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© 2018 Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen
ISBN Print: 9783525402979 — ISBN E-Book: 9783647402970
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Vandenhoeck & Ruprecht
Robert Wegener/Silvia Deplazes/Marianne Hänseler/
Hansjörg Künzli/Stefanie Neumann/Annamarie Ryter/
Wolfgang Widulle (Hg.)
Wirkung im Coaching
© 2018 Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen
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Mit 31 Abbildungen und 10 Tabellen
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Satz: SchwabScantechnik, Göttingen
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Inhalt
Vorwort ........................................................... 9
Dank ............................................................. 11
Einführung ........................................................ 15
Über die Notwendigkeit institutionell verankerter
Coaching-Forschung
Robert Wegener, Silvia Deplazes, Marianne Hänseler, Hansjörg Künzli,
Stefanie Neumann, Annamarie Ryter und Wolfgang Widulle
Teil 1 – Wissenschaliche Fachbeiträge
Peter oder Petra? ................................................... 27
Die Rolle von Geschlecht und Führungsqualitäten in der Bewertung
und Auswahl von Coaches
Maximilian D. Mühlberger und Eva Traut-Mattausch
Wo führt das hin? .................................................. 35
Eekte des Coaching-Führungsstils auf das Erleben der Klientinnen
und Klienten und den Coaching-Erfolg
Sabine Losch und Eva Traut-Mattausch
Die Bedeutung von Medien für die Qualität von Coaching ............. 46
Harald Geißler
Coaching und die Rolle des Unbewussten ............................ 57
Neurowissenschaliche Erkenntnisse für eine wirksame Coaching-Praxis
Alica Ryba
Das Selbst im Bild .................................................. 74
Mit Bildern Selbstreexion und Veränderung im Coaching wirksam
unterstützen
Jasmin Messerschmidt
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Inhalt
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Prozessbezogene Determinanten der Wirkung von Einzelcoaching ..... 85
Ein systematischer Überblick über den internationalen Forschungsstand
Cornelia Tonhäuser
»Turning Duty into Joy!« ........................................... 95
Optimierung der Selbstregulation im Coaching durch Motto-Ziele
Julia Weber
Mein Coaching! .................................................... 105
Die Erfüllung des Bedürfnisses nach Autonomie
Sandra J. Schiemann, Christina Mühlberger, Maximilian D. Mühlberger,
Isabell Braumandl und Eva Jonas
Transferstärke-Coaching ............................................ 117
Selbstlernkompetenz fördern und Lerntransfer sichern
Axel Koch
Ambivalenzen des Coachings ....................................... 132
Über nicht intendierte Wirkungen in Zeiten der Selbstoptimierung
Laura Glauser
Das Impostor-Phänomen– ein ema im Coaching? ................. 140
Eva Traut-Mattausch und Mirjam Zanchetta
Eectiveness of Leadership Coaching ................................ 148
Willem Jan Hofmans
Teil 2 – Forschungsrelevante Beiträge aus der Praxis
Formatkompetenz von Coaches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163
Design von maßgeschneiderten Vorgehensweisen im Coaching
Elke Berninger-Schäfer und Efriom Kineselassie
»Blended Business Coaching« mit dem Lauahnkoer HR ............ 176
Neue Formen des Coachings in der beruichen Weiterbildung
Wolfgang Eberling, Gery Bruederlin und Marion Alt
Kein Coaching ohne Evaluation der Ergebnisse ....................... 188
Niki Harramach und Nina Veličković
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Inhalt 7
Führung entwickeln und Wirkung entfalten .......................... 197
Zum Zusammenhang von Coaching und Change-Management
Mathias Hofmann
Coaching-Kultur in deutschsprachigen Organisationen ............... 210
Das Konzept der resilienten und agilen Organisation
Axel Klimek und Werner Stork
Die Autorinnen und Autoren, Herausgeberinnen und Herausgeber ..... 221
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Transferstärke-Coaching
Selbstlernkompetenz fördern und Lerntransfer sichern
Axel Koch
Wieso schaffen es manche Menschen besser als andere, Lern- und Ver-
änderungsimpulse aus Seminaren und Trainings umzusetzen? Das war die
Ausgangsfrage, aus der sich das faktorenanalytisch ermittelte Transferstär-
ke-Modell entwickelt hat. Es richtet den Fokus auf spezielle Einstellungen
und Selbststeuerungsfertigkeiten, die umsetzungsstarke Menschen teilen.
In diesem Beitrag wird das Transferstärke-Modell und das dazugehörige
Coaching-Programm vorgestellt. Damit gelingt es, den Lerntransfer bei
Soft-Skills-Trainings zu sichern und zugleich die Transferstärke der Teilneh-
merinnen und Teilnehmer zu verbessern.
