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Anton Dörrer und die Tiroler Fastnacht zwischen Erfindung und Tradition, ca. 1900 bis 1950

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Abstract

The article examines the role, impact and influence of the librarian, historian and folklorist Anton Dorrer in connection with the Carnival in Tyrol in the first half of the 20th century. As a representative of applied folklore studies, he intervened in the composition and performance of "authen-Tic" folk culture. Although he cannot be considered a "voIkisch" scholar, his paradigm, focusing on authenticity and cultural decline, was obviously influenced by the ideas of this ideology.
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zeitgeschichte 6 / 44. Jahrgang / 2017
Tobias Neuburger
Anton Dörrer und die Tiroler Fastnacht zwischen Tradition und
Erfindung, ca. 1900 bis 19501
Seit dem ausgehenden 19.Jahrhundert prägte die volkskundliche Forschung die Annahme, dass
die Fastnacht ein uralter Brauch sei– wahlweise heidnischen, vorchristlichen, unchristlichen
oder germanischen Ursprungs. Von Anfang an speiste sie sich aus kulturpessimistischen und
antimodernistischen Mentalitäten. In der Zwischenkriegszeit setzte sich in der volkskundlichen
Fastnachtsforschung und der veröentlichten Meinung allmählich die ese einer germanischen
Herkun der Fastnacht durch. Sie sollte nun ein germanisches Fruchtbarkeitsritual sein, ein Ritus
zur Austreibung der Winterdämonen.
Diese Deutungen über Ursprung und Wesen der Fastnachtsbräuche fanden nicht im luleeren
Raum des wissenschalichen Betriebes oder eines abgeschotteten Diskursraumes statt. Sie zogen
vielmehr handlungspraktische Implikationen nach sich, die teilweise bis heute nachwirken. „Die
Fragen der Deutung“, so betont der Musikwissenschaler omas Nußbaumer, sind eben deshalb
von Relevanz, da gerade „seit dem 19. und vor allem 20.Jahrhundert Trachtenerhaltungsvereine,
Fasnachtskomitees oder andere volkskulturpegerische Vereine zu den eigentlichen Brauchträ-
gern werden, indem sie Fasnachtsumzüge organisieren und ausrichten. Sie sind es, so führt er
weiter aus, die festschreiben und entscheiden, „worin nun die jeweils ‚echte‘ oder ‚originale‘
Gestaltung eines Fasnachtsbrauchs bestehe und wie man ihre Komponenten zu deuten habe“.2
Es waren (und sind) allerdings, so muss Nußbaumers zutreende Beschreibung ergänzt
werden, nicht nur die sich neu organisierenden volkskultur- und brauchtumspegerischen
Akteure (wie Vereine oder Komitees), die festschrieben, was am gepegten Brauch „echt“ und
was „falsch“ sei. Denn auch die volkskundliche Forschung mit ihrer Wissensproduktion war ein
entscheidender Akteur in diesem Feld, zu dem neben lokalen Komitees und Vereinen und der
(angewandten) Forschung auch die (Kultur-)Politik gehörte.3
In Tirol setzte eine erste intensivere Beschäigung mit lokalen Fastnachtstraditionen im aus-
gehenden 19.Jahrhundert ein. Tages- und Wochenzeitungen sowie heimatkundliche Periodika
berichteten verstärkt über Maskenzüge und Faschingsunterhaltungen, und um die Jahrhundert-
wende entstanden nicht nur die ersten umfangreicheren Reportagen und Artikel, sondern auch
erste fotograsche Dokumente und inszenierte Selbstdarstellungen einzelner Maskengruppen.
Besonders die Fastnachtsumzüge aus Imst und Telfs rückten ab 1890 verstärkt in den Fokus des
öentlichen Interesses und entwickelten sich allmählich zu aufwendig inszenierten Festveranstal-
tungen, deren touristisches Potential von lokalen Akteuren erkannt und genutzt wurde. Seit dem
ausgehenden 19.Jahrhundert etablierte sich auch die Vorstellung einer statischen Volkskultur, die
in nationale wie auch regionale Identitätsentwürfe eingegliedert wurde. Die Deutung kultureller
Praktiken wurde somit für den Entwurf kollektiver Identitäten instrumentalisiert.
Dieser Mechanismus zeigt sich auch am Beispiel der Fastnacht. Vor allem in der dörichen
Fastnacht wollte man in den rechtskonservativen Kreisen nichts weniger als einen Kern tiro-
lerischer Identität erkennen, als Gegenentwurf zur Nervosität und Dekadenz des modernen
Großstadtlebens.4
Ein guter „Kronzeuge“ für Tirol ist in diesem Kontext der Bibliothekar, Historiker und Volks-
kundler Anton Dörrer (1886–1968), der als Sohn eines „Statthalterei- und Rechnungsbeamten
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Fastnacht
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in Innsbruck geboren wurde, dort die Volksschule und später das Jesuiten-Gymnasium „Stella
Matutina“ in Feldkirch besuchte.
5
Er war Mitglied der CV-Verbindung Austria, hatte an der Uni-
versität Innsbruck bei dem Germanisten Joseph Eduard Wackernell (1850–1920) studiert, war
dort Ende 1919 Universitätsbibliothekar geworden und entfaltete in den 1920er- und 1930er-Jah-
ren eine rege Publikationstätigkeit zu den Gebieten Volksschauspiel und eater, Volksglauben
und Bräuche sowie Literaturgeschichte.6
Bereits in dieser Zeit begnügte sich Dörrer, der sich „zeitlebens der Gnade des leichten Schrei-
bens erfreute“, allerdings nicht einfach nur mit der reinen akademischen Wissensproduktion.
Vielmehr versuchte er sich „auch in der praktischen Anwendung seines Wissens und gri damit,
zumal in der Blüte seines Lebens, nicht selten kräig und eigenwillig in das kulturelle Geschehen
seiner Tiroler Heimat ein.“
7
Nachdem er sich bereits 1909 im Umfeld der Innsbrucker Exl-Bühne
bewegt hatte, war er in der Zwischenkriegszeit auch bei den Passions- und Volksschauspielen in
Erl, iersee oder Fulpmes tätig und übernahm die Leitung der „Volks- und Taltage in Stubai,
Wipptal, auf dem Axamer Mittelgebirge usf.“8
Passend dazu war er von 1936 bis 1937 ehrenamtlicher „Bezirks-Kulturreferent der Vaterlän-
dischen Front Innsbruck-Stadt“ und „Bezirkssachwalter des V. F.-Werkes ‚Neues Leben‘“ mit den
Sachgebieten Schritum, eater, Laienspiel und Volkskultur.
9
Hatte es nach dem „Anschluss“
Österreichs an das Deutsche Reich 1938 vorerst keine personellen Veränderungen an der Inns-
brucker Universitätsbibliothek gegeben, wurde Dörrer mit Ende November 1939laut Selbstdar-
stellung wegen seiner katholischen Gesinnung– in den Ruhestand versetzt.10 Im Juni 1939 hatte
Dörrer, laut eigener Aussage unter Druck, einen Antrag auf NSDAP-Mitgliedscha gestellt. Wie
er später ausführte, leistete er bereits ab November 1939, nach seiner Zwangspensionierung und
Einberufung in die Wehrmacht, keine Beitragszahlungen mehr und wurde letztlich im August
1944 abgelehnt.11 Dörrer verrichtete Dienst in der Innsbrucker Wehrkreisauskunsstelle und
nach deren Auösung bis 1942 in der Frontleitstelle Wien.12 Nach Kriegsende wurde er rehabili-
tiert und durch die Landeshauptmannscha für Tirol im Juli 1946 aus der Liste der registrierten
Nationalsozialisten gestrichen.13
Bereits im Mai 1945 kehrte er an die Innsbrucker Universitätsbibliothek zurück
14
und habilitierte
sich 1946 bei dem Historiker und Volkskundler Hermann Wopfner (1876–1963) in der Honung
auf eine vakante Assistentenstelle, die dann jedoch der zur gleichen Zeit ebenfalls bei Wopfner sich
habilitierende, wesentlich jüngere Karl Ilg (1913–2000) erhielt.
15
Auch wenn ihm eine wissenscha-
liche Lauahn solchermaßen zwar verwehrt blieb,16 bot Dörrer bis 1956/57 regelmäßig Vorlesun-
gen an. Ab 1946 fungierte er als Mitherausgeber der „Österreichischen Zeitschri für Volkskunde“
17
und erhielt im Dezember 1951 den Titel eines außerordentlichen Universitätsprofessors.
