ChapterPDF Available

Politische Bildung an Wiener Berufsschulen: Demokratische und autoritäre Potentiale von Lehrlingen

Authors:
  • University College of Teacher Education Vienna
Manuskript in Vorbereitung: Bitte nicht ohne vorherige
Zustimmung der Autoren zitieren.
Politische Bildung an Wiener Berufsschulen:
Demokratische und autoritäre Potentiale von Lehrlingen
Georg Lauß, Stefan Schmid-Heher
Wien, Februar 2017
2
1. Einleitung
Am Ende des Kalten Krieges schien es einigen Kommentatoren, als wäre die Menschheit am
„Ende der Geschichte“, zumindest aber an einem Endpunkt der ideengeschichtlichen Evolu-
tion angekommen. Fukuyama bezeichnete die liberale Demokratie als „final form of human
government.“
1
Ihr Siegeszug schien unaufhaltsam bzw. geradezu unvermeidlich. Anscheinend
ist die Geschichte nun aber wieder in Bewegung geraten. Diamond spricht von einem „de-
mocratic roll back“ und diagnostiziert einen massiven Vertrauensschwund in demokratische
Prozeduren und eine generelle Erosion demokratischer Prinzipien weltweit.
2
Modelle der au-
toritären Demokratie, in denen Parlamente tagen und Wahlen in Mehrparteiensystemen ab-
halten werden, die jedoch immer mehr auf eine Führungsfigur an der Spitze zugeschnitten
sind und teilweise auch nicht vor der Einschüchterung politischer GegnerInnen zurückschre-
cken, präsentieren sich für viele wieder als reale Systemalternativen.
3
Colin Crouch populari-
sierte unter dem Begriff der „Postdemokratie“, dass demokratische Prinzipien auch in etab-
lierten Demokratien westlichen Zuschnitts zunehmend zur Fassade werden. Die Responsivität
demokratischer Systeme weicht immer mehr einem an den Bedürfnissen von wirtschaftlichen
Eliten ausgerichteten „Management von Sachzwängen“, wodurch deren Legitimität immer
weiter abnimmt.
4
Demokratie ist von etwas „nicht Selbstverständlichem“ zu etwas „Selbstver-
ständlichem“ und schließlich zu etwas „nicht mehr Selbstverständlichem“ geworden.
5
Aus
Sicht einer kritischen und praxisnahen Politischen Bildung stellt sich somit zunehmend die
Frage, inwieweit autoritäre Tendenzen und demokratiefeindliche Einstellungsmuster in unter-
schiedlichen gesellschaftlichen Milieus auf dem Vormarsch sind.
Autoritäre Potentiale gibt es zweifelsfrei in allen Bildungsschichten und gesellschaftlichen Mi-
lieus. Der Bildungsweg ist allerdings für die Herausbildung politischer Einstellungsdispositio-
nen von großer Bedeutung. Er beeinflusst sowohl generelles politisches Interesse
6
als auch
1
Fukuyama 1989, 3
2
Diamond 2008
3
Krastev 2011, 7-11
4
Crouch 2011
5
Nolte 2011, 5
6
Heinzlmeier und Ikrath 2012, 55
3
das Wahlverhalten.
7
Wie ausgeprägt ist aber nun der grundsätzliche Rückhalt für das demo-
kratische System unter Lehrlingen? Oder anders formuliert: Wie groß ist die Gefahr der Hin-
wendung zu autoritären politischen Angeboten? Mit dieser Fragestellung steht die hier vor-
gestellte Studie in der Tradition empirischer Forschungsarbeiten der Frankfurter Schule rund
um Theodor W. Adorno und ihrer Studie zur „Authoritarian Personality“.
8
Das Erkenntnisinte-
resse richtet sich nicht in erster Linie auf das politische Verständnis von Kindern und Jugend-
lichen
9
oder das in kognitiver Sicht erreichte Wissens- bzw. Kompetenzniveau
10
, sondern auf
demokratierelevante Werthaltungen und Einstellungsmuster von Jugendlichen bzw. jungen
Erwachsenen in der Lehrlingsausbildung.
Mit Hilfe von Daten einer repräsentativen, quantitativen Erhebung wird in diesem Beitrag der
Frage nachgegangen, wie stark autoritäre Potentiale bzw. demokratische Werte unter Wiener
BerufsschülerInnen ausgeprägt bzw. verankert sind. Darüber hinaus wollten wir wissen, wie
Politische Bildung an Wiener Berufsschulen wahrgenommen wird. Ziel dieser Studie ist es, aus
der Analyse vorgefundener Einstellungsmuster Handlungsempfehlungen für die Didaktik der
Politischen Bildung abzuleiten. Wie auch schon Adornos ursprüngliche Studie zum autoritären
Charakter verortet sich die vorliegende Untersuchung an der Schnittstelle von empirischer
Sozialwissenschaft und politischer Bildung bzw. Demokratieerziehung.
Um Studiendesign und Erhebungskontext einordnen zu können, folgt zunächst eine kurze Dar-
stellung der Berufsschulen im österreichischen Bildungswesen und der Bedeutung der Politi-
schen Bildung. Danach erläutern wir die dem methodischen Vorgehen zu Grunde liegenden
theoretischen Basisannahmen und das Konzept des autoritären Charakters. Nach Erläuterun-
gen zu Studien- und Fragebogendesign sowie der Vorgehensweise bei der Datenerhebung
werden Einstellungsmuster der befragten Gruppe beschrieben und teilweise im Kontext von
7
So votierten bei der später vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenen Stichwahl zum Bundespräsidenten im
Mai 2016 67 % der ÖsterreicherInnen mit einer Lehre als höchste abgeschlossene Ausbildung für den FPÖ-Kan-
didaten Norbert Hofer. Menschen mit Pflichtschulabschluss wählten demgegenüber nur zu 55 % Hofer. 81 %
der WählerInnen mit Universitätsabschluss und 73 % der MaturantInnen stimmten für Alexander van der Bel-
len. (ORF/SORA/ISA 2016)
8
Adorno, Frenkel-Brunswick, et al. 1950.
9
Kalcsics und Raths 2013
10
Schulz 2010
4
vergleichbaren Studien interpretiert. Zum Abschluss diskutieren wir die Ergebnisse im Hinblick
auf ihre Relevanz für den Unterricht von Politischer Bildung an Berufsschulen.
2. Politische Bildung an österreichischen Berufsschulen
Auf der Grundlage des 1978 erlassenen und 2015 in aktualisierter Form neu verlautbarten
Grundsatzerlasses „Politische Bildung in den Schulen“ ist Politische Bildung an allen österrei-
chischen Schulen ein alle Gegenstände betreffendes Unterrichtsprinzip. Als spezifisches Schul-
fach ist „Politische Bildung“ im österreichischen Schulsystem nur eingeschränkt verwirklicht.
Pelinka bezeichnet das Fehlen eines spezifischen Faches als „das Grunddilemma Politischer
Bildung in Österreich“.
11
Durch die Verankerung von Politischer Bildung als Teil von Geschichte
und Sozialkunde in Form von Pflichtmodulen ab der 6. Schulstufe im Herbst 2016 wurde aller-
dings ein Beitrag zur Stärkung der fachspezifischen Aspekte von Politischer Bildung in der Se-
kundarstufe I geleistet.
Eine Sonderstellung im Bereich der Politischen Bildung nehmen im österreichischen Schulwe-
sen Berufsschulen ein. Hier wurde Politische Bildung bereits 1976 anstelle des Fachs Staats-
bürgerkunde eingeführt. Für Lehrlinge aller Lehrberufe ist Politische Bildung ein Pflichtfach.
Die Anomalie im Schulwesen ist demnach für die relative Mehrheit der 15-Jährigen nach Be-
endigung ihrer Schulpflicht die Regel. Österreichweit setzen 38 % (in Wien 33 %) der 15-Jähri-
gen ihren Bildungsweg mit einer Berufsausbildung im dualen System fort.
1213
Lehrlinge ver-
bringen ca. 20 % ihrer Ausbildungszeit in der Berufsschule. Von dieser Schulzeit sind ca. 7 %
der Unterrichtszeit für das Fach „Politische Bildung“ reserviert. Das ist immerhin doppelt so
viel wie im Regelfall für den Pflichtgegenstand „Deutsch und Kommunikation“ zur Verfügung
steht. Mit 2016 wurde ein neuer, nach den Kriterien der Kompetenzorientierung gestalteter,
Lehrplan verlautbart. Dieser ist in die Kompetenzbereiche Lernen und Arbeiten, Leben in der
Gesellschaft und Mitgestalten in der Gesellschaft gegliedert und bietet damit eine Vielzahl von
Anknüpfungspunkten an die Lebenswelten der BerufsschülerInnen.
11
Pelinka 2016, 160
12
Statistik Austria 2016
13
WKO 2016
5
3. Theoretische Grundlagen der Studie: Autoritarismus und Politische Bil-
dung
Mit Bundschuh
14
begreifen die Autoren dieses Beitrags die Autoritarismusprävention als Auf-
gabe Politischer Bildung, die sich der Demokratie als „wünschenswerte politische Ordnung“
15
verpflichtet sieht. Im Mittelpunkt des Interesses der erstmals im US-amerikanischen Exil ent-
standenen und für die weitere Forschung wegweisenden Studie zum autoritären Charakter,
stand das „potentiell faschistische Individuum, […] dessen Struktur es besonders empfänglich
für antidemokratische Propaganda macht“.
16
Grundlegend für Autoritarismus ist nicht gegen
die demokratische Ordnung gerichteter Extremismus, sondern die diskriminierende Unter-
scheidung in eine stets aufgewertete Eigengruppe und eine durch abwertende Zuschreibun-
gen definierte Fremdgruppe.
17
Personen und Gruppen, die gesellschaftlich etablierten Nor-
men widersprechen, werden zu Zielen von Aggression. Sozialer Konformität wird ein hoher
Wert beigemessen.
18
Autoritäre Persönlichkeiten zeichnen sich weiters durch Zukunftsangst
und Orientierungslosigkeit aus. Diese wird in der Theorie durch Festhalten an traditionellen
Konventionen, rigiden Vorgaben sowie Stereotypisierungen kompensiert. Die Einschränkung
von politischen Rechten und scheinen in dieser Gruppe ebenso auf höhere Zustimmungsraten
zu stoßen. Bei Feldman besteht der grundlegende Konflikt zwischen den Werten sozialer An-
passung und persönlicher Autonomie, der von autoritären Charakteren nur schwer bis gar
nicht gelöst werden kann.
19
Mit Adorno ist autoritären Denkmustern einzig Mündigkeit ent-
gegenzusetzen, „die darin besteht […], daß die Erziehung eine Erziehung zum Widerspruch
und zum Widerstand ist“.
20
„Demokratie beruht auf der Willensbildung eines jeden Einzelnen“ und setzt „die Fähigkeit
und [den] Mut jedes Einzelnen, sich seines Verstandes zu bedienen“
21
voraus. Auch in aktuel-
len didaktischen Konzeptionen herrscht Einigkeit über „die Befähigung zum selbständigen
Handeln und zur politischen Mündigkeit“
22
als Ziel der Kompetenzentwicklung. Wesentliche
14
Bundschuh 2014, 341
15
Sander 2005, 28
16
Adorno 2013, 1
17
Bundschuh 2014, 342
18
Altemeyer 1996
19
Feldman 2000 & Feldman 2003
20
Adorno 2013, 145
21
Adorno 2013, 133
22
Detjen, et al. 2012, 8
6
Auffassungsunterschiede bestehen allerdings über die Konzeptionen von schulischer Politi-
scher Bildung im Hinblick auf dieses Ziel. Für Detjen, Massing, Richter und Weißeno erscheint
das Postulat der Mündigkeit als „nicht exakt definierbar“ und als „bildungstheoretische An-
nahme […] zu allgemein und unscharf“.
23
Weißeno sieht Politikkompetenz „an spezifische Kon-
texte mit Fachinhalten gebunden“
24
Im Mittelpunkt steht der fachlich richtige Umgang mit
Basiskonzepten in zunehmend komplexeren Zusammenhängen als Grundlage der Partizipati-
onsfähigkeit. Vorausgesetzt wird, dass die Partizipationswilligkeit nicht im Unterricht vermit-
telt werden kann, ohne „die Schülerinnen und Schüler [zu] präformieren und ihre Entschei-
dungsfreiheit diesbezüglich in unzulässigerweise einzuschränken“.
25
Sander kritisiert die Aus-
klammerung „sämtliche[r] Kompetenzen, die nicht auf Wissen bezogen sind“
26
, aber betont
an anderer Stelle die Wichtigkeit „fachliche[r] Leistungen unabhängig von persönlichen politi-
schen Überzeugungen der Lehrenden und Lernenden“, um das „hartnäckige Vorurteil, bei der
Politischen Bildung handele es sich um ein bloßes Meinungs-, Gesinnungs- oder gar Indoktri-
nationsfach“ zu widerlegen.
