meist
beruiche Netzwerkseiten wie
Arbeitgeberattraktivität: Die
Auswirkungen von Marke, Image
und Arbeitgeberversprechen
Zusätzlich zum Recruiterverhalten,
„[…] spielt die Arbeitgebermarke
eine wichtige Rolle im komplexen
Auswahl- und Entscheidungspro-
zess von Bewerbern, die auf der
Suche nach dem idealen Arbeit-
geber sind“ (Hesse & Mattmüller,
2015, S. 22).
Während die Unternehmensmar-
ke (corporate brand) ein Bild von
der Organisation als Ganzes, inklu-
sive seiner Produkte und Dienst-
leistungen, aufzeichnet, begründet
die Arbeitgebermarke (employer
brand) „die Identität eines Unter-
nehmens als Arbeitgeber.
Sie umfasst die Werte, Systeme,
Strategien und Verhaltensweisen
des Unternehmens mit dem Ziel für
aktuelle und potenzielle Mitarbeiter
attraktiv zu sein, sie zu motivieren
und an das Unternehmen zu bin-
den“ (Dell u. a., 2001 zit. nach Hes-
se & Mattmüller, 2015, S. 20).
Die Arbeitgebermarke lässt
sich anhand von vier Merkmalen
beschreiben: Positive Abgren-
zung, Loyalität, Zufriedenheit
und emotionale Bindung (Davis,
2006 zit. nach Kanning, 2017,
S. 138).
Durch die Einleitung von Maß-
nahmen zum Aufbau einer starken
Arbeitgebermarke soll langfristig
das Arbeitgeberimage positiv be-
einusst werden.
An dieser Stelle setzt das Emplo-
yer Branding ein.
Alle Maßnahmen im Rahmen
des Employer Branding haben also
zum Ziel, die Arbeitgebermarke
zu stärken und sind daher strate-
XING oder LinkedIn, schließt aber
auch die Suche über Suchmaschi-
nen ein.
Laut einer Umfrage unter 297
Unternehmen gaben 49 % der Be-
fragten an, Active Sourcing als Re-
cruitingkanal zu nutzen (Statista,
2016).
Explizit bedienen sich derzeit
über 23 % der 1.000 größten deut-
schen Unternehmen der Plattform
XING für die direkte Kandidatenan-
sprache (Weitzel u. a., 2015, S. 13).
Dabei fängt die direkte Kommuni-
kation im Web bereits bei der On-
line-Stellenausschreibung an.
Diese ist – nach wie vor – das
wichtigste Rekrutierungsinstrument
und sorgt für die höchste Bewerber-
korrespondenz.
Die Online-„Jobbörse“ ist für 78 %
aller Kandidaten die erste Anlauf-
stelle, um sich über vakante Posi-
tionen zu informieren (StepStone
Trendstudie 2015).
Waren das aktive Werben und
das Erlangen der Aufmerksamkeit
erfolgreich, gilt es eine längerfristi-
ge Beziehung zu dem Kandidaten
aufzubauen, mit dem Ziel diesen
bei der nächstmöglichen Gele-
genheit für das Unternehmen zu
gewinnen.
Im Idealfall ist sowohl der Akqui-
seprozess als auch das Verhalten
des Recruiters so gestaltet, dass
der Kandidat den bestmöglichen
Eindruck vom Unternehmen und
seinen Mitarbeitern erhält und da-
durch der Wunsch in ihm geweckt
wird, Teil der Organisation zu
werden.
Das TRM schließt in diesem Fall
mit einer positiven Bewerbererfah-
rung (Candidate Experience) ab.
Die Rolle des Recruitings im War for Talent 2.0
HR Consulting Review, Band 9 / 2018, ISSN 2196-0232 12
ternehmen und Bewerber und so-
mit ein entscheidender Touchpoint
während der „Candidate Journey“
(Janze, 2012).
Obwohl der Bewerber aufgrund
von Vorwissen und Erfahrungen mit
einer bestimmten Erwartungshal-
tung in ein Vorstellungsgespräch
geht, wird er gegenüber der Orga-
nisation und seinen Mitarbeitern zu-
nächst unsicher sein.
Der Recruiter nimmt also eine
zentrale Repräsentations- und In-
formationsfunktion ein und beein-
usst damit maßgeblich die Arbeit-
geberattraktivität (Eberz, Baum &
Kabst, 2012).
Fazit
Recruiting muss aufgrund des aku-
ten Fachkräftemangels strategisch
und zielgerichtet sein.
Ein erfolgreiches TRM erfordert
nicht nur einen qualitativ hoch-
wertigen und zeitgemäßen Rek-
rutierungsprozess, sondern auch
erfahrene und geschulte Recrui-
ter, die für diese Herausforderun-
gen die notwendigen Fähigkeiten
mitbringen.
Neben einer proaktiven und ge-
winnenden Persönlichkeit, besitzt
der Recruiter 2.0 ein ausgeprägtes
Kommunikations- und Verhand-
lungsgeschick.
Auch wenn Fortbildungen der ak-
tuellen, sowie eine differenziertere
Personalauswahl von neuen Rec-
ruitern kurzfristig Mehrkosten ver-
ursachen, schmälern sie langfristig
nicht nur Mehraufwendungen durch
Fehlbesetzungen und höhere Fluk-
tuation, sondern lassen außerdem
den Bedarf an externen Providern
drastisch sinken.
gisch und langfristig ausgerichtet
(Wolf, 2014).
Dabei dient u. a. Social Media
Recruiting, als die bloße Internet-
präsenz auf sozialen Netzwerksei-
ten wie Facebook oder Twitter, der
Stärkung der Arbeitgebermarke
(Dannhäuser, 2014).
Bereits 2015 nutzten 35 % der
1.000 größten deutschen Unter-
nehmen die Social Media Platt-
form Facebook für Imagewerbung
und Employer Branding Aktivitäten
(Weitzel u. a., 2015, S.12f).
Diese Nachhaltigkeit grenzt das
Employer Branding vom Personal-
marketing ab.
Personalmarketing beinhaltet
operative Tätigkeiten, die auf die
Bedürfnisse und Erwartungen po-
tenzieller Arbeitgeber zugeschnit-
ten sind, mit dem Ziel „den Perso-
nalbedarf einer Organisation zu
decken“ (Wolf, 2014, S. 29).
Nichtsdestotrotz sind Employer
Branding und Personalmarketing
nicht unabhängig voneinander, viel-
mehr setzt das Personalmarketing
die Ziele des Employer Branding
auf operativer Ebene um.
Das Ziel der Arbeitgeberattraktivi-
tät ist es, neue, passende Mitarbei-
ter für ein Unternehmen zu gewin-
nen; ein Bestreben, das in Zeiten
des Fachkräftemangels umso mehr
an Bedeutung gewinnt.
Voraussetzung für eine hohe
Arbeitgeberattraktivität ist jedoch
grundsätzlich, dass nur reale und
authentische Unternehmensei-
genschaften kommuniziert werden
(Wolf, 2014).
Nichts schadet dem Image eines
Unternehmens mehr, als fehlende
Authentizität und Glaubwürdigkeit
aufgrund unerfüllter Bewerberer-
wartungen (Hesse & Mattmüller,
2015).
Candidate Experience: Arbeitge-
berattraktivität im Bewerbungs-
prozess
Eines der wichtigsten und nachhal-
tigsten Instrumente des Employer
Branding ist dabei die aktive Ge-
staltung der Candidate Experience.
Gemeint ist der „Gesamteindruck,
den ein potenzieller Bewerber im
Rahmen der Prozesse des Perso-
nalmarketings, des Recruitings und
darüber hinaus vom potenziellen
Arbeitgeber erhält.
Es geht dabei um das individuelle
Erleben in einem Bewerbungs- und
Auswahlprozess an allen direkten
und indirekten Kontaktpunkten mit
dem Unternehmen“ (Verhoeven,
2016, S. 12).
Je positiver die Eindrücke und Er-
fahrungen des Kandidaten an den
einzelnen Touchpoints, desto höher
die wahrgenommene Arbeitgebe-
rattraktivität, die wiederum aus-
schlaggebend für die Absicht des
Bewerbers ist, eine Stelle in diesem
Unternehmen anzutreten.
In ihrer Studie mit über 100.000
Einzelbeobachtungen konnten Ug-
gerslev u. a. (2012) zeigen, dass
indirekte und direkte Touchpoints
während der Candidate Journey
direkt nach den Arbeitgebermerk-
malen den größten Einuss auf die
Arbeitgeberattraktivität haben.
Das persönliche Einstellungsge-
spräch ist die zentralste und am
häugsten angewandte Methode
in der Personalauswahl (Achouri,
2010) und in der Regel der erste
persönliche Kontakt zwischen Un-
Die Rolle des Recruitings im War for Talent 2.0
HR Consulting Review, Band 9 / 2018, ISSN 2196-0232 13
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In der weiteren Forschung sollte
zudem der Zusammenhang von Ar-
beitgebermarke und dem Verhalten
des Recruiters im persönlichen Ein-
stellungsgespräch auf die Einschät-
zung der Arbeitgeberattraktivität,
sowie die Absicht des Bewerbers,
eine Beschäftigung in dem entspre-
chenden Unternehmen anzutreten,
untersucht werden.
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Die Rolle des Recruitings im War for Talent 2.0
HR Consulting Review, Band 9 / 2018, ISSN 2196-0232 14
Kein nachhaltiges Wachstum
ohne Talente…
Stabilus ist ein Spezialist für Gas-
federn, Dämpfer und elektrische
Antriebe. Der wesentliche Anteil
des Umsatzes wird in der Automo-
bilindustrie als Zulieferer für Dämp-
fungssysteme erwirtschaftet.
Mit Marktanteilen von 80-90 %
im europäischen und nordameri-
kanischen Markt kann Stabilus als
typischer mittelständischer „Hidden
Champion“ beschrieben werden.
Der Hauptsitz des Unternehmens
bendet sich in Koblenz. Produziert
wird in 16 Produktionsstätten in
neun verschiedenen Ländern. Aktu-
ell hat das Unternehmen ca. 6.500
Mitarbeiter.
Nach einer Stagnationsphase in
den Jahren 2000 bis 2011 wurde im
Jahr 2012 eine neue Wachstums-
strategie verfolgt.
Teil der Strategie war die Investiti-
on in strategische Personalentwick-
lungsmaßnahmen.
Um dem Wachstum gerecht wer-
den zu können, kam die Anforde-
Es sollten Teilnehmer ausgewählt
werden, die zu diesem Zeitpunkt
noch im Non-Management bzw. Lo-
wer Management eingesetzt wur-
den, die aber ein Potential für das
Top Management hatten.
An meinen Führungskompeten-
zen sollt ihr mich messen!
Die Basis für das Auswahlverfah-
ren und auch für das spätere Ri-
sing STAR-Programm bildete das
STAR-Leadership Prol.
Das Prol ist ein strategie- und
kompetenzbasiertes Führungs-
leitbild, welches 2013 in einer Zu-
sammenarbeit mit ca. 80 Managern
aus unterschiedlichen Hierarchien,
Funktionen, Standorten etc. mit-
tels Projektworkshops und Online-
Befragungen (in Anlehnung an die
Delphi-Methodik) entwickelt wurde.
Ausgehend von den wichtigsten
vier strategischen Top Goals des
Unternehmens (Protable Growth,
Globalization, Excellence, Inno-
vation) wurden 12 Kompetenzen
identiziert.
rung aus der Geschäftsführung,
ein internationales Talentmanage-
mentprogramm (siehe zur Prota-
bilität von Talent Management auch
Steinweg, 2009) aufzusetzen, aus
welchem der zukünftige Manage-
mentnachwuchs generiert werden
sollte.
In 2014 wurde die Auswahl der
internationalen Talente für das High
Potential Program („Rising STAR-
Programm“) vorgenommen.
Grundlage für das Auswahlver-
fahren „Collecting the STARs“ war
das 2013 entwickelte, kompetenz-
orientierte Führungsleitbild („STAR-
Leadership-Prole“) von Stabilus.
Das Rising STAR-Konzept sah
vor, eine Anzahl von maximal 14
Personen auszuwählen, die in ei-
nem 18-monatigen Programm ihre
Management- und Leadership-
Skills besonders entwickeln sollten.
Für die Zusammenstellung der
Gruppe galt, dass diese dem „Glo-
bal Footprint“ des Unternehmens
entsprechend kulturheterogen zu-
sammengesetzt sein sollte.
Efziente globale Talentauswahl bei
Stabilus
Dr. Michael Ruppel1
1 Head of Global Personnel and Organizational Development, Stabilus GmbH
SCHLÜSSELWÖRTER: Assessment Center, Talent Management, Selbstselektion, Kompetenz, High Potentials
KURZFASSUNG: Eine neue Unternehmensstrategie, die nach Jahren der Stagnation eine Verdopplung des Um-
satzes vorgibt. Ein global aufgestelltes Unternehmen, das in wirtschaftlich angespannten Jahren das Thema Per-
sonalentwicklung lokal und global vernachlässigt hat. Führungskräfte und HR-Mitarbeiter, die entsprechend wenig
Erfahrung mit der strategischen Auswahl von Talent besitzen. Im Folgenden wird beschrieben, wie mit geringen Res-
sourcen und geringer organisationaler Vorerfahrung eine erfolgreiche globale Identikation und kompetenzbasierte
Auswahl von Top-Talenten beim Hidden Champion Stabilus durchgeführt wurde.
HR Consulting Review, Band 9 / 2018, ISSN 2196-0232 15
Die Kompetenzen wurden dabei
generell als die Fähigkeit, denierte
Zielsetzungen und Aufgaben qua-
litativ hochwertig zu bewältigen,
beschrieben.
In der Beschreibung der Kompe-
tenz wurde also nicht eigenschafts-
oder fertigkeitsorientiert formuliert,
sondern vielmehr erfolgs-verhalten-
sorientiert (Im Wesentlichen geht
die Herleitung des Kompetenzbe-
griffs auf die Ausführungen von
Herking (2015, S. 116) und Klotz
(2015, S. 14) zurück.
Anders z. B. das Kompetenzver-
ständnis von Erpenbeck und Heyse
(2009, S. XI ff.)). Jede Kompetenz
wurde wiederum durch fünf Verhal-
tensanker näher deniert.
Die Nadeln im Heuhaufen n-
den…
Im ersten Schritt wurden weltweit
zeitgleich eine öffentliche Ankündi-
gung und Ausschreibung des neu-
en Talent-Pools ausgehängt.
Folgende Ziele wurden mit
der allgemeinen Ausschreibung
verfolgt:
1. Selbstselektion motivier-
ter Talente: Eine zugrunde
liegende Botschaft bestand
darin, dass sich jeder, der
sich selbst als High Potential
empndet, auf das Programm
bewerben konnte. Die Be-
schreibung des anspruchs-
vollen Programms sowie der
geforderten Kriterien sollte die
Selbstselektion der potentiel-
len Kandidaten anregen. Ein
guter Leistungsmotivationsin-
dikator bestand in der Aufga-
be, mit der Bewerbung zum
High Potential Pool ein fünfsei-
übungen verzichtet, um die Konfun-
dierung durch kulturelle Einüsse
zu vermeiden.
Das AC dauerte für jeden Teil-
nehmer einen Tag. Elemente des
ACs waren ein ausführliches struk-
turiertes Interview, eine komplexe
Fallstudie mit Postkorb- und Prä-
sentationselementen sowie ein
Mitarbeitergespräch, in dem so-
wohl steuernd als auch motivierend
agiert werden musste.
Fallstudie und Mitarbeiterge-
spräch waren in eine gemeinsame
Rahmengeschichte eingebunden.
Des Weiteren wurde ein compu-
terbasiertes Verfahren zur Messung
der Persönlichkeit eingesetzt sowie
ein ebenfalls computerbasierter kul-
turfreier adaptiver Kognitionstest.
Die Gestaltung sowie die Beob-
achtung respektive Bewertung der
Verfahren Interview, Fallstudie und
Mitarbeitergespräch wurden eng an
die denierten STAR-Prole-Kom-
petenzen angepasst.
Bei der Zusammensetzung der
Beobachterteams wurde darauf
geachtet, dass die organisationa-
le Diversität sich in den Beobach-
tungsteams widerspiegelte.
In jedem Team befanden sich
neben HR-Diagnostikern auch Fa-
chexperten aus einer betrieblichen
Funktion.
Letztere hatten einen interna-
tionalen Erfahrungshintergrund,
schwerpunktmäßig in der Region
der Kandidaten, die sie zu beob-
achten hatten.
Die Entscheidung, die Beobach-
terteams so divers zu besetzen, half
sehr bei der Bewertung fachspezi-
scher Aussagen im Interview sowie
kulturbedingter Verhaltensweisen.
tiges Essay zur Strategie von
Stabilus zu schreiben.
2. Entdecken bisher unent-
deckter Talente: Die öffent-
liche Ausschreibung gab
tatsächlich allen Mitarbeitern
die Chance, sich für das Pro-
gramm anzumelden. Einem zu
starken Filtereffekt durch die
direkten Führungskräfte wurde
entgegengewirkt.
3. Internes HR Marketing für
alle ambitionierten Mitarbeiter:
Durch den öffentlichen Aus-
hang wurde die Botschaft ver-
mittelt, dass Stabilus (wieder)
in seine Talente investiert.
Die letztendliche Vorauswahl der
Kandidaten lag in der Verantwor-
tung jedes Tochterunternehmens.
So war garantiert, dass am Ende
für jeden Kandidaten eine verläss-
liche Unterstützung der lokalen
Tochter garantiert war.
Mindestkriterium war die Bewer-
tung der Essays, die auf Basis der
STAR-Leadership-Kompetenzen
ausgewertet wurden.
Einige Standorte entschieden
sich zu weiteren Selektionsschrit-
ten, wie z. B. Interviews vor Ort etc.
Die nale Auswahl der Teilneh-
mer
Aus den weltweit eingegangenen
Bewerbungen wurden schließlich
14 Teilnehmer aus China, Mexiko,
Südkorea, Rumänien und Deutsch-
land an den Hauptstandort Koblenz
eingeladen.
Das Auswahlverfahren war als
parallel gestaltetes Einzel-Assess-
ment Center konzipiert.
Absichtlich wurde auf Gruppen-
Efziente globale Talentauswahl bei Stabilus
HR Consulting Review, Band 9 / 2018, ISSN 2196-0232 16
dass die ausgewählten Teilnehmer
das folgende Rising STAR-Pro-
gramm ausnahmslos sehr erfolg-
reich durchliefen.
Als drei wesentliche Erfolgskrite-
rien können genannt werden:
Die Teilnehmer haben in
Untergruppen programmbe-
gleitend an drei strategischen
Projekten gearbeitet (Einfüh-
rung eines digitalen Produkti-
onscockpits, Entwicklung einer
modularen Kontrolleinheit zur
Produktsteuerung sowie die
Entwicklung und Einführung
eines global einheitlichen Pro-
jektmanagementsystems). Die
Ergebnisse dieser Projekte
waren äußerst erfolgreich. In
der Abschlussevaluation des
Programms hat das Manage-
ment Board den geldwerten
Zusatznutzen durch die drei
Projekte auf ca. 25 Millionen
Euro bis zum Jahr 2025 ge-
schätzt.
Auf der individuellen Ebene
hat jeder ausgewählte Teil-
nehmer des Programms in der
Zwischenzeit (Stand 12/2017)
eine höherwertige Stelle be-
setzen können.
Alle Teilnehmer sind – entge-
gen mancher Befürchtungen,
die vor dem Programm geäu-
ßert wurden – dem Unterneh-
men Stabilus bis heute (Stand
12/2017) treu geblieben.
Eine anonyme Befragung zur
Bindung an das Unternehmen
erbrachte bei den Teilnehmern
im Vorher- Nachher-Vergleich
eine Bindungssteigerung von
ca. 40 %.
Das Persönlichkeitsverfahren
und der Kognitionstest wurden als
zusätzliche Informationsquellen
herangezogen, um Aussagen und
Leistungen der Kandidaten im Ge-
samtkontext besser einordnen zu
können.
Die Ergebnisse wurden erst am
Ende der personen- bzw. beob-
achtungsbezogenen Diskussionen
aufgedeckt. Hierdurch wurde ein
allgemeiner Bias der Beobachter-
diskussion durch die Resultate,
insbesondere des kognitiven Tests,
verhindert.
Der Kognitionstest diente dazu,
kulturfrei mittels Matrizentest objek-
tive Messdaten zu erlangen.
Die Resultate des Tests stimmten
in großen Teilen mit den Leistungen
der Teilnehmer im übrigen AC so-
wie der wahrgenommen Leistungs-
fähigkeit im folgenden Programm
überein.
Das Persönlichkeitsinstrument
war hilfreich, um wesentliche Cha-
rakterzüge wie Extraversion etc.
der Kandidaten zu verizieren.
In einem Fall wurde z. B. für die
Aufnahme eines in der Diskussion
umstrittenen Kandidaten entschie-
den, da seine deutlich introvertier-
te Persönlichkeit die empfundene
starke Zurückhaltung im Verfahren
erklären konnte.
Jeder Teilnehmer erhielt bereits
am Tag des Verfahrens selbst ein
ca. 30 bis 60-minütiges individuel-
les Feedback zu seinen Leistungen
und den wesentlichen Beobachtun-
gen des Tages.
Im Anschluss an das Verfahren
wurden auf Basis der Eindrücke
individuelle Gutachten für jeden
Teilnehmer erstellt und diesen zur
Verfügung gestellt.
Eine Besonderheit lag darin, dass
rund um das Auswahlverfahren ein
attraktives Rahmenprogramm ge-
staltet wurde: Eine Werksbesichti-
gung und der gemeinsame Bau von
Gasfedern, gemeinsame Abendes-
sen und der Besuch des Koblen-
zer Weihnachtsmarkts standen auf
dem Plan.
Hierdurch sollte das Commitment
zum Unternehmen gestärkt und
das Networking unter den potenti-
ellen Teilnehmer angeregt werden.
Außerdem half es dabei, trotz der
angespannten Situation für alle
Kandidaten eine entspannte „Wohl-
fühl-“Atmosphäre herzustellen.
(Un-)Mittelbare Indikatoren für
den Erfolg
Das Verfahren zur Identikation
und Auswahl der Talente ist insge-
samt sehr erfolgreich verlaufen.
Hohe Akzeptanz hatte das Ver-
fahren bei den Top-Führungskräf-
ten: Von keiner Seite wurde das
Auswahlergebnis in Frage gestellt
oder gar interveniert, weil es be-
stimmte Favoriten nicht in den Pool
geschafft haben. Im zweiten Durch-
lauf des ACs haben trotz der zeit-
lichen Belastung alle angefragten
hochrangigen Führungskräfte ohne
Zögern zugesagt, für die Beobach-
tungsteams bereit zu stehen.
Auch die Verliererproblematik
konnte durch das intensive Feed-
back und die Transparenz des Ver-
fahrens gering gehalten werden.
Indikativ hierfür ist, dass es keine
erhöhte Fluktuation bei abgelehn-
ten Bewerbern gab.
Der wichtigste Indikator für den
Erfolg der Maßnahme ist jedoch,
Efziente globale Talentauswahl bei Stabilus
HR Consulting Review, Band 9 / 2018, ISSN 2196-0232 17
nische Domäne. Berlin, Heidel-
berg: Springer.
Steinweg, S. (2009). Systemati-
sches Talent Management.
Stuttgart: Schäffer-Poeschel.
Das nale Fazit
Das besprochene Vorgehen hat die
Erreichung des Oberziels, geeig-
nete Talente für das High Potential
Programm auszuwählen, erfolg-
reich und efzient ermöglicht.
