ArticlePDF Available

Xerobdella praealpina Minelli, 1971 (Hirudinea, Xerobdellidae) in Österreich und Slowenien

Authors:

Abstract and Figures

In den Sammlungen des Zoologischen Museums Hamburg und des Senckenberg- Museums Frankfurt/Main sind Landblutegel der Gattung Xerobdella hinterlegt. Zwei Belege enthalten Xerobdella praealpina Minelli, 1971, die als X. lecomtei Frauenfeld, 1868 bestimmt und beschriftet waren. Bisher war diese Art nur aus einem relativ kleinen Areal nördlich der Linie Verona–Venedig bekannt. Mit diesen Belegen gelangen die Erstnachweise von X. praealpina für Österreich und Slowenien. In the collections of the Zoological Museum Hamburg and the Senckenberg-Museum Frankfurt/Main (Germany), terrestrial leeches of the genus Xerobdella are deposited. Two samples contain Xerobdella praealpina Minelli, 1971, which were determined and labelled as X. lecomtei Frauenfeld, 1868. Until now this species was known only from a relatively small area north of the line Verona–Venice. These samples are the first records of X. praealpina for Austria and Slovenia.
Content may be subject to copyright.
145
Lauterbornia 79: 145--149, D-86424 Dinkelscherben, 2015-05-08
Xerobdella praealpina Minelli, 1971 (Hirudinea, Xerobdellidae) in
Österreich und Slowenien
Xerobdella praealpina Minelli, 1971 (Hirudinea, Xerobdellidae) in Austria and Slovenia
Uwe Jueg
Mit 4 Abbildungen und 2 Tabellen
Schlagwörter: Xerobdella, Hirudinea, Österreich, Slowenien, Erstfund, Morphologie, Verbreitung, Museumsmaterial
Keywords: Xerobdella, Hirudinea, Austria, Slovenia, first record, morphology, distribution, collection material
In den Sammlungen des Zoologischen Museums Hamburg und des Senckenberg-Museums Frankfurt/Main
sind Landblutegel der Gattung Xerobdella hinterlegt. Zwei Belege enthalten Xerobdella praealpina Minelli,
1971, die als X. lecomtei Frauenfeld, 1868 bestimmt und beschriftet waren. Bisher war diese Art nur aus einem
relativ kleinen Areal nördlich der Linie Verona–Venedig bekannt. Mit diesen Belegen gelangen die Erstnach-
weise von X. praealpina für Österreich und Slowenien.
In the collections of the Zoological Museum Hamburg and the Senckenberg-Museum Frankfurt/Main (Ger-
many), terrestrial leeches of the genus Xerobdella are deposited. Two samples contain Xerobdella praealpina
Minelli, 1971, which were determined and labelled as X. lecomtei Frauenfeld, 1868. Until now this species was
known only from a relatively small area north of the line Verona–Venice. These samples are the first records of
X. praealpina for Austria and Slovenia.
1 Einleitung
Von den Landblutegeln der Familie Xerobdellidae sind aus Europa nur drei Arten der Gattung
Xerobdella bekannt, die sich auf die Süd- und Ostalpen sowie die Karstgebirge entlang der Adria
(bis Kroatien) beschränken. Generell werden diese Hirudinea nur selten gefunden, sodass über
die Variabilität, die Ökologie und speziell die Verbreitung wenig bekannt ist. Bereits 1868
wurde Xerobdella lecomtei als erste Art der Gattung beschrieben. Zwei weitere Arten wurden erst
1958 (Xerobdella anulata) und 1971 (Xerobdella praealpina) beschrieben. In älterer Literatur und in
älteren Sammlungen (Etikettierung) wird daher nur die Art X. lecomtei erwähnt.
Nach aktueller Kenntnis ist X. lecomtei die am weitesten verbreitete Art, wobei viele ältere
Belege bezüglich der anderen beiden Arten geprüft werden müssen. Sie kommt in den Südost-
Alpen vor (Nieder-Österreich, Steiermark und Kärnten), Slowenien sowie angrenzende Gebie-
te in Oberitalien (Nesemann & Neubert 1999). X. anulata ist offensichtlich auf Kroatien und
Bosnien beschränkt (Dresscher et al. 1966). Die dritte Art, X. praealpina (Abb.1), war bisher nur
aus den Dolomiten östlich des Garda-Sees nördlich Verona (3 Fundorte), nördlich von Porde-
none (5-6 Fundorte) und bei Tolmezzo (1 Fundort nahe Österreich und Slowenien) bekannt
(Minelli, 1971). Neuere publizierte Fundorte von X. praealpina sind dem Autor nicht bekannt.
