Obgleich die 68 Heine-Lieder Robert Franz’ kaum jemals die Popularität erreicht haben wie etwa die sechs Heine-Vertonungen Franz Schuberts, so geben sie vor dem liedgeschichtlichen Hintergrund des 19. Jahrhunderts, vor dem sich Franz als eine ungewöhnliche und gar schon verschroben wirkende Komponistenpersönlichkeit abhebt, doch einen weiteren, ganz eigenwilligen Blick auf die Lyrik jenes
... [Show full abstract] Dichters frei. Schätzte Schubert an Heines Versen die Dialektik von Ideal und Wirklichkeit, Schumann das Bizarr-Romantische, Mendelssohn das Volkstümlich-Stimmungsvolle und Märchenhaft-Wunderbare, tendierten Meyerbeer, Liszt und Vesque von Püttlingen zum Salonhaft-Dramatischen, so konzentrierte sich Franz ganz auf das unmittelbare, lyrisch-naive Moment in Heines Gedichten. „Wenn wir Franz singen“, so schreibt Hermann v. d. Pfordten rund zwanzig Jahre nach Franz’ Tod mit dem für die Zeit so typischen nationalistischen Pathos,
mit ehrlicher Hingebung, mit kindlicher Innigkeit und gläubigem Vertrauen, dann muß der Segen, den er selbst empfangen hat, auf uns überströmen. Neu geweiht müssen wir uns fühlen zu echter Poesie […]. Seine Lieder werden leben, so lange deutsche Art besteht; sie sind ein Edelgut, das wir nicht missen mögen und dessen Herrlichkeit wir künden wollen, bis sie sich allen erschließt, die ihrer wert sind.2 […] Es ist deutsche Größe, die er kündet, deutsche Tugend, die er predigt, hoffentlich nicht tauben Ohren und Herzen.3