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Andreas Kaminski PREPRINT
1
Hat Vertrauen Gründe oder ist Vertrauen ein Grund?
Eine dialektische Tugendtheorie von
Vertrauen und Vertrauenswürdigkeit
1
Andreas Kaminski
Abstract: Die Forschung hat die These, dass es viele unterschiedliche Typen von Ver-
trauen gibt, weitgehend übernommen. Eine Folge davon ist, dass Widersprüche zwi-
schen unterschiedlichen Vertrauensmodellen und damit die Spannungen im Vertrau-
ensbegriff unentdeckt bleiben. Der Beitrag rekonstruiert verschiedene Vertrauensmo-
delle, um zu zeigen, dass deren Relation zueinander (a) kontradiktorisch ist, (b) jedes der
Modelle für sich genommen aber einseitig bleibt und dadurch verfehlt Vertrauen zu be-
greifen. Die Folge (c) ist: Die einander ausschließenden Modelle müssten also zugleich
akzeptiert werden. Da sie einander aber kontradiktorisch entgegenstehen, ist dies aus-
geschlossen. Angesichts dieser Problemlage muss (d) die gemeinsame Wurzel der Mo-
delle freigelegt werden.
Diese Argumentation im vorliegenden Beitrag wird entlang eines Spannungsmomentes
exemplifiziert: An der Frage, ob Vertrauen einen Grund hat oder ein Grund ist. Andere
Problemkonstellationen, die kontradiktorische Modellverhältnisse aufweisen, sind etwa:
Kommt Vertrauen ein instrumenteller Wert (in der Erweiterung unserer Handlungsmög-
lichkeiten) zu oder stellt Vertrauen einen moralischen Wert dar? Ist die Wahrnehmung
eines Risikos (Wagnisses, einer Verletzbarkeit usw.) konstitutiv für Vertrauen oder be-
steht Vertrauen nicht gerade darin, kein solches Risiko wahrzunehmen? Ist Vertrauen
(oder Misstrauen) eine grundlegende Form des Weltverhältnisses oder ist es situativ und
entscheidbar?
§ 1. Pluralisierung von Vertrauen
Die gegenwärtige Forschungsliteratur zum Vertrauen (anders zur Zeugenschaft
2
) geht
weitgehend von der Annahme aus, dass es eine Pluralität von Vertrauenstypen gibt.
3
1
Ich danke Christoph Hubig, Jens Kertscher, Jan Müller und Philipp Richter für die intensive
Diskussion der hier vorgelegten Argumentation; eine Reihe von Hinweisen und Verbesse-
rungsvorschlägen geht auf diese gemeinsamen Diskussionsstunden zurück. Und im besten
Fall findet sich im Text eine Spur dieses gemeinsamen Geistes.
2
Die verschiedenen Positionen (evidential vs. assurance view, reductionist vs. a priori entitle-
ment) sind hier stärker aufeinander bezogen.
3
Dieses Postulat wurde von Anette Baier (Vertrauen) entwickelt. Baier ist der Ansicht, dass es
in der Philosophiegeschichte eine Dominanz vertragstheoretischer Vertrauensmodelle gibt.
Diese begreifen Vertrauen als ein reflexives, entscheidungsbasiertes, machtsymmetrisches Ver-
hältnis zwischen zwei Personen. Baier dagegen sieht Pole entlang von Achsen vor, die unter-
schiedliche Schwerpunkte zulassen. Zwar erscheint es mir durchaus fraglich, ob Baiers These
von der Dominanz vertragstheoretischer Modelle historisch angemessen ist (vgl. die enorme
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2
In Monographien werden Typen wie Vertrauen zwischen Freunden, Marktvertrauen
oder Gottvertrauen etc. diskutiert.
4
Dagegen ist nichts einzuwenden, es hat aber doch
eine wenig sichtbare Folge: Das Pluralisierungspostulat schwächt die Nötigung, sich
mit den Spannungen zwischen den Positionen auseinander zu setzen. Theoretische
Probleme können dadurch ›gelöst‹ werden, dass ihre Spannungsmomente verschie-
denen Vertrauenstypen zugeordnet werden. Dadurch wird, zumindest teilweise, ver-
deckt, dass die Vertrauenstheorie mehrere ungelöste Probleme der folgenden Form
aufweist:
Vertrauen ist A ∧ Vertrauen ist ¬A
So wird Vertrauen als grundlegende Form des Weltbezugs (»Urvertrauen«) oder als
entscheidungsabhängige Vorleistung in spezifischen Situationen (insbesondere zwi-
schen Marktteilnehmern) vorgestellt. Vertrauen wird damit als unmittelbar oder als
reflexiv-entscheidbar konzipiert. Ein anderes Beispiel: Vertrauen wird (aus Sicht des
Vertrauenden) als riskant oder als risikolos begriffen; denn Vertrauen erfordert einen
Risikobezug, der es von Naivität unterscheidet. Jedoch ist der Vertrauende für sich
risikolos, darin besteht sein Vertrauen. Oder: Vertrauen wird in funktionaler Perspek-
tive ein instrumenteller Wert zugeschrieben: Vertrauen eröffnet Kooperationschancen.
Aber Vertrauen wird auch ein moralischer Wert zugesprochen. In diesen Fällen werden
einander kontradiktorisch entgegengesetzte Bestimmungen verwendet. Die auftre-
tenden Widersprüche werden jedoch nicht mit der angemessenen Intensität ausge-
tragen, sie werden nicht zu Problemen des Vertrauensbegriffs, indem die jeweiligen,
einander widersprechenden Bestimmungen (Vertrauen als A, Vertrauen als ¬A) auf
verschiedene Vertrauenstypen aufgeteilt werden.
5
Der Widerspruch erscheint dadurch
aufgelöst. Meines Erachtens wird er jedoch versteckt.
Ein markanter Fall, der im Folgenden Thema sein wird, ist die Unterscheidung zwi-
schen Vertrauen und sich-verlassen-auf, welche in zahlreichen Texten als Leitunter-
scheidung fungiert.
6
Mehrere Theoriegruppen haben sich in Orientierung an dieser
Differenz positioniert. Die Spiel- und Rational-Choice-Theorie in der Vertrauensfor-
schung, die Evidential View in der Epistemology of Testimony entwickeln ihre Überle-
gungen ausgehend von einem Reliabilitäts-Modell (Vertrauen als sich-verlassen-auf).
Die normativen Vertrauenstheorien sowie die Assurance View der Zeugenschaft bean-
spruchen demgegenüber, Vertrauen im Unterschied zu Verlässlichkeit zu begreifen.
Auch in elaborierten Vertrauenstheorien wird zum Teil angenommen, dass sich Ver-
trauen und Verlässlichkeit unterschiedlichen Beziehungstypen zuordnen lassen: Meis-
ter/Schüler-Verhältnissen etwa oder solchen zwischen einander gleichberechtigten
Personen.
7
Mein Interesse gilt nicht diesem Ensemble verschiedener Vertrauenstypen,
Bedeutung von Gottvertrauen im christlichen Denken), mir geht es hier jedoch um die Folgen
von Baiers Pluralisierungspostulat für die Theoriebildung.
4
Vgl. Hartmann, Praxis des Vertrauens; Lahno, Begriff des Vertrauens.
5
Es handelt sich hierbei um einen Theoriejoker, der jedes Problem dieser Form aufzulösen
gestattet.
6
Sie wurde (als polarer Unterschied) von Annette Baier in eben dem Text, welcher das Plurali-
sierungspostulat aufstellt, eingeführt (Baier, Vertrauen).
7
Vgl. Hertzberg, Attitude of Trust, Being Trusted.
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3
sondern der Vertrauenstheorie. Dass Verlässlichkeit und Vertrauen einander gegen-
überstehen, ist zwar einerseits korrekt, andererseits eine Abstraktion, die nur nicht als
Problem erscheint, solange Vertrauen in unterschiedliche Typen gegliedert wird. Die
nachfolgende Argumentation soll zeigen, dass der Vertrauensbegriff nicht nur einen
logischen Vorrang vor der Unterscheidung von Vertrauenstypen aufweist, sondern
dass die Unterscheidung in Vertrauen und Verlässlichkeit auf einer Einseitigkeit der
Modelle beruht.
§ 2. Gegenstand und Vorgehen
Ein Spannungsmoment bildet der Gegenstand der nachfolgenden Überlegungen. Es
kann als Frage in der Form einer Alternative formuliert werden:
Hat Vertrauen einen Grund oder ist Vertrauen ein Grund?