27
Der vorliegende Beitrag befasst sich mit Einstellungen von SchülerInnen und bezieht sich da-
bei auf ein Verständnis von Politischer Bildung, das Partei für die Demokratie ergreift.
28
Die
Auseinandersetzung mit Lernbedingungen von Jugendlichen und ihrer Perspektive auf Demo-
kratie ist „Kern der pädagogischen Professionalität der politischen Bildung“ und damit „eine
zentrale Aufgabe der Politikdidaktik“.
29
Anknüpfungspunkte hierfür finden sich bei der soge-
nannten kritischen Politischen Bildung, die sich „der Emanzipationsidee und [dem] Demokra-
tisierungspostulat“
30
verpflichtet sieht. Auch Vertreter des Ansatzes der „Demokratiepädago-
gik“ betrachten „affektiv-moralische“ und „emotional-sensitive“ Einstellungen, als Kompeten-
zen bzw. Standards die für das Mitwirken in demokratischen Gesellschaften zentral sind.
31
23
Detjen, et al. 2012, 9
24
Weißeno 2008, 12
25
Weißeno, Detjen, et al. 2010, 27
26
Sander 2011, 18
27
Sander 2009
28
Reheis 2014, 3
29
Winckler 2017, 77-78
30
Hufer 2011, 13
31
Himmelmann 2011, 49-56
7
In der Debatte um die Ausrichtung und das Selbstverständnis von Politischer Bildung an der
Schule kristallisieren sich zwei einander entgegenstehende Positionen heraus:
32
Ein „funktio-
nalistischer Theorieansatz“, dessen Ziel es ist, „dass die SchülerInnen eine Ihnen zugedachte
Rolle übernehmen“. Achs spricht von einem „Harmoniemodell“, das einem „konfliktorientie-
ren Theorie-Ansatz“ gegenübersteht, für den die Selbstbestimmung im Mittelpunkt steht. So-
wohl der Grundsatzerlass 2015 zum Unterrichtsprinzip Politische Bildung als auch das öster-
reichische Kompetenz-Strukturmodell für Politische Bildung nehmen Abstand von einer Ver-
engung von Politischer Bildung auf ein reines Wissensfach. Politische Bildung wird als „ein ak-
tiver Beitrag zur Gestaltung der Gesellschaft und Verwirklichung der Demokratie“ verstanden
und der „Bereitschaft, am politischen Leben teilzunehmen“ wird ein hoher Stellenwert einge-
räumt. „[D]emokratischen Prinzipien“ und Grundwerte „wie Frieden, Freiheit, Gleichheit, Ge-
rechtigkeit und Solidarität“ werden als grundlegend angeführt.
33
Die aktive Auseinanderset-
zung mit und die Vermittlung von demokratischen Werten ist daher eine essentielle Aufgabe
schulischer Politischer Bildung, die sich auf Basis einer vorrangig kognitiv definierten Politik-
kompetenz nicht zufriedenstellend bewerkstelligen lässt.
4. Einstellungen zu Politik, Demokratie und Politischer Bildung unter jun-
gen ÖsterreicherInnen
Auf den ersten Blick spielt Politik im Leben junger ÖstereicherInnen zwischen 16 und 24 eine
überaus untergeordnete Rolle. Nur 4 % der im Jahr 2006 Befragten zählten Politik zu einem
ihrer „sehr wichtigen Lebensbereiche“. Sogar Religion war immerhin für 11 % ein wichtiger
Stützpfeiler ihres Lebens. An der Spitze mit teilweise weit über 60 % Zustimmung rangieren
„FreundInnen“, „Familie“, „Freizeit“ und „Arbeit“.
34
Laut Kromer interessieren sich nur 4 %
der Befragten „sehr“ und weitere 29 % „etwas“ für Politik. Fast zwei Drittel der Österreiche-
rInnen hatten kaum oder gar kein Interesse an Politik.
35
Nicht einmal einer von drei SchülerIn-
nen über 15 Jahren sprechen im Freundeskreis über Politik.
36
32
Achs 2016, 155
33
BMBF 2015, 1-2
34
Kromer 2011, 185
35
Kromer 2011, 189
36
Großegger 2007
8
In einer Studie von Filzmaier und Klepp äußerten allerdings sogar 69 % der Jugendlichen zu-
mindest ein wenig Interesse an Politik.
37
Auch Daten der aktuellen Jugendwertestudie geben
Politischen BildnerInnen mehr Anlass zu Optimismus. 16 % der jungen ÖsterreicherInnen ga-
ben hier an sich „sehr“ für Politik zu interessieren und immerhin noch 38 % „ziemlich“. 27 %
interessieren sich „kaum“ für Politik und 16 % „überhaupt nicht“. Männer sind häufiger „sehr
interessiert“ als Frauen (22 % gegenüber 11 %) und ältere mehr als jüngere Jugendliche. Ins-
gesamt liegt das politische Interesse der jungen ÖsterreicherInnen auf dem Niveau der Ge-
samtbevölkerung. Im Vergleich zu 1990 lässt sich laut Jugendwertestudie ein deutlicher An-
stieg des politischen Interesses feststellen. Sowohl der Bildungsweg der Befragten als auch
der Bildungsgrad der Eltern wirken sich stark auf das politische Interesse von Jugendlichen
aus.
38
In Deutschland bezeichnen sich demgegenüber 41 % der deutschen Jugendlichen als
politisch interessiert. Der Trend ist wieder steigend, nachdem der Anteil politisch interessier-
ter Jugendliche von 57 % (1991) auf 30 % im Jahr 2002 gefallen war.
39
Das Interesse der Ju-
gendlichen ist ein überaus starker Prädiktor für ihr Informationsverhalten. 74 % der an Politik
Interessierten informieren sich aktiv über das politische Geschehen. Die tendenziell desinte-
ressierte Gruppe tut dies nur zu 10 %.
40
Das Funktionieren der Demokratie in Österreich bewerten 2007 noch 69 % der Jugendlichen
zwischen 15 und 24 positiv.
41
Allerdings ist politische Beteiligung für Österreichs Jugendliche
nicht selbstverständlich. Nur zwischen 25 und 30 % sind bereit durch demonstrieren, Unter-
schriften sammeln oder streiken politisch aktiv zu werden.
42
Ein Grund für die geringe Partizi-
pationsbereitschaft dürfte nicht zuletzt darin zu suchen sein, dass vor allem bildungsfernere
Jugendliche kaum noch dazu in der Lage sind, sich positive politische Idealvorstellung zu ma-
chen. Ihre Kritik erschöpft sich hauptsächlich am Abarbeiten am Feindbild der politisch tätigen
Personen.
43
37
Filzmaier und Klepp 2009, 322
38
Heinzlmeier und Ikrath 2012, 55
39
Shell 2015, 20-21
40
Shell 2015, 21
41
Filzmaier und Klepp 2009, 322
42
Filzmaier und Klepp 2009, 346
43
Heinzlmeier und Ikrath 2012, 65
9
Zustimmung zu autoritären Gesellschaftsentwürfen ist unter Jugendlichen etwas geringer als
bei Älteren. Allerdings waren auch in der Gruppe der 15-24-Jährigen mehr als die Hälfte der
Befragten für mehr „law and order“ Politik.
44
Auch die liberalere Einstellung in Zuwanderungs-
fragen kann nicht mehr als empirisch gesichert gelten. Nach Filzmaier und Klepp vertreten
Jugendliche zwar eher sozial- als wirtschaftsliberale Standpunkte. Beim Thema Migration ant-
worteten junge Menschen allerdings restriktiver als frühere Generationen.
45
Für 83 % der Jugendlichen ist der bevorzugte Ort für Politische Bildung ist die Schule bzw. eine
Universität.
46
Unter Politische Bildung verstehen allerdings 88 % der SchülerInnen und 78 %
der LehrerInnen hauptsächlich Institutionenlehre. Gleichzeitig interessieren sich SchülerInnen
gerade für diesen parteipolitisch dominierten Bereich besonders selten. Sie sind sogar davon
überzeugt, dass er nahezu keinen Einfluss auf ihre persönliches Leben hat.
47
5. Methode
Bei der vorliegenden Studie handelt es sich um eine Repräsentativbefragung auf der Basis
standardisierter Fragebögen. Der Fragebogen besteht aus drei Teilen mit insgesamt 37 Items,
wobei sich im Teil (A) 17 Items mit politischen Einstellungen und 6 Items mit der politischen
Aktivität, im Teil (B) acht Items mit der Wahrnehmung von Politischer Bildung und im Teil (C)
sechs Items mit demographischen Angaben zur Person befassen. Die Abfrage politischer Ein-
stellungsmerkmalen baut in Grundzügen auf den Merkmalen der autoritären Persönlichkeit
nach Adorno auf und gliedert sich in Konstrukte zu Politischem Autoritarismus, Autoritaris-
mus, Anomie und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit. Einzelne Konstrukte sind in Di-
mensionen unterteilt, denen jeweils ein bis drei Items zugeordnet sind. Das Konstrukt Autori-
tarismus umfasst die Dimensionen Unterwerfung und Aggression. Anomie gliedert sich in Ori-
entierungslosigkeit, politische Machtlosigkeit sowie Zukunftsperspektive. Gruppenbezogene
Menschenfeindlichkeit wird in Anlehnung an Heitmeyer in den Dimensionen Fremdenfeind-
lichkeit, Antisemitismus, Islamophobie sowie Sexismus erfasst.
48
44
IMAS international 2007
45
Filzmaier und Klepp 2009, 343
46
Filzmaier und Klepp 2009, 346
47
Filzmaier und Klepp 2009, 345-346
48
Heitmeyer 2015
10
Bei der Auswahl der Items wurde zu wesentlichen Teilen auf die Studien NS-Geschichtsbe-
wusstsein und autoritäre Einstellungen in Österreich
49
sowie auf die ländervergleichende Stu-
die Historical totalitarian experiences, authoritarian potential and democratic values in Aus-
tria, Poland, Hungary and the Czech Republic
50
zurückgegriffen. Ebenso wurde auf deutsche
und österreichische Jugendwertestudien Bezug genommen.
5152
Dadurch konnte gewährleistet
werden, dass im Wesentlichen erprobte Items zur Anwendung kamen und Vergleichswerte
für die Interpretation der Daten zur Verfügung stehen. Der Fragebogen besteht weitestge-
hend aus Likert-Skalen mit vier Antwortmöglichkeiten [stimme sehr zu … stimme gar nicht zu]
und der Möglichkeit „keine Antwort“. Die überwiegende Mehrzahl der Konstrukte und Dimen-
sionen besteht aus sowohl positiv als auch negativ formulierten Items. Dies ist vor allem im
Bereich der Autoritarismusforschung ein entscheidender Punkt. Denn wenn man annehmen
muss, dass autoritäre Charaktere Fragen tendenziell zustimmend beantworten, würde man
die Ergebnisse durch die Abfrage überwiegend autoritärer Aussagen noch akzentuieren.
Befragt wurden im Februar und März 2016 rund 700 Lehrlinge aus insgesamt 25 verschieden
Lehrberufen an 10 Wiener Berufsschulen. Bei der Zusammenstellung des Samples wurde da-
rauf geachtet, dass aus Lehrberufen mit vielen Lehrlingen auch verhältnismäßig viele Berufs-
schülerInnen befragt werden und zugleich eine breite Streuung über verschiedenste Branchen
erreicht werden kann. Aus rechtlichen Gründen waren alle TeilnehmerInnen mindestens 18
Jahre alt. Für die Auswertung wurden nur die Antworten jener 636 SchülerInnen herangezo-
gen, die bis zur letzten Frage an der Umfrage teilnahmen. Eine Genehmigung des Stadtschul-
rates für Wien sowie die Zusammenarbeit mit den Direktionen und LehrerInnen der ausge-
wählten Schulen ermöglichte die Befragung während der Unterrichtszeit, wobei dafür nach
Möglichkeit eine Stunde aus Politischer Bildung verwendet wurde. Zur Datenerhebung kam
die Online-Umfrage-Applikation Limesurvey zum Einsatz, die zumeist über die Smartphones
der SchülerInnen aufgerufen wurde. Die Verbreitung von Smartphones mit Internetzugang
war nahezu lückenlos, sodass nur in Einzelfällen Geräte für die Dauer der Umfrage verliehen
oder WLAN Hot Spots erstellt werden mussten. Durch die entsprechende Programmierung
49
Rathkolb, Zandonella und Ogris 2014
50
Rathkolb und Ogris 2008
51
Shell 2015
52
Heinzlmeier und Ikrath 2012
11
konnte eine leichte Bedienung gewährleistet werden und es traten kaum technische Schwie-
rigkeiten auf. In einigen Fällen war es auch möglich, EDV-Räume der Schulen zu benutzen.
