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Entwurf – Original veröffentlicht in: Janisch, S., Ebner, M., Slany, W. (2017) Informatische Bildung
mithilfe eines MOOC. Erziehung & Unterricht. Jg. 167. 7-8. S. 18-26
Stefan Janisch, Martin Ebner, Wolfgang Slany
Informatische Bildung mithilfe eines MOOC
Summary: „Learning to Code – Programmieren mit Pocket Code“ ist ein MOOC der
entwickelt wurde um vor allem Kindern und Jugendlichen erste
Programmiererfahrungen zu ermöglichen. Dieser Kurs wurde auf der MOOC-Plattform
iMooX angeboten und auf zwei verschiedene Arten durchgeführt: Im ersten Setting
wurde der Kurs von den TeilnehmerInnen rein online bearbeitet (öffentlich). Im
anderen Setting wurde der MOOC mit einer Schulklasse während des Unterrichts
durchgeführt (geschlossen). Obwohl es im Online-Setting einen für MOOC typischen
Rückgang der Aktivität gab, zeigte eine nähere Analyse der Quizbearbeitungen, Videos,
Feedbacks und abgegebenen Programme eine starke Auseinandersetzung der aktiven
TeilnehmerInnen mit den Kursinhalten. Auch im Schul-Setting ergab die Analyse eine
intensive Beschäftigung der SchülerInnen mit dem Thema Programmieren. Die
Abschlussprogramme sowie die Auswertung eines Post-Tests verdeutlichen eine
Steigerung der Programmierfähigkeiten. Es zeigte sich, dass MOOCs mit
entsprechender Aufbereitung und Durchführung eine Abwechslung und Alternative
sein können, um informatische Lerninhalte anzubieten und zu vermitteln.
Einleitung
Aufgrund der zunehmenden Digitalisierung der Lebenswelt spielt informatische Bildung eine
immer wichtigere Rolle in der (Aus-)Bildung (vlg. Grandl & Ebner, 2017). Eine wichtige
Kompetenz ist hierbei die Fähigkeit des anlaytischen Denkens, welches durch Programmierung
gefördert werden kann. Programmieren ist derzeit kaum in den österreichischen Lehrplänen der
Sekundarstufe verankert und deswegen für viele Kinder und Jugendliche schwer durchschaubar
(vlg. Grandl & Ebner, 2017). Umgekehrt zeigt sich dass programmieren aber durchaus schon
im Kinder- und Jugendalter vermittelt werden kann und zwar durch visuelle
Programmierensprachen wie Scratch oder Catrobat mittels der App Pocket Code. Basierend auf
einem Lego-artigen Bausteine-Prinzip fallen typische Syntax-Probleme weg und ein Programm
kann jederzeit angesehen und getetested werden. Kinder und Jugendliche können sich aufgrund
dieser einfachen und vor allem visuellen Benutzeroberfläche voll und ganz auf die Umsetzung
ihrer kreativen Ideen konzentrieren. Dabei kommt es auch zu einer Föderung des sogannten
„Computational Thinking“ – eine Problemlösungfähigkeit, die von vielen Expertinnen und
Experten als sehr wichtig angsehen wird und neben Lesen, Schreiben und Arithmetik zu den
analytischen Fähikgeiten eines Kindes dazugehören sollte (vgl. Wing, 2006).
Angesichts des geringen Ausmaßes an Informatik-Unterricht in der Schule stellte sich die
Frage nach einer alternativen Vermittlung dieser Inhalte. Eine Möglichkeit bietet sich hier
durch das Angebot eines sogenannten Massive Open Online Course (MOOC) an. Ein MOOC
ist ein frei zugänglicher Online-Kurs (ohne Zugangsvoraussetzungen), an dem unbegrenzt viele
Personen teilnehmen können (vgl. Kaplan & Haenlein, 2016; Ebner et al, 2016a). Gerade für
Schulen könnten MOOCs eine zukünftige Alternative sein, da sie kostenlose, zusätzliche
Lehrinhalte anbieten, die einerseits innovative, neue Themenfelder ansprechen und andererseits
diese auch in zeitgerechter Form anbieten (vgl. Khalil & Ebner, 2015). Darüber hinaus lässt
auch die Kombination von Präsenzlehre mit MOOCs unter der Berücksichtigung von
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kollaborativen Elementen neue didaktische Möglichkeiten zu (vgl. Dreisiebner, Ebner, &
Kopp, 2014). In den USA bekommen Schülerinnen und Schüler z.B. durch die Absolvierung
von MOOCs teilweise schon Credits angerechnet (vgl. Jackson, 2013). Schlussendlich können
LehrerInnen MOOCs für die Aus- und Weiterbildung nutzen (vlg. Ebner et al, 2016b).