X. lecomtei und X. praealpina zeigen ein ähnliches Verbreitungsmuster.
Alle drei Arten besitzen einen ziemlich identischen Habitus, nur wenige Merkmale sind zur
Differenzierung dienlich. Insbesondere handelt es sich dabei um die Lage bzw. den Abstand
der Gonoporen. Neben der deutlich sichtbaren männlichen und weiblichen Gonopore exis-
tiert eine oft kaum erkennbare akzessorische Gonopore unterhalb der weiblichen (siehe Tab.
1). Die Größenangaben zu den Arten können sicher auf Grund der geringen Anzahl unter-
suchter Tiere vernachlässigt werden. Weiterhin gibt es anatomische Unterschiede (Minelli
1971), die aber bei den hier behandelten Tieren nicht untersucht wurden.
146
Abb. 1: Xerobdella praealpina aus dem Senckenberg-Museum Frankfurt/Main (Nr. SMF 1531), Habitus,
Foto: D. Fiege
Tab. 1: Wichtige Bestimmungsmerkmale der europäischen Xerobdella-Arten
X. lecomtei
Frauenfeld, 1868
X. anulata
Autrum, 1958
X. praealpina
Minelli, 1971
maximale Länge 65 mm 50 mm 68 mm
maximale Breite 5 mm 7 mm 5,5 mm
Abstand männliche und weibli-
che Gonopore
3,5 Ringe 4-5 Ringe 6,5 Ringe
Abstand weibliche und akzesso-
rische Gonopore
3,5 Ringe 3,5 Ringe 0,5 Ringe
2 Die Xerobdella-Belege aus den Museen in Hamburg und Frankfurt/Main
In der Sammlung des Zoologischen Museums Hamburg, die seit zwei Jahren vom Autor revi-
diert wird, ist ein Beleg von X. lecomtei hinterlegt. Es handelt sich um ein Exemplar, das von
Emil von Marenzeller (Kustos der Sammlung für die Niederen Tiere im Wiener Museum) um
1900 in den Karawanken gesammelt wurde. Bei näherer Betrachtung konnte aber die Zugehö-
rigkeit zu X. praealpina festgestellt werden (Abb. 2). Mit diesem Beleg gelang der Erstnachweis
von X. praealpina für Österreich.
Eine Revision der drei Xerobdella-Belege (mit jeweils einem Tier) aus dem Senckenberg-Muse-
um Frankfurt/Main ergab ebenfalls einen neuen Fund von X. praealpina (Abb. 3). Dieser Nach-
weis aus den Julischen Alpen ist der erste für Slowenien.
Beide Exemplare der X. praealpina zeigen die typische Anordnung der Gonoporen, wie sie
Minelli (1971) beschrieb (Abb. 2 und 3). Bei dem slowenischen Tier ist die akzessorische Go-
nopore allerdings nur bei leichter mechanischer Einwirkung (Nutzung von einer Nadel oder
einem Pinsel) erkennbar, liegt aber eindeutig auf dem Annulus hinter der weiblichen Gonopo-
re. Die beiden anderen Xerobdella-Belege gehören auf Grund der Lage der Gonoporen eindeutig
zu X. lecomtei (Abb. 4).
147
2
3 4
Abb. 2: Xerobdella praealpina aus dem Zoologischen Museum Hamburg (Nr. 4502), ventral mit Gono-
poren, m = männlich, w = weiblich, a = akzessorisch, Foto: A. Schmidt-Rhaesa
Abb. 3: Xerobdella praealpina aus dem Senckenberg-Museum Frankfurt/Main (Nr. SMF 1531), ventral
mit Gonoporen, m = männlich, w = weiblich, a = akzessorisch, Foto: D. Fiege
Abb. 4: Xerobdella lecomtei aus dem Senckenberg-Museum Frankfurt/Main (Nr. SMF 2832), ventral mit
Gonoporen, m = männlich, w = weiblich, a = akzessorisch, Foto: D. Fiege
148
Im Katalog des Museums für Naturkunde Berlin ist ein Xerobdella-Beleg enthalten (Nr. 2762),
der allerdings verschollen ist – wahrscheinlich durch die Kriegswirren von 1945 (mdl. Mitt. B.
