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Ein kritischer Blick auf Mehrsprachigkeit im schulisch-institutionellen Spanischunterricht

Authors:

Abstract

In dem Beitrag wirft die Autorin einen kritischen Blick auf den fremdsprachendidakti-schen Mehrsprachigkeitsdiskurs, indem sie gesellschaftliche und institutionelle Rahmen-bedingungen sowie sprachnormative Aspekte in Bezug auf den erwünschten Einbezug derMehrsprachigkeit im schulischen Fremdsprachenunterricht herausarbeitet.
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THEMENSCHWERPUNKT
Gelebte Mehrsprachigkeit in
den deutschsprachigen Migra-
tionsgesellschaften
Die Möglichkeit, sich sprachlich aus-
drücken zu können, gilt als eine wich-
tige Voraussetzung für die soziale,
ökonomische und politische Teilhabe
der Schüler*innen (Dirim & Mecheril
2010: 100). Sie stellt damit „ein Mit-
tel der Herstellung und Artikulation
gesellschaftlicher Anerkennung“ dar
(ebd.). Darüber hinaus übernimmt das
Vermögen, eine oder mehrere Spra-
chen sprechen zu können, auf der in-
dividuellen psychosozialen Ebene eine
wichtige identitätsstiftende Funktion,
über die kollektive und individuelle
Zugehörigkeiten empfunden werden.
Während Mehrsprachigkeit weltweit
in vielen Ländern den Normalfall dar-
stellt, definieren sich v. a. europäi-
sche Nationalstaaten wie Deutschland
und Österreich als einsprachige also
monolinguale Staaten. Historisch ge-
sehen hängt dies mit der Gründung
moderner Nationalstaaten im Laufe
des 19. Jahrhunderts zusammen, in
denen die Ansicht vorherrschte,
dass es in einer Nation eine Spra-
che gäbe, die als Muttersprache
und als Sprache der Bildung für
alle Menschen gleichermaßen
in standardisierter Form gelten
müsse (Jeuk 2010: 14).
Diese Auffassung hatte eine sprachre-
pressive Politik zu Folge, mit der die
Abwertung und bisweilen sogar die
Auslöschung anderer Sprachen als der
Nationalsprache einherging.
Innerhalb der amtlich deutschspra-
chigen Staaten Deutschlands und Ös-
terreichs sind die Lernenden in der
Bildungsinstitution Schule jedoch sel-
ten, ich meine sogar nie monolingu-
al, sondern vielmehr multilingual und
ebenfalls in Bezug auf kulturelle Ori-
entierungen verschiedentlich geprägt.
Dies wird vor dem Hintergrund der
zunehmenden Diversifizierung der Ge-
sellschaften durch Globalisierung und
Migrationsbewegungen weiter ver-
stärkt. Demzufolge erachte ich es als
angemessen, in Bezug auf Deutschland
und Österreich von Migrationsgesell-
schaften zu sprechen. Der Terminus
„gelebte Mehrsprachigkeit“ (Dirim)
erlaubt es, unterschiedliche Facetten
der Mehrsprachigkeit, wie sie in sol-
chen Gesellschaften vorzufinden ist,
darzulegen:
die „plurizentrische Perspektive“
auf Mehrsprachigkeit bezieht sich
auf die Varianten einer Sprache in
verschiedenen Nationalstaaten, z.
B. Spanisch in Spanien vs. Spanisch
in Peru oder Spanisch in den USA;
die „Perspektive der inneren Mehr-
sprachigkeit“ meint verschiedene
Register, über die ein Individuum
verfügt (z. B. Standardsprache,
Dialekte, Soziolekte, und Jugend-
sprachen);
die „Perspektive der äußeren Mehr-
sprachigkeit“, womit verschiedene
(National-)Sprachen gemeint sind,
die in sich divers sind, so z. B. die
Mehrsprachigkeit durch den Fremd-
sprachenunterricht, die auch im
privaten Alltag genutzt wird oder
die Mehrsprachigkeit, die durch Mi-
gration entsteht.