Die wesentlichen Erfolgsfaktoren
lauteten wie folgt:
Orientierung an den stra-
tegieabgeleiteten Kompe-
tenzen des STAR-Leader-
ship-Prols: Dadurch hohe
Akzeptanz bei den Führungs-
kräften und gute Selektions-
basis für zukünftig erfolgreiche
Top Manager bei Stabilus.
Zudem erlaubten die Kom-
petenzen gute und konkrete
Entwicklungsempfehlungen
auf Basis der Beobachtungen
im Auswahlverfahren.
Bewusste Nutzung von
Selbstselektionsmechanis-
men: Die offene und realisti-
sche Ausschreibung des Ver-
fahrens hat dazu geführt, dass
von Beginn an nur von sich
überzeugte und ambitionierte
Talente teilnahmen. Zudem
hat es so Talenten die Chance
gegeben, die im Vorfeld nicht
im Blickfeld des Managements
oder von HR waren.
Transparenz des Auswahl-
verfahrens: Von Anbeginn
des Verfahrens bis hin zur
Durchführung und dem Ab-
schluss wurde auf maximale
Transparenz hinsichtlich aller
Stakeholder geachtet. Dies
führte zu hoher Akzeptanz bei
Führungskräften und Teilneh-
mern selbst. Die Validität des
Verfahrens ist nie in Frage
gestellt worden.
Kulturelle Anpassung vs.
kulturfreies bzw. kultur-
sensibles Vorgehen: Die
Verantwortung für die lokale
Vorauswahl wurde den Toch-
terunternehmen in der ganzen
Welt überlassen. Zwar wurde
ein Mustervorgehen beschrie-
ben, doch konnte dies vor
Ort von den Verantwortlichen
kulturell angepasst werden. Im
Endergebnis hatte jeder Kan-
didat die volle Unterstützung
seiner entsendenden Einheit.
Wertschätzender Umgang
mit jedem Kandidaten: Das
Verfahren wurde in einer sehr
wertschätzenden Atmosphäre
durchgeführt. Dies ng an mit
dem attraktiven Rahmenpro-
gramm und zeigte sich auch
im Umgang mit den Kandi-
daten am Auswahltag selbst.
Trotz des Drucks auf die
Kandidaten wurde viel gelacht
und selbst die Nicht-Ausge-
wählten gaben ausnahmslos
das Feedback, dass die Aus-
wahltage sehr wertvoll für sie
gewesen seien.
Literatur
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tente und professionelle Unter-
nehmensberater. Strukturmo-
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und Ansätze zur Meta-Bera-
tung. Wiesbaden: Springer.
Heyse, V. & Erpenbeck, J. (2009).
Kompetenztraining. Stuttgart:
Schäffer-Poeschel.
Klotz, V.K. (2015). Diagnostik beruf-
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Eine wirtschaftsdidaktische
Modellierung für die kaufmän-
Efziente globale Talentauswahl bei Stabilus
HR Consulting Review, Band 9 / 2018, ISSN 2196-0232 18
Umbruch und Umdenken
Auch eine Personalentwicklung
steht aufgrund von Megatrends,
wie z. B. der Digitalisierung, der
Mobilität, der Globalisierung oder
der Vernetzung in den nächsten
Jahren vor einer großen Heraus-
forderung (Vielmetter, 2014 oder
Zukunftsinstitut, 2015).
Dabei spielen z. B. die zuneh-
mende Selbststeuerung und neue
Formen der Zusammenarbeit von
Mitarbeitern eine wichtige Rolle.
Zudem ist eine permanente Ver-
änderungs- und Anpassungsbereit-
schaft gefragt.
Je eigenverantwortlicher die per-
sönlichen Stärken im Arbeitsalltag
eingesetzt werden können, desto
schneller werden auch eigene Ar-
beitsergebnisse wahrgenommen
(Ruch & Gander, 2016).
Aber auch schnelle Kommunika-
tionsformen und die Verlagerung
in virtuelle Arbeits- und Kooperati-
onswelten ermöglichen virtuelle Ar-
beits- und Lernräume (Diefenbach
et al., 2017).
auf der gesamten Aus- und Weiter-
bildung von Mitarbeitern liegen.
Es gibt allerdings auch Ausprä-
gungen in kleineren und mittel-
ständischen Unternehmen, wo die
Personalentwicklung Aufgabenge-
biete der Personalbedarfsplanung
und der Personalgewinnung mit
übernimmt.
Zudem gilt, je größer ein Unter-
nehmen ist, desto spezialisierter ist
die Rolle des Personalentwicklers.
So nden sich in großen Unter-
nehmen z. B. Personalentwickler
als Talent Manager wieder.
Bei der Betrachtung von Job Por-
talen ndet sich eine Vielzahl an
Bezeichnungen.
Im deutschsprachigen Raum
gibt es die Tendenz, zunehmend
englischsprachige Bezeichnungen
zu verwenden und teilweise sehr
lange und „gut klingende“ Bezeich-
nungen als Anreiz zu setzen, um
Bewerber/-innen anzulocken.
Allgemeine Internationalisie-
rungstendenzen begründen es
allerdings durchaus, englische
Eine Personalentwicklung ist
gefordert, in einer solchen VUCA-
Welt1 umzudenken und damit auch
das Funktionsbild eines Personal-
entwicklers nachhaltig daran zu ori-
entieren und zu verändern.
Bisher gewohnte und eingesetz-
te Instrumente, Modelle, Strategi-
en und Prozesse der Personalent-
wicklung werden an ihre Grenzen
kommen, was im Folgenden durch
die Anforderungen aufgezeigt
wird.
Anforderungen und Aufgaben
Grundsätzlich arbeitet ein Perso-
nalentwickler im Unternehmensbe-
reich Personal oder gehört einer
Personalabteilung an.
Bei kleineren Unternehmen über-
nehmen Personalmitarbeiter die
Rolle eines Personalentwicklers.
Der Schwerpunkt kann dann auch
1) VUCA: Eine Welt, welche sich in die Be-
standteile „volatile“, „uncertain“, „complex“
und „ambiguous“ aufteilt und entsprechen-
den Einuss auf Formen der Zusammen-
arbeit und Führung in Unternehmen hat
(Mitchell, 2016).
Digitale Transformation – Quo vadis,
Personalentwickler?
Dr. Martin Hanauer1
1 Leiter Personalentwicklung und Training, ADAC SE
SCHLÜSSELWÖRTER: Transformation, Personalentwicklung, Digitalisierung, Berufsbilder, Selbststeuerung
KURZFASSUNG: In Zeiten der Digitalisierung bendet sich auch eine Personalentwicklung mitten im Umbruch. Dies
hat wiederum Auswirkungen auf das Berufsbild und die Rolle eines Personalentwicklers. In diesem Beitrag werden
u. a. Hypothesen formuliert, in welche Richtung die Reise der Funktion eines Personalentwicklers in den nächsten
Jahren gehen könnte. Daraus abgeleitet, werden am Ende für die Praxis hilfreiche und ausgewählte Impulsfragen für
Personalentwickler zur Verfügung gestellt, um die eigene Perspektive zu analysieren und sich auf den dynamischen
Wandel vorbereiten zu können.
HR Consulting Review, Band 9 / 2018, ISSN 2196-0232 19
Begriffe zur Vergleichbarkeit zu
verwenden.
Geht man einen Schritt weiter
und schaut sich die Tätigkeitspro-
le sowie Anforderungen an, werden
v.a. beratende, konzeptionelle und
strategische Methodenkenntnisse,
aber auch Erfahrung in Projektar-
beit erwartet.
Der operative Anteil, wie das ei-
gene Durchführen von Trainings
und Workshops ist nicht mehr so
häug zu nden.
Hinzu kommt, dass meist be-
reits Vorerfahrung und ein Studium
Grundvoraussetzungen sind. Eine
interessante Tendenz, die sich auch
in Stellenprolen zeigt, ist, dass im-
mer mehr Organisationsentwick-
lungstätigkeiten gefordert werden,
wie z. B. Team- und Bereichsent-
wicklung oder die Begleitung von
Change-Management Prozessen
für übergreifende Unternehmens-
bereiche.
Eine Personalentwicklung wird
daher immer mehr zu einem Binde-
glied zwischen einem strategischen
Management von Fähigkeiten und
Kompetenzen von Einzelpersonen
sowie einer ganzheitlichen Orga-
nisationsentwicklung, in der eine
klare Positionierung mit einer ge-
wissen empathischen Flexibilität
Orientierung gibt (Reimann, 2017).
Rollenerwartungen und Rollen-
konikt
Grundsätzlich nimmt ein Personal-
entwickler unterschiedliche Rollen
in einem Unternehmen ein.
Eine grobe Differenzierung kann
zwischen Rollen innerhalb der Or-
ganisation sowie Rollen außerhalb
der Organisation vorgenommen
Bedeutung gewinnt.
Gerade bei schnellen Verände-
rungs- und Innovationsprozessen
ist proaktives Handeln sehr förder-
lich (Oelsnitz & Becker, 2017).
Initiative, Mitdenken und Kreati-
vität unterstützen nach vorn gerich-
tetes und stets an Verbesserung
orientiertes Verhalten (Tornau &
Frese, 2013).
Aber auch die Arbeitsumgebung,
in der man erstens viel Zeit verbringt
und zweitens aber auch Identikati-
on mit dem Unternehmen erwartet,
wird zunehmend wichtiger.
Sinnvolles Arbeiten kann durch
autonomes und selbstbestimmtes
Handeln unterstützt werden.
Solche Abläufe zu begleiten oder
begleiten zu lassen, unterliegt der
Verantwortung eines Personalent-
wicklers.
Welche Rolle hier in Zukunft
gefragt ist, hängt auch stark von
den nanziellen Möglichkeiten ab
und damit auch davon, was selbst
durchgeführt oder an externen
Leistungen eingekauft wird.
Ein Personalentwickler sollte da-
her versuchen, Rahmenbedingun-
gen für solche neuen Lernumge-
bungen zur Verfügung zu stellen,
damit sich eigenständige Lern-
gruppen und Netzwerke entwickeln
können.
Mit zunehmender Selbstbestim-
mung des Lernenden erhöht sich
auch die Zufriedenheit und die
Bindung zum Arbeitgeber (Höge &
Schnell, 2012).
Entwickeln und Entstehen
Was genau in den nächsten Jah-
ren passieren wird, ist schwer zu
sagen.
werden.
Damit verbunden sind stets Rol-
lenerwartungen. Im Unternehmen
fallen diese je nach Zielgruppe un-
terschiedlich aus.
Das kann eine Anforderung ge-
genüber dem Vorgesetzten sein,
den Kollegen, unterstellten Mitar-
beiter (wenn eine Führungsfunktion
vorliegt), Arbeitgebervertretungen
sowie Arbeitnehmervertretungen
(Neuberger, 1995).
Aber auch einussreiche Perso-
nen oder die Organisation als Ge-
samtsystem beeinussen die Rolle
des Personalentwicklers.
Wie der genaue Einuss aus-
sieht, das gilt es im Einzelfall zu
klären.
In der Innenrollenerwartung kann
es z. B. nötig sein, die Meinung des
Arbeitgebers zu vertreten. In Ge-
sprächen mit dem Betriebsrat da-
gegen Belange der Arbeitnehmer-
seite.
Das kann zu interpersonellen
Rollenkonikten führen: „Soll ich
den … oder den … unterstützen?“
Wichtig ist aber auch, dass eine
eigene Veränderungs- und Ver-
handlungsbereitschaft besteht und
der Personalentwickler hinter den
Entwicklungen sinngemäß steht.
Dazu muss er sich selbst mit
diesen auseinandersetzen und sie
ausreichend verstehen.
Kanitz & Högl (2017) sprechen
dazu von einem direkten Erleben
eines Sinnes im Arbeitsalltag im
Umgang mit den Kollegen.
Veränderungen und Verlagerung
Zum einen wird deutlich, dass vor
allem in Zeiten der Digitalisierung
proaktives Handeln immer mehr an
Digitale Transformation – Quo vadis, Personalentwickler?
HR Consulting Review, Band 9 / 2018, ISSN 2196-0232 20
Design-Ansätze können dann die
tägliche Arbeit dominieren.
Back-Logs2 führen zur Priorisie-
rung und Abarbeitung von Themen
innerhalb der Personalentwickler-
Arbeitsteams.
Und über Story-Telling wird den
Nutzern und Kunden das fertige
Produkt oder das Instrument ver-
mittelt.
Zum Erzählen der „Stories“ wird
ein gutes Präsentations- und Ver-
handlungsgeschick vorausgesetzt.
Gekoppelt an diese Soft-Skill-
Anforderungen kommen aber auch
technische Herausforderungen auf
einen Personalentwickler zu.
Der Umgang mit Apps und digi-
talen zugehörigen Anwendungen
boomt auf dem Markt.
Das heißt für den Personalent-
wickler nicht etwas selbst zu pro-
grammieren, dennoch aber zu
verstehen, welche Algorithmen
hinter technischen Anwendungen
stecken, um darauf aufbauend
systematischer digitale Qualizie-
rungsplattformen auswählen und
anbieten zu können.
Fragen und Fazit
Der Wandel beginnt bekanntlich am
besten bei einem selbst. Da viele
Ereignisse wie beschrieben erst
einmal nicht vorhersehbar sind,
wird man viele Maßnahmen ein-
fach ausprobieren und Erfahrungen
dazu sammeln müssen.
Folgende Fragen können dabei
im ersten Schritt helfen: Wie sieht
2) Ein Backlog kann verstanden werden als
eine Art Aufgabenliste mit Anforderungen,
welche ein Team regelmäßig aktualisiert
bzw. priorisiert und in schnellen Arbeits-
sequenzen (z. B. Sprints) bearbeitet und
weiterentwickelt (Gerstbach, 2017).
Fragt man Experten und Prak-
tiker der Personalentwicklung, ist
die Bandbreite von einer komplett
automatisierten Personalentwick-
lung bis hin zu einer individuellen,
zu ihren Wurzeln zurückkehrenden
Variante sehr groß.
Die aktuellen Erkenntnisse und
Erfahrungen zeigen aber, dass sich
Personalentwickler zwischen den
oben genannten „Extremen“ ein-
ordnen sollten.
Dazu gehört zum einen, sich klar
zu fokussieren, was in Zukunft noch
angeboten wird.
Darüber hinaus genau zu denie-
ren, was „automatisiert“ stattndet
und eigenverantwortlich über Füh-
rungskräfte und Lernende gesteu-
ert wird und wo die Notwendigkeit
besteht, als Personalentwickler
nach wie vor persönlich zur Verfü-
gung zu stehen.
Ein Personalentwickler wird stär-
ker deutlich machen müssen, wa-
rum er was macht und warum es
nicht einfach „automatisiert“ und di-
gitalisiert bzw. ausgelagert werden
kann.
Ein „komplett ersetzter Personal-
entwickler“ könnte in den nächsten
Jahren wie ein Online-Terminal
funktionieren, an dem der Mitarbei-
ter alle relevanten Qualizierungs-
leistungen abwickeln kann und für
Lebenslauf und Personalakte eine
Art „Kontoauszug“ zur Verfügung
steht.
So kann z. B. ein Entwicklungs-
plan hinterlegt sein – bei gleichzei-
tig persönlich zusammengestellten
Vorschlägen zu Weiterbildungs-
maßnahmen.
Immer mehr Verantwortung fällt
damit aber an die Führungskraft,
die erster Ansprechpartner ist und
Personalentwickleraufgaben mit
übernimmt. Die Führungskräfte gilt
es daher für diese Aufgabe vorzu-
bereiten.
Zudem wird man seltener auf
„verpichtende Veranstaltungen“
setzen und sich in den Formaten
mehr an den Bedürfnissen und Inte-
ressen der Lernenden orientieren.
Die Personalentwicklung wird
nicht mehr Bildungsmaßnahmen
für „alle“ steuern, sondern muss
vielmehr auf die Kompetenz der
Bereiche und ihre Eigenverantwor-
tung vertrauen.
Zudem gilt es, qualitativ hochwer-
tige externe Redner, Trainer, Coa-
ches oder Mediatoren zu managen
und zielgerichtet zu vermitteln.
Dazu muss man stets aktuelle
Methoden, Verfahren und Trends
kennen, damit eine hohe Qualität
bei der Auswahl und Evaluation er-
folgen kann.
Die Einzelanforderungen sind
dann jeweils über Unternehmens-
entscheider mit der Unternehmens-
strategie in Einklang zu bringen.
Schließlich muss sich auch die
Arbeitsweise eines Personalent-
wicklers massiv verändern.
Vergleichend mit einem Start-
up könnte es kleinere Einheiten
von Kompetenzteams geben, wel-
che in agiler Projektarbeit schnelle
und individuelle Vorschläge liefern
können.
Diese sind dann dem ständigen
Kundenfeedback der Fachbereiche
ausgesetzt, was wiederrum Anreiz
und Motivation zur stetigen Ver-
besserung der eigenen Arbeit sein
kann.
Design-Thinking und Business-
Digitale Transformation – Quo vadis, Personalentwickler?
HR Consulting Review, Band 9 / 2018, ISSN 2196-0232 21
Zukunftsinstitut (2015). Megatrend
Dokumentation. Zukunftsinsti-
tut GmbH.
mein Zielbild für die nächsten Jah-
re aus? Was wird sich zuerst durch
Transformationsprozesse ändern
bzw. automatisiert und woran mer-
ke ich es? Wie veränderungsbereit
bin ich und was müsste ich (als
Erstes) verändern, um nicht zu-
nehmend „überüssig“ zu werden
und um mein Zielbild zu erreichen?
Worauf könnte ich schlimmstenfalls
verzichten und was kann ich mir
vorstellen zu tun, wenn es eine Per-
sonalentwicklung nur mehr „Online“
gäbe?
Was genau zu tun sein wird,
muss sich in den nächsten Jahren
zeigen und bedarf auch weiterer
wissenschaftlicher Betrachtung.
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Digitale Transformation – Quo vadis, Personalentwickler?
HR Consulting Review, Band 9 / 2018, ISSN 2196-0232 22
1. Klassische Personalarbeit als
historisches Relikt
Früher war zwar vieles schlechter,
aber immerhin einfacher. HR galt
als Kosten- und Servicestelle, die
Jobangebote in der Zeitung schal-
tete, Arbeitsverträge vorbereitete,
Urlaube regelte und einen Katalog
für die Entwicklung des Personals
bereit hielt.
Darin konnten die Mitarbeiter/
innen auswählen, in welches Ho-
tel sie fahren wollten, um in ei-
nem Workshop Punkte zu sam-
meln, die sie zuverlässig auf das
nächste Gehaltsband befördern
würden. Eine geordnete Welt mit
klaren Anforderungen und Quali-
kationen und einem verlässlichen
Passungsprinzip.
Wir alle wissen: Klassische Per-
sonalarbeit ist ein historisches Re-
likt und nicht zuletzt durch die Di-
gitalisierung grundlegend in Frage
gestellt.
Einige Fragen, die sich im Hin-
2. Kompetenzen als Antworten
auf den Wandel
2.1 Begriffs- und Methoden-
diffusion
Seit etwa 20 Jahren trägt die Kom-
petenz-Debatte der sich verän-
dernden Arbeits- und Personalwelt
Rechnung. Ein Problem dabei be-
steht darin, dass die Genauigkeit
des Kompetenzbegriffs noch immer
umgekehrt proportional zu seiner
Verwendung ist.
Diese Unklarheit des Begriffs
schlägt sich auch in den Methoden
zur Kompetenzfeststellung und de-
ren Zielrichtung nieder.
Das Handbuch Kompetenzmes-
sung (Erpenbeck et al. 2017) gibt
einen Überblick über gängige und
etablierte Verfahren zum Thema.
Die Bandbreite der dargestellten
Methoden reicht von testorientier-
ten Vorgehensweisen bis hin zu di-
alogisch orientierten Verfahren.
Hinter dieser Bandbreite verbirgt
sich ein zum Teil grundlegend un
blick auf die Entwicklung von Mitar-
beiter/innen stellen:
Wenn sich die Anforderungen
und Aufgaben permanent
verändern – wie soll man eine
valide Anforderungsanalyse
vornehmen?
Wie kann man Personal
strategisch entwickeln, wenn
unklar ist, worin die Anfor-
derungen und Aufgaben der
Zukunft bestehen?
Wie kann man Menschen
entwickeln, die nur dann zu-
kunftsfähig arbeiten, wenn sie
sich agil und exibel aktuellen
Anforderungen anpassen?
Wie können Unternehmen
auf einem Arbeitnehmermarkt
agieren, um die besten Mitar-
beiter/innen zu sich zu holen
und langfristig zu binden?
Einfache Antworten auf diese Fra-
gen gibt es nicht.
Karriereberatung als Instrument
nachhaltiger Personalentwicklung:
Die Kompetenzenbilanz
Dr. Claas Triebel1
1 Geschäftsführer, Performplus GmbH
SCHLÜSSELWÖRTER: Karriereberatung, Personalentwicklung, Digitalisierung, Coaching
KURZFASSUNG: Ausgehend von der Frage, wie sich klassische Personalarbeit angesichts sich beschleunigender
Veränderungen grundlegend neu ernden muss, wird in diesem Beitrag das Verfahren „Die Kompetenzenbilanz“ als
Methode einer nachhaltigen, an den bestehenden Kompetenzen der Mitarbeiter/innen ausgerichteten Personalent-
wicklung vorgestellt. Die Kompetenzenbilanz ist ein strukturiertes Coaching, das mit der Feststellung von Kompeten-
zen arbeitet, im gesamten DACH-Gebiet verbreitet ist und von Personalentwickler/innen, Coaches und Berater/innen
angewandt wird.
HR Consulting Review, Band 9 / 2018, ISSN 2196-0232 23
terschiedliches Verständnis des
Kompetenzbegriffs.
Bei den testorientierten Verfahren
ist zuweilen kein klarer Unterschied
zwischen Kompetenz und Fähigkeit
feststellbar (vgl. KODE) und bei den
dialogischen Verfahren stellt sich
die Frage, ob es sich nicht schlicht
um ein Coaching handelt (vgl. Pro-
lpass), für den der Kompetenzbe-
griff gar nicht notwendig wäre.
Die in diesem Artikel thematisier-
te Kompetenzenbilanz (vgl. Lang-
von Wins & Triebel 2012) ist ein di-
alogisch orientiertes Verfahren.
Die Kompetenzenbilanz hat zum
Ziel, Kompetenzen der teilnehmen-
den Person individuell herauszu-
arbeiten und auf dieser Grundlage
eine Entwicklungsperspektive zu
erarbeiten, die nachhaltig verfolgt
werden kann.
2.2 Das KEFFE-Modell von Kom-
petenzen
In Anlehnung an Erpenbeck und
von Rosenstiel (2007) können
Kompetenzen im weitesten Sinne
als Selbstorganisationsdispositi-
onen verstanden werden. Wobei
diese Denition bzgl. der Verwen-
dung des Begriffs „Disposition“
ungenau ist.
Triebel und Seipel (2017) verste-
hen Kompetenzen als notwendige
Voraussetzungen, um komplexe
Anforderungen zu bewältigen.
Um diese Anforderungen erfolg-
reich zu bewerkstelligen, braucht
das Individuum Kenntnisse (K),
Erfahrungen (E), Fertigkeiten (Fe),
Fähigkeiten () und Einstellungen
(E) (vgl. Triebel & Seipel 2017).
Kompetenzen können als Bündel
aus Kenntnissen, Erfahrungen,
Der Vorteil des KEFFE-Modells
liegt auf der Hand:
Kompetenzmodelle können
anhand von KEFFE differen-
ziert operationalisiert werden.
Mit Mitarbeiter/innen können
individuelle und konkrete Pers-
pektiven für die Weiterentwick-
lung erarbeitet werden.
Die Kompetenzenbilanz baut auf
dem KEFFE-Modell auf.