Diese Erhebungsmethode wirkte sich positiv auf das Interesse der Befragten aus und gewähr-
leistete zudem eine besonders hohe Anonymität, weil die Bildschirme der Smartphones im
Vergleich zu kopierten Fragebögen kaum einsehbar sind und die Abgabe nicht persönlich er-
folgen kann. Durch eigene Zugangsschlüssel mit zeitlich eingeschränkter Gültigkeit für jede
befragte Klasse konnte sichergestellt werden, dass die Beantwortung nur von den befragten
SchülerInnen während der Anwesenheit des Interviewers erfolgte. Die Reihenfolge der Fragen
innerhalb der genannten Teile des Fragebogens wurde durch Zufall bestimmt um Reihungsef-
fekte auszuschließen. Nach Abschluss der Erhebungsphase wurde der Datensatz mittels SPSS
statistisch ausgewertet.
Die Beantwortung der Fragen selbst nahm durchschnittlich rund zehn Minuten in Anspruch.
Diese relativ kurze Dauer gewährleistete eine hohe Konzentration und Ruhe bei der Beant-
wortung der Fragen. Der eigentlichen Umfrage voraus gingen allgemeine Informationen über
die Ziele und Hintergründe der Studie sowie technische Informationen zur Beantwortung der
Fragen. Zur Vermeidung von Unterbrechungen durch Verständnisfragen oder sonstige Anmer-
kungen wurde auch vorab darauf hingewiesen, dass nach Abschluss der Befragung gerne über
die Umfrage diskutiert werden kann und die Option „keine Antwort“ aus unterschiedlichsten
Gründen bei nahezu allen Items zur Verfügung steht. Da mit dem Stadtschulrat für Wien ver-
einbart worden war, dass die Teilnahme an der Umfrage in der Unterrichtszeit auch einen
unmittelbaren Nutzen für die SchülerInnen mit sich bringen muss, wurde nicht nur entspre-
chend dem Interesse der Befragten auf einzelne Items eingegangen, sondern abschließend
auch die Vorgangsweise bei quantitativen Erhebungen und der Auswertung der Daten grund-
legend problematisiert. Eine zu diesem Zweck erstellte Arbeitsunterlage überbrückte auch die
Zeit zwischen dem Fertigwerden der ersten und der letzten SchülerInnen in den Klassen, so-
dass ein Austausch über die Fragen nicht während der Befragung selbst stattfand. Sowohl die
Einführung zur Umfrage als auch die technischen Instruktionen und die Beaufsichtigung wäh-
rend der Fragebeantwortung wurden von einem der Studienautoren selbst durchgeführt,
während die LehrerInnen in dieser Zeit eine passive Rolle einnahmen.
12
6. Ergebnisse
6.1. Politischer Autoritarismus
Konstrukt Nr. Item Po-
lung
[++]
[+] [-] [--]
Politischer
Autorita-
ris-mus
A.1.1.
Die Demokratie ist die beste Regierungs-
form, auch wenn sie Probleme mit sich brin-
gen mag.
pos.
27 41 18 6
A.1.2.
An der Spitze eines Staates sollte eine
starke Persönlichkeit stehen, die sich nicht
um ein Parlament und Wahlen kümmern
muss.
neg.
20 27 24 16
A.1.3.
ExpertInnen und nicht die Regierung sollten
entscheiden was das Beste für das Land ist.
neg.
19 34 26 10
A.1.4.
Ein Demonstrationsverbot auf der Ring-
straße halte ich für gerechtfertigt. neg.
20 21 20 18
Tabelle 1
Eine Demokratie, der die DemokratInnenen abhandenkommen, kann auf lange Sicht nicht
funktionieren. Politische Bildung muss einen wesentlichen Beitrag zu Bestand und Weiterent-
wicklung der Demokratie als Regierungsform leisten.
53
Wir wollten wissen wie weit verbreitet
die prinzipielle Zustimmung zu demokratischen Regierungssystemen ist. Mit 68 % spricht sich
eine überwiegende Mehrheit der Befragten sehr oder eher für die Demokratie als beste Re-
gierungsform aus, wobei mit 41 % der deutlich größere Teil nur eher zustimmt. Es ist bemer-
kenswert, dass trotz des relativierenden Nebensatzes immerhin rund ein Viertel der Befragten
(24 %) die Demokratie „eher“ oder „stark“ ablehnt. Weibliche Befragte geben doppelt so oft
wie männliche Befragte keine Antwort auf diese Frage. Abgesehen davon unterscheidet sich
das Antwortverhalten zwischen den Geschlechtern kaum.
Im Vergleich zu ähnlichen Untersuchungen sind die Zustimmungswerte bei dieser Frage ge-
ring. Laut österreichischer Jugendwertestudie halten 87 % der Befragten die repräsentative
53
BMBF 2015
13
Demokratie für ein „sehr gutes“ oder eher gutes“ Regierungssystem. […] Ähnliche Ergebnisse
liefern auch eine repräsentative österreichische Untersuchung und die neueste Shell Jugend-
studie, wo sich jeweils 85 % zur Demokratie als Regierungsform bekennen.
5455
In seinem Standardwerk „Die offene Gesellschaft und ihre Feinde“ bezeichnet Popper die De-
mokratie deshalb als beste Regierungsform, weil sie es ermöglicht sich der Herrschenden ohne
Blutvergießen zu entledigen.
56
Die Möglichkeit die Regierung gewaltfrei abzuwählen, ist dem-
nach wesentlicher Bestandteil moderner Demokratien.
Mit 47 % der Befragten unterstützt die Mehrheit jener, die diese Frage beantwortet haben,
den Vorschlag eines Staatsoberhauptes das unabhängig von zentralen demokratischen Insti-
tutionen wie Wahlen und Parlament regieren kann. Lediglich eine von sechs Personen (16 %)
lehnt ein solches autoritäres System vehement ab.
Österreichweit fanden 2011 28 % der Jugendlichen einen starken Mann der sich nicht um Par-
lament und Wahlen kümmern muss tendenziell gut. (…) Die Jugendwertestudie verzeichnet
hier einen deutlichen Anstieg seit 2000 (21 %). Besonders männliche (34 %) sowie jüngere (14-
19 Jahre) Jugendliche (38 %) fanden das Bild des „starken Mannes“ besonders attraktiv.
57
Nachdem Filzmaier und Klepp 2007 bei 14-24-jährigen Jugendlichen lediglich tendenzielle Zu-
stimmungsraten von 19 % gefunden haben,
58
scheint der beachtliche Anstieg erst nach der
Finanz- und Wirtschaftskrise eingetreten zu sein.
Für relevante Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Lehrlingen fanden wir aller-
dings wenig Evidenz. Weibliche Befragte tendierten in ihrem Antwortverhalten etwas mehr in
die Mitte und enthielten sich doppelt so häufig der Antwort. In der tendenziellen Verteilung
gab es aber keine signifikanten Abweichungen.
54
Rathkolb, Zandonella und Ogris 2014
55
Shell 2015
56
Popper 1973
57
Heinzlmeier und Ikrath 2012, 64. Nachdem die im Jahr 2000 befragte Gruppe der 16-18-Jährigen im Erhe-
bungszeitraum 2011 die Gruppe der 27-29-Jährigen bilden und diese Gruppe keine Veränderung der Einstel-
lungswerte zeigt, dürfte der Anstieg nicht auf einen Lebensphaseneffekt zurückgeführt werden können. Es ist
wahrscheinlich, dass die heranwachsende Kohorte der 14-19-Jährigen sozialisationsbedingt deutlich politisch
autoritärer eingestellt ist als vorangegangene Generationen.
58
Filzmaier und Klepp 2009, 344
14
Dass die Demokratie als Regierungsform nicht mehr selbstverständlich ist, zeigt auch das Ant-
wortverhalten der letzten beiden Items. Einer Herrschaft durch ExpertInnen können deutlich
mehr als die Hälfte der Lehrlinge etwas abgewinnen. Die immer wieder tradierte Gegenüber-
stellung von Politik und Sachlösungen scheint sich hier niederzuschlagen. Auch ein Demonst-
rationsverbot an neuralgischen Plätzen befürworten die Hälfte der sich äußernden Jugendli-
chen.
6.2. Autoritarismus
Konstrukt Nr. Item Po-
lung
[++]
[+] [-] [--]
Autorita-
ris-mus
A.2.1.
Es braucht Leute, die Neues ausprobieren,
auch wenn sie dabei Regeln verletzen pos.
22 33 26 11
A.2.2.
Disziplin und Gehorsam müssen in unserer
Gesellschaft wichtiger werden. neg.
41 24 15 5
A.2.3.
Um Recht und Ordnung zu bewahren, sollte
man härter gegen UnruhestifterInnen vor-
gehen.
neg.
36 35 15 6
A.2.4.
Anstatt hart zu strafen, sollte man manch-
mal Gnade walten lassen. neg.
8 18 30 33
Tabelle 2
Autoritaristische Haltungen zeichnen sich durch Bereitschaft zur Unterwerfung gegenüber
Stärkeren und allgemeinen Konventionen, sowie durch Aggression gegenüber Schwächeren
aus. Disziplin und Gehorsam gehören zu den zentralsten Tugenden in hierarchisch strukturier-
ten Industriegesellschaften.
59
In einer Studie von Rathkolb et al. gaben 40 % der 15-29-Jähri-
gen ÖsterreicherInnen an, dass die „Zeiten in denen Disziplin und Gehorsam zu den wichtigs-
ten Tugenden gehörten“ nicht vorbei sein sollten.
60
Die von uns befragten BerufsschülerInnen
sind zu 65 % der Meinung, dass Disziplin und Gehorsam wichtiger werden sollten. 41 % stim-
men sogar „sehr zu“. Weitverbreitete Orientierungslosigkeit (siehe nächster Abschnitt) dürfte
zu einem großen Bedürfnis nach Regelhaftigkeit im Zusammenleben führen. Dieses Bedürfnis
59
Foucault 1993
60
Rathkolb, Zandonella und Ogris 2014
15
führt sogar zu Forderung nach „Gehorsam“ und härteren Bestrafungen. So sind 71 % der Be-
fragten der Meinung, dass man härter gegen UnruhestifterInnen vorgehen sollte, um Recht
und Ordnung zu bewahren. Bei beiden Fragen teilen jeweils 20 % nicht diese Haltung, wobei
fast niemand (5 % bzw. 6 %) ihr vehement entgegentritt. Interessanterweise treten sogar we-
niger Frauen (18 %) als Männer (26 %) gegen eine härtere Behandlung von Unruhestiftern ein.
Auch bei der Gegenfrage, ob man manchmal anstatt hart zu strafen Gnade walten lassen
sollte, ergibt sich ein ähnliches Bild. 63 % sprechen können dem Prinzip „Gnade“ kaum etwas
abgewinnen. Lediglich 24 % treten zumindest tendenziell für Gnade anstatt harter Strafen ein.
Auch hier zeigt sich der schon oben beschriebene Unterschied zwischen den Geschlechtern.
Der Anteil der Frauen die nicht für Gnade eintreten ist um 12 % höher als bei den männlichen
Kollegen.
Eine deutliche Mehrheit der BerufsschülerInnen spricht sich also für mehr Disziplin, Ordnung
und härtere Strafen für Regelverletzungen aus. Waren in den Industriegesellschaften Regel-
haftigkeit und ihre strikte Kontrolle besonders wichtig für die Produktionsabläufe, stehen aber
Wissens- und Innovationsgesellschaften verstärkt unter dem Druck, Neues zu erfinden. Krea-
tivität und Experimentalität wird tendenziell wichtiger als Disziplin, wenn im Zentrum von Pro-
duktions- und Sozialisationsprozessen die Erzeugung von neuem Wissen steht.
61
Brauchen wir
also Leute, die Neues ausprobieren, auch wenn sie dabei Regeln verletzen? Interessanter-
weise stimmen 55 % auch dieser Aussage zu. Die Hälfte der Befragten antwortete tendenziell
inkohärent. Sie wollten also zum Beispiel, dass Disziplin und Gehorsam wichtiger werden, fan-
den aber gleichzeitig auch, dass es Leute braucht, die Regeln verletzen um etwas Neues aus-
zuprobieren. Und diese Inkohärenz bleibt nicht ohne Folgen. Denn der Wunsch nach einem
starken, von Parlament und Wahlen unabhängigen Mann an der Staatsspitze ist in dieser
Gruppe mit 57 % gegenüber 38 % bei der Vergleichsgruppe mit kohärenten Antworten über-
proportional groß.
62
Scheinbar sind vor allem BerufsschülerInnen, die Schwierigkeiten haben,
zwischen widersprüchlichen Anforderungen der Industrie- und der Innovationsgesellschaft
eine konsistente Haltung auszubilden, besonders anfällig für die Angebote autoritärer Regie-
rungsformen.