Gerade an einem Zeitgenossen wie Anton Dörrer, der bereits in der Zwischenkriegszeit eine
kulturpessimistisch legierte und stark angewandt ausgerichtete volkskundliche Forschung vertrat,
wird deutlich, dass wesentliche Vorstellungsinhalte und weltanschauliche Versatzstücke, die die
völkische Ideologie kennzeichnen, auch im kulturkonservativen Bildungsbürgertum Tirols, dem
er angehörte, prägend waren. Hier wird an einer einzelnen Biographie greiar, dass estrotz
Dierenzen und Unterschiede– auf regionaler Ebene Tirols durchaus ideologische Berührungs-
punkte, Überschneidungen und Gemeinsamkeiten zwischen kulturkonservativen und völkischen
Mentalitäten gab, die auch nach 1945 kulturell (und kulturpolitisch) fortwirkten.18 Die Prämissen
und Paradigmen des kulturkonservativen Volkskultur- und Fastnachtsforschers Dörrer waren
durchaus anschlussfähig an völkische Paradigmen: Beide propagierten eine „antimodernistische
[…] Instrumentalisierung“ und „Etablierung eines entkonfessionalisierten Brauchtums“,
19
also
dessen Bereinigung von religiösen Bezügen.
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I. Ausgangspunkt: Eine Broschüre über das Imster Schemenlaufen
(1914)
Die vermutlich erste Monograe über einen Tiroler Fastnachtsbrauch des Oberen Inntals stammt
aus der Feder von Kurd Eichhorn, Gründungsmitglied des Imster Museumsvereins (1909)20 und
Redakteur der „Tiroler Land-Zeitung“. Seine Broschüre „Das Imster Schemenlaufen“ erschien
1914 und damit in einer Zeit, in der die Maskenzüge bereits als volkswirtschalich nützliche
Attraktion zur Förderung des Fremdenverkehrs erkannt wurden. Der Untertitel der in Imst
verlegten Schri verspricht nichts weniger als Aulärung über „Herkun, „Bedeutung“ und
„Hauptgestalten“ dieses fastnächtlichen Maskenumzugs.
21
Gleich zu Beginn wies Eichhorn die
Deutung, der zu Folge die Fastnacht ein Ueberbleibsel aus der Heidenzeit“22 sein sollte, entschie-
den zurück. Vielmehr betonte er: „Die Mehrzahl aller, dem Verfasser dieses Büchleins bekannten
Autoren, welche sich mit der Herkun und Bedeutung des Schemenlaufens befaßt haben, bringen
dasselbe jedoch mit einer der alte christlichen Mysterienfeiern […] in ursächliche Verbindung.“
Das Schemenlaufen, so bilanzierte der Autor, müsse „zur Gänze als christlicher Brauch ange-
sprochen werden“.23 Für Eichhorns unmissverständliche Ablehnung einer un- oder vorchrist-
lichen Herkun der Fastnacht mag sicher eine zentrale Rolle gespielt haben, dass dies von der
katholischen Kirche und einzelnen Geistlichen bis in das ausgehende 19.Jahrhundert häug als
Argument ins Feld geführt wurde, wenn es darum ging, einzelne Maskenzüge zu unterbinden. So
strich er eigens hervor, dass „alle ehemals, auch von geistlicher Seite, gemachten Versuche“, die
Fastnacht in Tirol „unter dem Hinweis auf eine heidnische Herkun mißkreditieren zu wollen,
[…] eigentlich keine Berechtigung [haben].“24
Eichhorn untermauerte seine ese von der christlichen Herkun der Fastnachtsfeiern aller-
dings auch mit Argumenten. Am Beispiel der in vielen Aufzügen anzutreenden Figur der Hexe
hielt er motiv- und kulturhistorisch fest, dass diese Maske, „genau wie ihr Bündner, der Teufel‘,
kein heidnisches Mythenbild“ sei. Denn ganz im Gegenteil, so führte er aus, stammt der „Volks-
glaube vom Teufel und teuischen Geistern“ und damit auch die „Möglichkeit von Bündnissen
des ‚Bösen‘ mit Hexen, Truden usw.“ nicht aus dem Glaubensrepertoire vorchristlicher Epochen,
sondern aus „eine[r] ziemlich frühe[n] Zeit der christlichen Aera“, die „im Mittelalter zu allsei-
tiger Ausbildung“ gelangte.25
Mit dieser Einschätzung betrat der Redakteur der „Tiroler Land-Zeitung“ bereits Anfang des
20.Jahrhunderts jene Interpretationspfade, denen dann auch die quellenkritische Fastnachtsfor-
schung seit Ende der 1960er verstärkt folgen sollte. Anhand intensiver Quellenstudien zur mit-
telalterlichen Fastnacht argumentierte etwa Hans Moser, einer der Begründer der als „Münchner
Schule“ bekannt gewordenen historischen Volkskunde, knapp fünfzig Jahre nach Eichhorn, dass
sich die Fastnacht über Sprach- und Landesgrenzen hinweg in vergleichbaren Zeitkontexten
in den spätmittelalterlichen Stadt- und Houlturen ausgebildet hätte. Im Gegensatz zu mythi-
schen Deutungsmustern, wie sie in der volks- und heimatkundlichen Fastnachtsforschung und
im Umfeld von Fastnachtsvereinen teilweise bis heute tradiert werden, „entzauberte“ Moser
wie zuvor Eichhorn am Beispiel der Hexengur– solche Zuordnungsversuche. Am Beispiel der
in völlig unterschiedlichen kulturellen und sozialen Kontexten in ganz Europa anzutreenden
Maske des Bären widerlegte Moser beispielsweise die Interpretation, die in dieser Figur einen
Tierdämonen archaischer Winter- und Fruchtbarkeitskulte zu entdecken glaubte, als Aberglau-
ben. Stattdessen sei sie als eine vergleichsweise profane Verarbeitung und Karikatur lebensweltli-
cher Begegnungen mit gezähmten Tanzbären und ihren wandernden Dresseuren zu begreifen.26
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Eichhorn erkannte ebenfalls frühzeitig, dass die motivgeschichtlich reektierte und quellen-
kundlich abgesicherte Herleitung des fastnächtlichen Figurenrepertoires und die soziale Praxis
der Maskenzüge beziehungsweise die Sinnbezüge, welche die maskierten Akteure in ihr Handeln
legen, nicht notwendigerweise kongruent sein müssen. Dem einzelnen Maskenträger seien die
Deutungen „über Herkommen und Bedeutung seines Festes“ ohnehin herzlich gleichgültig, denn
für solche Gedankenspielereien habe „der richtige Fastnachtler meist gar keine Zeit“. Widerspruch
errege die Deutung von Masken und Fastnacht bei der Imster Bevölkerung erst dann, so führte
es Eichhorn nicht ganz ohne moralisch-religiöse Verklärung der Imster Bevölkerung aus, wenn
„hinsichtlich der Fastnacht gesagt würde, sie sei das Ueberbleibsel eines heidnischen Brauches“