Meine Argumentationslinie lässt sich so skizzieren: Zunächst (1a) wird ein Modell re-
konstruiert. Indem der dem Modell immanenten Logik gefolgt wird, zeigt sich, dass es
zu dem ihm entgegengesetzten Modell (1b) führt sowie vice versa. Der nächste Schritt
(2) besteht darin, freizulegen, dass beide Modelle in einem Widerspruchsverhältnis
zueinanderstehen. Dadurch ergibt sich die zunächst nicht auflösbare Konstellation:
Das eine Modell schließt das andere aus, da es zu ihm in einem Widerspruchsverhält-
nis steht; zugleich können die Probleme des jeweligen Modells nur gelöst werden,
indem das ihm jeweils widersprechende akzeptiert wird. Das heißt: Während das eine
Modell Vertrauen als A bestimmt, erweist sich im entgegengesetzten Modell Ver-
trauen als ¬A. Da, in diesem Moment, sowohl gefordert ist das eine Modell als auch
das ihm entgegengesetzte anzunehmen, führt dies dazu, die Bestimmungen A und
¬A zu akzeptieren; die Überlegungen führen also zu einem Widerspruch. Ein Ausweg
kann, sofern man an den beiden Modellen festhält, nicht gefunden werden; dazu muss
(3) die gemeinsame Wurzel der beiden Modellierungen, die sich jeweils als einseitig
erwiesen haben, freigelegt werden. Erst dies führt zu einer ›Lösung‹ des Problems.
Die Problematik, ob Vertrauen Gründe hat oder ein Grund ist, ist begrifflich verbunden
mit den Leitunterscheidungen von Erkennen und Anerkennen, Mechanizität und Frei-
heit sowie von Wirklichkeit und Wert. Werden diese dualistisch gedacht, bereiten sie
unlösbare Probleme; aber eine Auflösung (eine Alternative zu ihrer dualistischen In-
terpretation) ist nicht einfach gegeben ist. Das Bemerkenswerte also ist: Es kann kein
angemessener Begriff von Vertrauen gebildet werden, ohne dass die Dualismen auf-
gelöst werden. Darin besteht das weitere philosophische Interesse am Thema Ver-
trauen. Der philosophiehistorisch recht marginale Begriff erweist sich als zentraler
Knotenpunkt im Netz mehrerer Grundbegriffe. Die Unterscheidung von Vertrauen und
Verlässlichkeit (Vertrauen ist ein Grund vs. Vertrauen hat Gründe) ist nicht lediglich in
Analogie zu anderen dualen Unterscheidungen zu verstehen, sondern hängt mit ihnen
zusammen. Wird die Vertrauensproblematik gelöst, so ist ein nichdualistisches Ver-
ständnis von Erkennen und Anerkennen, Wirklichkeit und Wert gefunden.
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4
§ 3. Vertrauen als Erkennen
Es gibt zwei Theoriegruppen, welche Vertrauen als Verlässlichkeit bestimmen. Dabei
handelt es sich um Humes Evidential View of Testimony und die Spieltheorie des Ver-
trauens. Ihnen gemeinsam ist, dass sie Vertrauen als eine Erkenntnisbeziehung auffas-
sen. Vertrauen wird als eine Erwartung konzipiert, der auf der Grundlage von Erfah-
rungen oder strategischen Überlegungen ein Wert zugeschrieben werden kann, wel-
cher die Verlässlichkeit (Wahrscheinlichkeit) der Erfüllung angibt. Vertrauen ist daher
im Kern eine kognitive Erwartung; sie stellt eine Überzeugung dar.
8
Humes Überlegungen gehen vom Problem der Zeugenschaft aus: Person A behaup-
tet, dass p. Person B steht vor der Frage, ob sie A glauben und daher p als wahr an-
nehmen darf. Wie kann B seine Überzeugung rechtfertigen, wenn sie A glaubt oder
nicht glaubt? Humes Ansatz führt Vertrauen auf ein allgemeines Modell der Erfah-
rungskorrelationen zurück, das auch die Kausalerwartungen beschreibt – in diesem
Sinne ist sein Ansatz reduktiv und aposteriori.
9
Demnach ist der Erwartungswert, ob
einem Zeugen vertraut werden kann, allein durch Erfahrungen begründet.
10
Die Be-
8
Im Sinne Niklas Luhmanns. Kognitive Erwartungen werden von diesem von normativen un-
terschieden. Beide Erwartungsformen unterscheiden sich durch ihren Umgang mit Enttäu-
schungen. Ist eine Erwartung kognitiv, so wird sie im Enttäuschungsfall aufgegeben bzw. ge-
ändert. Die Erwartung, dass Wasser unter Standardbedingungen bei 80C siedet, erweist sich
als falsch. Die Erwartung wird aufgegeben bzw. modifiziert. Eine normative Erwartung wird im
Enttäuschungsfall dagegen nicht verworfen; an ihr wird vielmehr festgehalten. Ein Freund
bricht ein Versprechen; die Erwartung bleibt, dass er es hätte halten sollen. Vgl. zur Unterschei-
dung Luhmann, Vertrauen, S. 138–139.
9
Es gibt inzwischen mehrere Beiträge, welche entweder bestreiten, dass Hume eine Reduktion
auf Erfahrung, oder dass er eine Reduktion auf Erfahrungskorrelationen (das heißt auf die Kor-
relation von behaupteten und tatsächlichen Sachverhalten) vornimmt. Vgl. dazu u.a. Traiger,
Humean Testimony; Gelfert, Hume on Testimony, A Critical Introduction; Faulkner, Hume‘s Re-
ductionist Epistemology; Welbourne, Is Hume really a reductivist. Die Beiträge haben wichtige
Korrekturen und Differenzierungen erbracht, ihre zentrale Überzeugung – dass Hume, als Re-
duktionist gelesen, missverstanden werde – teile ich dagegen nicht, gehe jedoch darauf im
Folgenden nur indirekt ein. Zwei Bemerkungen zu dieser Debatte gleichwohl: (1) Mir geht es
hier um Modelle, die einen logischen Raum aufspannen. Dafür spielt es keine Rolle, ob die
Standardinterpretation Humes oder diejenige der genannten Autoren historisch zutreffend ist.
Das Grundproblem zwischen Vertrauen und Verlässlichkeit bleibt bestehen; die alternative In-
terpretation, um welche sich die Autoren bemühen, ändert daran nichts. (2) Die genannten
Autoren unterschätzen meines Erachtens, dass die von ihnen in Abgrenzung zur Standardin-
terpretation vorgelegte Deutung in die gleichen Probleme läuft wie die, die sie mit ihr zu ver-
meiden suchen, nämlich den von Coady (Testimony, S. 80–84) freigelegten Zirkel in Humes
Argumentation. Siehe dazu Fn 11. – Eine wichtige Korrektur indes ist, dass Hume keineswegs
annimmt, es müsse sich um thematische Überlegungen, zum Beispiel strategische Kalküle,
handeln. Vgl. Welbourne, Is Hume really a reductivist, S. 412; Gelfert, Hume on Testimony, S.
66. Die oben gewählte Rekonstruktion als kognitive Erwartung vermeidet eine solche Ausle-
gung.
10
Auf viele Details, etwa, dass Hume die Zeugenschaftsproblematik im Kontext der Berichte
von Wundern behandelt oder dass er seine weiteren Überlegungen zu Vertrauen im Kontext
von Versprechen entwickelt (Erntehelferproblematik), gehe ich in dieser Darstellung nicht ein.
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stimmung eines Wahrheitswertes von p erfolgt auf der Basis vergangener Erfahrun-
gen. Worin diese Erfahrung besteht, wird von Hume in der folgenden Weise umrissen:
Wenn zwischen den Behauptungen von A und dem Wahrsein dieser Behauptungen
eine verlässliche Korrelation besteht, dann ist B prima facie gerechtfertigt, A auch im
vorliegenden Fall zu glauben.
11
Diese Beschreibung lässt durchaus einen Spielraum zu: Wir können für unsere Inter-
pretationszwecke eine Vielfalt möglicher Erfahrungsbasen annehmen, die allesamt
Humes Modell erfüllen. Die Erfahrungsbasis kann die vergangenen Interaktionen von
B mit A, seine Erfahrung mit Individuum A betreffen; auf dieser Basis könnte B etwa A
einen bestimmten Charakter zuschreiben. Ihr kann eine Typenbildung zugrunde lie-
gen, so dass A als ein Exemplar des Typus A gilt. B kann auch eine typische Situation
S erfassen, für die gilt, dass in ihr mit diesem oder jenem zu rechnen ist. Die Situation
könnte beispielsweise durch Anreize zur Kooperation oder zum Betrug, durch Sankti-
onsoptionen, Interessen oder die wechselseitige Transparenz der Strategien bestimmt
sein. B könnte dann die aktuelle Situation S als eine vom Typ S unter geringfügigen
Modifikationen erachten. Auch in diesen Fällen gilt: Die Rechtfertigung erfolgt auf der
Grundlage der Erfahrung, die nämlich zeigt, dass Sanktionen dieser oder jener Form
in dem Maße wirksam sind, dass in Situationen dieses oder jenes Typs mit diesem
oder jenem zu rechnen ist usw.
12
In all diesen Fällen sind folgende Elemente gegeben: Observablen, die als Indikatoren
auf einer Erfahrungsbasis fungieren, wodurch eine Inferenz ermöglicht wird. Die Infe-
renz weist dem aktuellen Fall einen Erwartungswert für die Wahrheit von p zu. Daher
ist im Rahmen dieses Ansatzes eine Verwissenschaftlichung und Technisierung (der
Erfahrungsbasis und der Inferenzform) denkbar: B könnte Techniken entwickeln (ein
Wahrheitsserum, einen Lügendetektor oder einen komplizierten, lernenden Algorith-
mus
13
). B könnte auch sehr simple Inferenzregeln entwickeln (»Immer wenn A errötet
[Observable als Indikator], lügt er [Inferenz]«, abgesichert auf der Basis vergangener
Mir geht es hier wie in der Rekonstruktion der anderen Ansätze um den Modellkern. Vgl. Hume,
Eine Untersuchung, Abschnitt 10.