61
Stehr 2005
62
Ein Kruskal-Wallis-Test bestätigt, dass die Gruppe der „kohärent“ Antwortenden deutlich seltener Präferen-
zen für eine autoritäre Führerfigur äußert als die Gruppe der „inkohärent“ Antwortenden. Die mittleren Ränge
unterscheiden sich wie folgt: 280,94 bzw. 219,81. (Chi-Quadrat(2)=24.062, p=.000)
16
6.3. Anomie
Konstrukt Nr. Item Po-
lung
[++]
[+] [-] [--]
Anomie
A.3.1.
Alles ist heute so unsicher und wechselt so
schnell, dass man häufig nicht mehr weiß,
wonach man sich richten soll.
neg.
31 39 17 6
A.3.2.
Leute wie ich können politische Entschei-
dungen beeinflussen. pos.
10 28 31 24
A.3.3.
Meine Ausbildung bietet mir viele Chancen
für die Zukunft. pos.
45 37 12 6
Tabelle 3
Gesetzlosigkeit und Regellosigkeit, überhaupt das Gefühl von sozialer Unordnung und Instabi-
lität führen bei Individuen zu Angst und Unzufriedenheit.
63
Mertons Anomietheorie geht dar-
über hinaus davon aus, dass Anomie entsteht, wenn die Mittel zur Erlangung legitimer kultu-
reller Ziele wie Konsum und Statussymbole in einer Gesellschaft besonders ungleich verteilt
sind.
64
Orientierungslosigkeit, Machtlosigkeit und instabile Zukunftsaussichten sind Merkmale
der autoritären Persönlichkeit.
65
70 % der Lehrlinge geben an, nicht zu wissen, wonach sie sich richten sollen. Lediglich 23 %
haben zumindest teilweise das Gefühl, in Verhältnissen mit geordneten Orientierungsmustern
zu leben. Unter weiblichen Befragten stufen sich sogar 38 % als sehr verunsichert ein. Auch
wenn die Adoleszenz im Allgemeinen eine Phase der Identitätsfindung und Instabilität ist, ist
das Ausmaß der Orientierungslosigkeit hier unerwartet deutlich.
„Kaum eine andere Form von politischer Herrschaft braucht so sehr die reale Beteiligung ihrer
Bürger/innen wie die Demokratie.“
66
Die Legitimität eines demokratischen Systems hängt es-
63
Durkheim 1983, 290-296
64
Merton 2016
65
Rathkolb und Ogris 2008
66
Zeglovits und Schwarzer 2011, 271
17
sentiell davon ab, ob BürgerInnen das Gefühl haben gehört zu werden und Einflussmöglich-
keiten zu haben. Allerdings geht nur eine Minderheit von 38 % der Lehrlinge davon aus, dass
„Leute wie sie“ Einfluss auf politische Entscheidungen nehmen können.
Direkte Vergleichsdaten liegen für diese Frage nicht vor, da Rathkolb und Ogris in ihrer Studie
das Item mit lediglich drei Antwortmöglichkeiten hinterlegt haben. In dieser Systematik waren
42 % der Meinung, dass es für Leute wie sie möglich ist politische Entscheidungen zu beein-
flussen. 36 % glauben nicht an ihre politische Wirkmächtigkeit, während 21 % sich nicht sicher
waren.
67
Es sieht allerdings so aus als wären Lehrlinge bei der Einschätzung ihrer Mitgestal-
tungsmöglichkeiten noch etwas pessimistischer als die ÖsterreicherInnen generell.
Immerhin 67 % der jungen Erwachsenen in Berufsschulen sehen die Demokratie als Regie-
rungsform positiv. Das reale Funktionieren der demokratischen Gesellschaft bekommt aller-
dings ein weniger gutes Zeugnis ausgestellt, wenn mehr als die Hälfte der Befragten nicht das
Gefühl haben, dass Menschen wie sie einen Unterschied machen können. Unsere Daten deu-
ten hier in eine ähnliche Richtung wie die Shell Jugendstudie 2015 in Deutschland. Eine deut-
liche Mehrheit der Jugendlichen gibt an mit der Demokratie zufrieden zu sein. Gleichzeitig
stimmen 69 % der Aussage „Politiker kümmern sich nicht darum, was Leute wie ich denken“
zu.
68
Für die Politische Bildung an Berufsschulen ergibt sich daraus der klare Auftrag, das Auf-
zeigen von demokratischen Mitbestimmungsmöglichkeiten noch stärker ins Zentrum der Be-
mühungen zu rücken.
Obwohl Orientierungslosigkeit und das Gefühl politischer Machtlosigkeit weit verbreitet sind
blicken die Wiener Lehrlinge persönlich optimistisch in ihre Zukunft. 82 % sind der Meinung,
dass ihre Ausbildung ihnen gute Chancen für die Zukunft bietet. 45 % stimmen sogar sehr stark
zu. Lediglich 18 % sind für sich selbst weniger optimistisch. Die Antworten von männlichen
und weiblichen Lehrlingen unterscheiden sich kaum. Zu ähnlichen Ergebnissen kommen auch
die Autoren des „1. Österreichischer Lehrlingsmonitor“
69
. Das Bild der ökonomisch abgehäng-
ten, bildungsfernen Jugendlichen, die Angst um ihre Zukunft haben und deshalb autoritären
67
Rathkolb und Ogris 2008
68
Shell 2015, 23
69
Lachmayr und Mayerl 2015, 41
18
Verlockungen erliegen, spiegelt eher das Selbstverständnis der akademischen Eliten wider als
das Selbstverständnis der BerufsschülerInnen. Aus der österreichischen Jugendwertestudie
und der Shell Jugend Studie wissen wir allerdings, dass ein optimistischer Blick in die Zukunft
oft mit einem gesellschaftlichen Zukunftspessimismus einhergeht. Während über 60 % der
Jugendlichen positiv in die eigene Zukunft sehen, wird in Österreich die gesellschaftliche Ent-
wicklung nur von 22% positiv betrachtet. Ein Drittel ist pessimistisch, während 45 % keine
klare Tendenz erkennen lassen. (Heinzlmeier und Ikrath 2012) Ein ähnliches Bild zeichnet auch
die jüngste Shell Jugendstudie. (Shell 2015, 14ff.) Überraschend bleibt, wie wenig eine positive
Wahrnehmung von Zukunftschancen einer gesellschaftlichen bzw. politischen Unzufrieden-
heit entgegensteht. Die Annahme eines generellen Abwärtstrends findet in der unmittelbaren
Lebenserfahrung allerdings wenig halt. Es lässt sich vermuten, dass dieser Umstand einer der
Gründe für die Ausprägung der Orientierungslosigkeit ist, weil es nur wenigen jungen Men-
schen gelingen dürfte, ihre persönliche Lebenszufriedenheit mit der andauernden Krisenrhe-
torik in ein kohärentes Weltbild zu integrieren lässt.
6.4. Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit
Die insgesamt positiven persönlichen Zukunftsszenarien werden allerdings für 47 % der Ju-
gendlichen durch steigende Zuwanderung getrübt. Mit 44 % sieht aber ein ähnlich großer Teil
der Lehrlinge den Migrationsbewegungen gelassen entgegen. Der Aussage, dass die österrei-
chische Wirtschaft von Zuwanderung im Allgemeinen profitiert, stimmen 34 % tendenziell zu.
Längst nicht alle, die Zuwanderung aus ökonomischen Gründen ablehnen, fühlen sich dem-
nach persönlich an ihrem Arbeitsplatz gefährdet.
Zuwanderungsängste müssen allerdings keineswegs ökonomische Ursachen haben und der
Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes mag für viele nicht der einzige Grund für Fremden-
feindlichkeit sein. Es wurde gefragt, ob Lehrlinge das Gefühl haben, mit Menschen aus ihrem
eigenen Herkunftsland weniger Probleme zu haben als mit anderen. Nicht zuletzt hier wird
deutlich, dass Lehrlinge eine alles andere als homogene Gruppe sind. 25 %, die sich im eigenen
Herkunftsmilieu deutlich wohler fühlen als in einer kulturell inhomogenen Gruppe, stehen 24
% gegenüber, die in einem konstruktiven Miteinander in einer ethnisch diversen Gesellschaft
überhaupt kein Problem sehen. Tendenziell sehen 46 % im Umgang mit Menschen aus ande-
ren Herkunftsländern Probleme, während 45 % diese Sichtweise ablehnen.
19
Konstrukt Nr. Item Po-
lung
[++]
[+] [-] [--]
Gruppen-
bezogene
Menschen-
feindlich-
keit
A.4.1.
Meine beruflichen Chancen sinken durch
steigende Zuwanderung. neg.
23 24 25 19
A.4.2.
ZuwandererInnen sind im Allgemeinen gut
für die österreichische Wirtschaft. pos.
9 25 28 27
A.4.3.
Mit Menschen aus meinem eigenen Her-
kunftsland habe ich weniger Probleme als
mit anderen.
neg.
25 21 21 24
A.4.4.
Juden haben in Österreich zu viel Einfluss. neg.
15 9 20 35
A.4.5.
Muslime sollten das Recht haben eigene
Organisationen zu gründen, um ihre Kultur
zu fördern, solange sie sich an die Gesetze
halten.
pos.
26 22 15 30
A.4.6 Frauen sollten deutlich häufiger Führungs-
positionen übernehmen. pos.
29 30 17 12
Tabelle 4
Unterschieden sich Männer und Frauen in ihren Einschätzungen bezüglich der ökonomischen
Auswirkungen von Migration kaum, gibt es in der Einschätzung des Miteinanders von Men-
schen unterschiedlicher Herkunft doch beträchtliche Geschlechterunterschiede. 52 % Män-
ner, die angeben mit Menschen aus ihrem eigenen Herkunftsland weniger Probleme zu ha-
ben, stehen 39 % Frauen gegenüber.
Inwieweit werden an sich selbstverständliche Grundrechte wie Religions- und Versammlungs-
freiheit auch MuslimInnen zugestanden? Sollten Muslime das Recht haben ihre Kultur zu för-
dern, solange sie dabei nicht gegen Gesetze verstoßen? 48 % vertreten diese Ansicht zumin-
dest tendenziell. 45 % sind gegenteiliger Meinung. 30 % lehnen kulturelle Selbstbestimmung
für MuslimInnen in Österreich stark ab.
20
Als „Gerücht über die Juden“ bezeichnet Adorno den Antisemitismus.
70
Eines dieser „Ge-
rüchte“ ist die hartnäckige Zuschreibung eines übermäßigen gesellschaftlichen Einflusses von
Juden und Jüdinnen. Indem die unterdrückte Minderheit als Bedrohung dargestellt wird, soll
die Aggressivität der Täter legitimiert werden. Zeigen sich solche Tendenzen unter Wiener
Berufsschülerinnen?
71
Zwar stimmt eine klare Mehrheit von 55 % der Aussage nicht zu, aber lediglich 35 % distanzie-
ren sich durch starke Ablehnung. Dies könnte auch darauf zurückzuführen sein, dass Unwis-
senheit zur Vermeidung von Extrempositionen verleitet. Für große Unwissenheit oder auch
anders begründete Unsicherheit spricht die Tatsache, dass mehr als 20 % der Befragten diese
Frage nicht beantwortet haben. Dieser Wert trifft auf beide Geschlechter zu und ist deutlich
höher als bei anderen Fragen.
Weibliche Befragte stimmen mit 18 % dem antisemitischen Klischee weitaus seltener zu als
ihre männlichen Mitschüler (30 %). Außerdem wiesen 61 % der Schülerinnen die Aussage zu-
rück während unter den Männern nur 51 % tendenziell ablehnend reagierten. Festzustellen
ist jedenfalls, dass Antisemitismus entgegen zahlreicher Vermutungen jener interessierten
SchülerInnen, die sich aktiv in die Diskussionen einbrachten, bei immerhin 20 bis 30 % der
befragten Jugendlichen soweit verankert ist, dass sie sich nicht vom abgefragten Stereotyp
des „übermäßigen jüdischen Einflusses“ distanzieren. Analysen zur Herkunft der Teilnehme-
rInnen zeigen, dass dieser eine zentrale Rolle im Zusammenhang mit dem Antwortverhalten
zukommt.
Antisemitismus ist ein gesamtgesellschaftliches Phänomen und Problem und latent in allen
gesellschaftlichen Spektren enthalten.
72
Aktuell umstritten ist die Frage des Antisemitismus
unter muslimischen Jugendlichen. Das quantitative Ausmaß ist nur bruchstückhaft bekannt.
73
70
Adorno 2001, 200
71
Das Item zu Antisemitismus als Dimension gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit wurde im Zuge der Ar-
beit in den Schulklassen von den TeilnehmerInnen am häufigsten hinterfragt, diskutiert, kritisiert und auch an-
derweitig in den Mittelpunkt gestellt. Die Motivationen dafür reichten von Verwunderung bzw. Unverständnis
über die Fragestellung bis hin zum Vorwurf der Förderung von Antisemitismus durch die Frage selbst.
Zugleich
weisen die oben beschriebenen Reaktionen während und nach der Befragung auch darauf hin, dass die Frage-
stellung durchaus so verstanden wurde, wie sie intendiert war: als Abfrage eines zentralen Elements antisemiti-
scher Weltanschauungen.
