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Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 2
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 3
Impressum
Auftraggeber Bundesamt für Umwelt (BAFU)
Bundesamt für Strasse (ASTRA)
Begleitung Adrien Zeender, BAFU
BAFU / ASTRA Marguerite Trocmé, ASTRA
Autoren Alain Lugon (L’Azuré), Cécile Eicher (B+S AG), Fabio Bontadina (SWILD)
Mitarbeit Robin Arnoux, Christophe Poupon (L’Azuré), Lucretia Deplazes (SWILD)
Grafiken Cédric Marendaz, infographiste, CCO und www.marendaz.com
Übersetzung Cécile Eicher, Céline Barrelet (B+S AG), Alain Lugon (L'Azuré)
Version 1.0 – 10. August 2017
Hinweis Diese Studie/dieser Bericht wurde im Auftrag BAFU / ASTRA verfasst. Für
den Inhalt ist allein der Auftragnehmer verantwortlich.
Auftragnehmer
L'Azuré - études en écologie appliquée
Crêts du Mont d'Amin 1
2053 Cernier
032 852 09 66
alain.lugon@lazure.ch
www.lazure.ch
B+S AG
Weltpoststrasse 3, Postfach 313
3000 Bern 15
031 356 81 40
c.eicher@bs-ing.ch
www.bs-ing.ch
SWILD
Stadtökologie, Wildtierforschung, Kommunikation
Wuhrstrasse 12, 8003 Zürich
044 450 68 05
fabio.bontadina@swild.ch
www.swild.ch
Zitierung
Lugon A, Eicher C, Bontadina F. 2017 . Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung
von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage. Im Auftrag von BAFU und ASTRA. 78 S.
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 4
Begleitgruppe
Um diese Arbeitsgrundlage von Anfang an zu begleiten, wurde eine Begleitgruppe, bestehend aus
Spezialisten zu Verkehrsinfrastrukturen, Kunstbauten und Fledermäusen, zusammengestellt. Drei
Arbeitssitzungen wurden durchgeführt. Die Begleitgruppe bestand aus folgenden Personen:
Name
Firma, Institution
Aufgabe, Funktion
Adrien Zeender
BAFU, Abteilung Arten, Ökosys-
teme, Landschaften
Projektleitung, Infrastrukturpolitik
Verkehr, Wildtierkorridore
Marguerite Trocmé
ASTRA, Abteilung Strassennetze
Projektbegleitung,
Fachbereichsleiterin Umwelt
Laurent Meyer
ASTRA, Abteilung Strasseninfra-
struktur Ost
Fachspezialist Kunstbauten
Danielle Hofmann
BAFU, Abteilung Arten, Ökosys-
teme, Landschaften s
Artenförderung Schweiz
Thomas Gremminger
Departement Bau, Verkehr und
Umwelt Kanton Aargau, Abteilung
Landschaft und Gewässer
Leiter Fachbereich Landschaft und
Vernetzung
Philippe Fallot
Tiefbauamt des Kantons Bern,
Nationalstrassen
Projektleiter Wald, Natur, Landschaft
Harry Fehlmann
Büro Bänziger Partner AG
Spezialist Kunstbauten
Pascal Moeschler
Centre de coordination ouest
pour l'étude et la protection des
chauves-souris (CCO)
Geschäftsführer
Hubert Kraettli
Koordinationsstelle Ost für Fle-
dermausschutz (KOF), Stiftung
Fledermausschutz
Geschäftsführer
Luigi d’Egidio
SBB
Anlagenmanagement -
Tragkonstruktionen
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 5
Inhaltsverzeichnis
Ziele und Struktur der Arbeitsgrundlage ......................................................................................... 6
I Einleitende Kapitel .............................................................................................. 7
1.1 Rechtliche Grundlagen und Gefährdung ..................................................................... 8
1.2 Ökologie der Fledermäuse............................................................................................. 9
1.2.1 Vielfältiger Jahreszyklus ................................................................................................... 9
1.2.2 Nutzung von unterschiedlichen Quartieren .................................................................... 11
1.2.3 Echoortung und Lebensraumnutzung ............................................................................ 11
1.3 Konflikte und Aufwertungsmöglichkeiten ................................................................. 14
1.3.1 Verlust und Beeinträchtigung des Jagdlebensraums ..................................................... 14
1.3.2 Verlust und Beeinträchtigung von Quartieren ................................................................ 15
1.3.3 Kollisionen ...................................................................................................................... 15
1.3.4 Habitatfragmentierung .................................................................................................... 16
1.3.5 Unterhalt und Sanierung von Kunstbauten .................................................................... 16
1.3.6 Licht- und Lärmemissionen ............................................................................................ 17
II Schutzmassnahmen...........................................................................................19
2.1 Umsetzung der Massnahmen ...................................................................................... 20
2.1.1 Vorgehensweise ............................................................................................................. 20
2.1.2 Wahl der Massnahmen ................................................................................................... 23
2.1.3 Spezifische Massnahmen ............................................................................................... 26
2.1.4 Umweltbaubegleitung (UBB) .......................................................................................... 28
2.1.5 Unterhaltsplan ................................................................................................................. 29
2.2 Erfolgskontrolle ............................................................................................................ 30
2.2.1 Wirkungskontrolle ........................................................................................................... 30
2.2.2 Monitoring der Populationen ........................................................................................... 32
Anhänge ...................................................................................................................33
Anhang A Beschrieb einiger Fledermausarten ..................................................................... 34
Anhang B Massnahmenblätter ................................................................................................ 35
B.1 Wildtierbrücken ............................................................................................................... 37
B.2 Wildtierunterführungen ................................................................................................... 41
B.3 Anlegen von Leitstrukturen ............................................................................................. 45
B.4 Aufwertung von Kunstbauten zu Gunsten der Fledermäuse.......................................... 49
Anhang C Praxisbeispiele ....................................................................................................... 55
Anhang D Merkblatt: Fledermausquartiere schaffen an Brücken ....................................... 64
Glossar .............................................................................................................................................. 72
Bibliographie .................................................................................................................................... 75
Danksagung...................................................................................................................................... 77
Bildnachweise .................................................................................................................................. 78
Nützliche Adressen .......................................................................................................................... 78
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 6
Ziele und Struktur der Arbeitsgrundlage
Um den Fledermausschutz in die Infrastrukturplanung zu integrieren stellt diese Publikation eine wich-
tige Arbeitsgrundalge dar für Planer und Unterhaltsverantwortliche von Verkehrsinfrastrukturen sowie
Beratungsbüros im Umweltbereich. Konflikte mit dem Fledermausschutz können so reduziert und
Aufwertungsmöglichkeiten bei Verkehrsinfrastrukturprojekte genutzt werden.
Beim Berücksichtigen der Auswirkung von linearen Infrastrukturen auf Natur und Landschaft wurden
bis heute nur terrestrische Tierarten berücksichtigt. Kenntnisgewinne, die sich in Europa sowie welt-
weit in Sache „Road Ecology“ ergeben haben zeigen, dass diese Abgrenzung fehlerhaft ist und dass
auch fliegende Arten massiv beeinträchtigt werden können. Wie die letzten Erkenntnisse aus Deutsch-
land, Frankreich und weiteren europäischen Ländern zeigen, gehören auch Fledermäuse zu den be-
troffenen Arten.
Um in die Jagdlebensräume
1
zu gelangen nutzen viele Fledermausarten Flugkorridore aus linearen
Landschaftselementen (Wasserläufe, Täler, Waldränder, Hecke, Alleen etc.). Strassen- oder Bahn-
Infrastrukturprojekte können solche Flugkorridore tangieren in dem sie einerseits deren Durchlässig-
keit merklich reduzieren oder unterbrechen und anderseits das Kollisionsrisiko erhöhen.
Fledermauspopulationen können dadurch bedroht und/oder isoliert werden [1] [2] [14]. Diese Proble-
matik betrifft fast die Hälfte aller Fledermausarten der Schweiz, in erster Linie jene, die nahe am Bo-
den oder der Vegetation fliegen.
Verkehrsinfrastrukturen, insbesondere die Kunstbauten (Brücken, Viadukte etc.), bieten auch Ver-
steckmöglichkeiten für Fledermäuse. Unterhalts- oder Sanierungsarbeiten können Konflikte mit dem
Fledermausschutz hervorrufen, indem sie Störungen oder den Verlust von Quartieren bewirken.
Diese Arbeitsgrundlage fasst die aktuellen Kenntnisse zu baulichen Massnahmen zusammen, welche
es erlauben, die Querung von Verkehrsinfrastrukturen zu verbessern, die Mortalität durch Kollision zu
verringern und Fledermäuse in den Kunstbauten zu fördern. Sie stützt sich auf die gesammelten
Kenntnisse der letzten Jahre aus der Schweiz und Europa [6] [11] [13] [17] [23] [25] ab. Die Arbeits-
grundlage schlägt eine Vorgehensweise und einen Massnahmenkatalog vor, um die bestehenden
oder geplanten Infrastrukturen zu verbessern. Um die Anwendung zu vereinfachen ist sie in zwei Teile
gegliedert.
I. Einleitende Kapitel
Rechtliche Grundlagen, Gefährdung und Instrumente für den Schutz
→ Kapitel 1.1
Ökologie der Fledermäuse
→ Kapitel 1.2
Konflikte und Aufwertungsmöglichkeiten
→ Kapitel 1.3
II. Schutzmassnahmen
Umsetzung der Massnahmen
→ Kapitel 2.1
Erfolgskontrolle
→ Kapitel 2.2
1
siehe Glossar auf Seite 72
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 7
I Einleitende Kapitel
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 8
1.1 Rechtliche Grundlagen und Gefährdung
Alle Fledermausarten sind gemäss Art. 20 Abs. 1 des Natur- und Heimatschutzgesetztes (NHG),
Art. 20 Abs. 2 und Anhang 3 der Natur- und Heimatschutzverordnung (NHV) sowie Art. 6 und Anhang
2 des Übereinkommens über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und
ihrer natürlichen Lebensräume (Berner Konvention, 1982) geschützt.
Die NHV präzisiert in Art. 20 Abs. 3, dass die zuständigen Behörden Ausnahmebewilligungen erteilen
können «für technische Eingriffe, die standortgebunden sind und einem überwiegenden Bedürfnis
entsprechen. Ihr Verursacher ist zu bestmöglichen Schutz- oder ansonst angemessenen Ersatzmass-
nahmen zu verpflichten.»
Von den 30 in der Schweiz vorkommenden Fledermausarten sind 15 bedroht (2 vom Aussterben be-
droht, 5 stark gefährdet und 7 gefährdet) und 7 potentiell gefährdet [9]. 22 Arten sind, aufgrund des
Gefährdungsgrads und der internationalen Verantwortung der Schweiz für diese Arten, auf der Liste
der national prioritären Arten aufgeführt [5]. Hauptgefährdungsgründe der Fledermäuse sind das Ver-
schwinden insektenreicher Jagdlebensräume (strukturreiche Landwirtschaftsflächen, artenreiche
Laubwälder im Mittelland, Moore, Magerwiesen etc.), der Rückgang des Nahrungsangebotes (vorwie-
gend Insekten) durch den Einsatz von Pestiziden, die Renovation von Gebäuden mit Quartieren und
Störungen in Höhlen und Stollen während dem Winterschlaf.
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 9
1.2 Ökologie der Fledermäuse
Dieses Kapitel stellt die wichtigsten Punkte der Ökologie der Fledermäuse vor, die im Rahmen von
Neubauten, dem Unterhalt und der Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen zu berücksichtigen sind.
Der Jahreszyklus der Fledermäuse ist sehr vielfältig. Im Sommer sind Fledermäuse sehr aktiv und
sie widmen sich der Jungenaufzucht, den Winter verbringen sie aufgrund des mangelnden Nah-
rungsangebotes (Insekten etc.) im Winterschlaf.
Die verschiedenen Fledermausarten nutzen im Verlauf der Saison eine grosse Vielfalt an Quartie-
ren. Man unterscheidet Winterquartiere, Sommerquartiere (Männchen), Wochenstuben (Quartiere mit
Jungenaufzucht), Paarungsquartiere, die Ende Sommer bewohnt sind und Zwischenquartiere, die
während der Verschiebung zwischen den Quartieren genutzt werden. Kunstbauten bieten verschie-
dene Quartiermöglichkeiten für Fledermäuse. Am attraktivsten sind Brücke und Viadukte, die Gewäs-
ser oder bewaldete Einschnitte überqueren.
Fast die Hälfte der Fledermausarten ist für den Quartierwechsel oder die Jagd nach Insekten eng an
Strukturen gebunden. Sie nutzen Flugkorridore um vom Quartier in die Jagdlebensräume zu gelan-
gen. Diese Flugkorridore folgen linearen Landschaftselementen wie Gewässer mit bestockten
Ufern, Täler, Waldränder, Hecken oder Baumalleen.
1.2.1 Vielfältiger Jahreszyklus
Fledermäuse sind nachtaktive, fliegende Säugetiere mit einer kleinen Fortpflanzungsrate (meist nur
ein Jungtier pro Jahr) und einer langen Lebensdauer (bis über 30 Jahre).
Heimische Fledermäuse sind an die Wechsel der Jahreszeiten angepasst. Insektenreiche Monate mit
einem hohen Nahrungsangebot werden zur Fortpflanzung und Paarung genutzt. Die Weibchen
schliessen sich zwischen April und Mai zu Wochenstubenkolonien zusammen und gebären die Jung-
tiere zwischen Ende Mai bis Anfang Juli. Bereits nach 4-6 Wochen sind die Jungtiere flügge und be-
ginnen selbständig zu jagen. Die Wochenstubenkolonien lösen sich auf, es beginnt eine Phase des
Umherstreifens, in der auch die artspezifischen Winterquartiere aufgesucht werden. Zugleich ist es die
Paarungszeit. Die Männchen versuchen in speziellen Balzquartieren Weibchen anzulocken oder die
Fledermäuse treffen sich vor bestimmten Höhlen und Stollen um dort zu schwärmen. Diese Schwar-
maktivitäten dienen nebst der Paarung, der Erkundung von Winterquartieren und der Informationswei-
tergabe an die Jungtiere. Die Kälteperiode zwischen Oktober/November und März/April ist mehrheit-
lich dem Winterschlaf vorbehalten. Die Reduktion des Stoffwechsels ermöglicht Energie zu sparen
und die insektenarmen Monate ohne Nahrungsaufnahme zu überleben (Abbildung 1).
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 10
Abbildung 1: Jahreszyklus der Fledermäuse: den Winter verbringen Fledermäuse in Höhlen und Stollen, Baum-
höhlen, etc.; gelegentlich können sie auch Kunstbauten mit günstigem Klima nutzen wie z.B. das
Widerlager; zu Beginn des Frühlings verschieben sich die Weibchen in die Wochenstuben; einige
ziehende Arten nutzen auch noch Zwischenquartiere; die grösste Aktivität wird Ende Sommer zur
Zeit des Ausfluges der Jungtiere festgestellt; im Herbst versammeln sich einige Arten in Höhlen
oder Baumhöhlen für die Paarung, etc.
Abbildung 2: Wochenstube des Gros-
sen Mausohrs in der Brü-
cke von Corbières, Kan-
ton Freiburg (© Jérôme
Gremaud).
Abbildung 3: Grosse Hufeisennasen im
Winterschlaf, Mine von
Ougney, Franche-Comté,
Frankreich.
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 11
1.2.2 Nutzung von unterschiedlichen Quartieren
Fledermäuse nutzen eine Vielzahl verschiedener Unterschlupfmöglichkeiten, die ihnen tagsüber bzw.
während des Winterschlafes einen sicheren und ungestörten Aufenthalt ermöglichen. Sommerquartie-
re befinden sich in Gebäuden oder an/in Bäumen. Häufige Gebäudequartiere sind Estriche, Spalten
im Zwischendach, hinter Fassadenverkleidungen, Fensterläden, Mauerfugen, sowie Hohlräume in
Brücken und anderen Kunstbauten oder in speziellen Fledermauskästen. Vielen Fledermausarten
genügt eine schmale Öffnung, durch die sie kriechend oder kletternd ins Quartier gelangen, einige
Arten benötigen eine Durchflugsöffnung. Fledermäuse stellen oft hohe, saisonal wechselnde Anforde-
rungen an das Mikroklima. Alle Arten benötigen daher ein Netzwerk aus mehreren, oft eng benachbar-
ten Quartieren.
Als Winterquartiere dienen Felsspalten, Höhlen und Stollen oder für einige Arten auch Baumhöhlen,
Rollladenkästen oder spezielle Winterschlaf-Fledermauskästen. Winterquartiere zeichnen sich durch
ein ausgeglichenes Mikroklima aus, sind oft feucht und kalt, aber frostfrei.
Abbildung 4: Wochenstube der Grossen Hufeisenna-
se im Dachstock einer Kirche, Vex VS.
Abbildung 5: Winterquartier in einem ehemaligen
Marmor-Steinbruch, Saillon VS.
Da Fledermäuse eine Quartiertradition ausbilden und immer wieder zurückkehren, ist die Erhaltung
bestehender Quartiere von grosser Bedeutung. Quartierverluste betreffen oft Kolonien und damit eine
grosse Anzahl von Individuen, mit erheblichen negativen Auswirkungen auf die lokalen Populationen.
1.2.3 Echoortung und Lebensraumnutzung
Echoortung und Flugverhalten
Die nachtaktiven, sehr mobilen Fledermäuse orientieren sich mit Hilfe von Echos ihrer Ultraschallrufe.
Dank dieser Echoortung können sie in völliger Dunkelheit durch die Landschaft navigieren und Insek-
ten jagen.
Einheimische Fledermausarten rufen in einem Frequenzbereich zwischen 10 und 120 kHz und sind so
zu einem grossen Teil für den Menschen nicht hörbar. Die Reichweite der Fledermausrufe ist sehr
unterschiedlich. Bei grossen Arten mit langen, schmalen Flügeln für einen schnellen Flug, der Ihnen
das Jagen im freien Luftraum erlaubt (z.B. Grosse Abendsegler), können die Rufe bis zu 100 m weit
hörbar sein. Demgegenüber stehen die kleineren Arten mit kurzen, breiten Flügeln (z.B. die Kleine
Hufeisennase). Sie sind wendig und in der Lage in dichter Vegetation oder zwischen Bäumen zu ja-
gen. Ortungsrufe dieser Arten sind stark gerichtet und von vergleichsweise geringer Reichweite.
Artspezifische Raum- und Habitatnutzung
Die einzelnen Fledermausarten zeichnen sich durch artspezifische Verhaltensweisen und unterschied-
liche Ansprüche an ihren Lebensraum aus. Einige Arten migrieren über weite Distanzen (mehrere 100
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 12
km) und beziehen in der Schweiz nur ihre Winterquartiere (z.B. Rauhautfledermaus und Grosser
Abendsegler). Andere ortstreue Arten besiedeln ein vergleichsweise kleinräumiges Gebiet ganzjährig
mit einem Aktivitätsradius von wenigen Kilometern (z.B. Zwergfledermaus und Kleine Hufeisennase).