11
Klar ist jedoch, dass Erfahrung hier – wie auch bei den Kausalschlüssen – nicht reflexiv und
entscheidungsbasiert wirksam werden muss; auch wenn Hume teilweise von Inferenzen
spricht, müssen darunter keine expliziten Schlüsse verstanden werden. Vgl. dazu Gelfert, A Cri-
tical Introduction, S. 119.
12
Die gegen die Standardinterpretation vorgeschlagene alternative Deutung Humes soll den
von Coady freigelegten Zirkel in Humes Überlegungen vermeiden. Dieser besteht darin, dass
die persönliche Übersicht über die Korrelation von behaupteten und tatsächlichen Sachverhal-
ten zu gering ist. Um die Korrelation einzuschätzen, werden daher andere Zeugenaussagen
verwendet, die Zeugenaussagen bestätigen oder bestreiten. Darin besteht der Zirkel. Die al-
ternative Interpretation Humes versucht – an die Stelle der Erfahrungskorrelationen – die Bil-
dung einer Theorie der menschlichen Natur zu setzen. Diese unterstützt die Einschätzung, ob
und in welchem Maße Zeugenaussagen zutreffend sind. Hier tritt – nur besser verdeckt – je-
doch der gleiche Zirkel auf. Die Theoriebildung erfolgt nämlich auf diffuse Weise sozial, in dem
natürlich die Erfahrungen anderer in sie eingehen.
13
Wie in der Serie London Spy, in der ein mathematischer Algorithmus entwickelt wird, der auf
einer umfangreichen Datenbasis (zahlreiche Sensoren beobachten die jeweilige Person) Infer-
enzen hervorbringt, ob eine Person wahrhaftig ist oder lügt.
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Erfahrungen) bis hin zu komplexen strategischen Modellen, wie sie die Spieltheorie
entwickelt. Der Modellkern verändert sich dadurch nicht:
- Observable als Indikator (zum Beispiel Erröten, Interesse, Furcht vor Strafe)
- Inferenz: Indikator → Erwartungswert (Wenn-dann-Regel)
- Erfahrungsbasis (welche die Inferenz mehr oder weniger stützt)
Dieses Modell ist für Hume anwendbar auf Naturereignisse wie auf Zeugenaussagen,
nur die Korrelationen sind materiell betrachtet andere. Es besteht jedoch kein prinzi-
pieller Unterschied der Erwartung, dass aus dem eben wahrgenommenen Donner
folgt, dass ein Gewitter naht, und der Erwartung von B, dass aufgrund der Aussage
von A, »Es wird gleich gewittern«, mit Gewitter zu rechnen ist. Allein die Erfahrungs-
basis (die Beständigkeit des gemeinsamen Auftretens der Ereignisse) rechtfertigt den
jeweiligen Erwartungswert.
Die spieltheoretische Modellierung von Vertrauen scheint auf den ersten Blick nicht
viel mit Humes Konzeption gemeinsam zu haben. In der Analyse des ihr zugrunde
liegenden Modells zeigt sich jedoch, dass sie einen identischen Kern besitzen; diesen
ergänzt die Spieltheorie um (a) eine Gewinn-/Verlust-Rechnung sowie (b) um strate-
gische Überlegungen. Ausgangspunkt von James Colemans Grundlegung der
Spieltheorie von Vertrauen ist die Idee, dass Vertrauen am Modell einer rationalen
Wette zu begreifen sei.
14
Colemans Vorschlag besteht in folgendem Entscheidungs-
kalkül:
„Entscheidung: ja, wenn 𝑝
1−𝑝 größer als 𝐿
𝐺
unentschieden, wenn 𝑝
1−𝑝 gleich 𝐿
𝐺
nein, wenn 𝑝
1−𝑝 kleiner als 𝐿
𝐺 “.
15
- L: der mögliche Verlust
- G: der mögliche Gewinn
- p: Wahrscheinlichkeit des Gewinns
Der identische Modellkern ist hier in p zu finden. Die meisten spieltheoretischen An-
sätze bestehen in der Interpretation und Bewertung von p. Die Standardinterpretation
14
Vgl. Coleman, Grundlagen, S. 125.
15
Ebd.
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7
ist, dass p die Vertrauenswürdigkeit der Person bezeichnet.
16
Von entscheidender Be-
deutung hierfür sind bei Coleman »Informationen«.
17
Damit sind, wie der Spieltheo-
retiker Russel Hardin expliziert, Gründe für die Vertrauenswürdigkeit gemeint:
Usually, to say I trust you in some context simply means that I think you will be trustwor-
thy toward me in that context. Hence to ask any question about trust is implicitly to ask
about the reasons for thinking the relevant party to be trustworthy. [...] One of the most
important and commonplace is trust as encapsulated interest.
18
Humes Evidence based view und die Spieltheorie weisen demnach folgenden gemein-
samen Modellkern auf: Vertrauen stellt einen positiven Erwartungswert dar. Der posi-
tive Wert wird durch die Vertrauenswürdigkeit begründet, die Vertrauenswürdigkeit
besteht in den Gründen, die für eine Person (in einer bestimmten Situation) sprechen.
Diese Gründe sind in Humes Evidence based model durch Erfahrung gewonnen, wo-
gegen die Spieltheorie strategischen Überlegungen ein größeres Gewicht gewährt;
auch hier spielen durch Erfahrung gewonnene Informationen jedoch eine wichtige
Rolle.
19
Worauf es hier ankommt, ist indes: In beiden Theorien wird Vertrauen durch
Gründe für die Vertrauenswürdigkeit (als rational) gerechtfertigt. Kurz: Vertrauen hat
Gründe. Diese Gründe werden erkannt.
§ 4. Vertrauen als Anerkennen
Beide Theorieformen, Spieltheorie und Evidential View, begreifen Vertrauen als eine
Erkenntnisbeziehung. Die Beziehungsform ist dadurch charakterisiert, dass die Person,
bezüglich derer die Frage besteht, ob ihr vertraut werden soll, nicht als Person gege-
ben ist. Es kommt allein auf den möglichen Vertrauensgeber an. Hat dieser die Indizien
richtig gelesen und die Optionen korrekt kalkuliert, dann kommt er zum richtigen
Schluss. An möglichen Vertrauensnehmern interessieren nur die Indizien (Observab-
len als Indikatoren, Interessen und Optionen), die richtig einzuschätzen ihm die Per-
son, bezüglich der die Frage besteht, ob ihr vertraut werden kann, nicht helfen kann.
Denn dazu müsste ihr bereits vertraut werden. Die Spieltheorie führt zwar ein neues
Element ein: die doppelte Kontingenz. Sie verändert jedoch primär lediglich die Kom-
plexität. Nun gibt es zwei, voneinander abhängige Erkenntnisrelationen. Die Bezie-
hungsform bleibt damit eine Erkenntnisbeziehung.
Es ist diese Unabhängigkeit von der anderen Person als Person, welche den Ausgangs-
punkt einer grundlegenden Kritik an der Evidence based view markiert. Richard Moran
hat die problematische Eigenart der Evidenzmodelle an einem Vergleich pointiert: Der
16
Vgl. dazu den im Anhang wiedergegebenen Vertrauensgraph von Coleman, der im Kern ein
Vertrauenswürdigkeitsgraph ist. Banker sind dabei vertrauenswürdiger als ein Freund, weil ein
Betrug im Kreis der Banker, den Coleman vor Augen hat, allen Mitglieder nach kurzer Zeit
bekannt wäre. Es gibt also einen guten Grund für die Vertrauenswürdigkeit.
17
Ebd.
18
Hardin, Trust, S. 1.
19
Umgekehrt kann auch Hume der strategischen Überlegung Platz einräumen: Nicht ohne
Grund wird Humes Darstellung der Erntehelferproblematik als Spieltheorie par excellence ver-
standen (vgl. Hume, Ein Traktat, S. 599ff.; vgl. ferner die Interpretation Humes bei Lahno, Begriff
des Vertrauens).
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Vertrauende der Evidence View verhält sich zum Vertrauensempfänger wie ein Be-
trachter zu einem Foto: Alles, was er darauf an Indizien für ein Geschehen erkennen
kann, ist unabhängig von der Intention des Fotografen. In gewissem Sinne ist der Fo-
tograf in der gleichen Situation wie andere Betrachter; auch er kann etwas auf dem
Foto entdecken, weil es in dem, was es darstellt, unabhängig von seinen Intentionen
ist. In der Zeugenschaft und in Vertrauensverhältnissen kommt es dagegen wesentlich
auf das Verhältnis zwischen der Person, die vertraut, und der Person, der vertraut wird,
an. Und diese Beziehung, so Moran, bietet etwas, das keine Evidenz je bieten kann:
eine Versicherung. Der Titel, den Moran seinem Hume entgegengesetzten Modell
gibt, bringt diesen wesentlichen Zug zum Ausdruck: Assurance view. Kein Prozess, den
ein Hume’scher Beobachter verfolgt, kann in etwas Anderem resultieren, als der mehr
oder weniger hohen Wahrscheinlichkeit einer Korrelation; selbst wenn sie eine Ge-
wissheit darstellte, wäre sie von kategorial anderer Art als das, was für Moran eine
Vertrauensbezeichnung kennzeichnet. Denn in einer solchen kann eine Person für die
Wahrheit einer Behauptung eintreten und damit die Verantwortung für den Wahr-
heitsgehalt übernehmen.