„Learning to code – Programmieren mit Pocket Code“ – ein freier Online
Kurs für Kinder und Jugendliche
Entwicklung des Kurses
Als genereller Inhalt des MOOC wurde explizit das Thema Programmieren gewählt. Da
Programmieren erst konkret im österreichischen Lehrplan des Wahlfaches der 6.-8. Klasse
AHS-Oberstufe erwähnt wird, stellte sich die Frage nach einer früheren Bearbeitung dieses
wichtigen Themas. Der MOOC „Learning to Code“ – Programmieren mit Pocket Code“ wurde
deswegen speziell für Kinder und Jugendliche im Alter von 10 – 14 Jahren entwickelt. Als
Programmiereprache wurde Catrobat gewählt, eine visuelle Programiersprache mit der auf
mobilen Endgeräten mittels der App Pocket Code programmiert werden kann (vlg. Slany,
2014). Da die meisten Kinder und Jugendlichen schon ihr eigenes Smartphone haben (Nagler et
al, 2016), kann hier direkt am privaten Handy programmiert werden.
Als Plattform wurde die östereichische MOOC-Plattform iMooX gewählt (vgl. Kopp &
Ebner, 2015). Jeder Kurs auf iMooX besteht aus einer gewissen Anzahl an Kapiteln, wobei
jedes Kapitel wochenweise freigeschaltet wird. Eine große Herausforderung dieses Kurses war
es, die Inhalte und den Aufbau an die entsprechende Altersgruppe anzupassen. Es musste
beachtet werden, dass Schülerinnen und Schüler andere Bedürfnisse und Anforderungen haben
als Studierende oder Erwachsene in Weiterbildungskursen, die meistens im Fokus von MOOCs
stehen (vgl. Boxser & Agarwal, 2014) Zusätzlich mussten wir uns mit dem Problem der hohen
„Dropout“-Rate von MOOCs beschäftigen. Viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die einen
Kurs beginnen, beenden diesen nicht. Als Ursache dafür werden oft Gründe wie Zeitmangel,
Motivation der Lernenden, fehlendes Hintergrundwissen oder auch Gefühl der Isolation und
das Fehlen von Interaktivität genannt (vgl. Khalil & Ebner, 2014)
Aus diesen Überlegungen wurde schließlich der Aufbau des Kurses entwickelt. Als Dauer
wurde 5 Wochen festgelegt. In diesen 5 Wochen sollen die Schülerinnen und Schüler von
ersten Programmiererfahrungen bis hin zur Entwicklung eines eigenen Programms mithilfe von
Pocket Code geführt werden. Dabei wurde das Augenmerk auf die Vermittlung von
Programmierkonzepten, wie Objekte, Schleifen, Parallelismus, Variable und Anweisungen
gelegt. Da man Programmieren am besten durch eigenes Üben lernt, wurden zusätzliche
Aufgaben für jede Woche entwickelt, die auf dem zuvor behandelten Stoff aufbauten. Diese
Aufgaben sollten den Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Möglichkeit geben, ihr Wissen
kreativ einzusetzen und gelernte Konzepte anzuwenden. Der Lernstoff sowie die Aufgaben
wurden mit Videos vermittelt, wobei es bei den Aufgaben jeweils immer eine zusätzliche
schriftliche Beschreibung der Aufgabe sowie einen Tipp und Lösungsvorschlag gab. Als
Begleitmaterialen in schriftlicher Form gab es sogenannte „Pocket-Karten“; welche einen
Einblick in die Funktionsweise der verschiedenen Blöcke gaben.
Am Ende jeder Woche gab es auch ein Quiz, das aus 5 Fragen bestand. Die Fragen betrafen
dabei Inhalte, die in dem jeweiligen Kapitel behandelt wurden. Jedes Quiz konnte bis zu 5-mal
absolviert werden, wobei nur der beste Versuch zählte. In jeder Frage gab es nur eine richtige
Lösung, und um ein Quiz positiv abzuschließen, mussten 75% der Fragen richtig beantwortet
werden. Nach positivem Abschluss eines Quiz wurde das Kapitel als abgeschlossen gewertet
und ein Badge ausgehändigt.