Jagdlebensräume können im Wald, über Gewässern oder auch über insektenreichen, offenen Flächen
liegen. Die Jagdlebensraumtypen hängen von der artspezifischen Jagdstrategie ab. Nebst der flie-
genden Insektenjagd mit Hilfe von Echoortung im freien Luftraum (z.B. Abendsegler) oder entlang von
Strukturen (z.B. Zwergfledermäuse), gibt es "Gleaner", wie das Grosse Mausohr oder die Langohrfle-
dermäuse, welche ihre Beute durch passives Detektieren von Krabbelgeräuschen ausmachen und
diese anschliessend vom Untergrund oder der Vegetation ablesen. Daraus ergeben sich artspezifi-
sche Unterschiede der Jagdlebensräume auf vertikaler und struktureller Ebene (Abbildung 6 und An-
hang A).
Flugkorridore in der Landschaft
Aufgrund der wenig weit reichenden Ultraschallrufe sind einige Fledermausarten zur Orientierung in
der Landschaft stark an gut strukturierte Flugkorridore gebunden.
Stark frequentierte Flugkorridore sind meist lineare Verbindungselemente in der Landschaft mit verti-
kalen, nachtdunklen Strukturen wie zum Beispiel Hecken, Baumreihen, Gebäude, Waldränder oder
Gewässer mit Ufergehölz (siehe Abbildung 6). Vor allem in der Nähe von grossen Fledermausquartie-
ren können solche Flugkorridore während der Nacht intensiv frequentiert werden. Durch die Zer-
schneidung eines Flugkorridors, z.B. durch eine Strasse, kann ein Jagdlebensraum unter Umständen
nicht mehr erreicht oder die Route gemieden und infolgedessen ein Fledermausquartier an Qualität
verlieren oder gar aufgegeben werden.
Abbildung 6: Unterschiedliche Nutzung der Jagdlebensräume durch verschiedene Fledermausarten: blau, hoch
fliegende Arten bewegen sich im Luftraum (z.B. Grosser Abendsegler); grün, entlang der Vegetati-
on und in Lichtungen fliegende Arten (z.B. Breitflügel- und Zwergfledermaus); rot, stark an Struktu-
ren gebundene Arten, fliegen auch in der Struktur (z.B. Hufeisennasen und Langohren).
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 13
Abbildung 7: Entlang eines Gewäs-
sers wurden die Ufer
bestockt, um eine Wo-
chenstube der Kleinen
Hufeisennasen mit ih-
ren Jagdlebensräumen
im Wald zu verbinden,
Autobahn BAB17
Dresden–Prag, Sach-
sen, Deutschland.
Abbildung 8: Hecke leitet die Fle-
dermäuse unter einem
Viadukt durch, LGV-
Rhin-Rhône, Ougney,
Franche-Comté, Frank-
reich.
Abbildung 9: Baumalleen werden
regelmässig als Flug-
korridore genutzt; sie
dürfen aus Sicher-
heitsgründen nur an
Strassen mit einge-
schränkter Geschwin-
digkeit oder in genü-
gend grosser Distanz
zur Strasse gepflanzt
werden; Bahretal,
Sachsen, Deutschland.
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 14
1.3 Konflikte und Aufwertungsmöglichkeiten
Der Bau und der Betrieb einer Verkehrsinfrastruktur kann die Mobilität von Fledermäusen ein-
schränken, insbesondere wenn Flugkorridore zwischen einer Kolonie und den Jagdlebensräumen
zerschnitten werden. Konflikte können in Form von Zerstörung der Jagdlebensräume und Quartiere,
durch Unterbrechung von Flugkorridoren, durch Kollisionen und Habitatfragmentierung sowie auf-
grund von Störung durch Bauarbeiten, Beleuchtung und Lärm entstehen. Bei Sanierung und Unter-
halt von Verkehrsinfrastrukturen kann jedoch mit spezifischen Massnahmen die Durchlässigkeit der
Flugkorridore verbessert werden.
Kunstbauten werden regelmässig unterhalten und periodisch saniert. Dies bringt für Fledermäuse,
die diese Bauten bewohnen, ein Risiko mit sich. Solche Eingriffe bieten aber auch die Möglichkeit,
neue Quartiere zu schaffen. Aufwertungen an Kunstbauten, die über Gewässer oder bewaldete
Einschnitte führen, sind am erfolgversprechendsten. Alte Steinbrücken sind bei Fledermäusen sehr
beliebt, aber auch neuere Bauwerke werden regelmässig genutzt.
Fledermäuse sind von Lichtverschmutzung betroffen, insbesondere im Mittelland. Zahlreiche Arten
meiden beleuchtete Zonen und werden daher durch den Bau beleuchteter Strassen am Rande der
Siedlungen negativ beeinflusst. Das Beleuchten der Kunstbauten (Gewässerdurchlässe, Brücken,
Viadukte) ist ebenfalls sehr ungünstig, weil empfindliche Arten dort keine Quartiere beziehen können
und Flugkorridore unterbrochen werden.
Die Tabelle 1 fasst die verschiedenen Konflikte und Aufwertungsmöglichkeiten zusammen, welche in
Abbildung 10 dargestellt sind. Sie bildet die verschiedenen Punkte während der Bau- und der Be-
triebsphase ab und verweist für eine detaillierte Beschreibung auf die entsprechenden Kapitel.
Tabelle 1: Konflikte und Aufwertungsmöglichkeiten durch Verkehrsinfrastrukturen in der Bau- und Betriebsphase.
Konflikte und Aufwertungsmöglichkeiten
Kapitel
Bauphase
Verlust und Beeinträchtigung des Jagdlebensraums
1.3.1
Verlust und Beeinträchtigung von Quartieren
1.3.2
Unterbrechung der Flugkorridore während der Bauphase
1.3.4
Verlust / Aufwertung von Quartieren im Zuge von Unterhalt oder Sanierung von
Kunstbauten
1.3.5
Betriebs-
phase
Kollisionsrisiko
1.3.3
Dauerhafte Unterbrechung eines Flugkorridors und Habitatfragmentierung
1.3.4
Störungen durch Licht und Lärm
1.3.6
1.3.1 Verlust und Beeinträchtigung des Jagdlebensraums
Der Strassen- und der Bahnverkehr können zu einer indirekten Qualitätsverminderung der Jagdle-
bensräume und je nach Umgebungsgestaltung zu einem direkten Verlust von natürlichen Lebensräu-
men führen, die als Jagdgebiete genutzt werden. Dies bedeutet eine Reduktion des Nahrungsange-
bots und durch längere Flugwege einen grösseren Aufwand. Grosse Strassen können die Fleder-
mausaktivität bis zu einer Distanz von 1.5 km negativ beeinflussen [7] [17] (siehe auch Kapitel 1.3.6).
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 15
Abbildung 10: Konflikte und Aufwertungsmöglichkeiten im Zusammenhang mit Verkehrsinfrastrukturen: Vermin-
dern der Erreichbarkeit gewisser Jagdlebensräume (1.3.1) oder Quartiere (1.3.2), Kollisionsrisiko
auf den Flugkorridoren (1.3.3), Habitatfragmentierung, insbesondere der Waldlebensräume (1.3.4),
Risiken und Aufwertungsmöglichkeiten aufgrund von Unterhalt und Sanierung von Kunstbauten
(1.3.5), beeinträchtigter Flugkorridor aufgrund der Beleuchtung (1.3.6); die Nummern verweisen
auf die entsprechenden Kapitel; Abbildung mit umgesetzten Massnahmen, siehe Abbildung 18,
Seite 25.
1.3.2 Verlust und Beeinträchtigung von Quartieren
Degradation von einem Quartier entsteht vor allem, wenn der Strassenverkehr im direkten Umfeld
vorbeiführt, so dass deren Individuen chronisch einem erhöhten Kollisionsrisiko ausgesetzt sind. Dar-
über hinaus können die Tiere durch Sekundärfaktoren (z.B. Licht, Lärm, Veränderungen des Mikrokli-
mas) veranlasst werden, das Quartier dauerhaft aufzugeben. Quartiere werden traditionell über Jahr-
zehnte genutzt. Eine aktive Umsiedlung von Kolonien ist in der Regel nicht erfolgreich. Selbst wenn,
jahreszeitlich bedingt, die Fledermäuse nicht anwesend sind, ist das Quartier eine gesetzlich ge-
schützte „Brutstätte“ (Art. 20 NHV).
In Wäldern und teilweise auch im Siedlungsraum muss beachtet werden, dass eine Fledermauskolo-
nie häufig einen Verbund von Quartieren bewohnt. Durch die Fragmentierung kann es zu einem völli-
gen Funktionsverlust dieses Verbundsystems kommen, selbst wenn kein einzelnes Quartier unmittel-
bar zerstört wird.
1.3.3 Kollisionen
Fledermäuse sind durch die Orientierung mit Ultraschall in der Lage ihre Umgebung sehr genau ab-
zubilden, trotzdem können tödliche Kollisionen mit schnell bewegenden Objekten auftreten. Die Rufe
einer Fledermaus sind in Flugrichtung gerichtet. Hindernisse, die sich von hinten oder von der Seite
auf die Fledermaus zu bewegen, können nicht wahrgenommen werden. Kollisionen treten beim nied-
1.3.1
1.3.2
1.3.4
1.3.3
1.3.5
1.3.6
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 16
rigen Überflug von Strassen (wie z.B. bei Transferflügen zwischen den Quartieren und den Jagdle-
bensräumen) oder auch beim Beutefang (Jagdflug) auf.
Bei Transferflügen sind vor allem strukturgebunden fliegende Fledermausarten betroffen, die sich
meist im Schutz der Vegetation bewegen und Offenland nur knapp über dem Boden überfliegen.
Im Jagdflug können auch weniger strukturgebundene Arten, wie z.B. der Abendsegler, von Kollisionen
betroffen sein. Aufgewärmtes Trassee und starke Lichtquellen (Autoscheinwerfer, Strassenlaternen)
locken nachtaktive Insekten an, die diesen Fledermausarten ein reichhaltiges Nahrungsangebot bie-
ten.
Fledermäuse als Verkehrsopfer werden meist nur zufällig gefunden und die Dunkelziffer der Fleder-
maus-Verluste durch Strassen- und Schienenverkehr umfasst ein Vielfaches der zufälligen Totfunde.
Neuere Studien mit systematischen Nachsuchen von Kollisionsopfern zeigen, dass Totfunde gehäuft
auftreten, wo Strassen Flugkorridore kreuzen oder nahe an attraktiven Jagdlebensräumen liegen.
Insbesondere unerfahrene Jungtiere im Spätsommer sind betroffen [10].
Die Zahl der Kollisionen schient direkt von der Dichte des Verkehrs und der Verkehrsgeschwindigkeit
beeinflusst zu werden [23]. Strassen mit dichtem und schnellem Verkehr sind demnach die problema-
tischsten. Die Anzahl der zu querenden Spuren beeinflusst ebenfalls die Überlebenswahrscheinlich-
keit.
1.3.4 Habitatfragmentierung
Strassen können wichtige Flugkorridore von Fledermäusen zu ihren unterschiedlichen Teillebensräu-
men (Wochenstuben, Sommerquartiere, Jagdlebensräume, Winterquartiere u.a.) trennen. Grosse
Jagdlebensräume (z.B. Wald) können auch zerschnitten werden. Die Zerschneidungswirkung hängt
von der Breite des Trassees und von der Frequenz an Fahrzeugen während der Nacht ab [14]. Im
Extremfall sind Flugkorridore zwischen Gebieten durch Strassen dauerhaft unterbrochen oder in ihrer
funktionalen Beziehung gestört. Zum Teil versuchen Arten der Strasse auch auszuweichen und neh-
men grössere Umwege in Kauf, um zu ihren Quartieren oder Jagdlebensräumen zu gelangen. Diese
Vermeidungsreaktionen können die Überlebenswahrscheinlichkeit und Entwicklung einer Fleder-
mauspopulation entscheidend vermindern. Eine Zerschneidung kann eine Barrierewirkung zur Folge
haben wenn Populationen isoliert und der genetische Austausch behindert wird. Dies kann zu einer
langfristigen Beeinträchtigung der Fledermauspopulationen oder gar zum lokalen Artensterben führen
[26].
1.3.5 Unterhalt und Sanierung von Kunstbauten
Generell bieten Kunstbauten (Brücken, Viadukte, etc.) verschiedene Möglichkeiten für die Mehrzahl
der Fledermausarten. Sie finden günstige Unterschlüpfe, z.B. in den Entwässerungsrohren, den Dila-
tationsfugen oder im Brückenhohlkörper.
Kunstbauten bieten dunkle Verstecke ohne Durchzug, die für Prädatoren kaum zugänglich sind. Zu-
dem sind die Temperaturen relativ stabil und höher als im Tagesdurchschnitt. Brücken verschaffen
potentiell sehr geschätzte Quartiere für Fledermäuse, insbesondere bei Gewässerübergängen. Ge-
wisse Arten wie die Wasserfledermaus werden stark von diesen anthropogenen Quartieren angezo-
gen. Steinbrücken haben das grösste Potential Fledermausquartiere zu bieten, moderne Bauten wer-
den jedoch auch häufig von Fledermäusen genutzt sobald sie Spalten von mindestens 5 cm Tiefe und
1.2 cm Breite aufweisen.
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 17
Abbildung 11: Wasserfledermäuse, die den Vorsprung bei einer Brücke nutzen (© Cyril Schönbächler).
Der Abbruch oder die Sanierungen von Kunstbauten, die von Fledermäusen bewohnt werden, können
zu direkten oder indirekten Verlusten führen. Allgemein können Vibrationen, Lärm und nächtliche Be-
leuchtung die in den Bauten ruhenden Fledermäuse stören und als Folge das Verlassen des Quartiers
bewirken. Eine gute Planung der Arbeiten, verbunden mit Abklärungen zur Nutzung des Bauwerks
durch Fledermäuse, ist also entscheidend um das Risiko von Störungen zu verringern.
Kunstbauten können als Wochenstuben oder Überwinterungsquartiere genutzt werden, sie werden
jedoch auch regelmässig von März bis April und von September bis Oktober bewohnt. Diese zwei
Perioden sind am günstigsten um Unterhalts- oder Sanierungsarbeiten durchzuführen, da brückenbe-
wohnende Fledermäuse zu dieser Zeit mobiler und weniger empfindlich sind als während der Jungen-
aufzucht und dem Winterschlaf. Das Risiko Fledermäuse in Fugen und Spalten der Bauwerke einzu-
sperren oder zu töten ist also geringer.
1.3.6 Licht- und Lärmemissionen
Licht- und Lärmemissionen können Jagdlebensräume indirekt negativ beeinflussen. Lichtemissionen
durch Strassenbeleuchtung, Scheinwerfer etc. können artspezifisch zu einer Meidung von strassen-
nahen Jagdlebensräumen führen [29]. Alle Beleuchtungssysteme (auch LED) führen zu einer Vermei-
dungsreaktion gewisser Fledermausarten. Insbesondere einige Waldfledermausarten wie Bechstein-,
Fransen-, Bartfledermäuse, Mausohren, Langohren sowie Hufeisennasen meiden das Licht und be-
leuchtete Gebiete. Für diese Arten bedeuten die Beleuchtungen der Bauwerke eine Barriere auf den
Flugkorridoren.
Die Beleuchtung von Ein- und Ausflugsöffnungen bei von Fledermäusen besiedelten Bauten reduziert
deren Attraktivität und in gewissen Fällen kann es zum Verlassen des Quartiers führen [29]. Bei eini-
gen Arten (Myotis sp. und Rhinolophus sp.) verzögert eine solche Beleuchtung den Ausflug, wodurch
die Zeit für die Jagd auf Insekten reduziert wird. Dies bewirkt einen reduzierten Fortpflanzungserfolg
und kleinere Jungtiere. Ein Schutz gegen die Beleuchtung der Ausflugsöffnung (z.B. Bäume) erlaubt
den Fledermäusen, das Quartier früher zu verlassen und auch später zurückzukehren, was die Jagd-
zeit deutlich verlängert.
Gewisse Fledermausarten, die gegenüber Licht weniger empfindlich sind (Pipistrellus sp., Eptesicus
sp., Nyctalus sp.), jagen die von Beleuchtungssystemen mit geringer Wellenlänge (UV) angezogen
Insekten [29]. Quecksilberdampflampen (weisses Licht) mit hohem Blauanteil (UV) ziehen Nachtinsek-
ten und damit auch Fledermäuse stärker an als Natriumdampflampen (gelbes Licht) [27]. Den Vorteil,
den sich diese Arten dadurch geschaffen haben, könnte durch das erhöhte Kollisions- und Prädations-
risiko verringert werden [21]. Das Ersetzen dieser Beleuchtungssysteme durch LED-Lampen reduziert
die Attraktivität für Insekten deutlich, wobei die weissen LED (2500°K bis 3500°K) die unattraktivsten
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 18
sind [15]. Daraus ergibt sich eine deutliche Reduktion der Attraktivität von Strassenbeleuchtungen für
Fledermäuse [22].
Verkehrslärm betrifft vor allem Fledermäuse, die Insekten oder Spinnen von Blättern und dem Boden
ablesen (z.B. Bechstein-, Fransenfledermäuse, Grosse Mausohren und Braune Langohren). Diese
Arten jagen entweder mit sehr leisen Echoortungsrufen oder sind auf das Hören von Bewegungen der
Beuteinsekten angewiesen. Untersuchungen haben gezeigt, dass sich die Frequenzbänder von Lauf-
käfergeräuschen und Verkehrslärm weitgehend überlappen, was den Jagderfolg der Fledermäuse
mindert [7] [28].
Abbildung 12: Zwei Beispiele von beleuchteten Brücken (links Eisenbahnviadukt Altenbeken, Nordrhein-
Westfalen, Deutschland © Andreas Fiebig; rechts Viadukt von Randalstown, Nordirland © Alan
Hopps): nicht günstig für Fledermäuse.
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 19
II Schutzmassnahmen
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 20
2.1 Umsetzung der Massnahmen
Dieses Kapitel schlägt dem Bauherrn eine Vorgehensweise vor, um Fledermäuse beim (Aus)Bau
von Verkehrsinfrastrukturen und dem Unterhalt optimal zu berücksichtigen. Die Arbeitsgrundlage
zeigt Kriterien auf, welche während der Planung erlauben, potentielle Probleme für Fledermäuse zu
erkennen und Aufwertungsmöglichkeiten zu identifizieren. Die Schweizerische Koordinationsstelle für
Fledermausschutz (CCO/KOF) bietet einen Beratungsdienst für die Bauherren an. Je nach Projekttyp
oder Anfrage bietet sie eine einfach Vorabklärung an. Dieser Dienst erlaubt es die potentiellen Kon-
flikte und Aufwertungsmöglichkeiten eines Infrastrukturprojektes schnell zu identifizieren. Der Bauherr
profitiert von der Beratung zur Auswahl der passenden Massnahmen. Die Vorabklärung verhindert
zudem, dass spezifische Massnahmen geplant werden, ohne dass der Nutzen für die Fledermäuse
angezeigt ist. In komplexeren Fällen wird der Bauherr für ein Gutachten an Fledermausspezialisten
verwiesen.