72
Wetzel 2012
73
Bundschuh 2014, 345
21
Mansel und Spaiser finden in einer quantitativen Befragung von SchülerInnen mit und ohne
Migrationshintergrund deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Gruppen von Migran-
tInnen. Unter Jugendlichen aus muslimisch geprägten Sozialisationskontexten waren die
Werte für israelbezogenen Antisemitismus deutlich höher als in anderen Gruppen.
74
Auch
Güngör und Nik Nafs kommen zu dem Schluss, dass antisemitische Einstellungen unter musli-
mischen Jugendlichen ausgeprägter sind als in Vergleichsgruppen mit anderer Religionszuge-
hörigkeit. 47 % werteten Jüdinnen und Juden stark oder sehr stark ab.
75
In unserem Sample gaben 84 Befragte an, zu Hause Albanisch, Arabisch, Bosnisch oder Tür-
kisch zu sprechen. Aus dieser Gruppe stimmten 27 Personen (32 %) der Aussage, dass „Juden
in Österreich zu viel Einfluss haben“ sehr zu. Weiter 13 (16 %) immerhin noch in der Tendenz.
33 SchülerInnen (39 %) wiesen die antisemitische Behauptung zurück, davon 20 (24 %) mit
deutlicher Tendenz. 13 % enthielten sich der Antwort. Von denjenigen die sich positionierten,
äußerte sich eine Mehrheit von 55 % in Bezug auf dieses Item antisemitisch. Das Subsample
ist augenscheinlich zu gering, um auf dieser Basis in Alarmismus zu verfallen. Andererseits ist
die Tendenz auch zu ausgeprägt um nicht auf die Notwendigkeit eingehenderer Untersuchun-
gen hinzuweisen und die Aufklärungs- und Präventionsbemühungen gegen Antisemitismus
weiter zu intensivieren.
An mehr weibliche Führungskräfte müssen sich einige männliche Berufsschüler erst gewöh-
nen. Insgesamt spricht sich eine klare Mehrheit von 59 % der Befragten dafür aus, dass deut-
lich mehr Führungspositionen weiblich besetzt sein sollten und nur 29 % widersprechen eher
oder stark. Dieses Das überwiegend geschlechtergerechte Bild entsteht allerdings durch das
eindeutige Antwortverhalten der Berufsschülerinnen. Während Männer nahezu paritätisch
mit 42 % starker oder relativer Zustimmung und 43 % starker oder relativer Ablehnung zu
mehr Führungspositionen für Frauen Stellung beziehen, ergeben die Antworten der weibli-
chen Teilnehmerinnen ein wesentlich deutlicheres Bild: 81 % befürworten mehr Führungspo-
sitionen für Frauen eher bzw. stark und nur insgesamt 12 % antworten ablehnend. Einem
überdurchschnittlichen Anteil von 16 % der Männer, die die Frage nicht beantworten, stehen
nur 7 % der Frauen gegenüber, die keine Position beziehen.
74
Mansel und Spaiser 2011, 226-227
75
Güngör und Nik Nafs 2016, 48-49
22
6.5. Wahrnehmung von Politischer Bildung an Wiener Berufsschulen
Konstrukt Nr. Item Po-
lung
[++]
[+] [-] [--]
Wahr-neh-
mung von
Politischer
Bildung
B.1.1.
Im Vergleich zu anderen Schulfächern an
der Berufsschule beteilige ich mich am Un-
terricht in Politische Bildung … [sehr aktiv …
gar nicht aktiv]
pos.
11 39 24 13
B.1.2.
In meiner Klasse können oder konnten die
SchülerInnen über die Inhalte in Politische
Bildung mitentscheiden.
pos.
11 31 23 22
B.2.1.
Politische Bildung gehört für mich zu den in-
teressantesten Schulfächern pos.
13 27 27 26
B.2.2.
Im Vergleich zu anderen Schulfächern an
der Berufsschule halte ich Politische Bildung
für … besonders wichtig … gar nicht wichtig]
pos.
21 40 20 11
B.2.3.
Durch Politische Bildung fällt es mir leichter,
dem politischen Tagesgeschehen zu folgen.
pos.
16 29 24 21
Tabelle 5
Politische Bildung wird von den meisten BerufsschülerInnen als wichtig eingestuft. Nahezu
zwei Drittel der Befragten halten Politische Bildung im Vergleich zu anderen Fächern für „sehr“
(21 %) oder „eher“ (40%) wichtig. Auch die Bereitschaft zur aktiven Beteiligung am Unterricht
ist relativ hoch. 50 % der BerufsschülerInnen geben an, sich aktiver an „Politischer Bildung“ zu
beteiligen als in anderen Fächern. Demgegenüber stehen 37%, die sich in anderen Fächern
stärker engagieren. In Anbetracht der Tatsache, dass Politische Bildung als Teil der Allgemein-
bildung weniger im Zentrum der sehr berufspraktisch ausgerichteten Ausbildung steht, ist die-
ser Wert relativ hoch. Allerdings erleben nur vier von zehn Lehrlingen Politische Bildung als
eines der interessantesten Schulfächer, wohingegen 27 % dieser Aussage eher und 26 % gar
nicht zustimmen. Ein Weg zur Steigerung des Interesses könnte sein, den SchülerInnen mehr
Mitbestimmung bei der Auswahl von Inhalten und Methoden zuzugestehen. 42 % der Schüle-
rInnen haben den Eindruck, dass sie zumindest relativ über die Inhalte in Politischer Bildung
23
mitentscheiden können bzw. konnten. Eine Mehrheit von 45 % teilt diesen Eindruck allerdings
gar nicht bzw. eher nicht. Im Fall des Pflichtgegenstandes Politische Bildung sollte das grund-
sätzliche Recht76 auf Mitbestimmung im Unterricht aufgrund seines immanenten partizipativ-
demokratischen Charakters eine herausragende Bedeutung haben.
Das Aufzeigen, Ausüben und Einüben von Beteiligungsmöglichkeiten könnte hier im Unter-
richt stärkere Berücksichtigung erfahren. Das gilt insbesondere auch deshalb, weil SchülerIn-
nen, die angeben, über Inhalte im Unterricht mitbestimmen zu können, Politische Bildung be-
sonders häufig als hilfreich für die Orientierung im politischen Tagesgeschehen empfinden.
77
Für kompetenzorientierte Politische Bildung ist die Fähigkeit, dem politischen Tagesgesche-
hen folgen zu können, ein wichtiges Unterrichtsziel. Die Auseinandersetzung mit aktuellen
Themen ist auch ein Anliegen der meisten SchülerInnen (siehe folgender Abschnitt). 45 % füh-
len sich durch das Unterrichtsfach „Politische Bildung“ besser dafür gerüstet, sich im politi-
schen Tagesgeschehen zu orientieren. Genauso groß ist allerdings der Anteil derer, die für sich
wenig bis keine Orientierungshilfe erkennen können. Hilfreich ist der Politikunterricht hier vor
allem für die ohnehin schon relativ Interessierten und Engagierten.
78
6.6. Welche inhaltlichen Zugänge bevorzugen BerufsschülerInnen?
Die StudienteilnehmerInnen wurden gebeten, Themen der Politischen Bildung nach Ihrer
Wichtigkeit zu reihen. Eine Abstufung vom ersten bis zum letzten Platz war zwingend vorzu-
nehmen. Die vorgegebenen Themen waren a) Arbeitswelt, b) Vorurteile und Minderheiten-
rechte, c) aktuelle Themen, d) Zeitgeschichte, e) der Staat Österreich, f) politische Weltan-
schauungen und g) Interessenvertretungen und Politische Parteien. Die Auswahl orientiert
sich weitgehend an Lehrplaninhalten. Die Reihenfolge der angezeigten Themen war durch den
Zufall bestimmt. 535 der befragten SchülerInnen (84 %) nahmen die Reihung aller Themen
vor.
76
Das gilt umso mehr, als das österreichische Schulunterrichtsgesetz im § 57a jedem Schüler und jeder Schüle-
rin das Recht auf Beteiligung an der „Gestaltung des Unterrichtes und der Wahl der Unterrichtsmittel“ sowie
auf „Anhörung sowie auf Abgabe von Vorschlägen und Stellungnahmen“ zuspricht.
77
Items B.1.2 und B.2.3 korrelieren signifikant positiv auf einem Niveau von p=0.01. Rs=0,382
78
Rangkorrelation nach Spearman zwischen Orientierungsfunktion (Item B.2.3) für: a) Aktive Beteiligung
(B.1.1)=0,456 b) Interesse (B.2.1)=0,489 c) Wichtigkeit (B.2.2)=0,500
24
Abbildung 1
Aktuelle Themen wurden klar als am wichtigsten bewertet und finden sich 167-mal am ersten
sowie 110-mal am zweiten Platz wieder. Als am zweitwichtigsten wird das Thema Arbeitswelt
bewertet (102-mal an erster und 131-mal an zweiter Stelle). Mit relativ geringem Abstand
folgt an in Summe dritter Stelle der Staat Österreich (134-mal an erster und 82-mal an zweiter
Stelle). Auf den Plätzen vier und fünf finden sich Vorurteile und Minderheitenrechte (59-mal
an erster, aber auch 68-mal an letzter Stelle) sowie Interessenvertretungen und politische Par-
teien (nur 20-mal an erster und 108-mal an letzter Stelle). An nach gewichteten Nennungen
vorletzter Stelle stehen politische Weltanschauungen als Thema der Politischen Bildung mit
94 Reihungen auf den letzten und 140 Reihungen auf den vorletzten Platz. Als am unwichtigs-
ten wird in Summe die Zeitgeschichte betrachtet (163-mal am letzten und 108-mal am vor-
letzten Platz gereiht).
6.7. Welches Thema würden BerufsschülerInnen mit dem Bundeskanzler
besprechen?
Die StudienteilnehemerInnen wurden gefragt, welches Thema sie mit dem Bundeskanzler be-
sprechen würden, wenn sie einen Abend mit ihm verbringen könnten. Aufgrund der Datener-
hebung mittels Limesurvey über die Smartphones der SchülerInnen wurde nur ein kleines
Textfeld angezeigt und um die Eingabe eines Stichwortes gebeten. In Anbetracht der Tatsache,
dass es sich um die einzige offene Frage im Studiendesign handelte, ist eine Beantwortung
durch 81 % der Befragten ein durchaus zufriedenstellend hoher Wert. Jene 516 SchülerInnen,
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%
Aktuelle Themen
Arbeitswelt
Staat Österreich
Vorurteile/Minderheitenrechte
Interessenvertr./Parteien
Politische Weltanschauungen
Zeitgeschichte
Reihung der Themen nach Wichtigkeit
sehr wichtig (1./2. Platz) mittel wichtig (3./4./5. Platz) weniger wichtig (6./7. Platz)
25
die die Frage beantworteten, schrieben durchschnittlich vier bis fünf Wörter in das Feld und
machten somit weit ausführlicher Angaben, als verlangt bzw. erwartet wurden. Die Eingaben
wurden qualitativ nach Themen und Gesprächshaltungen kategorisiert.
Haltung gegenüber
dem Bundeskanzler
Relative
Häufigkeit
Ankerbeispiele
„zustimmend“ 0% „Weiter so kopf hoch“
„ich werde mich nur bedanken, weil seit ich gekommen
bin habe ich Sprache gelernt,habe Wohnung,das wich-
tigste habe ich eine Lehre bekommen.“
„sachlich-neutral“ 60% „Flüchtlinge“
„Wieso er das so macht wie er es macht“
„Sicherheit in wien“
„kritisch-fordernd“ 20% „Grenze dicht machen, Flüchtlinge zurückschicken“
„Grenzen wieder aufmachen“
„legalize it“
„Mehr Transparenz“
„zynisch-resignativ“ 12% „gar nichts weil ändern würde sich so und so nichts ;-)“
„Ob er mir Geld Borg nach Schweiz zu ziehen“
„McDonalds oder Burger King?“
„aggressiv“ 6% „was er sonst noch so macht außer auf seinem faulen
Hintern zu sitzen“
„Flüchtlinge, muslime ! AUSLÄNDER“
„Ziegenficker“
Tabelle 6
Die Themen Zuwanderung und Flucht beherrschten im Erhebungszeitraum nicht nur die Titel-
seiten, sondern waren auch für die befragten Jugendlichen das bestimmende Thema. 40 %
der Antworten entfielen auf diese Kategorie. Mit 12 % weit dahinter an zweiter Stelle rangierte
ein Themenblock in dem Äußerungen zu Arbeit, Arbeitslosigkeit und Gerechtigkeit zusammen-
gefasst wurden. Kriminalität, Bildung, Staatsfinanzen und Staatsverwaltung waren gleichauf
mit der Legalisierung von Cannabis für jeweils ca. 4 % der Befragten das bestimmende Thema.