Durchführung des Kurses
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Der Kurs wurde in zwei verschiedenen Settings durchgeführt; als „klassischer“ xMOOC
(Online-Setting; öffentlich) und als Kurs in der Schule (Schule-Setting; geschlossen)
Durchführung als reiner Online Kurs
Der Kurs als öfentliche xMOOC-Variante wurde auf der MOOC-Plattform iMooX angeboten.
Start des Kurses war der 17. Oktober 2016. Jede Woche wurde ein weiteres Kapitel
freigeschaltet, das letzte Kapitel somit am 14. November 2016. In jeder Woche gab es Videos,
Aufgaben und ein Quiz zu lösen. Neben allgemeinen Themen im Forum wurde auch jede
Woche ein neuer Thread erzeugt, in dem die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre Ergebnisse
in Form von Programmen posten konnten. Wurden alle Quiz-Aufgaben positiv absolviert,
musste am Ende noch ein Feedback-Formular ausgefüllt werden, um die Teilnahmebestätigung
zu erhalten. Neben der Teilnahmebestätigung gab es noch die Möglichkeit sich digitale Badges
für einzelne Kapiteln oder den gesamten Kurs erstellen zu lassen.
Durchführung in der Schule
Im anderen Setting wurde der Kurs geschlossen mit einer Schulklasse (1. Klasse AHS,
Wahlfach Informatik) durchgeführt. Dabei wurde das „Inverse-Blended-Learning“-Konzept
angewandt. Hier wird der virtuelle Onlinekurs mit der realen Lebenswelt der Schülerinnen und
Schüler verknüpft. Im Gegensatz zum klassischen Blended Learning, wo der traditionelle
Unterricht im Klassenzimmer mit E-Learning-Phasen ergänzt wird, wird bei Inverse Blended
Learning ein kompletter Online-Kurs mit Offline-Angeboten ergänzt. Damit soll vor allem der
hohen Dropout-Rate entgegengewirkt werden (vgl. Ebner, Schön, & Käfmuller, 2015).
Der MOOC „Learning to Code – Programmieren mit Pocket Code“ wurde ebenso auf
iMooX durchgeführt und das Offline-Angebot erfolgt im Klassenzimmer. Der Kursleiter
befand sich während der gesamten Durchführung vor Ort und hatte die Aufgabe, eine Art
Trainer zu sein, der diesen Online-Kurs offline begleitete und ergänzte. Dazu gehörten
Aufgaben wie das Geben von Instruktionen, die Hilfe bei verschiedenen Fragestellungen oder
auch die Motivation der Schülerinnen und Schüler. Der Kurs wurde jeweils immer in einer
Doppelstunde der Wahlfaches Informatik der 1. Klassen der Sekundarstufe abgehalten und
wurde von 14 Schülerinnen und Schüler besucht. Am Anfang der ersten Einheit galt es, den
eigentlichen Ablauf darzustellen. Um die Zeit möglichst gut nützen zu können, wurde vom
Trainer für jeden Schüler und jede Schülerin ein Konto auf iMooX sowie für die Pocket Code
Community-Seite erstellt. Nach einer Instruktion über den Ablauf wurden den Lernenden ein
Kärtchen und ein Tablet ausgehändigt. Anschließend konnten diese ihre mitgebrachten
Kopfhörer am PC anschließen, sich auf iMooX mit ihren Daten anmelden und mit dem Kurs
beginnen. Bei Fragen half der Trainer jederzeit. Wenn alle Videos angeschaut waren, gab es die
Aufforderung, das Quiz zu beantworten und die Aufgaben zu bearbeiten. Durch
unterschiedliche Arbeitsgeschwindigkeiten wurden zum Teil zusätzliche Aufgaben gestellt. Am
Ende jeder Doppelstunde luden die Schülerinnen und Schüler ihre Programme auf die
Community-Seite von Pocket Code. Dieser Ablauf wurde für die restlichen Einheiten
beibehalten. Am Ende der letzten Einheit gab es schließlich noch eine Präsentation der eigenen
entwickelten Programme.