Neuhaus).
Tab. 2: Belege von Xerobdella-Arten im Senckenberg-Museum Frankfurt/Main und im Zoologischen
Museum Hamburg
X. praealpina X. lecomtei
Coll. Hamburg
Nr. 4502
Frankfurt/Main
Nr. SMF 1531
Frankfurt/Main
Nr. SMF 1586
Frankfurt/Main
Nr. SMF 2832
Fundort Österreich, Kärnten,
Obir
(Karawanken)
Slowenien, (Julische
Alpen), Krain, Černa
Prst, ca. 1.500 m
Slowenien, Krain Österreich, Pailgra-
ben bei Graz
leg. von Marenzeller
um 1900)
? A. Weis, 1896 R. Schuster, 1957
Länge 43 mm 25 mm 42 mm 26 mm
Breite 5 mm 3 mm 3 mm 2,5 mm
Abstand und Go-
nopore
6,5 Ringe 6,5 Ringe 3,5 Ringe 3,5 Ringe
Abstand und akzes-
sorische Gonopore
0,5 Ringe 0,5 Ringe 3,5 Ringe 3,5 Ringe
3 Diskussion
Mit den beiden musealen "Neufunden" erweitert sich die Kenntnis um die Verbreitung von X.
praealpina. Es handelt sich hier um die Erstnachweise für Österreich und Slowenien, die das
Verbreitungsgebiet der Art nach Osten erweitern. Beide Fundorte liegen auch in den südli-
chen Ostalpen und stehen durchaus in Beziehung zu den bekannten Vorkommen in Italien.
Der Černa Prst ist ein 1.844 m hoher Berg im Triglav-Nationalpark in Slowenien. Zum Habi-
tat existieren keine Informationen. Aus der Höhenangabe (ca. 1.500 m NN) geht hervor, dass
alpine Zonen besiedelt werden. Minelli (1971) fand seine Tiere zwischen 70 und 1.300 m über
dem Meeresspiegel. Der Obir in Kärnten ist das höchste Bergmassiv der nördlichen Karawan-
ken. Leider gibt es auch zu diesem Fund keine näheren Informationen.
Als aktuelle Gesamtverbreitung von X. praealpina kann der südalpine Raum zwischen Garda-
see/Verona (Italien, Dolomiten) über die Julischen Alpen (Slowenien) bis zu den Karawanken
in Kärnten (Österreich) angegeben werden.
Es ist zu vermuten, dass sich die Kenntnisse zur Verbreitung weiter mehren, wenn alle mu-
seal aufbewahrten Tiere revidiert werden. Zumindest deutsche Sammlungen (sicher auch ande-
re) sind weitestgehend auf einem taxonomischen Stand der 1930-1940er Jahre stehen geblieben.
Viele der heute "guten" Arten waren damals nicht bekannt und konnten daher in Katalogen
und Inventarlisten keine Erwähnung finden. Eine Revision der Sammlungen ist nicht nur für
die Kenntnis der Gattung Xerobdella bedeutsam, sondern auch für zahlreiche andere Hirudinea.
Dank
Ein herzlicher Dank richtet sich an Dr. Andreas Schmidt-Rhaesa und Helma Roggenbuck (Zoologisches Museum
Hamburg) sowie Dr. Dieter Fiege (Senckenberg-Museum Frankfurt/Main), die mir freundlicherweise die Xerobdella-Be-
lege zur Revision überließen. Dr. Dieter Fiege (Senckenberg-Museum Frankfurt/Main) und Dr. Andreas Schmidt-
Rhaesa (Zoologisches Museum Hamburg) danke ich weiterhin für Anfertigung der Fotos, letzterem auch für die engli-
sche Übersetzung. Für die Information zum Xerobdella-Beleg im Berliner Museum gilt Dr. Birger Neuhaus (Berlin)
mein Dank.