3. Die Kompetenzenbilanz
3.1 Hintergrund der Kompeten-
zenbilanz
Die Kompetenzenbilanz ist ein di-
alogisch orientiertes, beratendes
Kompetenzfeststellungsverfahren,
das Menschen in beruichen Ver-
änderungssituationen darin unter-
stützt, sich individuell zu entwickeln
und den eigenen beruichen Weg
proaktiv zu gestalten.
Die Kompetenzenbilanz entwi-
ckelte Claas Triebel 2003 unter
Mitwirkung von Prof. Dr. Thomas
Lang-von Wins in Kooperation mit
dem Zukunftszentrum Tirol.
Seitdem ist die Kompetenzen-
bilanz ein viel beachtetes und an-
erkanntes Instrument zur Karriere-
beratung.
Ansatzpunkt für die Beratung sind
die Wirkprinzipien, die Klaus Grawe
für die psychologische Therapie
(2002) entwickelt hat und die von
Claas Triebel (2009) auf Coaching
und Beratung umgesetzt wurden.
Die Wirksamkeit der Kompeten-
zenbilanz als Beratungsverfah-
ren bzgl. der nachhaltigen Erhö-
hung der Beschäftigungsfähigkeit
der Teilnehmer/innen wurde von
Lang-von Wins und Triebel (2005)
Fertigkeiten, Fähigkeiten und Ein-
stellungen verstanden werden.
Unter Kenntnissen sind Wis-
sensbestandteile zu verste-
hen.
Erfahrungen sind konkrete
Handlungserfahrungen mit der
jeweiligen Kompetenz.
Der Begriff Fertigkeiten meint
spezisch erlernbares Können
im Sinne von Skills.
Fähigkeiten werden hier als
durch Reifung entstandene
dispositionelle Eigenschaften
deniert – im weitesten Sinne
umgangssprachlich “Talent”.
Unter Einstellungen wird eine
motivatorische Komponente
verstanden.
Man kann von einer multiplikativen
Verknüpfung dieser Größen aus-
gehen: Kompetenz = K*E*Fe*Fä*E
oder kurz KEFFE.
Eine Kompetenz ist dem KEFFE-
Modell zufolge nur dann als solche
zu bezeichnen, wenn das Produkt
aus Kenntnissen, Erfahrungen,
Fertigkeiten, Fähigkeiten, Einstel-
lungen größer null ist.
Eine Befüllung dieser Formel mit
konkreten Zahlen ist jedoch nicht
notwendig. Es handelt sich um ein
Denkmodell.
Ein Beispiel: Eine Person verfügt
über sehr viele Kenntnisse zum
Thema Projektmanagement, sie
hat auch Talent (Fähigkeit) dafür
und sie möchte sehr gerne in die-
sem Bereich arbeiten (Einstellung),
es fehlen ihr jedoch Erfahrung und
praktische Fertigkeiten – es lässt
sich sehr pragmatisch aus diesem
Prol ableiten, wie sich diese Per-
son weiterentwickeln kann.
Karriereberatung als Instrument nachhaltiger Personalentwicklung
HR Consulting Review, Band 9 / 2018, ISSN 2196-0232 24
gen Kompetenzbegriffen benannt.
Häug ießen hier auch Wertbegrif-
fe mit ein.
Auf diese Weise entsteht eine
vorläuge Sammlung von meist
etwa 16-20 Kompetenz- und Wert-
begriffen.
In der zweiten Hälfte des Ge-
sprächs werden die vorläugen Be-
griffe kritisch hinterfragt.
Die Kompetenzbegriffe werden
als vorläuge Hypothesen behan-
delt, die es im Folgenden zu bele-
gen gilt.
Hierzu erlernen die TeilnehmerIn-
nen ein Argumentationssystem, das
sich am oben dargestellten KEFFE-
Modell orientiert.
Sie belegen, anhand welcher
Kenntnisse, Erfahrungen, Fertig-
keiten und Fähigkeiten sie ihre
Kompetenzen darstellen können
und schätzen ihre eigene Motivlage
bzgl. der Weiterentwicklung der je-
weiligen Kompetenz ein.
3.2.4 Nächste Schritte
In diesem Gespräch werden die
Kompetenzbelege nochmals
aktualisiert. Es stellt sich heraus,
dass von den vorläugen Kom-
petenzbegriffen meist ca. 8 (+/-2)
Kernkompetenzbegriffe verbleiben.
Diese können die TeilnehmerIn-
nen schlüssig argumentativ nach
dem KEFFE-Modell darlegen.
In der zweiten Hälfte des Ge-
sprächs werden auf Grundlage
der bisher erarbeiteten Materiali-
en nächste Schritte heraus gear-
beitet und in einem Aktionsplan
festgehalten.
3.2.5 Schriftliche Bilanz
Im Nachgang zur Kompetenzenbi
aufgezeigt.
Unter der Kompetenzenbilanz
gibt es Weiterentwicklungen, die
nach denselben Prinzipien und
nach derselben Dramaturgie wie
das Mutterverfahren arbeiten.
Diese spezialisierten Verfahren
richten sich an:
Jugendliche
Migrant/innen
Führungskräfte
Gründer/innen
Die unterschiedlichen Variationen
der Kompetenzenbilanz wurden
bereits von ca. 20.000 Personen
durchlaufen.
In einer Untersuchung der Stif-
tung Warentest schnitt die Kom-
petenzenbilanz neben der Kombi-
Laufbahnberatung am besten von
allen 11 getesteten Verfahren ab
(Stiftung Warentest 2017).
3.2 Ablauf der Kompetenzenbi-
lanz
Die Kompetenzenbilanz folgt einer
genauen Struktur.
3.2.1. Einführungsgespräch
Vor dem eigentlichen Beginn der
Kompetenzenbilanz ndet eine in-
tensive Auftragsklärung statt:
Welches Anliegen haben die
TeilnehmerInnen?
Wie läuft das Verfahren genau
ab?
Welcher Zeitaufwand ist damit
verbunden?
Die TeilnehmerInnen erhalten
Arbeitsmaterialien und eine
Einweisung in erste biogra-
sche Übungen, die sie bis zum
zweiten Termin bearbeiten
müssen.
3.2.2 Biograsches Arbeiten
In diesem Gespräch wird zunächst
die Biograe der TeilnehmerInnen
intensiv besprochen. Das Gespräch
konzentriert sich dabei insbesonde-
re auf:
Wichtige Lernerfahrungen
Wichtige Entscheidungssitua-
tionen
Ressourcen, die bei der Be-
arbeitung der biograschen
Aufgabe sichtbar geworden
sind
Die biograsche Arbeit endet mit
einem Resümee darüber, welche
Leitthemen für die weitere Arbeit
mit der Kompetenzenbilanz festge-
halten werden sollen.
Solche Leitthemen sind häug
Werte, die den TeilnehmerInnen in
diesem Zusammenhang besonders
deutlich wurden.
In der zweiten Hälfte des Ge-
sprächs werden einige wichtige
beruiche und auch private Sta-
tionen auf ihre Lernhaltigkeit hin
untersucht.
Im gemeinsamen Gespräch erar-
beiten BeraterIn und TeilnehmerIn,
welche Tätigkeiten der/die Teilneh-
merIn an bestimmten beruichen
und privaten Stationen ausgeführt
hat und über welche Fertigkeiten
er/sie deshalb verfügt.
3.2.3. Kompetenzen erarbeiten
In diesem Gespräch wird die Analy-
se von Tätigkeiten und Fertigkeiten
abgeschlossen.
Während dieses Prozesses bil-
den BeraterIn und TeilnehmerIn
Cluster aus einander ähnlichen
Fertigkeiten.
Diese Cluster werden mit vorläu-
Karriereberatung als Instrument nachhaltiger Personalentwicklung
HR Consulting Review, Band 9 / 2018, ISSN 2196-0232 25
und bewerten von Kompe-
tenzen in der betrieblichen,
pädagogischen und psycholo-
gischen Praxis. 3. Au. Stutt-
gart: Schäffer-Poeschel.
Lang-von Wins, T. & Triebel, C.
(2005). Kompetenzenbilanz –
Ein Verfahren zur Förderung
eigenverantwortlichen Han-
delns? In: Gruppendynamik
und Organisationsentwicklung,
36, 175-190.
Lang-von Wins, T. & Triebel, C.
(2012). Karriereberatung. Coa-
chingmethoden für eine kom-
petenzorientierte Laufbahnbe-
ratung. Heidelberg: Springer.
Stiftung Warentest (2017). Kompe-
tenzbilanz-Verfahren – Stärken
sichtbar machen. Online-Quel-
le: https://weiterbildungsguide.
test.de/infothek/beratung/kom-
petenzbilanzierung – Abruf:
02.03.2018
Triebel, C. (2009). Kompetenzbi-
lanzierung als psychologische
Intervention. Wirkfaktoren
und Wirkfaktoren in Lauf-
bahnberatung und Coaching.
Dissertation an der Univer-
sität der Bundeswehr Mün-
chen. Online-Publikation:
http://137.193.200.7:8081/
node?id=86279 – Zugegriffen:
02. März 2018
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petenzenbilanz. In: Erpenbeck,
J., v. Rosenstiel, L., Grote, S.,
Sauter, W. (Hrsg.) Handbuch
Kompetenzmessung. S. 644-
657. Stuttgart: Schaeffer-Poe-
schel.
lanz erhalten die TeilnehmerInnen
eine schriftliche Zusammenfassung
der besprochenen Kompetenzen
und des gesamten Prozesses.
3.2.6 Fortbildung
Die Kompetenzenbilanz wird aus-
schließlich von zertizierten Kom-
petenzenbilanz-Coaches durch-
geführt, die eine Schulung der
Performplus GmbH durchlaufen
haben.
Es existieren umfangreiche Ar-
beitsmaterialien zur Kompeten-
zenbilanz. Das Netzwerk der Kom-
petenzenbilanz-Coaches, die im
gesamten DACH-Gebiet tätig sind
umfasst über 170 aktive Kompeten-
zenbilanz-Coaches.
Neben der Schulung zum Kom-
petenzenbilanz-Coach gibt es In-
house-Formate zur Schulung von
Führungskräften und Personalent-
wicklern, die die Kompetenzen-
bilanz in etwas kürzerer Form als
oben dargestellt in den Arbeitsalltag
einbinden lassen.
4. Die Kompetenzenbilanz als
Führungs- und Entwicklungsin-
strument
Ausgehend von den im ersten Ab-
schnitt gestellten Fragen wird klar,
dass die Kompetenzenbilanz ein
zentraler Baustein einer nachhal-
tigen, dynamischen und strategi-
schen Personalentwicklung sein
kann.
Sofern ein Unternehmen über ein
differenziertes Kompetenzmodell
(bspw. KEFFE) verfügt, bietet die
Kompetenzenbilanz die Möglich-
keit, Mitarbeiter/innen individuell
dabei zu unterstützen, im Unter-
nehmen einen eigenen Entwick-
lungsweg einzuschlagen.
Die Evaluationen zur Kompeten-
zenbilanz zeigen (vgl. Lang-von
Wins & Triebel 2005 und Triebel
2009), dass die Kompetenzenbi-
lanz nachhaltige Effekte nach sich
zieht, die klare Argumente dafür lie-
fern, Personal auf eine dynamische
sich verändernde Arbeitswelt vor-
zubereiten, darin agil und exibel
mit neuen Anforderungen umzuge-
hen und überdies Mitarbeiter/innen
nachhaltig an Unternehmen binden
zu können.
Die Kompetenzenbilanz orien-
tiert sich sehr stark am Individu-
um, dessen Kompetenzen und
Bedürfnissen.
Das kann den Einsatz in Unter-
nehmen limitieren: Denn im jewei-
ligen Unternehmen muss es Ent-
wicklungsspielräume geben, um
Bedürfnissen, die durch das Vor-
gehen entwickelt werden, auch be-
gegnen zu können.
Im Extremfall kann dies bedeu-
ten, dass Mitarbeiter sich nach der
Kompetenzenbilanz auch entschei-
den können, das Unternehmen zu
verlassen.
Literatur
Erpenbeck, J. & von Rosenstiel,
L. (Hrsg.) (2007). Handbuch
Kompetenzmessung. Erken-
nen, verstehen und bewerten
von Kompetenzen in der be-
trieblichen, pädagogischen
und psychologischen Praxis.
2. Au., Stuttgart: Schäffer-
Poeschel.
Erpenbeck, J., v. Rostentiel, L.,
Grote. S., Sauter, W. (2017).
Handbuch Kompetenzmes-
sung. Erkennen, verstehen
Karriereberatung als Instrument nachhaltiger Personalentwicklung
HR Consulting Review, Band 9 / 2018, ISSN 2196-0232 26
Einführung
Die Digitalisierung und technolo-
gische Neuerungen beeinussen
nicht nur die Industrie und Wirt-
schaft, sondern wirken sich auch
auf Angebot und Nachfrage nach
Talenten, sowie auf die Arbeitswelt
an sich aus (BCG, 2017).
In Zeiten von VUCA (volatili-
ty, uncertainty, complexity, am-
biguity) gewinnt Agilität, sprich
„…an enterprise’s ability to quickly
respond and adapt in response
to continuous and unpredictable
changes of competitive market en-
vironments” (Sherehiy & Karwow-
ski, 2014: 466) immer mehr an
Bedeutung.
Gründe hierfür sind der hohe
Wettbewerbsdruck, Kundenunzu-
friedenheit, zu hohe Kosten und ge-
ringere time to market durch mehr
Innovation und schlankere Organi-
sationsdesigns.
Beispiele sind immer mehr zu
nden: Daimler lässt verlauten,
dass 20 % der Mitarbeiter zukünf-
Der Scrum-Ernder Ken Schwa-
ber (2004) und Brian Robertson
(2015), Begründer von Holacra-
cy, beschreiben als wesentliche
Säulen ihrer beiden Ansätze die
Aspekte Partizipation bzw. Mitbe-
stimmung, Transparenz und direk-
tes Feedback, die je nach Konzept
in unterschiedlichem Ausmaß in
Organisationsdesign, Strukturen
und Prozesse integriert werden
können.
Weitere Antworten auf Fra-
gen rund um das Thema Agili-
tät, Organisationsdesign und die
Rolle der Mitarbeiter nden sich
auch in einer quantitativen Stu-
die „Smart Workforce – Arbeits-
welten der Zukunft“ des Talent
Management Instituts der ESCP
Europe und der Haufe Akademie
(Harsch, Schäfer, Severin, Festing,
& Bittlingmeier, 2016).
Die 237 Studienteilnehmer aus
Deutschland sind größtenteils
Führungskräfte (z. B. Eigentümer,
Geschäftsführer, Leiter HR, IT,
tig in Schwärmen arbeitet, Mitar-
beiter von haufe-umantis wählen
Führungskräfte selber aus, bei der
Firma Vattenfall wird SCRUM ein-
geführt, bei der Telekom kann man
sich in Leadership Labs (Center for
Strategic Projects) als Führungs-
kraft auf Zeit ausprobieren und wird
für verschiedene interne Funktio-
nen von seinen Kollegen ausge-
wählt (ManagerSkills, 2017).
Doch was zeichnet die Menschen
in und hinter diesen Prozessen
aus? Was sind agile Talente, wie
kann man diese entwickeln und wie
können agile Organisationsstruktu-
ren geschaffen werden?
Agiles Netzwerk – Organisati-
onsdesign der Zukunft
Moderne Managementansätze,
Tools und Konzepte für eine stär-
kere Selbstorganisation in Un-
ternehmen gibt es bereits einige
(z. B. Kanban, Scrum, Holacracy)
(Bernardis, Hochreiter, Lang &
Miterer, 2016).
Agilität und Talent Management:
Wunsch oder Wirklichkeit?
Dr. Lynn Schäfer1 & Prof. Dr. Marion Festing2 & Katharina Harsch3
1 Geschäftsführerin Talent Management Institut
2 Lehrstuhl für Personalmanagement und Interkulturelle Führung; Akademische Direktorin Talent Management Institut
3 wissenschaftliche Mitarbeiterin, ESCP Europe Berlin
SCHLÜSSELWÖRTER: Agilität, Human Resource Management, Organisationsdesign, Talent Management
KURZFASSUNG: Innovationen, Flexibilität und Schnelligkeit, sprich Agilität, sind heutzutage in einem dynamischen,
kompetitiven Umfeld Voraussetzungen für langfristigen Erfolg. Die wichtigsten Einussfaktoren für organisationale
Agilität sind allerdings nicht die neuesten Technologien, sondern es sind die Menschen, die für das Unternehmen
tätig sind. Das richtige Management von Talenten kann somit zur Agilität eines Unternehmens beitragen. Doch was
bedeuten agile Talente und worauf kommt es beim Talent Management in Zeiten von VUCA an?
HR Consulting Review, Band 9 / 2018, ISSN 2196-0232 27
Vertrieb, Marketing, Einkauf, Con-
trolling und andere Abteilungen),
lediglich 22 % gaben an keine Per-
sonalverantwortung zu haben, wo-
bei der größte Teil mit knapp 50 %
Mitarbeiter und Führungskräfte aus
dem Bereich HR sind.
Was die Unternehmensgröße
und Anzahl der Mitarbeiter an-
geht, handelt es sich bei 36 % der
Stichprobe um KMU (50 bis 250
Mitarbeiter), über 50 % zählen zu
Großunternehmen (laut Denition
der EU Kommission alles über 250
Mitarbeiter).
Die Studie untersucht folgende
Fragestellungen:
Welche Rolle haben Mitarbei-
ter heute und welche sollen
sie zukünftig einnehmen?
Wie gestaltet sich das Organi-
sationsdesign heute und wie
sollte es zukünftig sein?
Nimmt man den Haufe Quadranten
(Harsch et al., 2016) mit der Achse
Organisationsdesign mit den Aus-
prägungen gesteuert und selbstor-
ganisierend, sowie der Achse Rolle
der Mitarbeiter mit der Unterteilung
Umsetzer vs. Gestalter als Orientie-
rung, schätzen sich aktuell nur 23 %
als gesteuerte Unternehmen ein.
Sehr deutlich wurde es auch bei
dem Zielbild, also der Wunschvor-
stellung, wo es für Unternehmen
in Deutschland hingehen soll: Hier
gaben 96 % der Befragten an, dass
Selbstorganisation und ein agiles
Netzwerk, in der die Mitarbeiter
eine proaktive Rolle einnehmen,
die Organisationsform der Zukunft
sein wird.
Ein agiles Netzwerk entsteht
dann, wenn ein exibles Organisati-
unterschiedlichen Transformati-
onsebenen (Einstufung Grad der
Transformation) in maßgeblich
sechs Dimensionen statt: Strategie
(vom inside-out zum outside-in),
Struktur (von der Pyramide zum
Netzwerk), Prozess (vom Wasser-
fall zum iterativen Prozess), im Be-
reich der Führung (von top-down
zu bottom-up), im HR (vom Admi-
nistrator zum Katalysator) und im
Bereich der Kultur (von der Absi-
cherung/Fehlervermeidung hin zur
offenen Vertrauenskultur).
Das heißt, die Transformation hin
zu einer agilen Organisation mit agi-
len Entscheidungsstrukturen geht
einher mit der Etablierung einer
dazugehörigen, offenen Unterneh-
menskultur, geprägt von Vertrauen
und der Möglichkeit, sich auszupro-
bieren (Fehlerkultur).
Agiles Talent Management:
make or buy
Auf Ebene der Talente und Mitar-
beiter selbst können Unternehmen
agile Talente von extern einstellen
(buy) oder selbst agile Kompeten-
zen entwickeln (make).
Agile Talente einstellen
Agile Talente sind innovativ, kun-
denorientiert und zeichnen sich
durch Resilienz aus.
Um diese innovativen, unter-
nehmerischen Talente für das Un-
ternehmen zu gewinnen, sollten
Fachabteilungen befähigt werden,
selber Owner von Rekrutierungs-
prozessen zu werden, um einen
größtmöglichen Fit herzustellen –
dies ist z. B. essenziell bei der Aus-
wahl von IT-Spezialisten, denen
die direkte Ansprache durch die
onsdesign auf eigenverantwortliche
Mitarbeiter mit unternehmerischen
Gestalterqualitäten trifft, also der
Gegenpol zu einem Top-Down Un-
ternehmensmodell.
Dies kann laut Studienteilneh-
mern durch Mitbestimmung, Ge-
staltungsfreiheit im Unternehmen,
Zeit, um langfristige Probleme an-
zugehen und eigene Ideen zu ent-
wickeln und eine offene Unterneh-
menskultur geschaffen werden.
Was die Rolle von Mitarbeitern
angeht, wünschen sich die Studi-
enteilnehmer, dass Mitarbeiter zu-
künftig noch mehr Verantwortung
übernehmen und veränderungs-
bereit sind – sich als Unternehmer
im Unternehmen (Intrapreneure)
verstehen.
Handlungsempfehlungen im
Bereich Human Resources (HR)
und Talent Management (TM), um
dies erreichen zu können, sind
z. B. eine noch stärkere Bedeu-
tung von Kriterien wie unterneh-
merisches Verhalten, Innovations-
fähigkeit und Kreativität bei der
Auswahl neuer Mitarbeiter, wie
auch eine Neuausrichtung oder
Modernisierung im Bereich Mitar
beitergespräche/Feedbackkultur,
Fokus auf best practice und know-
ledge sharing und Vernetzung im
Unternehmen.
Ein weiteres Beispiel zur Ver-
anschaulichung, wie sich Unter-
nehmen vom klassischen Unter-
nehmen zum agilen Unternehmen
entwickeln können, verdeutlicht das
Trafo-Modell der Firma Pioneers
(BPM, 2016).
Transformation vom klassi-
schen Unternehmen zum agilen
Unternehmen ndet demnach auf
Agilität und Talent Management: Wunsch oder Wirklichkeit?
HR Consulting Review, Band 9 / 2018, ISSN 2196-0232 28
das 12.000€ für Bücher (90€ pro
Mitarbeiter) (Mois & Baldauf, 2016).
Neben den Büchern werden alle
Mitarbeiter ermutigt, mindestens
zwei Weiterbildungen im Jahr zu
machen (z. B. Seminare, Work-
shops, Konferenzen), die man sich
selbst aussucht, mit dem Team ab-
spricht, ob das Thema sinnvoll ist
und gefragt wird, ob noch jemand
mitkommen möchte und dann mit
der Buchhaltung Anreise und Un-
terbringung regelt; eine erneute
Freigabe braucht man nicht.
2015 wurden so über 524.000€
für Weiterbildungen ausgegeben,
was auf die ca. 130 Mitarbeiter ver-
teilt 4.000€ im Durchschnitt sind
(Mois & Baldauf, 2016).
Fazit
Beim Thema organisationale Agili-
tät hat die HR-Abteilung die Mög-
lichkeit, diese Transformation pro-
aktiv mitzugestalten.
Sei es, durch die Denition von
Kriterien für agile Talente, die Ent-
wicklung eines innovativen Em-
ployer Brands, die agile Talente
anzieht, die Entwicklung agiler
Kompetenzen oder die Neugestal-
tung anderer HR-Praktiken, wie
z. B. dem jährlichen Mitarbeiterge-
spräch (vom top-down-Ansatz zum
kontinuierlichen Coaching oder
Peer Feedback) oder auch dem
Thema Vergütung (variable Ver-
gütung gekoppelt an Team- oder
Unternehmensziele).
Bei all den positiven Effekten,
die Konzepte wie Agilität, New
Work, moderne Ofce Landschaf-
ten, Sprints und Stand-ups mit sich
bringen, besteht jedoch die Gefahr,
dass Muster nur „scheinbar“ durch-
Fachabteilung sehr wichtig ist.