Der selbstverantwortliche Top-Lerner ist gefragt
Die Schulung sozialer Kompetenzen, wie Führung, Teambildung, Kommunika-
tion, Koniktmanagement, Verkauf oder Selbstführung, ist das Top-ema in
den Unternehmen. Dabei sind ein- bis zweitägige Seminare und Trainings mit
einem Anteil von über sechzig Prozent das beliebteste Weiterbildungsformat.
Das sind zentrale Ergebnisse der »managerSeminare«-Trendstudie »Weiterbil-
dungsSzene Deutschland 2015«. Befragt wurden 1018 Trainerinnen und Trai-
ner, Coaches und Weiterbildungsanbieter (Graf, 2015).
Gerade solche So-Skills-Schulungen haben jedoch den schlechten Ruf,
dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer danach wenig bis gar nichts des
Gelernten in ihrer Arbeit umsetzen. Gris (2008) spricht aus diesem Grund von
einer »Weiterbildungslüge«. Seit rund zehn Jahren rangiert laut den
SCIL
-Trend-
studien das ema »Bildungsmaßnahmen transferförderlich gestalten« unter
den Top drei der Herausforderungen für Personalentwickler. Bei diesen Studien
werden alle zwei Jahre rund 150 Bildungsverantwortliche aus verschiedensten
Unternehmen befragt (Euler & Seufert, 2006; Diesner & Seufert, 2010; Dies-
ner & Seufert, 2013; Fandel-Meyer & Schneider, 2015).
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Als Lerntransfer gilt, dass in einer Fortbildungsmaßnahme gelerntes Wissen
bzw. erworbene Fertigkeiten und Haltungen danach im Arbeitsalltag über eine
längere Zeit gezeigt werden (Baldwin & Ford, 1988, S. 64).
Das Problem des mangelnden Lerntransfers ist auch Gegenstand zahlreicher
Forschungsarbeiten. Dabei zeigt sich, dass wesentliche Einussfaktoren des
Lerntransfers bereits identiziert sind (z. B. Saks & Belcourt, 2006; Gross-
man & Salas, 2011; Saks, Salas & Lewis, 2014; Weinbauer, 2015). Die Sichtung
der Literatur fördert indessen einen interessanten Widerspruch zutage: Unter-
nehmen beklagen auf der einen Seite die zu geringe Wirkung von Trainings-
maßnahmen, während sie auf der anderen Seite die Erkenntnisse aus der Lern-
transferforschung zu wenig anwenden. Erklärbar wird dieser Sachverhalt durch
die informellen Aussagen von Personalentwicklerinnen und Trainern. Danach
fehlen in den Firmen Ressourcen für zeitaufwendige Schulungen. Vielmehr
sollen Lernprozesse angesichts des operativen Drucks im Tagesgeschä schnell
und zeitsparend erfolgen. In der bereits erwähnten Studie »Weiterbildungs-
Szene Deutschland 2015« zeigt sich dazu passend der Trend zur Verkürzung
der Seminar- und Trainingsdauer. Rund 17 Prozent der Trainings sind bereits
kürzer als einen Tag (Graf, 2015).
Die Anforderung besteht demzufolge zunehmend darin, die Beschäigten in
Unternehmen wirksam und zeitsparend in ihren Kompetenzen zu entwickeln.
Viele Honungen liegen auf unterschiedlichsten Formen von E-Learning.
Zahlreiche neue Lern-Kurzformate wie zum Beispiel learning nuggets (Bergel,
2008; Gloger, 2009) oder microlearning (Gillies, 2013a) lassen sich gut mit den
Möglichkeiten von E-Learning verbinden. Auch der Einsatz von Smartphones
und Tablets – wir sprechen von mobile learning (Gillies, 2013b) – taugt dazu,
sich im Arbeitsalltag exibel das Wissen anzueignen, das gerade gebraucht wird.
Besonders beliebt sind kurze Lernvideos (Gillies, 2014). Die Idee ist also: Jede
und jeder kann seinen Lernprozess bedarfsgerecht steuern. Jeder und jede kann
sich Zeit und Raum dafür einteilen.
Einige Vorreiterunternehmen wie die Deutsche Bahn (Pape, 2015; Eckelt &
Sauter, 2016) oder der Sportartikelhersteller Adidas (Reimann, 2015) denken
radikal um. Formale Lernprozesse, Schulungen und lehrende Dozentinnen
und Dozenten spielen in ihren Überlegungen nur noch eine geringe Rolle. Der
»New Way of Learning« repräsentiert eine neue Kultur des selbstgesteuerten
lebenslangen Lernens im Unternehmen, bei dem jede/r Beschäigte die Ver-
antwortung für die eigene Entwicklung übernehmen soll. Im Fokus steht selbst-
gesteuertes, arbeitsplatznahes und informelles Lernen, was auch Erpenbeck und
Sauter (2013) als die Zukun des Lernens sehen.
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Transferstärke-Coaching 119
Zusammengefasst, wünschen sich die Firmen also den selbstverantwort-
lichen und selbstgesteuerten Mitarbeitenden, der Lern- und Veränderungs-
impulse nachhaltig wirksam umsetzt.