Daraus ergibt sich, dass alle Menschen
als mehrsprachig angesehen werden
können, da sie ihren Mitgliedschaf-
ten in verschiedenen Kollektiven nach
vielfache Varietäten von (mitunter
mehreren) Nationalsprachen wie
bspw. Deutsch, Türkisch oder Spanisch
sprechen und diese in verschiedenen
Ein kritischer Blick auf Mehrsprachigkeit im
schulisch-institutionellen Spanischunterricht
Janina Vernal Schmidt
In dem Beitrag wirft die Autorin einen kritischen Blick auf den fremdsprachendidakti-
schen Mehrsprachigkeitsdiskurs, indem sie gesellschaftliche und institutionelle Rahmen-
bedingungen sowie sprachnormative Aspekte in Bezug auf den erwünschten Einbezug der
Mehrsprachigkeit im schulischen Fremdsprachenunterricht herausarbeitet.
Mehrsprachigkeit im fremdsprachlichen Klassenzimmer
Norton Gusky (CC BY 2.0) via Flickr
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HISPANORAMA · 158 nov iembre 2017
TEMA MONOGRÁFICO
Registern meist situations- und kon-
textangemessen auswählen und auf
die passende Option oder Kombination
von sprachlichen Repertoires zurück-
greifen können.
Weiter oben war bereits die Rede da-
von, dass bestimmte Sprachen wäh-
rend der Ausbildung von Nationalstaa-
ten abgewertet wurden. In diesem
Zusammenhang stellt sich auch ge-
genwärtig die Frage, welche Wertig-
keit und Anerkennung einer Sprache
zugeschrieben wird und welche Positi-
onierungen die Sprecher*innen dieser
Sprachen in der Gesellschaft sowie
im schulischen Unterricht erfahren.
Bei den europäischen Nationalspra-
chen Englisch, Französisch, Spanisch
und Italienisch – also den klassischen
Schulfremdsprachen – kann man davon
ausgehen, dass sie gesellschaftlich ein
relativ hohes Prestige genießen, als
bildungsnah empfunden werden und
somit auch Sprecher*innen, die diese
Sprachen als Familiensprache in die
Schule mitbringen, eher positiv und
wohlwollend gesehen werden. Typi-
sche Migrationssprachen wie Türkisch,
Polnisch oder Persisch stellen die Fa-
miliensprachen vieler Schüler*innen
dar. Diese verfügen hingegen über ein
weitaus geringeres Ansehen und wer-
den generell oft als bildungsfern em-
pfunden.
Darüber hinaus werden im monolin-
gualen Identitätskonzept, das wie
gesehen in den deutschsprachigen
Gesellschaften weiterhin virulent ist,
mehrsprachig aufwachsende Kinder
oft „als nicht verwurzelt, nicht har-
monisch“ wahrgenommen (Krumm
2009: 236). Migrationsspezifische Wei-
sen des Sprechens und die damit ver-
bundenen Personen erhalten häufig
weniger Anerkennung und werden z. T.
über normative „Sprachreinheitsgebo-
te“ (Becker 2016: 42f.) stigmatisiert.
Sprache spielt jedoch eine wichtige
Rolle für Individuen bezüglich ihres
Selbstbilds und ihrem Zugehörigkeits-
empfinden (vgl. u. a. Krumm 2009:
239). In der Folge kann eine negative
Sicht auf gewisse Sprachen und bspw.
mischsprachige Sprechweisen dazu
führen, dass Lernende ihre Sprachen-
vielfalt vor Anderen wie z. B. ihren
Peers oder Lehrenden verschweigen
(vgl. dazu Brizić 2007; vgl. Dirim 2016)
oder sich weigern, die Sprachen zu
sprechen. Auf diese Weise können die
Betroffenen vermeiden, dass ihre Zu-
gehörigkeit zur dominant sprachlichen
Gruppe infrage gestellt und somit ge-
fährdet wird.
Mehrsprachigkeit im institutio-
nellen Spanischunterricht
Studien belegen, dass Zwei- bzw.