26
Andere gemeinhin als wichtige sachpolitische Themen angeführte Politikfelder wie Pensionen,
Verkehr, Familie, Gesundheit und direkte Demokratie standen zusammengenommen für ge-
rade einmal 3 % ganz oben auf der Liste ihrer Prioritäten.
Positive Äußerungen zeigen sich nahezu überhaupt nicht. Nur in zwei Fällen wurde eine zu-
stimmende Haltung gegenüber die Person des Bundeskanzlers bzw. der Politik der Bundesre-
gierung zum Ausdruck gebracht.
79
Mit 60 % äußerte sich knapp die Hälfte der TeilnehmerIn-
nen sachlich-neutral. In den meisten Fällen wurde ein Stichwort genannt. Auch Antworten wie
„Flüchtlinge und Kriminalität“ oder „Offene Grenzen“ wurden dieser Kategorie zugeordnet,
wenn Kritik in Form von Unzufriedenheit oder Forderungen nicht explizit gemacht wurde. 20
% der Antworten wurden als kritisch-fordernd kategorisiert, weil entweder ein Anspruch bzw.
Wunsch formuliert oder Unzufriedenheit zum Ausdruck gebracht wurde. Bei weiteren 12 %
schlug Unzufriedenheit in zynisch-resignative Haltung um. Die Ebene der sachlichen Diskus-
sion wurde in diesen Fällen eindeutig verlassen. Man erwartet sich nichts mehr, weicht aus
bzw. flüchtet sich in Spott. 6 % wurden als „aggressiv“ codiert, weil Sie entweder persönliche
Beschimpfungen vorbrachten oder bei ihrer Ausdrucksweise mit relativer Sicherheit auf Ag-
gression geschlossen werden kann.
Politische Bildung muss sich der Herausforderung stellen, politische Sachthemen für den Un-
terricht aufzubereiten. Dabei ist es wichtig, persönliche Betroffenheit und lebensweltliche Re-
levanz von Politikfeldern wie Bildung, Infrastruktur, Pensionen und Gesundheit darzustellen.
Ziel muss es sein, junge Menschen in die Lage zu versetzen, eigenen Interessen auch in vor-
geblich sachpolitischen Themen als solche wahrzunehmen, sie zu reflektieren und politische
Handlungsoptionen auszuloten. Kontroverse Themen müssen auch im Unterricht kontrovers
diskutiert werden. Kontroversität im Unterricht zu leben, ist nicht zuletzt deshalb wichtig, um
die Gruppe der zynisch-resignativen oder vielleicht sogar schon aggressiv auftretenden Schü-
lerInnen zum sachlichen Austragen von Konflikten im demokratischen Rahmen zu befähigen.
79
Im Befragungszeitraum Februar und März 2016 war Werner Faymann Bundeskanzler und die im Mai vollzo-
gene Ablöse durch Christian Kern war im öffentlichen Diskurs – jedenfalls im Vergleich zu den Monaten und
Jahren davor – noch nicht absehbar geworden.
27
7. Diskussion der Ergebnisse und Ableitungen für die Praxis der Politischen
Bildung an Berufsschulen
Demokratie ist als gewollte politische Ordnung normative Leitidee der Politischen Bildung.
80
Das verlangt einen Beitrag zur Entwicklung demokratischer Werte und Überzeugungen, zur
Vermittlung von Mündigkeit sowie von Kompetenzen für die Teilhabe an demokratischen Pro-
zessen. Aus der vorliegenden Untersuchung zu demokratischen und autoritären Potentialen
von Lehrlingen ergeben sich die folgenden Herausforderungen und Ansatzpunkte für die För-
derung einer demokratischen Ausrichtung. Erstens stellt sich die Frage, wie ein inkohärentes
Alltagsverständnis von Demokratie fachlich vertieft und strukturiert werden kann. Zweitens
zielt Demokratie-Lernen auf die die Fähigkeit zum Umgang mit Widersprüchen ab und erfor-
dert Raum für die Erfahrungen und Wahrnehmung der Lernenden. Kritik an Machtverhältnis-
sen ist dafür ein unabdingbarer Zugang. Drittens beruht Demokratie auf Mündigkeit und Par-
tizipation. Die positive Einschätzung politischer Selbstwirksamkeit sowie eine tragfähige Ori-
entierung sind Voraussetzungen dafür.
Nur etwas mehr als ein Viertel der Befragten stimmen der Demokratie als beste Regierungs-
form sehr zu und demgegenüber lehnen fast genauso viele die Demokratie in der Tendenz ab.
(A.1.1.) Der insgesamt dennoch klaren Zwei-Drittel-Mehrheit für die Demokratie als Regie-
rungsform stehen jeweils eine deutliche Mehrheit für eine autoritäre Persönlichkeit an der
Staatsspitze (A.1.2.) sowie für ExpertInnenentscheidungen anstelle von Regierungsentschei-
dungen (A.1.3.) gegenüber. Diese Antworten legen zwei Schlüsse nahe: Erstens scheint die
klare Mehrheit für die Demokratie weniger auf gefestigten demokratischen Überzeugungen,
sondern auf im Wesentlichen konventionellen Lippenbekenntnissen zu beruhen. Zweitens ist
die Auffassung von Demokratie als Regierungsform für einen relativ großen Teil der Befragten
augenscheinlich nicht fachspezifisch, sondern durch ihre Alltagswahrnehmung geprägt. Ler-
nen mit Konzepten
8182
knüpft an den Vorstellungen der SchülerInnen an und will diese in Fach-
wissen überführen. Ziel ist der Aufbau eines konzeptuellen Deutungswissens, das Wahrneh-
mungen strukturiert sowie Begriffe und Theorien vernetzt. Basiskonzepte und ihnen zugeord-
80
Sander 2005, 28
81
Kühberger 2016
82
Weißeno, Detjen, et al. 2010
28
nete Fachkonzepte haben dabei die Rolle von Knotenpunkten, die in verschiedenen Zusam-
menhängen angesprochen und weiterentwickelt werden. Im Unterricht muss die Bedeutung
Demokratie in verschiedenen Kontexten erarbeitet werden, wobei an das Vorverständnis der
SchülerInnen anzuschließen und bereits erworbenes Wissen zur Anwendung zu bringen ist.
Das Fachkonzept Demokratie lässt sich nicht durch eine Definition erschließen, sondern nur in
der Verknüpfung mit anderen Basiskonzepten und diesen zugeordneten Fachkonzepten. Für
das Basiskonzept Entscheidung sind das beispielsweise die Fachkonzepte Parlament, Regie-
rung, Opposition und Wahlen und Gemeinwohl werden Menschenwürde, Freiheit und Gleich-
heit zugeordnet.
83
Der wiederholte Rückbezug auf solche Konzepte ermöglicht die Vertiefung
von Lernprozessen und die Herausbildung von Verständnis für Funktion, Wert und Inhalt der
Demokratie.
84
Schwierigkeiten bei einem solchen Verständnis zeigen sich auch an autoritären Gesellschafts-
vorstellungen, aufbauend auf Disziplin und Gehorsam (A.2.2.) und Härte gegenüber abwei-
chendem Verhalten (A.2.3., A.2.4.), die jeweils von zwei Drittel der Lehrlinge geteilt werden.
Wenn zugleich auch eine Mehrheit es positiv bewertet, dass Neues ausprobieren auch Regel-
verstöße mit sich bringen kann (A.2.1.), verdeutlicht das ein Aufeinanderprallen von unter-
schiedlichen Wertvorstellungen sowie die Schwierigkeit, konsistente und tragfähige Haltun-
gen zu entwickeln. Demokratie darf dabei nicht als Herrschaftsform auf der staatlich-instituti-
onellen Ebene isoliert bleiben, sondern wird mit Demokratie als Gesellschafts- und Lebens-
form in Verbindung gesetzt, weil „Demokratie auf jeder der drei genannten Ebenen […] jeweils
Ziel und zugleich Vorbedingung der Demokratie auf den anderen Ebenen [ist].“
85
Kognitive
Dissonanzen kommen auch zum Ausdruck, wenn Demokratie als Regierungsform zwar gutge-
heißen wird, aber zugleich die Rolle von Wahlen und Opposition geringgeschätzt wird (A.1.2.)
oder Entscheidungen an ExpertInnen delegiert werden (A.1.3.). Langes „Lerntheorie der poli-
tischen Bildung“
86
zeigt Perspektiven für ein politisches Lernen ausgehend von solchen „kog-
83
Weißeno, Detjen, et al. 2010, 64
84
Henkenborg 2009, 283
85
Himmelmann 2016, 262
86
Lange 2008
29
nitiven Dissonanzen“. Lange stellt dabei dem „Bürgerbewusstsein“ als Gesamtheit der „men-
talen Vorstellungen über die politisch-gesellschaftliche Wirklichkeit“
87
(247) ein Umwelterle-
ben gegenüber, wobei dem Individuum ein Streben nach Kongruenz zwischen Bürgerbewusst-
sein auf der einen und Umwelterleben auf der anderen Seite unterstellt wird. Wenn der bzw.
die Einzelne ein Umwelterlebnis hat, das sein bzw. ihr Bürgerbewusstsein infrage stellt, be-
ginnt er bzw. sie zu lernen – vorausgesetzt, die Abweichung wird als solche wahrgenommen.
Lange rückt damit „Sinnbildungskompetenzen“ als Ergänzung zu politikwissenschaftlich fun-
dierten Fachkonzepten in den Fokus, mit denen „sich Lernende die politisch-gesellschaftliche
Wirklichkeit subjektiv aneignen“.
88
Zum einen müssen die Erfahrungen und Interessen der
SchülerInnen dafür in den Mittelpunkt gestellt werden. Zum anderen zielt Demokratie-Lernen
nicht nur auf ein Verständnis von Funktion, Wert und Inhalt von Demokratie, sondern auch
auf die „Idee der Kritik“ als Teil des Selbstverständnisses einer Auffassung der Politischen Bil-
dung die sich am Anspruch der Aufklärung orientiert.
89
Nur auf diese Weise meint Henkenborg
„kann die Politische Bildung ein Ort der Auseinandersetzung mit den Rohstoffen des Politi-
schen von Jugendlichen sein: ihren Bedürfnissen und Interessen, ihren Enttäuschungen und
Leiden, aber auch ihren Erfahrungen von Missachtung und ihren Hoffnungen auf Anerken-
nung.“
90
Nur wenn gesellschaftliche Widersprüche und Widersprüche in der eigenen Wahr-
nehmung deutlich gemacht werden, können sie ein Ausgangspunkt für politisches Lernen sein.
Die vorliegende Studie zeigt einerseits den Zusammenhang zwischen inkongruenten Vorstel-
lungen zu Demokratie und autoritären Potentialen und andererseits signifikante Korrelatio-
87
Lange 2008, 247
88
Lange 2008, 256
89
Henkenborg 2009, 287
90
Henkenborg 2009, 287
30
nen zwischen dem Konstrukt Autoritarismus und den Items zu gruppenbezogener Menschen-
feindlichkeit.
91
Das entspricht der populären Beschreibung des autoritären Charakters als Rad-
fahrernatur, „der nach oben buckle und nach unten trete“.
92
Henkenborg beschreibt einen
solchen Zusammenhang zwischen Vorurteilen und politischer Machtlosigkeit auf der einen so-
wie Orientierungswissen und kognitiven Fähigkeiten auf der anderen Seite.
93
Politische Bil-
dungsarbeit gegen Vorurteile muss daher stets auch ihre Funktionen für gesellschaftliche Hie-
rarchien thematisieren und zugleich der gefühlten Ohnmacht gegenüber politischen Struktu-
ren mit einer Kritik an jenen Macht- und Herrschaftsverhältnisse entgegnen. Das Erschließen
von Partizipationsmöglichkeiten muss dabei im Unterricht beginnen, wobei auch die Wider-
sprüche thematisiert werden müssen, denen die Schule als „prinzipiell nicht demokratisch ver-
fassten Institution“
94
unterworfen ist. Nur eine dem Demokratiepostulat und damit auch dem
Streben nach sozialer Gleichheit im Sinne gleicher Möglichkeiten zur Teilhabe
95
(Nonnenma-
cher in KritPB) verpflichtete Politische Bildung kann autoritären Tendenzen mit einer demo-
kratischen Orientierung antworten. Eine Darstellung von Demokratie als harmonischer Ideal-
zustand, die Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten außer Acht lässt oder mit dem Verweis
auf Diktaturen als Gegenpol zu Demokratien externalisiert, lässt keinen Raum für solche Er-
fahrungen und führt zu Frustration und Entfremdung von demokratischen Strukturen.
96
Das
führt zu einer Delegitimierung der Demokratie als politische Ordnung und steht einer Selbst-
wahrnehmung als politisches Subjekt sowie generell einer tragfähigen demokratischen Orien-
tierung entgegen.