Genau an diesem Punkt setzt nun das Format des Transferstärke-Coachings an.
Das Transferstärke-Modell
Der Begri »Transferstärke« ist deniert als persönliche Kompetenz, Lern-
und Veränderungsimpulse aus Fort- und Weiterbildungen selbstverantwort-
lich, erfolgreich und nachhaltig in der Praxis umzusetzen.
Das dahinterstehende Transferstärke-Modell wurde auf faktorenanalytischem
Weg gewonnen. Am Anfang stand die Sichtung von eorien, Modellen und
empirischen Befunden aus der erapie- und Lerntransferforschung, um einen
Überblick zu erhalten, welche Einussfaktoren aufseiten der Person den Lern-
und Veränderungserfolg bestimmen. Ergänzend zur Literaturrecherche wur-
den zwanzig Expertinnen und Experten (Personalentwickler, Führungskräe,
Trainerinnen) befragt.
Auf dieser Grundlage wurde ein erster Itempool zur Operationalisierung der
Transferstärke gebildet. Schließlich lag nach einigen Pretests und Revisionen
ein Itempool von 63 Items vor, die zehn theoretisch fundierten A-priori-Ska-
len zugeordnet waren. Als Antwortskala wurde eine sechsstuge Likert-Skala
gewählt, bei der aus testtheoretischen Gründen nur deren Pole verbal verankert
waren. Probanden konnten ihre Zustimmung zu den einzelnen Items auf der
Skala von »tri nicht zu« (0) bis »tri voll zu« (5) angeben. Um Antwort-
tendenzen zu vermeiden, war etwa die Häle der Items umgepolt, das heißt so
formuliert, dass die Betonung nicht auf dem in der Literatur genannten lern-
transfer- bzw. veränderungsförderlichen Aspekt lag.
Item-Beispiele sind:
Ȥ
Handlungsempfehlungen, die nicht meinen Erfahrungen entsprechen, emp-
nde ich als graue eorie.
Ȥ
Um ein gewünschtes Verhalten zu erreichen, mache ich mir klar, in welchen
Schritten ich am besten vorgehen muss.
Ȥ Es entmutigt mich, wenn ich in alte Verhaltensmuster zurückfalle.
Gemäß der klassischen Testtheorie (vgl. Lienert & Raatz, 1989; Mummendey &
Grau, 2008) wurde diese Vortestversion an einer Stichprobe von 140 Probanden
(69 Männer, 71 Frauen) im Alter von 17 bis 76 Jahren (Durchschnittsalter =
41,20 Jahre, SD = 8,88) empirisch überprü. Etwa die Häle der Probanden
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bekleidete eine Führungsposition. Eine explorative Faktorenanalyse (Scree-
Test, Hauptkomponentenanalyse mit Varimax-Rotation) legte eine Drei- bzw.
Vier-Faktoren-Lösung nahe, wobei die Drei-Faktoren-Lösung besser inter-
pretierbar war (Koch, 2012).
Auf Basis dieser Ergebnisse erfolgte nach einer Revision der Vortestversion
eine weitere empirische Überprüfung an einer Stichprobe von N = 1566 Pro-
banden (768 Männer, 798 Frauen) im Alter von 18 bis 67 Jahren (Durch-
schnittsalter = 39,09 Jahre, SD = 10,35). Etwa ein Drittel hatte die Funktion einer
Führungskra. Eine weitere explorative Faktorenanalyse (Scree-Test, Hauptkom-
ponentenanalyse mit Varimax-Rotation) brachte eindeutig Klarheit zugunsten
einer Vier-Faktoren-Lösung mit abschließend 23 Items und einer aufgeklärten
Varianz von 48,52 Prozent.
Diese Faktoren sind aufgrund von inhaltlichen Gesichtspunkten: »Oenheit
für Fortbildungsimpulse« (M = 3,72, SD = ,89, α = ,659), »Selbstverantwortung
für den Umsetzungserfolg« (M = 3,52, SD = ,75, α = ,789), »Rückfallmanagement
im Arbeitsalltag« (M = 2,71, SD = 1,02, α = ,653) und »Positives Selbstgespräch
bei Rückschlägen« (M = 3,47, SD = ,98, α = ,745). Der Transferstärke-Gesamtwert
(M = 3,37, SD = ,66, α = ,850) ermittelte sich aus der Summe der vier Faktoren.
Im Folgenden werden diese vier Faktoren der Transferstärke näher be schrie-
ben.
Faktor 1 – Oenheit für Fortbildungsimpulse
Oenheit ist die zentrale Grundlage für jede Weiterentwicklung. Menschen mit
einem hohen Wert bei diesem Faktor haben eine positive Einstellung gegen-
über Fortbildungen und damit verbundenen Lern- und Veränderungsimpulsen.
Sie empnden Inhalte und Übungen als nützlich. Sie lassen sich auf Neues und
Ungewohntes ein. Es gelingt ihnen, gelernte Verhaltensregeln auf sich selbst
passend anzuwenden.