Ergebnisse
Um eine Aussage über die Beteilung machen zu können wurde beide Settings seperat
ausgewertet. Bei der Durchführung des öffentlichen Online-Kurs waren 571 (Stand 01.12.2016)
Teilnehmerinnen und Teilnehmer angemeldet, die Schulklasse bestand aus 14 Schülerinnen und
Schüler. Im Online Setting wurde der Kurs von 64 Personen abgeschlossen; im Schul-Setting
absolvierten alle 14 Schülerinnen und Schüler den Kurs. Mithilfe dem Learning Analytics Tool
von iMooX und Youtube-Analytics wurde das Videoverhalten, die Beabeitung der Quizfragen,
die Beteiligung im Forum, die abgebenenen Programme, das Aufrufen der Begleitmaterialien
sowie das Feedback der Teilnehmerinnen und Teilnehmer ausgewertet.
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Videoverhalten
Videos sind das Kernstück eines MOOCs. Als Hauptparameter zur Analyse der Verwendung
der Videos wurden die Aufrufe (views) sowie der durchschnittliche Prozentsatz der
Wiedergabe hergenommen („Average percentage viewed“). Tabelle 1 verdeutlicht die
Änderung dieser Parameter über die Kursdauer.
Tab. 1. Betrachtung der Videos durch Teilnehmende über die Kurswochen in den verschiednenen Settings.
ONLINE SETTING
SCHUL SETTING
Views
APV (%)
Kurswoche
Views
APV (%)
327
73
1
17
81
202
92
2
17
100
110
89
3
18
96
71
79
4
14
91
51
82
5
-*
-*
Anmerkung. APV = Average Percentage Viewed, *In der 5. Kurswoche im Schulsetting gab es keine
Videos.
Einen sehr großen Unterschied zwischen den beiden Settings gab es bei der Analyse der Video-
Aufrufe. Beim Online-Setting zeigte sich über die Dauer des Kurses ein stetiger und deutlicher
Abfall der Aufrufe, während im Schul-Setting diese Zahl, mit Ausnahme des letzten Kapitels,
immer gleich blieb. Im ersten Kapitel gab es im Durchschnitt 327 Aufrufe pro Video, im letzten
Kapitel fiel diese Zahl auf 51 Aufrufe. Allein durch diese Analyse der Videoaufrufe lässt sich
sich ein starker Rückgang über die Dauer des Kurses erkennen.
Im Schul-Setting war die Zahl der Aufrufe in jedem Kapitel mindestens gleich hoch wie die
Anzahl der SchülerInnen. Daraus lässt sich die Vermutung aufstellen, dass alle Schülerinnen
und Schüler die Videos anschauten. In den Kapiteln 1 bis 3 gab es mehr als 14 Aufrufe, was
dadurch zustande kommen kann, dass manche Lernende ein Video mehrmals betrachteten. Bei
der Wiedergabe ließ sich feststellen, dass die Videos sowohl im Online-Setting als auch im
Schul-Setting eine lange Wiedergabedauer hatten. Im Online-Setting lag der durchschnittliche
Prozentsatz der Wiedergabe der Videos bei allen Kapiteln über 70%. Das bedeutet somit, dass,
wenn die Videos angesehen wurden, diese im Durchschnitt eine lange Abspieldauer hatten
(mehr als 2/3 des Videos wurde angeschaut). Im Schul-Setting waren diese Werte noch höher.
In Kapitel 2 wurde im Durchschnitt sogar 100% erreicht, was bedeutet, dass die Videos in
voller Länge betrachtet wurden. Da bei einzelnen Videos die Schülerinnen und Schüler das
Video stoppten und Teile noch einmal anschauten, lag dieser Wert bei manchen Videos sogar
über 100%.
Bearbeitung der Quizaufgaben
Neben den Videos zeigte auch die Analyse der Quizaufgaben, welche Beteiligung es an dem
Kurs gab. Im Online-Setting absolvierten 151 von 571 Teilnehmerinnen und Teilnehmer
zumindest ein Quiz. Auch hier gab es über die Dauer des Kurses einen stetigen Rückgang an
Bearbeitungen. Absolvierten das Quiz in Kapitel 1 noch 151 Lernende, wurde das Quiz vom
letzten Kapitel nur noch 71-mal beantwortet. Der Rückgang, welcher schon bei den Videos
beobachtet werden konnte, zeigt sich somit auch hier, wenn auch weitaus nicht so ausgeprägt
(53%).