Agile Kompetenzen entwickeln:
Neben verschiedensten Qualizie-
rungsmaßnahmen zur Förderung
der Agilität (z. B. Training für Kan-
ban, Scrum, Netzwerk- und Kol-
laborationstools) sollte ein Fokus
in der Talententwicklung auf der
Förderung eines agilen Mindsets
liegen.
Dies gilt nicht nur für die Ebene
der Mitarbeiter, sondern auch für
die Führungskräfte und stellt auch
das Thema Führung vor ganz neue
Herausforderungen (z. B. Abbau
von Hierarchien, Abgabe von Ver-
antwortung, Schaffen von Raum
zum Experimentieren).
Konzepte wie ambidextrous lea-
dership (Fähigkeit zwischen ope-
ning leaders behaviour und closing
leaders behaviour zu switchen)
(Rosing, Frese & Bausch, 2011),
shared oder authentic leader-
ship sollten in Erwägung gezogen
werden.
Außerdem können die Bildung
von Netzwerken, sowie die För-
derung von cross-funktionalem
Wissensaustausch (z. B. durch die
Ermöglichung von Communities of
Practice) förderlich sein.
Ebenso wichtig sind im Bereich
der Talentenwicklung die The-
men Transparenz und Eigenver-
antwortung, z. B. durch die Of-
fenlegung von Informationen zu
Förderprogrammen, Aufnahmen,
Prozessen bzw. die Möglichkeit der
Selbstnominierung.
Heutzutage sind die Talente
selbst gefordert, ihre Entwicklung
hin zu agilen Mitarbeitern in die
Hand zu nehmen – sie müssen of-
fen und lernbereit sein.
Das Talent Management unter-
stützt dies durch Orientierung, Aus-
tausch und Begegnung und sichert
so die Überlebensfähigkeit von
Unternehmen.
Praxisbeispiel agiles HR
Ein anschauliches Beispiel für agi-
les HR und agiles Arbeiten bietet
die Firma Sipgate, VoIP-Anbieter
aus Düsseldorf mit ca. 130 Mitar-
beitern, die sich 2010 entschieden
haben, agil nach Scrum zu arbeiten
und die ihre Unternehmenskultur in
dem Buch „24 Work Hacks“ festhal-
ten (Mois & Baldauf, 2016).
Was es für Sipgate bedeutet,
agil und lean zu sein: „Keine Titel,
keine Manager, keine Abteilungen,
keine Gehaltsverhandlungen, kei-
ne Budgets, keine Angst, keine
Überstunden.
Stattdessen: Selbstverantwor-
tung, Feedback, Lernen, Freiheit
und Spaß.“ (Sipgate, 2018).
Beispiele der Work Hacks sind
z. B. der Open Friday für alle Mit-
arbeiter, alle 2 Wochen von 10-16
Uhr, bei dem die Mitarbeiter eigene
Themen und Sessions vorschlagen
können, um Wissen zu teilen und
Probleme gemeinsam zu lösen.
Im HR setzt Sipgate stark auf
Peers, so z. B. durch Peer Recrui-
ting, bei dem die Kollegen und nicht
der Chef neue Mitarbeiter auswäh-
len, wie auch durch Peer Feedback
zur Weiterentwicklung.
Was das Thema Lernen angeht,
wird viel über Bücher abgedeckt,
d. h. jeder, der ein Buch möchte,
kann es bestellen und nachdem
das Buch gelesen ist, kommt es in
die interne Bibliothek – 2015 waren
Agilität und Talent Management: Wunsch oder Wirklichkeit?
HR Consulting Review, Band 9 / 2018, ISSN 2196-0232 29
Sipgate (2018). 24 Work Hacks
Pressekit – Wir sind Sipgate.
Link: http://www.sipgateblog.
de/24-work-hacks/
brochen werden und eine „Zombie
Agilität“ entsteht, so wie es Marc
Stoffel beim Talent Management
Gipfel im November 2017 in Berlin
treffend formulierte.
In der Organisationstheorie nennt
man dies „mimetic isomorphism“
(Di Maggio & Powell, 1983) – das
Imitieren bzw. Kopieren von Pro-
zessen und Strukturen.
Die Herausforderung bei die-
sen Themen, wie bei allen Verän-
derungsprozessen, ist, dass es
im Kern um die Veränderung von
menschlichen Verhaltensmustern
geht, und das braucht erfahrungs-
gemäß Zeit und eine nachhalti-
ge Auseinandersetzung mit dem
Thema.
Literatur
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Will Radically Change How
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Agilität und Talent Management: Wunsch oder Wirklichkeit?
HR Consulting Review, Band 9 / 2018, ISSN 2196-0232 30
Einführung
Eine in der heutigen Zeit erfolgrei-
che Organisation muss sich Ge-
danken machen, wie sie ihre Leis-
tungsträger halten möchte.
In einem mittelständischen Un-
ternehmen wie der Chiesi GmbH
(320 Mitarbeiter in Deutschland,
davon 200 im Außendienst) ist jede
Kündigung eines solchen Mitarbei-
ters ein schwerer Einschnitt in die
kontinuierlich positive Gesamtleis-
tung sowie ein großer Verlust von
Know-how.
Da nur wenige Führungsposi-
tionen zur Verfügung stehen und
kurzfristig keine neuen geschaffen
werden können, wurde 2016 be-
schlossen, mit der Fachlaufbahn
einen alternativen Karriereweg für
Innendienstmitarbeiter anzubieten.
Kurzfristige Ziele sind zum einen
die Flexibilisierung des Karrierean-
gebots, aber auch die Erhöhung
der „retention rate“.
Langfristige Ziele sind Aufbau
und Förderung eines Talentpools,
die Sicherstellung von Nachfolge
sowie die Stellvertretung von Be-
Abteilungsleiter begriffen werden
(Biehal & Scheinecker, 2006). Auch
für die Fachkarriere braucht es ei-
nen strukturierten Auswahl- und
Ausbildungsplan.
Der erste Schritt im Prozess, um
dieses Bewusstsein zu schaffen,
waren Kurzinterviews (30 min) mit
den Bereichsleitern.
Zielsetzung dabei war, die Vor-
aussetzungen zur Einführung eines
alternativen Karriereweges über die
Bedarfe in den einzelnen Bereichen
zu erfassen. So wird die Unterstüt-
zung dieser wichtigen Entscheider
erhöht.
Nach Analyse der Interviewergeb-
nisse wurde ein Vorschlag erstellt,
der die allgemeinen Voraussetzun-
gen der Kandidaten, den Ablauf des
Auswahlverfahrens sowie konkrete
Fort-/Ausbildungsziele festlegt.
Beispielhaft sind bei Chiesi fol-
gende Voraussetzungen verab-
schiedet worden, um am Auswahl-
prozess teilnehmen zu können:
Aktives Beschäftigungsverhält-
nis in den letzten zwei Jahren
Potential zur unternehmens-
reichsleitung und die Vermeidung
von Fehlbesetzungen in einer Füh-
rungsposition.
Die Personalentwicklung hat gro-
ße Bedeutung für die Gewinnung
und Bindung von Experten. Es
geht heutzutage nicht mehr darum
Arbeitsplätze anzubieten, sondern
Experten erwarten exzellente Ent-
wicklungsmöglichkeiten.
Die Basis des Angebots sind die
Bedürfnisse und Erwartungen der
Experten. „Leistungsstarke Exper-
ten verlangen inhaltsreiche Tätig-
keiten, Aufstiegschancen und stets
neue Herausforderungen.“ (Becker
et al., 2014, S. 111)
Implementierung der Fachkarrie-
re: Schritt für Schritt
Zu Beginn besteht die zentrale He-
rausforderung darin, ein Bewusst-
sein bei der Geschäftsleitung zu
erzeugen, dass Karriere nicht nur
vertikal, sondern auch horizontal
verlaufen kann.
Das fachliche Karrierelevel „Se-
nior Expert“ soll in einer hierar-
chischen Karrierestufe mit einem
Konzept zum Aufbau einer
Fachkarriere
Dr. Heike Baader1
1 Head of People Development, Chiesi GmbH Hamburg
SCHLÜSSELWÖRTER: Fachkarriere, Auswahlverfahren
KURZFASSUNG: Die Einführung einer Fachkarrierelaufbahn ist ein umfangreicher Prozess, der viele einzelne, wohl-
abgestimmte Schritte benötigt. In diesem Artikel wird ein aktuelles Beispiel beschrieben, wie eine solche Laufbahn
implementiert werden kann. Wichtig sind vor allem der kontinuierliche Dialog mit den Stakeholdern, ein strukturiertes
Auswahlverfahren der Kandidaten sowie ein interessantes Ausbildungsprogramm. In diesem Artikel wird anhand
konkreter Beispiele beschrieben, was im Vorfeld und bei der Auswahl zu beachten ist.
HR Consulting Review, Band 9 / 2018, ISSN 2196-0232 31
weiten Projektverantwortung
Hohe Motivation und zeitliche
Verpichtung
Hohe bisherige Eigeninitiative
zur Weiterbildung
Konstant hohe Leistung
Sehr gutes Englisch
Spätestens zu diesem Zeitpunkt
ist es notwendig, den Betriebsrat
über die Initiative zu informieren
und zu begeistern – was normaler-
weise leicht gelingen sollte, da der
Wunsch nach einer solchen Karrie-
remöglichkeit schon lange auf der
Liste vieler Unternehmen steht.
Folgende Prozess-Schritte sind
von der Geschäftsleitung verab-
schiedet worden:
1. Evaluation des Kandidaten
durch direkte Führungskraft
2. Motiv(ations)gespräch mit HR
3. Lumina Spark Persönlichkeits-
portrait
4. Karriereanker nach Schein
(2005)
5. Assessment nach einem Kom-
petenzmodell
6. Selbstpräsentation des Kandi-
daten vor der Geschäftsleitung
7. Entscheidung über die Aufnah-
me
8. Erstellung eines „Individual
Development Plan“ (IDP)
9. Start des Programms
Konkrete Schritte und dafür
benötigte Hilfsmittel
ad 1: Evaluation durch die direkte
Führungskraft:
Ein Fragebogen, der ein strukturier-
tes Gespräch ermöglicht, ist sehr
hilfreich.
Es werden die Dimensionen Hal-
tung, Wollen, Wissen und Können
ning.com) und Karriereanker nach
Schein (Schein, 2005)
Beide Tests zielen auf ein umfas-
sendes Bild der Persönlichkeit ab,
das dem Kandidaten sehr hilft, sei-
nen Karriereweg bewusst zu gehen.
Ziel dabei ist, dass der Kandidat
Klarheit erhält, auf welche eigenen
Ressourcen er schon jetzt zurück-
greifen kann.
Zusätzlich wird bei solchen Pro-
len immer sichtbar, wo er selbst an
seiner persönlichen Weiterentwick-
lung arbeiten kann und an welcher
Stelle Unterstützung durch die Per-
sonalentwicklung zukünftig sinnvoll
ist.
ad 5: Kompetenzbasiertes Assess-
ment
Grundlage für ein solches Assess-
ment ist das Vorhandensein eines
bereits eingeführten (Führungskräf-
te-)Kompetenzmodells, nach dem
sich die Firmenkultur ausrichtet.
Dieses Assessment ist in drei
Teile gegliedert. Zuerst wird vom
Kandidaten online ein Assessment
durchgeführt, dann erfolgt ein Tie-
feninterview durch einen externen
Partner.
Daraus wird ein umfangreicher
Report erstellt, der auf den gefor-
derten Kompetenzen basiert.
Der entstandene Report wird von
einem externen Berater mit dem
Kandidaten intensiv besprochen.
Hier erhält er ein weiteres, wertvol-
les Feedback zur eigenen Person.
Der Report wird sowohl der Füh-
rungskraft als auch HR zur Verfü-
gung gestellt.
ad 6 und 7: Einzelpräsentation je-
des Kandidaten vor der Geschäfts-
überprüft und anhand einer Quali-
tätsskala von 1-4 bewertet.
Das Ziel ist eine erste Einschät-
zung des Kandidaten durch dessen
direkte Führungskraft. Kandidaten
mit einer geringeren Bewertung als
4 bei Haltung und Wollen sollten
nicht in Betracht gezogen werden.
Das Ergebnis des Interviews wird
anschließend an HR gemeldet, die
dann die Verantwortung für den
weiteren Prozess übernehmen.
ad 2: Motiv(ations)gespräch mit
dem Kandidaten
Ziel ist die Ergründung der
Motiv(ations)lage, warum sich der
Kandidat für das Programm ent-
schieden hat.
Auch hier ist ein standardisierter
Fragebogen Grundlage des Inter-
views. Dieser wird dem Kandidaten
im Vorfeld zugeschickt, damit er
sich vorbereiten kann. Beispielhaft
hier einige Interviewfragen:
1. Was ist Dein Antrieb, an die-
sem Programm teilzunehmen?
2. Was bedeutet es für Dich, bei
Chiesi zu arbeiten? (Antreiber,
Leidenschaft)
3. Wenn Du Dir vorstellst, dass
Du das komplette Programm
abgeschlossen hast und alles
ist perfekt gelaufen, wie wür-
den andere das merken?
Nach den ersten beiden Schritten
gibt es ein Feedback von HR an
den Kandidaten und an die direkte
Führungskraft, ob eine Aufnahme
in den weiteren Prozess empfohlen
wird.
ad 3 und 4: Persönlichkeitsportrait
Lumina Spark® (www.luminalear-
Konzept zum Aufbau einer Fachkarriere
HR Consulting Review, Band 9 / 2018, ISSN 2196-0232 32
ratsam, individuelle Vereinbarun-
gen zur Fortbildung zu treffen.
Jeder Teilnehmer hat Entwick-
lungsfelder, die „on-the-job“ bear-
beitet und geübt werden.
ad 9: Pichtmodule des Fachkarri-
ereprogramms
Insgesamt werden drei Pichtmo-
dule für die Fachexperten durchge-
führt: Projektmanagement Level D,
ein Führungskräftetraining Basis-
kurs und ein Coaching Kompakt-
Kurs.
Zusätzlich werden von der ei-
genen Führungskraft anspruchs-
volle Aufgaben delegiert, die über
der Qualikation des Kandidaten
stehen.
Das gesamte Programm ist auf
18 bis 36 Monate angelegt, damit
genug Zeit für die Kandidaten zur
Verfügung steht, sich in diese He-
rausforderung hinein zu entwickeln.
Fazit
Beim Aufbau einer Fachkarriere
gilt es, sich im Vorfeld viele Gedan-
ken über das Auswahlverfahren zu
machen.
Dies verhindert die falsche Aus-
wahl an Kandidaten für solch
ein kosten- und zeitintensives
Programm.
In unserem Fall hat sich dieser
aufwändige Prozess mehr als aus-
gezahlt.
Sowohl die Kandidaten als auch
die Führungskräfte und die Ge-
schäftsleitung haben ein allumfas-
sendes Bild über jeden Einzelnen.
Der Blick sollte immer zukunfts-
gerichtet sein: Was brauchen wir
wirklich und was erwarten wir von
unseren Fachkarrieristen?
leitung zur Entscheidung über die
Aufnahme ins Programm.
Ziel hierbei ist, dass alle Bereichs-
leiter ein Wissen über die Poten-
tialkandidaten erwerben und zu-
kunftsorientiert entscheiden, ob sie
denjenigen als Projektleiter akzep-
tieren würden.
Die Erfahrung und eine GPM-
Studie (Engel, Tamdjidi & Quade-
jacob, 2008, S. 12) haben gezeigt,
dass erfolgreiche Projekte gekenn-
zeichnet sind durch
„sehr gute ‚soft skills’ (Soziale
Kompetenz, Koniktlösungs-
fähigkeit, Führungsfähigkeit)“
der Projektleiter sowie
ein „gemeinsames, klar for-
muliertes Verständnis über
den Projekterfolg“ zwischen
Projektleiter und Top Manage-
ment.
Die zukünftigen Senior Experts
bei Chiesi werden vor allem in ab-
teilungsübergreifenden (Projekt-)
Strukturen agieren.
Deswegen wird es als essentiell
betrachtet, dass sich auch fach-
fremde Bereichsleiter ein Bild über
eine mögliche Zusammenarbeit
machen können.
Die Kandidaten halten eine Prä-
sentation und beantworteten an-
schließend einige spontane Fragen
der Bereichsleiter.
Anhand der Gesamtleistung be-
urteilten die Bereichsleiter den Kan-
didaten mit Hilfe einer Matrix und
entscheiden über die Aufnahme ins
Ausbildungsprogramm.
Bei der Präsentation wird ein fest-
gelegter Rahmen eingehalten.
Alle Kandidaten benutzen Pow-
erPoint und maximal eine weiteres
Medium. Insgesamt hat jeder zehn
Minuten Zeit. In den ersten zwei Mi-
nuten stellt er sich persönlich vor.
In der übrigen Zeit gilt es, einen
Blick in die Zukunft zu werfen mit
Antworten auf die Themen: Meine
Position als Senior. Meine Vision für
mich bei und für Chiesi. Was sind
meine Treiber? Sowie eine SWOT-
Analyse: „Interne & externe Her-
ausforderungen aus meiner Sicht“.
Das ist extrem herausfordernd
für die Kandidaten, die sich auf die
Essenz ihrer Aussagen und Thesen
beschränken müssen.
Die Beurteilungsmatrix als Hilfe
für die Entscheidung durch die Be-
reichsleiter ist durch zwei Dimen-
sionen gekennzeichnet: Fakten/
Inhalt und Persönlichkeit/Überzeu-
gungskraft .
Direkt im Anschluss an die Prä-
sentation erfolgt die Kurzkonferenz
und Diskussion der Geschäftslei-
tung mit der Entscheidung zur Auf-
nahme in das Programm.
ad 8: Gespräch über den „Individual
Development Plan“ (IDP)
Nach Aufnahme in das Fortbil-
dungsprogramm wird aufgrund des
Assessment-Reports ein IDP durch
den Kandidaten erstellt und mit der
Führungskraft und HR besprochen.
Dieser IDP hilft sowohl dem
Kandidaten, als auch dessen Füh-
rungskraft, den Fokus auf die Ent-
wicklung in den nächsten Monaten
zu halten.
Die vereinbarten Inhalte und Fort-
schritte werden regelmäßig mit der
eigenen Führungskraft besprochen.
Zusätzlich zum Ausbildungspro-
gramm, das von allen Teilnehmern
gemeinsam durchlaufen wird, ist es
Konzept zum Aufbau einer Fachkarriere
HR Consulting Review, Band 9 / 2018, ISSN 2196-0232 33
ker – Die verborgenen Muster
in Ihrer beruichen Entwicklung
(10. Au.). Darmstadt: Lanzen-
berger Dr. Looss Stadelmann
Verlags GmbH.
Ein weiterer Punkt, um Wider-
stände so gering wie möglich zu
halten, ist die Kommunikation zwi-
schen allen Beteiligten und auch
Unbeteiligten.
Maximale Transparenz über den
Prozess verhindert Gerüchteküche
und Flurfunk.
Woran allerdings konstant gear-
beitet werden muss, ist die Wahr-
nehmung und Akzeptanz auf Ge-
schäftsleitungsebene.
Hier herrscht noch der „alte
Geist“, dass ein Leistungsträger nur
mit Führungsverantwortung Karrie-
re machen kann.
Wir sind der vollen Überzeugung,
dass sich dies in naher Zukunft
ändern wird, weil es sich ändern
muss.
Ebenfalls unterschätzt haben wir,
dass auch bei den Teilnehmern im-
mer wieder neue Fragen im Laufe
des Programms auftauchen.
Dazu halten wir jetzt regelmäßige
Frage&Antwort-Treffen ab, um den
Teilnehmern Sicherheit zu geben
und sie maximal zu unterstützen.
Wo stehen wir im Moment?
Zurzeit haben wir 6 Teilnehmer aus
folgenden Bereichen im Programm:
Medical (3), HR (2), Business
Knowledge (1).
Nur ein Kandidat hat sich nach
dem kompetenzbasierten Assess-
ment gegen die Aufnahme in das
Programm entschieden. Grund für
ihn waren die zusätzliche Arbeits-
und Zeitbelastung.
Im Oktober 2017 hat die Ausbil-
dung zum Projektmanagement be-
gonnen, die bis Mai 2018 andauert.
Zwei Teilnehmer haben schon Coa-
ching-Kompakt absolviert.
Die zukünftigen Senior Experts
sind hochmotiviert und treffen sich
regelmäßig zum Austausch und ge-
meinsamen Lernen.
Mit diesem Programm haben wir
es geschafft, dass in dieser Gruppe
schon jetzt bereichsübergreifend
über zukünftige Herausforderungen
diskutiert wird.
Ich schließe mit einem Zitat von
Oskar Wilde:
„Die Zukunft gehört denen, die die
Möglichkeiten erkennen, bevor sie
offensichtlich werden.“
Literatur
Becker, M., Herz, A. & Beck, A.
(2014). Das Lokführersyndrom.
Wachsende Expertenmacht in
alternden und schrumpfenden
Organisationen (1. Au., 2014)
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die_2008_erfolg_und_schei-
tern_im_pm.html
Schein, E. H. (2005). Karriere-An-
Konzept zum Aufbau einer Fachkarriere
HR Consulting Review, Band 9 / 2018, ISSN 2196-0232 34
Talent Management – Schlüs-
sel für mehr Differenzierung im
Wettbewerb
Mitarbeiter bestimmen den Unter-
nehmenserfolg. Insbesondere gilt
dies für Dienstleistungsunterneh-
men, bei denen den Mitarbeitern
eine besondere Rolle im Leistungs-
erstellungsprozess zukommt.
Im Kontext einer zunehmend wis-
sensbasierten Wirtschaft kommen
der Qualikation und dem Engage-
ment von Mitarbeitern eine beson-
dere Bedeutung zu, weil diese Hu-
manressource im Wettbewerb – als
Prozess von Vorstoß und Imitation
– nicht einfach kopiert werden kann
(Fröck, 2004).
Insofern ist der Talentmarkt ne-
ben dem Kapital- und Konsumen-
tenmarkt das wichtigste Gebiet,
auf dem Unternehmen miteinander
konkurrieren (Boudreau & Ram-
stadt, 2002).
Der Talentbegriff wird in Wissen-
schaft und Praxis uneinheitlich ver-
sinnvolle Abgrenzung zu dieser so-
mit nur schwer möglich ist (DGFP,
2015; Meifert, 2011).
Nach der engeren Auffassung
des Talentbegriffes liegt der Fokus
auf einer relativ kleinen Gruppe von
besonders talentierten Mitarbeitern,
die häug als High Potentials be-
zeichnet werden.
Aufgabe des Talent Manage-
ments nach diesem engen Ansatz
ist es, diese für das Unternehmen
überproportional wichtigen Mitar-
beiter zu identizieren, gezielt zu
entwickeln, an das Unternehmen
zu binden und auf für das Unter-
nehmen strategisch bedeutsamen
(erfolgskritischen) Schlüsselpositio-
nen einzusetzen (Meifert, 2011).
Nachhaltiger Unternehmens-
erfolg braucht fortwährend die
richtigen Personen in Schlüssel-
positionen.
Das ist jedoch kein mechanischer
Balanceakt zwischen Organigramm
und Demograe.
wendet (Al Ariss, Cascia & Paauwe,
2014). Es lassen sich jedoch grob
zwei Ansätze unterscheiden.
In der breiten Auslegung des Ta-
lentbegriffes werden alle Mitarbei-
ter des Unternehmens als Talente
angesehen.
Der Begriff „Talent“ wird in diesem
Sinne als Synonym für Begabung
genutzt und die Aufgabe des Talent
Managements besteht darin, die
Begabung zu identizieren, zu för-
dern sowie ein Matching zwischen
der Stelle und der Person herzu-
stellen, damit der Mitarbeiter seine
Begabung voll entfalten und eine
optimale Leistung erbringen kann.