Faktor 2 – Selbstverantwortung für den Umsetzungserfolg
Selbstverantwortung für den Umsetzungserfolg bedeutet, dass es aktive Be-
mühungen gibt, gelernte Inhalte in die Tat umzusetzen. Menschen mit einem
hohen Wert bei diesem Faktor ergreifen die Initiative und sind aktiv, um aus
ihrem bisherigen Trott zu kommen. Dies gelingt ihnen, weil sie gut in der Lage
sind, sich selbst zu motivieren und neue Methoden und Fertigkeiten zu er-
arbeiten oder ungünstige Verhaltensweisen zu verändern. Sie machen sich klar,
in welchen Schritten sie vorgehen müssen, um ein gewünschtes Verhalten zu
erreichen. Sie haben die nötige Umsetzungsenergie und lassen sich auch nicht
durch anfänglichen Mehraufwand und Anstrengungen von ihren Vorsätzen
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Transferstärke-Coaching 121
abbringen. Bereits in einer Fortbildung sind sie aktiv und nutzen Übungs-
möglichkeiten, um an ihren emen zu arbeiten. Aber auch nach einer Fort-
bildung bleiben sie aktiv und suchen sich gezielt Übungsmöglichkeiten und
Informationen zur weiteren Vertiefung. Wenn sie nicht richtig vorankommen,
holen Sie sich gezielt Hilfe für die Umsetzung der gelernten Inhalte. Dazu ge-
hört auch, Menschen aus ihrem Umfeld einzubeziehen, die sie erinnern, wenn
sie geplante Verhaltensänderungen nicht umsetzen – und die sie darin unter-
stützen, die Rahmenbedingungen förderlich zu gestalten.
Faktor 3 – Rückfallmanagement im Arbeitsalltag
Die Umsetzung von gelernten Inhalten steht meistens im zeitlichen Konikt mit
den Anforderungen des Tagesgeschäs. Dieses fühlt sich dringend und wichtig
an, sodass gute Vorsätze schnell ins Hintertreen gelangen.
Menschen mit einem hohen Wert bei diesem Faktor beherrschen geeignete
Strategien, um aus der »eigenen Komfortzone« gewohnter Handlungsweisen
auszubrechen. Sie priorisieren die Umsetzung von Lernerkenntnissen und lassen
sich nicht durch vermeintlich dringende emen und das spontane Geschehen
ablenken. Sie schätzen realistisch ein, was es an Zeit und Veränderungsaufwand
braucht, und schaen sich die erforderlichen Zeiträume. Ihnen gelingt es, sich
auch unter Stress und Zeitdruck so zu steuern, dass sie sich an die Umsetzung
neuer Denk- und Verhaltensweisen erinnern. Es gibt geeignete Vorbeugungs-
strategien und Notfallpläne gegen Rückfälle.
Faktor 4 – Positives Selbstgespräch bei Rückschlägen
Das Bestreben, Gewohnheiten zu ändern oder Neues zu lernen, ist o begleitet
von Rückfällen in alte Muster, Fehlschlägen, unerwartet hohem Energieauf-
wand und Phasen der Frustration und Lustlosigkeit. Die Art des inneren Selbst-
gesprächs bei solchen Rückschlägen entscheidet darüber, ob Lern- und Ver-
änderungsziele aufrechterhalten werden. Entscheidend ist eine positive und
optimistische Grundeinstellung.
Menschen mit einem hohen Wert bei diesem Faktor sehen Rückfälle in
alte Muster als normal an. Ihnen ist klar, dass Einstellungs- und Verhaltens-
änderungen nicht auf Anhieb gelingen – geschweige denn von heute auf mor-
gen passieren. Sie sehen kleine und kleinste Fortschritte in ihren Bemühungen
und »feiern« diese Erfolge. Sie sind zuversichtlich, dass sie früher oder später
ihr Lern- und Veränderungsziel erreichen werden. All das trägt dazu bei, am
Ball zu bleiben. Sie haben außerdem ein gutes Gefühl für den Nutzen, der sie
erwartet, wenn sie ihr Ziel erreicht haben.
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Erste Validierungsstudien konnten bereits die Konstruktvalidität des Trans-
ferstärke-Messinstruments – Transferstärke-Analyse genannt – bestätigen. So
wurde die konvergente Validität (Bühner, 2011, S. 64) mit der allgemeinen Selbst-
wirksamkeits-Skala überprü (Schwarzer & Jerusalem, 1999, S. 13). Gerade das
Konstrukt der Selbstwirksamkeit gilt in Befunden der Lerntransferforschung
übereinstimmend als wichtiger Prädiktor für den Transfererfolg (z. B. Wein-
bauer, 2015, S. 50; Chiaburu & Lindsay, 2008).