Tab. 2. Anzahl der Personen die das Quiz der jeweiligen Woche positiv abgeschlossen haben
Im Schul-Setting wurde die Quiz wenig bearbeitet. Da die Unterrichtseinheiten zeitlich
eingeschränkt waren, wurden die Quizaufgaben nicht priorisiert. Sie wurden vom Kursleiter
erwähnt, aber nachdem die Videos angeschaut worden waren, lag die Motivation der
SchülerInnen beim Selber-Ausprobieren und Üben. Das spiegelt sich auch in der Beteiligung
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am Quiz wider. In der ersten Einheit wurde das Quiz noch 8-mal absolviert, in der vierten
Einheit 2-mal. Es gab insgesamt nur 2 SchülerInnen, die alle Quizaufgaben absolviert haben. In
diesem Setting spiegelt die Beteiligung an den Quiz-Aufgaben mehr eine Umkehrung der
Motivation wieder. Je mehr die Schülerinnen und Schüler lernten (je mehr der Kurs
voangeschritten war), desto weniger Quiz-Aufgaben wurden absolviert. Am Ende des Kurses
gab es jedoch ein verpflichtendes „Quiz“. Dieses unterschied sich allerdings von den anderen
Quiz Aufgaben, da es in schriftlicher Form abgehalten wurde und den gesamten Stoff des
Kurses geschrieben in Pseudo-Code umfasst. Es sollte vor allem als Rückmeldung für den
Kursleiter dienen, um zu sehen, ob die Konzepte verstanden wurden. Die Auswertung zeigte
eine richtige Beantwortung aller Fragen von mindestens der Hälfte der Schülerinnern und
Schüler, mit Ausnahme von Frage 4, die Konzepte betraf, die nicht im Kurs behandelt wurden.
Forumsbeteiligung
Ein wesentlicher Nachteil von MOOCs, der auch oftmals ein Grund für das frühzeitige
Beenden sein kann, ist die fehlende Interaktion zwischen den Lernende und auch den
Kursleitenden. Das Forum im Online-Setting hatte den Zweck, eine Anlaufstelle bei Fragen zu
sein sowie den Lernenden einen Austausch untereinander zu ermöglichen. Im Schul-Setting
wurde das Forum nicht genutzt und gebraucht; die Interaktion fand hier direkt in der Klasse
statt. Tabelle 3 verdeutlicht wie viele Forumsbeiträge gepostet und gelesen worden sind.
Tab. 3. Übersicht Forumsbeiträge gesamter Kurs
Die meisten Lernenden nutzten das Forum nicht aktiv, sondern passiv. Im Vergleich zu der
Teilnehmenden-Zahl wurden sehr wenige Beiträge verfasst, die aber relativ oft gelesen bzw.
aufgerufen wurden. Die Mehrzahl der Lernenden war interessiert daran, was andere posteten,
wollten sich aber nicht äußern. Daraus lässt sich ableiten, dass das Forum eine wirkliche
Interaktion nicht ersetzen konnte.
Abgebene Programme
Die Überprüfung der erstellten Programme sollte dazu dienen, herauszufinden wie die
gestellten Aufgaben gelöst wurden. Gerade im Schul-Setting sollte dadurch eine Einsicht
gewonnen werden, inwieweit die Schülerinnen und Schüler das Gelernte umsetzen konnten.
Auf der anderen Seite sollten die Lernenden durch das Erstellen von eigenen Programmen die
Möglichkeit zu üben bekommen. Üben und ausprobieren spielt eine sehr wichtige Rolle im
Lernprozess des Programmierens. Das Angebot, eigene Programme abzugeben um darauf
Feedback zu erhalten, wurde im Online-Setting nicht sehr gut angenommen bzw. konnte nicht
überprüft werden, denn im ersten Kapitel posteten nur 7 Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre
Programme, im letzten Kapitel nur mehr 3.
Im Schul-Setting wurden weit mehr Programme abgegeben. Die Schülerinnen und Schüler
waren sehr motiviert die Aufgaben zu lösen und mit Pocket Code zu experimentieren. Obwohl
nicht in jeder Einheit von jedem und jeder ein Programm hochgeladen wurde, waren alle
Schülerinnen und Schüler am Programmieren und Üben intensiv beteiligt. Meistens wurden die
Aufgaben programmiert, wobei auch eigene Ideen ausprobiert wurden. Am Ende der letzten
Einheit präsentierte jeder Schüler und jede Schülerin sein/ihr Abschlussprogramm; von 8
Schülerinnen und Schülern wurde das Programm auch hochgeladen. Unter den
Abschlussprogrammen fanden cfsich unterschiedlichste Programme, die teilweise schon sehr
komplex waren und viele verschiedene Konzepte beinhalteten.