Mehrsprachigkeit die kognitive Ent-
wicklung von Kindern und Jugend-
lichen befördern kann (vgl. Gogolin
2010: 537 ff.). So wirkt sich eine
zeitlich hinreichende und syste-
matische didaktische Einbezie-
hung der Herkunftssprache – als
Gegenstand wie als Medium des
Unterrichts – (Dirim et al. 2001:
161; vgl. auch Gogolin 2010: 542)
positiv auf den Schulerfolg aus. Dar-
aus und auch aus anderen Studien zum
Thema Mehrsprachigkeit können Im-
plikationen für den Unterricht abge-
leitet werden (vgl. z. B. Méron-Minuth
2015: 236). Wenn also die Mehrspra-
chigkeit der Lernenden deren Schul-
erfolg begünstigt und im schulischen
Fremdsprachenunterricht v. a. in Be-
zug auf die Sprachbewusstheit expli-
zit eingefordert wird (z. B. KMK 2014:
22), dann steht folgende Frage zent-
ral: Auf welche Art und Weise gehen
die Akteur*innen im Spanischunter-
richt mit diesem sprachlichen Nor-
malfall der gelebten Mehrsprachigkeit
handlungspraktisch um?1
Ich werde im folgenden Abschnitt
auf Umgangsweisen einer Lehrkraft
sowie Oberstufenschüler*innen mit
der Fremdsprache Spanisch und wei-
teren Sprachen im Spanischkurs aus
meiner empirischen Studie vorstel-
len. Bezüglich der Fremdsprachen-
lehrkräfte konnte in einigen Studien
tendenziell eine positive Einstellung
gegenüber mehrsprachigkeitsorien-
tierten Verfahren gefunden werden.
Gleichzeitig wurde festgestellt, dass
die mehrsprachigkeitsorientierten
Ansätze in der unterrichtlichen Pra-
xis nur selten bis gar nicht eingesetzt
werden (vgl. z. B. Hu 2003; Neve-
ling 2012; Heyder & Schädlich 2014;
Méron-Minuth 2015; Bermejo Muñoz i.
V.). Dabei existieren eine Vielzahl an
mehrsprachigkeitsdidaktischen Ansät-
zen wie die Interkomprehension (z. B.
Bär 2009), Verfahren wie die Sprach-
mittlung (Rössler 2009; mit Bezug auf
Herkunftssprachen Reimann & Siems
2015) oder der interlinguale Transfer
aus zuvor erlernten Schulfremdspra-
chen mit den entsprechenden Materi-
alien. Dennoch „scheinen [diese] den
Alltag des Fremdsprachunterrichts
bisher in nur geringem Maße tangiert
zu haben“ (Schädlich 2013: 29f.). So
bleibt die
Praxis schulischen Fremdspra-
chenunterrichts […] nach wie vor
stark einem additiven Sprachlern-
konzept verhaftet und mag sich
nur schwer von ihrem ‚monolin-
gualen Habitus’ (Gogolin 1994) zu
lösen (ebd.).
Nicole Marx (2014: 20) resümiert:
Der Weg zu einer effektiven
Mehrsprachigkeitsdidaktik und
somit auch zu einer Vergrößerung
der gesellschaftlichen Akzeptanz
anderer Sprachen (v.a. der com-
munity languages) bleibt größ-
tenteils noch unbeschritten […].
Kürzlich hat Daniel Reimann (2016)
mit der Modellierung einer „aufge-
klärten Mehrsprachigkeit“ einen neu-
en Vorschlag für eine integrative
Bezüglich der Fremdsprachenlehrkräfte
konnte in einigen Studien tendenziell eine positive
Einstellung gegenüber mehrsprachigkeitsorientierten
Verfahren gefunden werden.
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THEMENSCHWERPUNKT
Mehrsprachigkeitsdidaktik vorgelegt.
In diesem geht es ihm v. a. um die
Förderung produktiver Fertigkeiten.
Interessant an seinem Modell erschei-
nen mir das dritte und vierte Diskurs-
und Handlungsfeld (ebd.: 21-24), in
dem es respektive um den Einbezug
des Deutschen als Erst-/Zweit- und
Fremdsprache sowie der Herkunfts-
und Familiensprachen Lernender geht.
Bevor ich Weiteres zum migrationspä-
dagogischen Fremdsprachenunterricht
ausführe, sollen ein paar Aspekte an-
gedacht werden, die aus meiner Sicht
zum Auseinanderklaffen von Theorie
und unterrichtlicher Praxis bzgl. der
Mehrsprachigkeit im Fremdsprachen-
unterricht führen. Diese Punkte be-
dürfen offensichtlich einer vertieften
und vor allem einer empirischen Aus-
einandersetzung, die ich hier jedoch
nicht leisten kann:
Fremdsprachenunterricht findet in
Gesellschaften und vor dem Hinter-
grund medialer Diskurse statt, die
sich, trotz abweichender sozialer
Realität, nach wie vor mehrheitlich
als einsprachig Deutsch verstehen.
Sprachhierarchien, wie ich sie oben
in Bezug auf die zugeschriebene
Wertigkeit von Schulfremdspra-
chen und Migrantensprachen in
deutschsprachigen Gesellschaften
dargestellt habe, werden in ihren
Institutionen über deren Strukturen
und die dort tätigen Akteur*innen
reproduziert und verfestigt.