91
Der Zusammenhang zwischen den Konstrukten „Autoritarismus“ und „GMF“ ist auf dem Niveau 0.01 zweisei-
tig signifikant. R(sp)=0,325. Die vier Items zu „Autoritarismus“ (Cronbachs α=0,605) und die 6 Items im Kon-
strukt „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ (Cronbachs α=0,663) waren ausreichend homogen, um ei-
nen Index bilden zu können. Zum Bilden der Skalen wurden zunächst durch entsprechende Invertierung der
Items vom Likert Typ die Polungen
angeglichen um die Vergleichbarkeit der Werte zu ermöglichen. Die Punkte-
werte der einzelnen Antworten wurden ungewichtet addiert, um den Wert der Skala zu ermitteln. Wird der
Index aus vier Items gebildet, kann der Skalenwert somit zwischen 4 und 16 liegen. Die Einteilung in Quartile
wurde folgendermaßen vorgenommen: „sehr wenig ausgeprägt“ (4-6), „wenig ausgeprägt“ (7-9), „stark ausge-
prägt“ (10-12), „sehr stark ausgeprägt“ (>12). Wird der Index aus sechs Items gebildet, kann der Skalenwert
zwischen 6 und 24 liegen. Die Einteilung in Quartile wurde folgendermaßen vorgenommen: „sehr wenig ausge-
prägt“ (6-9), „wenig ausgeprägt“ (10-13), „stark ausgeprägt“ (14-17), „sehr stark ausgeprägt“ (>18).
92
Bundschuh 2014, 341
93
Henkenborg 2009, 288
94
Nonnenmacher 2011, 467
95
Nonnenmacher 2011, 465
96
Lösch 2011, 121
31
70 % der BerufsschülerInnen sehen sich selbst als orientierungslos (A.3.1.) und 54 % meinen,
potentiell keinen Einfluss auf politische Entscheidungen zu haben. In unserer Untersuchung
zeigt sich, dass die Wahrnehmung des Unterrichts am deutlichsten mit seiner Orientierungs-
funktion zusammenhängt. Politische Bildung, die bei der Orientierung im politischen Tagesge-
schehen als hilfreich angesehen wird, wird deutlich häufiger positiv wahrgenommen. Zwi-
schen allen Items zur Wahrnehmung von Politischer Bildung und der Einschätzung der politi-
schen Selbstwirksamkeit (A.3.2.) besteht ein Zusammenhang, der zwar schwach aber nur hier
durchgehend signifikant ist. (Fußnote) Ansatzpunkte für ein Orientierungsbedürfnis der Schü-
lerInnen und die Auseinandersetzung damit im Unterricht lassen sich aus der Abfrage der
Wichtigkeit verschiedener Themenbereiche ableiten. Aktuelle Themen stehen hier – noch vor
dem für Lehrlinge sehr lebensweltnahen Bereich Arbeitswelt an erster Stelle. Demgegen-
über werden Themen wie politische Weltanschauungen und Zeitgeschichte als am unwich-
tigsten gesehen. Jedoch sind gerade diese Bereiche von großer Bedeutung für den Aufbau von
Konzeptwissen und die damit verbundene Orientierung. Hier gilt es, die Beschäftigung mit den
als wichtig erscheinenden „Schlagzeilenthemen“ so aufzubereiten, dass durch die Zusammen-
fügung von inhaltlichen und intentionalen Aspekten als bedeutsam für das „Bürgerbewusst-
sein“ (Lange) erlebt werden. Wenn SchülerInnen die Möglichkeit sehen, über die Inhalte des
Unterrichts mitzuentscheiden, wird Politische Bildung als deutlich wichtiger und interessanter
wahrgenommen. Das Aufgreifen von aktuellen Themen ist dann als schülerInnenorientiert zu
verstehen, wenn die forschend-fragende Eigeninitiative und Eigenaktivität in den Mittelpunkt
des Unterrichts rückt.
97
Der Grundsatz der Kontroversität ist dabei von zentraler Bedeutung
für die Förderung der Urteilskompetenz und die Erschließung kritischer Perspektiven. Didak-
tische Prinzipien, wie etwa exemplarisches Lernen, Problem- und Konfliktorientierung sind da-
bei Werkzeuge für die Auswahl der Themen und die Gestaltung geeigneter Anforderungssitu-
ationen im Unterricht.
98
So können über lebensweltnahe Themen und die Arbeit an Konzepten
und Begriffen grundlegende Kompetenzen für die Demokratie gefördert werden.
8. Fazit
Gerade jungen Menschen in Lehrausbildungen haben nach Jahren der Wirtschaftskrise, inter-
nationalen Konflikten, transnationalem Terror und weltweiter Flüchtlingsbewegungen nicht
97
Petrik 2014, 242
98
Autorengruppe Fachdidaktik 2016, 106-117
32
mehr das Gefühl ihre Umwelt als geregelten Zusammenhang zu erleben. Vielen ist nicht mehr
klar, wonach sie sich richten sollen. Auch wenn die meisten ihre persönlichen Zukunftsper-
spektiven optimistisch einschätzen, überwiegt gesamtgesellschaftlicher Pessimismus. Das Sys-
tem der liberalen Demokratie hat für einige aufgehört vollkommen selbstverständlicher An-
kerpunkt zu sein. Neoautoritären Führungspersönlichkeiten bzw. Regierungspraktiken er-
scheinen fast jedem zweiten Berufsschüler bzw. jeder zweiten Berufsschülerin als zustim-
mungsfähige Alternativen. Forderungen nach mehr Disziplin und Gehorsam, sowie härteres
Vorgehen gegen Unruhestifter befürworten zwei von drei Lehrlingen. Bereitschaft zur Unter-
werfung gegenüber Stärkeren und Aggression gegenüber Schwächeren gehen Hand in Hand
mit der Tendenz zur Abwertung und Feindseligkeit gegenüber als Fremd wahrgenommenen
Gruppen. Der Sehnsucht nach Stabilität; Recht und Ordnung stehen allerdings teilweise die
Anforderungen der Innovationsgesellschaft unvermittelt gegenüber. Jede/r Zweite findet,
dass Neues ausprobiert werden muss, selbst wenn dabei geltende Regeln verletzt werden.
Vor allem jenen, denen es – hin und her gerissen zwischen dem Wunsch nach Ordnung und
Regelhaftigkeit auf der einen Seite und dem Anspruch der ständigen Veränderung auf der an-
deren Seite nicht gelingt, kohärente Positionen herauszubilden, suchen überdurchschnittlich
häufig Zuflucht beim autoritären Führungstypus. Politische Bildung als Unterrichtsfach wird
Großteils positiv wahrgenommen. Allerdings erfüllt sie anscheinend vor allem für diejenigen
eine Orientierungshilfe im Alltag die dem Fach ohnehin Wichtigkeit bescheinigen und politisch
interessiert sind. Das Fach wird häufiger von SchülerInnen als alltagsrelevant erlebt, wenn sie
zumindest teilweise über Inhalte des Unterrichts mitentscheiden können. Allerdings ist hier
darauf zu achten, dass im Wechsel der tagesaktuellen Themen der fachliche Bildungsanspruch
nicht erst recht verloren geht. Exemplarisches und problemorientiertes Lernen findet lebens-
weltnahe und aktuelle Einstiege. Diese sind allerdings Mittel und nicht Ziel des Unterrichts.
Dieser muss versuchen über konzeptionelles Lernen und die Einordnung von Einzelereignissen
in historische Abläufe Orientierungswissen anzubieten. Kritische politische Bildung in und für
demokratische Verhältnisse darf sich ihrem Anspruch nach nicht darauf beschränken, reflek-
tierte Zuschauer auszubilden. Eine Demokratie ohne DemokratInnenen, die von ihrer eigenen
Machtlosigkeit immer mehr überzeugt sind und keine Handlungs- oder Mitbestimmungsmög-
lichkeiten für sich und Leute wie sie erkennen können, verkommt zur institutionellen Fassade.
Erst durch die Beteiligung im demokratischen Prozess wird erkennbar, dass dieser gerade in
der Vermittlung zwischen einer großen Zahl von teilweise widerstreitenden Perspektiven und
33
Interessen seine Stärkte findet. Teilweise scheint die Reaktion auf die Herausforderung stei-
gender gesellschaftlicher Komplexität die Forderung nach autoritären Entscheidungsfindungs-
mechanismen sowie die Unterdrückung von Differenzen und Minderheiteninteressen zu sein.
Dagegen auftreten bedeutet auch jungen Menschen Lust an der politischen Auseinanderset-
zung zu machen, in der nicht jedes Austragen von Meinungsverschiedenheiten als unnötiger
Streit und nicht jeder Kompromiss als Makel abqualifiziert wird.
Literaturverzeichnis
Achs, Oskar. „Politische Bildung in der Schule: Eine Einführung.“ Erziehung & Unterricht, 2016: 154-
159.
Adorno, Theodor. Erziehung zur Mündigkeit. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag, 2013.
—. Minima Moralia. Frankfurt a.M.: Suhrkamp, 2001.
—. Studien zum autoritären Charakter. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag, 2013.
Adorno, Theodor, Else Frenkel-Brunswick, Daniel Levinson, und Nevitt Sanford. The authoritarian
personality. Oxford: Harpers, 1950.
Altemeyer, Bob. The authoritarian specter. Cambridge MA: Harvard University Press, 1996.
Autorengruppe Fachdidaktik. Was ist gute politische Bildung?: Leitfaden für den
sozialwissenschaftlichen Unterricht. Schwalbach/Ts.: Wochenschau-Verlag, 2016.
BMBF. „Unterrichtsprinzip Politische Bildung: Grundsatzerlass 2015.“ 2015.
Bundschuh, Stephan. „Prävention gegen Autoritarismus.“ In Handbuch politische Bildung, von
Wolfgang Sander, 341-350. Bonn: Bundeszentrale für politsche Bildung, 2014.
Crouch, Colin. Das befremdliche Überleben des Neoliberalismus: Postdemokratie II. Frankfurt am Main:
Suhrkamp, 2011.
Detjen, Joachim, Peter Massing, Dagmar Richter, und Georg Weißeno. Politikkompetenz: Ein Modell.
Wiesbaden: Springer VS, 2012.
Diamond , Larry. „The Democratic Rollback: The Resurgence of the Predatory State.“ Foreign Affairs,
2008: 36-48.
Durkheim, Emile. Der Selbstmord. Frankfurt a.M.: Suhrkamp, 1983.
Feldman, Stanley. „Die Konzeptualisierung und die Messung von Autoritarismus: Ein neuer Ansatz.“ In
Autoritarismus, Herausgeber: Susanne Rippl, Christian Seipel , & Angela Kindervater, 239-260.
Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, 2000.
—. „Enforcing Social Conformity.“ Political Psychology, 1. 24 2003: 41-74.
Filzmaier, Peter, und Cornelia Klepp. „Mehr als Wählen mit 16: Empirische Befunde zum Thema Jugend
und Politische Bildung.“ Österreichische Zeitschrift für Politikwissenschaft, 3. 38 2009: 341-355.
Foucault, Michel. Überwachen und Strafen: Die Geburt des Gefängnisses. Frankfurt a.M.: Suhrkamp,
1993.
34
Fukuyama, Francis. „The End of History?“ The National Interest, 1989: 3-18.
Großegger, Beate. „Jugend zwischen MySpace und MTV.“ In Die neuen vorBilder der Jugend,
Herausgeber: Beate Großegger , & Bernhard Heinzlmeier, 127-162. Wien, 2007.
Güngör, Kenan, und Caroline Nik Nafs. „Jugendliche in der offenen Jugendarbeit: Identitäten,
Lebenslagen & abwertende Einstellungen.“ Wien, 2016.
Heinzlmeier, Bernhard, und Phillip Ikrath. Jugendwertestudie 2011. Wien: Institut für
Jugendkulturforschung, 2012.
Heitmeyer, Wilhelm. Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit (GMF) in einem entsicherten
Jahrzehnt.“ In Deutsche Zustände: Folge 10, Herausgeber: Wilhelm Heitmeyer, 15-41. Berlin:
Suhrkamp, 2015.
Henkenborg, Peter. „Demokratie-Lernen: Eine Philosophie der Politischen Bildung.“ Österreichische
Zeitschrift für Politikwissenschaft, 2009: 277-291.
Himmelmann, Gerhard. Demokratie Lernen: Als Lebens-, Gesellschafts- und Herrschaftsform: Ein Lehr-
und Arbeitsbuch. Schwalbach/Ts.: Wochenschau-Verlag, 2016.
Himmelmann, Gerhard. „Demokratische Handlungskompetenz: "Standards für Mündigkeit".“ In
Demokratiepädagogik: Lernen für die Zivilgesellschaft, von Wolfgang Beutel, & Peter Fauser,
42-70. Schwalbach/Ts.: Wochenschau-Verlag, 2011.
Hufer, Klaus-Peter. „Emanzipation: Gesellschaftliche Veränderung durch Erziehung und politische
Bildung: Ein Rückblick auf eine nach wie vor aktuelle Leitidee.“ In Kritische politische Bildung:
Ein Handbuch, von Bettina Lösch, & Andreas Thimmel, 13-24. Bonn: Bundeszentrale für
politische Bildung, 2011.
