ArticlePDF Available

Abstract

Ziele werden in Beratungen oft so konkret wie möglich auf Verhaltensebene formuliert. Ist eine Person jedoch unsicher und besorgt, wenn sie über ihr Ziel spricht, kann davon ausgegangen werden, dass die Identifikation mit dem Ziel zu gering ist, als dass es handlungswirksam werden könnte. Eine Ursache können Konflikte zwischen bewussten und unbewussten Bedürfnissen sein. Die vom Zürcher Ressourcen Modell (ZRM) entwickelten MOTTO-Ziele bringen Bewusstes mit Unbewusstem in Einklang. Sie stellen Zielidentifikation her und können so die Zielverfolgung unterstützen. Identifiziert sich eine Person bereits mit ihrem Ziel, kann sofort mit der konkreten Planung begonnen werden.
HAUPTBEITRÄGE
https://doi.org/10.1007/s11613-018-0546-4
Organisationsberat Superv Coach
SMART oder MOTTO? Von der Hemmung in die
Handlungsfähigkeit durch passende Zielformulierung
Christina Mühlberger · Angela Büche · Eva Jonas
© Der/die Autor(en) 2018
Zusammenfassung Ziele werden in Beratungen oft so konkret wie möglich auf
Verhaltensebene formuliert. Ist eine Person jedoch unsicher und besorgt, wenn sie
über ihr Ziel spricht, kann davon ausgegangen werden, dass die Identifikation mit
dem Ziel zu gering ist, als dass es handlungswirksam werden könnte. Eine Ursache
können Konflikte zwischen bewussten und unbewussten Bedürfnissen sein. Die vom
Zürcher Ressourcen Modell (ZRM) entwickelten MOTTO-Ziele bringen Bewusstes
mit Unbewusstem in Einklang. Sie stellen Zielidentifikation her und können so die
Zielverfolgung unterstützen. Identifiziert sich eine Person bereits mit ihrem Ziel,
kann sofort mit der konkreten Planung begonnen werden.
Schlüsselwörter Zielformulierung · MOTTO-Ziele · Annäherungsmotivation
SMART or MOTTO? Suitable goal setting to get from avoidance to the
ability to act
Abstract In consultancies, goals are often set very concrete on a behavioral level
which can increase one’s probability of success to attain the goal. However, if
people are anxious and worried when they talk about their goals, there seems to be
too little identification with the goals and attainment is impossible. The reason is
often a conflict between conscious and unconscious needs. The Zürcher Ressourcen
Mag. Dr. C. Mühlberger () · Prof. Dr. E. Jonas
Fachbereich Psychologie, Universität Salzburg, Hellbrunnerstraße 34, 5020 Salzburg, Österreich
E-Mail: christina.muehlberger@sbg.ac.at
Prof. Dr. E. Jonas
E-Mail: eva.jonas@sbg.ac.at
A. Büche, MSc.
Maierwiesweg 20, 5023 Salzburg, Österreich
E-Mail: angela.bueche@stimmig-leben.com
K
C. Mühlberger et al.
Modell (ZRM) has developed MOTTO-goals which are defined on an attitudinal
level and bring into accordance consciousness and unconsciousness. They build
identification with goals and thus, support goal pursuit. If people already identify
with their goals, they can immediately start with concrete planning.
Keywords Goal setting · MOTTO-goals · Approach motivation
Fallbeispiel Es ist Neujahr, und Raketen fliegen in den Himmel. Die 32-jährige
Erika ist verheiratet, hat zwei Kinder und arbeitet seit mehr als 5 Jahren in einem
Versicherungsunternehmen als Kundenberaterin. Heute nimmt sie sich fest vor, ihre
Chefin im kommenden Jahr endlich um eine Beförderung zu bitten. Sie möchte im
Gespräch selbstbewusst auftreten und ihre Argumente für einen beruflichen Aufstieg
selbstsicher präsentieren. Ein halbes Jahrvergeht, und Erika verschiebt ihren Vorsatz
auf den späten Sommer. Doch ehe sie sich versieht, ist das Jahr vorbei, und das
Gespräch wird erneut zu ihrem Neujahrsvorsatz.
Wer kennt dies nicht? Die Pläne sind vorhanden, wir sind überaus motiviert,
diese umzusetzen, aber am Ende schaffen wir es doch nicht. Laut einer Umfrage der
University of Scranton aus dem Jahre 2014 brach ein Viertel der Befragten bereits
nach zwei Wochen ihre Neujahrsvorsätze. Sechs Monate später hielt sich nur noch
weniger als die Hälfte an ihre Vorsätze. Woran kann es liegen, dass Menschen so
häufig daran scheitern, ihre Ziele zu verfolgen? Die psychologische Forschung sagt,
dass es zum einen eine große Rolle spielt, wie wir Ziele formulieren, und zum
anderen wichtig ist, dass die Zielformulierung zur Persönlichkeit passt.
1 Zielformulierung
Ziele können auf unterschiedlichen Ebenen formuliert werden (Storch 2008)–auf
der Ergebnis-, Verhaltens- und Haltungsebene. Auf der Ergebnisebene beschreibt
die Person, welches Ziel sie erreichen möchte. Erika, beispielsweise, möchte im
Gespräch mit ihrer Chefin eine Beförderung erreichen. Auf der Verhaltensebene
formuliert die Person ihr Ziel so spezifisch wie möglich und zerlegt dabei ihr Ziel
in viele konkrete Verhaltensweisen. Auf dieser Ebene würde sich Erika ganz genau
überlegen, wo sie im Gespräch mit ihrer Chefin sitzen würde, mit welchen Worten
sie das Gespräch beginnen und was sie wie sagen würde. Die Formulierung von
Zielen auf Verhaltensebene ist auch bekannt unter der SMART-Methode (Spezifisch,
Messbar, Attraktiv, Realistisch und Terminiert; Doran 1981; vgl. Locke und Latham
2002). Jahrzehntelange Forschung (z.B. Locke und Latham 2013) empfiehlt, Ziele
spezifisch zu formulieren (z.B. „Ich bitte meine Chefin diesen Mittwoch um 16 Uhr
um eine Beförderung in die Abteilung X“), weil damit die Wahrscheinlichkeit steige,
das Ziel auch tatsächlich zu erreichen. Bei unspezifisch und vage formulierten Zielen
(z.B. „Dieses Jahr spreche ich mit meiner Chefin über eine Beförderung“) sinke die
Erfolgswahrscheinlichkeit.
Ziele können jedoch auch auf der Haltungsebene formuliert werden. Diese sind
weniger spezifisch, dafür sprechen sie stärker die Person als Ganzes an und steuern
damit das Handeln. Um eine Haltung zu entwickeln, formuliert die Person ihr Ziel
K
SMART oder MOTTO? Von der Hemmung in die Handlungsfähigkeit durch passende...
nicht konkret, sondern abstrakt. Das heißt, sie baut damit eine innere Einstellung zum
Ziel auf, die sie braucht, um ihr Ziel erreichen zu können (Storch und Krause 2014).
Erika würde sich auf dieser Ebene eine neue innere Haltung zum Gespräch mit ihrer
Chefin aufbauen, damit sie innerlich in der Lage ist, selbstsicher ihre Argumente
für eine Beförderung zu präsentieren. Eine neue innere Haltung aufzubauen, ist
deshalb wichtig, weil dadurch unbewusste Bedürfnisse miteinbezogen werden, die
oft mit dem bewusst gefassten Ziel auf Verstandesebene in Konflikt stehen. So könnte
es beispielsweise sein, dass Erika sich zwar einen beruflichen Aufstieg wünscht
(bewusstes Motiv Verstand), gleichzeitig aber eigentlich mehr Zeit für ihre Familie
haben möchte (unbewusstes Bedürfnis).
Unterdrückt der Verstand das Unbewusste, spricht man von Selbstkontrolle (Bau-
meister 2012). Hier wird eine Absicht gegen unbewusste Impulse, Bedürfnisse und
Wünsche durchgesetzt (Baumann und Kuhl 2013). Die Selbstkontrolle kann zwar
kurzfristige Erfolge bringen, ist auf Dauer jedoch sehr anstrengend und energieauf-
wendig und kann dadurch schnell abnehmen. Als Folge werden die bewusst gefass-
ten Absichten nicht umgesetzt. Stellen Sie sich vor, dass Erika bei ihrer Chefin um
eine Beförderung anfragt und tatsächlich eine höhere Position antritt. Ihr bewuss-
tes Motiv ist erfüllt, und Erika ist zufrieden. Für die sehr fordernde neue Arbeit
muss sie jedoch viele Überstunden machen, wodurch Erika kaum noch Zeit für ihre
Familie hat, d.h. ihr unbewusstes Bedürfnis nicht erfüllt ist und sie infolge unglück-
lich wird. Daher beschließt sie, von der neuen Stelle zurückzutreten und wieder als
Kundenberaterin zu arbeiten.