Aufgrund der mangelnden Dif-
ferenzierung bzw. Spezizierung
der Zielgruppe ist dieser Ansatz in
besonderem Maße der Kritik „alter
Wein in neuen Schläuchen“ aus-
gesetzt, da eine Breitenförderung
des gesamten Personalkörpers im
Sinne einer systematischen Perso-
nalentwicklung stattndet und eine
Die Führungskraft als Erfolgsfaktor
für wirksames Talent Management
Dr. Mathias Fröck1
1 Leiter Fachbereich Personalentwicklung, Techniker Krankenkasse Hamburg
SCHLÜSSELWÖRTER: Führungskräfte, Personalentwicklung, Talent Management, Unternehmenskultur.
KURZFASSUNG: Ein wirksames Talent Management als Teilbereich des strategischen Personalmanagements ist
einer der zentralen Erfolgsparameter für Unternehmen im Wettbewerb. Wichtig ist dabei, dass das Talent Manage-
ment mit den relevanten Personalsystemen eng verzahnt ist (z. B. der Stellenbesetzung) und Führungskräfte und
Talente ihre Verantwortung wahrnehmen. Dementsprechend muss der HR-Bereich Instrumente, Maßnahmen und
Prozesse gestalten. Führungskräfte müssen das Talent Management als eine ihrer Kernaufgaben fördern, sich aktiv
und selbstverständlich beteiligen und damit auch einen authentischen Beitrag im Kontext ihrer Wirkung auf die Unter-
nehmenskultur übernehmen. Von den Talenten selbst muss Eigenverantwortung für die Gestaltung ihrer Entwicklung
eingefordert und ermöglicht werden.
HR Consulting Review, Band 9 / 2018, ISSN 2196-0232 35
Gute Personal- und Nachfolge-
planung berücksichtigt die Unbere-
chenbarkeit der VUCA-Welt.
Unternehmen stehen zunehmend
vor unvorhergesehenen Verän-
derungen und einem verstärkten
Wettbewerbsdruck.
Die Welt, in der die meisten Orga-
nisationen agieren, wird als volatil,
unsicher, komplex und voller Ambi-
guitäten (als VUCA für engl. volati-
le, uncertain, complex, ambiguous)
bezeichnet (Apollo Research Insti-
tute, 2012).
Damit ist ein zentraler Erfolgs-
faktor für ein Talent Management
die Ableitung ihrer Zielsetzung aus
der Unternehmensstrategie und
einer damit korrespondierenden
Personalstrategie.
Es braucht eine klare Festlegung,
welche die erfolgskritischen Kom-
petenzen im Wettbewerb sind, um
darauf aufsetzend entsprechende
Kompetenzprole und den Talent-
begriff – unter Beteiligung der Füh-
rungskräfte – im Unternehmen zu
denieren.
Nur dann kann ein Talent Ma-
nagement als strategieumsetzende
Personalentwicklungsarbeit (Stie-
fel, 2010) die Umsetzung der Un-
ternehmensstrategie und ihrer Ziele
im Sinne „getting the right people
with the right skills into the right
jobs“ (Capelli, 2008, S. 1) wirksam
unterstützen.
Das Talent Management muss
also unternehmensspezisch ent-
wickelt werden und ist organisa-
tionsspezisch zu bestimmen, es
geht somit um „best t“ anstatt „best
practice“, wenn durch das Talent
Management Wettbewerbsvorteile
generiert werden sollen, die wirk-
verteidigt wird.
Letztlich wird Kultur durch Men-
schen bestimmt. Die Protagonisten
im Rahmen von Talent Manage-
ment sind die Mitarbeiter, die Füh-
rungskräfte, die HR-Manager und
das Top-Management.
Sie stellen die Kultur durch ihre
Handlungsweisen und Haltung her.
Zur Kulturveränderung sollte der
HR-Bereich weniger auf Appelle
hinsichtlich der Einlassungsbe-
reitschaft und des Engagements
in Hochglanzbroschüren setzen,
sondern vielmehr durch proaktive
Gestaltung entsprechender Perso-
nalinstrumente und -prozesse (als
dritte Säule), die o.g. Protagonisten
in die Verantwortung und damit in
eine erlebbare Umsetzungsrolle
bringen.
HR sollte dafür eine rahmenge-
bende, beratende und befähigende
Rolle einnehmen.
Die Schnittstellen zwischen allen
mit Fragen zum Talent Manage-
ment betrauten Akteuren müssen
ausnahmslos klar deniert und mit
klaren Verantwortlichkeiten unter-
legt sein.
In Stellenbesetzungsprozessen
darf es beispielsweise keinen By-
pass an den Talentmanagement-
prozessen vorbei geben, vielmehr
sind diese als notwendige Voraus-
setzung integraler Bestandteil.
Ausgangspunkt für einen positi-
ven Kulturprozess ist die sichtbare
Verpichtung des Top-Manage-
ments gegenüber der Bedeutung
des Talent Managements für den
Unternehmenserfolg und die Ver-
pichtung, von Anfang an auf die
Führungskräfte und auf einen Wan-
del in deren Haltung zu fokussie-
sam sind und von Mitbewerbern
nur schwer imitierbar sein sollten
(Al Ariss, Cascia & Paauwe, 2014).
Talent Management – Voraus-
setzungen für eine erfolgreiche
Umsetzung
Ein wirksames Talent Management
zur Unterstützung der Unterneh-
mensziele steht auf drei Säulen
(v. Hehn, 2016): Neben der bereits
oben ausgeführten Unternehmens-
und Personalstrategie, welche die
Richtung angibt und aus denen sich
Kompetenzprole und Schlüssel-
positionen ableiten lassen, ist die
Unternehmenskultur, die den Bo-
den bereitet, der nahezu wichtigste
Faktor.
Die beste Strategie kann nicht
umgesetzt werden, wenn Füh-
rungskräfte und Mitarbeiter daran
kein Interesse haben oder sich im
Widerstand benden.
Vielmehr braucht es eine Kultur,
die das Selbstverständnis der Füh-
rungskräfte als Personalentwickler
fördert, denn Personalentwicklung
der Mitarbeiter gehört zu den zen-
tralen Führungsaufgaben.
Zudem sollten Führungskräfte
und das Top Management ihre Ein-
gebundenheit und ihr Engagement
in den relevanten Talentmanage-
mentprozessen deutlich machen.
Die Mitarbeiter ihrerseits soll-
ten Offenheit für Veränderung und
Lernfähigkeit sowie die Verantwor-
tung für eigene Entwicklung de-
monstrieren.
Dabei gilt es häug, etablierte
Strukturen aufzubrechen, in denen
das Silodenken, „die Personalab-
teilung sei für Personal allein ver-
antwortlich“, veränderungsresistent
Die Führungskraft als Erfolgsfaktor für wirksames Talent Management
HR Consulting Review, Band 9 / 2018, ISSN 2196-0232 36
Karriereplanung mit ein.
Hierzu zählt es auch im Kontext
einer gesamtunternehmerischen
Perspektive, eigene Talente auch
proaktiv ziehen zu lassen, wenn es
an anderer Stelle im Unternehmen
attraktive Vakanzen gibt.
Oberste Maxime eines Talent
Managements ist immer der Unter-
nehmenserfolg und dabei darf es
keinen Raum geben für Silodenken
oder Bedenken, die eigenen Talen-
te zu identizieren und zu entwi-
ckeln, aus Angst ihre „guten Leute“
an andere Bereiche abgeben zu
müssen.
Um ihre Rolle als Personalent-
wickler ihrer Mitarbeiter einneh-
men zu können, müssen die Füh-
rungskräfte entsprechend befähigt
werden.
Dies geschieht sowohl explizit
durch entsprechende Qualizie-
rungsmaßnahmen, als auch implizit
durch eine aktive Beteiligung an Ta-
lentmanagementprozessen.
Wenn Führungskräfte als aktive
Beobachter in diagnostischen Pro-
zessen (z. B. Assessment Center)
teilnehmen, können die Einstellun-
gen zu diesen Verfahren im positi-
ven Sinne verändert werden.
Als Beobachter machen sich die
Führungskräfte mit den Kompe-
tenzprolen vertraut und lernen
Techniken kennen, mit denen Mit-
arbeiter professionell eingeschätzt
werden und mit denen Feedback
gegeben werden kann.
Durch Teilnahme an Verfahren,
in denen konkretes Verhalten und
Ergebnisse der Mitarbeiter disku-
tiert werden, können Führungskräf-
te Einstellungen und Erwartungen
gegenüber ihren nachgeordneten
ren, dass sie als wichtigste Akteure
im Rahmen eines Talent Manage-
ments im Wesentlichen für die er-
folgreiche Umsetzung verantwort-
lich sind.
Führungskräfte sollten sich des-
sen bewusst sein, dass sie mit ihrer
Haltung gegenüber den Mitarbei-
tern deren Einstellung beeinussen
– und damit den Unternehmenser-
folg (Fröck & Nowas, 2013).
Bezogen auf den gesamten Le-
benslauf eines Talents im Unter-
nehmen sollten HR-Verantwortliche
die folgenden vier Kernfelder be-
rücksichtigen, damit ein Talent Ma-
nagement seine volle Wirkung ent-
falten kann (Meifert, 2011):
Gewinnung (externer) und
Identizierung interne Talente
über ein stringentes internes
Potenzialmanagement,
Entwicklung der identizierten
Talente durch stringente Per-
sonalentwicklungsprogramme
bzw. Systeme,
Bindung der Talente im Un-
ternehmen durch ein klares
Karriere-Management-System,
tatsächliches Placement der
Talente im Sinne einer klaren
und transparenten Stellenbe-
setzungspolitik.
Nicht zu unterschätzen: Die Rol-
le der Führungskraft als Perso-
nalentwickler
Die wesentlichen Faktoren für den
Erfolg des Talent Managements im
Unternehmen sind die gelebte Füh-
rungskultur und die Unterstützung
der Talente durch die Führungskräf-
te: Es zählt vor allem deren Bereit-
schaft, den Prozess mitzutragen
und eine aktive Rolle in der Ent-
wicklung ihrer Mitarbeiter zu über-
nehmen.
Diese Erwartung sollte in den An-
forderungsprolen und Feedback-
systemen für Führungskräfte sowie
im Führungsleitbild (z. B. Führungs-
leitlinien) fest verankert sein.
Mit Blick auf die vorgenannten
vier Kernfelder sollten die Füh-
rungskräfte eine zentrale Rolle
spielen.
Die Identizierung interner Ta-
lente können Führungskräfte im
Rahmen der regelmäßigen Mitar-
beitergespräche oder z. B. durch
Initiierung und aktive Beteiligung in
eigens strukturierten Potenzialsich-
tungsrunden ihres Verantwortungs-
bereiches fördern.
Dies kann entweder durch direk-
te Nominierung oder aber durch
die Ermutigung und Ermöglichung
der Eigennominierung im Sinne
der Verantwortung der Mitarbei-
ter für ihre eigene Entwicklung
geschehen.
Ebenso sollten Führungskräfte
in den Auswahlverfahren für unter-
nehmensweite Personalentwick-
lungsprogramme eine aktive Rolle,
z. B. als Interviewer oder Beobach-
ter, übernehmen.
Den bereits identizierten Talente
sollten sie als Begleiter und Förde-
rer, als Personalentwickler vor Ort
zur Verfügung stehen, indem sie
regelmäßig z. B. in Standortgesprä-
chen den Lern- und Entwicklungs-
fortschritt betrachten, Feedback ge-
ben sowie einfordern das Gelernte
anzuwenden.
Ebenso zeigen sie durch eine
wertschätzende Haltung die Be-
deutung der Talente für das Unter-
nehmen auf und bringen sich in der
Die Führungskraft als Erfolgsfaktor für wirksames Talent Management
HR Consulting Review, Band 9 / 2018, ISSN 2196-0232 37
Schneller Lernen als die Kon-
kurrenz, Wien.
Von Hehn, S. (2016): Systemati-
sches Talent Management, 2.
Auage, Stuttgart.
Mitarbeitern kalibrieren, was sie
gleichzeitig sicherer macht im Um-
gang mit Mitarbeitereinschätzun-
gen im Führungsalltag.
Zum anderen empnden Füh-
rungskräfte ihre Teilnahme auch als
Wertschätzung ihrer Person und
Kompetenzen sowie auch eine gute
Gelegenheit für den Aufbau bezie-
hungsweise die Erweiterung des
persönlichen Netzwerkes.
Tendenziell skeptischen Füh-
rungskräften kann die Teilnahme
die Erfahrung vermitteln, dass die
Auswahlverfahren professionell
und fair gehandhabt werden.
Dadurch können häug schon
negative Einstellungen geändert
und Widerstände aufgeweicht wer-
den (v. Hehn, 2016).
Fazit
Talent Management ist kein reines
HR-Thema, sondern ein Führungs-
thema. Führungskräfte können und
sollten eine aktive Rolle als Per-
sonalentwickler ihrer Mitarbeiter
einnehmen, und zwar durch Nut-
zung entsprechender von HR zur
Verfügung gestellter Prozesse und
Instrumente. Damit sind die Füh-
rungskräfte elementarer Bestand-
teil eines wirksamen Talent Ma-
nagements. Das Top-Management
sollte durch seine Initiative und
Engagement die Bedeutung des
Talent Managements für den Un-
ternehmenserfolg demonstrieren.
Übereinstimmendes Reden und
Handeln aller Akteure entscheiden
über Erfolg und Misserfolg für die
Glaubwürdigkeit eines Talent Ma-
nagements im Kontext einer ent-
sprechenden Unternehmenskultur.
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Die Führungskraft als Erfolgsfaktor für wirksames Talent Management
HR Consulting Review, Band 9 / 2018, ISSN 2196-0232 38
1. Führung und Kultur – einfüh-
rende Gedanken
Chefs, Berater, Hochschullehrer
und natürlich wir Personalmana-
ger sprechen oft über „Führung“.
Gepaart mit dem noch größeren
Thema „Unternehmenskultur“, wird
daraus dann „Führungskultur“.
So unbestritten wichtig „Führung“
und „Kultur“ für jede Organisation
sind, so problematisch ist es, die
beiden Begriffe so zu beschreiben
oder gar zu denieren, dass daraus
ein allgemeingültiges Verständnis
erwächst.
Spricht Einer über „Leadership“,
dann meint und versteht ein Ande-
rer „Management“.
Beginnt ein neuer Personalleiter
seine Tätigkeit und hat verstanden,
dass einer seiner wichtigsten Auf-
träge „die Verbesserung der Füh-
rungskultur“ ist, so gilt es, heraus-
zuarbeiten, was genau gemeint ist
und was im Unterschied zum Sta-
tus Quo erreicht werden soll.
überführen.
Vor diesem Hintergrund drängt
sich die Frage nach den gängigen
Theorien und Erkenntnissen zum
weiten Feld der „Führung“ gerade-
zu auf.
2. Führung in Theorie und Praxis
Im Studium, im Wege des Selbst-
studiums und im Austausch mit
Kollegen und Mitstreitern wird sich
jeder Personalmanager intensiv mit
Führungsmodellen bzw. Führungs-
stilen beschäftigt haben.
Nachfolgend soll aber bewusst
nicht weiter auf die unterschiedli-
chen Denitionen und Wirkmecha-
nismen, und auch nicht auf aktuelle
Trends und Prognosen eingegan-
gen werden (dazu sei z. B. die Lek-
türe der immer noch aktuellen Stu-
die von Roehl aus dem Jahr 2015
empfohlen).
Der Verfasser glaubt nämlich
nicht, dass es bei der Suche nach
der geeigneten Führungskultur ziel-
Es kann dann passieren, dass
die beiden vorgenannten Fragen in
bestmöglicher Art und Weise beant-
wortet werden und auch entspre-
chende Veränderungsaktivitäten
methodisch sauber aufgesetzt und
kontrolliert werden, und dennoch
zwei Jahre später allgemeine Un-
zufriedenheit über den Zustand der
Kultur herrscht.
Es kann mithin kaum überra-
schen, dass es zu diesen Fragen
seit Jahrzehnten eine schier un-
übersichtliche Vielzahl von Gedan-
ken und Modellen gibt (Vergleiche
nur Kaehler, 2016, S. 134-135; Rie-
der, 2014, S. 144-146).
Ebenso dürften wir uns darin ei-
nig sein, dass die zunehmende
Komplexität und Geschwindigkeit
in unseren Arbeitswelten es noch
schwieriger macht als früher, auf
die Frage der geeigneten (Füh-
rungs-)Kultur jeweils DIE passende
Antwort zu nden und diese erfolg-
reich in die Unternehmenspraxis zu
Führungstheorien – Elemente des
Coachings sind wertvoll
Dr. Klaus Weigeldt1
1 Bereichsleiter Personal, PIN Mail AG, Berlin
SCHLÜSSELWÖRTER: Coaching, Führungsstil, Unternehmenskultur, Führung, Leadership
KURZFASSUNG: Gute Führung und eine gute Führungskultur sind wichtiger denn je. Sie passend zur Organisation
zu entwickeln, ist eine sehr schwierige Aufgabe. Es gibt zwar viele eingeführte Führungsmodelle und Führungsstile.
Diese sind jedoch meist nicht zur unmittelbaren Umsetzung geeignet. Der Verfasser plädiert dafür, dass jede Orga-
nisation davon protiert, die eigenen Führungsrollen und die damit verbundenen Rechte, Pichten und Erwartungen
klar zu denieren. Im Einzelfall kommt es dann aber weniger darauf an, sich mit großem Aufwand für ein konkretes
Modell zu entscheiden oder mit Beratern in Projekten zu verlieren, wie denn nun Führung bestmöglich ausgestaltet
werden kann, sondern es hilft insgesamt mehr, wenn die Führungskräfte mit Coaching-Techniken vertraut gemacht
und darin trainiert werden.
HR Consulting Review, Band 9 / 2018, ISSN 2196-0232 39
führend ist, nach DER „passenden“
Führungstheorie zu suchen.
Kaum jemand wird auf die Idee
kommen, dass Mitarbeiter, die in
den 80er und 90er Jahren des 20.
Jahrhunderts geboren wurden, sich
zu Unternehmen hingezogen füh-
len, in denen „altmodisch“ geführt
wird.
Wir alle wissen um die Bedeutung
eines respektvollen, differenzierten
und fairen Umgangs.
Wir sollten ferner alle wissen,
dass die Motivation eines jeden ein-
zelnen Mitarbeiters nicht darunter
leidet, wenn er oder sie regelmäßig
maßgebliche Informationen zur Si-
tuation und zum aktuellen Ausblick
im Unternehmen erhält.
Es ist auch klar, dass „gute Füh-
rung“ in Teams komplexer, länder-
übergreifender Strukturen mit inter-
kulturellem Einschlag schwieriger
oder zumindest anders ist, als das
gemeinsame Arbeiten auf einer
Büroetage.
Es wäre nun sicher spannend he-
rauszunden, ob es z. B. der „kom-
plementären Führungstheorie“ von
Kaehler (2016) gelungen ist, die
Herausforderungen unserer Zeit so
zu beschreiben, dass sie im We-
sentlichen ein Garant für gute Er-
gebnisse sein mag.
Ebenso interessant wäre es zu
prüfen, ob vielleicht die (bereits in
die Jahre gekommenen) Ansät-
ze „transformationaler Führung“
(Grundlegend, Bass, 1985), ob
„Ambidextrous Leadership“ (Grund-
legend, Tushman & O’Reilly, 1996;
s. a. Schindler, 2015) oder ob –
ebenfalls neu – Führungsmodelle
bei Google/Alphabet (hierzu Kaeh-
ler & Nachtwei, 2017, S. 36) eine so
sem Zusammenhang „einen mo-
derierten Prozess zur maßge-
schneiderten Problemlösung im
Spannungsdreieck zwischen Be-
ruf, Organisation und Privatleben
oder in einem dieser Bereiche“
(Koditek, 2008, S. 13; Raddatz,
2013, S. 45-48).
Es wird u. a. eingesetzt beim Um-
gang mit und bei der Lösung von
Konikten, bei der Begleitung von
Entscheidungen und bei Verände-
rungen (vgl. nur die Ausbildungs-
inhalte der diversen Lehrgänge
zur Erreichung eines entsprechen-
den Abschlusses als systemischer
Business Coach).
Die Leitidee des Coachings ist,
die Lösungs- von der Problem-
ebene schnell und nachhaltig zu
trennen, um die gesamte Energie
des Coachees auf die ihm selbst
zur Verfügung stehenden Möglich-
keiten zur aktiven und konstruk-
tiven Haltung zu lenken (Meier &
Szabo, S. 18).
Zusammenfassend lässt sich
sagen, dass es beim Business
Coaching fast immer darum geht,
Themen zu behandeln, die an der
Schnittstelle zwischen eher rationa-
len Fragen des jeweiligen Arbeits-
platzes und sozialen oder emo-
tionalen Berührungspunkten der
beteiligten Menschen liegen.
Sehr häug spielen beim Coa-
chee dabei Anknüpfungen aus
seinem privaten Leben eine we-
sentliche Rolle (ausführlich dazu
Raddatz, 2013, S. 45-48).
Daraus eine eigenständige Füh-
rungstheorie zu entwickeln, ist bis-
her nicht gelungen und ist auch
nicht sinnvoll.
Es gibt zwar Veröffentlichungen,
gute Passung anbieten, dass dar-
aus wiederum der geeignete Rah-
men für die konkrete Umsetzung
abzuleiten sei.
Doch genau an dieser Stelle dürf-
ten bereits Grenzen der Machbar-
keit überschritten werden, an die
der Verfasser bereit ist zu glauben.
Vor diesem Hintergrund wird
nachfolgend zwar uneingeschränkt
dafür plädiert, im eigenen Unter-
nehmen mit größter Priorität auf
„gute Führung“ zu achten und damit
den wesentlichen Beitrag für eine
gute Kultur zu leisten, sich dabei
aber nicht auf die Suche nach DER
geeigneten Führungstheorie oder
nach DEM BESTEN Führungsstil
zu machen.
Es gilt vielmehr, gemeinsam mit
dem Management die Besonder-
heiten des Unternehmens heraus-
zuarbeiten und die Strukturen und
Prozesse kontinuierlich weiterzu-
entwickeln.
Dabei ist es sehr zu empfehlen,
sich Führungsgrundsätze zu ge-
ben, die auf Werten basieren, die
mit dem Geschäft des Unterneh-
mens, der angestrebten Führungs-
kultur, der Sozialisierung der Mitar-
beiter verbunden sind und diese am
Führungspersonal zu orientieren.
Was in diesem Zusammenhang
dann noch eine vielleicht allge-
meingültige Stütze sein könnte, soll
nachfolgend ausgeführt werden.
3. Coaching als Führungsstil?
In der Ausbildung zum systemi-
schen Business Coach lernt man
viel über den notwendigen Pers-
pektivwechsel und über die zentrale
Bedeutung guter Kommunikation.
Coaching beschreibt in die-
Führungstheorien – Elemente des Coachings sind wertvoll
HR Consulting Review, Band 9 / 2018, ISSN 2196-0232 40
des Coachings gezielt und gekonnt
einzusetzen, so dass notwendige
Veränderungen besser identi-
ziert und nachhaltiger umgesetzt
werden.
Und genau darum geht es dem
Verfasser: Die im Coaching selbst-
verständlichen Aspekte Zuhören,
Fragen stellen, Gemeinsam nach-
denken und Empathie für die Ande-
ren (Koditek, 2008, S. 45-46) soll-
ten zum natürlichen Repertoire von
Führungskräften gehören.
Je komplexer die Aufgabe und
je schwieriger die Kommunikation,
desto wichtiger werden jeweils die
zuvor genannten Techniken, um
gute Ergebnisse zu erzielen.