Gleichzeitig hat das Bildungswesen
und damit die Schule politische und
kulturelle Aufgaben:
Die heutige Integrationsaufgabe
der Schule besteht vor allem da-
rin, bei Wahrung der kulturellen
Identität verschiedener Bevölke-
rungsgruppen das Zusammenleben
der Kulturen zu fördern. Dabei
spielt, viele kriegerische Konflik-
te bis in unsere Tage zeigen dies,
die Sprachenpolitik, die Anerken-
nung von mehreren Sprachen als
Unterrichtssprachen und als Amts-
sprachen, eine strategisch be-
deutsame Rolle (Fend 2008: 48).
Die in den Institutionen handelnden
Akteur*innen sind in ihrem Berufs-
alltag häufig mit Mehrsprachigkeit
konfrontiert. Dass (angehende)
Lehrkräfte sprachlich und kulturell
vielfältige Hintergründe haben,
über explizites Wissen (knowing
that) oder eine positive Einstellung
zum Thema Mehrsprachigkeit ver-
fügen, scheint ihre Handlungskom-
petenz und etablierte Routinen im
Unterricht nicht unbedingt weiter
zu berühren oder zum Besseren
hin zu verändern (vgl. z. B. Krüger
2016: 245). Folglich ist zu überle-
gen, inwiefern bei der Ausbildung
zukünftiger Lehrkräfte und über
die Berufslaufbahn hinweg ein be-
sonderes Augenmerk auf den Um-
gang mit sprachlicher Heterogeni-
tät zu legen ist. Dabei könnte bspw.
auf das Erfahrungswissen (knowing
how) von Lehrpersonal zurückge-
griffen werden, das herausgear-
beitet und konzeptualisiert wer-
den müsste. Ein weiterer Ansatz in
der Phase der Ausbildung stellt die
Arbeit mit videographierten Fall-
analysen dar. Anhand der Analyse
von Unterrichtsmitschnitten kann
möglicherweise eine Sensibilität
für mehrsprachigkeitsrelevante Mo-
mente im Fremdsprachenunterricht
und die Erprobung vom Umgang mit
diesen genutzt werden.
Eine tendenziell monolinguale Aus-
richtung in den fremdsprachlichen
Fächern legen auch die Landescur-
ricula für den Spanischunterricht in
Deutschland nahe, wenn sie weiter-
hin auf das Prinzip der (aufgeklär-
ten) Einsprachigkeit rekurrieren.
Weiterhin ist Einsprachigkeit schon
in der Benennung der Schulfächer
angelegt: Die Fächer Englisch,
Französisch und Spanisch verwei-
sen auf Nationalsprachen; weite-
re Sprachen oder Varietäten sind
in diesen symbolischen Räumen
nicht mitgedacht. Mithilfe der letz-
ten beiden Aspekte wird der Dis-
kurs reproduziert, Sprachen seien
getrennt zu halten, was sich als
„Sprachreinheitsgebot“ zusammen-
fassen lässt (vgl. Becker 2016).
Der doppelte Monolingualismus
im institutionellen Spanischun-
terricht
Auch wenn der monolinguale Habitus
(Gogolin 1994) in Deutschland auf ins-
titutioneller Ebene langsam an Bedeu-
tung zu verlieren scheint – zumindest
lässt sich die Möglichkeit, in einigen
Schulen in Bayern, Bremen, Berlin,
Hamburg oder Nordrhein-Westfalen
die größte Migrantensprache Türkisch
als Abiturfach wählen zu können, in
diese Richtung deuten – entfaltet er
für die meisten Kinder und Jugend-
lichen eine große Wirkmacht, da er
weiterhin auf der gesellschaftlichen,
institutionellen und politischen Ebene
omnipräsent ist. In der Schule werden
über den monolingualen Habitus der
Vorrang und die Legitimität der deut-
schen Sprache (bzw. der schulsprach-
lich erwünschten Varietät des Deut-
schen) gegenüber anderen als illegitim
markierten Sprachen und Sprachvarie-
täten im Fachunterricht (vorrangig Mi-
grantensprachen und migrationsspezi-
fische Sprechweisen des Deutschen)
abgesichert. Dies verschärft wieder-
um die selegierende und segregieren-
de Wirkung des deutschen/österrei-
chischen Bildungssystems (vgl. Dirim
& Mecheril 2010: 108), sodass gesell-
schaftliche Ungleichheiten und Exklu-
sion reproduziert statt überwunden
werden (vgl. ebd.: 105). Was bedeutet
das für den Spanischunterricht?