Um solchen negativen Folgen entgegenzuwirken, ist es wichtig, Verstand und
Unbewusstes miteinander zu synchronisieren. Dies geschieht durch Selbstregula-
tion. Selbstregulation berücksichtigt und integriert alle für das Selbst relevanten
Erfahrungen, wie zum Beispiel Gefühle, Einstellungen und Werte, und bringt diese
selbst- und zielrelevanten Informationen mit den eigenen Zielen in Einklang (Bau-
mann und Kuhl 2013; Baumeister und Vohs 2007; Carver und Scheier 1990). Eine
solche erfolgreiche Integration erlaubt es einer Person, im Einklang mit dem eige-
nen Selbst zu handeln, d.h. sich selbstkongruente Ziele zu setzen und umzusetzen
(Baumann und Kuhl 2013). Weil die Person in Übereinstimmung mit ihrem Selbst
handelt, erlebt sie eine erhöhte Selbstbestimmung, was sie wiederum zu intrinsisch
motiviertem Handeln bewegt (Deci und Ryan 2000).
2 Ziele auf der Haltungsebene: MOTTO-Ziele
Die Synchronisation von Verstand und Unbewusstem wird durch das Formulieren
von Haltungszielen erreicht. Diese Möglichkeit bietet das Zürcher Ressourcen Mo-
dell (ZRM; Storch und Krause 2014) mit seiner Vorgehensweise. Hier wird mit
zwei Systemen gearbeitet, über die jeder Mensch verfügt und die für die Bildung
von Motivation bedeutsam sind das Intentions- und das Extensionsgedächtnis
(Kuhl 2001). Das Intentionsgedächtnis ist das Gedächtnis für bewusste Absichten
und Handlungsplanung. Dieses arbeitet genau, aber langsam. Es kann Informatio-
nen nur seriell verarbeiten, bedient sich der verbalen Sprache und bewertet Infor-
mationen danach, ob sie richtig oder falsch sind. Normen spielen dabei eine große
K
C. Mühlberger et al.
Rolle. Beispielsweise sagt Erikas Intentionsgedächtnis ihr, dass es nach ein paar
Jahren im Unternehmen wichtig und richtig sei, eine höhere Stelle anzutreten. Das
Extensionsgedächtnis enthält autobiographische Erfahrungen, Gefühle, Bedürfnisse,
Ziele, Normen und Werte einer Person. Es verarbeitet multikodiert, d.h. es spei-
chert parallel viele bewusste und unbewusste Informationen und Erlebnisse ab und
kann die parallel abgespeicherten Informationen auch wieder abrufen. Das Exten-
sionsgedächtnis arbeitet sehr schnell und bewertet mit hoher Geschwindigkeit auf
Grundlage von diffusen Körpersignalen (z.B. positives Gefühl), den sogenannten
somatischen Markern (Damasio 2003). Diese Bewertung ist entscheidend, ob eine
Absicht ausgeführt wird oder nicht. Erika möchte zwar eine Beförderung, hat aber
beim Gedanken an den Aufstieg ein mulmiges Gefühl. So würde ihr ihr Körper
zeigen, dass ein Konflikt zwischen Bewusstem und Unbewusstem vorhanden ist.
Für das Haltungsziel im ZRM wird mit beiden Systemen gearbeitet. Einerseits
reflektieren die Teilnehmenden mithilfe der verbalen Sprache bewusst ihr Ziel, an-
dererseits gleichen sie es mithilfe der nonverbalen Sprache der somatischen Marker
laufend mit dem unbewussten System ab. Als Basis für diesen Prozess dient ein
Bild, das zu Beginn mit der Frage ausgewählt wird, welches Bild aus einer Auswahl
von ressourcenvollen Bildern das stärkste positive Gefühl auslöst. Auf Grundlage
dieses Bildes wird dann das Haltungsziel aufgebaut, indem jeder bewusste Schritt
mit dem unbewussten System abgeglichen wird. Um das neu gebildete Haltungsziel
auch nachhaltig als Teil der eigenen Persönlichkeit zu integrieren, wird es multi-
kodiert abgespeichert, d.h. es wird mithilfe von bestimmten Methoden mit allen
Sinnen abgespeichert. Beispielsweise wird das Ziel durch das Embodiment,eine
Verkörperung des Ziels, und durch Gegenstände, den sogenannten Erinnerungshil-
fen, gefestigt. Durch diese Arbeit auf emotionaler, körperlicher, motivationaler und
kognitiver Ebene wird der Mensch ganzheitlich angesprochen, und somit wird ein
zielrealisierendes Handeln ermöglicht.
Erika wählt das Bild eines hohen Baumes. Ihr Haltungsziel lautet: „Ich bin auf-
recht und stehe fest verankert durch die Kraft meiner Wurzeln“. Im Gegensatz zu
ihrem ursprünglichen, nie realisierten Silvesterwunsch bekommt sie durch diesen
Zielsatz die innere Einstellung und Motivation, „aufrecht“ ihre Bedürfnisse sehen
zu können und „durch die Kraft ihrer Wurzeln“ zu ihnen stehen zu können. Diese
Art von Ziel wird im ZRM MOTTO-Ziel genannt. Durch das Bilden des MOTTO-
Ziels wird sich Erika auch ihres unbewussten Bedürfnisses nach Vereinbarkeit von
Beruf und Familie bewusst. Dann kann sie dies ihrer Chefin gegenüber kommuni-
zieren und möglicherweise Vorschläge machen, wie sie sich trotz fordernder neuer
Arbeit mehr Zeit für ihre Familie nehmen könnte. Beispielsweise könnte sie darum
bitten, einen Tag von zuhause aus zu arbeiten, um so auch für die Kinder da sein zu
können. Sie würde dann sowohl in der Arbeit als auch im Privaten zufriedener und
motivierter sein.
Die Forschung zeigt, dass MOTTO-Ziele im Gegensatz zu spezifischen Zielen
die Bindung an ein Ziel stärken (Büche 2017; Weber 2013). Das heißt, dass sich die
Person durch ihr MOTTO-Ziel stärker mit dem Ziel identifiziert und sich der Verfol-
gung dieses Ziels stärker verpflichtet fühlt (Brunstein et al. 2008). Ein MOTTO-Ziel
erhöht im Vergleich zu einem spezifischen Ziel auch die erlebte Selbstbestimmung,
intrinsische Motivation und optimistisches Denken (Weber 2013) und reduziert das
K
SMART oder MOTTO? Von der Hemmung in die Handlungsfähigkeit durch passende...
subjektive Stresserleben (Storch et al. 2007). Storch und Krause (2014) betonen je-
doch, dass MOTTO- und spezifische Ziele nicht als Gegensätze aufgefasst werden
sollten, sondern dass sich die beiden Zieltypen ergänzen. Spezifische Ziele eignen
sich allerdings eher dann, wenn bereits eine hohe Bindung an das Ziel vorhanden
ist, d. h. wenn ein starker Wille bzw. die Entschlossenheit vorhanden ist, das Ziel
tatsächlich zu verfolgen, und dieser starke Wille nicht in einem Zielkonflikt mit
anderen Zielen in der Außenwelt ist. Ist diese Entschlossenheit noch nicht vorhan-
den oder herrschen lähmende Zielkonflikte, dann eignen sich MOTTO-Ziele, um
diese ins Bewusstsein zu holen und die Zielbindung und damit die Entschlossenheit
herzustellen.
3 Annäherungsmotivation
Durch die Bildung von MOTTO-Zielen steigt bei Menschen also die Entschlossen-
heit, ihre Ziele tatsächlich in Angriff zu nehmen. Diese Entschlossenheit wird in
der Psychologie auch als Annäherungsmotivation bezeichnet (Harmon-Jones et al.
2011,2013). Annäherungsmotivation ist eine Motivation, die unser Verhalten auf
„Belohnungen“, wie z. B. positive Zielobjekte, Erfahrungen oder Möglichkeiten,
richtet (Elliot 2008). Sie entspringt dem Behavioral Approach System (BAS), das
menschliches Verhalten steuert und aktiviert, wenn wir die Möglichkeit haben, eine
Belohnung zu erhalten (Corr et al. 2013;Gray1982; Gray und McNaughton 2000).
Wenn wir annäherungsmotiviert sind, sind wir voller Energie, fühlen uns stark, fä-
hig und entschlossen und bewegen uns auf ein Ziel zu (Carver und White 1994;
Greenaway et al. 2015; Elliot 2008; Harmon-Jones et al. 2011).
Die der Annäherungsmotivation entgegengesetzte Motivation ist die Vermei-
dungsmotivation. Dies ist eine Motivation, die uns von „Bestrafungen“, wie z. B.
negativen Objekten, Erfahrungen oder Möglichkeiten, wegbewegt (Elliot 2008), uns
also erst einmal davon abhält, ein Ziel zu verfolgen. Die Vermeidungsmotivation ent-
springt dem Behavioral Inhibition System (BIS), das durch Zielkonflikte aktiviert
wird Konflikte zwischen etwas, das man erreichen, und etwas, das man vermeiden
möchte (Corr et al. 2013;Gray1982; Gray und McNaughton 2000).