denn „[d]er religiöse Sinn der Imster Bevölkerung ist ein unantastbarer.“27
II. Kulturpessimismus, Entkonfessionalisierung und Germanenthese.
Anton Dörrer und die völkische Wissenschaft
Knapp 25Jahre nach Kurd Eichhorns Broschüre erschien 1938 ein „bescheidene[s] Büchlein“ von
Anton Dörrer, das, wie es der Autor ausdrückte, „dem Volks- und Kulturleben der Tiroler Sche-
menorte“28 dienen solle und in den Fastnachtsorten des Oberen Inntals wohlwollend registriert
wurde. Die Abhandlung über das Schemenlaufen, so las man in der Imster Zeitung „Oberland“,
sei ein „besonders im historischen Teil so aufschlußreiche[s] Büchlein“.29 Dort machte Dörrer
gleich zu Beginn– und ganz im Gegensatz zu Eichhorn– klar, dass die Fastnacht keinen engeren
Bezug zum liturgischen Kalender des christlichen Kirchenjahres aufweise. Damit negierte er
den ideengeschichtlichen Bezug zum mittelalterlichen Christentum und die religiöse Herkun
fastnächtlicher Maskerade: „[I]n Tirol spricht man von der Fasnacht, d. h. Vasenacht, Nacht des
Umherschwärmens, und nicht von der Nacht vor Beginn des Fastens.“30 Eine gekürzte Fassung
der Publikation war kurz zuvor als Aufsatz in dem Jahrbuch „Volk und Volkstum“ erschienen, das
der Kirchenhistoriker, eologe und bis 1933 bedeutende Kulturpolitiker der Zentrumspartei,
Georg Schreiber (1882–1963), herausgab. Bereits hier hatte Dörrer die Tiroler Fasnacht „als eine
noch nie versagte Kra des Tiroler Volkstumsbezeichnet und mit dem Prädikat „kravolles
deutsches Stammesgut“ versehen.31 Auch in einem weiteren, 1938 erschienenen Aufsatz stue er
die Tiroler Fasnacht als „deutschen Maskenbrauchein und widersprach zudem explizit Eich-
horns christlicher Deutung: „Eichhorn wurden der kultische Ursprung und die geschichtliche
Entwicklung der Maskenbräuche mangels weitergreifender quellenkundlicher Studien und ver-
wandter volkskundlicher Anhaltspunkte nicht klar.“32
Dörrer hingegen erkannte in der Fastnacht ein „magisch-mythische[s] Gemeinschasfest […]“
und Residuen eines „Fruchtbarkeitszaubers“– Masken und Figuren symbolisierten seiner Vorstel-
lung nach Seelenwesen und wiederkehrende Totengeister“, die „die Lebenden bedrohen, Gaben
heischen, rügen und strafen“. In Einklang mit den völkischen Paradigmen seiner Zeit glaubte
Dörrer mit dem „Fasnachtsvolksfest von Imst und Umgebung“ die Ausprägung eines „germani-
schen Volksbrauches“ vor sich zu haben.33 Wie verbreitet diese Meinung in katholischen Kreisen
war, verdeutlicht auch das Beispiel des Franziskaners Justin Knoach aus Hall in Tirol, der 1926
in der Monatsbeilage des Tiroler Anzeiger“ behauptete, „die für Tirol eigenartigen ländlichen
Faschingssitten“ zeigten deutlich, „daß deutsche Art in unserem Volke steckt“.34
Bezugnehmend auf wichtige NS-Volkskundler wie Otto Höer (1901–1987), der 1938 mit
Unterstützung von Heinrich Himmler und Walther Wüst ordentlicher Professor für Germani-
sche Philologie und Volkskunde an der Universität München wurde und Gründungsmitglied
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der Ordnertruppe der Wiener NSDAP (1922) war,
35
entwickelte Dörrer seine für Tirol adaptierte
Form einer Germanenthese, die neben der germanischen Herkun auch die alpenländischen
Einüsse betonte: „Man wird den Ton nicht zu sehr auf den germanischen Ursprung als viel-
mehr auf die germanische Herkun und den Einihrer alpenländischen Bevölkerung und
Landscha legen dürfen.“36
Die ese der germanischen Herkun der Tiroler Fastnacht verknüpe Dörrer mit einer
nicht sonderlich elaborierten– landschas- und rassentheoretischen Argumentation. Das Sche-
menlaufen und andere verwandte Fastnachtsbräuche hätten sich als „Urformen des Volksglaubens
und Volksbrauches überhaupt“ im Zeitverlauf zu einer charakteristischen Tiroler oder alpen-
ländischen Fastnacht geformt: „Tirolische Rasse- und Stammeszugehörigkeiten, Taleigenarten,
Ortsverhältnisse und Berufssitten, zäher Charakter und historischer Sinn haben dazu beigetragen,
daß diese Formen sich hier so kräig und gurenreich, so bunt und gehaltig ausgeprägt und sich
trotz aller Unterdrückungsmaßnahmen so lange aufrecht erhalten haben.“37
Doch zugleich sah Dörrer die Fastnacht auch in Tirol als einen von Aulärung, Urbanisierung
und Modernisierung gefährdeten Brauch, da „die herrschende Klasse der Landeshauptstadt“
entwurzelt und bereits den „Natur-, Feld- und Volksbräuchen entfremdet“38 sei. Insbesondere
im 18.Jahrhundert sei ein neuer Hybrid entstanden, „eine Verschmelzung von altdeutschem
Herkommen und barocken Formen zu einem neuen allseitigen Geschmack“.
39
Bedingt durch
diese Ausbreitung urbaner Festkultur und „städtischer Faschingssitten
40
war nach Dörrer der
Weg in den kulturellen Niedergang betreten worden– diese Entwicklung habe den „Keim des
Verfalles“41 in sich getragen. Mit dieser Diagnose eines Kulturverfalls im Zuge gesellschalicher
Modernisierungsprozesse erweist sich Dörrer als prototypischer Vertreter eines antimodernen
und romantischen Kulturpessimismus, wie er insbesondere in „bildungsbürgerlich-kleinstädti-
schen Kreisen“ im „rechtskonservativen Klima des postmonarchistischen Tirol“42 oder der Hei-
matschutzbewegung greiar wird. Ganz selbstverständlich operierte er in seiner Verfallstheorie
mit dem Gegensatzpaar Stadt-Land und kontrastierte die Oberächlichkeit bürgerlich-urbaner
Kreise mit der Authentizität und Volkstümlichkeit bäuerlicher Lebenswelten.
Wie sehr verbreitet dieser Krisendiskurs tatsächlich war und ob „von der Krisenrhetorik der
Kulturpessimisten43 tatsächlich auch auf Einstellungsmuster in der Mehrheit der Bevölkerung
geschlossen werden kann, ist zumindest fraglich. Gerade Akteure der dörichen Fastnacht dürf-
ten sich von der symbolischen Aufwertung der Peripherie gegenüber dem Zentrum aber durchaus
angesprochen gefühlt haben. Darauf deuten zumindest Rhetorik und Sprache zur Bewerbung
der Maskenzüge hin, unter anderem wenn das Imster Blatt „OberlandDörrers Kontrastierung
von volkstümlicher Fastnacht mit „Städtertum“, „Aulärung“ oder „Liberalismus“ zustimmend
kommentierte.44
Der Tübinger Volkskundler Utz Jeggle attestierte Fastnacht und Nationalsozialismus in den
1970ern eine grundsätzliche Anität.45 Unstrittig ist, dass theatral inszenierte Fest- und Auf-
züge– neben Fastnacht, Fasching oder Karneval auch historische Festzüge– von der NS-Kultur-
politik der 1930er-Jahre vielfach protierten.46 Maskenzüge eigneten sich in besonderem Maße
zur Ästhetisierung des ideologischen Programms des Nationalsozialismus und zu einer propag-
andistisch instrumentalisierbaren Inszenierung der Volksgemeinscha. „Gerade weil an Fasnacht
Unterschiede […] verwischt wurden“, so Jeggle, „wurde sie als Fest der Volksgemeinscha in
Betrieb genommen.“47 So versuchte etwa das „Amt Feierabend“ der NS-Gemeinscha „Kra
durch Freude“ (NSG KdF) im gesamten Reichsgebiet Einuss auf Fastnacht, Fasching und Kar-
neval auszuüben, um sie im Sinne des Nationalsozialismus zu gestalten und als kulturpolitisches
Vehikel zur praktischen Verwirklichung der Volksgemeinschasideologie zu nutzen.48
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Auch in Österreich bediente man sich nach dem „Anschluss“ der propagandistischen Wirk-
mächtigkeit von Maskenumzügen und Faschingsunterhaltungen. In Wien wurde nach dem
Vorbild anderer Städte eine Faschingsgesellscha gegründet, die 1939 in Zusammenarbeit mit
der NSG KdF und dem Fremdenverkehrsverband einen großen Faschingsumzug organisierte.49
Die NS-Geschichte der Fastnacht in Tirol ist bisher kaum erforscht und wurde in den größeren
Überblicksdarstellungen bis heute regelmäßig ausgespart– verallgemeinerbare Aussagen sind
somit schwer zu treen. Wie die Ankündigung der NSG KdF in den „Innsbrucker Nachrichten“,
dem „urwüchsige[n] Volkstum einen inneren Aurieb zu geben“ und „größere Bräuche ihrem
Wesen gemäß aus[zustatten]“
50
in der Praxis tatsächlich umgesetzt wurde, ist damit weiterhin
ein Forschungsdesiderat. Maskenumzüge und Fastnachtsveranstaltungen gab es 1939 allerdings
durchaus: So beispielsweise in aur das so genannte Mullen mit „über hundert einheimischen
Masken und vier großen Faschingswagen51, Faschingsveranstaltungen in Innsbruck und Hall52
oder die Nassereither Fastnacht.53
In Imst war für 1939 ebenfalls ein Schemenlaufen geplant, das allerdings „entgegen der
ursprünglichen Absicht“54 nicht stattfand. Ob dies aber tatsächlich „am passiven Widerstand
der Imster“55 scheiterte, wie auf der Webseite des Imster Fastnachtskomitees behauptet wird,
oder ob der Ausfall vielleicht einfach nur der Abwehr einer befürchteten Einussnahme von
außen geschuldet war, muss an dieser Stelle angesichts fehlender Indizien eine oene Frage blei-
ben. Allerdings liegt die begründete Vermutung nahe, dass auch Anton Dörrer an den Vorbe-
reitungen des Schemenlaufens 1939 beteiligt war. Sein Nachlass enthält ein unveröentlichtes
Typoskript, das für die Bewerbung oder historische Kontextualisierung des Maskenzugs 1939
gedacht gewesen sein könnte. Darin skizzierte er den ideologischen Rahmen, in dem die Imster
Fastnacht seinen Vorstellungen entsprechend hätte gestaltet und verortet werden sollen. „Noch
heute“, so erläuterte er, „verbinden die Imster Burschen mit diesem alten Brauch Vorstellungen
von der geheimnisvollen Kra, durch magische Freude Fruchtbarkeit, neues Leben auszubrei-
ten.“56 Dörrers Text legt nahe, dass er die Imster Fastnacht im Sinne des Nationalsozialismus
als germanischen Volksbrauch propagieren und ankündigen wollte, der aller konfessionellen
Bezüge entkleidet worden war. Ausgehend von der Tiroler Fastnacht als Ganzes stellte er über
eine umständliche esenbildung germanische Bezüge her: Die neben den Holzmasken in Tirol
teilweise gebräuchlichen Drahtmasken verband er in einer Kontinuitätslinie mit dem germani-
schen Stamm der Langobarden. Diese Zuschreibung ermöglichte es Dörrer dann letztlich einen
Zusammenhang bis nach Skandinavien zu behaupten.