Massnahmen, die sich bewährt haben, werden in den Massnahmenblättern (Anhang B) und im Kapi-
tel 2.1.3 beschrieben. Die Massnahmenblätter beschreiben den Bau von Über- und Unterführungen
für Fledermäuse, das Anlegen von Leitstrukturen für die Anbindung der Quartiere an die Jagdlebens-
räume, die zu berücksichtigenden Punkte für Unterhalts- oder Sanierungsarbeiten an Kunstbauten
und das Schaffen von Quartieren an Brücken.
Ein Unterhaltsplan für die Vegetation in der Umgebung und auf den Bauwerken ist unerlässlich um
die Funktionalität zu gewährleisten (Kapitel 2.1.5). Ein falscher Unterhalt bei Wildtierpassage kann
sehr schnell dazu führen, dass eine Leitstruktur ihre Funktion für Fledermäuse nicht mehr erfüllt.
2.1.1 Vorgehensweise
Eine einfache Vorgehensweise wird den Bauherren in der Abbildung 13 vorgeschlagen, um Fleder-
mäuse im Rahmen von Verkehrsinfrastrukturprojekten vermehrt zu berücksichtigen. Sie hat zum Ziel
vorausschauend mögliche Konflikte und Aufwertungsmöglichkeiten zu erkennen, indem dem Bauherrn
oder den Auftragnehmern ein Beratungsdienst zu jeglichen Fragen dieses Themenbereichs zur Verfü-
gung gestellt wird. Die CCO/KOF kann, mit Unterstützung der Kantonalen Fledermausschutz-
Beauftragten, schnell und professionell auf Anfragen von beteiligten Personen antworten. Das Ziel ist,
möglichst früh (während der Planungsstudie) eine Zusammenarbeit zwischen Bauherren und Fleder-
mausspezialisten zu erreichen. Es wird empfohlen, die Berücksichtigung von Fledermäusen in den
verschiedenen Pflichtenheften aufzuführen.
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 21
Abbildung 13: Vorgehen, um Fledermäuse im Rahmen von Verkehrsinfrastrukturprojekten zu berücksichtigen.
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 22
In einem ersten Schritt soll der Bauherr abklären, ob sein Projekt Fledermäuse potentiell betreffen
kann. Die Tabelle 2 stellt die Themenbereiche vor, bei denen Fledermäuse tangiert werden könnten.
Der Bau oder die Verbesserung von spezifischen Querungen für grosse und mittlere Wildtiere stellen
für Fledermäuse per se ein wichtiges Potential dar. Im Rahmen von solchen Projekten wird von den
beauftragten Umweltbüros verlangt, dass die Fledermausproblematik mit Hilfe der Massnahmenblätter
im Anhang B oder, falls erforderlich, mit Beratung von der CCO/KOF, integriert wird.
Tabelle 2: Projekttypen und Bedingungen, bei denen Fledermäuse potentiell betroffen werden.
Projekttyp
Bedingungen, bei denen Fledermäuse potentiell betroffen werden
Bau oder Verbesserung einer
Wildtierpassage für grosse und
mittlere Wildtiere
- Alle Bauwerke
Bau oder Verbesserung einer
nicht spezifischen Wildtierpas-
sage
- Brücke oder Viadukt über ein Gewässer oder einen bewaldeten Einschnitt
- Infrastruktur im Wald, insbesondere in naturnahen Laubwäldern
- Infrastruktur, die weniger als 100 m von Wäldern, Feuchtgebieten (Moor,
Auengebiete, naturnahen Seeufern) oder Schutzgebieten entfernt liegt
- Infrastruktur, die einen zusammenhängenden Gehölzstreifen durchquert
(Hecke, Allee), insbesondere wenn der Gehölzstreifen ein Dorf (Kolonie)
mit potentiellen Jagdlebensräumen (Wald, Teiche, strukturreiche Land-
wirtschaft etc.) verbindet
Unterhalt oder Sanierung einer
Kunstbaute
- Brücke oder Viadukt, welche/s über ein Gewässer oder einen bewaldeten
Einschnitt führt
- Steinbrücke
Abholzung/Rodung verbunden
mit dem Bau oder Ausbau einer
Verkehrsinfrastruktur
- Naturnaher Laubwald
- Alte Bäume, Höhlenbäume
Andere Infrastrukturen, weniger
als 500 m von einem Que-
rungsbauwerk entfernt
- Grosse Infrastruktur mit starker Beleuchtung (Sportanlage, Gewerbe-
gebiet, etc.)
- Windenergieanlagen (Kollisionsrisiko)
Wenn der Bauherr potentielle Auswirkungen vermutet, kann er sich an die Schweizerische Koordinati-
onsstelle für Fledermausschutz (CCO/KOF, Adressen auf Seite 78) wenden. Die CCO/KOF ist im
Auftrag des Bundesamtes für Umwelt (BAFU) die offizielle Stelle für die Forschung und den Schutz
der Fledermäuse in der Schweiz. Sie bietet als Solche einen Beratungsdienst. Je nach Projekt oder
Anfrage bietet sie schriftliche oder telefonische Beratung oder erstellt eine einfache Vorabklärung
(Datenbankabfrage, wenn nötig Begehung vor Ort). Der Bauherr entscheidet, ob er den Dienst der
CCO/KOF in Anspruch nimmt. In einfachen Fällen, die keiner speziellen Beratung bedürfen, werden
die Massnahmen mit Hilfe der Massnahmenblätter (Anhang B) direkt vom Bauherrn bestimmt.
Die Vorabklärung erlaubt es, die potentiellen Auswirkungen des Projektes und mögliche Aufwer-
tungsmassnahmen zu definieren. Da sie normalerweise in der Planungsstudie erfolgt, hat sie auch
zum Ziel nicht zweckmässige Untersuchungen oder Massnahmen (keine Wirkung für Fledermäuse)
oder solche mit sehr schlechtem Kosten-Nutzen-Verhältnis zu vermeiden. So erlaubt die Vorabklärung
dem Bauherrn, unter Berücksichtigung der Bedeutung der Fledermauskolonien sowie dem Umfang
und den Kosten der Massnahmen, die Arbeiten zu planen. Für komplexere Projekte soll ein detaillier-
tes Gutachten erstellt werden um die Chancen oder Konflikte zu analysieren und angepasste Mass-
nahmen zu definieren. Je nach Schlussfolgerung der Vorabklärung beauftragt der Bauherr einen Fle-
dermausspezialisten die nötigen Abklärungen vorzunehmen: Analyse des vom Projekt betroffenen
Flugkorridors, Begleitung einer zu sanierenden Brücke, die von Fledermäusen genutzt wird, etc. Das
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 23
Gutachten soll so früh wie möglich, normalerweise mit dem Vorprojekt, ausgeführt werden und einen
detaillierten Bericht zu den Resultaten liefern.
In einfacheren Fällen, die kein Gutachten benötigen (z.B. Fledermauskästen an Kunstbauten anbrin-
gen), kann sich der Bauherr direkt auf die Wahl der Massnahmen (Anhang B) konzentrieren, allenfalls
mit der Unterstützung der CCO/KOF.
2.1.2 Wahl der Massnahmen
Die Definition der Massnahmen beruht auf dem Grundsatz vermeiden – vermindern – ausgleichen /
wiederherstellen:
→ Vermeiden: Zuerst Lösungen suchen, die keine Auswirkungen auf Fledermäuse haben; wenn
eine Linienführung zu grosse negative Wirkungen hat, sind Varianten auszuarbeiten, die kost-
spielige Massnahmen zur Reduktion oder Kompensation vermeiden; von Fledermäusen be-
setzte Hohlräume sind wenn möglich zu erhalten
→ Vermindern: Massnahmen zur Reduktion der Wirkungen betreffen hauptsächlich Über- oder
Unterführungen und die Verbesserung der Eingliederung der Bauwerke in die Landschaft in-
dem Leitstrukturen geschaffen werden; eine fachgerechte Beleuchtung erlaubt es ebenfalls
negative Wirkungen eines Projektes zu reduzieren
→ Ausgleichen / Wiederherstellen: Verbessern des Quartierangebotes an Kunstbauten; Erset-
zen von zerstörten Quartieren nach Unterhalts- oder Sanierungsarbeiten und Wiederherstel-
len von Jagdlebensräumen nach Bauarbeiten (Abbildung 18)
Es gibt nur wenige Massnahmen mit erwiesener Wirksamkeit. Der Massnahmenkatalog beschränkt
sich auf solche, die ohne grössere Probleme umgesetzt werden können [13]. Die Massnahmenblätter
behandeln die zwei folgenden Themen:
Die Mobilität der Fledermäuse vereinfachen :
- Planen von fledermausfreundlichen Über- oder Unterführungen
→ Massnahmenblatt B.1 und B.2
- Anbinden der Bauwerke an Ihre Umgebung mit Hilfe von Leitstrukturen
→ Massnahmenblatt B.3
Abbildung 14: Brücke für landwirt-
schaftliche Fahrzeuge,
aufgewertet um den
Fledermäusen die Über-
querung zu erleichtern
(Zaun, Blendschutz aus
Holz, Pflanzung von
Leitstrukturen) Staats-
straße S170n, Bahretal,
Sachsen, Deutschland.
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 24
Abbildung 15: Pflanzung einer Hecke
als Leitstruktur, um die
Wildtierpassage mit
dem nahen Wald zu
verbinden, Staatsstraße
S170n, Bahretal, Sach-
sen, Deutschland.
Erhalten und Verbessern des Quartierangebotes für Fledermäuse:
- Wirkungen während den Unterhalts- oder Sanierungsarbeiten reduzieren und die Attraktivi-
tät des Bauwerkes für Fledermäuse erhöhen → Massnahmenblatt B.4
Abbildung 16: Berücksichtigen von
Fledermäusen während
der Inspektion einer al-
ten Steinbrücke.
Abbildung 17: Montierte Fledermaus-
kästen an einem Stahl-
träger einer gewässer-
querenden, modernen
Brücke (© Marzia Matt-
ei).
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 25
Der Anhang C stellt gute Praxisbeispiele aus der Schweiz, Deutschland und Frankreich vor. Die Ter-
minplanung der Arbeiten, die Anpassung der Beleuchtung und Aufwertungen der Lebensräume wer-
den nicht in den Massnahmenblättern und Praxisbeispielen beschrieben, werden jedoch im Kapi-
tel 2.1.3 behandelt. Weitere Massnahmen, deren W irksamkeit nicht erwiesen ist, werden im gleichen
Kapitel kurz beschrieben.
Es ist wichtig, alle Synergien zwischen den Gestaltungsmassnahmen für Wildtiere und Fledermäuse
zu nutzen. Speziell ist beim Bau oder der Verbesserung von Wildtierpassagen für grosse und mittlere
Wildtiere sind die Bedürfnisse der Fledermäuse zu berücksichtigen. Es ist auch wichtig darauf zu ach-
ten, dass spezifische Massnahmen für Fledermäuse die Mobilität anderer Artengruppen nicht behin-
dern. Allgemein kann man sagen, dass spezifische Massnahmen für Fledermäuse die Wirksamkeit
der Wildtierpassagen für andere Arten normalerweise unterstützen. Die zu berücksichtigenden Punkte
sind in den Massnahmenblättern (Anhang B) beschrieben.
Bei spezifischen Aufwertungen für Fledermäuse muss ein Unterhaltsplan (Kapitel 2.1.5) und ein Kon-
zept für die Erfolgskontrolle (Kapitel 2.2) erstellt werden.
Abbildung 18: Massnahmen zu Gunsten der Fledermäuse verbunden mit Verkehrsinfrastrukturprojekten: 1) Ver-
besserung einer Wildtierbrücke; 2) Verlegen einer Hecke, die als Flugkorridor dient; 3) Verstärkung
eines Flugkorridors im Rahmen einer Gewässerrenaturierung; 4) Pflanzen einer Leitstruktur, die
Fledermäuse zu einem bestehenden Bauwerk führt; 5) Aufwertung eines Quartiers in einem Via-
dukt; 6) Beleuchtungskonzept, das die Baumallee möglichst nicht beleuchtet; Ausgangssituation
ohne Massnahmen: siehe Abbildung 10, S. 15.
1
2
5
4
3
6
2
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 26
2.1.3 Spezifische Massnahmen
Terminplanung der Arbeiten
Es wird empfohlen Baumfällungen oder das Entfernen von potentiell durch Fledermäuse genutzte
Gehölzstrukturen im Winter auszuführen, zur Zeit des Winterschlafs der Fledermäuse (Abbildung 19).
Zudem wird das Brutgeschäft der Vögel zu dieser Zeit nicht beeinträchtigen. Falls alte Höhlenbäume
zu fällen sind, die potentiell als Winterquartier genutzt werden, wird empfohlen die CCO/KOF für eine
vorgängige Kontrolle beizuziehen. Die Fällungen sind in diesem Fall im Herbst (September bis Okto-
ber) vorzunehmen, damit die Fledermäuse nicht getötet werden und noch Ersatzquartiere finden kön-
nen (gemäss NHG Art. 20a und Anhang 3).
Falls Bauarbeiten den Unterbruch eines Flugkorridors zwischen April und Oktober bewirken, erlaubt
eine temporäre Leitstruktur in gewissen Fällen das Aufrechterhalten während der Bauphase (siehe
Massnahmenblatt B.3).
Wenn eine Kunstbaute durch Fledermäuse genutzt wird, sind der Frühling (März-April) und der Herbst
(September-Oktober) die besten Perioden, um Unterhalts- oder Sanierungsarbeiten auszuführen. Im
Winter sind Fledermäuse viel empfindlicher auf Störungen, das Gleiche gilt für die Zeit der Jungenauf-
zucht (Mai bis Anfang August). Es wird also empfohlen zu Beginn des Frühlings oder im Herbst einzu-
greifen, weil Fledermäuse die Bauten zu dieser Zeit ohne grössere negative Folgen verlassen können.
Es müssen jedoch Vorkehrungen getroffen werden, damit keine Fledermäuse eingesperrt werden
(siehe Massnahmenblatt B.4).
Für grosse Projekte mit längeren Bauphasen sind spezifische Lösungen mit Fledermausspezialisten
zu suchen.
Abbildung 19: Empfohlene Zeitfenster für die verschiedenen Arbeiten; schraffiert die idealste Periode, um Bäume
mit Quartieren zu fällen.
Optimieren der Beleuchtung
Während der aktiven Zeit der Fledermäuse, also April bis Oktober, ist es unerlässlich unbeleuchtete
Flugkorridore zu erhalten, insbesondere im Siedlungsraum. Das Erschaffen eines Dunkelkorridors
beinhaltet die Absicht, ein zusammenhängendes und funktionelles Netzwerk von wenig oder nicht
beleuchteten Räumen zu schaffen, um nachtaktive Arten zu schützen [15]. Es soll insbesondere da-
rauf geachtet werden, Gewässerachsen im Siedlungsraum möglichst wenig zu beleuchten um poten-
tielle Flugkorridore zu schützen.
Folgende Lösungen können vorgesehen werden (siehe auch Empfehlungen zur Vermeidung von
Lichtemissionen [18], die VSS Normen 640 246a et 640 247a, und die SIA Norm 491 Vermeidung
unnötiger Lichtemissionen im Aussenraum):
→ Lampen so ausrichten, dass ausschliesslich die Bauwerke beleuchtet werden und potentielle
Flugkorridore im Dunklen liegen, falls notwendig in dem man Abschirmungen anbringt (Hau-
ben, Schirme, optische Einrichtungen wie Spiegel oder Reflektoren)
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 27
→ Entlang von beleuchteten Infrastrukturen, die an Gewässern liegen, soll die Vegetation ent-
lang der Ufer im Dunkeln liegen.
→ Vermeiden, dass Brücken und Viadukte, die potentiell als Fledermausquartier genutzte wer-
den oder Flugkorridore überspannen, beleuchtet werden - insbesondere über Gewässern.
→ Vorsehen von Beleuchtungen auf Anfrage (z.B. für eine wenig frequentierte Unterführung, die
potentiell von Fledermäusen genutzt wird), sehr schwache oder zum Boden hin gerichtete Be-
leuchtung
→ Entfernen von Beleuchtungen in Bereichen, in denen es für die menschliche Sicherheit kein
Problem darstellt oder Ausschaltung der Beleuchtung mitten in der Nacht.
→ Falls die Beleuchtung einer Verkehrsinfrastruktur notwendig ist, sollen Leuchtmittel verwendet
werden, die keine Insekten anziehen (LED von 2500K bis 3500K, Natriumdampflampen).
Aufwertung und Schaffung von Jagdlebensräumen
Wenn Infrastrukturprojekte natürliche Lebensräume, die als Jagdlebensraum genutzt werden, zerstö-
ren, müssen die Eingriffe durch neue Lebensräume oder die Aufwertung bestehender Lebensräume
kompensiert werden. Dies gilt insbesondere wenn Bestände mit alten Bäumen betroffen sind.
Empfohlene Massnahmen sind dabei das Vorsehen von Altholzinseln (Baumgruppen, die bis zum
Absterben und Zersetzen stehen gelassen werden), das Schützen von Höhlenbäumen, Fördern von
Mischwäldern mit hohem Laubanteil und das Schaffen von Lichtungen sowie strukturreichen Wald-
rändern. Positiv für Fledermäuse und viele weitere Arten wirken sich auch neue Feuchtgebiete im
Wald oder am Waldrand aus.
Falls eine Kolonie von Waldfledermäusen (z.B. Myotis sp., Rhinolophus sp.) in der Nähe eines durch
Verkehrsinfrastruktur zerschnittenen Waldbestandes liegt, sind Aufwertungsmassnahmen auf der
Seite der Kolonie zu bevorzugen. Dieser Ansatz erlaubt, die Anzahl Querungen durch Fledermäuse zu
reduzieren.
Je nach Fall kann es sinnvoll sein, Flugkorridore zu erstellen oder zu verstärken, die Quartiere mit
potenziellen Jagdlebensräumen verbinden. Es können Hecken, Gehölzstreifen oder Alleen angelegt
werden. Diese Massnahmen verlangen, dass man über gewisse Flächen verfügt. Sie können z.B. bei
einer Güterzusammenlegung im Rahmen des Baus einer Verkehrsinfrastruktur erfolgen.