20
Stellt aus der Sicht der Evidence View die Intention der an-
deren Person ein Problem dar – das Objekt ist listig, es kann mich täuschen wollen! –
, so liegt darin für die Assurance View die Charakteristik einer wesentlich normativen
Beziehung: Aufgrund ihrer Intention kann sie für das Gesagte eintreten und bürgen.
21
The two views, then, oppose each other most directly over this issue of the role of the
speaker’s freedom, and the hearer’s dependence on it. On the Evidential View, depend-
ence on the freedom of the other person just saddles us with an additional set of risks;
now we have to worry not only about misleading (natural) evidence but deliberate dis-
tortion as well. On the Assurance View, dependence on someone’s freely assuming re-
sponsibility for the truth of P, presenting himself as a kind of guarantor, provides me with
a characteristic reason to believe, different in kind from anything provided by evidence
alone.
22
In der Evidential View werden Gründe für die Vertrauenswürdigkeit erkannt. Vertrauen
hat dann, zumindest wenn es in diesem Sinne rational ist, seine Gründe. In der As-
surance View dagegen ist Vertrauen der Grund. Diese Gründe sind dann jedoch keine
mehr, die erkannt, sondern anerkannt werden. Denn Vertrauen als Grund dafür, das
20
»On a genuinely non-Humean account, when someone tells me it’s cold out, I don’t
simply gain an awareness of his beliefs; I am also given his assurance that it’s cold out.
This is something I could not have gained by the private observation of his behavior.
When someone gives me his assurance that it’s cold out he explicitly assumes a certain
responsibility for what I believe. What this provides me with is different in kind, though
not necessarily in degree of certainty, from beliefs I might have read off from his behavior,
just as what I gain from his declaration of intention differs from the firm expectation I may
form from knowing his habits.« Moran, Getting Told, S. 278.
21
Wobei diese Intention nicht wiederum als evidence verstanden werden darf: »What is needed
is more direct focus on the speaker’s explicit presentation of himself as providing a reason for
belief. For it is not, in fact, the audience’s mere awareness of the speaker’s intention that is to
provide a motivation for belief. If I simply discovered on my own that this person had the in-
tention that I believe P, this need not count for me as a reason for belief at all.« Moran, Getting
Told, S. 288–289.
22
Moran, Getting Told, S. 278–279.
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Gesagte zu glauben, ist gleichbedeutend damit, den Sprechenden als vertrauenswür-
dig anzuerkennen.
In diesem Sinne ist auch die Unterscheidung von sich-verlassen-auf und Vertrauen
von den normativen Positionen verstanden und entwickelt worden. Der »wesentliche
Unterschied zwischen bloßem Sich-Verlassen und Vertrauen [liegt] in dem besonde-
ren Charakter der Beziehung zwischen Treugeber und Treuhänder«.
23
Hat die Bezie-
hung den Charakter der Verlässlichkeit (Reliabilität), dann behandelt der ›Treugeber‹
den ›Treuhänder‹ »wie ein Stück Umwelt. Er berücksichtigt es in seinen Handlungser-
wägungen genau so, wie man eben auch ein Ding mit seinen spezifischen Eigenschaf-
ten berücksichtigen würde. […] Sie ist nur eine Beziehung, die man auch zu Dingen
haben kann.«
24
Während beim sich-verlassen-auf die Beziehung darin besteht, den
anderen zu beobachten, um die Regelmäßigkeit seines Verhaltens zu erkennen, weist
Vertrauen – wie eine ganze Reihe von Autoren
25
dieser Theorieformation annehmen
– eine personale und teilnehmende Beziehung zwischen ego und alter ego auf. Die
personale Haltung ist dadurch gekennzeichnet, dass der andere als freier andere ver-
standen wird. Die teilnehmende Haltung bezieht sich auf die gemeinsame Ebene, auf
der die Personen miteinander agieren; sie begegnen einander dort mit Ansprüchen
und reaktiven Gefühlen im Fall der Erwartungsenttäuschung. Der Vertrauende ärgert
sich etwa, wenn sein Vertrauen enttäuscht wird. Er macht seinem Gegenüber Vor-
würfe: »Das hättest Du nicht tun dürfen.« Ein solcher Respons unterscheidet sich nicht
bloß graduell von einer kognitiven Überraschung; es stellt auch keine Variante von
dieser dar, sondern ist von kategorial anderer Art.
§ 5. Der kategoriale Gegensatz der Modelle
Versuchen wir eine Übersicht über die Konstellation dieser Theoriegruppen zu gewin-
nen, dann zeigt sich, dass der Gegensatz von Evidential View und Assurance View so-
wie zwischen Verlässlichkeit und Vertrauen auf einer Mehrzahl von – nach dem bishe-
rigen Erkenntnisstand – kategorialen Gegensatzpaaren beruht. Aus Sicht der Spielthe-
orie und Evidential View ist die Erwartung das Ergebnis einer Risikoabwägung bzw.
Wahrscheinlichkeitsüberlegung. Aus Sicht der normativen Vertrauenstheorie ist die
Erwartung der Grund, warum ihre Erfüllung angenommen werden darf.
26
Das Verhält-
nis zwischen ego und alter ego weist dabei grundlegend andere Züge auf. In den Er-
kenntnismodellen geht es nicht primär um alter ego als andere Person; das stellt eher
die besondere Schwierigkeit dar (personale Opazität, Täuschungsintention). In den
Anerkennungsmodellen dagegen geht es um alter ego als andere Person, sofern diese
eine Garantie bieten kann – aufgrund ihrer Intention!
23
Lahno, Begriff des Vertrauens, S. 137.
24
Ebd.
25
Vgl. Lahno, Begriff des Vertrauens, S. 172–178; Holton, Deciding to Trust, S. 66 f.; in ähnlicher
Weise Faulkner, Telling and Trusting, S. 881; Hertzberg, Attitude of Trust.
26
Vgl. insbesondere Faulkner, Telling and Trusting, Virtue Theory sowie Lahno, Begriff des Ver-
trauens, S. 138.
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Evidence view / Sich-Verlassen-auf
Assurance view / Vertrauen
Modus
Erkennen
Anerkennen
Einstellung
Kognitiv
Normativ
Beziehungsform
Objektivierende Beziehung
Beziehung zwischen Zweien
Erwartungsform
Risikoabschätzung, Wahrscheinlichkeit
Vertrauen
Erwartungsrichtung
Weil die Sache sich so verhält, wird an-
genommen, dass die Erwartung erfüllt
wird:
Indizien zeigen, dass p, daher wohl p
Weil die Erwartung besteht, wird
angenommen, dass die Person sich
so verhält, dass sie erfüllt wird:
Person versichert, dass p, daher p
Resultat
Vertrauen hat Gründe
Vertrauen ist der Grund
§ 6. Das Pendel zwischen Erkennen und Anerkennen
Im nächsten Schritt geht es darum, darzulegen, dass mit der Evidential und Assurance
View, mit der Bestimmung von Vertrauen als Erkennen und als Anerkennen, nicht nur
zwei unterschiedliche Perspektiven gegeben sind, ein Phänomen zu verstehen. Dies
würde die Pluralisierungsidee sozusagen in den Bereich der Theoriebildung übertra-
gen. Die These ist vielmehr, dass beide Modellgruppen scheitern. Sie führen zu Prob-
lemen, die unüberwindbar sind aufgrund ihrer jeweiligen Anlage.
Wird Vertrauen als Erkennen gedacht, so stellt sich das Problem ein, dass die entspre-
chenden Modelle gar nicht in der Lage sind, Vertrauen zu begreifen. Sie erfassen Risi-
koabschätzungen, Prognosen, Reliabilitätserwartungen, die in vielen Bereichen eine
Rolle spielen, aber Vertrauen nicht angemessen betrachten. Schärfer noch: Sie verfeh-
len sogar die kategoriale Differenz zwischen Vertrauen und Reliabilität, indem sie nicht
in der Lage sind, die dem Vertrauen eigene Beziehungsform zu erfassen. Es lassen sich
eine Vielzahl von Argumenten hierfür entwickeln. Ich gehe auf zwei ein.