57
Es ist wohl kein Zufall, dass zeitgleich
ähnliche esen auch von Mitarbeitern der Südtiroler Kulturkommission des SS-Ahnenerbes, wie
dem Sprachwissenschaler Bruno Schweizer (1897–1958), formuliert wurden. In seinen Feldfor-
schungen über deutsche Sprachinseln entwickelte Schweizer die „ideologiegebundene ese einer
völkerwanderungszeitlich-langobardischen Volks-, Besiedlungs- und Sprachgrundlage, worüber
er germanische Verbindungen nach Skandinavien konstruierte und eine räumliche wie zeitliche
germanisch-deutsche Kulturkontinuität nachzuweisen suchte.“58
Germanenthese und Entkonfessionalisierung sollten also die leitenden Prämissen bei der
Gestaltung der Fastnacht im Sinne des Nationalsozialismus sein. Dies wurde in einer für die
Praxis gedachten KdF-Handreichung programmatisch ausformuliert und die Ansprüche an die
„Deutsche Fasnacht“ folgendermaßen umrissenwobei auch hier die inhaltlichen Parallelen zu
Dörrers kurz vor dem „Anschluss“ entstandenen Publikation über das Schemenlaufen ins Auge
stechen: „Wer sich in unserem Volkstum umschaut, der entdeckt neben dem verunstalteten Worte
Fastnacht eine Unzahl mundartlicher Ausdrücke, wie Fasnacht– Faselnacht– FasenachtFase-
labend. Von da her ist es uns schon klar, daß diese Festzeit nichts mit Fasten zu tun hat, sondern,
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daß ihr eigentlicher Wortsinn bedeutet: Die Lebenskräe brechen auf.“59 Die „Deutsche Fasnacht“
dürfe, um der völkischen Programmatik und Ideologie auch in der Praxis zu entsprechen, keinen
Bezug mehr zum liturgischen Kalender und damit keine Verweise auf die auf das Fest unmittelbar
folgende österliche Fastenzeit aufweisen. Denn „[e]s ist für uns, die wir in der Idee des National-
sozialismus stehen, eine Aufgabe, diesem Lebensauruch eine Form zu geben, die unserer Art
und unserem Wesen entspricht.“60
Worin genau Art und Wesen bestanden, mit denen die Fastnacht in Einklang zu stehen hatte,
verdeutlichte eine Publikation der Gauarbeitsgemeinscha des nationalsozialistischen Volkskul-
turwerkes des Gaus Kärnten. Deren Arbeitsbehelf „Deutsche Fasnacht“, der in Schulen, Brauch-
tumsvereinen, Bürgermeisterämtern und allen Gliederungen der NSDAP kostenlos zur Verfü-
gung gestellt worden sein soll, gab ebenfalls „Richtlinien für das Brauchtum der Fasnachtszeit“
heraus.
61
Das Wesen der Fastnacht bestehe in ihrem „germanische[n] Erbe“
62
, denn „diese Festzeit
[trägt] den gleichen Auau […] wie die übrigen, seit Jahrtausenden überlieferten Feste unseres
Volkes.“63
Neben den ideologischen Berührungspunkten suchte Dörrer zwischen 1938 und 1945 auch
den direkten Austausch mit einzelnen Akteuren aus dem Wissenschasbetrieb. Nicht zuletzt
diese Kontakte relativieren die Behauptung seines Sohnes, des Landesarchivdirektors Fridolin
Dörrer, nach der er „ein Gegner des Nationalsozialismus
64
gewesen sein soll, dessen Forschungen
systematisch behindert wurden. Leider ist der Briefverkehr in Dörrers Nachlass nur bruchstück-
ha erhalten geblieben.65 Kursorische Hinweise müssen daher an dieser Stelle ausreichen, um zu
verdeutlichen, dass sich Dörrer– obwohl er keine Karriere im NS-Wissenschasbetrieb machte
keineswegs vollkommen distanzierte. Er stand in Brieontakt mit mehreren Mitarbeitern der
Südtiroler Kulturkommission des SS-Ahnenerbes, etwa mit Karl M. Mayr;66 der Dörrer oenbar
bei seinen Recherchen über Bozner Bürgerspiele
67
unterstützte. In einem Brief an Dörrer bedankte
sich Mayr wiederum für die Rücksendung eines „Index zum Bürgerbuch“ und kündigte an, dass
seine nächste Publikation Dörrer gewidmet sein werde.68 In einem weiteren Brief richtete Mayr
an Dörrer den freundschalichen Rat, sich im Hinblick auf seine Fragen zu den Prettauer Volks-
schauspielen an Richard Wolfram (1901–1995) zu wenden.69 Wolfram war einer der führenden
NS-Volkskundler, 1939 an der Universität Wien auf einen volkskundlichen Lehrstuhl berufen
worden, bekleidete eine leitende Funktion bei der Außenstelle Südost des SS-Ahnenerbes und
war auch als Mitarbeiter in der Südtiroler Kulturkommission tätig.70 Ein Briefwechsel mit Hans
Moser, der ab 1938 Leiter der Landesstelle für Volkskunde des Bayerischen Heimatbundes war,71
bestätigt, dass Dörrer mit Wolfram in Kontakt stand.
72
Auch mit Wolfram Sievers (1905–1948,
im Zuge des Nürnberger Ärzteprozesses zum Tode verurteilt und hingerichtet), Reichsgeschäs-
führer der Forschungsgemeinscha „Ahnenerbe“ der SS und damit auch Leiter der Südtiroler
Kulturkommission,
73
stand Dörrer in Kontakt. In einem Brief sicherte dieser ihm seine Unter-
stützung bei Archivrecherchen in Südtirol zu. Da jedoch „[e]ine Einreise für sie selbst […] unter
den gegeben Umständen leider nicht möglich“ sei, könne er durch seine Mitarbeiter notwendiges
Material vor Ort für Dörrer ausheben lassen.74
III. Dörrers Einflussnahme auf die Fastnacht in der unmittelbaren
Nachkriegszeit
Wichtige Vertreter der Geistes- und Kulturwissenschaen der Zweiten Republik– auch in Tirol
waren weiterhin „in Denkschulen und Netzwerken ‚völkischer‘ Wissenscha verwurzelt“, schreibt
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354 Neuburger, Anton Dörrer und die Tiroler Fastnacht
der Historiker Michael Wedekind.75 Dass sich die Jahre 1933, 1938 oder 1945 mentalitätsgeschicht-
lich nicht umstandslos als Epochengrenze eignen, illustrieren auch Werk und Wirken Anton Dör-
rers. War seine Forschung schon vor 1938 durch kulturpessimistische Deutungen und fragwürdige
Ursprungs- und Kontinuitätstheorien geprägt, änderte sich daran auch nichts in seiner umfang-
und einussreichen Monograe „Tiroler Fasnacht“, die 1949 im Österreichischen Bundesverlag
für Unterricht, Wissenscha und Kunst erschien. In dieser fast 500 Seiten starken Nachkriegs-Pu-
blikation, die er im Vorwort explizit als „Tiroler Fasnachtsbuchbezeichnet, verspricht Dörrer
seiner (Tiroler) Leserscha zwar, dass aus der volkskundlichen Betrachtung der Fastnachtsbräuche
anschaulich „der Tiroler als Bergmensch“
76
hervortrete. Aber bereits der Untertitel (der die Fastnacht
weiterhin im Kontext von „Winter- und Vorfrühlingsbräuche[n]“ verortet) macht deutlich, dass sich
an den grundsätzlichen Deutungsmustern nichts geändert hatte. Diese waren weiterhin für völkische
Interpretationen anschlussfähig. So referiert er wiederum zustimmend die Germanenthese „der
Schule R. Muchs“.