Ich meine, dass wir es im institutio-
nellen Spanischunterricht häufig mit
einem double monolingualism zu tun
haben. Damit ist erstens der Bezug
auf Spanisch gemeint, das, so scheint
es, häufig in der zentraliberischen
Varietät gelehrt wird. Dabei gilt es
zu bedenken, dass Spanisch eine plu-
rizentrische Sprache mit diversen
Normen und einer Mehrzahl von Stan-
dardvarietäten und Sprachzentren ist
(vgl. Corti 2017: 89). So stellt sich die
fundamentale Frage danach, welche
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TEMA MONOGRÁFICO
und warum gerade diese sprachliche
Varietät im Fachunterricht Spanisch
gelehrt wird, bzw. welche Norm durch
die Akteur*innen (Lehrkraft und das
Lehrwerk) im Unterricht gesetzt wird
(vgl. dazu Martín Zorraquino 2001;
Moreno Fernández 2010). Zweitens,
um wieder auf den doppelten Mono-
lingualismus zurückzukommen, ist der
Bezug auf die deutsche Sprache er-
kennbar. Diese wird ebenfalls häufig
in der schulsprachlichen Varietät auf
einem homogen beherrschten Niveau
bei den Schüler*innen von der Lehr-
person vorausgesetzt.
Auf diesen (doppelt) monolingual und
normativ geprägten fremdsprachli-
chen Unterrichtsraum verweisen auch
empirische Befunde aus meiner rekon-
struktiven Fallstudie, die ich in einem
Leistungskurs Spanisch durchgeführt
habe (Vernal Schmidt i. V.). In dieser
wurde eine Aufgabe besprochen und
ein Filmrezeptionsgespräch im Ple-
num sowie mehrere Kleingruppenge-
spräche Lernender rekonstruiert, die
im Rahmen der Bearbeitung einiger
Aufgaben zur Anbahnung ihrer inter-
kulturell kommunikativen Kompeten-
zen entstanden sind. Es hat sich ge-
zeigt, dass die Schüler*innen in den
Plenumsgesprächen meist versuchen,
ausschließlich die Fremdsprache zu
verwenden, was auf die monolingua-
le Sprachpraxis innerhalb dieses spe-
zifischen Raums hinweist. Mehrspra-
chigkeitsorientierte Verfahren oder
Momente, in denen Mehrsprachiges
aufgegriffen wurde, waren während
der von mir analysierten Aufgaben-
besprechungen nicht auszumachen.
In den Kleingruppenarbeiten wurde
für die sinnstiftenden Deutungen bei
der Aufgabenbearbeitung hingegen
vor allem Deutsch, meist im jugend-
sprachlichen Register, verwendet. Erst
in einem zweiten Schritt wurden die
Antworten ins Spanische übertragen.
Bezüglich des Einbezugs weiterer Na-
tionalsprachen neben Spanisch und
Deutsch ließen sich hier auch Wörter
oder kurze Sätze auf Englisch vorfin-
den. Zudem konnten einige wenige
Sprachvergleiche einer Schülerin in
ihrer Familiensprache (brasilianisches
Portugiesisch) verzeichnet werden. So
wurde aus der Handlungspraxis her-
aus ein vor allem funktional-pragma-
tischer Umgang mit den Sprachen im
Rahmen des betrachteten Spanisch-
unterrichts erkennbar. Dabei lassen
sich die Schüler*innen teilweise auf
die gesetzte Norm des iberischen Spa-
nisch und des schulsprachlichen Re-
gisters ein. Die im Plenum etablierte
Monolingualität tragen die Lernenden
vollkommen mit. Versucht man nun,
die Sprachenvielfalt der Lernenden
im Fremdsprachenunterricht mit
einzubeziehen, ergibt sich zugleich
eine neue Problemstellung: Inwiefern
steht der zusätzliche, hervorhebende
Einbezug anderer lebensweltlich re-
levanter Sprachen der Schüler*innen
in Gefahr, diese Sprachen und ihre
Sprecher*innen wiederum als fremd,
marginal und normalerweise nicht
zur Gruppe der als monolingual kon-
struierten Deutschsprachigen bzw.