(1) Verlässlichkeitstheorien verfehlen Vertrauen, wie sich insbesondere im Enttäu-
schungsfall zeigt. In kognitiver Perspektive gilt bzw. müsste gelten: Wird der
Vertrauende enttäuscht, so kann dies zweierlei Gründe haben: Unglück im
stochastischen Sinne oder eine Täuschung im kognitiven Sinne. Es gehört bei
Wahrscheinlichkeitsüberlegungen (bei denen p kleiner als 1 ist) schlichtweg
dazu, dass die »Würfel anders fallen können«. Oder es wurden die falsche In-
dikatoren verwendet bzw. die Schlussfolgerung wurde überzogen angesichts
von Erfahrungsbasen, welche keine ausreichende Sicherheit gewähren. Mit an-
deren Worten: Die Evidenzen wurden falsch gelesen. Da es sich um eine kog-
nitive Erwartung handelt, ist die einzige mögliche Option zu lernen und die
Erwartung aufzugeben oder das probabilistische Pech hinzunehmen. In kei-
nem Fall aber kann die Person, der vertraut wird, verantwortlich gemacht wer-
den für die Enttäuschung. Sie trägt keine Verantwortung dafür. Es handelt sich
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vielmehr um Pech oder um einen Irrtum – einen Erkenntnisirrtum des Vertrau-
enden. Moralische Einwürfe und Ansprüche würden daher einen Kategorien-
fehler darstellen. Der Vertrauende verhält sich im Enttäuschungsfalle eher wie
jemand, der die Wahrscheinlichkeit, zwei Sechser hintereinander zu würfeln,
falsch berechnet haben mag; oder bewusst ein Risiko eingeht und dabei kein
Glück hat.
(2) Verlässlichkeitstheorien sind nicht in der Lage, fungierendes Vertrauen zu er-
fassen. Wird Vertrauen gewährt, dann vertraut die Person in der jeweiligen Si-
tuation ganz – und nicht etwa zu 70%. Letzteres – und also das permanente
Zittern angesichts der Spannung, nämlich einer unsicheren Wette mit offenem
Ausgang – müsste aber ein Fall sein, der sich durch Vertrauen beschreiben
lassen müsste. Jedenfalls dann, wenn die Evidence View oder das spieltheore-
tische Modell es angemessen modellieren. Für Vertrauen ist dagegen kenn-
zeichnend, dass der Vertrauende, sofern und solange er vertraut, kein Risiko
wahrnimmt.
27
Genau deshalb wird Vertrauen in funktionaler Perspektive als
entlastend beschrieben.
28
Und genau deshalb reagiert der Freund gekränkt,
wenn ihm aus heiterem Himmel versichert wird, dass man ihm vertraut, dass
er einen nicht bestiehlt. Eine solche Äußerung zeigte an, dass Zweifel bestehen
oder zumindest bestanden. Wäre Vertrauen am Modell der Wette oder wahr-
scheinlicher Korrelationen vorzustellen, wäre zum einen die funktionale Vor-
stellung falsch und zum anderen würde der Freund unverständlicherweise ver-
ärgert sein.
Diese Probleme lassen sich in der kognitiven Vertrauenstheorie nicht lösen. Jedoch
scheint die normative Theorie in der Lage zu sein, diese und ähnliche Probleme zu
vermeiden. Und in der Tat: Wird Vertrauen als Anerkennung gedacht, so wird die nor-
mative Dimension im Enttäuschungsfall verständlich. Aber es treten eine Reihe ande-
rer, innerhalb dieses Theorierahmens nicht zu lösender Probleme auf. Zentral ist ins-
besondere die Schwierigkeit zu begründen, warum einer Person, genauer, warum die-
ser Person, aber nicht jener vertraut wird. Es gibt keine Kriterien dafür. In normativer
Perspektive gilt ja: Die Person ist der Grund des Vertrauens. »Warum glaubst Du, dass
Peter kommt, um uns zu helfen?« »Weil er es gesagt hat.« Würde die Antwort dahinter
zurückgehen und etwa auf die Peter drohenden Sanktionen oder sein eingekapseltes
Interesse (Hardin) verweisen, würde die normative Theorie aufgegeben und auf eine
kognitive Grundlage zurückgeführt. Kurz, es besteht hier ein Trilemma. Die Begrün-
dungen für Vertrauen sind entweder
(1) reduktiv oder
(2) zirkulär oder
(3) blind (dogmatisch).
Entweder gelingt es nicht den Irrationalitätsverdacht (2-3) auszuräumen oder dieser
wird beseitigt auf Kosten einer Reduktion der normativen auf eine kognitive Position
27
Die beste Analyse und Erläuterung hierfür hat Lagerspetz (Trust, Vertrauen als geistiges Phä-
nomen) entwickelt.
28
Wie Luhmanns funktionale Analyse zeigt (Luhmann, Vertrauen).
Andreas Kaminski PREPRINT
12
(1). Würde die Reduktion zugelassen, würde dies dazu führen, die normative Theorie
von Vertrauen aufzugeben; eine solche bestünde nicht mehr. Das wiederum hätte zur
Folge, dass die Schwierigkeiten der kognitiven Theorie erneut auftreten. Da die Lö-
sung der Probleme der kognitiven Theorie jedoch in der normativen verortet wurde,
verschwände auch jede Aussicht darauf, sie zu lösen.
Angesichts dieser Konsequenz geraten wir in eine Pendelbewegung. Um den inner-
halb der kognitiven Ansätze unlösbaren Schwierigkeiten zu entgehen, gehen wir zu
den normativen Ansätzen über. Diese führen jedoch ihrerseits vor unlösbare Prob-
leme, deren einzige Aussicht auf eine Lösung die Rückkehr zu den kognitiven Theorien
ist, die aber wiederum in Probleme führt, die nur mit der normativen Theorie zu lösen
sind usw.
Der Grund für diese Pendelbewegung ist einzusehen: Die kognitiven Ansätze sind im
Kern Modelle der Vertrauenswürdigkeit. Sie erläutern, wann eine Person vertrauens-
würdig ist – nämlich, wenn diese oder jene Gründe gegeben sind. Es ist exakt diese
ihre Stärke, welche sie der Möglichkeit beraubt, Vertrauen angemessen zu begreifen.
Die normativen Ansätze begreifen Vertrauen; sie versperren jedoch die Möglichkeit,
die Vertrauenswürdigkeit zu begreifen. Die einen bieten Gründe für Vertrauen und
verfehlen Vertrauen als Grund. Die anderen begreifen Vertrauen als Grund und ver-
fehlen Gründe für Vertrauen.
§ 7. Warum lassen sich beide Ansätze nicht vereinen? (I):
Vertrauenswürdigkeit vs. Vertrauen
Möglicherweise hat die bisherige Argumentation Schwierigkeiten aufgezeigt, viel-
leicht hat sie aber nicht entschieden genug demonstriert, dass es einen Widerspruch
zwischen beiden Ansätzen gibt. Wenn die kognitiven Ansätze nicht ohne die norma-
tiven ›funktionieren‹, warum dann, so der naheliegende Gedanke, nicht beide mitei-
nander verbinden? Genau dies ist – in der vorliegenden Fassung – nicht möglich, wie
das folgende Gedankenexperiment zeigt.
Stellen wir uns zwei Personen vor, Freunde oder ein Paar, das sich seit vielen Jahrzehn-
ten kennt – und aufgrund dieser Kenntnis in der Lage ist, die Reaktionen des anderen
zu antizipieren, seine Sätze zu Ende zu sprechen, die emotionalen Prozesse (Freude,
Ärger usw.) angesichts bestimmter Umstände mit sehr hoher Sicherheit zu erwarten.
Ein solche Beziehung wäre durch große Vertrautheit geprägt – Vertrautheit mit der
Persönlichkeit, dem Charakter des anderen. Die Vertrautheit mit einer Person erweist
vorzüglich, ob diese Person vertrauenswürdig ist. Daher stellt Vertrautheit offenbar
einen hervorragenden Grund dar, jemanden zu vertrauen. Das Problem jedoch ist,
dass mit zunehmender Vertrautheit der Vertrauensbedarf abnimmt – jedenfalls in der
kognitiven Interpretation. Vertrautheit bietet Gründe, eine Verhaltensweise kann auf
ihrer Grundlage relativ sicher antizipiert werden. Ein Problem ist dies, weil die Konse-
quenz lautet: Mit zunehmender Vertrautheit nimmt die Vertrauenswürdigkeit zu, aber
der Bedarf und die Möglichkeit zu vertrauen ab!
Andreas Kaminski PREPRINT
13
Dieses Ergebnis spiegelt die Problematik der einander gegenüberstehenden Ansätze
wieder. Wir haben im Gedankenexperiment Vertrauenswürdigkeit im Sinne der kog-
nitiven Ansätze verstanden. Das Resultat zeigt den Widerspruch zwischen beiden Mo-
dellgruppen. Sie schließen einander aus, wie sich, entsprechend der bisherigen Inter-
pretationen, (kognitive) Vertrauenswürdigkeit und (normatives) Vertrauen ausschlie-
ßen.
§ 8. Warum lassen sich beide Ansätze nicht vereinen? (II):
Das Pendel kann nicht in Mittelstellung ruhen
Nun kann es scheinen, als wenn dieses Gedankenexperiment eine ungeeignete Probe
wäre, um die Vereinbarkeit der beiden Ansätze zu erkunden. Es steigert sozusagen
einen Parameter ins Extrem – und vielleicht ist genau das der Fehler. Könnte nicht eine
Vereinigung im Mittelbereich liegen? Also dann, wenn das Pendel gleichsam ruht (und
daher auch nicht mehr hin und her schwingt)? Die Schwierigkeit hierbei ist, zu verste-
hen, wie eine solche Vereinigung zu denken ist.