77
Aus germanischen Urzeiten herrührende „Fasnachtssittenhätten, so Dörrer
weiter, bis in die Gegenwart überlebt– „vereinzelte Reste alter Volksverbände [hielten] mit ihren
Fasnachtsbräuchen am Ursprung des Inns wie an dem der Etsch der Gleichmacherin Zivilisation und
ihrer modernen Bahnbrecherin Technik ähnlich wie in Schweden stand.“78 Weder kirchliche noch
weltliche Obrigkeit seien imstande gewesen, dieses „naturgegebene und gesellschaliche Gefüge
oder das volksläuge Brauchtum restlos aufzulösen oder gar auszulöschen.“79
Warme Worte und Glückwünsche zu seiner handbuchartigen Überblickdarstellung erhielt
Dörrer von einem Salzburger Rezensenten, mit dem er oenbar einen intensiveren Kontakt
pegte. Dieser dankte ihm im Besonderen für seine „löbliche Absicht, zur Reinhaltung des Imster
Brauches beizutragen– was Ihnen ja auch gelungen ist“, und forderte ihn auf, er „möchte […]
in diesen Bestrebungen nicht […] erlahmen“ und weiterhin die „Geduld“ für seine „schwerfälli-
gen Landsleut[e]“ auringen, die glücklicherweise „keineswegs geschästüchtig“ seien. Denn in
Anbetracht der neuen Aufmerksamkeit schien es dem Briefschreiber nicht ausgeschlossen, dass
die Fastnacht nach 1945 in ihren alten, authentischen Formen kompromittiert werden könnte,
denn: „Wird der Brauch zum Geschä, so ist er erledigt.“80
Dörrer stand in der unmittelbaren Nachkriegszeit zudem in einem engen Austausch mit meh-
reren Faschings- und Fastnachtskomitees. Vor allem aus dem Briefverkehr mit Imst, Nassereith
und Telfs ist eine nicht unbeträchtliche Menge an Unterlagen überliefert, die auch für die Wis-
senschasgeschichte der Volkskunde in Innsbruck und Tirol von Interesse sein düren. Die
Sitzungsberichte, Protokolle, Briefe usw. zeugen von der Bedeutung und einussreichen Stel-
lung, die sich der Wissenschaler Dörrer in der Welt der Tiroler Fastnacht erarbeitet hatte. So
wandte sich das Nassereither Faschingskomitee 1951 in fast schon devotem Ton mit einer Bitte
an seinen „Ehrenobmann“: „Sie dürfen nicht glauben, dass Ihr grosses Werk, die Widmung Ihres
Buches u. dgl. in den Herzen der Nassereither keinen Widerhall gefunden hat, im Gegenteil:
Ihr Name kommt bei jeder Fasnachtsitzung zur Sprache u. o wird Ihrer gebührend gedacht.“
Da wieder ein Maskenzug bevorstehe, wurde Dörrer gebeten, in der Zeitung über die Nasser-
either Fastnacht zu berichten und „in diesem Zusammenhang […] das Wort ‚Schellerlaufen
zu gebrauchen.“ Damit wolle sich das Faschingskomitee in eine Reihe stellen mit den authenti-
schen Fastnachtsfesten in Imst (Schemenlaufen) und Telfs (Schleicherlaufen)– und sich von der
Masse der „viel[n] ‚Fasnachten, die mit der unseren in keinem Verhältnis stehen […] vollständig
distanzieren“.81 Das Nassereither Schellerlaufen wollte 1951 nämlich an alte Formen anknüpfen
und die 1947 und 1949 oenbar zu sehr dem aktuellen Zeitgeist entsprechenden Auührungen
hinter sich lassen. Ein Werbefaltblatt betonte denn auch: „Da manches in den letzten beiden
Auührungen zu modern und zu neuzeitlich gewesen ist, so werden heuer besonders bäuerliche
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zeitgeschichte 6 / 44. Jahrgang / 2017
und bodenständige Gebräuche zur Geltung kommen.“ Dass die Rückbesinnung auf und das
Festhalten an „den ganzen Herkömmlichkeiten
82
möglicherweise auch auf Dörrers „Absicht zur
Reinhaltung“
83
zurückgingen, ist denkbar. In einem Einladungsschreiben des Bürgermeisteramts
und Faschingskomitees für die Nassereither Fastnacht 1949 klingen zumindest Verstimmungen
zwischen dem selbstbewussten Volkskundler und den lokalen Fastnachtsakteuren an. Dort heißt
es: „Nassereith hat auf Ihren Wunsch hin von Teilnahme am Innsbrucker Maskenzug Abstand
genommen u. bittet Sie um Ihr weiteres Wohlwollen.“84
Wenige Wochen nach dem Maskenzug 1949 erhielt Dörrer von Wilhelm Rappold, dem „Propa-
gandareferenten“ des Faschingskomitees Nassereith, eine Einladung: „Es wäre sehr begrüßenswert,
wenn Sie sobald Sie Zeit haben, nach Nassereith kommen würden.“ Grund der Einladung sei der
nächste, in zwei Jahren stattndende Maskenzug und der Wunsch, Dörrer möge einige Ausführun-
gen“ referieren. Es ist zwar nicht mit Bestimmtheit feststellbar, zu welchem Anlass Dörrers Expertise
gefragt war. Der Brief endete jedoch mit dem Versprechen: „Bis dahin kann so manches bespro-
chen werden.“85 In Anbetracht der Tatsache, dass die Fastnacht 1951 dann mit dem Eingeständnis
beworben wurde, dass die beiden vorherigen Maskenzüge zu wenig traditionsbewusst ausgefallen
waren, ist es durchaus plausibel, dass der Fastnachtsforscher den Nassereither Fastnachtlern dabei
helfen sollte, wieder eine „echte“ und „authentische“ Tiroler Fastnacht zu gestalten.
Auch aus Telfs gibt es Hinweise, dass Dörrer in der unmittelbaren Nachkriegszeit nicht einfach
nur als ein vom Gegenstand sich distanzierender, wissenschalicher Beobachter agierte. Auf einer
Postkarte berichtete der Schuldirektor i.R. und Fastnachtler Josef Schweinester (1873–1952) aus
Telfs über den Beginn der Vorbereitungen und Planungen für die erste Telfer Fastnacht nach dem
Krieg im Jahr 1950.
86
Dörrer erhielt auch die Programmentwürfe, Berichte und Protokolle aller
Sitzungen des Fastnachtskomitees. Aus letzteren geht zudem hervor, dass er mitunter selbst teil-
nahm. Ein Protokoll eines Vorbereitungstreens Ende 1949 zeigt gar, dass Dörrer als Autorität galt,
die über Gestaltung und „künstlerische Auührung“ des Schleicherlaufens 1950 entschied: „[D]
ie zu sprechenden Texte [müssen] frühzeitig zur Begutachtung eingesendet und Herrn Dörrer zur
Kritik vorgelegt werden.“
87
Ein weiterer Bericht aus den Vorbereitungen vermerkte: „Es wird in
Vorschlag gebracht, die Gruppen sollten im Rathaussaal eine Generalprobe abhalten u. Herr Dörrer
hierzu eingeladen werden.“88 In der darauf folgenden Versammlung wurde eine „erregte Zuschri
des Herrn Dr. Dörrer“ zur Kenntnis gebracht und von den Anwesenden „durchberaten“. Während
der Grund für Dörrers Missmut nicht direkt angesprochen wurde, beschloss man indessen: „[M]
orgen fahren sofort zwei Ausschußmitglieder […] nach Inbk. und fragen nach, was von uns dort
angekommen ist.“ Die Abgesandten erhielten zudem den Aurag, bei dem wichtigen Verbündeten
sich zu „erkunden, was noch gewünscht wird, das dann noch sofort erledigt wird.“89
IV. Fazit
Anton Dörrer erweist sich mit seinem Kontinuitätsparadigma, das Kultur in einer Statik der Zeit-
und Geschichtslosigkeit aufgehen lässt, als ein klassischer Vertreter volkskundlicher Forschung,
wie sie vom 19. bis in die zweite Häle des 20.Jahrhunderts dominant war.
90
Kultur wird dem
„Bereich des Geschichtlichen91 entzogen und ihr trotzdem stattndender Wandel erscheint in der
Argumentation nur als Verfallsprozess. Wenn der Blick eindimensional auf Statik und Kontinui-
tät festgelegt ist, geraten Transformationen und Metamorphosen ausschließlich als Störfaktoren in
den Blick. Kulturelle Ausprägungen werden nicht aus ihrer Zeit heraus begrien, sondern durch
eine Kontinuitätsxierung immer von einem Ursprung her bewertet. Unabhängig davon, wie dieser
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356 Neuburger, Anton Dörrer und die Tiroler Fastnacht
Ursprung bestimmt wird, erlaubt dieses Paradigma die Kategorisierung kultureller Erscheinungen in
das Gegensatzpaar „echt“ und „falsch“. Diese Form der volkskundlichen Forschung hat kein auf die
Gegenwart bezogenes Erkenntnisinteresse, sondern behandelt (und problematisiert) im Gegenteil
kulturelle Formen der Gegenwart erst dann, wenn sie die Kontinuitätsideologie in Frage stellen.