Bei einer Stichprobe von 82 Probanden (44 Männer, 38 Frauen) im Alter
von 21 bis 73 Jahren (Durchschnittsalter = 37,85 Jahre, SD = 10,08) zeigte sich
eine hoch signikante Korrelation (r = ,588, p = ,000, 2-seitig) zwischen den
Gesamtwerten für Transferstärke und allgemeine Selbstwirksamkeit. Etwa ein
Drittel der Probanden bekleidete eine Führungsposition.
Weitere Studien stützen die Validität des Gesamtkonstruktes bzw. einzel-
ner Skalen (vgl. Kreutz, 2012; Schürf, 2012; Papenho, 2013; Pankow, 2013).
Diese Studien werden hier nicht weiter ausgeführt, da sie sich auf die erste
Version der Transferstärke-Analyse beziehen, der noch die Drei-Faktoren-Lö-
sung zugrunde lag.
Vorgehen beim Transferstärke-Coaching
Betrachtet man die Prozentrangplätze der Teilnehmerinnen und Teilnehmer
aus der bereits erwähnten Stichprobe von N = 1566 Probanden, dann haben
nur zwanzig Prozent der Teilnehmenden einen überdurchschnittlichen Trans-
ferstärke-Wert. Aus der Modellsicht bedeutet dies, dass dieser Teilnehmerkreis
in einem ausgeprägten Maße die erforderlichen Einstellungen und Fertigkeiten
besitzen, die für den Lerntransfer bei So-Skills-Trainings bedeutsam für den
Umsetzungserfolg sind.
Geht man nun aber davon aus, dass in der Praxis nur rund zwanzig Pro-
zent der Trainingsteilnehmerinnen und -teilnehmer transferstark sind, gilt es,
alle anderen bedarfsgerecht zu ihrem Transferstärke-Prol zu stärken und zu
unterstützen, damit der Lerntransfer gesichert werden kann. Genau hier setzt
das neue Format des Transferstärke-Coachings ein.
Das folgende Schaubild zeigt die Grundidee. Bisherige praktische Erfahrungen
zeigen, dass es je nach Trainingsprogramm und geplantem Umfang verschiedene
Möglichkeiten gibt, um den beschriebenen Ablauf bedarfsgerecht zu integrieren.
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Transferstärke-Coaching 123
Abbildung 1: Vorgehen beim Transferstärke-Coaching
Der erste Schritt besteht darin, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer
eines Trainings sich einer Transferstärke-Analyse unterziehen. Sie umfasst die
erwähnten 23 Items und verlangt eine Bearbeitungszeit von etwa fünf bis zehn
Minuten.
Im zweiten Schritt bekommt der Teilnehmer oder die Teilnehmerin den
persönlichen Auswertungsbericht zugesendet, damit er oder sie bereits vor dem
Training Klarheit über das persönliche Transferstärke-Prol erhält. Die Traine-
rin hat in Form eines Gruppenprols alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer im
Blick und weiß, wie sie angesichts der Transferstärke-Prole ein anstehendes
Training passend designen muss. Dazu ein Beispiel: Wenn sich im Gruppenprol
zeigt, dass bei zahlreichen Teilnehmern und Teilnehmerinnen der Faktor »Akti-
ves Rückfallmanagement« schwach ausgeprägt ist, kann sie zum Beispiel unter-
stützend spezielle Transferaufgaben für die Zeit nach dem Training einbauen,
die bei den Teilnehmern und Teilnehmerinnen die Umsetzung des Gelernten
fördern. Aufgrund der Prole bekommt die Trainerin auch die Möglichkeit,
bedarfsgerecht vorab auf Teilnehmerinnen und Teilnehmer zuzugehen, wenn
sich im Prol zum Beispiel fehlende Oenheit für das Training zeigt.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer selbst werden durch den Auswertungs-
bericht vor dem Training sensibilisiert, welche Risiken bei ihnen für den Lern-
transfer bestehen. Gleichzeitig erhalten sie bereits konkrete, evidenzbasierte
Handlungsempfehlungen, wie sie die identizierten Risikobereiche besser mana-
gen können. Diese Handlungsempfehlungen betreen zum Beispiel Fertigkeiten
des »aktiven Rückfallmanagements« (vgl. z. B. Marx, 1982; Marlatt & Gordon,
1985; Marx, 1993) oder der Selbststeuerung (vgl. z. B. Gollwitzer & Sheeran,
2006; Pachner, 2009; Oettingen & Gollwitzer, 2010; Furtner & Sachse, 2011).
Der dritte Schritt besteht darin, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer –
wie sonst auch üblich – ins Training gehen. Darin ist eine Lerneinheit »Arbeit
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mit dem Transferstärke-Prol« integriert, die etwa drei Stunden umfasst. Die
Trainerin führt als Beispiel für alle ein Transferstärke-Auswertungsgespräch mit
einem Teilnehmer durch. Daran wird für alle Beteiligten gut erlebbar, wie sie
mit ihrem eigenen Prol weiterarbeiten müssen, um ihren Lerntransfer sicher-
zustellen und zugleich ihre Transferstärke zu stärken. Im Anschluss erarbeitet
jede und jeder für ein spezielles, selbst gewähltes Lernziel, wie zum Beispiel
»Verhandlungspositionen durch Fragen besser klären« (im Rahmen eines Ver-
handlungstrainings), ihre oder seine transferwirksame Umsetzungsstrategie.