29
Die vorherige Darstellung zeigt ja,
dass die Annahme zurecht besteht, dass es einen kategorialen Unterschied zwischen
Erkenntnis- und Anerkennungsmodellen gibt. Wer Hume’sche Gründe für die Vertrau-
enswürdigkeit hat, kann nicht das Eintreten der Person als Grund begreifen. Wer Ver-
trauen kognitiv versteht, kann die normative Dimension nicht erfassen usw.
Der Kipp-Punkt lässt sich sogar präziser an einem Versuch, die Differenz zu überbrü-
cken, nachvollziehen. Verschiedene Beiträge haben die Rolle des Wohlwollens der
Person, der vertraut wird, betont.
30
Vertrauen rechne mit diesem Wohlwollen. Die
Schwierigkeit ist hier wiederum, dass das Wohlwollen entweder kognitiv gewendet als
ein Grund für die Vertrauenswürdigkeit verstanden wird – was zu einer rein kognitiven
Betrachtung führt. Supponiertes »Wohlwollen« kann strikt sozialkalkulatorisch ver-
standen werden: Die Person B erkennt, dass ihr A wohlgesonnen ist. Sie bezieht dies
als Prämisse in ihre Überlegung, was der wahrscheinliche Ausgang einer Situation ist,
ein. Vertrauen (in Differenz zu Verlässlichkeit) ist in einer solchen Situation nicht ge-
geben. Daher genügt »Wohlwollen« und selbst reziprokes »Wohlwollen« nicht.
31
Oder das Wohlwollen wird als Anspruch des Vertrauenden aufgefasst, dann ist aber
wiederum offen, warum einer Person vertraut wird und einer anderen nicht. Ein solcher
29
Einige Autoren wie etwa Hartmann (Praxis des Vertrauens) gehen einfach von ihr aus, statt
sie zu erläutern.
30
Vgl. Baier, Vertrauen; ferner Hartmann, Praxis des Vertrauens, der eine schwächere Bedin-
gung, nämlich erwartete Rücksichtnahme, formuliert.
31
Dies gilt auch für schwächere Annahmen wie sie Hartmann formuliert, der an die Stelle von
Wohlwollen erwartete Rücksichtnahme setzt, um Vertrauen von Verlässlichkeit zu unterschei-
den. Wohlwollen hält Hartmann für eine zu starke Bedingung (vgl. Hartmann, Praxis des Ver-
trauens, S. 177–182). Damit verkennt Hartmann, worin das Problem besteht. Die Unterschei-
dung ist nämlich nicht auf dieser Grundlage zu gewinnen, weil es an der Weise der Auffassung
hängt, mit der Wohlwollen oder Rücksichtnahme begegnet wird. Auch Rücksichtnahme kann
rein kalkulatorisch aufgefasst werden. Es kommt mithin darauf an, in welchem Geist Wohlwol-
len oder Rücksichtnahme angenommen und erwidert werden.
Andreas Kaminski PREPRINT
14
Anspruch ließe sich prinzipiell bei allen Personen erheben. Nur wird nicht allen Perso-
nen vertraut. Was benötigt wird, ist ein Ansatz, der es ermöglicht, Wohlwollen sowohl
kognitiv als auch normativ zu verstehen. Die bisherigen Theoriegruppen sind dazu
jedoch nicht in der Lage, weil sie die Beziehungsform kategorial verschieden ansetzen.
Entweder erscheint die Person, der vertraut werden soll, als Komplex von Regeln (ein
mehr oder weniger durchsichtiger, verlässlicher Mechanismus) oder als bloß freie Per-
son, mit der nicht gerechnet werden kann.
§ 9. Der Umgang mit enttäuschtem Vertrauen: Ansprüche und Lernprozesse
Ein solcher Ansatz ist auch aus einem anderen, bislang noch nicht genannten Grund
erforderlich. Wie zu sehen war, ist die kognitive Theorie nicht in der Lage, den Umgang
mit Enttäuschungen zu begreifen. Die normativen Ansätze dagegen machen die An-
sprüche und moralischen Enttäuschungen verständlich. Aber sie sind nur partiell in
der Lage, den Umgang mit Enttäuschungen von Vertrauen zu erklären: Auf eine Ent-
täuschung von Vertrauen wird nicht nur normativ reagiert, sondern auch lernend! Wer
im Vertrauen ge- oder enttäuscht wird, macht in der Regel nicht nur dem anderen
gegenüber geltend, dass er oder sie sich so nicht hätte verhalten dürfen, dass er oder
sie mich nicht hätte täuschen dürfen. Stattdessen wird auch überlegt, warum man sich
getäuscht hat – und wie man künftig besser, klüger, sorgsamer Vertrauen gewährt. Es
findet also ein Lernprozess statt
32
– und dieser erscheint vollkommen vereinbar mit
dem moralischen Vorwurf und den Ansprüchen.
§ 10. Rückgang in den gemeinsamen Grund des Problems
Die bisherige Darstellung zeigte, dass keine der Theoriegruppen Vertrauen angemes-
sen zu begreifen erlaubt. Dazu müsste jeweils auf die entgegengesetzten Modelle zu-
rückgegriffen werden. Doch zwischen den Ansätzen besteht ein kontradiktorisches
Verhältnis; die Modelle benötigen einander und schließen einander zugleich aus.
Gleichwohl zeigen Phänomene wie der Umgang mit enttäuschtem Vertrauen (§9), dass
es eine Gemeinsamkeit geben muss. Eine Lösung in dieser undurchsichtigen, in zahl-
reiche Sackgassen führende Situation ist von Verbesserungen, die innerhalb der je-
weiligen Theorieform bleiben, nicht zu erwarten. Das Resultat der bisherigen Diskus-
sion lässt eher erwarten, dass eine Lösung nur darin bestehen kann, einen anderen
Blick auf die bisherigen Ansätze einzunehmen. Dazu muss das ihnen gemeinsame
Problem freigelegt werden.
Dieses besteht in der Trennung von Erkennen und Anerkennen, zwischen dem, was
gemeinhin der Bereich der Erkenntnis und der Bereich der Moralität genannt wird. Erst
wenn diese Trennung aufgelöst werden kann, ist es möglich, Vertrauen zu begreifen.
32
Diesem wird in der Literatur (insbesondere von normativer Seite aus) wenig Aufmerksamkeit
gewidmet, sofern er überhaupt gesehen wird.
Andreas Kaminski PREPRINT
15
§ 11. Eine Tugendtheorie von Vertrauen und Vertrauenswürdigkeit
Ein Ansatz, der die Trennung überwindet, besteht darin, Vertrauen und Vertrauens-
würdigkeit als Tugenden aufzufassen.
33
Eine Tugend muss als Tugend anerkannt wer-
den; dies setzt voraus, dass sie nicht als mechanische Regel verstanden wird, welche
das Verhalten der Person bestimmt und beschreibt. Die tugendhafte Person muss viel-
mehr, damit ihr eine Tugend zugesprochen werden kann, in einem bestimmten Ver-
hältnis zu ihrer Tugend stehen. Dieses Verhältnis ist ein anderes als das zu ihrem et-
waigen Merkmal, blaue Augen zu haben oder mit den Füßen beim Essen gewohn-
heitsmäßig zu wippen. Die Tugend kann nichts ihr Äußerliches (etwa natürlich oder
naturwüchsig vorgegebenes) sein. Damit einer Person eine Tugend zugesprochen
werden kann, muss sich aber etwas an ihrem Verhalten zeigen, das es rechtfertigt, ihr
diese Tugend zuzuschreiben. Dazu gehören insbesondere Verhaltensweisen, die sie
nicht nur einmal, sondern anlässlich bestimmter Situationen, verlässlich wiederkeh-
rend zeigt. An ihrem Verhalten muss daher etwas erkannt werden können, das es
rechtfertigt, es als tugendhaftes Handeln zu beschreiben. Die Tugendtheorie erweist
sich daher als vielversprechender Ansatz zur Überwindung der kategorialen Kluft zwi-
schen Erkennen und Anerkennen. Die Grundlinien einer Tugendtheorie von Vertrauen
und Vertrauenswürdigkeit sollen hier umrissen werden. Vier miteinander zusammen-
hänge Grundzüge einer solchen Theorie erweisen sich als bedeutsam:
(A) Erkennen und Anerkennen lassen sich beim Zusprechen einer Tugend nicht trennen:
Es ist nicht möglich, nur erkennend oder nur anerkennend
34
einer Person eine Tugend
zuzusprechen. Stellen wir uns vor, Person A spricht B zu, die Tugend v aufzuweisen.
Aber A anerkennt v nicht als eine Tugend, vielmehr fasst A sein Urteil, dass B v ist,
ausschließlich als Erkennen eines Merkmals (wie etwa „braunäugig“) auf. Aber A kann
v nicht als Tugend verstehen, solange er es nicht zugleich als eine Tugend anerkennt.