Einer der Protagonisten der in-
ternationalen Wissenschaftselite
auf dem Gebiet der Kommunikati-
onsforschung und der Ernder der
„Theorie U“, der deutsche Professor
am MIT Otto Scharmer beschreibt
das Thema wie folgt: „Die alten For-
men der Führung zerfallen ähnlich
wie die Berliner Mauer. Wir brau-
chen mehr als nur einen Ansatz für
Führung. Wir müssen vielmehr das
Konzept von Führung hinter uns
lassen. Stattdessen sollten wir uns
auf einen Entdeckungsweg ma-
chen, um die tieferen Quellen der
gemeinsamen Wahrnehmung und
Willensbildung zu erschließen – die
Intelligenz des offenen Denkens,
offenen Herzens und des offenen
Willens“ (Scharmer, 2013, S. 48).
Sonja Raddatz beschreibt es in
diesem Zusammenhang sehr tref-
fend mit der „Verwendung von Coa-
ching Partikeln im Alltagsgespräch“
(Raddatz, 2013, S. 163-166).
Weiter wird die Bedeutung von
Fragen und allg. Gesprächstechni-
die sich mit dieser Frage beschäfti-
gen, doch im Ergebnis wird der An-
spruch einer eigenständigen Füh-
rungstheorie nicht vertreten.
Ganz im Gegenteil wird offensiv
vertreten, dass sich Coaching nicht
als Führungsstil eigne, weil Füh-
rung im Kern nicht partnerschaftlich
zu verstehen sei.
Weitere, vor allem auch prakti-
sche Gründe liegen im Wesentli-
chen darin, dass im Gegensatz zur
Ausgangssituation zwischen Coach
und Coachee im Unternehmen-
salltag zwischen einer Führungs-
kraft und seinen Mitarbeitern völlig
andere Rahmenbedingungen und
Spielregeln gelten.
Es ist nicht realistisch, die not-
wendige professionelle Distanz
zum Mitarbeiter und zur konkreten
Coachingsituation dadurch aufzu-
bauen, dass die Führungskraft be-
wusst und nach außen erkennbar in
die Rolle des Coaches schlüpft (zu
allem Raddatz, 2013).
Auch dürfte es in der Praxis nicht
möglich sein, alle Führungskräfte
zu systemischen Coaches auszu-
bilden. Mithin ist es nicht Anliegen
dieses Beitrages, weiter über den
Sinn einer möglichen neuen Füh-
rungstheorie nachzudenken.
Es geht nachfolgend ausschließ-
lich um die Idee, die Essenz des
Coachings als „Bestandteil guter
Führung“ zu erkennen und zwar in
einer gewissen Allgemeingültigkeit
für alle Organisationen.
4. Elemente des Coachings als
wesentlicher Bestandteil guter
Führung
Das nachfolgende Zitat beschreibt
das Phänomen der gestiegenen
Führungskomplexität sehr gut:
„Viele Vorgesetzte versuchen ver-
zweifelt, ihren Führungssituationen
mit den Instrumenten, Methoden
und Werkzeugen von gestern Herr
zu werden: Indem sie ihre Anwei-
sungen verschärfen, noch engere
Grenzen setzen, noch deutlicher
Vorgaben machen, noch kleinere
Aufgaben vergeben, noch mehr
kontrollieren und noch „verlässli-
chere“ Steuerungsinstrumente ein-
setzen – um dann noch schneller
die vergebenen Aufgaben wieder
zurückzuholen, wenn sie befürch-
ten, dass diese nicht „richtig erle-
digt“ werden könnten“ (Raddatz,
2013, S. 13).
Wenn es aber eine Möglichkeit
gibt, „mit Hilfe eines Coachingpro-
zesses die maßgeschneiderte Pro-
blemlösung im Spannungsdreieck
zwischen Beruf, Organisation und
Privatleben“ zu nden (Koditek,
2008, S. 13), was kann dann dage-
gen sprechen?
Warum sollten personenzentrier-
te Gesprächs- und Moderations-
techniken aus dem Coaching nicht
auch dem Vorgesetzten helfen, an-
dere, bessere Lösungen mit seinen
Mitarbeitern zu erzielen?
Im Ergebnis natürlich nichts. Je-
doch muss man realistisch bleiben.
Dem Coaching auf der einen Sei-
te die Geeignetheit zu einer eigen-
ständigen Führungstheorie kom-
plett abzusprechen und dann auf
der anderen Seite zu denken, „mit
Coaching bekommen wir das alles
hin“, wäre natürlich widersinnig.
Und dennoch macht es in vielen
Situationen einen Unterschied, ob
ich als Führungskraft in der Lage
und auch dazu bereit bin, Elemente
Führungstheorien – Elemente des Coachings sind wertvoll
HR Consulting Review, Band 9 / 2018, ISSN 2196-0232 41
ken, die jeder für sich jederzeit wei-
terentwickeln kann (Koditek, 2008,
S. 45-47) oder der gezielte Einsatz
von „Komplimenten, die Wun-
der bewirken können“ (Raddatz,
S. 164), betont.
5. Fazit
Abschließend ist zu betonen, dass
es sicher nicht in jedem Fall möglich
oder sinnvoll ist, Koniktsituationen
mit der „Verwendung von Coaching
Partikeln“ lösen zu wollen.
Wenn z. B. klare Organisations-
strukturen oder andere Vorausset-
zungen für gute Führung fehlen,
wird eine gute Führungskraft allein
mit der Verwendung von Coaching-
fragen auch nicht weiter kommen.
Der Blick der durch eine Coa-
ching-Ausbildung gestärkten Füh-
rungskraft, ob das Problem in der
Kommunikation, in einem bestimm-
ten Verhalten oder eher in der Per-
sönlichkeit eines Mitarbeiters oder
eines Kollegen begründet ist, oder
ob sich nicht tatsächlich ein Fehler
in die Struktur eingeschlichen hat,
ist wesentlich klarer.
Mit Coachingfragen können so
auch etwaige Unklarheiten in der
(Aufbau-)Organisation oder eben
Dezite aus der Sphäre des Einzel-
nen entdeckt und angegangen wer-
den, um dann im Nachgang heraus
zu nden, ob sich das Verhalten da-
durch verbessert.
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Führungstheorien – Elemente des Coachings sind wertvoll
HR Consulting Review, Band 9 / 2018, ISSN 2196-0232 42
Start-up Mentalität in Dax-Kon-
zernen
Von Agilität, Innovation und Digitali-
sierung erhoffen sich Unternehmen
Ansätze, mit denen sie Wettbe-
werbsvorteile erzielen, neue Märkte
erschließen und ihre Produktivität
steigern.
Große Organisationen schauen
dabei auf Start-ups und versuchen
so agil zu sein, wie kleine junge
Unternehmen.
Viele DAX-Unternehmen haben
zu diesem Zweck Innovations-
Inkubatoren gegründet, in denen
meist junge Teams unabhängig,
agil und innovativ die Zukunft er-
denken (z. B. Siemens next47, Luft-
hansa Innnovation Hub oder BMWi
Ventures).
Dies ist ein Weg zukunftsfähige
Produkte zu entwickeln, der Haupt-
konzern bleibt davon aber meist re-
lativ unberührt.
Der wesentliche Hebel für Inno-
vation liegt jedoch direkt im Un-
ternehmen, wo täglich mit Kunden
ze oder den Bedarf neuer Qualika-
tionen für künftige Wachstumsbe-
reiche aufzeigen.
Start-ups machen großen Unter-
nehmen heute vor, wie Agilität und
Innovation umsetzbar ist.
In Unternehmen wie der Berliner
Innovationschmiede Dark Horse,
den Inkubatoren der DAX-Konzer-
ne, in jungen IT-Konzernen oder
innovativ geführten Unternehmen
wie dem Textilhersteller W.L. Gore
werden Führung, Kommunikation
und Miteinander anders gelebt, als
in den meisten Unternehmen.
Der Film „Musterbrecher“ zeigt
z. B. eindrucksvoll Experimente
der Führung, in denen Mitarbeiter
verantwortlich mitgestalten, sich
kritisch einbringen und Innovation
treiben.
Flache Hierarchien, bereichs-
übergreifende Kooperation, eine
hohe Geschwindigkeit und inten-
siver Kundendialog tragen hier zur
Innovation bei.
Wie aber können größere Unter-
gearbeitet, beraten und produziert
wird.
Digitalisierung als Chance oder
Bedrohung
Agil auf schnell wechselnde Anfor-
derungen zu reagieren, ist ein wirt-
schaftlicher Erfolgsfaktor.
Die Fähigkeit und der Mut zur
disruptiven (markt-verändernden)
Innovation stellt jedoch für Unter-
nehmen eine noch größere Heraus-
forderung dar.
Dabei liegen hierin oft die größe-
ren Potenziale. Gemeinsam beein-
ussen sie, ob die Digitalisierung
Chance oder Bedrohung sein wird.
Aber welche Bedingungen sind
notwendig, damit Menschen in Un-
ternehmen innovativ sind?
Für Mitarbeiter stehen Digitalisie-
rung, Innovation und Agilität oft für
Unsicherheit, permanente Verän-
derung und hohe Geschwindigkeit.
Dies wird durch Medien- und
Trendberichte gestützt, die den
Wegfall vieler heutiger Arbeitsplät-
Innovative Führung: Warum Goliath
so schwer von David lernt
Dr. Sonja Bausch1
1 Beraterin/ Coach/ Trainerin, ehemals HR Siemens
SCHLÜSSELWÖRTER: Führung, Innovation, Psychologische Sicherheit, Unternehmenskultur
KURZFASSUNG: Sie sind modern, agil und innovativ: Start-ups scheinen sich mit innovationsförderlicher Führung
leichter zu tun, als viele große Unternehmen. Was bedeutet die Führungskompetenz „Innovation treiben“ konkret und
was trägt dazu bei, dass Mitarbeiter innovativ sind? Psychologische Prozesse können die Innovationskraft von Mit-
arbeitern im Unternehmen stärken oder reduzieren. Herausforderungen für Start-ups und Großunternehmen unter-
scheiden sich dabei deutlich und Führungskräfte müssen dem aktiv begegnen, damit ihre Mitarbeiter innovativ sind.
Neben verändertem Verhalten bedeutet dies vor allem auch Rollenvorbilder, die eine Akzeptanz für Experimente,
Fehler und Lernen zeigen. Hier kann HR eine Führungsrolle in der Entwicklung einer Innovationskultur übernehmen.
HR Consulting Review, Band 9 / 2018, ISSN 2196-0232 43
nehmen von kleinen agilen Mitbe-
werbern lernen und die erforder-
lichen Veränderungen erfolgreich
umsetzen? Ein simples „Copy and
Paste“ funktioniert nicht.
Eine komplexe, sich immer
schneller verändernde Welt, die
sogenannte VUCA World (volatile,
uncertain, complex, ambiguous)
erfordert umfangreiche Führungs-
kompetenzen und eine andere Un-
ternehmenskultur.
Eine große Hebelwirkung für In-
novationskultur geht von Führungs-
kräften aus.
Damit die Erneuerung gelingt,
muss aber auch ein neues Ver-
ständnis bei Human Resource-Ver-
antwortlichen geschaffen werden.
Führungskompetenz „Innovation
treiben“
Innovation treiben als Führungs-
kompetenz bedeutet, für Mitarbeiter
das passende Umfeld zu schaffen,
das sie anregt zu experimentieren
und neue Lösungen für Kunden zu
nden.
Dies beinhaltet die Fähigkeit, Mit-
arbeitern die notwendigen Chan-
cen und die Sicherheit zu bieten,
kritisch zu denken, auszuprobieren
und Fehler zu machen.
Innovative Führung drückt sich
somit in konkretem Verhalten aus,
das sich in vielen modernen Füh-
rungsansätzen ndet.
Die Bedeutsamkeit dieser Ansät-
ze für Innovation wird z. B. durch
Hülsheger, Anderson und Salgado
(2009) gestützt.
Verhaltenskompetenzen können
entwickelt und trainiert werden.
Damit einher gehen aber auch
Anforderungen an die Führungs-
den positiven Zusammenhang von
Psychologischer Sicherheit, Inn-
novation und Unternehmenserfolg,
wobei Psychologische Sicherheit
wiederum maßgeblich durch Füh-
rung beeinusst wird (vgl. Frazier et
al., 2016 und Newman, Donohue &
Eva, 2017).
Der Weg zu innovativer Führung
– Konzerne vs. Start-ups
Moderne Führung setzt auf eine
Kultur der individuellen Wahrneh-
mung und uneingeschränkten
Wertschätzung des Einzelnen.
Flache Hierarchien, gegenseiti-
ges Vertrauen und „Empowerment“
fördern proaktives Handeln, Verant-
wortung und Entscheidungen durch
Mitarbeiter.
Innovation entsteht jedoch erst,
wenn Bestehendes auch infrage
gestellt wird und neue Ideen disku-
tiert werden.
Dazu bedarf es der entsprechen-
den Unternehmenskultur:
Speak-up Kultur.
Engagement und Empowerment
führen nur dann zu Innovation,
wenn die Unternehmenskultur kriti-
sches Denken und freies Sprechen
fördert und neue Ideen wertge-
schätzt werden.
In Start-ups wird dies durch ge-
ringe Machtdistanz, persönliche
Verbindungen und hohe Identikati-
on mit dem Produkt- und Unterneh-
menserfolg vorgelebt.
Innovation kann somit in Großun-
ternehmen nicht durch agile Füh-
rung allein vorangetrieben werden,
sondern braucht einen Kulturwan-
del und begleitendes Change Ma-
nagement.
persönlichkeit und an die Unterneh-
menskultur.
Die eigene Offenheit und Neu-
gier, der Mut, Fehler und Rück-
schläge zu riskieren sowie eine
konsequente Lernorientierung sind
Anforderungen an die Persönlich-
keit von Führungskräften und an
die Unternehmenskultur.
Zusammenfassend bedeutet In-
novation treiben in der Führung
somit die Fähigkeit, neue Wege zu
gehen und dies auch anderen aktiv
zu ermöglichen.
Damit verbunden sind jedoch Ri-
siken und Ängste, die in dem Zu-
sammenhang bisher wenig thema-
tisiert wurden.
Psychologische Sicherheit
Ein wesentlicher Aspekt, den inno-
vationsförderliche Führung leisten
muss, ist das Schaffen „eines Ge-
fühls der Sicherheit, mit der sich
Mitarbeiter frei äußern und kritisch
einbringen können, ohne Nach-
teile oder Einbußen befürchten
zu müssen“, oder kurz „Psycho-
logische Sicherheit“ (Kahn, 1990,
Edmondson, 1999).
Das Konzept wurde bereits
früh untersucht, erfährt jedoch
erst seit kurzem eine große
Aufmerksamkeit.
Psychologische Sicherheit im
Team fördert den respektvollen
Umgang der Mitarbeiter unterein-
ander und die konstruktive Ausein-
andersetzung mit neuen Ideen und
anderen Perspektiven.
Das zeigt sich besonders in kom-
plexen, unsicheren und unklaren
Situationen, wenn neue Lösungen
gefordert sind (Edmondson, 2017).
Zahlreiche Studien bestätigen
Innovative Führung: Warum Goliath so schwer von David lernt
HR Consulting Review, Band 9 / 2018, ISSN 2196-0232 44
wunden werden, die die Konkur-
renz von Lösungen und nicht von
Mitarbeitern fördert.
Führung, die eine Veränderung
in Richtung einer Innovationskultur
bewirken will, muss die beschriebe-
nen Ängste ernst nehmen, dahin-
terliegende Prozesse durchbrechen
und dem Einzelnen ein sicheres
psychologisches Umfeld bieten.
Veränderung von Denken, Ver-
halten und Kultur
Das Verhalten einer Führungskraft
zu trainieren, ohne eine Innovati-
onskultur zu schaffen, wird in Groß-
unternehmen nicht greifen.
Eine Änderung der Organisati-
onskultur kann nur gelingen, wenn
verschiedene Bewusstseinsebenen
in der Organisation beachtet wer-
den (Schein, 1985):
Sichtbar kann und muss im Un-
ternehmen Führungs- und Mitarbei-
terverhalten auf allen Ebenen ver-
ändert werden.
Dies betrifft jedoch nicht nur di-
rektes Innovationsverhalten, son-
dern auch Verhalten, das Psy-
chologische Sicherheit bietet und
Ausprobieren zulässt.
Klare Signale, Rollenvorbilder
und intensives Üben von neuem
Verhalten tragen zum Erfolg bei.
Sichtbar könnten Erfolgs- und Miss-
erfolgsgeschichten geteilt werden,
in denen auf Fehler statt Sanktio-
nen Lernen folgt.
Teilweise bewusst sind z. B. Ver-
haltensgrundsätze, die schwerer zu
verändern sind.
Das könnte ein teilweises Auf-
geben eines Exzellenzgedankens
sein, das bewusst auch Experimen-
tieren und Fehler zulässt.
Fehler- und Lernkultur.
Fehler, Experimente und Scheitern,
aber auch Feedback und gemein-
sames Lernen, gehören zur Start-
up Kultur.
Führung in Großunternehmen
muss es deshalb gelingen, beste-
hende Exzellenz weiterzuführen
und parallel neue Lösungen zu
entwickeln.
Hierfür bedarf es zusätzlicher
Projektansätze, deren Ziel nicht ex-
zellente Quartalsergebnisse, son-
dern Lernen und Entwickeln ist.
Kommunikation und Datennutzung.
In Start-ups kommunizieren Ent-
wicklungsteams und Kunden auf-
grund räumlicher Nähe oder über
digitale Medien häug, direkt und
informell. Entwicklung ist dadurch
schneller und kundenzentrierter
möglich.
Großkonzerne können dem eine
konsequente Auswertung von Da-
ten und Kundenfeedbacks, mög-
lichst in Echtzeit, entgegensetzen.
Soziale Prozesse und Ängste
Identität und Gruppenzugehörig-
keit.
Innovation ist besonders wertvoll,
wenn bereichsübergreifend ge-
dacht wird.
Dies macht das Reduzieren von
Silo-Denken und eine exible, pro-
jektbezogene Teamzugehörigkeit
erforderlich.
In großen Unternehmen erhöht
das Aufbrechen von Teams aber
das Risiko, die Gruppenzugehörig-
keit und damit die eigene soziale
Identität zu verlieren, die ein moti-
vierender und leistungssteigernder
Faktor ist.
Eine wichtige Führungsaufgabe
in komplexen Strukturen ist daher,
die verbindende Vision, Identikati-
on und Zugehörigkeit zu schaffen,
aber auch genügend Ressourcen
zur Verfügung zu stellen (vgl. Ed-
mondson, 2017).
Aufgabe von Status und Privilegien.
Wer zugunsten exibler Projekt-
strukturen seine Position aufgibt,
riskiert, ohne entsprechende Fle-
xibilisierung der Gesamtstrukturen
anschließend nicht adäquat be-
schäftigt zu sein.
Es ist deshalb wichtig, klare Zei-
chen zu setzen und agile Mitarbei-
ter in ihrer Weiterentwicklung zu
unterstützen.
Karrierepfade zwischen Führung,
Projektmanagement und Experten
müssen durchlässiger gestaltet
werden.
Dies erfordert Umdenken, Kultur-
wandel und strukturelle Änderun-
gen in Konzernen.
Give and Take.
Wissen oder Ressourcen mit al-
len zu teilen, fördert Innovation, es
birgt aber besonders in komplexen
Strukturen die Gefahr, für den eige-
nen Beitrag keine direkte Anerken-
nung zu erfahren.
Führung muss daher explizit
den Beitrag zur Gemeinschaft
honorieren.
Vergleichen standhalten können.
Eine hohe Transparenz von Wissen
und Ideen erhöht für den Einzelnen
vermeintlich die Gefahr, einem Ver-
gleich nicht standhalten zu können.
Diese Ängste können nur durch
eine wertschätzende Führung über-
Innovative Führung: Warum Goliath so schwer von David lernt
HR Consulting Review, Band 9 / 2018, ISSN 2196-0232 45
Psychology.
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Die unbewusste Ebene verändert
sich aber erst, wenn Mitarbeiter auf
allen Ebenen konstant und langfris-
tig ein psychologisch sicheres Um-
feld erleben.
Dies bedeutet, konstant Wert-
schätzung dafür zu erfahren, dass
sie sich kritisch einbringen, Fehler
machen, daraus lernen und so zur
Innovation beitragen.
Human Resource-Verantwortli-
che tragen maßgeblich zur Verän-
derung von Unternehmenskultur
bei.
Das Bewusstmachen von sozia-
len Prozessen und der Abbau von
Ängsten bei Mitarbeitern und bei
Führungskräften ist ein wichtiger
Beitrag, den HR leisten kann.
Psychologische Sicherheit kann
in HR-Systemen als Indikator ge-
nutzt werden und Hinweise geben,
warum Innovation gehemmt wird.
Die Fähigkeit, ein psychologisch
sicheres Umfeld zu schaffen, sollte
zudem in der Führungskräfteaus-
wahl und -entwicklung berücksich-
tigt werden und auch Inhalt von
Feedbacks, Trainings und Coa-
chings sein.
Das beschriebene innovations-
förderliche Führungsverhalten kann
als Anregung genutzt, angepasst
und erweitert werden.
HR-Verantwortliche können aber
auch selbst als Rollenmodelle mo-
derner Führung wichtige Signale
setzen.
Darüber hinaus können sie Füh-
rung und Mitarbeiter im Experimen-
tieren unterstützen, sie ermutigen
offen über Fehler zu sprechen und
damit die Lernkultur in Unterneh-
men fördern.
Fazit
Der Artikel zeigt den Bedarf für mo-
derne, innovationsförderliche Füh-
rung auf und konkretisiert, wie sich
dies in Führungsverhalten zeigt.
Im Gegensatz zu den meisten
Start-ups stehen große Unterneh-
men bei der Umsetzung jedoch vor
besonderen Herausforderungen,
da sich mit dem Führungsverhalten
auch die Unternehmenskultur ver-
ändern muss.
Viele Techniken und Kompe-
tenzen sind erlernbar, bei Offen-
heit und Neugier als Persönlich-
keitseigenschaften ist das jedoch
begrenzt.
Diese sind bereits vorhanden,
werden aber von bewussten und
unbewussten Risiken und Ängsten
überlagert.
Hier müssen gerade große Un-
ternehmen ansetzen und ein psy-
chologisch sicheres Arbeitsumfeld
und eine Lernkultur schaffen, in der
Mitarbeiter und Führungskräfte ihre
Potenziale besser entfalten kön-
nen.
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Innovative Führung: Warum Goliath so schwer von David lernt
HR Consulting Review, Band 9 / 2018, ISSN 2196-0232 46
Konikte im Unternehmen
Konikte gehören zum Alltag, wo
Menschen miteinander arbeiten.
Der Konikt an sich ist weder posi-
tiv noch negativ zu bewerten.
Konikte können Menschen be-
ügeln, Kreativität hervorbringen
und die Bindung der Menschen un-
tereinander stärken.
Aber Konikte können auch dys-
funktional wirken, also Aufmerk-
samkeit vom Geschäft ablenken,
Arbeitsergebnisse verschlech-
tern und Beziehungen nachhaltig
beeinträchtigen.
Die Kosten, die dabei für Unter-
nehmen entstehen, sind beträcht-
lich. Und damit auch die Möglich-
keiten für Einsparungen.
Konikte können innerhalb der
Organisation, aber auch im Zusam-
menspiel mit Kunden (B2C) oder
anderen Unternehmen oder Behör-
den (B2B) entstehen.
Jeder der Bereiche hat ande-
re Besonderheiten. Das mag ein
Grund dafür sein, dass in vielen
mag: Entscheidend ist die Wech-
selwirkung zwischen diesen drei
Bereichen.
