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Herta Müller-Handbuch

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Abstract

Das Handbuch gibt einen umfassenden Überblick über das Werk Herta Müllers in seiner ganzen thematischen Breite und Vielfalt der Genres. Es richtet das Augenmerk dabei insbesondere auf ästhetische Formgebungsverfahren und poetologische Schreibkonzepte und stellt auch die unterschiedlichen Ausdrucksweisen der gesellschaftspolitischen Interventionen der streitbaren Autorin zur Diskussion. Umfangreiche Werkanalysen und Beiträge zur Rezeption und Wirkung von Müllers Werk stehen ebenfalls im Zentrum. Bibliographien und Register runden das Handbuch ab, das fortgeschrittenen Studierenden wissenschaftliche Zugänge zum jeweiligen Thema erschließen soll, zum anderen aber auch Spezialisten in der deutschsprachigen Forschungslandschaft als Anlaufstelle und Orientierung dienen kann.

Chapters (32)

»[...] gezeugt worden war ich nach dem Zweiten Weltkrieg von einem heimgekehrten SS-Soldaten. Und hineingeboren worden war ich in den Stalinismus. Der Vater und die Zeit – beides Tatsachen, die das Sichwieder- Einfinden der Grazie unwiederbringlich machen.«
Als Herta Müller im Frühjahr 1987 aus Rumänien in die Bundesrepublik übersiedelte, war sie hier bereits eine anerkannte Autorin, deren Ruhm auf dem mehrfach preisgekrönten Band Niederungen beruhte.
Reisende auf einem Bein (1989) war der erste längere Erzähltext, den Herta Müller nach ihrer Ausreise aus Rumänien 1987 veröffentlichte. Er ist wie die meisten Werke Müllers ›autofiktional‹, ihre Bezeichnung eines Textes, der auf eigenen Erlebnissen fußt und dennoch nicht autobiographisch ist.
Die Position von Der Fuchs war damals schon der Jäger (1992) in Werkgeschichte und Biographie der Autorin ist in mehrfacher Hinsicht prominent: Zum einen handelt es sich nach Erzählungen und Essays um den ersten Roman in Herta Müllers Schaffen, der zudem nach der Übersiedlung (1987) in der BRD entsteht.
Herztier entstand in den 1990er Jahren nach Herta Müllers Emigration in die Bundesrepublik. Der Roman wurde 1994 veröffentlicht, nachdem Müller mit Reisende auf einem Bein (Erzählung über die Ausreise), Der Teufel sitzt im Spiegel (Essays), Hunger und Seide (Reportagen) und Der Wächter nimmt seinen kamm (Collagen) neue Schreibformen ausprobiert hatte, von denen manche ästhetischen Verfahren, zum Beispiel Collagen, Eingang in Herztier gefunden haben.
Heute wär ich mir lieber nicht begegnet (1997) ist nach Der Fuchs war damals schon der Jäger (1992) und Herztier (1994) der dritte Roman Herta Müllers, der vom unerträglichen Leben in der rumänischen Diktatur erzählt. Dargestellt wird erneut, wie sehr das Individuum an die Handlanger eines realsozialistischen Staates ausgeliefert war.
Herta Müller wählte in Atemschaukel, ihrem fünften Roman, erstmals einen Zeitraum der Darstellung, der vor ihrer Geburt und damit außerhalb ihrer unmittelbaren Erfahrungswelt liegt. Der größte Teil der Handlung spielt in einem ukrainischen Lager 1945–1949. Dennoch gehört dieser Komplex zu Herta Müllers Lebenswirklichkeit.
Herta Müller schrieb als Schülerin und Studentin in Rumänien Gedichte, die dort auch veröffentlicht wurden. Sie war eine von vielen jungen, in den 1950er Jahren geborenen Schreibenden, deren erste Texte aufgrund ihres spezifischen Kontextes früh gedruckt wurden und vielleicht sogar entstanden, denn bereits an den Schulen wurden die Jugendlichen dazu ermuntert, ihre Gedichte vorzustellen und an einem breiteren literarischen Diskurs teilzunehmen.