Weitere Massnahmen
Um das Kollisionsrisiko zu minimieren, wurden verschiedene Massnahmen für die Erleichterung des
Überflugs von Verkehrsinfrastrukturen getestet (z. B. leichte Überführungen, für Fledermäuse angefer-
tigte Netze auf der Höhe von bestehenden Flugkorridoren). Metallische, U-förmige Passerellen oder
Kabel mit Styroporkugeln (um das Erkennen für Fledermäuse zu erleichtern) ergaben je nach Fall
unterschiedliche Ergebnisse. Gemäss heutigen Kenntnissen wurde für diese Art von Massnahmen die
Effizienz noch nicht nachgewiesen und es muss davon abgeraten werden, resp. es sind weitere Er-
kenntnisse dazu notwendig [8] [13].
Die Hop-overs (Übergänge im Kronenbereich) sind dazu vorgesehen, Fledermäusen, welche nahe der
Baumwipfel fliegen (Pipistrellus sp., Eptesicus sp.), das Überqueren einer breiten Infrastruktur zu er-
leichtern. Die Massnahme soll die Fledermäuse zwingen höher zu fliegen, um die Strasse über den
Fahrzeugen zu queren. Dazu werden grosse Bäume nahe der zu querenden Strasse gepflanzt und
Palisaden oder Zäune aufgestellt (Abbildung 20). Neben Sicherheitsaspekten (Abbruch von Ästen,
Erstellen von Sicherheitsschranken aufgrund der nahen Bäume) ist diese Massnahme sehr abhängig
von den betroffenen Arten und dem Gelände. Sie funktioniert nicht mit sehr stark an Strukturen ge-
bundene Arten, die bodennah fliegen (Langohren, Hufeisennasen).
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 28
Die Ansprüche der terrestrischen Fauna sind von Fall zu Fall ebenfalls zu berücksichtigen. Es handelt
sich um experimentelle Massnahmen, die nur in sehr spezifischen Fällen, unter Begleitung eines Fle-
dermausspezialisten, empfohlen werden können [12].
Abbildung 20: Hop-over, verstärkt mit
einem Holzzaun, leitet die
Fledermäuse über dem
Verkehr durch (Fotomonta-
ge).
Die Beleuchtung kann punktuell dazu gebraucht werden, einen Barriereeffekt zu erzeugen, um Fle-
dermäuse daran zu hindern, die Strasse zu queren. In Wales wurde die Beleuchtung beispielsweise
gebraucht, um eine Kolonie von Kleinen Hufeisennasen daran zu hindern eine breite Strasse zu über-
fliegen und sie zu einer unbeleuchteten, gewässerüberquerenden Brücke zu führen [13]. Strassen-
lampen von 60W wurden beidseits der Strasse über 150 m alle 2 bis 3 m aufgestellt, dies beidseits
der Brücke. Diese Aufstellung hat sich für einen grossen Teil der Kolonie als effizient erwiesen. Den-
noch fehlt die Erfahrungen bezüglich der Nutzung von Beleuchtung als Barriere für verschiedene Ar-
ten und diese Massnahme kann zurzeit nicht routinemässig vorgeschlagen werden.
2.1.4 Umweltbaubegleitung (UBB)
Die Baubegleitung durch einen Fledermausspezialisten erlaubt die korrekte Ausführung der Mass-
nahmen, um die maximale Effizienz sicher zu stellen. Sie ist Bestandteil der Umweltbaubegleitung
(UBB).
Die Massnahmenblätter (Anhang B) beschreiben die allgemeinen Grundsätze für die Umsetzung der
Fledermausmassnahmen bei Verkehrsinfrastrukturen. Jede Massnahme ist aufgrund der betroffenen
Arten und den topographischen Bedingungen einzigartig, somit müssen spezifische Lösungen und
Anpassungen zur Anwendung kommen.
Die Umsetzung der Massnahmen verlangt eine enge Zusammenarbeit zwischen Ingenieuren, Biolo-
gen und Auftragnehmern. Die Tabelle 3 fasst die Punkte zusammen, die bei der Umweltbaubegleitung
zu berücksichtigen sind.
Die Kontrolle der Umweltmassnahmen eines Projektes erfolgt – im Sinne einer Vollzugskontrolle der
Verfügung – im Rahmen der Bauabnahme durch die zuständige Entscheidbehörde. Die Umweltbau-
begleitung erstellt dabei vor der Bauabnahme einen Bericht über die erfolgte Umsetzung.
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 29
Tabelle 3: Zusammenfassende Darstellung der Punkte, die bei der Umweltbaubegleitung zu berücksichtigen sind.
Phase / Dauer
- Bauphase
Ziel
- Umsetzung der Massnahmen gemäss Planung sicherstellen
- Allenfalls notwendige Anpassung der Massnahmen während der Bauphase
vorschlagen
Pflichtenheft
- Prüfen der Übereinstimmung mit den Plänen, dem Zeitplan und dem Pflich-
tenheft
Bemerkungen
- Der Beizug eines Fledermausspezialisten für das Begleiten der Umsetzung
der Massnahmen wird empfohlen
Normen und
Richtlinien
- VSS 640 691a Fauna und Verkehr – Planungsverfahren
- VSS 640 610a Umweltbaubegleitung
2.1.5 Unterhaltsplan
Der Unterhaltsplan soll langfristig die Funktion der spezifischen Massnahmen für Fledermäuse si-
chern. Insbesondere, wenn Pflanzungen als Leitstruktur angelegt werden, müssen diese regelmässig
unterhalten werden um ihre Funktion zu erfüllen (z.B. Niederhecken, die Fledermäuse zu einer Unter-
führung leiten; Verhindern, dass Vegetation den Eingang einer Wildtierunterführung versperrt oder
dass ihre Entwicklung die Fledermäuse an falsche Orte führt). Ein detailliertes Pflichtenheft wird vom
Bauherrn erstellt und den Unternehmen oder den zuständigen Stellen für den Unterhalt zugestellt.
Das Massnahmenblatt B.3 Anlegen von Leitstrukturen beschreibt die für den Unterhalt zu beachten-
den Punkte.
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 30
2.2 Erfolgskontrolle
Die Kenntnisse zur Effizienz der Aufwertung von Verkehrsinfrastrukturen sind noch lückenhaft, was
eine Erfolgskontrolle als Begleitung besonders notwendig macht.
Die Erfolgskontrolle hat zum Ziel, eventuelle Funktionsstörungen der Massnahmen aufgrund des
tatsächlichen Verhaltens der Fledermäuse rasch zu erkennen und optimierende Massnahmen aus-
zuführen.
Die Kontrolle erlaubt auch, Erfahrungen in diesem Bereich zu sammeln, welche für weitere Projek-
te wertvoll sind. Sie trägt also dazu bei, die Ressourcen effizienter zu nutzen und eine bessere Ak-
zeptanz der Massnahmen zu erreichen.
Die Erfolgskontrolle soll folgende Fragen beantworten:
Wie werden die Bauten oder die Massnahmen zu Gunsten der Fledermäuse genutzt? Sind
Korrekturen und Anpassungen nach der Bauphase nötig um die Effizienz zu steigern? →
Wirkungskontrolle (2.2.1)
Erlauben die Bauten oder Massnahmen die potentiell durch die Verkehrsinfrastruktur be-
troffenen Fledermauspopulationen langfristig zu erhalten? → Monitoring der Populationen
(2.2.2)
2.2.1 Wirkungskontrolle
Die Wirkungskontrolle überprüft, ob die in der Planung definierten Ziele erreicht wurden [6]. Die Kon-
trolle verlangt demnach, dass am Anfang des Projektes die Ziele klar formuliert werden. Gegebenen-
falls werden in dieser Phase korrigierende Massnahmen vorgeschlagen (Tabelle 4).
Die Wirkungskontrolle erweist sich bei Aufwertungen von Querungsbauten als besonders gerechtfer-
tigt. Sie erlaubt zu überprüfen, ob Fledermäuse die ausgeführten Aufwertungen nutzen und gibt auch
wertvolle Rückmeldungen zur gemachten Erfahrung. Die Wirkungskontrolle führt einen Vergleich der
Anzahl den Flugkorridor nutzenden Fledermäuse vor dem Bau der Infrastruktur (oder vor der Aufwer-
tung des Querungsbauwerks für Fledermäuse) mit der Anzahl nach der Ausführung durch [8]. Dabei
muss auch untersucht werden, wie viele Fledermäuse das Bauwerk nach dem Bau umfliegen [8].
Es wird empfohlen die Wirkungskontrolle direkt nach der Abnahme des Bauwerks zu starten und sie
im Budget der Projekterstellungsphase vorzusehen.
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 31
Tabelle 4: Zusammenfassende Darstellung der Punkte, die bei der Wirkungskontrolle zu berücksichtigen sind.
Phase / Dauer
- Während etwa fünf Jahren nach Inbetriebnahme
Ziel
- Nachweis der Funktionalität des Bauwerks und/oder der Massnahmen (Leit-
strukturen, Kästen)
- Gegebenenfalls erkennen und optimieren der Faktoren, welche die Funktio-
nalität das Bauwerks/der Massnahme mindern
- Kenntnisse verbessern und daraus lernen, Know-how aufbauen
Pflichtenheft
- Ausgangszustand vor der Ausführung der Massnahmen erfassen um einen
Vergleich mit den Resultate nach der Ausführung zu erlauben; wiederholen
der Aufnahmen nach der Ausführung
- Anwendung eines klar definierten Vorgehens, das statistische Auswertun-
gen erlaubt und reproduzierbar ist
- Kontrolle der Nutzung der Bauwerke anhand eines im Pflichtenheft definier-
ten Vorgehens; verschiedene Methoden kommen zur Anwendung: Akusti-
sches Monitoring, Wärmebildkamera, 3D Tracking-Systeme, etc.
- Im Falle einer Flugkorridor durchschneidenden, neuen Infrastruktur, be-
stimmen wie hoch der Anteil der Fledermäuse ist, der das Bauwerk nutzt
und wie viele es umfliegen; Bestimmen des Anteils der Fledermäuse, wel-
che den Flugkorridor nicht mehr nutzen.
- Prüfen ob der Anteil der Kolonie, welcher den Flugkorridor nutzt, nach der
Ausführung einer Aufwertungsmassnahme auf einem bestehenden Que-
rungsbauwerk zu nimmt
- Nach der Aufwertung einer Kunstbaute durch Quartiere im Folgejahr zwei
Kontrollen zur Nutzung im April-Mai und August-September durchführen.
Für ein langfristiges Monitoring ist die CCO/KOF zu kontaktieren.
- Übermitteln der Resultate an die CCO/KOF, um die Erfahrungen in ihrer
Datenbank zu integrieren
Bemerkungen
- Es wird empfohlen Fachspezialisten für die Erarbeitung und Umsetzung der
Wirkungskontrolle beizuziehen
- Nutzung von Synergien mit der CCO/KOF für die Kontrollen
Normen und
Richtlinien
- VSS 640 691a Fauna und Verkehr - Planungsverfahren
- Für die Nationalstrassen: Richtlinie ASTRA 18008 Querungshilfe für Wildtie-
re [4]
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 32
2.2.2 Monitoring der Populationen
Mortalität durch Kollisionen, auch geringe (im Rahmen weniger Prozente), kann langfristig Auswirkun-
gen auf die Populationen haben. Es wird daher empfohlen, potentiell durch Verkehrsinfrastrukturen
gefährdete Populationen mit einem Monitoring zu überwachen, insbesondere im Fall einer neuen Inf-
rastruktur, die einen bekannten Flugkorridor zerschneidet. Das Monitoring erlaubt indirekt zu überprü-
fen, ob die ausgeführten Massnahmen den gewünschten Effekt bei den regionalen Fledermauspopu-
lationen erzielen (Tabelle 5).
Von Fall zu Fall ist zu überprüfen, ob ein Monitoring ausführbar ist. Es ist wichtig eine Vergleichskolo-
nie zu haben, um die Auswirkungen der Verkehrsinfrastruktur von anderen Wirkungen auf die Art zu
unterscheiden.
Für die langfristige Planung des Monitorings der Populationen wird empfohlen sich mit der CCO/KOF
in Verbindung zu setzen.
Tabelle 5: Zusammenfassende Darstellung der Punkte, die bei einem Monitoring der Populationen zu berü ck-
sichtigen sind.
Phase / Dauer
- Langfristige Begleitung, idealerweise 5 bis 10 Jahre, allenfalls noch länger
Ziel
- Kontrollieren, ob die Bestände der potenziell durch die Verkehrsinfrastruktur
betroffen Kolonien gleich bleiben
Pflichtenheft
- Jährliche Zählung der Kolonien während der Ausflugszeit (Anzahl Weibchen
kurz vor den Geburten) und Anzahl Jungtiere
- Kontrollieren von ein oder zwei Vergleichskolonien ohne Wirkungen durch
das Projekt, um zu prüfen, ob andere Faktoren die Bestandesschwankun-
gen beeinflussen
Bemerkungen
- Planung des Monitorings der Populationen mit Hilfe des CCO/KOF
Normen und
Richtlinien
-
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 33
Anhänge
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 34
Anhang A Beschrieb einiger Fledermausarten
Hoch fliegende Arten, die im freien Luftraum jagen
Grosser Abendsegler (Nyctalus noctula)
Grosse, ziehende Art (Spannweite: 40 cm);
Weibchen pflanzen sich im Nordosten von Euro-
pa fort und treffen im Herbst wieder auf die
Männchen, die den Sommer in der Schweiz
verbringen; besiedeln im Frühling und im Herbst
gelegentlich Spalten in Brücken.
Nahe an Strukturen fliegende Arten
Breitflügelfledermaus (Eptesicus serotinus)
Grosse Fledermausart, die Dächer von Gebäu-
den besiedelt; jagt grosse Insekten entlang von
Waldrändern, Hecken, Feld- und Ufergehölz oder
unter Lampen; fliegt sich meist entlang von Flug-
korridoren
Wasserfledermaus (Myotis daubentonii)
Art, die über ruhigen Gewässern jagt; bewohnt
von März bis Oktober Baumhöhlen und Spalten
von Brücken über Gewässern; fliegt entlang von
Flugkorridoren in die Jagdlebensräume
Zwergfledermaus (Pipistrellus pipistrellus)
Häufigste Fledermausart der Schweiz, die ca. 5
Gramm wiegt; wird stark von Insekten an öffentli-
chen Beleuchtungen angezogen; fliegt entlang
von Flugkorridoren in die Jagdlebensräume
Stark strukturgebundene Arten, die in der Vegetation jagen
Braunes Langohr (Plecotus auritus)
Charakteristische Art aufgrund der riesigen Oh-
ren; fliegt entlang von Flugkorridoren in die
Jagdlebensräume (Wälder, Parks); sammelt
Beutetiere in langsamem Flug von Blättern ab
Kleine Hufeisennase (Rhinolophus hipposideros)
Kleine, sehr wendige Fledermaus, in der
Schweiz gefährdet; ist sehr stark an Land-
schaftsstrukturen gebunden um von den Quartie-
ren in die Wald-Jagdlebensräume zu gelangen
Fotos :© Cyril Schönbächler und Cécile Eicher (Rh. hipp.)
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 35
Anhang B Massnahmenblätter
B.1 Wildtierbrücken
B.2 Wildtierunterführungen
B.3 Anlegen von Leitstrukturen
B.4 Aufwertung von Kunstbauten zu Gunsten der Fledermäuse
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 36
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 37
B.1 Wildtierbrücken
Dieses Massnahmenblatt stellt die wichtigen Punkte vor, die beim Bau einer Wildtierbrücke oder der Aufwertung
einer bestehenden Überführung zu beachten sind.
Allgemeines
Beschreibung
- Diese Massnahme soll Fledermäuse mit Hilfe von Zäunen und Pflanzungen
Richtung Wildtierbrücke kanalisieren und mit Hilfe eines Blendschutzes die Stö-
rungen durch die Lichter der Fahrzeuge reduzieren sowie das Bauwerk durch li-
nearen Leitstrukturen mit den angrenzenden Lebensräumen verbinden
Ziele
- Verbessern der Wildtierbrücken (bestehende oder geplante) um die Nutzung
durch Fledermäuse zu fördern
- Erhalten oder Verbessern eines Flugkorridors
- Reduzieren der Fragmentierung der Lebensräume
- Reduzieren des Kollisionsrisikos
Kosten der spezifischen
Anlage*
- Gitterzäune : 200 CHF/m' (Höhe 3 m)
- Pflanzungen : 30 CHF/m' (2 Büsche pro m')
- Blendschutz aus Holz : 400 CHF/m' (Höhe 3 m)
Wirksamkeit
Die Wirksamkeit einer Überführung hängt ab von:
- seiner Breite
- der Dichte der gepflanzten Strukturen auf dem Bauwerk
- der Qualität der Verbindungen zu den umliegenden Lebensräumen
Vorteile / Nachteile
Massnahme, die für eine Mehrheit der Fledermausarten förderlich ist
Synergien mit dem Bau von Überführungen für Land- und Forstwirtschaft, Lang-
samverkehr oder Fussgänger sind möglich
Kein Widerspruch mit den geltenden Normen für Wildtiere (kleine und grosse
Tiere; VSS Normen 640 690a bis 640 694 ; [4])
Grosse Synergien mit der Vernetzung für Wildtiere im Allgemeinen, welche es
erlauben die Kosten-Nutzen-Bilanz von Querungsbauwerken zu verbessern
Beratungsdienst CCO/KOF
- Es wird empfohlen, sich durch einen Experten der CCO/KOF beraten zu lassen
(Adressen S. 78, Vorgehen siehe Abbildung 13)
* Die angegebenen Kosten hängen von verschiedenen Faktoren ab und haben einen hinweisenden Charakter; sie umfassen
den Kauf und das Montieren des Materials
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 38
Umsetzung
1. Leitstrukturen in der Landschaft
Verbinden das Querungsbauwerk mit den umliegenden
Lebensräumen und bewegt die Fledermäuse dazu, das
Bauwerk zu nutzen.
Anforderungen :
- Das Bauwerk mit Hilfe von natürlichen, zusammen-
hängenden Leitstrukturen (z.B. Hecken, Baumalleen)
an die umliegenden Biotope anbinden
- Pflanzen einer durchgehenden Strauchhecke auf dem
Bauwerk
Empfehlungen :
→ Siehe Massnahmenblatt B.3 Anlegen von Leit-
strukturen
Pflanzung einer Heckenstruktur um das Querungsbauwerk
mit dem nahen Wald zu verbinden
2. Gitterzäune
Leiten die stark an Strukturen gebundenen Arten Rich-
tung Bauwerk und zwingen die hoch fliegenden Arten zu
steigen und die Verkehrsinfrastrukturen über dem Ver-
kehr zu queren
Anforderungen :
- Die Zäune an den Blendschutz anbinden
Empfehlungen :
- Die Höhe der Zäune der Topographie, den Arten und
den Gegebenheiten anpassen, Optimum zwischen 2
und 3 m
- Damit der Zaun als Leitstruktur dienen kann und nicht
hindurchgeflogen wird, muss die Maschengrösse
klein sein. Eine rechteckige Maschengrösse von 5 x
15 cm ist für die Mehrzahl der Arten ausreichend, 5 x
5 cm muss sie betragen, wenn der Flugkorridor von
Hufeisennasen genutzt wird
- Länge des fledermausspezifischen Zauns: ≥ 20 m
beidseits des Bauwerks
- Das Pflanzen einer dichten Hecke ausserhalb des
Zauns verstärkt die Funktion als Leitelement und
Überflugshilfe wenn die Höhe ≥ 4 m beträgt
3m hoher Zaun, der mit dem Blendschutz einer Überführung
verbunden ist
1
3
2
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 39
3. Seitlicher Blendschutz
Verringert die Störungen aufgrund der Fahrzeug-
Scheinwerfer, dient als Leitelement.