Spanischsprachigen zugehörig zu po-
sitionieren? İnci Dirim (2016: 202)
schreibt, dass
[i]n einem postkolonialen Bil-
dungssetting […] auch gut gemein-
te Umgangsweisen mit Sprache(n)
(neo-) linguizistische Ausgren-
zungen erzeugen [können], da
(sprach)pädagogische Konzepte in
einem Raum entwickelt werden,
in dem koloniale Denktraditionen
nicht überwunden, sondern wei-
terhin wirksam sind.
Auch hieran kann ich mit Ergebnis-
sen aus meiner Studie anschließen:
Im Rahmen einer Einfühlungsaufgabe
zu einer Filmszene, in welcher der
Protagonist mit der Grußformel „Heil
Hitler!“ konfrontiert wird, bestand
das schülerseitige Bestreben, im in-
neren Monolog die Empörung als Re-
aktion auf diesen Gruß sprachlich um-
zusetzen. Es ging dabei u. a. um die
spanische Übersetzung von: „Wollen
die mich verarschen?“ Dafür griffen
die Lernenden sowohl auf latein-
amerikanische als auch auf iberische
Varietäten wie z. B.: „¿Me quieren
chingar? und „¿Me quieren vacilar?“
zurück. Eine solch vulgärsprachliche
Umschreibung des Konzepts „jeman-
den verarschen“ kollidiert mit der in
diesem Spanischkurs gesetzten stan-
dardsprachlichen bzw. schulsprachli-
chen Norm, die sich im Vorschlag der
Lehrkraft: „tomar el pelo“ erkennen
lässt. In diesem Zusammenhang konn-
te ebenso eine relativ starke Orientie-
rung der Lehrkraft am Standard des
iberischen Spanisch herausgearbeitet
werden. Hier kommt anderen Varie-
täten des iberischen und lateinameri-
kanischen Spanisch eine eher unterge-
ordnete Rolle zu: Die Lehrkraft lässt
diese Varietäten zwar durchaus zu.
Über den vehementen Verweis dar-
auf, dass diese Vorschläge aber eher
der habla vulgar zuzuordnen seien
und die Hervorhebung einiger als spe-
zifische „-ismen“ (Mexikanismus, Ar-
gentinismus), die Spanier*innen nicht
verwenden würden, werden diese je-
doch fremd gemacht. Darüber hinaus
wird eine Orientierung an sprachlich
homogen gedachten Nationalräumen
erkennbar. Dies ist nicht nur bezüglich
der marginalisierenden Positionierung
von Verwender*innen der o. g. Sprach-
varietäten relevant, sondern auch in
Bezug darauf, dass in der Institution
ein hierarchisches Machtverhältnis
herrscht. In diesem Rahmen steht die
Lehrkraft in einer höheren Position als
die Lernenden. Sie bestimmt somit
über legitim und illegitim betrachte-
te Sprechweisen und entscheidet über
die angemessene Sprachverwendung
in Form von Noten.
Bezüglich des Einbezugs weiterer Nationalsprachen
neben Spanisch und Deutsch
ließen sich hier auch Wörter oder kurze Sätze
auf Englisch vorfinden.
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THEMENSCHWERPUNKT
Strategien des Umgangs mit
Mehrsprachigkeit im Spanisch-
unterricht und Desiderata
Wie kann also ein Spanischunterricht
aussehen, der den „doppelten Mono-
lingualismus“ aufzubrechen vermag?
Wie kann ein solcher Spanischunter-
richt zugleich reflektiert und anerken-
nend mit den diversen sprachlichen
Ressourcen der Lernenden umgehen
und diese nicht nur als „nette Häpp-
chen […, behandeln], die zwar kurz
genossen werden können, aber bei
Weitem das Hauptgericht nicht ergän-
zen“ (Marx 2014: 20)?