Untrennbar verbunden mit dem Postulat einer Kontinuität von (Volks-)Kultur ist die Praxis
der Unterscheidung, Abwertung und Ausgrenzung. Das Tiefsinnige muss vom Oberächlichen,
das Echte vom Falschen geschieden werden– und genau durch diesen Akt entsteht eine „Volks-
kultur aus zweiter Hand“.92 Die Konjunktur vermittelter (Volks-)Kultur oder anders formuliert:
die Massenproduktion von Traditionen seit dem ausgehenden 19.Jahrhundert
93
können als Reak-
tionen auf Wandlungen in den Formen moderner Vergesellschaung beschrieben werden. Das
(Er-)Finden von Traditionen dient als ein Versuch der Strukturierung der sozialen Welt, der
insbesondere in Zeiten rapiden und tiefgreifenden gesellschalichen und kulturellen Wandels
in Erscheinung tritt.94 Dadurch wird Orientierung vermittelt– die Traditionen werden zuerst
gesucht, dann ge- und erfunden und schließlich als Gebrauchsanleitung unters Volk gebracht.
Der praktischen Kultivierung gesuchter, gefundener und erfundener Traditionen hatte sich
auch Dörrer verpichtet. Nicht erst nach 1945, sondern bereits in der Zwischenkriegszeit ver-
suchte er, „das Vergangene zum Leben zu erwecken, indem er sich […] als Spielleiter der Passi-
onsauührungen von Erl und als Berater von iersee und Brixlegg zur Verfügung stellte.“
95
Doch
diese Gebrauchsanleitungen boten nicht nur ein positives Angebot (die authentische, unver-
fälschte volkstümliche Kultur), sondern sie benötigten zwangsläug auch ein Kontrastbild. In
Dörrers Interpretationen volkstümlicher Kultur (v.a. in Form von Fastnacht, Volksschau- und
Passionsspielen) trat dieser Mechanismus deutlich zu Tage. Die gesellschalichen Transformati-
onsprozesse seit dem 18.Jahrhundert, Urbanität, Modernität oder der Verlust einer (scheinbar)
unmittelbar gegebenen Kultur (ohne jegliche Form der Vermittlung), das seien die Ursachen, die
die Kontinuität von Volkskultur gefährden und auösen würdenund der Grund dafür, dass sich
„der Zusammenhang der Menschen mit Wachstum und Wetter verliert“.96
Ganz ähnlich hatte Dörrer auch in einer Arbeit über die ierseer Passionsspiele argumentiert.
Das Passionsspiel, so führte er aus, sei ein „Kultspiel“, in dem alle an ihm teilnehmenden Personen
„zu einer einzigen Volksgemeinscha verschmelzen und erstarken“. Hinter dieser sich im volks-
tümlichen Fest konstituierenden Volksgemeinscha“ verschwänden die „zerklüeten alten Gesell-
schasklassen– an die Stelle der „gedrängte[n], beziehungslose[n] Masse der Großstädter“ trete
das „ergriene gesunde Volk“.97 Das Passions- und Volksschauspiel wurde von Dörrer den Formen
moderner Kulturindustrie als Gegenentwurf gegenübergestellt. „Nicht Verkehrskörperschaen und
internationale Büros oder Banken“ sollten Gestaltung und Charakter des Festes bestimmen, sondern
„alle an diesem Volksfest Beteiligten“ hätten dieses im Sinne einer „Vervolkstümlichung“ zu pegen.98
Denn „volksentfremdete Federleute, so leitete Dörrer die Broschüre ein, verstünden nicht, dass die
ierseer in ihrem Passionsspiel nicht einfach nur ein „eater“, sondern vielmehr „Lebensgefühl,
Ausdruckswille und Wirklichkeit ihrer irdisch-überirdischen Welt“ erkannt hätten.99
Es verwundert angesichts dieser rückwärtsgewandten „Rettungs- und Authentizitätsrhetorik100,
die sich gegen Intellektuelle („volksentfremdete Federleute“) und Agenten protorientierter Ökono-
mie („Verkehrskörperschaen und internationale Büros oder Banken“) richtete, dass Antisemitismus
bei Dörrer ungeachtet des Zeitgeistes auch zwischen 1938 und 1945 keine Rolle zu spielen scheint.
Denn die Sinnstruktur dieser Rhetorik ist auf die Dichotomie eines zu bewahrenden authentischen
Prinzips gegenüber einem oberächlichen und abstrakten, das Authentische bedrohende und damit
kulturzersetzende Prinzip zurückführbar– und diese Sinnstruktur hätte sich ohne größere Probleme
in eine dezidiert völkische und antisemitische Semantik101 transformieren lassen.
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zeitgeschichte 6 / 44. Jahrgang / 2017
Anmerkungen
1 Mein Dank für die Unterstützung bei Recherchen gilt insbesondere Ingrid Böhler, Peter Goller, Nikolaus Hagen
und Sabine Pitscheider.
2 omas Nußbaumer, „Denn der Sommer muss ja über den Winter siegen“. Zur Bedeutung des Winteraustrei-
bens und anderer Naturbezüge in Tiroler Fasnachtsbräuchen, in: Roland Psenner/Reinhard Lackner/Maria Wal-
cher (Hg.), Ist es der Sindtuss? Kulturelle Strategien & Reexionen zur Prävention und Bewältigung von Naturge-
fahren, Innsbruck 2008, 43–53, 44.
3 Diesen Zusammenhang und die Kooperation von (angewandter) Volkskunde und Fastnachtsakteuren untersucht
auch Karin Bürkert, Fastnacht erforschen. Zur Herstellung und Vermittlung von Kulturwissen (1961–1969), Tü-
bingen 2015.
4 Siehe zum Entwurf einer tirolerischen Identität im Kontrast zur städtischen Dekadenz Irmgard Plattner, Fin de
siècle in Tirol. Provinzkultur und Provinzgesellscha um die Jahrhundertwende, Innsbruck 1998, 210.
5 Dörrer an Dekanat der Philosophischen Fakultät Innsbruck, Lebenslauf, 30. 7. 1945. Österreichisches Staatsarchiv
(OeStA), Archiv der Republik (AdR), Bundesministerium für Unterricht (BMfU), 10/017, Teil 2, Personalakt An-
ton Dörrer.
6 Anton Dörrer, Oberstaatsbibliothekar Privatdozent Dr. Anton Dörrer (Innsbruck), in: Nikolaus Grass (Hg.), Ös-
terreichische Geschichtswissenscha der Gegenwart in Selbstdarstellungen. 2. Band (Schlern-Schrien 69), Inns-
bruck 1951, 9–46, 13–15, 17 und 35–46.
7 Karl Ilg, tit. ao. Univ.-Prof. DDr. Anton Dörrer zum Gedenken, in: Universität Innsbruck (Hg.), Nachrichtenblatt
der Universität Innsbruck Studienjahr 1967–68 (Veröentlichungen der Universität Innsbruck 72, Innsbrucker
Universitätsnachrichten II), Innsbruck 1972, 129–130, 129.
8 Dörrer an Dekanat der Philosophischen Fakultät Innsbruck, Lebenslauf, 30. 7. 1945. OeStA, AdR, BMfU, 10/017,
Teil 2, Personalakt Anton Dörrer.
9 VF-Werk „Neues Leben“ (Kulturreferat) Bezirk Innsbruck, o. B. Tiroler Landesarchiv (TLA), Nachlass Anton Dör-
rer, K. 47, Pos. 47/2.
10 Susanne Halhammer, Die Universitätsbibliothek Innsbruck in der Zeit des Nationalsozialismus, in: Gertrude End-
erle-Burcel/Alexandra Neubauer-Czettl/Edith Stumpf-Fischer (Hg.), Brüche und Kontinuitäten 1933–1938–1945.
Fallstudien zu Verwaltung und Bibliotheken (Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs Sonderband 12),
Wien 2013, 315–331, 315.
11 BMfU an Phil. Fakultät Innsbruck, Konzept, 10. 10. 1946. OeStA, AdR, BMfU, 10/017, Teil 2, Personalakt Anton
Dörrer.
12 Dörrer, Oberstaatsbibliothekar, 27–28. Zu Anton Dörrer sind keine Wehrunterlagen im Tiroler Landesarchiv er-
halten.
13 Bundespolizeidirektion Innsbruck an BMfU, 3. 1. 1947. OeStA, AdR, BMfU, 10/017, Teil 2, Personalakt Anton Dörrer.
14 Personenstandesblatt, o. B. Ebd.
15 James R. Dow/Olaf Bockhorn, e Study of European Ethnology in Austria, London 2017, 176–177.
16 Trotz Unterstützung und Empfehlungsschreiben der Österreichischen demokratischen Freiheitsbewegung an den
Staatskommissar für unmittelbare Bundesangelegenheiten im Lande Tirol und der Universität Innsbruck blieb
Dörrer bei der Berufung für einen volkskundlichen Lehrstuhl unberücksichtigt. Molling an Grossmann, 24. 1. 1946;
Molling an Erismann, 12. 2. 1946. Universitätsarchiv Innsbruck, Personalakt Anton Dörrer.