Anforderungen :
- Muss auf beiden Seiten des Querungsbauwerks an-
gebracht werden und absolut lichtundurchlässig sein
Empfehlungen :
- Die Höhe der Topographie und den Gegebenheiten
anpassen, Optimum zwischen 2 und 3 m
- Den Blendschutz beidseits des Bauwerks um 10 bis
20 m verlängern um einen Trichtereffekt zu schaffen
und ihn an die Zäune anzuschliessen
- Das Pflanzen von Büschen entlang der Abschirmung
vergrössert den Blendschutzeffekt gegen die Schein-
werfer
Seitlicher Blendschutz, beidseits trichterförmig verlängert,
gesäumt von Pflanzungen und korrekt mit den angrenzenden
Zäunen verbunden
4. Wichtige Aspekte
Empfehlungen :
- Während der Bauphase einer neuen, Flugkorridor
querenden Verkehrsinfrastruktur, temporäre Leitstruk-
turen vorsehen um die Durchlässigkeit während den
Arbeiten zu gewährleisten → Massnahmenblatt B.3
- Tiefe Punkte bei Zäunen und seitlichen Abschirmun-
gen verhindern, da sie leicht von Fledermäusen über-
flogen werden können → Massnahmenblatt B.3
- Das Bauwerk und/oder die angrenzende Vegetation
dürfen während der Betriebsphase nicht beleuchtet
werden
- Die Entwicklung von Büschen an den direkt angren-
zenden Böschungen innerhalb des Zauns ist zu ver-
hindern, da dies das Risiko einer Querung neben dem
Bauwerk erhöht
Die Entwicklung von Büschen an den Böschungen zwischen
Zaun und Fahrbahn leitet die Fledermäuse neben der Über-
führung durch und erhöht somit das Kollisionsrisiko stark
5. Spezialfälle von angepassten Brücken und Passerellen
Land- und Forstwirtschaftsbrücken oder solche mit wenig Verkehr sowie Fussgänger- oder Langsamverkehrsbrücken
können aufgewertet werden, um die Querung durch gewisse Fledermausarten zu fördern
Anforderungen :
- Beidseits des Bauwerks Abschirmungen installieren (1)
- Pflanzen einer Niederhecke entlang der seitlichen Abschirmung auf einer oder beiden Seiten (2), je nach verfügba-
rem Platz; Büsche in Töpfen können dafür ebenfalls genutzt werden
- Brücke und Zugänge nicht beleuchten oder die Intensität der Beleuchtung reduzieren
- Leitstrukturen (Hecken, Alleen) anlegen, welche Fledermäuse zum Bauwerk führen (3)
Empfehlungen :
- Den seitlich Blendschutz beidseits der Passerelle um 10 bis 15 m verlängern (4), eventuell kombiniert mit Hecken-
pflanzungen, um einen Trichtereffekt zu bewirken
- Hecken am Eingang des Bauwerks mit einem regelmässigen Unterhalt (alle 3 bis 5 Jahre) nieder halten (2 - 4 m)
um die Fledermäuse direkt über dem Bauwerk zu führen
Praxisbeispiel : Anhang C.2 Grün- und Heckenbrücken Bundesautobahn BAB17 Dresden-Prag
1
2
3
4
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 40
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 41
B.2 Wildtierunterführung
Dieses Massnahmenblatt stellt die wichtigen Punkte vor, die beim Bau einer Wildtierunterführung oder der Auf-
wertung einer bestehenden Unterführung zu beachten sind.
Allgemeines
Beschreibung
- Bei dieser Massnahme sollen Fledermäuse mit Hilfe von Zäunen und Pflanzun-
gen zu einer Wildtierunterführung geführt werden, mit Hilfe eines Blendschutzes
die Störungen durch Fahrzeuglichter reduziert sowie das Bauwerk mit linearen
Leitstrukturen an die angrenzenden Lebensräumen angebunden werden
Ziele
- Verbessern der Wildtierunterführungen (bestehende oder geplante) um die Nut-
zung durch Fledermäuse zu fördern
- Erhalten oder Verbessern eines Flugkorridors
- Reduzieren der Zerschneidung der Lebensräume
- Reduzieren des Kollisionsrisikos
Kosten der spezifischen
Anlage*
- Gitterzäune : 200 CHF/m' (Höhe 3 m)
- Pflanzungen : 30 CHF/m' (2 Büsche pro m')
- Blendschutz aus Holz : 400 CHF/m' (Höhe 3 m)
Wirksamkeit
Die Wirksamkeit einer Unterführung hängt ab von:
- ihren Dimensionen :
Für die Mehrheit der Arten min. 4.5 m Höhe und 4-6 m Breite;
Pipistrellus sp. nutzen keine Bauwerke unter 3 m Höhe, Myotis sp.
nutzen Bauwerke unter 2 m Höhe nur wenig.
Die Höhe spielt eine entscheidendere Rolle als die Breite, die Länge
scheint keinen limitierenden Faktor darzustellen
- der Qualität der Verbindungen zu den angrenzenden Lebensräumen
- dem Vorhandensein von Wasser im Bauwerk, das die Funktion als Korridor un-
terstützt und Nahrungsquellen bietet
- dem Vorhandensein einer Beleuchtung, welche die Wirksamkeit des Bauwerks
stark reduziert
- dem Verkehr: Unterführungen, die stark von nächtlichem Verkehr befahren wer-
den, werden von Fledermäusen nicht oder nur wenig genutzt
- der Vegetation bei den Eingängen: Unterführungen, welche von Vegetation ver-
sperrt werden, sind wenig funktional
Vorteile / Nachteile
Synergien mit dem Bau von Gewässerdurchlässen, Unterführungen für Land-
und Forstwirtschaft, Langsamverkehr oder das Vieh
Kein Widerspruch mit den geltenden Normen für Wildtiere (kleine und grosse
Tiere; VSS Normen 640 690a bis 640 694 ; [4])
Grosse Synergien mit der Biodiversitätsförderung im Allgemeinen, welche es er-
laubt die Kosten-Nutzen-Bilanz von Querungsbauten zu verbessern
Beratungsdienst CCO/KOF
- Es wird empfohlen, sich durch einen Experten der CCO/KOF beraten zu lassen
(Adressen S. 78, Vorgehen siehe Abbildung 13)
* Die angegebenen Kosten hängen von verschiedenen Faktoren ab und haben einen hinweisenden Charakter; sie umfassen
den Kauf und das Montieren des Materials
Fotomontage
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 42
Umsetzung
1. Natürliche Leitstrukturen
Anbinden des Querungsbauwerks an die angrenzenden
Lebensräume und Leiten der Fledermäuse unter der
Verkehrsinfrastruktur durch
Anforderungen :
- Das Bauwerk mit Hilfe von natürlichen, zusammen-
hängenden Leitstrukturen (z.B. Hecken, Baumalleen)
an die umliegenden Biotope anbinden
- Die Höhe der Vegetation in der Nähe des Bauwerks
kontinuierlich verkleinern um die Fledermäuse dazu
zu bewegen, ihre Flughöhe zu reduzieren
- Unterhalt der Vegetation angrenzend an die Bauwer-
ke alle 2 bis 5 Jahre um die gewünschte Stufung zu
erhalten und damit die Vegetation die Unterführungen
nicht versperrt
Empfehlungen :
- Um das Risiko des Überflugs zu reduzieren, die
Pflanzung von Vegetationsstrukturen so konzipieren,
dass sie die Fledermäuse zum Eingang der Unterfüh-
rung leiten
→ Siehe Massnahmenblatt B.3 Anlegen von Leit-
strukturen
Das Reduzieren der Heckenhöhe mit einem differenzierten
Unterhalt, verbunden mit dem Aufstellen von Schutzwänden
gegen Licht, bewegt strukturgebundene Fledermäuse dazu,
ihre Flughöhe zu reduzieren und in die Unterführung zu
gelangen
Grosse Unterführung mit einem querenden Gewässer sind
für Fledermäuse sehr wirksam; sie müssen regelmässig
unterhalten werden um die Höhe der Vegetation vor dem
Eingang zu reduzieren
1
2
3
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 43
2. Gitterzäune
Leiten die Fledermäuse in das Bauwerk, zwingen die
hoch fliegenden Arten zu steigen und die Verkehrsinfra-
strukturen oberhalb des Verkehrs zu queren.
Anforderungen :
- Die Zäune im unteren Teil des Bauwerks einfügen
(um Fledermäuse in das Bauwerk zu leiten) und den
oberen Teil des Eingangs mit Zäumen versehen (um
die Wahrscheinlichkeit zu minimieren, dass die Unter-
führung überflogen wird)
Empfehlungen :
- Die Höhe der Zäune der Topographie, den Arten und
den Gegebenheiten anpassen, Optimum zwischen 2
und 3 m
- Damit der Zaun als Leitstruktur dienen kann und nicht
hindurchgeflogen wird, muss die Maschengrösse
klein sein. Eine rechteckige Maschengrösse von 5x15
cm ist für die Mehrzahl der Arten ausreichend, 5x5
cm muss sie betragen, wenn der Flugkorridor von
Hufeisennasen genutzt wird
- Länge des fledermausspezifischen Zauns: ≥ 20 m
beidseits des Bauwerks
- Überhängende Zäune oberhalb der Unterführungs-
eingänge vergrössern den Trichtereffekt
- Von Fall zu Fall abklären, ob das Pflanzen von Nie-
derhecken ausserhalb der Zäune genutzt werden
kann um Fledermäuse zum Bauwerk zu leiten, keine
Vegetation oberhalb des Eingangs der Unterführung
(zieht Fledermäuse an)
Die Zäune werden oberhalb des Bauwerks durchgeführt und
leiten Fledermäuse in die Unterführung
Zaun, der die Fledermäuse dazu bewegt die Unterführung zu
nutzen oder die Strasse oberhalb des Verkehrs zu queren
3. Seitlicher Blendschutz
Hält die Eingänge der Unterführungen im Dunkeln,
zwingt Fledermäuse das Bauwerk zu nutzen oder es
oberhalb des Verkehrs zu queren.
Anforderungen :
- Muss beidseits des Querungsbauwerks erstellt wer-
den und absolut lichtundurchlässig sein, insbesonde-
re bei stark befahrenen Strassen
Empfehlungen :
- Die Höhe der Topographie und den Gegebenheiten
anpassen, Optimum zwischen 2 und 3 m
- Den Blendschutz beidseits des Bauwerks um 10 bis
20 m verlängern um einen Trichtereffekt zu schaffen
und ihn an die Zäune anzuschliessen
- Bei wenig befahrenen Infrastrukturen ist es möglich,
den Blendschutz durch Gitterzäune zu ersetzen
Seitlicher Blendschutz aus Holz, der es erlaubt einen Flug-
korridor im Dunkeln zu halten
4. Wichtige Aspekte
Empfehlungen :
- Bei einer neuen, Flugkorridor querenden Verkehrsinf-
rastruktur, während der Bauphase temporäre Leit-
strukturen vorsehen um die Durchlässigkeit während
den Arbeiten zu gewährleisten → Massnahmenblatt
B.3
- Tiefe Punkte bei Zäunen und seitlichen Abschirmun-
gen verhindern, da sie leicht von Fledermäusen über-
flogen werden können → Massnahmenblatt B.3
- Das Bauwerk und/oder die angrenzende Vegetation
dürfen während der Betriebsphase nicht beleuchtet
werden
- Auf den an die Eingänge angrenzenden Böschungen
ist das Pflanzen oder die Entwicklung von linearen
Elementen zu verhindern
Die sich entwickelnden Sträucher im oberen Teil der Bö-
schung könnten Fledermäuse dazu bewegen die Bahngelei-
se zu überfliegen (1); die Sträucher am Fusse der Böschung,
ausserhalb des Zauns (2), leiten die Fledermäuse zum Ein-
gang der Unterführung
1
2
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 44
5. Spezialfall der Brücken und Viadukte
Brücken und Viadukten bieten zahlreiche Aufwertungsmöglichkeiten für Fledermäuse, da sie meist über Einschnitten
oder Gewässern liegen, die als Flugkorridore oder bevorzugte Jagdlebensräume dienen. Zudem werden sie von ver-
schiedenen Arten regelmässig als Quartier genutzt (siehe Massnahmenblatt B.4).
Anforderungen :
- Anlegen von Leitstrukturen (Hecken, Alleen), die Fledermäuse unter dem Bauwerk durchführen, wenn möglich Er-
halten der ökologischen Verbindungen unter dem Bauwerk (1)
Empfehlungen :
- Die Widerlager werden regelmässig an bewaldeten Hängen erstellt, die potentiell als Flugkorridor gebraucht wer-
den. In diesen Fällen kann der Schnittpunkt mit einer Verkehrsinfrastruktur eine Stelle mit hohem Kollisionsrisiko
darstellen; um dieses Risiko zu minimieren wird empfohlen, die Pflanzungen neu zu gestalten indem man Rodun-
gen vornimmt und die Vegetation so anlegt, dass sie Fledermäuse unter dem Bauwerk durchführt (2)
Praxisbeispiel
- Anhang C.1 Unterführungen an der Hochgeschwindigkeitslinie Rhein-Rhone (LGV Rhin-Rhône), Abschnitt Ost
1
2
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 45
B.3 Anlegen von Leitstrukturen
Dieses Massnahmenblatt stellt die wichtigen Punkte vor, die beim Anlegen von Leitstrukturen, die Unter- und
Überführungen mit den angrenzenden Lebensräumen verbinden, zu beachten sind.
Allgemeines
Beschreibung
- Linearen Landschaftsstrukturen wie Hecken, Alleen und bestockte Ufer werden
von Fledermäusen genutzt, die nahe oder in der Vegetation fliegen; künstliche
Strukturen (Zäune, Lärmschutzmauern) können eine analoge Funktion erfüllen,
wenn sie im Dunkeln liegen
- Das Massnahmenblatt beschreibt verschiedene zu berücksichtigende Punkte
beim Anlegen und dem Unterhalt von verschiedenen Leitstrukturtypen.
Ziele
- Verbessern der Wirksamkeit der Querungsbauwerke für Fledermäuse
- Reduzieren des Kollisionsrisikos indem das Überfliegen der Infrastrukturen mög-
lichst verhindert wird
- Verstärken der bestehenden oder potentiellen Flugkorridore mit gezielten Mass-
nahmen
Kosten der spezifischen
Anlage*
- Pflanzungen : 30 CHF/m' (2 Büsche pro m')
- Gitterzäune : 200 CHF/m' (Höhe 3 m)
Wirksamkeit
- Das Anlegen von Leitstrukturen erhöht die Wahrscheinlichkeit einer Nutzung der
Querungsbauwerke durch Fledermäuse
- Um funktionell zu bleiben, müssen die linearen Strukturen durchgehend sein; für
streng an Strukturen gebundenen Arten (Hufeisennasen, Langohren) darf ein
Unterbruch nicht grösser als 5 m sein
Vorteile / Nachteile
Leitstrukturen erhöhen die Wirksamkeit der Querungsbauwerke für die gesamte
Fauna (grosse Synergien mit der Biodiversitätsförderung im Allgemeinen)
Vegetationsstrukturen haben daher ein sehr gutes Kosten-Nutzen-Verhältnis
Sie verlangen jedoch meist Flächen ausserhalb des Eingriffbereichs der Ver-
kehrsinfrastrukturen, was die Möglichkeiten einschränkt
Um die Funktionalität zu erhalten, brauchen sie einen regelmässigen Unterhalt
Beratungsdienst CCO/KOF
- Es wird empfohlen, sich durch einen Experten der CCO/KOF beraten zu lassen
(Adressen S. 78, Vorgehen siehe Abbildung 13)
* Die angegebenen Kosten hängen von verschiedenen Faktoren ab und haben einen hinweisenden Charakter; sie umfassen
den Kauf und das Montieren des Materials
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 46
Umsetzung
1. Natürliche Leitstruktur
Natürliche Leitstrukturen sind lineare Strukturen wie He-
cken, Alleen, Gehölz entlang von Fliessgewässern oder
Waldränder.
Die Empfehlungen variiert aufgrund des Lebensraumes,
der durchquert wird:
Im Wald :
- Verhindern von Lücken zwischen Wald und Que-
rungsbauten
- Büsche oder Hecken trichterförmig anordnen, um die
Fledermäuse zum Bauwerk hin zusammen zu führen
In der offenen Landschaft :
- Querungsbauten an Jagdlebensräume (Wald,
Feuchtgebiete, etc. ) oder überbaute Gebiete (Quar-
tiere) anbinden
- Hecken können in der Nähe der Bauwerke mit Zäu-
nen kombiniert werden; dichte, zusammenhängende
Niederhecken ausserhalb der Zäune, idealerweis im
Abstand von mehr als 20m zum Rand der Verkehrsin-
frastruktur
- Eine doppelte Hecke ist ausserordentlich wirksam,
z.B. beidseits einer Landwirtschafts- oder Forststras-
se, die zum Querungsbauwerk führt
- Naheliegende Flugkorridore, die zum gleichen
Jagdlebensraum führen, können zum gleichen Bau-
werk geführt werden indem die Leitstrukturen umge-
staltet werden
- Im Falle von grossen Eingriffen ist die Wachstums-
phase der Büsche (3 bis 5 Jahre) zu berücksichtigen
→ siehe Punkt 4
- Synergien zwischen Vernetzungsprojekten, Meliorati-
onen, Gewässerrenaturierungen, etc. nutzen
Im Siedlungsgebiet :
- Die Wirksamkeit von Massnahmen im Siedlungsge-
biet ist wesentlich schwieriger; es ist dennoch sinnvoll
bekannte oder potentielle Flugwege zu verstärken,
insbesondere bei Querungsbauwerken (Brücken, Vi-
adukte)
- Um die Leitstrukturen im Dunkeln zu halten, verdient
die öffentliche Beleuchtung spezielle Aufmerksamkeit
→ siehe Kapitel 2.1.3
Im Vordergrund, junge Pflanzungen, welche die Überführung
mit dem nahen Wald verbinden sollen
Doppelte Hecke leitet Fledermäuse zu einer Autobahn-
Überführung
Durchgehend bestocktes Ufer sichert die Verbindung unter
dem Viadukt durch
2. Künstliche Leitstrukturen
Zäune, Holzpalisaden, Mauern, etc. können künstliche
Leitstrukturen darstellen.