Wenn wir uns Ziele setzen, sind wir erst einmal mit einer Diskrepanz zwischen
dem Zustand, den wir anstreben, und dem momentanen Zustand, in dem das Ziel
noch nicht erreicht ist, konfrontiert (vgl. Higgins 1989; Jonas et al. 2014). Je nach
Zuversicht, diese Diskrepanz überwinden zu können, erleben wir einen Zustand
ängstlicher Gehemmtheit (BIS), der sich in ängstlicher Erregung, erhöhter Vigi-
lanz und Hemmung des aktuellen Verhaltens äußert (Corr et al. 2013; Gray und
McNaughton 2000; Jonas et al. 2014).
K
C. Mühlberger et al.
Stellen Sie sich wieder Erika vor, die sich eine Beförderung wünscht und hin-
und hergerissen ist, das Gespräch mit ihrer Chefin zu führen (Annäherung) oder es
zu vermeiden (aktive Vermeidung). Durch diesen Konflikt wird das BIS1aktiviert,
das sich in drei Reaktionen zeigt: (1) Erika wird nervös und ängstlich, wenn sie
ihrer Chefin über den Weg läuft (ängstliche Erregung). (2) Erika zeigt besondere
Aufmerksamkeit bezüglich riskanten Informationen, die ihre Beförderung gefähr-
den könnten; So hört sie z.B. genau hin, wenn ihre Kollegin und Konkurrentin
Karin erzählt, dass sie von ihrer Chefin gelobt wurde (Vigilanz). (3) Erika ist wie
gelähmt, wenn es darum geht, einen Termin für das Gespräch mit ihrer Chefin zu
vereinbaren, und sie vermeidet jegliches Verhalten, das ihr Ziel gefährden könnte;
sie geht also allen Möglichkeiten, ihre Chefin anzutreffen, aus dem Weg, um nicht
mit ihr sprechen zu müssen (Verhaltenshemmung). Wenn wir uns länger im BIS-
Zustand befinden und es nicht schaffen, aus der Hemmung in die Annäherung zu
kommen, steigt die Angst.
Annäherungs- und Vermeidungsmotivation lassen sich nicht nur im Erleben und
Verhalten von Menschen nachweisen, sondern auch im Körper messen. Mittels Elek-
troenzephalografie (EEG) kann die Reaktion des Gehirns auf positive Reize, wie z.B.
auf Bilder, in frontozentralen Bereichen gemessen werden (Hajcak et al. 2006). Dies
ist ein Indikator dafür, in welchem Ausmaß das Gehirn einen Reiz als Belohnung
verarbeitet, und damit ein Maß für Annäherungsmotivation (Angus et al. 2015;Bress
und Hajcak 2013; Proudfit 2015). Diese Reaktion wird in den Belohnungszentren
des Gehirns generiert (Carlson et al. 2011). Die Forschung zeigt, dass Personen,
die sich in einem annäherungsmotivierten Zustand befinden, eine höhere Beloh-
nungsreaktion aufweisen (Mühlberger et al. 2017a). Außerdem zeigen Personen
mit annäherungsmotivierten Persönlichkeitseigenschaften (z. B. Extraversion, BAS-
Eigenschaften) eine stärkere Belohnungsreaktion (Bress und Hajcak 2013; Cooper
et al. 2014; Lange et al. 2012; Smillie et al. 2011) und Personen mit vermeidungs-
motivierten Persönlichkeitseigenschaften (z. B. Traurigkeit, depressive Symptome,
Ängstlichkeit) eine geringere Belohnungsreaktion (Foti und Hajcak 2009,2010;
Foti et al. 2011;Guetal.2010).
4 Situative und individuelle Unterschiede in der Aktivierung von BIS
und BAS
Bei der Steuerung menschlichen Verhaltens sprechen die beiden Systeme BIS und
BAS jeweils bestimmte Bedürfnisse an. Stellen Sie sich z.B. vor, dass Sie bald
eine Weltreise antreten. Das BAS wird aktiviert, weil Sie es kaum erwarten können,
sich in die vielen neuen Abenteuer zu stürzen, fremde Kulturen kennenzulernen und
unbekannte Länder und Orte zu erkunden. Annäherungsmotivation und ein Gefühl
1Das BIS, das einen passiven Vermeidungszustand auslöst, der sich in ängstlicher Erregung, erhöhter Vi-
gilanz und Hemmung des aktuellen Verhaltens äußert, wird durch Zielkonflikte aktiviert. Neben dem BIS
nehmen Gray und McNaughton (2000) auch ein aktives Vermeidungssystem das Fight, Flight, Freeze-
System (FFFS) an, das durch aversive Reize aktiviert wird. Folglich kommt es zu einer Kampfhandlung,
einer Fluchtreaktion oder einem Erstarren, und Panik wird erlebt.
K
SMART oder MOTTO? Von der Hemmung in die Handlungsfähigkeit durch passende...
der Vorfreude entsteht. Das BIS wird aktiviert, wenn Belohnungs- und Strafreize
gleichzeitig auftauchen. Das heißt, dass Sie sich zwar auf die Reise freuen, aber
es könnten Risiken bzw. negative Erlebnisse eintreten. Ihre Vermeidungsmotivation
teilt Ihnen daher mit, dass diese möglichst verhindert werden sollten. Das bedeutet,
dass uns das BIS davor bewahren kann, Risiken einzugehen und damit Verluste zu
machen (Corr et al. 2013; McNaughton und Corr 2004). Die Konsequenz daraus
ist, dass Sie z. B. versuchen, die Reise im Vorhinein gut zu planen, eine Karte zur
Orientierung und gute Ausrüstung dabeihaben.
Obwohl Menschen beide Motivationen in sich haben, gibt es sowohl individuelle
als auch situative Unterschiede in der Ausprägung der beiden Tendenzen (Carver
und White 1994; Jonas et al. 2014). Einerseits gibt es Situationen, die stärker das
BIS oder das BAS aktivieren. Das BIS wird z.B. dann stärker aktiviert, wenn sich
Personen in einer Situation bedroht fühlen und Angst verspüren, etwa dadurch, dass
sie an ihre eigene Sterblichkeit erinnert wurden oder die Kontrolle verlieren, d.h.
insbesondere dann, wenn sie mit sogenannten existentiellen Bedrohungen konfron-
tiert werden (vgl. Jonas et al. 2014). So könnte z.B. eine drohende Kündigung einen
Kontrollverlust und somit Angst hervorrufen. Sind Personen hingegen in einer Situa-
tion auf das Erreichen einer Belohnung hin ausgerichtet und antizipieren sie Freude,
sollte bei ihnen das BAS aktiviert sein. Das BAS ist jedoch ebenfalls aktiviert, wenn
Personen starken Ärger verspüren (E. Harmon-Jones et al. 2013).
Andererseits gibt es auch dispositionelle Unterschiede zwischen Personen. Annä-
herungsmotivierte Personen sind stärker handlungsorientiert, entschlossen, reagieren
sensibel auf Belohnungen und Gewinne und sehen daher meist die Chancen und
Möglichkeiten, die ihnen das Leben bietet. Ihr BAS-System ist reagibler als das
von wenig annäherungsmotivierten Persönlichkeiten. Vermeidungsmotivierte Perso-
nen reagieren sensibel auf Bestrafungen und Verluste und sehen daher meist die
Risiken und Fehler, die sie begehen könnten. Ihr BIS-System ist reagibler als das
von wenig vermeidungsmotivierten Personen. Sie sind eher ängstlich und nervös
und kommen nur schwer aus diesem negativen Zustand heraus (Carver und White
1994; Stemmler et al. 2016). Diese dispositionellen Unterschiede beeinflussen, wie
sensibel Menschen auf Belohnungen und Bestrafungen reagieren und wie schnell
sie daher vom BIS-Zustand in den BAS-Zustand wechseln können.
Fortführung des Fallbeispiels Sehen wir uns die Persönlichkeit von Erika, die seit
mehr als 5 Jahren als Kundenberaterin tätig ist, nun genauer an. Erika beschreibt
sich selbst als eine generell eher unsichere, besorgte Person, die Angst davor hat,
Fehler zu machen. Wenn ihr etwas Unangenehmes, wie z.B. das Gespräch mit ihrer
Chefin, bevorsteht, ist sie ziemlich unruhig. Sie reagiert sehr sensibel auf potentiel-
le „Gefahren“ und hat viele Ängste. Kritik verletzt sie sehr stark, und sie schafft es
dann nur schwer, aus diesem negativen Erleben herauszukommen. Sie ist oft nervös,
eher passiv als handlungsorientiert und zeigt geringes Vertrauen in ihre eigenen Fä-
higkeiten, ihre Ziele zu erreichen. Erikas Kollegin Karin, die ebenfalls seit mehr als
5 Jahren in demselben Versicherungsunternehmen als Kundenberaterin tätig ist, be-
schreibt sich selbst als eine sehr handlungsorientierte Person, die ihre Ziele hartnä-
ckig verfolgt. Sie reagiert sensibel auf potentielle Belohnungen und strengt sich dann
besonders an, diese zu erhalten. Sie ist voller Energie, wenn es darum geht, ihre Ziele
K
C. Mühlberger et al.
zu verfolgen, und zeigt hohes Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten, diese auch tat-
sächlich zu erreichen. Während Erika dem Prototypen der vermeidungsmotivierten
Persönlichkeit zuzuordnen ist, ist Karin dem Prototypen der annäherungsmotivierten
Persönlichkeit zuzuordnen.
