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Der Sleeper Effekt

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Abstract

Der Sleeper Effect wurde in den 1940er Jahren von Hovland, Lumsdaine und Sheffield (1949) entdeckt. Demnach hatten sich die Einstellungen von US-Soldaten, die einen Propagandafilm gesehen hatten, neun Wochen nach der Rezeption des Films stärker an seine Argumentationslinie angepasst, als noch kurz nach der Rezeption. Die persuasive Wirkung des Films schien damit im Zeitverlauf zuzunehmen. Trotz der langen Forschungsgeschichte ist die genaue Entstehung des Effekts bislang nur unzureichend geklärt (vgl. Kumkale & Albarracín, 2004). Zwar wurden verschiedenste Erklärungsmodelle entwickelt (z.B. Gruder et al., 1978; Hovland & Weiss, 1951; Pratkanis et al., 1988), allerdings zeichnen sich etliche davon durch Theoriearmut aus. Zudem sind die empirischen Überprüfungen häufig mit methodischen Mängeln behaftet, was die Interpretation der Befunde erschwert. Ein eindeutiges Urteil über die Existenz und Entstehung des Sleeper Effekts ist somit bislang nur schwer möglich. Das Ziel dieser Arbeit war es deshalb, die bisherige Forschung detailliert aufzuarbeiten und die zentralen Mechanismen der bisher entwickelten Erklä-rungsmodelle systematisch zu überprüfen. Damit verbunden ist erstens der Anspruch einer umfassenden theoretischen Aufarbeitung und zweitens eine empirische Untersuchung der dabei identifizierten zentralen Erklärungsmechanismen. Die theoretische Aufarbeitung mündete in folgender Definition des Effekts: Der Sleeper Effekt ist eine innerhalb einer Experimentalgruppe im Zeitverlauf auftretende Einstellungsänderung in Richtung der Argumentationslinie einer vorab rezipierten Botschaft. Dabei ist die Einstellungsänderung zwischen der Messung unmittelbar nach der Rezeption sowie der zeitverzögerten Messung in der Experimentalgruppe größer als in einer Kontrollgruppe ohne Treatment. Entscheidend für das Auftreten dieses Sleeper Effekts ist, dass neben der persuasiven Botschaft ein Discounting Cue rezipiert wird, der den Probanden Anlass gibt, an der Verlässlichkeit der Botschaftsinhalte zu zweifeln. Bei der Aufarbeitung des Forschungsstandes wurde deutlich, dass der häufig postulierte Zusammenhang von der Reihenfolge der experimentellen Stimuli mit der Erinnerung an deren Inhalte bislang nicht methodisch sauber überprüft wurde. Die von mir herangezogenen allgemeinen Theorien zu Einstellungskonzepten legen nahe, dass die Stärke des Sleeper Effekts davon abhängt, ob die Rezipienten bereits über Voreinstellungen zum Thema der persuasiven Botschaft verfügen. Darüber hinaus war in der bisherigen Forschung auch nicht geklärt worden, ob der Sleeper Effekt langfristige Einstellungsänderungen hervorruft, oder im Zeitverlauf abnimmt. Um diese offenen Fragen näher zu untersuchen, wurde ein Online-Experiment im 2x2x3-Design durchgeführt. Die experimentellen Faktoren waren die Rezeptionsreihenfolge der Stimuli (persuasive Botschaft und Discounting Cue), die Themenbekanntheit sowie der Zeitpunkt der Messung nach der Rezeption. Die Stichprobe bestand aus einem bevölkerungsrepräsentativen Panel, von dem n = 377 Personen an der Studie teilnahmen. Nach der Bereinigung verblieben in den zwölf Versuchsgruppen n = 236 Fälle übrig, welche für die Prüfung der Forschungsfragen und Hypothesen aus-gewertet werden konnten. Bei den empirischen Analysen fiel auf, dass die Einstellungen der Probanden über den gesamten Erhebungszeitraum hinweg zu beiden Themen nahezu unverändert blieben. Signifikante Effekte traten nur sehr vereinzelt auf, wobei diese häufig in den Kontroll-gruppen gefunden wurden. Ein klassischer Sleeper Effekt trat in der Studie dagegen nicht auf, weswegen die Fragen zur Stärke und zeitlichen Stabilität des Effekts nicht abschließend beantwortet werden konnten. Ein Grund für die fehlenden Wirkungen der Stimuli könnte dabei sein, dass die Probanden die Texte nicht vollständig gelesen haben. Ein Indikator hierfür könnte die vergleichsweise kurze Verweildauer der Pro-banden auf den entsprechenden Fragebogenseiten sein. Das empirische Forschungsziel dieser Arbeit ließ sich insofern nicht erfüllen, als abschließend empirisch fundierte Aussagen im Rahmen dieser experimentellen Befragung nicht getroffen werden konnten. Unbenommen davon leistet die Arbeit erstmals eine fundierte theoretische Aufarbeitung der bislang sehr verstreuten und oftmals inkonsistenten Forschung zum Sleeper Effekt. Die Beschäftigung mit Einstellungsmodellen und andern Konzepten erlaubt zudem einen systematischeren empirischen Zugang zum Sleeper Effekt. Im Gegensatz zu dem in der Forschung bislang dominierendem Ansatz eines eher ziellosen Trial and Error eröffnet die theoretische Aufarbeitung im konkreten Einzelfall auch andere empirische Zugänge (z.B. mehrere Teilexperimente; unterschiedliche Zeitabstände; Argumentationsstrukturen).
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The Handbook of Theories of Social Psychology is an essential resource for researchers and students of social psychology and related disciplines.
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Originally published in 1980, this title came about after many late night discussions between the authors during a 3-week workshop on Mathematical Approaches to Person Perception in 1974. In subsequent meetings a mutual interest emerged in the development of cognitive information processing metaphors for human thought and their application to problems of social perception, memory and judgment. Within the context of modern research on social cognition, the most distinctive aspects of the authors’ work was its empirical focus on how people cognitively represent people in memory, and its theoretical emphasis on models of cognitive organization and process. They concluded that an adequate theory of social memory was the necessary foundation for solutions to many questions concerning social perception and judgment that had dominated the 1974 workshop. This volume summarizes work conducted between 1974 and 1979 on social memory by these authors. In addition to six chapters summarizing individual research programs, the volume includes a general introduction and a concluding theoretical integration. © 1980 by Lawrence Erlbaum Associates, Inc. All rights reserved.