Die Trainerin als Transferstärke-Coach unterstützt dabei.
Im Anschluss an das Training folgt die selbstständige Anwendungsphase von
rund drei Monaten. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer reektieren mithilfe
einer Lernverlaufskurve ihren Umsetzungserfolg und holen sich bei Problemen
bedarfsgerecht Unterstützung bei der Trainerin. In diesen Anwendungszeitraum
sind zwei Follow-up-Kontakte fest integriert.
Solche Kontakte nden im Abstand von je einem Monat statt. Die Traine-
rin als Transferstärke-Coach fragt dabei typischerweise in einem etwa dreißig-
minütigen Telefonat nach, inwiefern die Umsetzung funktioniert hat und welche
oenen Fragen es gibt. Durch dieses Transferstärke-Coaching lernt der Teil-
nehmer am Beispiel seines aktuellen und persönlich wichtigen Lernziels, wie er
die Informationen aus seinem Auswertungsbericht nutzt, um den Umsetzungs-
erfolg sicherzustellen. Im Mittelpunkt des Gesprächs steht, dass der Teilnehmer
noch vertrauter und sicherer in der Anwendung der Handlungsempfehlungen
wird und sich in den Risikobereichen seiner Transferstärke noch besser zu steu-
ern lernt. Dabei ist das Coaching grundsätzlich als Hilfe zur Selbsthilfe angelegt
und nutzt die empirisch bestätigten Wirkfaktoren des Coachings als Basis-
konzept (vgl. Wechsler, 2012; Behrendt, 2012; Greif, Schmidt & amm, 2012).
Alternativ zu einem Telefonat kann dieser Reexionsteil bei Intervall-
trainingsformaten auch in die nachfolgenden Trainingsmodule integriert werden.
Der vierte Schritt besteht schließlich in einer Erfolgsmessung. Dabei wieder-
holt der Teilnehmer nach etwa drei Monaten die Transferstärke-Analyse, um
auf diesem Weg eine Rückmeldung zu bekommen, wie sich die eigene Trans-
ferstärke entwickelt hat. Außerdem wird der erreichte Stand für das aktuelle
Lernziel reektiert.
Der beschriebene Prozess des Transferstärke-Coachings ist das Ergebnis
verschiedener explorativer Untersuchungen. Es hat sich gezeigt, dass es o
nicht reicht, Teilnehmern und Teilnehmerinnen nur ihren Transferstärke-Aus-
wertungsbericht zur selbstständigen Bearbeitung zur Verfügung zu stellen. Dies
bestätigt auch Gerathewohl (2015, S. 76). Diese Befunde decken sich mit der
Annahme, dass gerade transferschwache Menschen erst die Kompetenzen auf-
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Transferstärke-Coaching 125
bauen müssen, die ihnen den Lern- und Umsetzungserfolg ermöglichen. Dar-
über hinaus tun sich viele Menschen mit Selbstcoaching schwer (Martens 2015,
S. 59).
Einen ersten Beleg für die Wirksamkeit des Transferstärke-Coachings liefert
eine Evaluationsstudie mit einer Experimentalgruppe (EG) und einer Kontroll-
gruppe (KG). Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurden gebeten, für sich
ein persönlich wichtiges Entwicklungsthema zu denieren.
Die Werte wurden zu drei Zeitpunkten gemessen: Es gab einen Vortest im
September/Oktober 2014, einen ersten Nachtest im Januar/Februar 2015 und
einen Nachtest 2 im September/Oktober 2015. An der Studie nahmen zwanzig
Master-Studenten und -Studentinnen der Wirtschaspsychologie teil. Die drei
Männer und 17 Frauen im Alter zwischen 23 und 34 Jahren (M = 26,75 Jahre,
SD = 3,16) waren überwiegend in der Funktion von Mitarbeitern und Mit-
arbeiterinnen in Unternehmen tätig (75 %) oder hatten aktuell kein festes
Arbeitsverhältnis (20 %). Nur ein Teilnehmer hatte eine fachliche Führung inne.
Dabei hatten sich 14 Probanden freiwillig für die Teilnahme in der Experimental-
gruppe entschieden, sechs für die Kontrollgruppe. Drei Teilnehmende (einer
EG, zwei KG) elen beim Nachtest 2 aus der Studie heraus und konnten daher
nicht berücksichtigt werden.
Die folgende Tabelle zeigt die Mittelwerte (MW) und Standardabweichungen
(SD) für die einzelnen abhängigen Variablen pro Versuchsgruppe sowie die
Ergebnisse der Tests der Innersubjekteekte (Sphärizität angenommen) einer
zweifaktoriellen Varianzanalyse mit Messwiederholung.