Dazu müsste A nämlich v als eine Vollkommenheit des Charakters verstehen, nicht nur
als Merkmal, das einem Gegenstand zukommt oder nicht. Es als eine Vollkommenheit
des Charakters zu begreifen, bedeutet nicht nur, dass A der Eigenschaft v einen Wert
zuschreibt, sondern dass A die Person daran misst, ob und in welchem Maße sie diese
Tugend aufweist. Für Person A stellt v dann einen normativen Grund dar, an dem sein
Tun und das anderer Personen gemessen und bewertet wird.
35
A muss daher v selbst
als eine Güte des Charakters ansehen, B sein v-sein als Tugend zusprechen. Stellen wir
uns nun umgekehrt vor, A würde v zwar als Tugend anerkennen, aber er würde nichts
33
Faulkner bezeichnet Vertrauen und Vertrauenswürdigkeit als Tugenden und arbeitet einen
Ansatz dazu aus (vgl. Faulkner, Telling and Trusting, Virtue Theory). Das große Problem jedoch
ist, dass er innerhalb der bestehenden Trennung verbleibt. Eine Leitdifferenz von Faulkner ist
die von prädikativen und affektivem Vertrauen. Diese Unterscheidung entspricht der von Ver-
lässlichkeit und Vertrauen. Faulkner ordnet seine Tugendüberlegungen auf einer Seite, nämlich
der des affektiven Vertrauens ein, statt zu sehen, dass er mit diesem Ansatz die Probleme der
Trennung, deren er sich sehr bewusst ist, überwinden könnte.
34
Auch zuvor wurde ja bereits von Anerkennung gesprochen, aber der vorherige Begriff von
Anerkennung in seiner bloßen Opposition zum Erkennen erwies sich als unzureichend. Die
Argumentation zeigt, dass Anerkennen ein Erkennen impliziert. In diesem Sinne lässt sich sa-
gen, dass wir damit einen volleren Begriff von Anerkennung gewonnen haben.
35
Wie man die Normativität ausbuchstabiert, ist damit nicht entschieden.
Andreas Kaminski PREPRINT
16
an dem Tun von B erkennen, das dieser Tugend entspricht. Auch dann wäre es A nicht
möglich, dass A die Tugend B sinnvoll zuspricht. Mit anderen Worten: Die Tugend
muss anerkannt werden, damit sie nicht bloß ein deskriptives Verhaltensmerkmal dar-
stellt; am Handeln muss aber zugleich etwas erkennbar sein, das der Tugend ent-
spricht, damit der Person die Tugend zugesprochen werden kann. Das Bild hat sich
damit grundlegend gewandelt. War es in der Diskussion von Evidential View und As-
surance View, von Spieltheorie und normativer Theorie des Vertrauens nicht möglich,
den kategorialen Gegensatz zwischen Erkennen und Anerkennen zu überbrücken, so
stellt die Tugendtheorie sie von vornherein als eine Einheit dar, ohne deren jeweilige
Aspekte (Erkennen/Anerkennen) es nicht möglich ist, einer Person eine Tugend zuzu-
sprechen. Dabei handelt es sich nicht etwa um eine zwei-Komponenten-Theorie, die
normatives und kognitives Miteinander verbindet. Denn diese würde annehmen, dass
einerseits am Handeln etwas erkannt würde, andererseits würde dies ergänzt um eine
normative Einstellung. In der Tugendtheorie gibt es keine zwei Komponenten, weil
das Erkennen der Tugend zugleich ihr Anerkennen sein muss – und umgekehrt.
36
Ver-
trauen und Vertrauenswürdigkeit werden daher im Folgenden als Tugenden begriffen.
Es zeigt dann eine Vollkommenheit des Charakters an, vertrauenswürdig zu sein oder
anderen Personen zu vertrauen.
(B) Vertrauenswürdigkeit und Vertrauen als Resultate freien Verhaltens: Beginnen wir
Vertrauen und Vertrauenswürdigkeit als Tugenden aufzufassen, dann löst sich auch
ein anderes Problem auf, das den Hiatus zwischen Erkennen und Anerkennen prägte.
In der abstrakten Sichtweise von Vertrauen als Erkenntnis (also Verlässlichkeit) er-
schien Vertrauenswürdigkeit als ein Merkmal. Nichts sprach in dieser Perspektive da-
gegen, sie als eine Eigenschaft wie »biegsam«, »wasserlöslich« oder »blond« aufzu-
fassen. Solche Eigenschaften sind Resultat und Anlass der Bildung von Erwartungen.
Sie umfassen natürliche wie technische Prozesse. Die spieltheoretischen und evidenz-
basierten Modelle verstehen Vertrauen in diesem Horizont. Dadurch wird Vertrauens-
würdigkeit jedoch ununterscheidbar von verlässlichen Mechanismen, und damit wird
die Person, der vertraut wird, ununterscheidbar von einem verlässlichen Mechanismus.
Bernd Lahno kritisiert exemplarisch die Spiel- und evidenzbasierten Theorien für ihre
Auffassung von Personen als solche Mechanismen.
37
Lahno hebt umgekehrt die not-
wendige Annahme eines freien Verhaltens der Person, der vertraut wird, hervor. Damit
ergibt sich aber erneut eine Kluft, die unüberbrückbar erscheint. Auch Lahno ist nicht
in der Lage zu erläutern, worin die Gründe liegen, dass einer Person vertraut wird (und
einer anderen nicht). Die Leitdifferenz von Erkennen und Anerkennen setzt sich daher
in der Opposition von Mechanismus und Freiheit fort.
38
Das Grundproblem, das heißt
das Pendeln zwischen Erkennen und Anerkennen, lässt sich in diese Opposition über-
setzen: Ist die Person in einem abstrakten Sinne frei, lässt sich nicht mehr verstehen,
36
Cavell klingt in seiner Diskussion des Phänomens des Schmerzes des anderen ähnlich, ob-
gleich es gewiss auch Passagen gibt, die, wenngleich vieldeutig, in eine andere Richtung deu-
ten. So bestimmt Cavell einerseits Wissen als Bedingung des Anerkennens und urteilt anderer-
seits, dass es ein Wissen vom Schmerz des anderen nur dann geben kann, wenn der Schmerz
des anderen anerkannt wird (Cavell, Wissen, S. 62, 70).
37
Vgl. Lahno, Begriff des Vertrauens, S. 134–178, insbesondere S. 169, 176.
38
Ebd., S. 169–178.
Andreas Kaminski PREPRINT
17
wie ihr vertraut werden kann. Sind Mechanismen an ihr zu erkennen, die ihre Vertrau-
enswürdigkeit garantieren, dann ist von Vertrauen in einem angemessenen Sinne
nicht mehr zu sprechen. Es genügt stattdessen reliable Mechanismen zu identifizieren.
Die Tugendtheorie von Vertrauen und Vertrauenswürdigkeit ermöglicht es, aus der
Pendelbewegung auszusteigen. Eine Tugend kann weder als eine der Person (i) äu-
ßerliche Eigenschaft noch als eine Dispositionseigenschaft verstanden werden, die ihr
Verhalten (ii) berechenbar macht. Die der Person zukommende Tugend ist ihr deshalb
nicht äußerlich, weil sie das Resultat ihres intentionalen Verhaltens darstellt. Sie ist
tugendhaft geworden, indem sie sich tugendhaft verhalten hat. Und sie hat sich tu-
gendhaft Verhalten, weil ihr dies als wertvoll gilt. Dass sie tugendhaft ist, gilt dabei
insbesondere dann, wenn sie sich verlässlich als tugendhaft erwiesen hat (nicht ledig-
lich einmal oder selten). Auf ihre Tugend kann man dann zwar zählen, insofern sie sie
ausgebildet hat, sie ihr zu ihrem gewohnten Verhalten geworden ist. So wie die Ge-
wohnheit die Gestalt eines Mechanismus haben mag, so mag die Tugend, insofern die
Habitualisierung für sie eine wichtige (aber ganz sicher nicht hinreichende) Rolle spielt,
verlässlich wie ein Mechanismus erscheinen – sie ist dies allerdings, ohne mechanis-
tisch zu sein.
39
Sie muss weiterhin als Resultat der freien Tätigkeit des Handelnden
verstanden werden.
Entsprechend lässt sich die Tugend der Vertrauenswürdigkeit auch nicht als eine Dis-
positionseigenschaft, analog zu »wasserlöslich«, verstehen, welche das Verhalten der
Person, welche vertrauenswürdig ist, berechenbar macht. Denn würde sie so verstan-
den, würde sie nicht als Tugend aufgefasst. Daher kann zwar ein Betrüger auf die Ehr-
lichkeit seines Opfers wetten, der Heiratsschwindler das Vertrauen seines Partners
ausnutzen und der Falschmünzer kann sich auf die Zuverlässigkeit von Justine verlas-
sen, aber keiner kann eine dieser Eigenschaften als Tugend und als bloße Dispositi-
onseigenschaft ansehen. Fasst Person B die Vertrauenswürdigkeit von A als eine bloße
Dispositionseigenschaft auf, welche das Verhalten von A berechenbar werden lässt,
dann kann B sie nicht als tugendhaft verstehen. Der Grund hierfür ist, dass B sie selbst
als tugendhaft begreifen muss, um A diese Tugend zuzusprechen. Sie als tugendhaft
zu begreifen, heißt dann aber, sie als Resultat eigenen intentionalen Verhaltens zu
sehen.