Feedback der Teilnehmerinnen und Teilnehmer
Die Analyse des Feedbacks sollte über die Beweggründe, Motivation und Zufriedenheit der
Lernenden Aufschluss geben. Im Online-Setting gab es dazu ein Feedbackformular, dass
allerdings nur von den Personen ausgefüllt wurde, die den Kurs auch beendeten.
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Zusätzlich zum Feedback wurden auch demografische Daten erhoben. Hier stellte sich heraus,
dass die meisten Teilnehmer Schülerinnen und Schüler (46%) im Alter von 11-15 Jahren
(43%) waren. Fast die Hälfte davon war weiblich (46%), was als sehr erfreulich angesehen
werden kann, da die sogenannten MINT (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und
Technik) Fächer überwiegend männlich besetzt sind (Rigby, 2015). Das Feedback zum Kurs
unter diesen Teilnehmenden fiel sehr positiv aus, 60% gaben dem Kurs eine Gesamtbeurteilung
von „sehr gut“, 35% gaben „Gut“.
Im Schul-Setting bestand der Fragebogen aus sehr einfach gestellten Fragen und auch hier
war das Feedback sehr positiv. Tabelle 4 verdeutlicht zwei dieser Fragen.
Tab. 4. Anzahl der Antworten der Schülerinnen und Schüler auf Fragen des Feedbackformulars (N = 14)
Sehr gut
Gut
Geht so
Gar nicht
Wie hat dir diese Art des Lernens gefallen?
13
1
-
-
Wie hat dir diese Art des Programmierens gefallen?
11
3
-
-
Das Feedback der Schülerinnen und Schüler zeigte, dass das Programmieren interessant war
und auch Spaß machte. Ob weiterhin Interesse am Programmieren besteht, wurde von allen mit
„Ja, sehr“ beantwortet. Sowohl was Interesse als auch Motivation anbelangt, zeigte die
Durchführung des MOOC mit einem Inverse-Blended-Learning Konzept in der Schule sehr
gute Ergebnisse.
Zusammenfassung und Ausblick
Ist es möglich, mithilfe von MOOCs informatische Bildung zu vermitteln? Der Kurs
„Learning to Code - Programmieren mit Pocket Code“, der auf der MOOC-Plattform iMooX
durchgeführt wurde, bestätigte, dass es möglich ist auf diese Art Programmierkompetenzen und
Computational Thinking zu fördern.
In der Durchführungsvariante als Online-Kurs zeigte sich in der Analyse der Videos, des
Begleitmaterials und der Quiz-Bearbeitungen das für MOOCs bekannte Problem der hohen
Abbruchquoten. Von den 571 angemeldeten Personen absolvierten nur 69 Personen den
gesamten Kurs. Nichtsdestotrotz waren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die den Kurs zur
Gänze absolvierten, sehr zufrieden mit den Inhalten und dem Thema. Die abgegebenen
Programme der KursteilnehmerInnen beweisen, dass Programmierkonzepte auf
Problemstellungen angewendet werden konnten. Der Kurs weckte laut Feedback bei den
meisten eine Begeisterung für das Thema. Ein wichtiger Faktor für die Teilnahme und
Absolvierung zeigte sich im Umfeld der Lernenden. Mehr als die Hälfte, die den Kurs
abschlossen, wurden aufgrund persönlicher Empfehlung durch
Freundinnen/Freunde/Bekannte/Verwandte/KollegInnen oder LehrerInnen/Schule auf das
Kursangebot aufmerksam. Hieraus könnte man eine Voraussetzung für MOOCs als
Bildungsangbot ablesen. Gerade im Kinder- und Jugendalter scheint es ganz wenige zu geben,
die einen MOOC von ganz allein anfangen. Die Schule bzw. Lehrende oder auch Eltern spielen
hier wahrscheinlich eine große Rolle, da sie Kinder oder Jugendliche auf solche Angbote
aufmerksam machen bzw. deren Interesse wecken.