Die Collagen Herta Müllers füllen mittlerweile mehrere Bände und bilden einen integralen Teil ihres Werks. Die ersten erschienen 1991 zusammen mit poetologischen Essays in dem Band Der Teufel sitzt im Spiegel. Als erste eigenständige Sammlung wurde 1993 eine Schachtel mit unnummerierten Blättern in Postkartenformat unter dem Titel Der Wächter nimmt seinen Kamm publiziert.
Die unter der Überschrift ›Poetikvorlesungen‹ subsumierten Texte Müllers sind heterogen. Darunter zusammengeführt sind in schriftliche Form gebrachte Vorträge und Vorlesungen – eine Nähe zu den essayistischen Texten (s. Kap. II.C.11) ist offenkundig – so wie ein unter dem Titel Lebensangst und Worthunger veröffentlichtes Gespräch mit dem Schriftstellerkollegen Michael Lentz, das im Rahmen von Müllers Leipziger Poetikvorlesung entstanden ist und von seiner Gestalt her mit Mein Vaterland war ein Apfelkern verglichen werden kann.
Politik und Ästhetik bestimmen Herta Müllers Werk, sowohl in ihren autofiktionalen oder fiktionalen Romanen als auch in ihren politischen Essays oder Dankreden. Die Präzision ihrer Sprache und die vermittelte politische Botschaft, sowohl schonungslos als auch unversöhnlich, vermögen einer vergangenen und gegenwärtigen Wirklichkeit, die die Autorin nicht ruhen lassen kann, künstlerischen Ausdruck zu verleihen.
Danksagungen ist es eigentümlich, nicht primär zu danken, sondern zu rechtfertigen, inwiefern man gewissermaßen objektiv preiswürdig ist, um der in der Aufklärung geborenen Dichotomie Rechnung zu tragen, wonach eigentliche Kunst einerseits und Auftrags- und Lohnkunst andererseits grundverschieden seien.
Die territoriale Neuordnung der gesamten Balkan- Region war ein Ergebnis des Ersten Weltkriegs und des damit verbundenen Zusammenbruchs der Vielvölkerstaaten. Der Friedensvertrag von Trianon vom 4.6.1920, bis heute das traumatische Ereignis in der ungarischen Geschichte, sanktionierte im Gegensatz dazu einen großrumänischen Staat, Ergebnis einer zielstrebigen und erfolgreichen Politik des Ministerpräsidenten Ion I. C. Bratiănu, der den Allianzwechsel von den Mittelmächten zur Entente verbunden mit der Kriegserklärung an die Habsburgermonarchie am 16.8.1916 mit territorialen Ansprüchen auf die Süddobrudscha, auf Siebenbürgen, das Banat und die Bukowina verband.
Der 1920 geschlossene Friedensvertrag von Trianon sprach Rumänien knapp zwei Drittel des Banat zu (Engelmann 1988, 55). Zugleich wurde das Land zum Abschluss eines Minderheitenschutzvertrages verpflichtet, der im selben Jahr in Kraft trat. In sprachlicher Hinsicht waren in ihm die Artikel 2 und 8 einschlägig.
Transfers zwischen deutscher und rumänischer Sprache prägen die Ästhetik der Texte Herta Müllers in vielfältiger Weise. Infolge der Habitualisierung mit der probeweisen Übersetzung im Alltag wie auch während der Arbeit als Übersetzerin wuchs Herta Müllers Aufmerksamkeit für bildhaftes Sprechen, dem sie zunehmend erkenntnisleitende Funktionen zusprach.
Am 4. März 1977 erschütterte ein außergewöhnlich schweres Erdbeben Rumänien, dem mehr als 1500 Menschen zum Opfer fielen. Unter den Toten waren auch bekannte rumänische Schriftsteller wie zum Beispiel Anatol E. Baconsky (1925–1977) und Alexandru Ivasiuc (1933–1977).