Tab el le 1: Zweifaktorielle Varianzanalyse mit Messwiederholung zur Überprüfung der
Wirksamkeit des Transferstärke-Coachings. * = signikant mit p <,05; ** = hoch signikant
mit p <,01
Variablen MW (SD)
Vortest: t1
MW (SD)
Nachtest 1:
t2
MW (SD)
Nachtest 2:
t3
Zeitpunkt
p
Zeitpunkt*
Gruppe
p
Transferstärke
EG
KG
2,59 (,69)
3,25 (,66)
3,49 (,50)
3,12 (,72)
3,52 (,47)
3,03 (,55)
,015* ,000**
Offenheit
EG
KG
3,25 (,94)
3,79 (,77)
3,84 (,52)
3,79 (1,07)
3,98 (,44)
3,79 (,51)
,102 ,102
Selbstverant-
wortung
EG
KG
2,76 (,83)
3,53 (,61)
3,61 (,61)
3,35 (,69)
3,63 (,54)
3,18 (,63)
,102 ,001**
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Variablen MW (SD)
Vortest: t1
MW (SD)
Nachtest 1:
t2
MW (SD)
Nachtest 2:
t3
Zeitpunkt
p
Zeitpunkt*
Gruppe
p
Rückfall-
management
EG
KG
1,93 (1,00)
2,54 (1,09)
2,96 (,92)
2,20 (1,03)
3,05 (,99)
2,17 (,54)
,114 , 001*
Positives
Selbstgespräch
EG
KG
2,44 (,93)
3,17 (1,08)
3,56 (,64)
3,13 (1,18)
3,44 (,66)
3,31 (,74)
,042* ,014*
Wie aufgrund der Anwendung des Transferstärke-Coachings zu erwarten war,
zeigen die Experimental- und die Kontrollgruppe unterschiedliche Verläufe über
die drei Messzeitpunkte (vgl. Tabelle 1). Die Werte der Experimentalgruppe
steigen an und übertreen diejenigen der Kontrollgruppen zum dritten Mess-
zeitpunkt. Entsprechend wurden die Interaktionen zwischen Zeitpunkt und
Gruppe weitestgehend signikant – bis auf eine Ausnahme bei der abhängigen
Variablen »Oenheit«. Die Transferstärke hat sich also in der Experimental-
gruppe deutlicher verbessert als in der Kontrollgruppe. Es besteht darüber hin-
aus kein signikanter Haupteekt zwischen den beiden Gruppen.
Dabei ist zu erwähnen, dass es beim Vortest keine signikanten Unterschiede
bei den abhängigen Variablen zwischen der Experimental- und der Kontroll-
gruppe gab (p = ,057, 2-seitig).
Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass das Transferstärke-Coaching
wirksam war. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Experimentalgruppe
haben ihre Transferstärke signikant erhöhen können, wie sich auch aus den
Mittelwerten der verschiedenen Testzeitpunkte gut ablesen lässt.
Allerdings ist zu berücksichtigen, dass diese Studie einige Limitationen mit
Blick auf die Stichprobenselektion aufweist. Zum einen erfolgte die Zuordnung
zu den Versuchsgruppen freiwillig und nicht randomisiert. Allein die Motiva-
tion zur Teilnahme am Transferstärke-Coaching könnte hier positiv eingewirkt
haben. Genauso ist zu erwähnen, dass es eine kleine Stichprobe war, bei der
außerdem noch die beiden Versuchsgruppen nicht gleich groß waren. Des Wei-
teren besteht die Stichprobe zu 85 Prozent aus Frauen. Und schließlich handelte
es sich bei den Teilnehmern und Teilnehmerinnen um Master-Wirtschas-
psychologie-Studierende, die aufgrund ihres Studiums dem ema gegenüber
aufgeschlossener gewesen sein könnten als andere Personenkreise.
Insgesamt lässt sich auf der Basis dieser Studie und eigener Trainings der fol-
gende Nutzen aus Teilnehmersicht festhalten: Teilnehmer und Teilnehmerinnen
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Transferstärke-Coaching 127
nden die Standortbestimmung mithilfe der Transferstärke-Analyse nützlich,
da ihnen meistens zwar bewusst ist, dass ihnen die Umsetzung von Lern- und
Veränderungsimpulsen in der Praxis nicht so gut gelingt, sie aber nicht wissen,
was sie genau dagegen tun können.
Die Transferstärke-Analyse zeigt nun schnell und präzise auf, wo Teil-
nehmerinnen und Teilnehmer aktiv ansetzen können, um ihren Lern- und
Transfererfolg zu steigern. Gerade bei transferschwachen Teilnehmern und Teil
-
nehmerinnen ist das eigene Transferstärke-Prol ein Anstoß für Veränderung,
da sie schwarz auf weiß lesen, welche Risiken sie für den Lernerfolg haben. Das
sorgt vielfach für emotionale Betroenheit und den Wunsch, an diesem ema
zu arbeiten. Dies gilt besonders für Menschen, die an persönlicher Weiter-
entwicklung interessiert sind.