Konikte haben meist auf allen
drei Ebenen kostspielige Auswir-
kungen, die sich gegenseitig ver-
stärken können, was wiederum zu
weiteren Kosten führt.
a. Ebene der Person
Ein unbehandelter Disput hat Aus-
wirkungen beim einzelnen invol-
vierten Mitarbeiter und bei seinem
Gegenüber.
Zunächst bindet der Konikt Auf-
merksamkeit; Minderleistung ist oft
die Folge.
Eskaliert in dieser Zeit der Kon-
ikt, kann es zu Fehlzeiten infol-
ge psychischer Belastungen oder
Fluktuation kommen. Oder zu ge-
zielt kontraproduktivem Verhalten.
In der Koniktforschung sind ty-
pische Stufen der Eskalation von
Konikten beschrieben, auf denen
ab einer bestimmten Stufe die Kon-
iktparteien nicht mehr ihren Vorteil,
Organisationen kein Monitoring von
Konikten und ihren Kosten erfolgt.
Der Umgang der Unternehmen
mit Konikten ist in der letzten De-
kade mehrfach untersucht worden.
Einen ausführlichen Überblick
gibt bspw. eine Studie der Pricewa-
terhouseCoopers AG gemeinsam
mit der Europa-Universität Viadrina
(Gläßer et al., 2016).
Den nanziellen Folgen unbe-
handelter Konikte nähert man sich
am besten zunächst qualitativ, und
versucht dann daraus eine quanti-
tative Einordnung abzuleiten.
Koniktkostenkategorien
Mit Koniktkosten hat sich eine viel-
zitierte Studie der KPMG AG von
2009 beschäftigt.
Die Autoren, Insam und Rei-
mann, unterteilen die entstehen-
den Kosten in drei Bereiche: Ebe-
ne der Person, des Teams und der
Organisation.
Auch wenn die Kostenzuordnung
im Einzelnen willkürlich erscheinen
Konikte: Ihre Kosten sichtbar
machen und an ihnen
die Organisation stärken
Dr. Felix Blum1
1 Leiter Personal, SPIEGEL-Gruppe
SCHLÜSSELWÖRTER: Konikte, Costs of Conict, Alternative Dispute Resolution, Mediation
KURZFASSUNG: Konikte belasten Organisationen. Sie rauben Zeit und kosten Geld. Dabei kann ein moderner
Umgang mit Konikten die Organisation stärken. Organisational und nanziell. Es lohnt ein Blick auf die durch dys-
funktionale Auseinandersetzungen verursachten Kosten. Diese Kosten lassen sich durch einen sorgfältigeren Um-
gang senken. Um Entscheider zu überzeugen, hilft eine Modellrechnung. Als Ausblick sollen einige der modernen
Instrumente der Streitbeilegung vorgestellt werden.
HR Consulting Review, Band 9 / 2018, ISSN 2196-0232 47
sondern in erster Linie den Nachteil
des anderen verfolgen (Glasl, 2013,
S. 235 ff.).
Kommt es infolge der weiteren
Eskalation zur Trennung, so ent-
stehen Kosten für die Personalbe-
schaffung und die Einarbeitung,
verbunden mit dem Verlust von
Knowhow.
Hinzu kommen eventuelle Be-
ratungs- und Verfahrenskosten für
den Fall eines arbeitsrechtlichen
Rechtsstreits über die Trennung.
b. Ebene des Teams
Ein Konikt hat meist nicht nur Aus-
wirkungen zwischen den beiden
Parteien, sondern darüber hinaus.
Das Team, in dem der Mitarbeiter
arbeitet, bekommt den Konikt mit.
Nicht selten wird von Teamkolle-
gen Parteinahme gefordert (Glasl,
2013, S. 259ff.).
Das wiederum kann Auswirkun-
gen auf Ebene der Personen der
Teammitglieder haben.
Aber auch die Teamperformance
insgesamt kann in Mitleidenschaft
geraten.
Wenn infolge schlechter Leistung
der Akquisitionserfolg leidet, Kun-
den sich abwenden oder Vertrags-
strafen fällig werden, dehnt sich der
Schaden auch auf die Umsatzseite
aus.
c. Ebene der Organisation
Auf Ebene der Organisation sind
die Kostenrisiken mittelbarer. Of-
fenkundig können die Kosteneffek-
schäft kümmerte sich bisher der er-
fahrene, jetzt pensionierte Kollege.
Das klassische Vertriebsgeschäft
stand bisher für etwa das zwanzig-
fache des Digitalumsatzes, geht
aber stark zurück und soll durch
digitale Umsätze aufgefangen
werden.
Aufgrund des Kostendrucks wer-
den beide Bereiche zusammenge-
legt, es soll eine Doppelspitze ge-
bildet werden.
Für den Pensionär rückt eine
ältere, erfahrene und sehr metho-
dische Gruppenleiterin (K) in die
Doppelspitze auf.
D und K haben sich darauf ver-
ständigt, dass die Konstellation be-
reichernd sein werde.
Sie planen einen Workshop mit
beiden Abteilungen, um ihnen als
neue Spitze vorgestellt zu werden.
Alle 24 Teilnehmer sind eingela-
den, externe Räume für zwei Tage
gebucht.
In den vier Wochen der Vorbe-
reitung treten aber verstärkt Diffe-
renzen auf, die in der Woche vor
dem Workshop derartig eskalie-
ren, dass beide am Donnerstag bei
der Vorgesetzten ankündigen, den
Workshop und die Doppelspitze
abzusagen.
Die Vorgesetzte sieht den Konikt
verhärtet, die Präsentation einer
zerstrittenen Doppelspitze wäre ein
Desaster. Sie hinterfragt ihre Ent-
scheidung zur Doppelspitze.
Wirtschaftlich sieht ein typischer
Verlauf des Konikts wie folgt aus:
te schlechterer Projektarbeit auch
Auswirkung auf andere Teams in
der Organisation haben.
Aus den Konikten können Ver-
änderungen des geltenden Regel-
werks notwendig werden, wie zum
Beispiel von Compliance-, oder In-
centivierungsregeln.
Diese Veränderung von Regel-
werken ist mit viel internem Auf-
wand verbunden (Determination
der Regel, Change Management,
Implementierungsaufwand und
Kontrollinstrumente) und bindet
auch Ressourcen im (oft hoch be-
zahlten) Management.
Koniktkosten am Beispiel
Eine belastbare Rechnung benötigt
für die jeweilige Kostenart effek-
tive Kennzahlen und verlässliche
benchmarks für die spezische Or-
ganisation.
Dieser Anspruch ist im Rahmen
der vorliegenden Betrachtung nicht
erfüllbar.
Eine Beispielrechnung kann je-
doch dabei helfen, Entscheider zu
überzeugen beim Umgang mit Kon-
ikten einen Kurswechsel vorzu-
nehmen.
In einem abgewandelten Beispiel
aus der Praxis hat ein junger Abtei-
lungsleiter Digitalvertrieb (D) einen
sehr digitalen Hintergrund.
Seine Aufgabe ist es, neue Ver-
triebskanäle zu erschließen. Er
mag das Kreative und schnelle
Kurswechsel.
Um das klassische Vertriebsge-
Konikte: Ihre Kosten sichtbar machen und an ihnen die Organisation stärken
HR Consulting Review, Band 9 / 2018, ISSN 2196-0232 48
Konikte: Ihre Kosten sichtbar machen und an ihnen die Organisation stärken
Kosten auf Ebene der Personen
1. In den letzten Wochen haben sich beide um ihren Konikt gekümmert. Die Produktivität
hat dadurch gelitten. Modellhaft 10 % Einbuße für 2 Wochen. Abteilungsleitergehalt von
120.000 Eur p.a., inkl. Nebenkosten 145.000 Eur.
145.000 / 52 * 0,1* 2 * 2 1.115 €
2. Mit oder ohne Workshop: Es drohen weitere Wochen der Eskalation zwischen K und D,
während nach einer Lösung für die Abteilungen gesucht wird. Dabei steigt die Beeinträch-
tigung der Produktivität, denn beide erkennen, dass die Situation ihre Position bedroht.
Allianzen werden geschmiedet, Angriffs- und Verteidigungslinien vorbereitet. Produktivitäts-
einbuße 20% bei beiden für die nächsten zwei Wochen.
145.000 / 52 * 0,2 * 2 * 2 2.230 €
3. Die Vorgesetzte revidiert nach zwei Wochen die Entscheidung ‚Doppelspitze‘ und ent-
scheidet aus kaufmännischer Vorsicht, die erfahrene Kollegin allein die Abteilung leiten zu
lassen. D soll in die Stellvertretung absteigen. Er wird krank. Lohnfortzahlung 2 Wochen. 5.577 €
4. Das Unternehmen spricht eine Änderungskündigung aus. D nimmt unter Vorbehalt an, klagt
aber gegen die Kündigung. Er bleibt weitere 3 Wochen krank geschrieben. 8.365 €
5. Im Verfahren bietet sich ein Vergleich über Trennung an. Angesichts der geringen Aussich-
ten auf eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen dem Stellvertreter D und der Abtei-
lungsleiterin K schlägt die Vorgesetzte ein. Abndung z. B. 0,5 Monatsgehälter pro Beschäf-
tigungsjahr bei 4 Jahren Betriebszugehörigkeit, Freistellung für die Kündigungsfrist von 3
Monaten (20.000 Eur + 36.250 Eur), 3.000 Eur Anwaltskosten. 59.250 €
6. Nachbesetzung von D, nun auf Gruppenleiterebene, 90.000 Eur: 4 Monate Prozess und
Headhunter, interne Kosten Auswahlgespräche mit K, geschätzt insg. 30.000 €
7. Die Vorgesetzte, Jahreskosten 200.000 Eur, hat sich mit Abstimmung mit den Teams, Vor-
bereitung der Entscheidung und Einzelgesprächen mit den Kontrahenten netto eine Woche
befasst. 3.850 €
SUMME Kosten auf Ebene der Personen 110.387 €
Kosten auf Ebene des Teams
1. In der Vorbereitungsphase haben die Teams wenig mitbekommen, schließlich war die
Personalentscheidung noch top secret. Lediglich die besten Freunde auf jeder Seite haben
moralische Unterstützung geleistet. Ihre Produktivität sank in der Zeit um 10 %. Ihre Ge-
haltskosten liegen jeweils bei 65.000 Eur inkl. NK. Freilich merken die Teams, dass etwas
nicht stimmt. 500 €
2. Der Workshop wird abgesagt – Termingründe. Die Abteilungen sind nun in Aufregung.
Jeder sucht den wahren Grund. Einige Tage sinkt die Produktivität auf 50 %, dann bean-
sprucht die Gerüchteküche nur noch für ca. 3 Wochen 10 % der Produktivität von einem
Drittel der 24 Mitarbeiter. Als die Zusammenlegung unter der Leitung der K verkündet wird,
beruhigt sich ihr Team, die Produktivität von Ds gesamtem (kleineren) Team sinkt auf 80 %
für mindestens vier Wochen. Schätzgröße der Einbuße inkl. Storno Tagungshotel
(2.000 Eur) 12.000 €
HR Consulting Review, Band 9 / 2018, ISSN 2196-0232 49
S. 59ff.). Diese helfen, einen Kon-
ikt in einer seinem Stadium an-
gemessenen Weise zu behandeln
(Beispiel einer Einführung bei Klo-
wait, 2013).
Ein Corporate Pledge, ein Be-
kenntnis zu Koniktlösungskultur
erleichtert im Streitfall den Gang
zum Mediator (Ein Beispiel bei
Dendorfer & Ponschab, 2012, Rdn.
342).
Ein geordnetes Change Manage-
ment reduziert Konikteskalationen
in Umbausituationen erheblich.
Die Unschärfen der Rechnung sind
zahlreich, in vielen Punkten ist das
Szenario jedoch konservativ ge-
rechnet.
Typische Verläufe des Konikts
fallen deutlich teurer aus, der Kon-
ikt währte noch nicht sehr lang und
ist noch nicht maximal eskaliert.
Alternativen
Nicht alle diese Kosten sind ver-
meidbar. Aber vor allem Personal-
abteilungen können hier zur Sen-
kung beitragen, indem alternative
Konfliktbeilegungsmechanismen
frühzeitig im Unternehmen einge-
führt werden.
Einige Instrumente:
Schulung von Koniktkompetenz
Führungskräfte sollten mit den gän-
gigen Werkzeugen und Kenntnis-
sen aus der Koniktforschung aus-
gerüstet sein.
Zahlreiche Unternehmen haben
auch ein Koniktmanagement-
System, in dem auch Koniktlotsen
ausgebildet werden (PwC, 2015,
Konikte: Ihre Kosten sichtbar machen und an ihnen die Organisation stärken
3. Nach Verkündung der Trennung von D und des Primats der „alten Welt“ kündigt eine junge
Programmiererin im Digitalteam – sie glaubt nicht mehr an eine dynamische Entwicklung
des Digitalvertriebs. Die (digitale, also teurere) Nachfolgerin sucht ein Headhunter (22.000
Eur), sie beginnt 4 Monate später. Inzwischen Ersatz durch Dienstleister, 20 % Kosten-
steigerung. Einarbeitungsaufwand ist wohlwollend gegen Vorteile aus externer Erfahrung
aufgerechnet.
28.600 €
4. Ds bester Freund im Team ist von der Trennung sehr aufgewühlt, ihm entgeht eine Mängel-
behebungsfrist – eine Vertragsstrafe wird fällig.
3.000 €
5. Ob mit einem motivierteren Team noch mehr Umsatz möglich gewesen wäre, lässt sich
nicht rekonstruieren.
0 €
SUMME Kosten auf Ebene des Teams 44.100 €
Kosten auf Ebene der Organisation
1. Interne Kosten des Personalbereichs im Zuge der Trennung: Gespräche, Kündigung, Ver-
fahren zweier neuer Beschaffungen: netto 1,5 Wochen ein Referent 1.875 €
2. Ein strategisches Innovationsprojekt zwischen Digitalvertrieb und Produktentwicklung ver-
schiebt sich aufgrund der Turbulenzen in Ds Team um zwei Monate. Umsatzerwartungen
von 300.000 Eur p.a. 50.000 €
3. Im Führungskräftekreis wird die Strategie hinterfragt, da andere Bereiche dem Digitalen
bereits einen größeren Stellenwert eingeräumt haben. Bei der Aufarbeitung entspinnt sich
eine Diskussion um Doppelspitzen. Eine Policy zu Doppelspitzen wird in der Personalabtei-
lung beauftragt und später nach Diskussionen mit dem Betriebsrat verworfen. Die Diskussi-
on dominiert eine wöchentliche Bereichsleiterrunde 2 Stunden von 25 Führungskräften,
1 Woche Verzug für wichtige andere Entscheidungen. Schaden insg. ca. 4.000 €
SUMME Kosten auf Ebene der Organisation 55.875 €
Gesamtkosten 210.362 €
HR Consulting Review, Band 9 / 2018, ISSN 2196-0232 50
Das wichtigste Instrument zur
Behandlung eskalierter Konikte
ist die Mediation (vgl. im Einzelnen
Dendorfer & Ponschab, 2012).
In diesem Verfahren erarbeitet
ein neutraler, meist externer Dritter
in einem geordneten Prozess mit
den Parteien Lösungsräume.
Seine Expertise besteht darin,
Parteien im eskalierten Konikt
wieder zur Verhandlungsfähigkeit
zu verhelfen.
Die Lösungen kommen nicht vom
Dritten, sondern von den Parteien
selbst.
So auch in unserem Beispiel: Es
gelang der Erhalt des Workshops
und eine gemeinsame Lösung
ohne Trennung. Kosten insg. unter
25.000 Eur.
Literatur
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Konikte: Ihre Kosten sichtbar machen und an ihnen die Organisation stärken
HR Consulting Review, Band 9 / 2018, ISSN 2196-0232 51
Personalauswahl im Vertrieb
Bevor Vertriebler in ihren Kompe-
tenzen entwickelt werden können,
bevor erfasst wird, welche Leistung
sie tatsächlich erbringen und bevor
dafür Sorge getragen wird, dass sie
ihre Leistungsfähigkeit auch erhal-
ten und gesund bleiben, steht ein
fundamentales Thema: Die Perso-
nalauswahl.
Nach den gängigen Maßnahmen
zur Personalbeschaffung stehen
Vertriebsorganisationen vor einer
zentralen Frage: Welcher Kandidat
passt am besten (bzw. gar nicht) zu
den Stellenanforderungen?
Wichtige Fragen, denn falsche
Antworten sind sehr kostspielig.
Das Ergebnis einer Interview-
studie unserer Arbeitsgruppe (AG
AC, 2018) mit Vertriebsmanagern
aus 42 Unternehmen lässt aufhor-
chen: Drei Fehlbesetzungen der
Vakanz „Vertriebsmitarbeiter mit
5-8 Jahren Berufserfahrung” kos-
ten den Arbeitgeber im ersten Jahr
rund eine Million Euro (Median der
Angaben für Personalkosten plus
provoziert Fehlbesetzungen und er-
zeugt besagte Kosten.
Doch wie lassen sich derart teu-
re Fehlentscheidungen zumindest
eindämmen?
Die Antworten sind an drei perso-
nalpsychologischen Grundpfeilern
festzumachen: K wie Kompetenz-
modell, A wie Anforderungsprole
und I wie Instrumente zur Potenzi-
alanalyse.
Zunächst muss ein fundiertes,
sparsames Kompetenzmodell im-
plementiert werden. Anschließend
sollten diese maximal zwölf psy-
chodiagnostisch begründbaren
Kompetenzen in ihrer Zielausprä-
gung deniert werden.
Und letztlich muss mittels wis-
senschaftlich fundierter Instrumen-
te statt aus dem Bauch heraus
ermittelt werden, welche Kompe-
tenzausprägungen die Kandidaten
tatsächlich mitbringen, um diese
dann mit den Anforderungsprolen
abzugleichen (ausführlich vgl. Lie-
benow, von Bernstorff, Uedelhoven
& Nachtwei, 2017).
Umsatzeinbußen).
Nun könnte man sich damit be-
ruhigen, dass derartige Fehlbeset-
zungen bestimmt äußerst selten
auftreten. Wirft man jedoch einmal
einen Blick auf die Praktiken der
Personalauswahl in Organisatio-
nen, zeigt sich ein gravierendes
Problem.
Noch immer sind Instrumente zur
Potenzialdiagnostik weit verbreitet,
deren Resultate eher bescheidene
Zusammenhänge mit späterer be-
ruicher Bewährung aufweisen (für
einen Überblick: Funk, Nachtwei &
Melchers, 2015).
Mit anderen Worten: Wer letztlich
den Job bekommt (ob im Vertrieb
oder anderswo), entscheidet sich
nicht daran, ob die Fähigkeiten und
Persönlichkeitsstruktur zu den An-
forderungen passen.
Prominenter sind eher der „Na-
senfaktor“ und das Bauchgefühl,
auf welches im Personalwesen
noch immer allzu gern gesetzt wird
(Nachtwei, von Bernstorff, Uedel-
hoven & Liebenow, 2013). Und dies
Vertriebspsychologie:
status «quo» vadis
Prof. Dr. Jens Nachtwei, Annina Fischer, Justus Walf & Janina Zinke
SCHLÜSSELWÖRTER: Vertriebspsychologie, Personalauswahl, Personalentwicklung, Performance Management,
Gesundheitsmanagement
KURZFASSUNG: Die meisten dürften beim Themenkreis „Psychologie im Vertrieb“ an Taktiken denken, mit denen
Vertriebler Kunden überzeugen. Diese und ähnliche Themen spielen sicher eine Rolle, sind jedoch operativer Natur
und fokussieren den Kunden. Die Psychologie bietet allerdings mehr und kann auch bei dem strategischen Thema
im Vertrieb schlechthin unterstützen: Personal. Bei zunehmend uniformen Produkten und Dienstleistungen bleibt am
Ende lediglich der Vertriebler selbst als Differenzierungsmerkmal und Wettbewerbsfaktor. Dieser Beitrag beleuchtet,
welche Möglichkeiten die Arbeits- und Personalpsychologie bieten, um den Vertrieb zu optimieren.
HR Consulting Review, Band 9 / 2018, ISSN 2196-0232 52
Ist die Stelle erst besetzt, schließt
sich die Frage an, wie die nun neu-
en Mitarbeiter möglichst effektiv auf
ihre Aufgaben vorbereitet werden.
Ein Thema der Personalentwick-
lung (PE), welche im Folgenden im
Fokus stehen soll.
Personalentwicklung im Vertrieb
Neue Produkte und Dienstleistun-
gen, neue Vertriebswege, neue
Märkte und neue Kunden: Der Ver-
trieb muss den ständigen Wech-
sel nicht nur mitmachen, er treibt
ihn im Interesse der Organisation
aktiv voran.
Dafür nehmen sowohl Vertriebs-
führungskräfte als auch Mitarbeiter
an zahlreichen Personalentwick-
lungen (Seminare, Trainings, Coa-
chings, etc.) teil.
Wie so oft im Leben ist Quan-
tität jedoch nicht das gleiche wie
Qualität.
Eine über 50 Jahre alte Studie
(Adam, 1965) aus den USA mit
dem bezeichnenden Titel „Field Sa-
les Manager Cry: Give us more trai-
ning“ zeigt: Drei von vier Vertriebs-
führungskräften haben damals
keine oder nur eine sehr schlechte
Personalentwicklung (PE) als Vor-
bereitung auf die Anforderungen
ihrer neuen Stelle bekommen.
Leider ist dieses Problem global
und bis heute existent (Fröhlich &
Karlshaus, 2017).
Aktuelle Zahlen aus Deutschland
zeigen, dass 40 Prozent der Füh-
rungskräfte im Vertrieb innerhalb
ihres aktuellen Unternehmens zur
Führungskraft befördert worden
sind (Fischer, Nachtwei & Seiden-
glanz, 2016a) – die meisten davon,
weil sie Top-Performer ohne Füh-
für Produkte und Dienstleistungen
gilt, sondern auch für erfolgreiche
Personalarbeit steht.
Was Job Performance bzw. beruf-
liche Leistung eigentlich ist, scheint
jeder so lange zu wissen, bis er es
selbst denieren soll.
Schnell folgt dabei der Verweis
auf Key Performance Indikators
(KPIs), welche bereits per Deni-
tion nur eine Annäherung an den
Leistungsbegriff offenbaren.
Eine Interviewstudie unserer Ar-
beitsgruppe mit elf Vertriebsmana-
gern deckte bereits dazu nach we-
nigen Interviews auf, dass selbst in
gleichen Branchen ein unterschied-
liches Verständnis zu „harten“ Kri-
terien wie z. B. der Umsatzzielerrei-
chung bestehen kann.
Falls unter individueller Leistung
jedoch das verstanden werden soll,
wofür Vertriebler ausgewählt und
entwickelt werden, sind die Verhal-
tensweisen zu denieren, die letzt-
lich zur Erreichung der Ziele einer
Vertriebsorganisation beitragen
(Campbell & Wiernik, 2015).
Wenn dieses zielbezogene Ver-
halten im Vertrieb „gemanagt“ wer-
den soll (Stichwort: Performance
Management), spielen auch das
Setzten von Zielen, sowie Motivati-
on und Anreize eine entscheidende
Rolle.
Die Arbeits- & Personalpsycho-
logie blickt, neben der Diagnostik
und Entwicklung von Verhalten
auch hinsichtlich der Themen Ziel-
setzung und Motivation auf langjäh-
rige Forschung in der Arbeitswelt
zurück. So ist Zielsetzung als ein
umfassendes Konzept erforscht,
welches über den Hinweis Ziele
doch „SMART“ zu formulieren, ins-
rungsverantwortung waren.