Mit scheinbar großer Selbstverständlichkeit definiert der 1945 im Banat geborene Publizist und Übersetzer Gerhardt Csejka in einem 1993 entstandenen Beitrag den Begriff »rumäniendeutsche Literatur« als »die nach 1920 entstandene Literatur der gesamten deutschen Minderheit auf dem Gebiet Großrumäniens« (Csejka 1993, 55).
Bereits zu Lebzeiten wurde der 1927 in Hermannstadt (Rumänien/Siebenbürgen) geborene Lyriker Oskar Pastior geschätzt als »sprachempfindsame[r], tonsensible[r] Frequenz-Equilibrist und verschmitzte[r] Störsender« (Kling 2010, 97) unter den deutschen Poeten. Angefangen mit dem Gedichtband Vom Sichersten ins Tausendste (1969) hat er ein gleichermaßen durch methodische Strenge und verspielte Offenheit gekennzeichnetes, bewegliches und in formaler Hinsicht neugieriges Werk vorgelegt, das alte Strukturformen der Dichtung wie die Sestine, die Villanelle oder das Pantun wieder zu Leben erweckte, aber auch neue Formen wie die Vokalisen und Gimpelstifte erprobte.
Die frühe Celan-Rezeption war für Herta Müllers Poetik richtungsweisend, ja geradezu konstitutiv für ihre innersten Beweggründe und Zielrichtungen, in mindestens drei Hinsichten: erstens im Hinblick auf die Abgrenzung von der banatdeutschen Minderheit mit der nicht aufgearbeiteten Mitschuld am Holocaust und ihren faschistoiden Reminiszenzen im Alltag, zweitens im Hinblick auf den Anspruch an Literatur, durch eine Grammatik menschlichen Erlebens der Vereinnahmung durch menschenverachtende politische Systeme zu entkommen, und drittens im Hinblick auf den Anspruch an die Sprache, eine Art Beheimatung zu gewährleisten, zu der sowohl Celan als auch Müller – aus unterschiedlichen Gründen – ein gespaltenes Verhältnis haben. Alle drei Aspekte hängen zusammen und interferieren miteinander.
Die Titelgeschichte aus Herta Müllers Debüt Niederungen (1984) erzählt aus der Perspektive eines Mädchens von der Kindheit der Autorin in einem banatschwäbischen Dorf; in ihrer Roman-Trilogie Der Fuchs war damals schon der Jäger (1992), Herztier (1994) und Heute wär ich mir lieber nicht begegnet (1997) wird, mal in der Er-, mal in der Ich-Form, die selbsterlebte Unterdrückung individueller Freiheit in der Diktatur verarbeitet; und Der Mensch ist ein großer Fasan auf der Welt (1986), Barfüßiger Februar (1987) und Reisende auf einem Bein (1989) beziehen sich auf die Zeit vor und nach der Auswanderung der Autorin aus Rumänien.
Dass Herta Müller eine eminent politische Autorin ist, die in ihrem Schreiben Mechanismen der Überwachung und Unterdrückung und deren Auswirkungen auf den Menschen schildert und anklagt, hat sich herumgesprochen. Dass dies in den Texten vornehmlich geschieht, indem sie beschreibt, wie sich die Wahrnehmung der Geschädigten verändert, wissen nur ihre Leser/innen.
Der Begriff der Figur verweist auf eine gängige Unterscheidung von Figur und Person in der Erzählforschung (Jannidis 2004). Demnach sind Figuren Konstrukte, die in fiktiven, zeichenhaften Welten mit all ihren Merkmalen und Bezügen funktionieren, aber nicht auf Personen im Sinne von menschlichen Individuen verweisen müssen. In Herta Müllers Erzählkosmos, der von einer fast unüberschaubaren Anzahl an Figuren bevölkert ist, erweist sich die Durchlässigkeit einer solchen Unterscheidung.
Zurückliegende Erfahrung »sitzt noch sehr lange in den Menschen drin« (Müller/Fitzli 2001) und bündelt sich in der gegenwärtigen Perspektive. Dass Erlebtes dazu führen kann, dass Gegenstände fremdeln und der Blick fremd wird, beschreibt Herta Müller in Der Fremde Blick oder Das Leben ist ein Furz in der Laterne.