Auch Erikas Kollegin Karin hat das Ziel, bei ihrer Chefin um eine Beförderung
anzufragen. Da Erika und Karin das Gespräch schon länger vor sich herschieben,
beschließen die beiden, an einem Training zu Gesprächsführung teilzunehmen. Nach
dem Training ist die vermeidungsmotivierte Erika sehr zufrieden, hat das Gefühl,
ihrem Ziel näher gekommen zu sein, und ist entschlossen, das Gespräch mit ihrer
Chefin zu führen. Die annäherungsmotivierte Karin hingegen ist nach dem Training
stark verunsichert und ahnt bereits jetzt, dass sie das Gespräch nicht führen wird.
Woran kann es nun liegen, dass das Training bei Erika erfolgreich, bei Karin
weniger erfolgreich war?
5 Ziele passend zur Persönlichkeit formulieren empirische
Überprüfung
Die psychologische Forschung zeigt, dass eine Passung zwischen der Persönlichkeit
und der Strategie zur Erreichung der eigenen Ziele zentral ist, da sich eine Passung
für Menschen stimmig anfühlt und sie dann motiviert sind, ihr Ziel tatsächlich in
Angriff zu nehmen (vgl. Böhm et al. 2017; Cesario und Higgins 2008). So wurden
in einer Studienreihe (Böhm et al., 2017) z. B. Handlungsstrategien entweder mit-
hilfe einer Annäherungsstrategie („Welche Handlungen sind notwendig, um deine
Ziele zu erreichen?“) oder mithilfe einer Vermeidungsstrategie formuliert („Welche
Handlungen solltest du vermeiden, um deine Ziele zu erreichen?“). Die zur jeweili-
gen Persönlichkeit passende Zielformulierung führte zu einer erhöhten intrinsischen
Zielmotivation und zu mehr Selbstwirksamkeit. Um diese positiven Effekte zu errei-
chen, ist die Passung v.a. für Beratungsformate wie Coaching oder Training zentral,
und diese beginnt bereits bei der Formulierung des Ziels.
Dass nicht jede Art von Zielformulierung für jeden Persönlichkeitstyp passend
ist, zeigt z. B. eine Studie, in der Studierende an einem Coaching zur Reduktion von
Prokrastination, d. h. Lernaufschiebeverhalten, teilnahmen (Mühlberger et al. 2017c).
Dabei formulierten die Studierenden ein lernbezogenes Ziel zuerst spezifisch, d.h.
sie zerlegten ihr Ziel in viele konkrete Verhaltensweisen (Formulierung des Ziels auf
Verhaltensebene). Danach besprachen sie ihr Ziel mit einem Coach. Obwohl alleStu-
dierenden davon überzeugt waren, ihrem Ziel durch das Coaching näher gekommen
zu sein, berichteten nur annäherungsmotivierte Personen nach dem Coaching we-
niger Prokrastination. Vermeidungsmotivierte Personen berichteten hingegen mehr
Prokrastination. Dies war darauf zurückzuführen, dass die vermeidungsmotivierten
Studierenden ihre definierten Ziele nicht als ihre eigenen Ziele betrachteten, sondern
diese mehr fremd- als selbstbestimmt erlebten. Das bedeutet, dass sich die Ziele für
sie nicht stimmig anfühlten und es daher zu keiner Passung zwischen ihrer Persön-
lichkeit und der Strategie zur Zielerreichung kam. Um also Ziele so zu formulieren,
dass sie auch handlungswirksam werden, sollte die Zielformulierung zur Persönlich-
keit passen. Die spezifische Zielformulierung auf Verhaltensebene scheint bei stark
K
SMART oder MOTTO? Von der Hemmung in die Handlungsfähigkeit durch passende...
vermeidungsmotivierten Personen nicht effektiv zu sein. Welche Zielformulierung
braucht es bei diesen Personen, damit auch sie ihre Ziele verfolgen?
Wir untersuchten diese Fragestellung in einer Studie (Büche 2017; Mühlberger
et al. 2017b), in der wir die Zielformulierung auf Verhaltensebene (SMART) mit
der Zielformulierung auf Haltungsebene (MOTTO) miteinander verglichen. Dazu
nahmen Personen an einem SMART- oder MOTTO-Training zur effektiven Ge-
sprächsführung teil. Die Teilnehmenden formulierten ihre Ziele entweder nach den
SMART-Kriterien oder nach den Kriterien des ZRM. Beide Trainingsgruppen wähl-
ten sich passend zu ihrem Ziel ein Bild. Im MOTTO-Training wählten sich die
Teilnehmenden zu Beginn ein Bild, um sich damit ihr Haltungsziel zu erarbeiten.
Im SMART-Training wählten sie ein Bild, das ihr Ziel auf Verhaltensebene reprä-
sentierte. Wir untersuchten, wie die selbstgewählten Bilder auf die Zielmotivation
der Trainingsteilnehmenden wirkten, wenn diese das Ziel hatten, ein schwieriges
Gespräch zu führen. Dafür erfassten wir mittels Fragebögen, inwiefern die Teil-
nehmenden sich mit ihrem Ziel identifizierten (Zielbindung), inwiefern sie sich
erwarteten, aufgrund eigener Fähigkeiten gewünschte Handlungen erfolgreich aus-
führen zu können (Selbstwirksamkeitserwartung), und inwiefern sie das Gespräch als
Herausforderung anstatt als Bedrohung wahrnahmen (Herausforderungserleben). Im
Vergleich zu Personen des SMART-Trainings zeigten Personen des MOTTO-Trai-
nings einen Monat nach dem Training mehr Zielbindung (vgl. Weber 2013), eine
höhere Selbstwirksamkeitserwartung und nahmen das schwierige Gespräch stärker
als positive Herausforderung wahr.
Mittels Elektroenzephalografie (EEG) erfassten wir außerdem die Hirnaktivität in
frontozentralen Hirnbereichen, wenn die Teilnehmenden ihre selbstgewählten Bilder
betrachteten. Die Messung in diesen Bereichen gibt Aufschluss über die erlebte An-
näherungsmotivation (z.B. Becker et al. 2014; Carlson et al. 2015; Proudfit 2015),
d.h. die Entschlossenheit, ihr Ziel in Angriff zu nehmen. Dafür kamen die Teil-
nehmenden ungefähr eine Woche nach den Trainings ins Labor und sahen auf dem
Computerbildschirm ihr selbstgewähltes Bild, das sie entweder an ihr MOTTO- oder
ihr SMART-Ziel erinnern sollte. Hier zeigte sich ein Unterschied zwischen Perso-
nen, die sich vor den Trainings im BIS befanden, d. h. stark verunsichert, gehemmt,
nervös, besorgt, unruhig und ängstlich waren, und Personen, die sich vor den Trai-
nings nicht im BIS befanden. Während die stärker besorgten Teilnehmenden (hohes
BIS) zu mehr Annäherungsmotivation tendierten, wenn sie am MOTTO-Training als
wenn sie am SMART-Training teilgenommen hatten, tendierten die wenig Besorg-
ten (kein BIS) zum Erleben höherer Annäherungsmotivation, wenn sie am SMART-
Training als wenn sie am MOTTO-Training teilgenommen hatten. Besonders inter-
essant war, dass Personen, die sich im BIS befanden und dann am MOTTO-Training
teilnahmen, nach dem Training mehr Annäherungsmotivation erlebten als Personen,
die sich nicht im BIS befanden und dann am MOTTO-Training teilnahmen. Das
heißt, dass Besorgte vom MOTTO-Training stärker profitierten als wenig Besorgte.
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Haltungsziele bei besorgten Personen stär-
ker wirken als bei wenig besorgten Personen. Bei wenig besorgten Personen scheint
SMART im Gegensatz zu MOTTO besser zu wirken.