Ihre Wirksamkeit unterscheidet sich je nach Art. Die fol-
genden Empfehlungen können gemacht werden:
Gitterzäune :
- Optimale Höhe zwischen 2 und 3 m
- Der klassische Wildzaun (z.B. 30x15 cm, VSS Norm
640 693a) wird von kleinen, sehr wendigen Arten
(Myotis sp., Rhinolophus sp. ) durchquert
- Eine kleinere Maschenweite, z.B. 5x15 cm, verstärkt
die Leitwirkung beachtlich
- Für Hufeisennasen wird eine Maschenweite von 5x5
cm empfohlen; je nach Fall muss überprüft werden,
ob die Durchlässigkeit für kleine, terrestrische Tiere
(Igel, Marderartige, etc.) erhalten bleiben muss indem
man auf den untern 30 cm eine grössere Maschen-
weite vorsieht (Verhindern, dass kleine Tiere auf der
Seite der Infrastruktur gefangen bleiben)
Gitterzaun, welcher Fledermäuse zu einem Querungsbau-
werk führt
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 47
- Verhindern von tiefen Punkten indem man die Zäune
korrekt an die Eingänge der Bauwerke anschliesst
oder indem die Zäune an kritischen Punkten erhöht
werden → siehe Punkt 3
- Die Zäune im unteren Teil der Eingänge der Unterfüh-
rungen anschliessen; sie an den seitlichen Blend-
schutz oder die Brüstung der Überführungen an-
schliessen
Lärmschutzwände :
- Beidseits der Querungsbauwerke haben die Lärm-
schutzwände eine Leitfunktion für Fledermäuse,
gleichzeitig limitieren sie die Störungen durch den
Lärm und die Schweinwerfer
- Begrünte Lärmschutzwände oder in Kombination mit
Heckenpflanzungen sind wirksamer
- Bei Querungsbauwerken sind lichtdichte Lärm-
schutzwände gegenüber den transparenten zu bevor-
zugen
Anschluss des Zauns im unteren Teil des Eingangs einer
grossen Unterführung
3. Anschliessen der Leitstrukturen an die Querungsbauwerke
Die Qualität des Anschlusses der Leitstrukturen an die Querungsbauwerke bestimmt in grossem Mass die Funktiona-
lität; folgende Punkte sind zu berücksichtigen:
Positives Beispiel : fachgerechter Anschluss des Zaunes auf
Höhe des seitlichen Blendschutzes; niedere Hecke dient als
Leitstruktur auf dem Bauwerk
Negatives Beispiel : aufgrund des versetzt zum Bauwerksein-
gang angeschlossenen Zauns besteht ein erhöhtes Risiko,
dass die Strasse überflogen wird
Positives Beispiel : Gitterzaun angebunden an eine Hecke,
welche Fledermäuse über das Querungsbauwerk führen
Negatives Beispiel : Der Zaun weicht am Böschungsfuss ab
und bildet einen tiefen Punkt, der von Fledermäusen leicht
überflogen werden kann
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 48
Positives Beispiel : korrekter Anschluss des Zauns am Eingang
eines Querungsbauwerkes
Negatives Beispiel : falscher Anschluss unter das Brücken-
bauwerk bewegt die Fledermäuse dazu, die Strasse zu über-
fliegen
4. Temporäre Leitstruktur
Temporäre Leitstrukturen werden während der Baupha-
se gebraucht um eine Verbindung aufrecht zu erhalten
oder am Anfang der Betriebsphase, wenn man die Ent-
wicklung der Pflanzungen abwarten muss
Anforderungen :
- Für Arten, die von Strukturen stark abhängig sind,
sollten Lücken von mehr als 5 m mit temporären Leit-
strukturen geschlossen werden
- Die temporären Leitstrukturen dürfen nicht beleuchtet
werden
Empfehlungen :
- Nutzen von Plastik-Bauzäunen oder ähnlichen Ele-
menten, Mindesthöhe 2m
- Die Zäune können tagsüber versetzt werden um Bau-
fahrzeugen die Durchfahrt zu ermöglichen, in solchen
Fällen sind sie jede Nacht wieder aufzustellen
- Die temporären Leitstrukturen sind zwischen April und
Oktober notwendig (aktive Phase der Fledermäuse)
und können ausserhalb dieser Zeit abgebaut werden
Temporäre Leitstruktur erstellt aus 2m hohen Bauzäunen aus
Plastik; dieser Zaun wurde auch auf dem Querungsbauwerk
aufgestellt, solange die gepflanzte Vegetation noch nicht
genug entwickelt war
5. Unterhalt der Leitstrukturen
Der regelmässige Unterhalt der natürlichen Leitstruktu-
ren hat zum Ziel, die Funktionalität des Querungsbau-
werkes zu erhalten
Anforderungen :
- In der Nähe von Eingängen zu Unterführungen sind
die Hecken nieder zu halten oder alle 3 bis 5 Jahre
auf den Stock zu setzen um das Überfliegen der Inf-
rastruktur zu verhindern
- Verhindern, dass Vegetation die Eingänge versperrt
Empfehlungen :
- In unmittelbarer Nähe der Unterführungen ist die Ent-
wicklung von Büschen auf den Böschungen innerhalb
der Zäune zu vermeiden, da so die Wahrscheinlich-
keit eines Überflugs erhöht wird und damit auch das
Kollisionsrisiko
Entwicklung von grossen Bäumen in der Leitstruktur und
Büsche auf den Böschungen bewegen Fledermäuse dazu,
die Infrastruktur eher zu überfliegen als die Unterführung zu
nutzen; verhindern dass Büsche den Eingang des Bauwerks
versperren
Praxisbeispiele
- Anhang C.3 Anbindung von Querungsbauwerken mit Leitstrukturen: Bundesautobahn BAB17 Dresden – Prag
- Anhang C.4 Zaunexperiment
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 49
B.4 Aufwertung von Kunstbauten zu Gunsten der Fledermäuse
Das Massnahmenblatt stellt die wichtigsten Punkte vor, die es bei der Planung einer neuen oder der Sanierung
einer bestehenden Brücke zu beachten gilt. Die Nutzung durch Fledermäuse soll berücksichtigt und gefördert
werden.
Die Brücke von Corbières beherbergt die grösste Mausohrkolonie des Kantons Freiburg. Pfeile markieren Ein- und
Ausflugsstellen, Hangplätze sind im Hohlkörper der Brücke (© Jérôme Gremaud).
Allgemeines
Beschreibung
Mit den aufgeführten Massnahmen werden die negativen Auswirkungen auf
Fledermäuse bei Reparatur- und Sanierungsarbeiten limitiert. Zusätzlich werden
Aufwertungen vorgeschlagen um die Nutzung von Kunstbauten als
Fledermausquartiere zu fördern.
Ziele
- Erhalten von bestehenden Quartieren und Aufwerten von Kunstbauten, indem
neue Quartiermöglichkeiten geboten werden
- Verhindern, dass Fledermäuse bei Bauarbeiten getötet oder vertrieben werden
- Verhindern von tödlichen Fallen an/in Kunstbauten
Kosten der spezifischen
Anlage*
- Externe Fledermauskästen: ab 50 CHF (Verschiedene Modelle und Hersteller)
- Erstellen von Zugängen für Fledermäuse an Kunstbauten (zum Hohlkörper,
Drainagen, Lüftungssystem etc.) ab 100 CHF
Wirksamkeit
Die Quartierwahl der Fledermäuse ist stark von der direkten Umgebung abhängig,
die genügend Jagdlebensräume bieten muss.
Vorteile / Nachteile
(Wieder)Besiedlung der erhaltenen Quartiere nach Sanierung mit hoher
Wahrscheinlichkeit
Oft einfache und kostengünstige Aufwertungsmassnahmen für verschiedene
Fledermausarten
Im gleichen Zug können auch Aufwertungen für andere Tiergruppen (z.B. Vögel)
vorgesehen werden
Beratungsdienst CCO/KOF
- Die Fledermausschutz-Beauftragten CCO/KOF der Kantone (Adressen S. 78)
sind einzubeziehen um die Nutzung durch Fledermäuse und das Potenzial von
Kunstbauten abzuklären. Die Planung und Begleitung von Massnahmen sollte
durch Fachpersonen erfolgen um die Erfolgschancen zu erhöhen und Fallen zu
vermeiden.
* Die angegebenen Kosten hängen von verschiedenen Faktoren ab und haben einen hinweisenden Charakter; sie umfassen
den Kauf und das Montieren des Materials
.
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 50
Umsetzung
Der Hohlkörper (1) dieser Brücke dient als Fledermausquartier. Einflug beim Pfeil. Details zum Zugang für die Fledermäuse
siehe unter Punkt 3.
Wasserfledermäuse in einem Spalt einer Brücke
Mopsfledermaus in einem Entwässerungsrohr
1. Nutzung durch Fledermäuse erkennen
Erkennen von Fledermausspuren und möglichen
Quartieren
Anforderungen :
- Vor Sanierungsarbeiten gilt es allenfalls vorhandene
Fledermausquartiere (Dilatationsfugen, Entwässerungs-
rohre, Gewölbespalten…) zu erkennen. Neben der
direkten Sichtung von Fledermäusen findet man oft
typische Spuren wie Kot (ähnlich wie Mäusekot,
zerbröselt aber leicht beim Zerdrücken) und
Verfärbungen am Hangplatz (siehe Fotos rechts).
Empfehlungen :
- Viele Quartiere sind nur schlecht einsehbar. Am besten
kombiniert man die Brückeninspektion mit der Suche
nach Fledermausquartieren (-> Hebebühnen etc.
vorhanden).
- Brückeninspektoren können ausgebildet werden um
Fledermausquartiere zu erkennen. Wenn sie entdeckte
Quartiere in den Datenbanken der Bauwerke aufnehmen,
weiss man bei anstehenden Bauarbeiten Bescheid.
- Neu entdeckte Verstecke CCO/KOF melden und
Beratung einfordern.
© Cyril Schönbächler
© Hansueli Alder
© Cyril Schönbächler
© SSF
© SSF
1
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 51
2. Schutz bestehender Fledermausquartiere
Rücksichtnahme auf Fledermausquartiere bei
Sanierungsprojekten
Anforderungen :
- Vor anstehenden Bauarbeiten sind frühzeitig
Massnahmen zum Schutz der Fledermäuse und der
Quartiere einzuplanen
Empfehlungen :
- Verschiedene Massnahmen möglich: Montieren einer
Reuse (siehe Foto rechts: dank der montierten Reuse
können Fledermäuse zwar ausfliegen, der (Wieder-)
Einflug wird jedoch vor den Bauarbeiten verhindert),
Versperren von Zugängen vor der Bauphase,
Sicherstellen, dass Zugänge nach der Bauphase wieder
zur Verfügung stehen, anpassen der Bauzeit,
Ausführung am besten zwischen März und April oder
September und Oktober
- Fachleute sind frühzeitig in die Planungsarbeiten
einzubeziehen, damit keine Bauverzögerungen
entstehen
3. Schaffen von Quartieren für Fledermäuse
Potentielle Quartiere für Fledermäuse schaffen indem
bestehenden Hohlräumen zugänglich gemacht werden
Anforderungen :
- Spalten, Löchern und Hohlräumen zugänglich lassen
oder nach Bedarf zugänglich machen (z.B. Gitter und
das Ende von Entwässerungsrohren so anpassen,
damit Fledermäuse rein können)
- Fledermausgerechte Öffnung mit geeignetem Anflug
(Zugang für grössere Hohlräume ca. 7x40cm, Spalten
min. 12mm breit und 50mm tief, siehe auch Anhang D)
- Beim Schaffen von Zugängen ist darauf zu achten, dass
kein Durchzug und keine Fallen entstehen. Diverse
Details sind dabei zu beachten und mit dem Beratungs-
dienst der CCO/KOF abzusprechen.
Graphik aus der Richtlinie für konstruktive Einzelheiten von Brücken (Kapitel 6 Entwässerung, ASTRA 2007). Damit
Fledermäuse den Hohlraum (1) nutzen können, sind wenige Anpassungen notwendig (farbige Ergänzungen). Zugänge sollen
Fledermäuse zulassen, nicht aber Tauben (angepasste Schutzgitter).
© Cyril Schönbächler (2)
© Echolot (2)
Spalte für Zugang vorsehen
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s
e
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S
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,
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d
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Spalte für Zugang vorsehen
Fotomontage
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 52
Mögliche Zugänge zu (Spalt)Quartieren für Fledermäuse an Brücken: Mannloch (2), bei dem die Fledermäuse seitlich vom
Gitter durchkriechen; Entwässerungs- oder Lüftungslöcher (3), Spalten beim Widerlager (4), Dilatations- oder Elementfugen (5).
4. Fledermauskästen
Zusätzliche Quartiermöglichkeiten an Brücken bieten
Anforderungen :
- Die Kästen müssen gut zugänglich, und mind. 4m über
Boden montiert werden.
- Der Standort muss so gewählt werden, dass die Kästen
mind. zeitweise besonnt werden
- Es besteht eine grosse Auswahl an verschiedenen
Modellen (Spalt- und Hohlraumkasten), Grössen (ab ca.
30 x 40cm) und Funktionen (Sommer- oder
Winterquartier)
Empfehlungen :
- Siehe Merkblatt (Anhang D) mit verschiedenen
Kastenmodellen und Plänen für direkten Einbau von
Kästen in Brückenkonstruktion
Abb. links: Dieses Einbauquartier (Modell Schwegler 1WI)
kann direkt in der Konstruktion vorgesehen werden
© Marzia Mattei
© Elias Bader
© Hansueli Alder
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5
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 53
5. Wichtige Aspekte
- Brücken über Gewässer oder nachtdunklem Wald sind bevorzugt aufzuwerten, da die Umgebung meist ein ideales
Jagdgebiet bietet
- Im Normalfall keine Aufwertungen von Brücken, die über andere Verkehrsträger führen
- Der Kot von Fledermäusen verursacht keine Schäden am Beton [16], bei Metall kann es u.U. zu Korrosion
kommen
- Öffnungen können für Fledermäuse und andere Tiere auch zu Fallen werden (Bsp. schnellfliegende Arten können
in einen schmalen, vertikalen Hohlraum wie ein Betonpfeiler einfliegen, sind aber nicht wendig genug um wieder
heraus zu fliegen); dies ist bei der Planung unter Einbezug von Fachleute CCO/KOF zu berücksichtigen
Spezialfall Steinbrücken
Anforderungen :
- Natursteinbrücken können potenziell eine Vielzahl von Quartiermöglichkeiten für Fledermäuse und andere
Tierarten bieten, die bei Sanierungen ohne Beizug von Fachpersonen verloren gehen
- Die Suche nach möglichen Quartieren kann gut mit der Brückeninspektion kombiniert werden
Empfehlungen :
- Spalten systematisch erhalten
- Spezifisch Spezialisten (Ingenieure) Natursteinbrücken sensibilisieren
Praxisbeispiele
- Anhang C.5, Sanierung der Brücke von Corbières, Kanton Freiburg
- Anhang D, Merkblatt zum Thema Fledermausquartiere schaffen an Brücken
- www.fledermausschutz.ch/Fledermaeuse/Fledermauskasten.html
© Cyril Schönbächler
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 54
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 55
Anhang C Praxisbeispiele
C.1 Unterführungen an der Hochgeschwindigkeitslinie Rhein-Rhone (LGV Rhin-Rhône),
Abschnitt Ost
C.2 Wildtier- und Heckenbrücken Bundesautobahn BAB17 Dresden-Prag
C.3 Anbindung der Querungsbauwerke mit Leitstrukturen: Bundesautobahn BAB17
Dresden-Prag
C.4 Zaunexperiment
C.5 Sanierung der Brücke von Corbières, Kanton Freiburg
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 56
C.1 Unterführungen an der Hochgeschwindigkeitslinie Rhein-Rhone (LGV Rhin-
Rhône), Abschnitt Ost [20]
Die TGV Linie Rhin-Rhône, welche Dijon mit Mulhouse verbindet, verläuft nahe an der Mine d'Oug-
ney, einem Natura 2000 Gebiet, welches eine wichtige Wochenstube von 2500 Langflügelfledermäu-
sen (Miniopterus schreibersii) beherbergt. Telemetrie- und akustische Untersuchungen haben gezeigt,
dass durch die geplante Linienführung drei Flugkorridore, die von rund 10% der Kolonie genutzt wer-
den um die Jagdlebensräume zu erreichen, zerschnitten werden. Aufgrund dieser Erkenntnisse wur-
den 3 Unterführungen erstellt um die Fledermäuse zu einer Unterquerung der Linie anzuregen. 2009-
2010 wurde eine Wirkungskontrolle ausgeführt um die Effizienz der Bauwerke anhand von Zählungen
mit Ultraschall-Detektoren, automatischen Aufzeichnungs- (Anabats) und lichtverstärkenden Nacht-
sichtgeräten zu erheben.
Unterführung von Touillon
Unterführung von Brésilley
Viadukt La Vèze
Einschnitt mit einem kleinen, von
Ufervegetation gesäumten Gewässer
Bauwerk mit Mischnutzung (Vieh)
Sektor mit ausgedehnter, strukturar-
mer Landwirtschaft, wenig befahrene
Strasse
12 m hohes Bauwerk, das ein kleines
Gewässer mit bestockten Ufern
überbrückt
Anteil der Langflügelfledermäuse, der die Unterführungen nutzt (der andere Teil fliegt über die Bahnlinie) :
60 %
52 %
100 %
Allgemeine Resultate
→ Mehr als die Hälfte der Langflügelfledermäuse nutzen die Unterführungen
→ Das Viadukt hat eine Effizienz von 100 %, die kleineren Unterführungen werden von einem
Teil der Fledermäuse überflogen.
→ Der Anteil der Kolonie, der die TGV Linie quert, ist gleich wie vor dem Bau, so auch die Vertei-
lung auf die drei Flugkorridore; mit den Unterführungen blieb die Durchlässigkeit der Flugkor-
ridore erhalten aber das Kollisionsrisiko konnte nicht gänzlich aufgehoben werden
Optimierungsmassnahmen
→ Einen regelmässigen Unterhalt der Leitstrukturen sichern, welche die Fledermäuse zu den
Unterführungen leiten (bestockte Ufer, Hecken). Wichtig ist, die Höhe der Strukturen in der
Nähe der Bauwerke zu reduziert.
Allgemeine Empfehlungen
→ Siehe Massnahmenblatt B.2 und B.3
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 57
C.2 Wildtier- und Heckenbrücken Bundesautobahn BAB17 Dresden-Prag [24]
Die Autobahn BAB17 südlich von Dresden (Eröffnung 2006), sowie die Zubringerstrasse S170 (Eröff-
nung 2008) verlaufen in geringer Entfernung zu einem Wochenstubenquartier der besonders ge-
schützten Kleinen Hufeisennase (EU Habitat Direktive, FFH Anhang II). Im Zuge der Baubewilligung
wurden technische Maßnahmen zur Schadensbegrenzung der Kolonie festgeschrieben, geplant und
umgesetzt.