Generell könnten MOOCs vor allem für den Schulbereich eingesetzt werden. So zeigte die
Durchführung des MOOCs im Schul-Setting eine wahre Begeisterung der Schülerinnen und
Schüler für das Thema. Im Vergleich zur Durchführung des öffentlichen MOOCs konnten sich
hier die Schülerinnen und Schüler gegenseitig austauschen und auch zusammenarbeiten. Durch
die Anwesenheit des Trainers war es zusätzlich möglich, ein Live-Feedback zu bekommen.
Gerade bei MOOCs scheint sich hier das Inverse-Blended-Learning-Konzept als Lernmodell
durchzusetzen (vgl. Käfmüller, 2016). Obwohl die Quiz-Aufgaben sehr wenig bearbeitet
wurden, gab es in anderen Bereichen eine große Beteiligung. Besonders in den eigenen
entwickelten Programmen zeigte sich, dass die Lernenden in der Lage waren, die Kursinhalte
Entwurf – Original veröffentlicht in: Janisch, S., Ebner, M., Slany, W. (2017) Informatische Bildung
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auf eigene Problemstellungen anzuwenden. Das Baustein-Prinzip von Pocket Code erwies sich
als ideal, um Kindern erste Programmiererfahrungen auf mobilen Geräten zu ermöglichen.
Zusätzlich erlaubte der Aufbau als MOOC den Schülerinnen und Schüler im eigenen Tempo zu
lernen. So deckte die Analyse des Videoverhaltens auf, dass einige Lernende gesamte Videos
oder Teile eines Videos öfters anschauten. Was auch für den Erfolg des Kurses nicht
vernachlässigt werden sollte, ist das Konzept des sogenannten „Making“ (vgl. Schön et al,
2014). Die Lernenden hatten zwar zuerst die Vorgabe, die Videos anzuschauen, waren dann
aber frei, mit ihrem Tablet selbst zu programmieren. Das Augenmerk wurde auf das eigene
creative Tun und Machen gerichtet. Ob das nun die Aufgaben oder eigene Programme waren,
war ihnen selbst überlassen. Der Ausblick, am Ende ein eigenes Programm in den Händen zu
halten, war für viele Schülerinnen und Schüler ein weiterer Ansporn.
Durch diesen Kurs ließ sich feststellen, dass MOOCs nicht nur geeignet sind, informatische
Bildung zu vermitteln, sondern laut Feedback der Teilnehmenden auch in der Lage sind,
Interesse für ein Thema zu wecken. Gerade Programmieren ist in den Lehrplänen der
österreichischen Sekundarstufe kaum verankert und deswegen für Kinder und Jugendliche oft
nicht durchschaubar. Hier zeigte sich, dass ein entsprechender MOOC durchaus eingesetzt
werden kann. Allerdings sollte der MOOC nicht als klassischer MOOC abgehalten werden,
sondern mithilfe des didaktischen Konzepts „Inverse Blended Learning“. Die Inhalte müssen
an die entsprechende Zielgruppe angepasst sein und sollten das sogenannte „Making“
miteinbeziehen. Für die ersten Schritte in der Programmierung eignete sich Pocket Code sehr
gut, da aufgrund der einfachen visuellen Benutzeroberfläche typische Probleme wegfielen und
sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf die Umsetzung ihrer Ideen konzentrieren
konnten. Besonders wichtig sind dabei der Austausch und die Interaktion der Teilnehmenden
untereinander sowie die Anwesenheit eines Trainers. Im Schulbereich könnten die Lehrenden
diese Aufgabe übernehmen. Für die Zukunft wird es deswegen wichtig sein, MOOCs so
anzubieten und zu konzeptionieren, dass sie von Lehrerinnen und Lehren in der Schule
weiterverwendet werden können. Die Materialien müssen adaptierbar sein, sodass auch nur
Teile des MOOCs im Unterricht verwendbar sind (vgl. Höllerbauer et al, 2017).
Inwieweit sich MOOCs im Bildungsbereich und hier besonders in der Vermittlung von
informatischen Kompetenzen tatsächlich durchsetzen, ist derzeit schwer absehbar. Allerdings
kann festgehalten werden, dass MOOCs mit entsprechender didaktischer Aufbereitung und
Durchführung eine Abwechslung und Alternative sein können, um zusätzliche Lehrinhalte
anzubieten. Diese Lerninhalte können einer breiten Masse zur Verfügung gestellt werden und
so neue Chancen ermöglichen.
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