K
C. Mühlberger et al.
Zusammengefasst bedeutet dies, dass die Zielformulierung alleine nicht unbedingt
ausschlaggebend für Erfolg ist, sondern zusätzlich die Passung zur Persönlichkeit
eine zentrale Rolle spielt. Ist eine Person grundsätzlich wenig besorgt und bereits
mehr im annäherungsmotivierten Zustand, ist sie bereits fest entschlossen und davon
überzeugt, ihr Ziel in Angriff nehmen zu können. Sie identifiziert sich mit ihrem
Ziel, d.h. die Zielbindung ist bereits vorhanden. Eine SMARTe Zielformulierung
mit konkreter Planung des „Wann, Wo, Wie?“ scheint bei dieser Person zielführend
zu sein. Ist eine Person jedoch grundsätzlich eher vermeidungsmotiviert, d.h. steckt
sie noch in der Unsicherheit fest, ist sie wenig entschlossen und kommt nur schwer
ins Handeln. Die Zielbindung und damit die Entschlossenheit, das Ziel in Angriff
zu nehmen, muss erst hergestellt werden. Eine Zielformulierung mithilfe von MOT-
TO-Zielen scheint bei dieser Person erfolgversprechend zu sein. Erst dann ist eine
konkrete Planung des zu erreichenden Ziels, z.B. anhand der SMART-Kriterien,
sinnvoll.
6 Bedeutung für die Praxis und Fazit
Bleibt nun die Frage, was dies für die Coachingpraxis im Einzelsetting bedeutet,
wenn es so wichtig für die erfolgreiche Zielerreichung ist, dass die Zielformulierung
passend zur Persönlichkeit ausgewählt wird. Stellen Sie sich vor, ein Coach hätte
mit Erika sofort für ihren ersten Wunsch SMART formulieren lassen und sie damit
zurück „ins Leben geschickt“. Im besten Fall hätte sie das Gespräch mit ihrer Chefin
wieder nicht geführt. Hätte sie es geführt, wäre sie sogar erfolgreich gewesen, könnte
den Erfolg aber nicht wirklich genießen. Das Thema der Beförderung wäre zwar
gelöst, ihr inneres „Mutterherz“ jedoch im Dauerkonflikt. Somit wäre das eigentliche
unbewusste Thema, wie sie in der derzeitigen Lebenssituation die Balance zwischen
Arbeit und Familie schaffen kann, unbearbeitet geblieben.
Da die Formulierung des Ziels meist bereits zu Beginn eines Beratungsprozesses
stattfindet und Beratende ihre Klient/innen erst im Laufe des Beratungsprozesses
genauer kennenlernen, stellt sich die Frage, wie Beratende die motivationale Orien-
tierung am besten herausfinden. Unseres Erachtens ist gerade in der Phase der Auf-
tragsklärung eine hohe Sensibilität für die Persönlichkeit des Klienten bzw. dessen
besondere Situation und die damit verbundene motivationale Orientierung im Ge-
spräch notwendig. Zusätzlich könnten Beratende neben dem Einsatz diagnostischer
Instrumente (z.B. die BIS/BAS Skalen von Carver und White 1994), die im Be-
ratungssetting aber wohl eher selten angewendet werden, auch mit Ankertechniken
den Persönlichkeitsstil und/oder die Zielbindung und die Annäherungsmotivation
der Person herausarbeiten. Dazu legt man mit Kärtchen das Jetzt, das Ziel und die
Zeit unmittelbar nach dem erwünschten Ziel auf. Der/die Klient/in fühlt sich in die
entsprechende Situation ein. Wenn im Beispiel von Erika nach dem erreichten Ziel
ihre Mimik, Gestik und ihre Körperhaltung ressourcenvoll sind und ihre Beschrei-
bung vom erlebten Zustand positiv, kann man daraus schließen, dass ihr erwünschtes
Ziel kongruent zu ihrer Persönlichkeit und ihrer derzeitigen Lebenssituation ist. In
diesem Fall könnte man sofort mit der spezifischen Handlungsplanung beginnen
und das Ziel SMART beschreiben und planen lassen. Ist Erika hingegen ängstlich
K
SMART oder MOTTO? Von der Hemmung in die Handlungsfähigkeit durch passende...
und sorgenvoll zweifelnd auf dem Anker nach dem Ziel und scheint es noch keine
oder nur eine ambivalente Zielbindung zu geben, was sich wiederum an der Mi-
mik, an der Körperhaltung und ihren Aussagen ablesen lässt, dann kann für Erika
eine Zielformulierung auf der Haltungsebene entscheidend sein, um in die kongru-
ente Zielbindung und in die Annäherungsmotivation zu kommen. Hat Erika dann
eine neue Haltung dem Ziel gegenüber aufgebaut und eventuelle Zielanpassungen
vorgenommen, kann das Ziel schließlich SMART vorbereitet werden.
So gesehen ist es für Coaches sehr wichtig, zuerst zu klären, welchen Persönlich-
keitsstil die Klient/innen haben und ob eine Zielbindung und Annäherungsmotivation
schon gegeben ist oder ob die Klient/innen noch in einer Vermeidungsmotivation
sind und/oder das Ziel noch nicht kongruent zur Persönlichkeit ist. Wenn dies geklärt
ist, hat man zwei Möglichkeiten: (1) Der/Die Klient/in klärt mit Hilfe eines MOTTO-
Ziels sein erwünschtes Ziel und baut durch die Erarbeitung einer neuen Haltung eine
hohe Zielbindung und Annäherungsmotivation für dieses auf. (2) Wenn offensicht-
lich die Annäherungsmotivation schon gegeben ist, kann man sofort SMART mit
der Vorbereitung für das Ziel beginnen. Die Zielformulierung passend zur Persön-
lichkeit auszuwählen, spielt also eine entscheidende Rolle dabei, ob wir frühzeitig
aufgeben oder unsere Ziele auch tatsächlich weiterverfolgen.
Funding Open access funding provided by Paris Lodron University of Salzburg.
Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Li-
zenz (http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de) veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfäl-
tigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie
den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Com-
mons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
Literatur
Angus, D. J., Kemkes, K., Schutter, D. J. L. G., & Harmon-Jones, E. (2015). Anger is associated with
reward-related electrocortical activity: evidence from the reward positivity. Psychophysiology,52,
1271–1280. https://doi.org/10.1111/psyp.12460.
Baumann, N., & Kuhl, J. (2013). Selbstregulation und Selbstkontrolle. In W.Sarges (Hrsg.), Management-
Diagnostik (Bd. 4, S. 263–271). Göttingen: Hogrefe.
Baumeister, R. (2012). Die Macht der Disziplin. Frankfurt a.M.: Campus.
Baumeister, R. F., & Vohs, K.D. (2007). Self-regulation, ego depletion, and motivation. Social and Person-
ality Psychology Compass,1(1), 115–128. https://doi.org/10.1111/j.1751-9004.2007.00001.x.
Becker, M . P. I. , Nitsch, A. M., Miltner, W. H. R., & Straube, T. (2014). A single-trial estimation of the
feedback-related negativity and its relation to BOLD responses in a time-estimation task. The Journal
of Neuroscience,34, 3005–3012. https://doi.org/10.1523/JNEUROSCI.3684-13.2014.
Böhm, A., Mühlberger, C., & Jonas, E. (2017). Wachstums- und Sicherheitsorientierung im Coaching
Erfolg durch motivationale Passung. In S. Greif, H. Möller & W. Scholl (Hrsg.), Handbuch Schlüs-
selkonzepte im Coaching. Heidelberg: Springer.
Bress, J.N., & Hajcak, G. (2013). Self-report and behavioral measures of reward sensitivity predict the
feedback negativity. Psychophysiology,50(7), 610–616. https://doi.org/10.1111/psyp.12053.
Brunstein, J. C., Dargel, A., Glaser, C., Schmitt, C.H., & Spörer, N. (2008). Persönliche Ziele im Studi-
um. Erprobung einer Intervention zur Steigerung der Zieleffektivität und Zufriedenheit im Studium.
Zeitschrift für Pädagogische Psychologie,22, 177–191.
Büche, A. (2017). Ressourcenvoll riskante Gespräche führen. Masterarbeit, Universität Salzburg.
Carlson, J. M., Foti, D., Mujica-Parodi, L. R., Harmon-Jones, E., & Hajcak, G. (2011). Ventral striatal
and medial prefrontal BOLD activation is correlated with reward-related electrocortical activity: a
K
C. Mühlberger et al.
combined ERP and fMRI study. NeuroImage,57, 1608–1616. https://doi.org/10.1016/j.neuroimage.
2011.05.037.
Carlson, J. M., Foti, D., Harmon-Jones, E., & Proudfit, G. H. (2015). Midbrain volume predicts fMRI and
ERP measures of reward reactivity. Brain Structure and Function,220, 1861–1866. https://doi.org/
10.1007/s00429-014- 0725-9.
Carver, C.S., & Scheier, M. F. (1990). Origins and functions of positive and negative affect: a control-
process view. Psychological Review,97(1), 19–35.
Carver, C.S., & White, T.L. (1994). Behavioral inhibition, behavioral activation, and affective responses
to impending reward and punishment: the BIS/BAS scales. Journal of Personality and Social Psy-
chology,67(2), 319–333. https://doi.org/10.1037//0022-3514.67.2.319.