Die Überprüfung der ökologischen Wirksamkeit an Querungsbauten erfolgte durch akustische Perma-
nentüberwachungen und punktuell eingesetzte bioakustische und optische Untersuchungsmethoden.
Wildtierbrücke
Heckenbrücke
Wildtierbrücke (Länge 22m, Breite
20m) mit Blendschutz (Höhe 2.5m)
und Schutzzäunen von 4m.
Landwirtschaftlich genutzte Überführungsbauwerke mit beidseitiger Gehölz-
pflanzung mit Länge ≥ 19m bei einer Breite von 11m.
Heckenbrücke mit Wirtschaftsweg
über die Autobahn
Fledermaus Flugkorridor: Kleine
Hufeisennase (Wärmebild) fliegt auf
1m Höhe über Heckenbrücke
Allgemeine Resultate
Wildtierbrücke:
→ Schnelle Annahme der Querungshilfe nach Bau
→ Nachweis der Nutzung für viele, auch stark gefährdete Fledermausarten erbracht
→ Quantitative Bedeutung der Nutzung deutlich erbracht
→ Monitoring aufgrund der Breite des Bauwerkes unvollständig: reale Nutzung ist grösser
Heckenbrücke:
→ Annahme erst nach Entwicklung der Heckenstruktur auf der Brücke und den zuführenden He-
cken: stetige Zunahme innerhalb von 10 Jahren
→ Nachweis der Nutzung durch verschiedene gefährdete Fledermausarten erbracht
→ Quantitative Bedeutung der Nutzung im Vergleich zu Kontrollstellen deutlich erbracht
→ Unterhalt der Heckenstruktur ist entscheidend (Wässerung im Sommer, kein vollständiges Zu-
rückschneiden)
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 58
Nutzung einer Heckenbrücke durch Fledermäuse an der A17 Dresden – Prag
Resultate 10 Jahre nach Bau (N = 6 Nächte in 2016).
Die Nachweise auf der Heckenbrücke
umfassen >90% der durchfliegenden Fle-
dermäuse im Vergleich zu Kontrollstellen
Die Anzahl Nachweise haben im Laufe des
10-jährigen Monitorings laufend zugenom-
men: Monitoring nach 10 Jahren wichtig
Sowohl Nutzung der Heckenbrücke zur
Querung als auch die quantitative Wirk-
samkeit können für verschiedene gefährde-
te Fledermausarten nach 10 Jahren nach-
gewiesen werden
Optimierungsmassnahmen
→ Optimierung der lückenlosen Anbindung von Leitstrukturen (Zäune/Hecken) zu den Brücken
→ Schliessen von Lücken zwischen Blendschutz und Fledermausschutzzaun
→ Gehölzschnitt Wildtierbrücke: mittige Schneise in der Vegetation bietet geschützten Flugkorri-
dor
→ Strassenseitiger Raum zwischen Bauwerken und Schutzzäunen ohne Gehölze (zieht Fleder-
mäuse an)
Schliessen von Lücken zwischen
Zaun/Blendschutz notwendig
Gehölzschnitt in der Mitte der Wild-
tierbrücke, damit Flugschneisen
entstehen
Gehölze strassenseitiger Raum ent-
fernen
Allgemeine Empfehlungen
→ Siehe Merkblätter B.1 und B.3
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 59
C.3 Anbindung der Querungsbauwerke mit Leitstrukturen:
Bundesautobahn BAB17 Dresden-Prag [24]
Einleitung siehe C.2
In der Umgebung der Autobahn BAB17 wurde ein dichtes Netz von Hecken, Alleen sowie Einzelbäumen als Leitstruk-
turen zwischen Wochenstubenquartier und Jagdgebieten der Kleinen Hufeisennasen gepflanzt, um die Flugkorridore
gezielt zu den Querungsbauwerken zu bündeln.
Bündelung der Flugkorridore im
Gelände mit Hilfe von Leitstrukturen
Heckenleitstruktur zur Unterführung
Hamco Borna
Enge Anbindung der Leitstruktur an
die Unterführung
Anzahl erfasste Kleine Hufeisennasen 2014 entlang einer Leitstruktur und durch die Hamco Unterführung.
Anzahl Durchflüge pro Nacht im Verlaufe der Saison (Total 1495 Durchflüge) :
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 60
Allgemeine Resultate
Leitstruktur durch Hecken:
→ Nachweis der Funktion erbracht
→ Positive Tendenz innerhalb von 5 Untersuchungsjahren mit steigender Anzahl Durchflüge an
der Leitstruktur: Tendenz zu Nachweis der quantitativen Bedeutung (Vergleich zu Referenz)
Ergebnisse der Kontrolle entlang einer Leitstruktur (Hecke) nach 5-jähriger Untersuchungsperiode
LS=Leitstruktur zum Bauwerk (blau), R=Referenz an isolierter
Gehölzstruktur (grau). N = 6 Nächte.
Die Nachweise entlang der Hecke umfas-
sen >80% im Vergleich zu Referenz-
standorten
Sowohl der Nachweis der Funktionsfä-
higkeit als Leitstruktur als auch die quan-
titative Wirksamkeit können im Monitoring
nach 5 Jahren nachgewiesen werden.
Optimierungsmassnahmen
→ Anbindung der Leitstrukturen an die Bauwerke möglichst lückenlos
→ Enge Anbindung des Zauns an die Heckenleitstruktur; Zaun auf die Brücke führen
→ Eine gute Pflege der angelegten Leitstrukturen (Gehölze) ist für die Wirksamkeit entschei-
dend, nicht auf den Stock schneiden, Lücken schliessen
Verlängerung des Schutzzauns
Schliessen der Lücken in der Leit-
struktur (hier Baum-Allee)
Einsatz von temporären Leitstruktu-
ren (Plastikzaun) in der Bauphase
Allgemeine Empfehlungen
→ Siehe Massnahmenblatt B.3
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 61
C.4 Zaunexperiment [31]
Einleitung siehe C.2
Schutzzäune entlang kritischen Stellen der Strasse mit einer Höhe von 2 bis 4 m haben das Ziel, dass querende
Fledermäuse die Trasse auf ausreichender Höhe überqueren ("Kollisionsschutz") und/oder vom Trassenbereich
abgeleitet und zu punktuellen Querungsbauwerken hingeleitet werden ("Leitwirkung"). In einem Feldexperiment
wurde die Wirksamkeit von Schutzzäunen bezüglich dieser beiden Funktionen überprüft.
Überflug im Wärmebild zeigt: Fledermausschutzzaun
mit "Leitwirkung" (links) und als "Kollisionsschutz"
(rechts)
Fledermausschutzzaun mit "Leitwirkung" zur Wildtier-
brücke
Im Experiment wurde die grosse Mehrheit der
Kleinen Hufeisennasen Fledermäuse durch den
Zaun abgeleitet (Leitwirkung). Lediglich in 4.2%
der Fälle kam es zu Zaunüberflügen. Diese erfolg-
ten allerdings meist im Kollisionsbereich auf einer
Höhe von <3m.
Nachweis Funktion als "Leitwirkung" erbracht –
aber als Kollisionsschutz nur ungenügend wirk-
sam.
Allgemeine Resultate
→ Funktion "Kollisionsschutz" für stark strukturgebundene Fledermäuse wie die Kleine Hufei-
sennase nicht erbracht
→ Funktion "Leitwirkung" erfüllt
Optimierungsmassnahmen
→ Wichtig ist, dass auch kleine Lücken im Schutzzaun geschlossen werden
→ Die Anschlüsse der Schutzzäune an die Querungsbauten müssen so optimiert sein, dass kei-
ne Lücken für "Falschflieger" bestehen
→ Während der Bauphase können Schutzzäune aus Plastik eingesetzt werden
Lücken im Zaun müssen geschlossen
werden
Vermeidung von Lücken bei den Über-
gängen zu den Querungsbauten
Einsatz von temporären Zäunen
während der Bauphase
Allgemeine Empfehlungen
Siehe Massnahmenblatt B.3
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 62
C.5 Sanierung der Brücke von Corbières, Kanton Freiburg [30]
Die Brücke von Corbière verbindet zwei Ufer des Lac de la Gruyère. Ihre Bedeutung geht aber weit
über das Verbinden von zwei Kantonen; sie ist eine der wenigen Brücken in Europa, die eine solch
bedeutende Fledermauskolonie beherbergt. Gegen 400 Weibchen der Grossen Mausohren nutzen
das Bauwerk von Mai bis August und bilden die grösste Wochenstube des Kantons Freiburg.
Eine komplette Sanierung dieses Stahlbeton-Bauwerks aus dem Jahre 1930 wurde 1991 und 1992
durchgeführt. Die Entdeckung der Fledermäuse während der Inspektion das Bauwerks wurde rasch
dem Kantonalen Fledermausschutz-Beauftragten des CCO gemeldet, der die Wichtigkeit dieses
Standorts unterstrich und den Bauherr davon überzeugte, die Arbeiten fledermausfreundlich durchzu-
führen. Dieses Vorgehen war möglich, da FRIbat-CCO Fribourg schon zuvor eine gute Zusammenar-
beit mit den Behörden hatte.
Die Bauarbeiten wurden in mehreren Etappen geplant und es wurde berücksichtigt, dass Fledermäu-
se das Bauwerk bewohnen. Im Winter, während der Abwesenheit der Fledermäuse, wurden die
Hangplätze zerstört und wieder aufgebaut. Um die Chancen der Wiederbesiedlung zu erhöhen, wur-
den viele Vorsichtsmassnahmen getroffen. Die Decken wurden mit körnigem Beton ausgestaltet, was
den Grossen Mausohren erlaubt, sich an der Decke aufzuhängen. Die von den Fledermäusen genutz-
ten Eingänge wurden erhalten und vorgängig vor Ort gesammelter Kot wurde wieder hingebracht um
den vertrauten Geruch wieder herzustellen. Ein spezifisches Entwässerungssystem erlaubt es die
Feuchtigkeit konstant zu halten und das Erfassen der Temperatur im Quartier zeigte, dass die vorhe-
rigen Bedingungen erhalten blieben. Die vollständig sanierte Brücke wurde von den Grossen Mausoh-
ren im darauf folgenden Frühling wieder besetzt.
Der Bauherr (Tiefbauamt des Kantons Freiburg) stellte fest, dass das Entdecken der Kolonie zuerst
als Problem angeschaut wurde. Das Gespräch mit dem CCO erlaubte es jedoch die Ingenieure zu
sensibilisieren und eine gute Zusammenarbeit aufzubauen. Wenn die Anwesenheit von Fledermäusen
für das Bauwerk und die Nutzer kein Risiko darstellt, sollte gemäss dem Bauherrn ein solches Vorge-
hen erprobt werden. Die Kosten sind schwierig zu beziffern, sie werden auf 1-2 % der Gesamtkosten
der Sanierung geschätzt.
Brücke von Corbière, die zwei Ufer des lac de la Gruyère
verbindet; die Fledermäuse fliegen über die Bullaugen
ein (© Jérôme Gremaud)
Die 400 Weibchen umfassende Mausohrkolonie besetzt
einen Abschnitt der Hohlbrücke (© Jérôme Gremaud)
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 63
Allgemeine Resultate
→ Dank einer sachgemässen Planung der Arbeiten und der geringen Kosten der technischen
Massnahmen, war der Erhalt der Kolonie möglich
Optimierungsmassnahmen
→ Die Grossen Mausohren aus der Brücke werden manchmal Verkehrsopfer; die Installation e i-
nes Netzes oberhalb der Einflugsöffnungen limitiert das Kollisionsrisiko
→ Auch andere Arten nutzen das Bauwerk, insbesondere die Wasserfledermaus; weitere Auf-
wertungen könnten in anderen Teilen der Hohlbrücke erfolgen
Allgemeine Empfehlungen
→ Siehe Massnahmenblatt B.4
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 64
Anhang D Merkblatt: Fledermausquartiere schaffen an Brücken
________________________________________________________________________________________________________
Stiftung Fledermausschutz c/o Zoo Zürich Zürichbergstr. 221 CH-8044 Zürich Telefon 044 254 26 80
Fledermausschutz-Nottelefon 079 330 60 60 fledermaus@zoo.ch www.fledermausschutz.ch Spendenkonto PC 80-7223-1
Zürich, Juni 2017
Merkbla: Fledermausquarere schaen an Brücken
Fledermäuse sind bedroht und bundesrechtlich geschützt, sie zu töten oder ihre Quarere zu zerstören
ist gesetzlich verboten. Viele Arten bewohnen enge Felsspalten. Manche tun dies nur im Winter, andere
auch während den übrigen Jahreszeiten. Brücken kommen mit ihrer o verwinkelten Bauweise sowie
ihren zahlreichen Spalten und Hohlräumen natürlichen Felsformaonen sehr nahe. Da sie o auch an
oder über Gewässern stehen, an welchen Fledermäuse ein reichhalges Buet an Nahrungsinsekten vor-
nden, sind Brücken als Quarere doppelt beliebt. Mit der Sanierung alter Brücken gehen viele Spalten
verloren, bei Neubauten wird zudem o auf die Dichtheit geachtet, neue Spalten entstehen kaum mehr.
Durch die Installaon von speziellen Fledermauskästen an geeigneten Orten an Brücken lässt sich diesem
Quarerverlust entgegenwirken, ohne dass dabei Ästhek, Funkon oder Lebensdauer der Brücke beein-
trächgt werden.
Folgende Parameter müssen berücksichgt werden, damit Fledermäuse Ersatzquarere nutzen:
- besonnte Standorte: Die Kästen müssen sich tagsüber zumindest zeitweise in der Sonne
erwärmen können. Einzelne Kästen können als Winterschlafquarere auch an schagen, windge
schützten Stellen monert werden.
- möglichst nachtdunkle Standorte: Kästen, die im Schein von Lampen hängen werden kaum
besiedelt.
- Installaon an Brücken über Gewässern nur oberhalb der Hochwasserlinie
- Installaon über Land in mindestens 2.5 m Höhe
- freier An- und Abug muss gewährleistet sein: Gehölze im Umkreis von mindestens 3 m um die
Kästen müssen regelmässig gestutzt werden.
- Fledermauskästen können auf die Oberäche aufgeschraubt oder bei Neubauten und Sanierun-
gen auch direkt in die Konstrukon versenkt werden. Hierfür sind spezielle Elemente erhältlich
(siehe Beispiele), solche lassen sich aber auch selber bauen (siehe Konstrukonspläne).
- „Klotzen sta kleckern“: Viele Kästen und eine unterschiedliche Bauweise, Posion und
Exposion ebendieser steigern den Besiedlungserfolg bezüglich Individuenzahl und Artenvielfalt.
Als Mindestanzahl sollte bei kleineren und schwierig zu bestückenden Brücken von fünf Kästen
ausgegangen werden, bei grösseren von entsprechend mehr.
Ungeeignet sind Standorte:
- neben oder über Bahnlinien und stark befahrenen Strassen, hier ist das Kollisionsrisiko zu gross
- an Orten, wo Hindernisse wie Bäume, Zäune, etc. den Zugang versperren
- im Schein von Strassenlampen, Brückenbeleuchtungen etc.
- zu nahe an der Wasseroberäche: Die Önung der Kästen müssen auch bei Hochwasser noch
über der Wasserlinie sein
- zu nahe (< 2.5 m) am Boden, sodass Marder und Katzen leichtes Spiel haben
MERKBLATT: FLEDERMAUSQUARTIERE SCHAFFEN AN BRÜCKEN – STIFTUNG FLEDERMAUSSCHUTZ
________________________________________________________________________________________________________
Stiftung Fledermausschutz c/o Zoo Zürich Zürichbergstr. 221 CH-8044 Zürich Telefon 044 254 26 80
Fledermausschutz-Nottelefon 079 330 60 60 fledermaus@zoo.ch www.fledermausschutz.ch Spendenkonto PC 80-7223-1
Verschiedene Kastenmodelle der Firma Schwegler eignen sich gut zur Installaon an und in Brücken,
anbei einige Beispiele. In der Schweiz können sie z.B. über www.kuepfer-gaeumann.ch bestellt werden:
Für den Einbau in die Konstrukon:
Schwegler 1WI (auch als Winterquarer geeignet) Schwegler 2FR
Zum Aufschrauben auf die Fassade: Schwegler 1WQ (auch als Winterquarer geeignet)
Schwegler 1&2FTH
2
________________________________________________________________________________________________________
Stiftung Fledermausschutz c/o Zoo Zürich Zürichbergstr. 221 CH-8044 Zürich Telefon 044 254 26 80
Fledermausschutz-Nottelefon 079 330 60 60 fledermaus@zoo.ch www.fledermausschutz.ch Spendenkonto PC 80-7223-1
MERKBLATT: FLEDERMAUSQUARTIERE SCHAFFEN AN BRÜCKEN – STIFTUNG FLEDERMAUSSCHUTZ 3
Folgende Konstrukonspläne zeigen verschiedene Varianten, wie Fledermauskästen in Brücken
integriert werden können
61
0
.5
4
.5
54
2
6
Variante
1
Schnitt
Brückenrand
1:5
Vorgefertigter
Fledermauskasten
Länge
50-200cm
,
ab
60cm
mit
zus
.
Mittelstegen
,
ca
.
alle
50cm
.
3
39
6
Zus
.
Mittelstege
Ev
.
Abdeckung
mit
rostfreiem
Blech
mit
Tropfnase
(Salzwasserschutz)
Dichtstreifen
(bitumös)
aufgeklebt
Abdeckplatte
aus
Eternit
d=5mm
1 3
.5
Grundriss
1:5
4
.5
30
.5
61
2
.5
30
.5
1
50
-200
1
5
40
5
0
.5
6 6
4
.5
0
.5
3
ERNE/WG/150114
X
5
0
.5
UK
je
nach
Wunsch
Material
-
Dachlatten
aus
witterungsbeständigem
Massivholz
(mit
Lärchenholz
«lebt»
der
Fledermauskasten
über
30
Jahre
,
mit
Fichtenholz
oder
verleimtem
Holz
weniger
als
5
Jahre)
-
Schrauben
rostfrei
,
-
Holzleim
Rückwand
in
Beton
mit
Nutung
durch
Schalungsmatrize
5x5mm
als
Kletter-
und
Haltegrund
für
die
Fledermäuse
,
Oberfläche
mit
Porenversiegelung
,
zugelassen
für
Lebensmittel
,
gegen
Betonkarbonatisierung
und
mit
Oberflächen-
beschaffenheit
die
geeignet
ist
für
das
Ankrallen
der
Fledermäuse
.
HSLG-N
M
8/40
Abendsegler
Wasserfledermaus
Rückwand
in
Beton
mit
Nutung
durch
Schalungsmatrize
5x5mm
als
Kletter-
und
Haltegrund
für
die
Fledermäuse
,
Oberfläche
mit
Porenversiegelung
,
zugelassen
für
Lebensmittel
,
gegen
Betonkarbonatisierung
und
mit
Oberflächenbeschaffenheit
die
geeignet
ist
für
das
Ankrallen
der
Fledermäuse
.