Mit der Besetzung einer Füh-
rungsposition kommen neben dem
Vertrieb selbst weitere Aufgaben
wie beispielsweise Auswahl, Ent-
wicklung und operative Betreuung
von Mitarbeitern dazu.
Um die Anforderungen zu meis-
tern, die mit diesen neuen Auf-
gaben einhergehen, ist qualitativ
hochwertige PE erforderlich.
Eine Befragung von 113 Ver-
triebsführungskräften (Fischer,
Nachtwei & Seidenglanz, 2016b)
hat offenbart, dass sich Vertriebs-
führungskräfte als Trainer Perso-
nen wünschen, die selbst Erfahrung
mit Vertrieb haben, im spezischen
Themenfeld arbeiten und außer-
dem wissen, wie es ist, eine Füh-
rungskraft im Vertrieb zu sein.
Und dass Vertriebsführungskräf-
te ihre Tätigkeit sehr ernst nehmen
und die damit verbundenen Aufga-
ben erfüllen wollen, zeigen die The-
men, die sie sich wünschen.
Die Top-Drei sind „Persönlich-
keit und individueller Führungs-
stil“, „Teambuilding und Motiva-
tion“ sowie „Vertriebsmitarbeiter
evaluieren“.
Vertriebler möchten keine PE von
der Stange und nach Gießkannen-
prinzip. Sie haben dieselben hohen
Erwartungen an PE, die auch an sie
selbst gestellt werden.
Wenn eine Vertriebsführungskraft
an einer PE-Maßnahme teilnimmt,
dann damit sich ihre Performance
steigert.
Performance Management im
Vertrieb
Am Ende muss die Leistung stim-
men: Ein Grundsatz, der nicht nur
Vertriebspsychologie: status «quo» vadis
HR Consulting Review, Band 9 / 2018, ISSN 2196-0232 53
tende Vorgaben zur Arbeitsplatz-
oder Pausengestaltung aufgrund
der hohen zeitlichen und örtlichen
Flexibilität nur schwierig oder gar
nicht umzusetzen sind (Lüdemann,
2015).
Die exible Gestaltung des eige-
nen Tages kann eine wichtige Res-
source im Vertrieb sein.
Durch die Nutzung mobiler Tech-
nologien kann jedoch die Erreich-
barkeit nach Ende des Feierabends
erhöht sein und es Beschäftigten
so schwerer fallen, abzuschalten.
Personenbezogene Maßnahmen
wie Sportkurse müssen mit dem Ar-
beitsort und Umfang der Reisetätig-
keit abgestimmt werden.
Bedingungsbezogene Maßnah-
men wie eine ergonomische Ar-
beitsplatzgestaltung können bei
einer hohen Reisetätigkeit oder
überwiegender Arbeit im Home-
Ofce eine Herausforderung
darstellen.
Spezielle Beratungsangebote zur
Ergonomie können Fehlhaltungen
auch am heimischen Arbeitsplatz
vorbeugen.
Der Aufwand lohnt sich. Maß-
nahmen des BGM tragen dazu
bei, dass die Gesundheit und Leis-
tungsfähigkeit von Beschäftigten
erhalten und gefördert wird – und
das zahlt sich am Ende auch für
Unternehmen aus.
Vertrieb und Psychologie: Die
Brücke ist geschlagen
Vertrieb ist „Kopfgeschäft“ – es geht
um die Kompetenzen, das Verhal-
ten und Erleben von Menschen.
Und eben dies steht im Fokus der
Psychologie. Daher wird es höchs-
te Zeit, dass die betriebswirtschaft-
besondere für den Vertrieb weitere
konkrete Handlungsoptionen auf-
zeigt (Locke & Latham, 2002).
Aktuelle Forschung zur Motiva-
tion löst dazu die gängige Frage
„Was können wir tun, dass unsere
Vertriebler mehr motiviert sind?“
dahingehend auf, dass Motivation
nicht in ein „viel oder wenig“ Sche-
ma passt.
Motivation lässt sich vielmehr
anhand der Einteilung „intrinsisch
und extrinsisch“ ausdifferenzie-
ren und bringt somit tiefgreifende
Erkenntnisse in Bezug auf Incen-
tivierung mit sich (Deci, Olafsen, &
Ryan, 2017).
Für ein funktionierendes Perfor-
mance Management sind daher
neben dem Verständnis von beruf-
licher Leistung als zielbezogenes
Verhalten, auch das gekonnte Setz-
ten von Zielen und eine Integrati-
on aktueller Motivationsforschung
nötig.
Für einen langfristigen Vertriebs-
erfolg ist auch der Erhalt der Leis-
tungsfähigkeit unabdingbar, kurz-
um: Vertriebler müssen gesund
bleiben.
Gesundheitsmanagement im
Vertrieb
Mit der Verantwortung, den Unter-
nehmensumsatz zu generieren,
stehen die Vertriebsabteilungen in
Unternehmen im besonderen Fo-
kus. Ist dies auch der Fall, wenn es
darum geht, ihre Gesundheit und
Leistungsfähigkeit zu fördern?
Gesundheit wird als „Zustand
vollkommenen körperlichen, geis-
tigen und sozialen Wohlbendens“
deniert (Weltgesundheitsorgani-
sation, 1946, S. 1). Und während
nicht nur das Verhalten des Ein-
zelnen sie beeinusst, wirken sich
auch Arbeitsbedingungen auf die
Gesundheit aus.
Vor diesem Hintergrund können
Unternehmen mit einem betrieb-
lichen Gesundheitsmanagement
(BGM) die Gesundheit und Leis-
tungsfähigkeit ihrer Beschäftigten
fördern und krankheitsbedingten
Fehlzeiten und dem Phänomen des
Präsentismus entgegenwirken.
Das BGM beinhaltet den Ar-
beits- und Gesundheitsschutz, das
betriebliche Eingliederungsma-
nagement und die betriebliche Ge-
sundheitsförderung.
Personenbezogene Maßnahmen
des BGM (Fokus auf das Indivi-
duum, z. B. Grippeschutzimpfung)
und bedingungsbezogene Interven-
tionen (Fokus auf die betrieblichen
Verhältnisse, z. B. Erweiterung von
Handlungsspielräumen) erzielen
kurz- bis langfristige Effekte (Ulich
& Wülser, 2012).
Durch BGM-Maßnahmen kön-
nen Krankheitskosten und krank-
heitsbedingte Fehlzeiten um durch-
schnittlich 25 Prozent gesenkt
werden (Chapman, 2012).
Auch aufgrund der Hoffnung,
ähnliche Effekte zu erreichen, wer-
den Unternehmen zukünftig mehr
in die Gesundheitsförderung ihrer
Beschäftigten investieren und der
Stellenwert des BGM wird stark zu-
nehmen (Prümper, Zinke, Nachtwei
& Hornung, 2014).
Um die Wirksamkeit des BGM zu
garantieren, müssen die Besonder-
heiten der jeweiligen Zielgruppe be-
rücksichtigt werden.
Bei Vertriebstätigkeiten bedeutet
das zum Beispiel, dass verpich-
Vertriebspsychologie: status «quo» vadis
HR Consulting Review, Band 9 / 2018, ISSN 2196-0232 54
Springer.
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HR Consulting Review, Band 9 / 2018, ISSN 2196-0232 55
Business-Design-Ansätze 20
C
Candidate Experience 10, 11, 12
Candidate Journey 12
Change Management 19, 43, 47, 49
Coach 25
Coaching 3, 22, 23, 28, 32, 33, 38, 39, 40, 41, 45
Corporate Pledge 49
Costs of Conict 46
D
Datennutzung 44
Design-Thinking 20
Digitalisierung 10, 18, 19, 22, 26, 42
Direct Sourcing 11
Divergenz 7
Diversität 15
E
Eignung 3
Einführungsgespräch 24
Eingliederungsmanagement 53
Einstellungen 23
Employer Branding 10, 11, 12, 28
Empowerment 43
Engagement 43
Entwicklung 25
Entwicklungsfelder 32
Erfahrungen 23
Expatriate-Forschung 8
Expatriates 6, 7, 8
Experten 20, 30, 44
F
Fachkarriere 3, 30, 32
Fachkräfte 10
Fachkräftemangel 10, 11, 12
Fachlaufbahn 30
Fähigkeit 23, 28, 43, 45
Index
Index
A
Active Sourcing 11
agile Führung 43
Agile Kompetenzen 28
agiles Netzwerk 27
Agile Talente 27
Agilität 26, 28, 42
Akzeptanz 16, 33
alententwicklung 28
Alternative Dispute Resolution 46
Analyse 24
Anforderung 36
Anforderungen 22
Anforderungsprol 36, 51
Anpassungsfähigkeit 8
Anpassungsnotwendigkeit 8
Arbeitgeberattraktivität 10, 11, 12, 13
Arbeitgeberimage 10
Arbeitgebermarke 3, 10, 11, 12, 13
Arbeitnehmermarkt 22
Arbeitsmarkt 11
Arbeitsumgebung 19
Assessment 31
Assessment Center 14, 15, 36
Ausbildungsprogramm 30
Auslandseinsatz 7
Auslandstätigkeit 8
Auswahlverfahren 16, 30, 32, 36, 37
automatisierte Personalentwicklung 20
B
Berufsbilder 18
Best Practice 7, 27
betriebliche Gesundheitsförderung 53
Betriebsrat 31
Bewerbererfahrung 11
BGM-Maßnahmen 53
Bindungssteigerung 16
HR Consulting Review, Band 9 / 2018, ISSN 2196-0232 56
I
Identität 44
Innovation 42, 43, 44, 49
Innovationskultur 44
Instrumente 40, 51
interkulturelles Personalmanagement 6, 7, 8
internationales Personalmanagement 7, 8, 9
Internationales Personalmanagement 6
Internationalisierung 18
Internes HR Marketing 15
Interview 15, 30, 31, 51, 52
Intrapreneure 27
K
Karriereberatung 22, 23
Karrieremodelle 8
Karrieremöglichkeit 31
Karriereplanung 36
Karrierezyklus 7
Kenntnisse 23
Kerndimension 7
Key Performance Indikators 52
Know-how Verlust 30, 47
Kommunikation 11, 18, 40, 44
Kompetenz 14, 15, 20, 23, 32, 35, 36, 43, 49
Kompetenzen 19, 22, 24, 25, 28, 31, 37, 51
Kompetenzenbilanz 23, 24, 25
Kompetenzmodell 31, 51
Kompetenzprole 35
Kompetenzverständni 15
Konikt 3, 19, 41, 46, 48, 49
Koniktkompetenz 49
Koniktkosten 46
Koniktlösungsfähigkeit 32
Koniktlösungskultur 49
Koniktlotsen 49
Koniktmanagement-System 49
Konvergenz 7
Kultur 35, 38, 43
Kulturdimensionen 8
Kundenfeedback 20
Kurzinterviews 30
L
Landeskultur 7
Laufbahn 3, 30
Leadership 14, 17, 28, 38
Feedback 28, 45
Feedbackkultur 27
Fehlbesetzungen 51
Fehlerkultur 27, 44
Fehlzeiten 46
Fertigkeiten 23
Fluktuation 46
Forschung 8, 13
Fragebogen 31
Führung 27, 28, 38, 39, 40, 41, 42, 43, 44
Führungsfähigkeit 32
Führungsgrundsätze 39
Führungskompetenz 42
Führungskompetenzen 43
Führungskomplexität 40
Führungskraft 3, 31, 32, 41
Führungskräfte 14, 15, 16, 17, 20, 26, 27, 34, 35, 36,
37, 40, 42, 49
Führungskräfteauswahl 45
Führungskräfteentwicklung 45
Führungskräftetraining 32
Führungsleitbild 14, 36
Führungsmodelle 38, 39
Führungsstil 7, 38, 39
Führungsstile 38
Führungstheorie 39, 40
Führungsverhalten 45
G
Gesundheitsförderung 53
Gesundheitsmanagement 51, 53
Gesundheitsschutz 53
global 14, 16
Global Footprint 14
Globalisierung 6, 8, 18
Global Mindset 8
GLOBE 7
Gutachten 16
H
High Potential 14, 15, 17, 34
Holacracy, 26
HR-Manager 35
HR Marketing 15
HR-Mitarbeiter 14
Human Resource Management 26
Human Resources 27
HR Consulting Review, Band 9 / 2018, ISSN 2196-0232 57
Personalforschung 6, 7
Personalgewinnung 18
Personalmanagement 6, 7, 8
Interkulturelles 6, 7, 8
Internationales 6, 7, 8, 9
International komparatives 6, 7
Personalmanagements 34
Personalmanager 38
Personalmarketing 12
Personalstrategie 35
Persönlichkeit 15, 16, 31, 32, 45
Praktiker 20
Problemlösung 39, 40
Projektarbeit 19
Projektmanagement 23, 33
Psychologische Sicherheit 42, 43, 45
Q
Qualikation 22, 34
Qualizierung 20, 36
R
rbeitgebervertretungen 19
Recruiter 10, 11, 12
Recruiter 2.0 12
Recruiting 10, 12
Repatriates 8
Resilienz 27
Ressourcen 31
S
Scrum 28
Selbstorganisation 26, 27
Selbstselektion 14
Selbstselektionsmechanismen 17
Selbststeuerung 18
Senior Expert 30, 32
Silo-Denken 44
SMART 52
Social Media Recruiting 12
Soft-Skills 20
Speak-up Kultur 43
standardisierter Fragebogen 31
Standardisierung 6
Stellenanforderungen 51
Steuerungsinstrumente 40
Strategie 27, 35
Leadershipskills 14
Leistungsfähigkeit 51
Leistungsträger 33
Lernkultur 44, 45
Lower Management 14
M
Management 3, 7, 11, 14, 16, 17, 19, 26, 34, 37
Managementansätze 26
Management Board 16
Managementpraktiken 8
Managementskills 14
Mediation 46, 50
Methoden 22, 40
Methodenkenntnisse 19
Mitarbeiter 35, 52
Mitarbeitereinschätzung 37
Mitarbeitergespräche 27, 36
Monitoring 46
Motivation 53
extrinsisch 53
intrinsisch 53
Motivationsforschung 53
N
Networking 16
Netzwerk 27, 28
Netzwerkseiten 11
Non-Management 14
O
Organisation 7, 19, 39, 46
Organisationsdesign 26
Organisationskultur 3
P
Peer Feedback 28
Peer Recruiting 28
Performance 7, 52
Performance Management 51, 52, 53
Personalauswahl 3, 7, 12, 51
Personalbedarfsplanung 18
Personalbeschaffung 51
Personalentwickler 18, 19, 35, 36, 37
Personalentwicklung 7, 14, 18, 19, 20, 22, 25, 30, 34,
35, 36, 51, 52
HR Consulting Review, Band 9 / 2018, ISSN 2196-0232 58
VUCA 18, 26, 35, 43
W
War for Talent 2.0 10
Weiterbildung 18, 28
Weiterentwicklung 24
Wiedereingliederung 7
Wissensaustausch 28
Wissensmanagement 8
Z
Ziele 30
Zombie Agilität 29
strategisch 22, 34
strategische Projekte 16
strategisches Management 19
SWOT-Analyse 32
T
Talent 10, 11, 14, 15, 16, 17, 26, 27, 34, 35
Talentenwicklung 28
Talent Management 3, 14, 26, 27, 28, 29, 34, 35, 36,
37
Talent Manager 18
Talentpools 30
Talent Relationship Management 11
Tätigkeitsprole 19
Teamperformance 47
Teamzugehörigkeit 44
Top-Management 35, 37
Top-Performer 52
Training 45
Transformation 18, 27
Transparenz 44
Trennung 47
U
Unternehmen 13, 45
Unternehmenserfolg 36
Unternehmenskultur 34, 35, 37, 38, 42, 43, 45
Unternehmensperformance 7
Unternehmensstrategie 14, 35
Unternehmensziele 28
V
Validität 17
Veränderung 19, 22
Veränderungsbereitschaft 19
Veränderungsmanagement 8
Veränderungsprojekt 3
Veränderungsprozesse 29
Verfahrenskosten 47
Verhaltensanker 15
Verhaltenskompetenzen 43
Verhaltensmuster 29
Verhandlungsbereitschaft 19
Vertrauenskultur 27
Vertrieb 52
Vertriebspsychologie 51
Vorstellungsgespräch 12
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Article
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Selten wird die methodische Qualität von Potenzialanalysen sichergestellt. Die wenigsten Personalverantwortlichen überprüfen, wie gut die eingesetzten Instrumente den Berufserfolg von Personen tatsächlich vorhersagen können. Im Hinblick auf die enormen Kosten von Personalfehlentscheidungen ist dies fatal. Fundierte Potenzialanalysen berücksichtigen drei Dinge: Ein sauberes Kompetenzmodell (K), systematische Anforderungsanalysen (A), in welchen die Ausprägungen der Kompetenzen für eine Stelle definiert werden sowie sinnvolle und geprüfte Instrumente (I), welche die Kompetenzausprägungen auch zu messen vermögen. Mit dem KAI-Ansatz wollen wir nicht nur Orientierung bieten, sondern explizit zu mehr evidenzbasierter Diagnostik aufrufen. Sie ist die Voraussetzung für zukunftsfähige Personalarbeit.
Article
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Self-determination theory (SDT) is a macro theory of human motivation that evolved from research on intrinsic and extrinsic motivations and expanded to include research on work organizations and other domains of life. We discuss SDT research relevant to the workplace, focusing on (a) the distinction between autonomous motivation (i.e., intrinsic motivation and fully internalized extrinsic motivation) and controlled motivation (i.e., externally and internally controlled extrinsic motivation), as well as (b) the postulate that all employees have three basic psychological needs—for competence, autonomy, and relatedness—the satisfaction of which promotes autonomous motivation, high-quality performance, and wellness. Research in work organizations has tended to take the perspectives of either the employees (i.e., their well-being) or the owners (i.e., their profits). SDT provides the concepts that guide the creation of policies, practices, and environments that promote both wellness and high-quality performance. We examine the relations of SDT to transformational leadership, job characteristics, justice, and compensation approaches. Expected final online publication date for the Annual Review of Organizational Psychology and Organizational Behavior Volume 4 is March 21, 2017. Please see http://www.annualreviews.org/page/journal/pubdates for revised estimates.
Article
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Haben Unternehmen die gesundheitlichen Risiken ihrer Mitarbeiter schon auf der Agenda? Die „Trendstudie Betriebliches Gesundheitsmanagement“ hat Unternehmensvertreter im deutschsprachigen Raum befragt, welche Maßnahmen beim betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM) im Vordergrund stehen. Unterschieden wurden verhältnisbezogene Maßnahmen (die bei den Arbeitsbedingungen in der Organisation ansetzen) von verhaltensbezogenen Maßnahmen (die bei den Beschäftigten in der Organisation ansetzen). Die Ergebnisse zeigen: Arbeitgeber haben die „Zeichen der in der Vergangenheit lange nicht gesehen – die Bedeutung des BGM heute und in Zukunft scheint aber langsam ins Bewusstsein zu rücken.
Article
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Individual work role performance drives the entire economy. It is organizational psychology and organizational behavior's (OP/OB's) most crucial dependent variable. In this review, alternative specifications for the definition and latent structure of individual performance are reviewed and summarized. Setting aside differences in terminology, the alternatives are remarkably similar. The Campbell (2012) model is offered as a synthesized description of the content of the latent structure. Issues pertaining to performance dynamics are then reviewed, along with the role played by individual adaptability to changing performance requirements. Using the synthesized model of the latent content structure and dynamics of performance as a backdrop, issues pertaining to the assessment of performance are summarized. The alternative goals of performance assessment, general measurement issues, and the construct validity of specific methods (e.g., ratings, simulations) are reviewed and described. Cross-cultural issues and future research needs are noted.
Book
In diesem Fachbuch, das längst zum erfolgreichen Standardwerk geworden ist, beschreiben Eberhard Ulich und Marc Wülser zunächst die durch Fehlbeanspruchungen und Krankheiten entstehenden Kosten und zeigen danach die wesentlichen Bestimmungsmerkmale des betrieblichen Gesundheitsmanagements auf, das zunehmend einen wichtigen Wettbewerbsfaktor für Unternehmen darstellt. Gesundheitsfördernde und -gefährdende Aspekte der Arbeit werden anhand verschiedener arbeitswissenschaftlicher Modelle veranschaulicht, geeignete Instrumente und Methoden zur langfristigen Einbettung des Themas Gesundheit in den betrieblichen Alltag werden vorgestellt. Beispiele guter Praxis helfen bei der Umsetzung. Für die siebte Auflage wurden wiederum neue Forschungsergebnisse berücksichtigt und entsprechende Ergänzungen vorgenommen, u. a. zum Thema Resilienz und zum Stand der Präventionsgesetzgebungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Auch das Phänomen des Präsentismus findet mit einer Analyse der Gründe und der Beschreibung eines Projekts zur Echtzeiterhebung erneut Beachtung. Die Autoren Prof. em. (ETH) Dr. Dr. h.c. Eberhard Ulich ist Partner des Instituts für Arbeitsforschung und Organisationsberatung (iafob) in Zürich sowie Präsident der Stiftung Arbeitsforschung. Dr. Marc Wülser ist geschäftsführender Partner der Wülser Inversini Organisationsberatung in Zürich.
Chapter
In Anbetracht des anhaltenden Fach- und Führungskräftemangels sowie der zunehmenden Komplexität der Aufgabenbereiche in der Beschaffung diskutiert der folgende Beitrag den Status quo aktueller Personalentwicklungskonzepte in dieser Funktion. Dabei werden die Ergebnisse einer empirischen quantitativen Untersuchung vorgestellt, mittels derer Beschaffungsverantwortliche zu globalen Herausforderungen und Trends, aktuellen Berufsprofilen und Kompetenzen im Einkauf sowie schließlich auch zu derzeit eingesetzten Personalentwicklungsmaßnahmen befragt wurden. Im Rahmen dessen werden auch Trainingsbereiche und Maßnahmen vorgestellt und diskutiert, welche zukünftig den Wettbewerbsvorteil in der Beschaffung sicherstellen können.
Chapter
Selbständige Außendienstmitarbeiter bilden für viele Unternehmen die Schnittstelle zum Kunden. Im Finanzdienstleistungssektor wird häufig über Jahre eine Beziehung zwischen Außendienstmitarbeiter und Kunde aufgebaut, die von höchstem Wert für das dahinter stehende Unternehmen ist. Für das Partnerunternehmen ist es deshalb wichtig, dass die selbständigen Außendienstmitarbeiter gesund und leistungsfähig bleiben. In der vorliegenden Fallstudie werden im Rahmen des Aufbaus eines vertrieblichen Gesundheitsmanagements erstmals Daten zur Gesundheit selbständiger Außendienstmitarbeiter im Finanzsektor erfasst. In einem ersten Schritt werden die erhobenen Gesundheitsparameter mit denen von angestellten Bankmitarbeitern verglichen. Anschließend werden das Konzept der interessierten Selbstgefährdung (nach Krause und Peters) und seine Anwendbarkeit auf den selbständigen Außendienst genauer betrachtet. Als wichtiger Indikator im Rahmen des Konzepts werden dabei auch das Vorkommen von Präsentismus und die Gültigkeit der bekannten Einflussfaktoren für den Außendienst analysiert. Die Ergebnisse zeigen, dass nicht alle Faktoren, die als Treiber von interessierter Selbstgefährdung und Präsentismus bei Angestellten gelten, auch für den selbständigen Außendienst gültig sind. Starken Einfluss auf fast alle untersuchten Parameter hat, ob die individuelle Integration der Arbeit in den Lebensalltag des selbständigen Außendienstmitarbeiters gelingt. Inwiefern diese Erkenntnisse in das vertriebliche Gesundheitsmanagement eingebunden werden und wie mit der Zielgruppe zum Thema »Gesundheit« kommuniziert wird, zeigen Einblicke in die Praxis.