García und Sánchez (2015) beschrei-
ben in ihrem Bericht über ein Schul-
projekt in New York, in dem es um
die mehrsprachigen Sprachpraktiken
von Schüler*innen mit anderen Fami-
liensprachen als Englisch geht, un-
terschiedliche Strategien, die sich als
fruchtbar im anerkennenden Umgang
mit Mehrsprachigkeit herausgestellt
haben. Dabei beziehen sie sich als ei-
nen Ankerpunkt auf die multilinguale
Umgebung, die darin besteht, Schil-
der, Texte etc. sowie die Kommunika-
tion von Mitgliedern der Schulgemein-
schaft mehrsprachig zu gestalten (vgl.
ebd.: 89f.). Dabei wurde auch der Zei-
chensprache auf Informationsplakaten
einbezogen, um so den Bedürfnissen
len Bereichen beruhen, aufmerksam
machen und gängige Praktiken infra-
ge stellen. Anerkennende Praktiken
stellen auf diesem Weg einen ersten
Schritt in Richtung einer Gesellschaft
dar, in der Sprachen und Sprechwei-
sen aller und nicht nur der Majorität
Raum erhalten und herabsetzende
und diskriminierende Umgangswei-
sen mit sprachlichem (Nicht-)Können
bemerkt, reflektiert und verändert
werden können.
Endnote
1.Der an dieser Stelle gemeinte Praxisbegriff
ist nicht mit dem alltagssprachlichen Be-
griff der Praxis als Gegensatz zur Theorie zu
verstehen, sondern stellt einen handlungs-
theoretischen Grundlagenbegriff dar. Ich
beziehe mich dabei auf den Praxisbegriff
von Andreas Reckwitz (2003: 282), in dem
es um die „‚implizite’, ‚informelle’ Logik
der Praxis und Verankerung des Sozialen im
praktischen Wissen und „Können“ geht.
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tauber Menschen zu entsprechen (vgl.
ebd.). Ich will diese noch um einige
weitere proaktive Umgänge mit der
Mehrsprachigkeit erweitern:
Alle Schüler*innen dürfen ihre
Sprachen in der Schule sprechen
Translanguaging (García 2009), also
das flexible Wechseln zwischen
den jeweiligen Sprachressourcen
mit dem Ziel, dass Sinnkonstitution
im Unterricht stattfinden kann
Bereitstellung mehrsprachiger Ma-
terialien im Spanischunterricht
Bilinguales Scaffolding (vgl. Roth
o. J.)
Die Wertschätzung von Mehrsprachig-
keit in der Institution Schule ist
wichtig. Eine migrationspädagogi-
sche Perspektive auf die Sprachver-
wendungspraktiken im Fremdspra-
chenunterricht kann verborgene
Stolperfallen bzgl. Problemstellun-
gen, die auf die Verstrickung aller
Akteur*innen in Machtverhältnisse in
gesellschaftlichen und institutionel-
Zur Autorin
Janina Vernal Schmidt arbeitet
als wissenschaftliche Mitarbeite-
rin an der Leuphana Universität
Lüneburg in der Didaktik der
deutschen Sprache und Litera-
tur. Sie setzt sich insbesondere
mit Kulturdidaktik und migrati-
onspädagogischen Perspektiven
auf zweit- und fremdsprachigen
Schulunterricht auseinander.
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tutionellen Spanischunterricht. Eine rekon-
struktive Fallstudie in einer aufgabenorien-
tierten, filmbasierten Unterrichtseinheit in
der Sekundarstufe II.
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Der Stichwortartikel führt in den Forschungsstand zum Thema migrationsbedingte Mehrsprachigkeit ein. Er knüpft an aktuelle Forschung an, in deren Mittelpunkt die Veränderung von Migrationsbewegungen steht, wie sie sich in den letzten zwei Jahrzehnten ergeben hat. Diese Veränderungen führen zu sprachlichen Texturen in den Gegenwartsgesellschaften, die diejenigen Formen der Komplexität überschreiten, die es historisch gegeben hat. Im ersten Abschnitt des Beitrags wird das Konzept der Super-Diversität vorgestellt, das diese Lage theoretisch zu fassen sucht und im Hintergrund der weiteren Ausführungen steht. Das Faktum der sprachlichen Super-Diversität heutiger Gesellschaften stößt auf ein tradiertes sprachliches Selbstverständnis europäischer Prägung, nach dem sprachliche Homogenität als Normalfall gilt (Abschn. 2). Der Gegensatz von faktischer Super-Diversität und sprachlicher Homogenitätserwartung ist relevant für die Betrachtung des aktuellen Forschungsstands zur Mehrsprachigkeit, da die Homogenitätserwartung nicht nur unsere gesellschaftliche Praxis, sondern weltweit auch die Grundbegriffe, Theorien und Methoden der Forschung prägt (Abschn. 3). Zu den Spuren dieser Tradition gehört, dass der überwiegende Teil der einschlägigen Forschung sich bis heute mit Erwerb, Entwicklung und Bildung im Kontext von Zweisprachigkeit befasst hat. Der darauf bezogene Stand von Erkenntnissen und die Kontroverse über die Bildungsrelevanz von Zweisprachigkeit werden im vierten Abschnitt vorgestellt, verbunden mit Hinweisen auf systematische Lücken, die sich aus der Zweisprachigkeitsperspektive mit Blick auf Mehrsprachigkeitskontexte ergeben. Den Schluss des Beitrags bildet ein Ausblick auf Forschungsvorhaben, die sich den bildungsrelevanten Folgen sprachlicher Super-Diversität zuwenden.