Ob und inwieweit Literatur bildlich verfahren darf und was die Grenzen einer erzählten oder dramatischen Visualität sind, ist seit Lessings Laokoon-Streitschrift Thema des ästhetischen Diskurses bis in die Moderne um und nach 1900 hinein.
In Herta Müllers Werk werden Grenzen sehr häufig zum Thema, und zwar in zweierlei Hinsicht: Da sind einerseits – im topographischen Sinn – die durch Schießbefehl und abgerichtete Hunde gesicherten Staatsgrenzen im Rumänien Ceauşescus, und da sind andererseits – im psychischen, moralischen und sozialen Sinn – die alles durchdringenden Grenzverletzungen der Spitzel und Aktanten der Staatssicherheit. Beides, die Grenzziehung nach außen und die Grenzverletzung im Innen, berauben die Menschen ihrer Freiheit.
Geschlechter- und Körperkonstruktionen nehmen für die Interpretation von Herta Müllers Werk eine Schlüsselposition ein. Patriarchalische Geschlechterbeziehungen, hegemoniale Ökonomien der Sexualität und misogyne Weiblichkeitsentwürfe werden in Müllers Prosa als Instrumente männlicher Machtansprüche entlarvt, aber nur selten von den Erzählstimmen reflektiert oder explizit kritisiert.
Herta Müllers literarisches Schaffen kreist vornehmlich um die Themen der dörflichen Lebenswelt der Banater Provinz mit ihren rigiden Normen, Moralvorstellungen und ihrer Borniertheit sowie um die rumänische Diktatur (Meurer 1999, 177), die mit ihren disziplinatorischen Organen eine vollkommene Kontrollmaschinerie etablierte, die Müller im »Alphabet der Angst« (Mokka, Collage 105) auszubuchstabieren versucht.
Traumatische Erlebnisse, ausgelöst etwa durch Kriege oder andere Katastrophen, zählen zu den Grunderfahrungen des Menschen. Schon in der Mythologie, in religiösen Schriften, philosophischen Abhandlungen und in der Kunst sind sie nicht nur deren Gegenstand, sondern häufig auch Auslöser geistig-künstlerischer Bearbeitung.
Von den möglichen Spielarten des Glücks und von seiner verwirrenden Dialektik in einem diktatorisch geführten Staat ist in Herta Müllers Werk häufig explizit die Rede. Sie stellt dabei den individuellen und meist prekären inneren Zustand des ›Glücklichseins‹ dem vom Zufall gelenkten, äußeren Umstand des ›Glückhabens‹ gegenüber.
Als »unsichtbares Gepäck« (HS 31) transportieren nicht allein die literarischen Texte Herta Müllers, sondern auch all die Stellungnahmen, Zwischenrufe, Erinnerungen, Kommentare und Selbst-Erklärungen, mit denen sie sich seit ihrer Übersiedlung nach Deutschland (1987) eingemischt hat in die politischen und kulturellen Debatten, den »HINTERSINN des zurückliegenden Landes« (HS 31) Rumänien mit. Herta Müller gebraucht in ihnen die Differenz von Erfahrungen im Spannungsfeld der Systeme als Mittel, um im Fremden das Eigene sichtbar zu machen; konkret heißt das: in den Szenarien der »Verelendung« (König 120) und der moralischen Verwahrlosung im rumänischen Alltag der 1970er und 1980er Jahre die Gefährdungen der westlich-demokratischen Kultur.
Herta Müllers Rezeption in Rumänien und Deutschland wurde bisher nur sporadisch untersucht. Das mag damit zusammenhängen, dass Rezeptionsstudien in Zeiten von kulturwissenschaftlichen Ansätzen in der Literaturwissenschaft generell ins Hintertreffen geraten sind, und zwar besonders solche, die sich nur auf einen nationalen Raum beschränken.