Cesario, J., & Higgins, E. T. (2008). Making message recipients „feel right“: how nonverbal cues can
increase persuasion. Psychological Science,19(5), 415–420.
Cooper, A. J., Duke, E., Pickering, A. D., & Smillie, L. D. (2014). Individual differences in reward pre-
diction error: contrasting relations between feedback-related negativity and trait measures of reward
sensitivity, impulsivity and extraversion. Frontiers in Human Neuroscience.https://doi.org/10.3389/
fnhum.2014.00248.
Corr, P. J., DeYoung, C.G., & McNaughton, N. (2013). Motivation and personality: a neuropsychologi-
cal perspective. Social and Personality Psychology Compass,7(3), 158–175. https://doi.org/10.1111/
spc3.12016.
Damasio, A. R. (2003). Ich fühle also bin ich. Die Entschlüsselung des Bewusstsein. München: List.
Deci, E. L., & Ryan, R. M. (2000). The „what“ and why“ of goal pursuits: human needs and the self-
determination of behavior. Psychological Inquiry,11(4), 227–268.
Doran, G.T. (1981). There’s a S.M.A.R.T. way to write management’s goals and objectives. Management
Review,70(11), 35–36.
Elliot, A. J. (Hrsg.). (2008). Handbook of approach and avoidance motivation. New York: Taylor & Fran-
cis.
Foti, D., & Hajcak, G. (2009). Depression and reduced sensitivity to non-rewards versus rewards: evidence
from event-related potentials. Biological Psychology,81(1), 1–8. https://doi.org/10.1016/j.biopsycho.
2008.12.004.
Foti, D., & Hajcak, G. (2010). State sadness reduces neural sensitivity to nonrewards versus rewards.
Neuroreport,21(2), 143–147. https://doi.org/10.1097/WNR.0b013e3283356448.
Foti, D., Kotov, R., Klein, D.N., & Hajcak, G. (2011). Abnormal neural sensitivity to monetary gains
versus losses among adolescents at risk for depression. Journal of Abnormal Child Psychology,39(7),
913–924. https://doi.org/10.1007/s10802-011-9503- 9.
Gray, J.A. (1982). The neuropsychology of anxiety. New York: Oxford University Press.
Gray, J.A., & McNaughton, N. (2000). The neuropsychology of anxiety: an enquiry in to the functions of
the septo-hippocampal system (2. Aufl.). Oxford: Oxford University Press.
Greenaway, K.H., Storrs, K. R., Philipp, M.C., Louis, W.R., Hornsey, M.J., & Vohs, K. D. (2015). Loss
of control stimulates approach motivation. Journal of Experimental Social Psychology,56, 235–241.
https://doi.org/10.1016/j.jesp.2014.10.009.
Gu, R., Ge, Y., Jiang, Y., & Luo, Y. J. (2010). Anxiety and outcome evaluation: the good, the bad and
the ambiguous. Biological Psychology,85(2), 200–206. https://doi.org/10.1016/j.biopsycho.2010.07.
001.
Hajcak, G., Moser, J.S., Holroyd, C. B., & Simons, R. F. (2006). The feedback-related negativity reflects
the binary evaluation of good versus bad outcomes. Biological Psychology,71(2), 148–154. https://
doi.org/10.1016/j.biopsycho.2005.04.001.
Harmon-Jones, C., Schmeichel, B. J., Mennitt, E., & Harmon-Jones, E. (2011). The expression of deter-
mination: similarities between anger and approach-related positive affect. Journal of Personality and
Social Psychology,100, 172–181.
Harmon-Jones, E., Harmon-Jones, C., & Price, T.F. (2013). What is approach motivation? Emotion Review,
5, 291–295.
Higgins, E. T. (1989). Self-discrepancy theory: What patterns of self-beliefs cause people to suffer? Ad-
vances in Experimental Social Psychology,22, 93–136.
Jonas, E., McGregor, I., Klackl, J., Agroskin, D., Fritsche, I., Holbrook, C., & Quirin, M. (2014). Threat and
defense: from anxiety to approach. In J.M. Olson & M. P. Zanna (Hrsg.), Advances in experimental
social psychology (S. 219–286). San Diego: Academic Press.
Kuhl, J. (2001). Motivation und Persönlichkeit. Interaktion psychischer Systeme. Göttingen: Hogrefe.
K
SMART oder MOTTO? Von der Hemmung in die Handlungsfähigkeit durch passende...
Lange, S., Leue, A., & Beauducel, A. (2012). Behavioral approach and reward processing: results on
feedback-related negativity and P3 component. Biological Psychology,89(2), 416–425. https://doi.
org/10.1016/j.biopsycho.2011.12.004.
Locke, E., & Latham, G. (2013). New developments in goal setting and task performance.NewYork:
Routledge.
Locke, E . A., & Latham, G. P. (2002). Building a practically useful theory of goal setting and task motiva-
tion. American Psychologist,57(9), 705–717.
McNaughton, N., & Corr, P.J. (2004). A two-dimensional neuropsychology of defense: fear/anxiety and
defensive distance. Neuroscience and Biobehavioral Reviews,28(3), 285–305. https://doi.org/10.
1016/j.neubiorev.2004.03.005.
Mühlberger, C., Angus, D. J., Jonas, E., Harmon-Jones, C., & Harmon-Jones, E. (2017a). Perceived control
increases the reward positivity and stimulus preceding negativity. Psychophysiology,54(2), 310–322.
https://doi.org/10.1111/psyp.12786.
Mühlberger, C., Büche, A., Weber, J., & Jonas, E. (2017b). MOTTO vs. SMART. Unveröffentlichte Daten.
Universität Salzburg.
Mühlberger, C., Mühlberger, M., Traut-Mattausch, & Jonas, E. (2017c). Stop or Go? Autonomieerleben
im Coaching und der Einfluss der BIS/BAS-Persönlichkeit. Unveröffentlichte Daten. Universität Salz-
burg.
Proudfit, G.H. (2015). The reward positivity: from basic research on reward to a biomarker for depression.
Psychophysiology,52(4), 449–459. https://doi.org/10.1111/psyp.12370.
Smillie, L. D., Cooper, A.J., & Pickering, A.D. (2011). Individual differences in reward-prediction-er-
ror: extraversion and feedback-related negativity. Social Cognitive and Affective Neuroscience,6(5),
646–652. https://doi.org/10.1093/scan/nsq078.
Stemmler, G., Hagemann, D., Amelang, M., & Spinath, F.M. (2016). Differentielle Psychologie und Per-
sönlichkeitsforschung (8. Aufl.). Stuttgart: Kohlhammer.
Storch, M. (2008). Rauchpause. Wie das Unbewusste dabei hilft, das Rauchen zu vergessen. Bern: Huber.
Storch, M., & Krause, F. (2014). Selbstmanagement ressourcenorientiert. Grundlagen und Trainingsma-
nual für die Arbeit mit dem Zürcher Ressourcen Modell (ZRM) (5. Aufl.). Bern: Huber.
Storch, M., Gaab, J., Küttel, Y., Stüssi, A., & Fend, H. (2007). Psychoneuroendocrine effects of resource-
activating stress management training. Health Psychology,26, 456–463.
Weber, J. (2013). Turning Duty into Joy! Optimierung der Selbstregulation durch Motto-Ziele. Dissertation,
Universität Osnabrück.
Mag. Dr. Christina Mühlberger Postdoc der Abteilung Sozialpsy-
chologie, Universität Salzburg, Zertifizierte Coach, Zertifizierte ZRM-
Trainerin, Schwerpunkte: Soziale Interaktionen, Beratungsformate (v.a.
Coaching und Training), Erfüllung und Verletzung psychologischer
Bedürfnisse, Motivationsprozesse (Annäherungsmotivation, Regulato-
rischer Fokus, Selbstregulationsprozesse), Perspektivenübernahme und
Empathie. Internet: https://www.uni-salzburg/sozialpsychologie.
K
C. Mühlberger et al.
Angela Büche MSc. Supervision, Mediation und Coaching, ZRM-
Trainerin, Lehrbeauftragte an Universitäten, Musikschulen, Ministeri-
en, Cellistin. Eigene Beratungspraxis in Salzburg und Wien, tätig im
Team der: ÖVS Sbg (Österreichische Vereinigung der SupervisorIn-
nen); ÖGFMM (Österreichische Gesellschaft für Musik und Medizin);
AFNB (Akademie für Neurowissenschaftliches Bildungsmanagement).
Schwerpunkte: Motivations- und Selbstmanagementtraining, Lernpsy-
chologie, Embodied Communication, Coaching für Projektleiter/innen,
Personalentwicklung 4.0. Internet: https://www.stimmig-leben.com.