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Der Beitrag stellt die Ergebnisse einer Analyse dar, welche den normativen Charakter der Sprachvarietäten und soziokulturellen Aspekte untersucht, die in einigen Lehrbüchern für Spanisch als Fremdsprache vorhanden sind. Dabei wird für die Notwendigkeit plädiert, die kulturell-diskursiven Merkmale sowie die Medialität von Materialien zu berücksichtigen. Im Vordergrund steht die Relevanz einer solchen Analyse für die Unterrichtspraxis der Lehrenden. Buch zur Verfügung unter: https://www.waxmann.com/?eID=texte&pdf=3506Volltext.pdf&typ=zusatztext
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Sprache ist nicht nur Kommunikationsmittel, sondern Mittel zur Herstellung von Differenz. In pädagogischen Diskursen und Kontexten wird Sprache mit unterschiedlichen Praktiken dazu eingesetzt, Zugehörigkeiten zu konstruieren und Ein- und Ausschlüsse zu produzieren. Der vorliegende Beitrag führt aus machtkritischer Perspektive in diese historisch vermittelte Problematik ein und schlägt die Entwicklung einer linguizismuskritischen pädagogischer Professionalität vor.
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In diesem Aufsatz soll es um die Bedeutung der Familiensprachen von Migrantinnen und Migranten für Sozialisation und Identitätsentwicklung gehen. Dabei gehe ich davon aus, dass Mehrsprachigkeit positive Effekte auf die Selbsteinschätzung, die Bildungsaspiration und die Familiensolidarität hat. Genau hier liegt der primäre Wert jeder Sprachentwicklung und Sprachförderung in der frühen Phase der Persönlichkeitsentwicklung und Bildung – alles andere sind in dieser Phase sekundäre Werte und Vorteile. Mir geht es, nicht um das Für oder Wider eines Kausaleffekts von Erstsprache bzw. Erstspracherwerb auf den Zweitspracherwerb, sondern, um es mit Essers Worten zu sagen, um die „Well-ness“ im Bereich von Sprache, Sozialisation und Identitätsentwicklung. Mithilfe von Sprachenporträts lässt sich folgendes zeigen: Der Großteil der von mir befragten Kinder und Jugendlichen konstruiert die eigene Identität mehrsprachig. D.h. das Modell des randständigen Sprechers wird hier ausgeweitet zu einer vielfach gar nicht problematisierten Mehrsprachigkeit. Alle Sprachen haben, so kann gezeigt werden, ihren biographisch wichtigen Ort in der Lebensgeschichte.
Die Sprache(n) der Migrationsgesellschaft In: Mecheril, Paul; Castro-Varela, Maria do Mar
  • İnci Dirim
  • Paul Mecheril
Dirim, İnci; Mecheril, Paul (2010): "Die Sprache(n) der Migrationsgesellschaft." In: Mecheril, Paul; Castro-Varela, Maria do Mar; Dirim, İnci; Kalpaka, Annita; Melter, Claus (Hrsg.): Migrationspädagogik. Weinheim: Beltz, 99-120.
Education, multilingualism and translanguaging In: SkutnabbKangas, Tove; Ajit Phillipson, Robert; Mohanty, Ajit K.; Panda, Minati: Social Justice Through Multilingual Education
  • Ofelia García
García, Ofelia (2009): "Education, multilingualism and translanguaging." In: SkutnabbKangas, Tove; Ajit Phillipson, Robert; Mohanty, Ajit K.; Panda, Minati: Social Justice Through Multilingual Education. Bristol, Buffalo, Toronto: Multilingual Matters, 140158.
Schulischer Fremdsprachenunterricht und migrationsbedingte Mehrsprachigkeit
  • Adelheid Hu
Hu, Adelheid (2003): Schulischer Fremdsprachenunterricht und migrationsbedingte Mehrsprachigkeit. Tübingen: Narr.