IMAS international. „Die politischen Zielsetzungen der ganz Jungen, Älteren und Alten.“ Linz, 2007.
Kalcsics, Katharina, und Kathleen Raths. „Was Kinder unter Politik verstehen Vorstellungen über
Herrschaft von Schülerinnen und Schülern der Primarstufe.“ In 4- bis 12-Jährige: Ihre
schulischen und außerschulischen Lern- und Lebenswelten, Herausgeber: Evelyn Wannack,
Susanne Bosshart, Astrid Eichenberger, Michael Fuchs, Elisabeth Hardegger, & Simone Marti,
241-247. Münster: Waxmann Verlag, 2013.
Krastev, Ivan. „Paradoxes of the New Authoritarismism.“ Journal of Democracy, 2011.
Kromer, Ingrid. „Die Wertewelt junger Menschen in Österreich.“ In 6. Bericht zur Jugend in Österreich,
183-197. Wien: BMBF, 2011.
Kühberger, Christoph. Lernen mit Konzepten: Basiskonzepte in politischen und historischen
Lernprozessen.“ Informationen zur Politischen Bildung, 2016: 20-29.
Lachmayr, Norbert, und Martin Mayerl. „1. Österreichischer Lehrlingsmonitor.“ Wien, 2015.
Lange, Dirk. „Kernkonzepte des Bürgerbewusstseins: Grundzüge einer Lerntheorie der politischen
Bildung.“ In Politikkompetenz: Was Unterricht zu leisten hat, von Georg Weißeno, 245-258.
Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung, 2008.
Lösch, Bettina. „Ein kritisches Demokratieverständnis für die politische Bildung.“ In Kritische politische
Bildung: Ein Handbuch, von Bettina Lösch, & Andreas Thimmel, 115-127. Bonn: Bundeszentrale
für politische Bildung, 2011.
35
Mansel, Jürgen, und Spaiser, Viktoria. Antisemitische Einstellungen bei Jugendlichen aus muslimisch
geprägten Sozialisationskontexten: Eigene Diskriminierungserfahrungen und transnationale Einflüsse
als Hintergrundfaktoren. In Deutsche Zustände, von Wilhelm Heitmeyer, 220-241. Berlin: Suhrkamp
Verlag 2015.
Merton, Robert K. „Sozialstruktur und Anomie.“ In Kriminologische Grundlagentexte, 245-267.
Wiesbaden: Springer, 2016.
Nolte, Paul. „Von der repräsentativen zur multiplen Demokratie.“ Aus Politik und Zeitgeschichte, 2011:
5-12.
Nonnenmacher, Frank. Analyse, Kritik und Engagement: Möglichkeiten und Grenzen schulischen
Politikunterrichts.“ In Kritische politische Bildung, von Bettina Lösch, & Andreas Thimmel, 459-
470. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung, 2011.
ORF/SORA/ISA. „Wahltagsbefragung Bundespräsidentenwahl 2016.“ 5 2016.
http://www.strategieanalysen.at/wahlen/bpstichwahl/wahlverhalten.php (Zugriff am 3. 8
2016).
Pelinka, Peter. „Mit der Geschwindigkeit einer Schnecke, Politische Bildung in Österreich.“ Erziehung
& Unterricht, 2016: 160-167.
Petrik, Andreas. „Adressatenorientierung.“ In Handbuch politische Bildung, von Wolfgang Sander, 241-
248. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung, 2014.
Popper, Karl. Die Offene Gesellschaft und ihre Feinde I: Der Zauber Platons. Bern: Francke, 1973.
Rathkolb, Oliver, Martina Zandonella, und Günther Ogris. „NS-Geschichtsbewusstsein und autoritäre
Einstellungen in Österreich.“ 2014.
http://www.sora.at/fileadmin/downloads/projekte/2014_Presseunterlage_Geschichtsbewus
stsein-und-autoritaere_Einstellungen.pdf (Zugriff am 2. 11 2016).
Rathkolb, Oliver, und Günther Ogris. „Historical totalitarian experiences, authoritarian potential and
democratic values in Austria, Poland, Hungary and the Czech Republic.“ Wien, 2008.
Reheis, Fritz. Politische Bildung: Eine kritische Einführung. Wiesbaden: Springer VS, 2014.
Sander, Wolfgang. „Kompetenzorientierung in Schule und politischer Bildung: Eine kritische
Zwischenbilanz.“ In Konzepte der politischen Bildung: Eine Streitschrift, von Autorengruppe
Fachdidaktik, 9-25. Schwalbach/Ts.: Wochenschau-Verlag, 2011.
—. „Kompetenzen in der Politischen Bildung: Eine Zwischenbilanz.“ Österreichische Zeitschrift für
Politikwissenschaft, 2009: 293-307.
Sander, Wolfgang. „Theorie der politischen Bildung: Geschichte - didaktische Konzeptionen - aktuelle
Tendenzen und Probleme.“ In Handbuch politische Bildung, von Wolfgang Sander, 13-47.
Schwalbach/Ts.: Wochenschau-Verlag, 2005.
Schulz, Wolfram, et al. ICCS 2009 International Report: Civic Knowledge, Attitudes, and Engagement
among Lower-Secondary School Students in 38 Countries. Amsterdam: International
Association for the Evaluation of Educational Achievement, 2010.
Shell, Deutschland. 17. Shell Jugendstudie. Frankfurt a.M.: S.Fischer Verlag, 2015.
36
Statistik Austria. „Bevölkerung nach Alter und Geschlecht.“ 2016.
http://www.statistik.at/wcm/idc/idcplg?IdcService=GET_PDF_FILE&RevisionSelectionMetho
d=LatestReleased&dDocName=023470 (Zugriff am 23. Februar 2017).
Stehr, Nico. Society and Knowledge: Contemporary Perspectives in the Sociology of Knowledge and
Science. New Brunswick: Transaction Publishers, 2005.
Weißeno, Georg. „Politikkomptenzen: Neue Aufgaben für Theorie und Praxis.“ In Politikkompetenz,
Was Unterricht zu leisten hat, von Georg Weißeno, 11-20. Bonn: Bundeszentrale für politische
Bildung, 2008.
Weißeno, Georg, Joachim Detjen, Ingo Juchler, Peter Massing, und Dagmar Richter. Konzepte der
Politik: Ein Kompetenzmodell. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung, 2010.
Wetzel, Juliane. „"Informierter Verdacht": Antisemitismus unter muslimischen Jugendlichen als
empirisches Problem und mediale Zuschreibung.“ In Antisemitismus in der
Einwanderungsgesellschaft: Beiträge zur kritischen Bildungsarbeit, von Richard Gebhardt,
Anne Klein, & Markus Maier, 29-43. Weinheim/Basel: Juventa, 2012.
Winckler, Marie. „Politische Eigenständigkeit bewahren: Der lebensweltliche Zugang zum Politischen
in seiner konflikthaften Dimension.“ In Kritische Politische Bildung: Standpunkte und
Perspektiven, von Michael Görtler, Mathias Lotz, Marc Partetzke, Sara Poma Poma, & Marie
Winckler, 71-83. Schwalbach/Ts.: Wochenschau-Verlag, 2017.
WKO. „Lehrlingsstatistik.“ 2016. http://wko.at/statistik/jahrbuch/LL_Zeitr_1Lj_BDL.xlsx (Zugriff am 23.
Februar 2017).
Zeglovits, Eva, und Steve Schwarzer. „Aktive Bürger/innenschaft: Politische Partizipation von
Jugendlichen in Österreich.“ In 6. Bericht zur Lage der Jugend in Österreich, 255-274. Wien:
BMBF, 2011.
... Finally, it will remain a key question whether or not VET graduates feel rightly entitled and committed to act as active citizen, forcefully supporting a liberal, democratic society and an overall positive stance with regard to European integration. At least in a number of countries, a fault linecan be felt in many countries between the low and the highly educated as well as the graduates from VET tracks and their academic or HE opposite, with the former displaying fundamentally different political preferences than the latter (Bovens & Wille, 2017;Lauß & Schmid-Heher 2017). Former patterns, present in many countries, where academic tracks held all promises and pupils in academic tracks were considered as members of the future 'elite', while vocational tracks left little space for hope and chartered students to strictly non-elite positions, still cast their shadow. ...
Technical Report
Full-text available
Future Developments in Vocational Education and Training in Europe. Report on reskilling and upskilling through formal and vocational education training Jörg Markowitsch & Günter Hefler (3s, Vienna) Abstract Contrary to general education, vocational education and training (VET) has been an area of cooperation from the very beginning of the European Union. Over decades, however, the concept and reality of VET has changed substantially. VET as a dead-end educational pathway preparing exclusively for direct labour market entrance has practically faded out. The VET systems of the EU member states have become more open and have developed their access routes to higher and further education. Since 1995, common drivers for developments in VET across EU member states have included structural ones as shrinking birth-cohorts or changes in skill demands induced by new technologies and digitalisation as well as institutional ones, for instance, a new emphasis on learning outcomes or the introduction of qualification frameworks. However, common drivers have resulted in different trajectories taken by the various national VET systems, perpetuating the diversity of VET in Europe. The paper discusses long-term structural changes and recent trends within VET (such as vocational drift in education, hybridisation of general and vocational education, increasing permeability of educational pathways in initial VET) and how they might play out in the future. Given that the trends are expected to continue, it can be expected that by 2030 national qualification frameworks in most EU members states will be firmly established thereby organising a diversity of vocational qualifications ranging from EQF level 1 to 8 – including professional doctorates. Keywords: Vocational Education and Training, International Comparison, Europe, Trends, Future
Chapter
Full-text available
Wie könnte ein politikdidaktischer Zugang aussehen, der den didaktischen Prinzipien der Politischen Bildung und der Kompetenzorientierung treu bleibt, ohne bei Lernenden den Eindruck von faktischer Beliebigkeit zu erwecken ? Nach einer kurzen Präsentation grundlegender politikdidaktischer Prinzipien diskutiert der vorliegende Artikel anhand dreier - das Verfassungsprinzip der Neutralität betreffenden Kontroversen - Möglichkeiten der kompetenzorientierten Politischen Bildung. Der kontroversitätsorientierte Ansatz bietet die Möglichkeit, über Formen der Belehrung hinauszugehen und einen Beitrag zur Entwicklung demokratischer Mündigkeit zu leisten.
Chapter
Robert King Merton (1910 – 2003) wurde unter dem Namen Meyer R. Schkolnick in Philadelphia als Sohn russisch-jüdischer Einwanderer in einfache Verhältnisse geboren. Die in jungen Jahren vorgenommene Namensänderung diente offenbar der Assimilation. Als einflussreichster Soziologe nach dem Zweiten Weltkrieg, der – ebenso wie Durkheim, dessen Anomie-Begriff er hier ausarbeitete – einen funktionalistischen Ansatz vertrat, hat er nie eine systematische Theorie entworfen. Seine theoretisch-empirischen Ideen bezeichnete er als Theorien mittlerer Reichweite (middle range theories), womit sich konkrete soziologische Phänomene zeitgebunden erklären lassen.
Article
After decades of historic gains, the world has slipped into a democratic recession. Predatory states are on the rise, threatening both nascent and established democracies throughout the world. But this trend can be reversed with the development of good governance and strict accountability and the help of conditional aid from the West.
Book
This book shows that many ordinary people today are highly susceptible to hate literature and are psychologically disposed to embrace antidemocratic, facist policies. Many of our biggest problems, seemingly unrelated, are found to have common authoritarian roots. This book gives insight into how authoritarian minds are created and how they operate, and how their failings and vulnerabilities produce submission and aggression. A search for authoritarians on the left finds very few. Instead, studies reveal a strong concentration of authoritarians among religious fundamentalists and conservative politicians. (PsycINFO Database Record (c) 2012 APA, all rights reserved)(jacket)
Article
:In this article, which is adapted from the seventh annual Seymour Martin Lipset Lecture on Democracy in the World, Ivan Krastev addresses three main questions: 1) Why are authoritarian regimes surviving in the age of democratization? 2) Why did political science fail to anticipate the resilience of these regimes? and 3) Why it is so difficult to resist contemporary authoritarianism?
Article
Subjects with some religious affiliation are more prejudiced than those without affiliation, but no significant difference between Protestants and Catholics. There is a low but significant negative relation of intelligence and education to ethnocentrism. Interviews threw light on parental relations, childhood, conception of self, and dynamics and organization of personality. Projective techniques are described and results analyzed. 63 interviews are analyzed qualitatively for prejudice, political and economic ideas, religious ideology and syndromes among high and low scorers. The development of two contrasting cases is given. Criminality and antidemocratic trends in prison inmates and a study of clinic patients complete the investigation of the authoritarian personality pattern. 121 references. (PsycINFO Database Record (c) 2012 APA, all rights reserved)