Prof. Dr. Eva Jonas Professorin und Leiterin der Abteilung Sozial-
psychologie, Universität Salzburg, Leiterin des Universitätslehrgangs
„Master in Training and Development“ der Salzburg Management Busi-
ness School (SMBS) an der Universität Salzburg. Schwerpunkte: Mo-
tivierte soziale Kognition, Umgang mit Bedrohungen, Gestaltung funk-
tionaler und dysfunktionaler Interaktionen, Analyse verschiedener Be-
ratungsformate (Coaching, Mentoring, Supervision, Mediation), Per-
spektivenübernahme und Empathie. Internet: https://www.uni-salzburg/
sozialpsychologie.
K
... Furthermore, the findings per session revealed that high approach-oriented affective states had an additional significant effect on perceived coaching success during coaching sessions 1, 2, and 4. Although empathy appears an important independent predictor of perceived success, the positive, goal-oriented affective states of a client can have a supportive function and, in line with previous research (Mühlberger et al., 2018, have a beneficial effect on coaching outcomes. ...
Article
Full-text available
Empathy is an important factor for coaching success. Yet there has been little research on whether it is useful at every stage of a coaching process. To explore this research question, 221 coaching sessions from 48 coach–client dyads with a focus on business- and career-related goals were analyzed, differentiating sessions both along a timeline and by coaching phases. The results show that client-perceived coach empathy positively influenced how clients viewed coaching success (i.e., the session’s success, satisfaction, and goal attainment) in every session with perceived empathy increasing over the coaching process. In addition, the results highlight how the client’s approach-related, positive affective states can contribute to a successful coaching process—particularly at the beginning of a coaching process. These results contribute to an increased awareness of the coach’s empathy at every session as well as how the client enters the coaching process.
... Die Synchronisation dieser beiden Systeme wird als entscheidender Faktor für die psychische Gesundheit angesehen [3]. Aktuelle Studien zeigen, dass Mottoziele die Selbstregulation und damit die Fähigkeit zur Selbstberuhigung fördern, die Selbstwirksamkeit verbessern und das Gefühl selbstbestimmt zu sein, erhöhen können [5,17,42]. ...
Article
Full-text available
Zusammenfassung Hintergrund Jede Schwangerschaft bringt physische, psychische und soziale Veränderungen mit sich. Diese können zu Stress und ambivalenten Gefühlen bei Schwangeren führen, die einen starken Einfluss auf das Wohlbefinden und die Gesundheit von Mutter und Kind haben. Zur Förderung eines komplikationslosen Verlaufs der Schwangerschaft wird in der Forschungsliteratur die Stärkung der gesundheitlichen Ressourcen gefordert. Das Zürcher Ressourcen Modell (ZRM) ist ein ressourcenaktivierendes Selbstmanagementtraining, welches nach aktuellen Studienergebnissen die Gefühlsregulierung unterstützen und Stress reduzieren kann. Methodik Ziel dieser Studie war die erstmalige Wirksamkeitsprüfung des ZRM in der Schwangerschaft. Angenommen wurde, dass durch die Aktivierung der persönlichen Ressourcen der Schwangeren das Stresserleben reduziert und das subjektive Wohlbefinden gesteigert werden kann. Die Konstrukte „Stress“ und „Wohlbefinden“ wurden anhand von fünf psychometrischen Parametern operationalisiert. Durchgeführt wurde eine quasiexperimentelle unkontrollierte 6‑stündige Online-Interventionsstudie mit dem ZRM im Januar 2021 an N = 32 Schwangeren, basierend auf einem Prä-Post-Follow-up-Design. Zur Überprüfung der gebildeten Hypothesen wurden einfaktorielle Varianzanalysen (rmANOVAs) durchgeführt. Ergebnisse Die 1-faktoriellen rmANOVAs ergaben, dass die ZRM-Intervention das Stresserleben allgemein und schwangerschaftsspezifisch sowie das Angsterleben signifikant senken konnte. Handlungsorientierung nach Misserfolg und emotionales Wohlbefinden konnten signifikant gesteigert werden. Hinsichtlich der subjektiven Vitalität ließ sich lediglich deskriptiv eine Steigerung der Werte verzeichnen. Schlussfolgerung Die ZRM-Intervention erwies sich als wirksame Methode zur Optimierung der Stressbewältigung und Steigerung des Wohlbefindens während der Schwangerschaft. Es kann zielführend sein, das ZRM-Training als Ergänzung zur üblichen Geburtsvorbereitung einzusetzen. Zukünftige Forschungsarbeiten sollten v. a. die Übertragbarkeit der Ergebnisse unter Einbindung einer Kontrollgruppe sicherstellen.
... However, attitude-based and specific goals are not mutually exclusive but complement each other. While specific goals are better for people already highly committed to their goal, attitude-based-goals should be set to build underdeveloped commitment, a claim supported by self-reporting and neuropsychological studies (Mühlberger, Büche, & Jonas, 2017). ...
Article
Full-text available
Coaching is an effective intervention to achieve organizationally, professionally, and personally beneficial goals. Although the coach-coachee working relationship constitutes the most critical indicator of coaching success, specific coach behaviors that create effective interaction are poorly understood. Using well-established psychological theories we have derived an integrative model of coach behavior that delineates three behavioral metacategories: (a) relationship-oriented behavior that fosters effective working relationships and entails providing structured guidance, providing personalized support, and activating resources; (b) purpose-oriented behavior that directly supports goal accomplishment and entails enhancing understanding, strengthening motivation, and facilitating implementation; and (c) change-warranting behavior that fosters comprehensive information processing that sustains change and entails the creation of memorable experiences. Each metacategory is further specified by several concrete behaviors. Based on its underlying psychological theories, the integrative model of coach behavior provides concise categories with clear distinctions and relationships. Furthermore, the model’s theories generate numerous new hypotheses about the process of coach-behavior effectiveness and its mediators or moderators. Thoroughly testing these hypotheses and overcoming problematic subjective surveys requires the development of objective behavioral measurements for coach behaviors, instant coachee reactions and the associated subsequent cognitive, emotional, and behavioral changes.
Chapter
In Fach- und Führungskräfte-Coachings ist das Thema Prokrastination auch und gerade bei leistungs- und wettbewerbsorientierten, sehr gut ausgebildeten Klient*innen weit verbreitet. Prokrastinierenden Personen wird häufig eine mangelnde Fähigkeit zur Selbstregulation und eine geringe Planungskompetenz attestiert. Der Beitrag zeigt anhand eines semi-fiktiven Coaching-Prozesses auf, wie wichtig eine ausführliche Anamnese und Zielklärung sind, welche Erkenntnisse eine Auseinandersetzung mit der Prokrastinations-Spirale liefert und welche Lösungsansätze im Prozess entwickelt werden können. Prokrastinieren ist jedoch ein erlerntes Verhalten, das abgelegt werden kann. Der Klient im diskutierten Fall ist Teamleiter bei einem Mittelständler, der kürzlich das Arbeiten mit OKR (Objectives and Key Results) eingeführt hat. Obwohl er die Methode befürwortet und sein Team dabei unterstützt, kontinuierlich an den individuellen Zielen zu arbeiten, schiebt der Klient dies selbst immer weiter auf. Im Beitrag werden Hypothesen und Konzeptideen für die Coachingpraxis vorgestellt und Herausforderungen und Wendepunkte im Prozess reflektiert.
Article
Teachers require various generic competencies that are not addressed explicitly in the teacher education program, such as learning strategies. Although universities offer student teachers extracurricular opportunities to develop these competencies, few students seize them. Our training program fosters students’ self-regulated competency development: Self-reflection as an important first step to self-regulated competency development is addressed through an online self-assessment tool providing individual feedback and suggestions for further development. Forming and implementing intentions to develop competencies is addressed by a workshop based on an evidence-based self-management training program and group coaching sessions to bridge potential intention–behavior gaps. After the training program, the experimental group ( n = 32) showed a more favorable development in self-reflection, procrastination, and participation in competency-enhancing offers than the control group ( n = 34). The results show that supporting students in their self-regulated competency development can be an important key in their professional development.
Chapter
Der Coach regt den Klienten zur intensiven Selbstreflexion an. Diese kann für den Klienten nicht nur kognitiv erhellend sein, sondern fordert ihn auch emotional. Eine oberflächliche Zielklärung kann nicht tragfähig sein, wenn die tiefer liegende Motivation und die persönlichen Werte außer Acht gelassen werden.