40
39
Die Opposition von Freiheit und Mechanizität wird in der Gewohnheit aufgelöst, wie Hegel
in der Enzyklopädie zeigt (Hegel, Enzyklopädie, S. 184–191). Je mehr man sich die Gewohnheit
aneigne, desto mehr ziehe sich der Geist aus ihr zurück, und zwar indem er sie durchdringt. Sie
gewinnt damit die Gestalt von etwas Mechanischem. Nun ist die Tugend offensichtlich nicht
lediglich eine Gewohnheit, doch Aristoteles legt nachvollziehbar viel Wert auf die Rolle, welche
die Verkörperung des tugendhaften Verhaltens für die Ausbildung der Tugend spielt (vgl. NE
1095 und vor allem den Beginn des 2. Buchs). Halbig (Begriff der Tugend, S. 57–62) weicht
davon ab, allerdings wird die Problematik der Identifikation bei ihm nach meiner Einschätzung
auch nicht scharf genug gestellt. Sein Beispiel (des tapferen Soldaten) ließe sich jedenfalls
leicht problematisieren.
40
Eine natürliche Verteilung der Tugenden ist damit ausgeschlossen. Diese lässt sich nicht
sinnvoll denken.
Andreas Kaminski PREPRINT
18
Erkennen und Anerkennen lassen sich im Zusprechen einer Tugend nicht trennen. Nun
zeigt sich: Auch die Perspektiven von A und B, von »ich« und »du« lassen sich nicht
trennen. Beide müssen vielmehr ein gemeinsames, ein geteiltes Verständnis von ihrer
Beziehung zueinander haben. Dazu gehört, dass sie „einander Vertrauen zu geben“
und „für einander vertrauenswürdig zu sein“, als wertvoll erachten. Jemanden als ver-
trauenswürdig im Sinne einer Tugend zu bezeichnen, bedeutet nicht – wie noch im
Fall der Evidential View oder der Hume’schen Inferenzregeln – dies als eine seinen
Intentionen gleichsam äußerliche Eigenschaft zu begreifen. Seine Reliabilität ist statt-
dessen das Resultat seiner freien Tätigkeiten, sich vertrauenswürdig verhalten zu wol-
len. Das bedeutet, dass seine Reliabilität nicht als mechanischer Vorgang verstanden
wird; würde sie das, könnte sie gerade nicht als Tugend aufgefasst werden. Als Tugend
kann die Vertrauenswürdigkeit nämlich nur dann verstanden werden, wenn sie als er-
kannte Verlässlichkeit auch zugleich anerkannt wird – erst dadurch ist sie nicht Me-
chanismus, sondern Tugend.
Umgekehrt ist sie als Tugend aber nicht ein bloßer Anspruch. Der Tugendhafte kann
an seinem Verhalten erkannt werden, aber erneut zeigt sich, dass dies nur unter der
Voraussetzung möglich ist, dass der Erkennende die Tugend dabei anerkennt, da er
ansonsten wiederum lediglich eine Regel entdeckt.
41
Doch zugleich kann das tugend-
hafte Verhalten nicht bloß gefordert werden, es hat seinen Grund in der Person; doch
dieser Grund ist keiner der Person gleichsam äußerlicher.
(C) Reziproke Praxis: Gleichwohl ist ein geteiltes Verständnis noch nicht ausreichend
für eine Vertrauensbeziehung. Diese muss zugleich in einer geteilten Praxis bestehen.
Ihr Verhältnis muss reziprok sein: Wenn A ein Vertrauensverhältnis zu B hat, dann hat
B auch ein solches Verhältnis zu A. Die begrifflichen Gründe hierfür sind keineswegs
einfach freizulegen. Ein indirektes Argument dafür ergibt sich aus dem Umgang mit
Enttäuschungen. Enttäuschtes Vertrauen vermag, wie diskutiert, so genannte reaktive
Gefühle wie Ärger und Wut hervorzurufen.
42
Nehmen wir nun an, dass A zwar B ver-
traut, aber B nicht A. Kommt es dann zu einer Enttäuschung des Vertrauens, weil B
sich rücksichtslos über die Vertrauenserwartung von A hinwegsetzt, so hat A keine
Berechtigung, sich darüber zu beklagen, wenn B das ihm entgegengebrachte Ver-
trauen von A (i) nie annahm und (ii) nicht erwiderte. In diesem Fall wird A die normative
Grundlage für seine persönliche Enttäuschung entzogen. Es ist dann nicht mehr ver-
ständlich, wie solche (normativen) reaktiven Gefühle möglich sind.
43
Jemand, der eine
41
Beide müssen daher das gleiche (reziproke) Verständnis davon haben, was es heißt, zu ver-
trauen oder vertrauenswürdig zu sein. In diesem Sinne müssen beide das Vertrauen als auch
die Vertrauenswürdigkeit erkennen und anerkennen. Hier gibt es einen möglichen Bezug zu
Thompsons Gedanken, dass die ethischen Regeln im gleichen Sinne verstanden werden müs-
sen. Vgl. Thompson, Life and Action; Thompson, What is it to Wrong Someone, S. 337.
42
Vgl. dazu unter anderem Lahno, Begriff des Vertrauens, S. 167–177; Holton, Deciding to
Trust; Lagerspetz, Trust.
43
Davon zu unterscheiden ist, dass Personen Vertrauen einfordern können. Einige Beziehungs-
formen (wie Freundschaft oder Partnerschaft) sind, gleichsam pros hen, Vertrauensbeziehun-
gen. Eine solche Beziehung zu führen, bedeutet daher, einander zu vertrauen. Die normative
Forderung bzw. der Vorwurf: »Wenn wir wirklich Freunde oder Partner wären, würdest Du mir
Andreas Kaminski PREPRINT
19
solche Vertrauensenttäuschung beklagt, verhält sich wie jemand, der ein Versprechen
gibt und damit annimmt, dass damit das gleiche Versprechen auch ihm gegeben
wurde.
Nun scheint es sich auf den ersten Blick jedoch um zwei verschiedene Sachverhalte zu
handeln, ob Vertrauen (i) nicht angenommen oder (ii) nicht erwidert wird. Kann es
nicht sein, dass Person B das Vertrauen von A annimmt, ihm aber kein Vertrauen ent-
gegenbringt? Es anzunehmen, ohne es zu erwidern, bedeutet, dass A zwar B als ver-
trauenswürdig anerkennt, aber B nicht A. Indem B es A abspricht, vertrauenswürdig zu
sein, spricht er es ihm zugleich ab, dass er eine Person ist, zu der ein Vertrauensver-
hältnis bestehen kann. B kann es daher nicht annehmen, ohne es zu erwidern.
Die Rational-Choice- und Evidenz-basierten Vertrauenstheorien lassen eine einseitige
Relation zu, weil sie eine Erkenntnisbeziehung konzipieren: A beobachtet B. Die Tu-
gendtheorie dagegen führt zu einer reziproken Beziehung. Ihre Struktur entspricht der
Anerkennungsstruktur, sofern Anerkennung nur zwischen zweien, die einander als An-
erkennende anerkennen, möglich ist.
44
(D) Angemessenheit von Vertrauen und Vertrauenswürdigkeit: Nach dem bislang Ge-
sagten, könnte es so erscheinen, als wenn Vertrauen und Vertrauenswürdigkeit, sofern
sie als Tugenden bestimmt werden, unbedingt wertvoll wären. Dies trifft zwar meines
Erachtens durchaus zu; es wirft aber gar nicht das Problem auf, das dahinter vermutet
wird. Denn selbst wenn sie unbedingt wertvoll sind, bedeutet dies nicht, dass Ver-
trauen blind und Vertrauenswürdigkeit automatisiert gewährt werden müssten. Für sie
gilt, was für andere Tugenden auch gilt: Sie sind nur dann Tugenden, wenn sie ange-
messen gewährt werden. Das bedeutet dann: Vertrauen ist dann und nur dann Ver-
trauen, wenn es in Beziehung zu einer Situation tugendhaft ist, es zu gewähren. An-
sonsten ist es Naivität oder Tollkühnheit. Analog ist Vertrauenswürdigkeit nur dann
Vertrauenswürdigkeit (und damit auch nur dann tugendhaft), wenn sich eine Person
auf angemessene Weise vertrauenswürdig verhält. Das heißt dann: Es ist weder blinde
Subordination bzw. automatisiertes Verhalten noch Täuschung.
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auch vertrauen« bedeutet, dass die Beziehung nicht das ist, was sie sein sollte – weil zur Form
dieser Beziehung Vertrauen essentiell dazu gehört.
44
Vgl. die Formulierung von Hegel, Phänomenologie, S. 147. Eine genauere Analyse des Ver-
hältnisses von Vertrauen und Anerkennung müsste hier anschließen.
Andreas Kaminski PREPRINT
20
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Andreas Kaminski PREPRINT
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Anhang
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