149
Literatur
Dresscher, T. G. N., H. Engel & S. Van der Spoel (1966): Neue Fundorte und Variabilität der Xerobdella anulata
Autrum, 1958 (Hirudinea, Haemadipsida).- Beaufortia 162(13): 213-219, Amsterdam
Minelli, A. (1971): Una nuvoa Xerobdella delle prealpi venete.- Memorie del Museo Civico di Storia Naturale de Vero-
na 19: 355-362, Verona
Nesemann, H. & E. Neubert (1999): Branchiobdellida, Acanthobdellea, Hirudinea.- In: Schwoerbel, J. & P. Zwick
(eds): Süßwasserfauna von Mitteleuropa. Begründet von A. Brauer 6(2), 178 pp., Heidelberg
Anschrift des Verfassers: Uwe Jueg, Georgenhof 30, D-19288 Ludwigslust, E-Mail uwejueg@googlemail.com
Manuskripteingang/angenommen: 2015-03-04
150
... Dresscher et al. (1966) and Sket (1968) published a few more records of X. anulata. Recently, Jueg (2015) published findings of X. praealpina and X. lecomtei, which are distributed in the eastern and southern Alps, respectively. ...
... According to present knowledge, X. anulata is a typically distributed land leech species of the western parts of Balkans (Dinarides), X. lecomtei of the Eastern Alps and X. praealpina of the south-eastern parts of Alps. Jueg (2015) reported X. lecomtei from Austria, near Graz (Pailgraben) and Slovenia (Krain/Dežela); X. praealpina from Austria (Obir in Carinthia/Karawanken Mountains) and Slovenia (Černa Prst). All three species have been reported from Slovenia. ...
Article
Full-text available
Xerobdella anulata Autrum, 1958 was described from Sarajevo and Bjelašnica (Bosnia and Herzegovina). Since, only a few additional records have been published. Recently, two specimens of this land leech were found on Tara Mountain (Serbia). This is the first record of X. anulata in Serbia and the most eastern finding of these species and the genus Xerobdella in total.
... To compile the checklist, we updated data from Sket (1968; with data from literature published up to the present day (Trontelj et al. 1999;Trontelj 2000;Trontelj et al. 2004;Vamberger & Trontelj 2007;Jueg 2015;Kvist et al. 2023). In addition, readily available non-literature sources of documented biodiversity data were screened for new records, such as collections, molecular databases and photographic fora. ...
Article
Full-text available
The new (as of 2023) checklist of Slovenian leeches (Euhirudinea) contains 33 species, which represents a 44% increase since the last published inventory in 2003. Notable new entries include Placobdella costata found parasitizing on European pond turtles, the marine fish leech Trachelobdella lubrica from the Slovenian Adriatic coast, the semi-terrestrial Haemopis elegans, the terrestrial Xerobdella praealpina – making Slovenia possibly the only country with confirmed occurrence of all three European land leeches – and a new, still undescribed highly troglomorphic cave leech from a deep Dinaric cave. The number of freshwater fish leeches is underwhelmingly low: two. This, and several unresolved taxonomic questions in erpobdellids suggest that more faunistic and taxonomic work is needed and that the list of Slovenian leech species is far from concluded. The authors dedicate this contribution to their teacher, Prof. Boris Sket (1936–2023), a leading figure in biodiversity research in the Dinaric Karst, including leeches and cave life.
Article
Full-text available
The genus Xerobdella contains three species of land leeches confined to the Palearctic region, one of which is X. anulata (Autrum, 1958), an exceptionally rare endemic of the Dinaric Alps. In the current study, we provide new data and a literature overview on this rarely encountered species, presenting its currently known distribution, providing additional data on its morphology and, for the first time, presenting comprehensive data on its habitat preferences and seasonal dynamics. Additionally, we provide novel DNA barcodes for the Dinaric land leech and compare the obtained sequences with the related X. lecomtei. Altogether, 22 specimens of X. anulata were collected using pitfall traps in three habitat types: managed forests with adjacent meadows and a primeval forest in the Dinaric Alps of Croatia. We report the first finding of X. anulata in open habitats, which harbored most of the specimens. Our findings show that X. anulata exhibits surface activity, highlighting the effectiveness of pitfall traps in sampling such elusive taxa, with perspectives for future morphological, phenological and even molecular research.
  • H E Nesemann
  • Neubert
Nesemann, H. & E. Neubert (1999): Branchiobdellida, Acanthobdellea, Hirudinea.-In: Schwoerbel, J. & P. Zwick (eds): Süßwasserfauna von Mitteleuropa. Begründet von A. Brauer 6(2), 178 pp., Heidelberg Anschrift des Verfassers: Uwe Jueg, Georgenhof 30, D-19288 Ludwigslust, E-Mail uwejueg@googlemail.com