17 Dow/Bockhorn, Study of European Ethnology, 176–177.
18 Siehe exemplarisch zu kulturpolitischen Kontinuitäten im Kontext der Musikerziehung nach 1945 Christian Wolf,
Musikerziehung unterm Hakenkreuz. Die Rolle der Musik am Beispiel der Oberschulen im Gau Tirol-Vorarlberg,
Anif/Salzburg 1998, 254.
19 Michael Wedekind, Stellungnahme zu den vom Verein, Institut für Tiroler Musikforschung‘ (Rum bei Tirol) vor-
gelegten Publikationen zu den Musikschaenden der ‚Arbeitsgemeinscha Tiroler Komponisten‘ (1934–1938),
Wien, 20. 6. 2013 (ungedruckt), 18 (Gutachten im Aurag der Tiroler Landesregierung, im Internet aufruar unter
Markus Wilhelm, dietiwag.org, URL: http://www.dietiwag.org/blog/index.php?datum=2013–10–03 (abgerufen am
27. 10. 2017).
20 Stadt Imst, Vom Heimatmuseum zum Museum im Ballhaus, URL: http://www.imst.tirol.gv.at/Kunst_Kultur_Tra-
dition/Museum_im_Ballhaus/Geschichte (abgerufen am 27. 10. 2017).
21 Kurd Eichhorn, Das Imster Schemenlaufen. Seine Herkun, Bedeutung und seine Hauptgestalten, Imst 1914.
22 Ebd., 3.
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358 Neuburger, Anton Dörrer und die Tiroler Fastnacht
23 Ebd., 5.
24 Ebd., 5.
25 Ebd., 7.
26 Hans Moser, Städtische Fastnacht im Mittelalter, in: Hermann Bausinger (Hg.), Masken zwischen Spiel und Ernst.
Beiträge des Tübinger Arbeitskreises für Fasnachtsforschung, Tübingen 1967, 135–202.
27 Eichhorn, Imster Schemenlaufen, 16.
28 Anton Dörrer, Das Schemenlaufen in Tirol und verwandte alpenländische Masken- und Fasnachtsbräuche, Inns-
bruck 1938, 3.
29 Oberland, 12. 2. 1938, 1.
30 Dörrer, Schemenlaufen in Tirol, 3.
31 Anton Dörrer, Das Schemenlaufen in Tirol, in: Volk und Volkstum. Jahrbuch für Volkskunde (1938) 3, 67–92, 92.
32 Anton Dörrer, Das Tiroler Schemenlaufen und die Wissenscha, in: Geistige Arbeit. Zeitschri aus der wissenscha-
lichen Welt, 5. 6. 1938, 3.
33 Dörrer, Schemenlaufen in Tirol, 5.
34 Justin Knoach, Faschin-Fasnacht. Volkskundliche Skizze, Der Sammler. Monatliche Beilage des Tiroler Anzeiger,
5. 1. 1926, 1.
35 Deutsche Biographische Enzyklopädie Online, URL: https://www.degruyter.com/view/db/dbe (abgerufen am
27. 10. 2017).
36 Dörrer, Schemenlaufen in Tirol, 5.
37 Ebd.
38 Ebd., 18.
39 Ebd., 22–23.
40 Ebd., 20.
41 Ebd., 23.
42 Wedekind, Stellungnahme, 18.
43 Wolfgang Hardtwig, Politische Kulturgeschichte der Zwischenkriegszeit, in: Wolfgang Hardtwig (Hg.), Politische
Kulturgeschichte der Zwischenkriegszeit 1918–1939, Göttingen 2005, 7–22, 7.
44 Oberland, 12. 2. 1938, 1.
45 Utz Jeggle, Fasnacht im Dritten Reich, in: Günther Albrecht/Maria Schmidt (Hg.), Masken und Narren, Traditio-
nen der Fastnacht. Texte der Referate, Köln 1972, 40–51.
46 Stefan Schweitzer, „Unserer Weltanschauung sichtbaren Ausdruck geben“. Nationalsozialistische Geschichtsbilder
in historischen Festzügen, Göttingen 2007, 39, 46–51.
47 Utz Jeggle, Fasnacht im Dritten Reich. Einige brauchgeschichtliche Aspekte, in: Hermann Bausinger (Hg.), Narren-
freiheit. Beiträge zur Fastnachtsforschung, Tübingen 1980, 227–238, 230.
48 Siehe zu Funktion und Einuss der NSG KdF auf Fastnacht, Fasching und Karneval im Kernreich exemplarisch
Berthold Hamelmann, „Helau“ und „Heil Hitler“. Alltageschichte der Fastnacht 1919–1939 am Beispiel der Stadt
Freiburg, Eggingen 1989; oder Carl Dietmar/Marcus Leifeld, Alaaf und Heil Hitler. Karneval im Dritten Reich,
München 2010.
49 Ruth Mateus-Berr, Fasching und Faschismus. Ein Beispiel. Faschingsumzug 1939 in Wien, Wien 2007.
50 Innsbrucker Nachrichten, 2. 2. 1939, 6.
51 Ebd., 6. 2. 1939, 6.
52 Ebd., 18. 2. 1939, 7; 20. 2. 1939, 5.
53 Anton Dörrer, Tiroler Volksfasnacht 1947 (unveröentlichtes Typoskript). TLA, Nachlass Anton Dörrer, K. 41.
54 Innsbrucker Nachrichten, 6. 2. 1939, 6.
55 Verein zur Förderung des Imster Schemenlaufens, Imster Fastnacht: Schemenlaufen– Historisches, URL: http://
www.fasnacht.at/Schemenlaufen_-_Historisches (abgerufen am 27. 10. 2017).
56 Anton Dörrer, Tiroler Volksfasnacht (Zum Imster Schemenlaufen am 12.Februar 1939). TLA, Nachlass Anton
Dörrer, K. 40.
57 Ebd.
58 Michael Wedekind, Kulturkommission des SS-“Ahnenerbes“ in Südtirol, in: Michael Fahlbusch/Ingo Haar/Alexan-
der Pinwinkler (Hg.), Handbuch der völkischen Wissenschaen. Akteure, Netzwerke, Forschungsprogramme,
Berlin 2017, 1866–1878, 1872.
59 Amt „Feierabend“ der NSG „Kra durch Freude“ (Hg.), Deutsche Fasnacht (Schrienreihe „Feste und Feiern im
Jahresring“), Berlin [1939?], 11.
60 Ebd.
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359
zeitgeschichte 6 / 44. Jahrgang / 2017
61 Gauarbeitsgemeinscha des nationalsozialistischen Volkskulturwerkes, Gau Kärnten (Hg.), Deutsche Fasnacht,
Klagenfurt [1940?], 2.
62 Ebd., 3.
63 Ebd., 4.
64 TLA, Nachlass Anton Dörrer, K. 1, Rep. B 718.
65 Der Nachlass von Anton Dörrer im Tiroler Landesarchiv umfasst insgesamt 69 Kartons. Durch eine systematische
Auereitung ließe sich möglicherweise sein Briefverkehr zumindest teilweise rekonstruieren.
66 Michael H. Kater, Das „Ahnenerbe“ der SS 1935–1945. Ein Beitrag zur Kulturpolitik des Dritten Reiches, München
2006, 166.
67 Anton Dörrer, Bozner Bürgerspiele. Alpendeutsche Prang- und Kranzfeste, Leipzig 1941.
68 Karl M. Mayr an Anton Dörrer, 22. 8. 1940. TLA, Nachlass Anton Dörrer, K. 40.
69 Karl M. Mayr an Anton Dörrer, 15. 2. 1941. Ebd.
70 Wedekind, Kulturkommission, 1867.
71 Edgar Harvolk, Die Bayerische Landesstelle für Volkskunde. Von der Gründung 1938 bis zum zweiten Weltkrieg,
in: Bayerischer Landesverein für Heimatpege (Hg.), Heimat erleben– bewahrenneu erschaen. Kultur als Erbe
und Aurag. 100Jahre Bayerische Landesverein für Heimatpege e. V., München 2002, 159–170, 162.
72 Hans Moser an Anton Dörrer, 26. 4. 1941. TLA, Nachlass Anton Dörrer, K. 40.
73 Wedekind, Kulturkommission, 1867.
74 Wolfram Sievers an Anton Dörrer, 18. 2. 1941. TLA, Nachlass Anton Dörrer, K. 40.
75 Wedekind, Stellungnahme, 31.
76 Anton Dörrer, Tiroler Fasnacht innerhalb der alpenländischen Winter- und Vorfrühlingsbräuche, Wien 1949, 11.
77 Ebd., 27. Zu den Schülern des Wiener Germanisten, Skandinavisten und Deutschnationalen Rudolf Much (1862–
1936), die prominent die ese germanischer Kontinuitäten vertraten, gehörten unter anderen die bereits erwähn-
ten Otto Höer und Richard Wolfram.