Als Herta Müller 2009 der Nobelpreis zugesprochen wurde, erweckten insbesondere die englischsprachigen Reaktionen auf diese Entscheidung den Eindruck, die Autorin sei vollkommen unbekannt. So begann der Artikel, der zu diesem Anlass in der Washington Post erschien, mit den Worten »Herta Who?«, weil viele der kontaktierten amerikanischen LiteraturkritikerInnen und AutorInnen bis zu diesem Zeitpunkt nicht einmal Herta Müllers Namen gehört, geschweige denn eines ihrer Werke gelesen hatten (Jordan 2009, vgl. Stringham 2011, 53–55).
...  İnsan beden ve organları çerçevesinde el, parmak, tırnak, diş, bacak, edep yeri, kulak, kıç, ağız, çük, kıl, uçkur, apış, kuku, popo / Balcı, ve 2016Savaş, 2011;İlkhan, 2012;Tuncer, 2019;Asutay, 2014;Eke, 2017;Arnold, 2002 vb.). Ancak Herta Müller'in Niederungen eserinde kullandığı deyimler ve atasözlerinin sosyokültürel arka planıyla ilgili hiçbir bilimsel çalışmanın tespit edilmediğini ifade etmek yerinde olacaktır. ...
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Full-text available
ÖZTÜRK, A. O. & BALCI, U. (2022). HERTA MÜLLER KİTABI. ÇANAKKALE: PARADİGMA YAYINEVİ
... Bei der Analyse der festgestellten sprachlichen Strukturen haben wir die hermeneutische Interpretation gebraucht. Die Gruppierung der sprachlichen Strukturen haben wir nach folgenden Quellen gestalteten: Öztürk & Balcı, 2005Öztürk & Balcı, , 2006Öztürk & Balcı, , 2015Öztürk & Balcı, und 2016Savaş, 2011;Gürsoy, 2013;Dağabakan, 2018;İlkhan, 2012;Tuncer, 2019;Asutay, 2014;Eke, 2017;Arnold, 2002 etc.). Aber es ist von großer Relevanz hier zum Ausdruck zu bringen, dass über die soziokulturellen Hintergründe der Sprichwörter und Redensarten, die Herta Müller in ihrem Werk Niederungen gebraucht ist, keine wissenschaftliche Arbeit festgestellt wurden. ...
...  https://www.redensarten-index.de/suche.php Über Müller sind sowohl in der Türkei wie auch in all übrig gebliebenen anderen Ländern viele akademische Arbeiten durchgeführt worden (Siehe dazu, Öztürk & Balcı, 2005Öztürk & Balcı, , 2006Öztürk & Balcı, , 2015Öztürk & Balcı, und 2016Savaş, 2011;Gürsoy, 2013;Dağabakan, 2018;İlkhan, 2012;Tuncer, 2019;Asutay, 2014;Eke, 2017;Arnold, 2002 etc.). Aber es ist von großer Relevanz hier zum Ausdruck zu bringen, dass über die soziokulturellen Hintergründe der Sprichwörter und Redensarten, die Herta Müller in ihrem Werk Niederungen gebraucht ist, keine wissenschaftliche Arbeit festgestellt wurden. ...
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Das Thema des Wahnsinns spielt seit dem Debütband Niederungen (1982) eine wichtige Rolle in Herta Müllers Texten. Schon in ihrem Essayband Hunger und Seide schreibt die Verfasserin, dass die Irren „nicht mehr und nicht weniger“ waren „als der Blick hinter dem Schein dieses Regimes“ . Im Roman Atemschaukel (2009) ist der Wahnsinn eine Folge der unmenschlichen Bedingungen in den sowjetischen Arbeitslagern. Auch im Essayband Der König verneigt sich und tötet (2003) rückt die autobiographisch geprägte Ich-Gestalt in die Welt des Wahnsinns, in die sie durch die ständige Verfolgung durch die Securitate getrieben wird. Der Wahnsinn als eine Alternative des Alltags rückt in den Mittelpunkt von Herta Müllers poetischem und essayistischem Werk und zeigt die Abgründigkeit menschlicher Verhaltensweisen unter den Bedingungen einer Diktatur.
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