Durch die Handlungsempfehlungen im Auswertungsbericht und das Transfer-
stärke-Coaching können diese Risiken mit einem vergleichsweise überschaubaren
Zeitaufwand überwunden werden. Gerade die Systematik mit Gesprächskontakten
und die damit verbundene Notwendigkeit, sich immer wieder mit dem eigenen
Lernprozess auseinanderzusetzen, sind maßgeblich für die erzielten Eekte und
stellen aus Sicht der Teilnehmerinnen und Teilnehmer einen hohen Nutzwert dar.
Zertifizierung für das Transferstärke-Coaching
Damit Interessierte den neuen Ansatz des Transferstärke-Coachings selbst nut-
zen können, braucht es eine Zertizierung beim Autor dieses Beitrags. Sie besteht
im Wesentlichen aus drei Bestandteilen: Der Teilnehmer, die Teilnehmerin
durchläu ein eigenes Transferstärke-Coaching in dem oben beschriebenen
Prozess, führt zwei dokumentierte und begleitete Transferstärke-Coachings mit
Übungskandidaten und -kandidatinnen durch und erarbeitet sich das Know-
how in Form von Trainingsblöcken bzw. im Selbststudium. Darüberhinaus gibt
es eine Supervison beim ersten realen Einsatz.
Das Zertizierungsprogramm dauert rund fünf Tage und läu berufsbe-
gleitend über etwa ein halbes Jahr. Es ist als Einzel- oder Gruppenzertizierung
verfügbar und kostet 2.900 Euro pro Person (zzgl. Mehrwertsteuer). Teilnahme-
voraussetzungen sind beruiche Erfahrungen in Personalentwicklung, Training
bzw. Coaching sowie entsprechende Qualikationen.
Ein zertizierter Transferstärke-Coach ist berechtigt, den Online-Test
namens Transferstärke-Analyse beim Autor zu bestellen und zu erwerben.
Ein Testzugang kostet 150 Euro (zzgl. Mehrwertsteuer). Dabei gibt es je nach
Abnahmemenge auch Staelpreise.
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Koch
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Wer Wirkung und Nutzen des Transferstärke-Coachings selbst testen möchte,
kann hierzu das preisgünstige Kennenlernangebot zum Preis von 250 Euro (zzgl.
MwSt.) buchen. Darin enthalten sind der Transferstärke-Test, Auswertungs
-
bericht, Auswertungsgespräch und ein Folgegespräch.
Darüber hinaus gibt es bereits einen Pool an zertizierten Transfer-
stärke-Coaches, sodass jeder Interessent, jede Interessentin auch über www.
transferstaerke.com die Dienstleistung des Transferstärke-Coachings buchen
kann.
Ausblick
Die bisherige Anwendung des Transferstärke-Coaching-Konzepts hat gezeigt,
dass Teilnehmerinnen und Teilnehmer in dem beschriebenen Prozess sehr gut
sensibilisiert und trainiert werden können, wie sie ihren Lerntransfer grund-
sätzlich fördern können. In weiteren Studien gilt es nun, vertiefend zu erkunden,
in welchen Trainingsformaten (z. B. im Rahmen von Intervalltrainings-
programmen) und bei welchen Zielgruppen das Transferstärke-Coaching am
besten zum Einsatz kommen kann. Eigene praktische Erfahrungen legen nahe,
dass sich der größte Anwendungsnutzen im Bereich des Talentmanagements
bzw. bei Leadership-Development-Programmen ergibt. Mit dem Transfer-
stärke-Coaching lassen sich eng umrissene Entwicklungsthemen sehr ezi-
ent bearbeiten. Hinzu kommt, dass da hoch motivierte Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter an persönlicher Entwicklung sehr interessiert sind. Die Firmen
investieren zudem viel Geld in ihre High Potentials und wollen demnach auch
einen hohen Umsetzungsgrad des Gelernten erreichen. Darüber hinaus wer-
den diese Personen im Lauf ihrer Karriere selbst Mitarbeitende führen und ent-
wickeln. Das erworbene Transferstärke-Know-how ist demnach ein wichtiger
Baustein für die eigene Führungspraxis.
Eine weitere Fragestellung betri den Mehrwert des Transferstärke-Coachings
gegenüber vergleichbaren Ansätzen: Hier sind zu nennen: das herkömmliche
Coaching oder bereits bestehende Formate des Transfer-Coachings (Behrendt,
2004; Behrendt, Pritschow & Rüdesheim, 2007; Alke, 2010), das virtuelle Trans-
fercoaching (Geißler, 2010; Geißler, 2011; Geißler, Hasenbein & Wegener, 2013)
oder das Telefon-Shadowing (Leder, 2013).
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