78 Ebd., 29.
79 Ebd., 33.
80 [Name unleserlich] an Anton Dörrer, 3. 6. 1949. TLA, Nachlass Anton Dörrer, K. 40.
81 Nassereither Faschingskomitee an Anton Dörrer, 10. 1. 1951. Ebd.
82 Einladung zu Nassereither Schellerlaufen am Sonntag, den 4.Februar 1951. Ebd.
83 [Name unleserlich] an Anton Dörrer, 3. 6. 1949. Ebd.
84 Gemeinde Nassereith an Anton Dörrer, 5. 2. 1949. Ebd.
85 Wilhelm Rappold an Anton Dörrer, 25. 4. 1949. Ebd.
86 Josef Schweinester an Anton Dörrer, 25. 5. 1949. Ebd.
87 Josef Schweinester, Fasnachtssitzungsbericht vom 6. Nov. 1949 beim Rößl. Ebd.
88 Josef Schweinester, VI. Bericht der Vollversammlung vom 26. Dez. 1949 im Rathaussaale. Ebd.
89 Josef Schweinester, VII. Sitzungsbericht vom 30. Dezem. 1949 im Gasthaus Löwen. Ebd.
90 Hans Moser, Gedanken zur heutigen Volkskunde. Ihre Situation, ihre Probleme, ihre Aufgaben, in: Bayerisches
Jahrbuch für Volkskunde (1954), 208–234.
91 Hermann Bausinger, Volkskultur in der technischen Welt, Stuttgart 1961, 17.
92 Hans Moser, Vom Folklorismus unserer Zeit, in: Zeitschri für Volkskunde 65 (1962), 177–209.
93 Eric Hobsbawm, Mass-Producing Traditions. Europe, 1870–1914, in: Eric Hobsbawm/Terence Ranger (Hg.), e
Invention of Tradition, Cambridge 1983, 263–307.
94 Eric Hobsbawm, Introduction. Inventing Traditions, in: ebd., 1–14.
95 Ilg, Anton Dörrer, 130.
96 Dörrer, Schemenlaufen in Tirol, 20.
97 Anton Dörrer, Die ierseer Passionsspiele 1799–1935. Ringen um Bestand und Gestalt eines Tiroler Volksbrau-
ches, Innsbruck 1935, 144.
98 Ebd.
99 Ebd., 6–7.
100 Hanna Walsdorf, Bewegte Propaganda. Politische Instrumentalisierung von Volkstanz in den deutschen Diktatu-
ren, Würzburg 2010, 15.
101 Zur Sinnstruktur des Antisemitismus siehe Klaus Holz, Nationaler Antisemitismus. Wissenssoziologie einer Wel-
tanschauung, Hamburg 2001.
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402 ABSTRACTS
ABSTRACTS
Tobias Neuburger
Anton Dörrer and the Tyrolean Carnival between Tradition and Invention, 1900–1950
e article examines the role, impact and inuence of the librarian, historian and folklorist Anton
Dörrer in connection with the Carnival in Tyrol in the rst half of the 20
th
century. As a represent-
ative of applied folklore studies, he intervened in the composition and performance of „authentic“
folk culture. Although he cannot be considered a „völkisch“ scholar, his paradigm, focusing on
authenticity and cultural decline, was obviously inuenced by the ideas of this ideology.
Reinhard Bodner
Portrait of a Secretary. Remarks on the Early Biography of Gertrud Pesendorfer (1895–1982) and
the Beginnings of the Folk Costume Renewal in Tyrol
e article presents rst results of a research project on Gertrud Pesendorfer (1895–1982) and
her activities in the Folk Costume Renewal (Trachtenerneuerung) before, during and aer the
National Socialism era. Aer Austria’s Anschluss into the German Reich, the National Socialist
Women’s League (NS-Frauenscha/Reichsfrauenführung) declared Pesendorfer responsible for
folk costume matters. Under her direction, the German Folk Costume Coordination Agency
(Mittelstelle Deutsche Tracht), based in the Tyrolean Folk Art Museum (Tiroler Volkskunstmu-
seum) in Innsbruck, documented and renewed folk costumes in various parts of NS-Germany.
Since the latter half of the 1980s, and especially the work carried out aer 2000, we have known
more about this institution, the actors linked to it and its ideological contexts. Relatively little,
however, is known about Pesendorfer’s early life before 1938. e article explores this period of
her life, focussing on Pesendorfer’s family and job-related socialization, her key responsibilities
in the museum, her relationship to the museum’s director Josef Ringler (1893–1973) and the
reasons for her dismissal in 1932. Furthermore, some of dierences and overlaps of folk costume
activities in the contexts of austrofascist cultural policy and the illegal NSDAP are discussed. e
article contends that considering these aspects in a more detailed and dierentiated way helps us
understand Pesendorfers later work following the years 1938 and 1945.
Nikolaus Hagen
„Folk Costume Ban for Jews“ and the „Protection of Native Folklore”. Sanctions and Norms in the
Gau Tyrol-Vorarlberg
In July 1938, a regional Nazi decree prohibited Jews from wearing traditional folk costumes in the
Gau Tyrol-Vorarlberg. Half a year later, another decree banned both „swing dances“ and wearing
folk costumes at carnival balls for the general public. ese legal measures, which nowadays are
seen as typical examples of Nazi cultural policy, were in reality largely isolated and did not reect
common legal norms throughout the Reich. Nonetheless, they were deeply entrenched in antise-
mitic Nazi ideologemes such as Jewish mimicry, sexual deviation and Volkstum.
ABSTRACTS
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Österreichische Geschichtswissenscha der Gegenwart in Selbstdarstellungen. 2. Band (Schlern-Schri en 69), Innsbruck 1951
  • Anton Dörrer
Anton Dörrer, Oberstaatsbibliothekar Privatdozent Dr. Anton Dörrer (Innsbruck), in: Nikolaus Grass (Hg.), Österreichische Geschichtswissenscha der Gegenwart in Selbstdarstellungen. 2. Band (Schlern-Schri en 69), Innsbruck 1951, 9-46, 13-15, 17 und 35-46.
Zu Anton Dörrer sind keine Wehrunterlagen im Tiroler Landesarchiv erhalten
  • Oberstaatsbibliothekar Dörrer
Dörrer, Oberstaatsbibliothekar, 27-28. Zu Anton Dörrer sind keine Wehrunterlagen im Tiroler Landesarchiv erhalten.
Bedeutung und seine Hauptgestalten
  • Kurd Eichhorn
  • Das Imster Schemenlaufen
  • Seine Herkun
Kurd Eichhorn, Das Imster Schemenlaufen. Seine Herkun, Bedeutung und seine Hauptgestalten, Imst 1914. 22 Ebd., 3. 5630_zeitgeschichte_6_2017.indd 357 15.01.2018 12:42:00
  • Anton Dörrer
Anton Dörrer, Das Schemenlaufen in Tirol, in: Volk und Volkstum. Jahrbuch für Volkskunde (1938) 3, 67-92, 92.
Monatliche Beilage des Tiroler Anzeiger
  • Justin Kno Ach
  • Faschin-Fasnacht
  • Der Volkskundliche Skizze
  • Sammler
Justin Kno ach, Faschin-Fasnacht. Volkskundliche Skizze, Der Sammler. Monatliche Beilage des Tiroler Anzeiger, 5. 1. 1926, 1.
  • Utz Jeggle
  • Fasnacht Im Dritten
  • Reich
Utz Jeggle, Fasnacht im Dritten Reich, in: Günther Albrecht/Maria Schmidt (Hg.), Masken und Narren, Traditionen der Fastnacht. Texte der Referate, Köln 1972, 40-51.
Unserer Weltanschauung sichtbaren Ausdruck geben". Nationalsozialistische Geschichtsbilder in historischen Festzügen
  • Stefan Schweitzer
Stefan Schweitzer, "Unserer Weltanschauung sichtbaren Ausdruck geben". Nationalsozialistische Geschichtsbilder in historischen Festzügen, Göttingen 2007, 39, 46-51.
Einige brauchgeschichtliche Aspekte
  • Utz Jeggle
  • Fasnacht Im Dritten
  • Reich
Utz Jeggle, Fasnacht im Dritten Reich. Einige brauchgeschichtliche Aspekte, in: Hermann Bausinger (Hg.), Narrenfreiheit. Beiträge zur Fastnachtsforschung, Tübingen 1980, 227-238, 230.
Alltageschichte der Fastnacht 1919-1939 am Beispiel der Stadt Freiburg
Siehe zu Funktion und Ein uss der NSG KdF auf Fastnacht, Fasching und Karneval im Kernreich exemplarisch Berthold Hamelmann, "Helau" und "Heil Hitler". Alltageschichte der Fastnacht 1919-1939 am Beispiel der Stadt Freiburg, Eggingen 1989; oder Carl Dietmar/Marcus Leifeld, Alaaf und Heil Hitler. Karneval im Dritten Reich, München 2010.