Experiment Findings
Full-text available
Good practice guidelines for sports clubs interested in intercultural opening processes Anregungen zur Interkulturellen Öffnung für interessierte Sportvereine Im Rahmen des SPIEL MIT!-Modellprojekts entstand dieser Gute-Praxis-Leitfaden, den wir heute allen interessierten Sportvereinen zur Verfügung stellen können. Er bietet Ideen und Anregungen für eine erfolgreiche Interkulturelle Öffnung. In Kooperation mit der AWO Jena-Weimar e. V., der Hochschule Karlsruhe, der Karlshochschule und dem Landessportbund Thüringen e.V. werden im Projekt SPIEL MIT! Vereine intensiv bei interkulturellen Fragestellungen betreut. Einige der Vereine haben in diesem Rahmen eigene Maßnahmen entwickelt, um auf gesellschaftliche Herausforderungen in diesem Kontext einzugehen. So konnte das Projekt gelungene Beispiele sammeln, die nun anderen Vereinen zugänglich gemacht werden um zu zeigen, wie interkulturelle Vereinsentwicklung gefördert werden und gelingen kann. Gleichzeitig soll der Leitfaden auch Mut machen, sich an dieses Thema heranzuwagen. http://www.fs-ikoe.de/spiel-mit-thueringen/
Book
Full-text available
Konsequent an persönlichen Ressourcen orientiert, kann Selbstmanagement ausgesprochen lustvoll sein. Das Zürcher Ressourcenmodell (ZRM) ist eine vielfach erprobte Methode zur gezielten Entwicklung von Handlungspotenzialen. An Grundlagen interessierte Fachleute und Laien finden im einleitenden Theorieteil eine Fülle aktueller neurowissenschaftlicher und psychologischer Befunde zum Thema Persönlichkeitsentwicklung und Selbststeuerung. Sie bilden das Fundament für das «ZRM®»-Training und gewährleisten ein systematisches und jederzeit begründetes Vorgehen. «Selbstkonsequenz», «Somatische Marker» oder «Rubikon-Prozess» benennen Themen, die auch für sich gelesen zu faszinieren vermögen. Praktikerinnen und Praktikern bietet das Buch im Trainingsteil ein sorgfältig ausgearbeitetes und wissenschaftlich fundiertes Werkzeug für die erfolgreiche Durchführung von Trainingsseminaren. Der Trainingsablauf wird Schritt für Schritt beschrieben. Impulsreferate, Arbeitsmaterialien für die Trainingsteilnehmende sowie die Anweisungen für die Arbeit in Kleingruppen sind nachvollziehbar dokumentiert. Interessenten: Coaches, Psychologen in der Wirtschaft und in der pädagogischen Praxis; Psychotherapeuten; Sozialarbeiter; Trainingsleiter, Lehrer; in der Weiterbildung engagierte und an psychologischen Themen Interessierte.
Article
Full-text available
Previous research indicates that the reward positivity (RewP), an electrophysiological correlate of sensitivity and biases towards rewarding stimuli, is modulated by affective and motivational variables. Studies have provided evidence that states and traits associated with negative affect and reduced approach motivation are correlated with smaller RewP amplitudes. However, the possible confound of affective valence and motivational direction was not addressed in these studies. In the present study, we examined if anger, an emotion associated with negative affect and increased approach motivation, would affect RewP amplitude. We also investigated if RewP amplitude was related to the motivational properties of reward stimuli. One hundred male participants completed two emotion inductions intended to elicit feelings of either neutrality or anger. Each was followed by a simple gambling task, in which correct choices were followed by images of women in lingerie or swimwear. Although the RewP was elicited following each induction, there was no difference in amplitude between the neutral and anger induction. However, RewP amplitude was positively correlated with how much participants liked the reward stimuli, and this correlation was statistically larger following the anger induction. These results support a motivational interpretation for the differences in RewP amplitude reported in previous studies, suggesting that motivational direction and intensity, rather than affective valence, underlie differences in RewP amplitude. Moreover, the RewP appears to be affected by interactions between motivational state and the motivational value of reward stimuli. © 2015 Society for Psychophysiological Research.
Chapter
Im Coaching hat das Hinbewegen von einem aktuellen Istzustand zu einem erwünschten Zielzustand einen essenziellen Wert. Um diese Diskrepanz zu überwinden und ein Ziel zu erreichen, bedarf es effektiver Selbstregulation. Die Theorie des Regulatorischen Fokus (Higgins 1997) geht von zwei motivationalen Orientierungen aus, die bestimmen, welche Selbstregulationsstrategien Menschen bei ihrer Zielverfolgung präferieren. Während Personen mit Promotion-Orientierung von einem Wachstumsmotiv angetrieben sind und ihren Fokus primär auf das Erreichen positiver Ergebnisse richten, liegt Personen mit Prevention-Orientierung ein Sicherheitsmotiv zu Grunde, welches ihren Fokus auf das Abwenden negativer Ergebnisse lenkt. Welche Konsequenzen ergeben sich aus diesen unterschiedlichen motivationalen Orientierungen für die Gestaltung von Coachingprozessen? Wie sollten Coachingprozesse gestaltet sein, um auf die individuelle Orientierung nach Wachstum oder Sicherheit eingehen zu können? In diesem Beitrag versuchen wir, Antworten darauf zu geben, wie im Coachingsetting Situationen regulatorischer Passung (Higgins 2005) geschaffen werden können, die den Coachees ein Gefühl motivationaler Kongruenz vermitteln und diesen dadurch ermöglichen, intrinsisch motiviert ihr Ziel zu verfolgen und in Folge selbstwirksam wachsen zu können.
Chapter
Im Coaching hat das Hinbewegen von einem aktuellen Istzustand zu einem erwünschten Zielzustand einen essenziellen Wert. Um diese Diskrepanz zu überwinden und ein Ziel zu erreichen, bedarf es effektiver Selbstregulation. Die Theorie des Regulatorischen Fokus (Higgins 1997) geht von zwei motivationalen Orientierungen aus, die bestimmen, welche Selbstregulationsstrategien Menschen bei ihrer Zielverfolgung präferieren. Während Personen mit Promotion-Orientierung von einem Wachstumsmotiv angetrieben sind und ihren Fokus primär auf das Erreichen positiver Ergebnisse richten, liegt Personen mit Prevention- Orientierung ein Sicherheitsmotiv zu Grunde, welches ihren Fokus auf das Abwenden negativer Ergebnisse lenkt. Welche Konsequenzen ergeben sich aus diesen unterschiedlichen motivationalen Orientierungen für die Gestaltung von Coachingprozessen?Wie sollten Coachingprozesse gestaltet sein, um auf die individuelle Orientierung nach Wachstum oder Sicherheit eingehen zu können? In diesem Beitrag versuchen wir, Antworten darauf zu geben, wie im Coachingsetting Situationen regulatorischer Passung (Higgins 2005) geschaffen werden können, die den Coachees ein Gefühl motivationaler Kongruenz vermitteln und diesen dadurch ermöglichen, intrinsisch motiviert ihr Ziel zu verfolgen und in Folge selbstwirksam wachsen zu können.
Article
The reward positivity (RewP) and the stimulus preceding negativity (SPN), two ERPs associated with reward delivery and reward anticipation, are modulated by motivational intensity. Motivational intensity is the effort organisms would make to exert behaviors, and it varies with the difficulty of exerting that behavior. If a task is perceived as impossible, which means that one does not have control over own outcomes, motivational intensity is low. In the current study, we tested the prediction that perceiving control over one's outcomes increases both the RewP to feedback and the SPN prior to feedback compared to perceiving no control. We also examined whether P300 and LPP amplitudes to reward and nonreward images were similarly modulated. Twenty-five female participants completed a gambling task in which correct choices were followed by pictures of attractive men and incorrect choices were followed by pictures of rocks. To manipulate perceived control, participants were told that, in one block of trials, they could learn a mouse-click rule in order to see only pictures of men (high perceived control condition), while in the other block, the pictures would appear randomly (low perceived control condition). However, in both conditions, feedback appeared randomly. Although the RewP was elicited in both blocks, the RewP and SPN were higher in the high perceived control condition (i.e., when participants thought that they could influence their outcomes). Perceived control did not modulate the P300 and LPP to pictures. The results suggest that approach motivation and its intensity modulate the processing of performance feedback.
Article
The question of how affect arises and what affect indicates is examined from a feedback-based viewpoint on self-regulation. Using the analogy of action control as the attempt to diminish distance to a goal, a second feedback system is postulated that senses and regulates the rate at which the action-guiding system is functioning. This second system is seen as responsible for affect. Implications of these assertions and issues that arise from them are addressed in the remainder of the article. Several issues relate to the emotion model itself; others concern the relation between negative emotion and disengagement from goals. Relations to 3 other emotion theories are also addressed. The authors conclude that this view on affect is a useful supplement to other theories and that the concept of emotion is easily assimilated to feedback models of self-regulation.
Article
Gray (1981, 1982) holds that 2 general motivational systems underlie behavior and affect: a behavioral inhibition system (BIS) and a behavioral activation system (BAS). Self-report scales to assess dispositional BIS and BAS sensitivities were created. Scale development (Study 1) and convergent and discriminant validity in the form of correlations with alternative measures are reported (Study 2). In Study 3, a situation in which Ss anticipated a punishment was created. Controlling for initial nervousness, Ss high in BIS sensitivity (assessed earlier) were more nervous than those low. In Study 4, a situation in which Ss anticipated a reward was created. Controlling for initial happiness, Ss high in BAS sensitivity (Reward Responsiveness and Drive scales) were happier than those low. In each case the new scales predicted better than an alternative measure. Discussion is focused on conceptual implications.