1
Detail
Nutung
1:2
0
.5
1
0
.5
1
0
.5
Siehe
Detail
1:2
0
.5
Betonkonstruktion
Variante 1 : Integrierter Fledermauskasten mit Rückwand aus gerilltem Beton
MERKBLATT: FLEDERMAUSQUARTIERE SCHAFFEN AN BRÜCKEN – STIFTUNG FLEDERMAUSSCHUTZ 4
________________________________________________________________________________________________________
Stiftung Fledermausschutz c/o Zoo Zürich Zürichbergstr. 221 CH-8044 Zürich Telefon 044 254 26 80
Fledermausschutz-Nottelefon 079 330 60 60 fledermaus@zoo.ch www.fledermausschutz.ch Spendenkonto PC 80-7223-1
7
61
0
.5
4
.5
55
1
7
Variante
2
Schnitt
Brückenrand
1:5
Vorgefertigter
Fledermauskasten
Länge
50-200cm
,
ab
60cm
mit
zus
.
Mittelstegen
,
ca
.
alle
50cm
.
3
39
6
Zus
.
Mittelstege
Ev
.
Abdeckung
mit
rostfreiem
Blech
mit
Tropfnase
(Salzwasserschutz)
Dichtstreifen
(bitumös)
aufgeklebt
Rückplatte
aus
Holz
mit
Nutungen
5x5mm
als
Kletter-
und
Haltegrund
für
die
Fledermäuse
Abdeckplatte
aus
Eternit
d=5mm
1 6
0
.5
3 2
.5
Grundriss
1:5
ERNE/WG/150114
7
5
.5
0
.6
61
2
.5
30
.5
1
50
-200
1
5
40
5
X
UK
je
nach
Wunsch
Material
-
Bretter
u
.
Dachlatten
aus
witterungsbeständigem
Massivholz
(mit
Lärchenholz
«lebt»
der
Fledermauskasten
über
30
Jahre
,
mit
Fichtenholz
oder
verleimtem
Holz
weniger
als
5
Jahre)
-
Schrauben
rostfrei
,
-
Holzleim
HSLG-N
M
8/40
Zwergfledermaus
Wasserfledermaus
Siehe
Detail
1:2
1
Detail
Nutung
1:2
0
.5
1
0
.5
1
0
.5
0
.5
Betonkonstruktion
Variante 2 : Integrierter Fledermauskasten mir Rückwand aus gerilltem Holz
MERKBLATT: FLEDERMAUSQUARTIERE SCHAFFEN AN BRÜCKEN – STIFTUNG FLEDERMAUSSCHUTZ
________________________________________________________________________________________________________
Stiftung Fledermausschutz c/o Zoo Zürich Zürichbergstr. 221 CH-8044 Zürich Telefon 044 254 26 80
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5
61
7
Variante
3
Schnitt
Brückenrand
1:5
Vorgefertigter
Fledermauskasten
Länge
50-200cm
,
ab
60cm
mit
zus
.
Mittelstegen
,
ca
.
alle
50cm
.
Ev
.
Abdeckung
mit
rostfreiem
Blech
mit
Tropfnase
(Salzwasserschutz)
Dichtstreifen
(bitumös)
aufgeklebt
Rückplatte
aus
Holz
mit
Nutungen
5x5mm
als
Kletter-
und
Haltegrund
für
die
Fledermäuse
Abdeckplatte
aus
Eternit
d=5mm
0
.5
3 2
.5
Grundriss
1:5
7
5
.5
0
.6
6
1
2
.5
3
0
.5
5
40
5
6
0
.5
4
.5
55
1
66
3
.5
Wassernase
12
Durchgehende
kleine
Auskragung
mit
Wassernase
,
es
können
so
beliebig
viele
vorfabr
.
Kästen
aufgehängt
werden
,
ohne
spezielle
Aussparungen
in
der
Brücke!
3
39
6
Zus
.
Mittelstege
50
-200
Es
können
auch
Schwegler
Fledermauskästen
oder
andere
Typen
eingesetzt
werden
,
je
nach
Tiefe
der
kleinen
Auskragung!
Optimale
Lösung
mit
dieser
Randausbildung!
ERNE/WG/150114
X
Je
nach
Bedarf
und
Tiefe
der
Fleder-
mauskästen!
X
Wassernase
1
.5
3
.5
12
UK
je
nach
Wunsch
Vorteil
dieser
Variante
,
es
können
beliebig
viele
Kästen
aufgehängt
und
wieder
entfernt
werden
,
ohne
sichtbare
Spuren
zu
hinterlassen!
Material
-
Bretter
u
.
Dachlatten
aus
witterungsbeständigem
Massivholz
(mit
Lärchenholz
«lebt»
der
Fledermauskasten
über
30
Jahre
,
mit
Fichtenholz
oder
verleimtem
Holz
weniger
als
5
Jahre)
-
Schrauben
rostfrei
,
-
Holzleim
Je
nach
Bedarf
und
Tiefe
der
Fleder-
mauskästen!
HSLG-N
M
8/40
Abendsegler
1
Detail
Nutung
1:2
0
.5
1
0
.5
1
0
.5
0
.5
Siehe
Detail
1:2
Betonkonstruktion
Variante 3 : Fledermauskasten an Brücke mit Auskragung
MERKBLATT: FLEDERMAUSQUARTIERE SCHAFFEN AN BRÜCKEN – STIFTUNG FLEDERMAUSSCHUTZ 6
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Bedingt geeignet: Kot
fällt auf Weg
Nicht geeignet: zu
nahe am Boden
Bedingt geeignet:
Nordseite, schattig
Nicht geeignet: zu nahe am
Boden, zu dicht bewachsen
Geeignet
Bedingt geeignet: Kot
fällt auf Weg
Geeignet
Nicht geeignet: zu nahe am
Boden, zu dicht bewachsen
Nicht geeignet: über Strasse/Eisenbahn
Nicht geeignet:
Strassenseitig
Nicht geeignet: zu dicht bewachsen
Geeignet
Geeignet
Nicht geeignet: zu nahe am Boden
Bedingt geeignet: Bodennähe
Folgende Bilder zeigen geeignete und weniger geeignete Standorte für die Montage von Fleder-
mauskästen an Brücken
MERKBLATT: FLEDERMAUSQUARTIERE SCHAFFEN AN BRÜCKEN – STIFTUNG FLEDERMAUSSCHUTZ 7
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Nicht geeignet: über Strasse
Nicht geeignet: unterhalb
Hochwasserlinie
Bedingt geeignet: Nordseite (schattig)
Bedingt geeignet:
Bodennähe
Nicht geeignet: zu
dicht bewachsen
Geeignet
Geeignet
Nicht geeignet: zu nahe
am Boden
Nicht geeignet: unterhalb
Hochwasserlinie, zu nahe am Boden
Geeignet
Geeignet
Bedingt geeignet:
schattig
Bedingt geeignet: häufig schattig
Geeignet, wenn sich Brücke aufheizen kann
Bedingt geeignet: Erreichbarkeit
von oben (Vandalismus)
Bedingt geeignet: schattig
Geeignet
Nicht geeignet: unterhalb
Hochwasserlinie
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 72
Glossar
CCO/KOF Schweizerische Koordinationsstelle für Fledermausschutz. Der
Fledermausschutz Schweiz führt zwei Koordinationsstellen (CCO
in Genf, KOF in Zürich). Zudem gibt es für jeden Kanton eine An-
sprechperson (Kantonale/r Fledermausschutz-Beauftragte/r).
Dilatationsfuge Dehnungsfuge in Betonstrassen, Brücken, Talsperren usw., wel-
che Spannungen bei Temperaturschwankungen verhindert.
Dunkelkorridor Korridor der dunkel erhalten wird oder auf dem die künstliche Be-
leuchtung angepasst ist, um die Wirkungen auf die nachtaktiven
Tiere zu reduzieren ohne die Sicherheit und den Komfort für die
Menschen zu mindern.
Durchlässigkeit Mass für die Bewegungsmöglichkeit von Arten in einem gegebe-
nen Raum; Verkehrsinfrastrukturen können die Durchlässigkeit der
Flugkorridore reduzieren.
Echoortung Orientierungsmethode: Schallwellen werden ausgesandt und de-
ren Echo wird genutzt, um Elemente in der Landschaft zu lokolisie-
ren und identifizieren.
Erfolgskontrolle Diese Kontrolle zeigt, ob die vorgesehenen Wirkungen für Natur
und Landschaft durch das Projekt erreicht wurden. Die zentrale
Frage ist: wurden die geplanten Veränderungen der Naturwerte er-
reicht (Wirkungsziel) und in welchem Mass (qualitativ oder quanti-
tativ)?
Fallen für Fledermäuse Fledermäuse können zum Teil in eine Kunstbaute (oder andere
Objekte) gelangen, finden aber nicht mehr hinaus, resp. sind im
Innern nicht genügend wendig beim Fliegen, können nicht starten
und/oder rutschen beim Klettern am Material ab.
Fledermauskasten Künstlicher Unterschlupf für Fledermäuse. Es sind verschiedene
Modelle aus unterschiedlichen Materialen im Handel.
Flugkorridor Verbindungsstruktur in der Landschaft, die von gewissen Fleder-
mausarten genutzt wird, um vom Quartier zum Jagdlebensraum zu
gelangen; Flugkorridore charakterisieren sich durch das Vorhan-
densein von linearen Landschaftsstrukturen; Synonym: Flugweg,
Flugroute.
Fragmentierung der Lebensräume Künstliche Zerstückelung des Raumes (durch Verkehrsinfrastruktu-
ren, Urbanisierung, etc.), welche die Bewegungsmöglichkeit der
Arten einschränkt und die brauchbaren Lebensräume verkleinert;
die Zerschneidung/Fragmentierung bringt eine Isolation der Popu-
lationen und eine Verringerung des genetischen Austauschs mit
sich.
Geburten Fledermäuse finden sich in Gruppen zusammen und gebären ein
bis zwei Jungtiere pro Jahr in Quartieren mit günstigem Mikroklima
und geringen Störungen (Dachstöcke, Baumhöhlen, Brücken, Höh-
len, etc.)
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 73
Gewässerdurchlass Kleines Bauwerk, welches das Durchfliessen eines Gewässers
unterhalb einer Strasse oder Bahnlinie ermöglicht.
Hop-over Querungshilfe leitet die Fledermäuse über dem Verkehr durch.
Eine Kombination von Zäunen und Bepflanzung mit angepasster
Pflege der Vegetation (Erhöhen der Vegetation in der Nähe der
Verkehrsinfrastruktur).
Jagdlebensraum Natürlicher Lebensraum, der von Fledermäusen für die Jagd auf
Insekten genutzt wird.
Kunstbauten Aus dem Begriff künstliches Bauwerk entstanden. Kunstbauten
sind Brücken, Bachdurchlässe, Über- und Unterführungen, Tunnel
und Stützmauern.
Lichtverschmutzung Bezeichnet die Aufhellung des Nachthimmels durch künstliche
Lichtquellen, deren Licht in den Luftschichten der Erdatmosphäre
gestreut wird. Lichtverschmutzung kann u. A. negative Wirkungen
auf Flora und Fauna haben; mehrere Fledermausarten vermeiden
beleuchtete Abschnitte.
Leitstruktur Lineares Landschaftselement (Hecke, Baumreihe, Waldrand), ent-
lang dem sich Wildtieren fortbewegen. Fledermäuse nutzen eine
Leitstruktur als Flugkorridor in dem sie nahe oder in der Vegetati-
onsstruktur fliegen.
Lineares Landschaftselement Natürliches (Hecke, Baumallee, Gewässerlauf, Waldrand, etc.)
oder künstliches Landschaftselement (Böschung, Mauer, etc.), das
als Flugkorridor genutzt werden kann.
Migration Saisonale Verschiebung über mehrere hundert km zwischen den
Winterquartieren und den Wochenstuben, resp. Sommerquartie-
ren; mehrere europäische Fledermausarten sind migrierend.
Monitoring Überwachung der Fledermauskolonien über die Zeit um deren
Bestandesschwankungen zu kennen.
Nicht spezifische Wildtierpassage Ein für menschliche Nutzung erstelltes Querungsbauwerk (für land-
oder forstwirtschaftliche Zwecke, Gewässerquerung), welches für
die Nutzung durch Wildtiere angepasst wurde.
Quartier Ort der von Fledermäusen genutzt wird für die Jungenaufzucht
(Wochenstube), um den Sommer zu verbringen (Sommerquartier
der Männchen, welche einzeln oder in einer Gruppe, separat von
den Weibchen, den Sommer verbringen), für die Paarung (Paa-
rungsquartier), während der Migration (Zwischenquartier) oder um
zu überwintern (Winterquartier).
Querungsbauwerk Bauwerk, welches der Querung einer Verkehrsinfrastruktur dient –
in Form einer Wildtierpassage oder einer nicht spezifischen Wild-
tierpassage sowie leichteren Strukturen (z.B. Hop-over). Es kann
für die Nutzung durch Fledermäuse angepasst werden.
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 74
Übergangszeit In dieser Zeit (Frühling und Herbst) finden die Überflüge (die Ver-
schiebung) zwischen den Winterquartieren und Sommerquartieren,
resp. Wochenstuben für die Weibchen, statt.
Wildtierpassage Bauwerk erstellt mit dem Ziel, den Wildtieren die Querung einer
Verkehrsinfrastruktur zu ermöglichen; Man unterscheidet Wildtier-
passagen für grosse (z.B. für Huftiere), mittlere (Fuchs, Feldhase,
Dachs, etc.) und kleine Wildtiere (Reptilien, Amphibien, kleine
Säuger, etc.).
Winterschlaf Lethargische Phase während der die Fledermaus ihre Körpertem-
peratur reduziert um ihre Energiereserven zu schonen; Fleder-
mäuse überwintern an frostsicheren Stellen, z.B. in unterirdischen
Höhlen und Stollen oder in Baumhöhlen.
Wirkungskontrolle Sie kontrolliert den Erfolg einer Massnahme (Vorher/Nachher) und
schlägt allenfalls korrigierende Massnahmen vor.
Wochenstube Ansammlung von weiblichen Fledermäusen in einem Sommer-
quartier (Dachstock, Höhle, Baumhöhle, Brücke, etc.) um je ein bis
zwei Jungtiere pro Jahr aufzuziehen.
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 75
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[30] Sunier K. & Magnin B. 1997. Un pont nichoir? Ou de l’harmonie possible entre œuvre humaine
et nature. Strasse und Verkehr 1 : 17-21.
[31] SWILD & NACHTaktiv. 2007. Schadensbegrenzung für die Kleine Hufeisennase an Strassen –
Experimente zur Wirksamkeit von Schutzzäunen. Unveröffentlichter Bericht im Auftrag der DE-
GES, Berlin. 31 S.
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 77
Danksagung
Nachstehenden Personen sei herzlich gedankt für ihre Teilnahme an der Realisation dieser Arbeits-
grundlage:
→ Die Mitglieder der Begleitgruppe (Zusammensetzung S. 4) haben den Inhalt und die Form
dieser Arbeitsgrundlage wesentlich bereichert indem sie ihr Erfahrungen und Erwartungen mit
der Projektleitung und den Autoren geteilt haben
→ Der Projektgruppe CEDR SafeBatPaths im Rahmen des CEDR Transnational Road Research
Programme "Roads and Wildlife", koordiniert von Morten Elmeros, Universität Aarhus, Däne-
mark für den wertvollen Erfahrungsaustausch während der Entstehung der Arbeitsgrundlage
und im Rahmen des CEDR Bat-road mitigation workshops vom 22.-24. Februar 2016 in Kalø,
DK
→ Das Centre de coordination ouest pour l'étude et la protection des chauves-souris (CCO), mit
seinem Geschäftsführer Pascal Moeschler, hat einen Teil der Kosten für die Illustrationen
übernommen
→ Andres Beck, Kantonaler Fledermausschutz-Beauftragter (AG), für den Erfahrungsaustausch
bezüglich fledermausgerechten Unterhaltsarbeiten an Kunstbauten
→ Martin Biedermann, Inken Karst und Wigbert Schorcht des Büros NACHTaktiv GbR, Deutsch-
land, für ihre Zusammenarbeit mit dem Büro SWILD und ihre Ratschläge bezüglich der für
Kleine Hufeisennasen aufgewerteten Überführungen an der Autobahn BAB17 Dresden-Prag
→ Guido Gerding des Büros Echolot GbR, Deutschland, für das Teilen seiner Erfahrung bezüg-
lich der Berücksichtigung von Fledermäusen bei Strassenbauprojekten und das zur Verfügung
stellen der Fotos zu Sanierungsarbeiten
→ Jérôme Gremaud des Büros Atelier 11a für die Hilfe beim Erstellen des Praxisbeispiels C.5
Sanierung der Brücke von Corbières und das zur Verfügung stellen der Fotos dieses Bau-
werks
→ Cédric Marendaz, unabhängiger Graphiker und Illustrator, Mitarbeiter des Naturhistorischen
Museums Genf, für die Realisation der Illustrationen dieses Dokuments
→ Das Ingenieurbüro WaltGalmarini AG hat die Pläne zu den Fledermauskästen im Anhang D
zur Verfügung gestellt und diese Texte ins Französische übersetzt
Fledermausschutz bei der Planung, Gestaltung und Sanierung von Verkehrsinfrastrukturen - Arbeitsgrundlage 78
Bildnachweise
Alder Hansueli Massnahmenblatt B.4
Bader Elias Massnahmenblatt B.4
Beck Andreas Massnahmenblatt B.4
Fiebig Andreas S. 18
Gerding Guido, Echolot Massnahmenblatt B.4
Gremaud Jérôme S. 10, Anhang C.5
Hopps Alan S. 18
Mattei Marzia S. 24, Massnahmenblatt B.4
Schönbächler Cyril S. 17, Anhang A, Massnahmenblatt B.4
SSF
2
Massnahmenblatt B.4
Obenstehend nicht aufgeführte Fotos wurden von den Autoren dieser Arbeitsgrundlage zur Verfügung
gestellt (B+S AG, L’Azuré, SWILD).
Nützliche Adressen
Centre de coordination ouest pour l'étude et la protection des chauves-souris/Swissbats CCO
Muséum d'histoire naturelle
CP 6434
1211 Genève 6
041 22 418 63 47
chauves-souris.mhng@ville-ge.ch
http://www.ville-ge.ch/mhng/cco/
Koordinationsstelle Ost für Fledermausschutz KOF
SSF – Stiftung zum Schutze unserer Fledermäuse in der Schweiz
c/o Zoo Zürich
Zürichbergstrasse 221
8044 Zürich
044 254 26 80
fledermaus@zoo.ch
www.fledermausschutz.ch
2
Stiftung zum Schutze unserer Fledermäuse in der Schweiz