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Milch ≠ Milch
Deutsche Gesellschaft
für Ernährung e.V.,
Sektion Thüringen
Wissenswertes und Empfehlungen aus dem Thüringer
Landesprojekt „Praktische Ernährungsbildung in Kitas –
Kita is(s)t gesünder“
Deutsche Gesellschaft
für Ernährung e.V.
Ministerium
für Migration, Justiz
und Verbraucherschutz
nutriCARD
KOMPETENZCLUSTER für ERNÄHRUNG
und KARDIOVASKULÄRE GESUNDHEIT
Kaum ein Lebensmittel besitzt eine solche Vielfalt wie die Milch
und die daraus hergestellten Produkte wie Käse, Buttermilch,
Quark, Sahne, Joghurt und Co. Insbesondere im Hinblick auf die
Versorgung mit wichtigen Nährstoffen spielen Milch und Milch-
produkte eine herausragende Rolle und sind daher integrale Be-
standteile einer vollwertigen Ernährung.
Mit dem Begriff Milch wird in Deutschland herkömmlicherweise
die Kuh als Milchgeber in Verbindung gebracht. Aber nicht nur
diese Milch spielt in der menschlichen Ernährung eine wichtige
Rolle, auch andere Tiere wie Schaf, Ziege und Stuten sowie in
Deutschland weniger Kamel und Büffel, tragen mit ihrer Milch
zur menschlichen Ernährung bei (Tabelle 1).
Ernährungsphysiologische
Bedeutung der Milch
Milch- und Milchprodukte stellen zum einen leicht verdauliche
und schnelle Energielieferanten dar. Durch den hohen Gehalt an
hochwertigem Eiweiß leisten Milchprodukte einen entscheiden-
den Beitrag zum Muskelaufbau und -erhalt. Insbesondere durch
die herausragenden Gehalte an Mineralstoffen, vor allem Calci-
um und Magnesium, sowie Vitaminen profitieren im Wachstum
befindliche Kinder besonders von einem regelmäßigen Konsum
von Milch und Milchprodukten. Als Orientierungswert sollten
im Rahmen einer vollwertigen Ernährung von gesunden Er-
wachsenen täglich 200 - 250 g Milch und Milchprodukte sowie
50 - 60 g Käse verzehrt werden. Auf diese Weise kann die laut
D-A-C-H-Referenzwerten für die Nährstoffzufuhr für Erwachsene
täglich empfohlene Zufuhrmenge an Calcium von 1.000 mg er-
reicht werden. Bedingt durch die Wachstumsphasen variiert der
Calciumbedarf der Kinder. Die entsprechenden Empfehlungen
für die Zufuhr in Abhängigkeit von der Altersgruppe sind in Ta-
belle 2 dargestellt.
Tabelle 2: Beitrag von Milch und Milchprodukten zur Deckung des D-A-CH-Referenzwerts für die Zufuhr von Calcium im Kindes- und Jugendalter.
Alter 1 - 4 Jahre 4 - 7 Jahre 7 - 10 Jahre 10 - 13 Jahre 13 - 15 Jahre
D-A-CH-Referenzwert
für die Zufuhr von
Calcium
600 mg 750 mg 900 mg 1.100 mg 1.200 mg
Deckung des Tages-
bedarfs mit einem
Glas Milch
(1,5 % Fett, 200 ml)
40 %
32 %
27 %
22 %
20 %
Deckung des Tages-
bedarfs mit einer
Portion Emmentaler
(45 % Fett i.Tr.,
1 Portion = 30 g)
69 % 55 % 46 % 38 % 34 %
Tabelle 1: Wichtige Inhaltsstoffe von verschiedenen Milchsorten. Angaben bezogen auf 100 g Lebensmittel.
(Nährwerttabelle Heseker/Heseker, 3. Auflage 2014/2015).
B
1
: Thiamin; B
2
: Riboflavin; B
6
: Pyridoxin; B
12
: Cobalamin; +: Spuren
Inhaltsstoffe Kuh 3,5 % Fett Kuh 1,5 % Fett Schaf Ziege Stute
Energie 65 kcal 48 kcal 94 kcal 67 kcal 48 kcal
Eiweiß 3 g 3 g 5 g 4 g 2 g
Gesamtfett 4 g 2 g 6 g 4 g 2 g
Gesättigte Fettsäuren 2,4 g 1,0 g 3,6 g 2,6 g 1,0 g
Einfach ungesättigte
Fettsäuren
0,9 g 0,4 g 1,1 g 0,9 g 0,2 g
Mehrfach ungesättig-
te Fettsäuren
0,1 g + 0,3 g 0,1 g 0,1 g
Kohlenhydrate 5 g 5 g 5 g 4 g 6 g
Wasser 87 g 89 g 82 g 86 g 89 g
Ausgewählte Mineralstoffe
Natrium 45 mg 45 mg 50 mg 40 mg 25 mg
Magnesium 10 mg 10 mg 20 mg 10 mg 9 mg
Zink 0,4 mg 0,4 mg 0,5 mg 0,2 mg 0,2 mg
Kalium 140 mg 155 mg 170 mg 180 mg 65 mg
Calcium 120 mg 120 mg 200 mg 125 mg 110 mg
Ausgewählte Vitamine
B10,04 µg 0,04 µg 0,06 µg 0,05 µg 0,03 µg
B20,18 µg 0,18 µg 0,36 µg 0,15 µg 0,03 µg
B60,04 µg 0,05 µg 0,08 µg 0,03 µg 0,03 µg
B12 0,4 µg 0,4 µg 0,5 µg 0,1 µg 0,3 µg
Folsäure 9 µg 8 µg 6 µg 1 µg 3 µg
Natriumchlorid 110 mg 110 mg 130 mg 100 mg 65 mg
Vielfalt der Milchsorten
Die Vielfalt der Milch beinhaltet nicht nur die unterschiedlichen
Tierarten (Kuh, Ziege, Schaf, Stute usw.) sondern auch die ver-
schiedenen Verarbeitungsschritte nach dem Melkvorgang und
die daraus resultierenden Veränderungen des Nährstoffspekt-
rums sowie der mikrobiologischen Belastung. Um dies zu ver-
deutlichen, werden die relevanten Verarbeitungsformen im Fol-
genden vorgestellt:
• Rohmilch
• Vorzugsmilch
Je nach der Art der Wärmebehandlung der
Milch, wird unterschieden in:
• Sterilmilch,
• pasteurisierte Milch oder Frischmilch
(traditionell hergestellte Milch),
• ESL-Milch (Extended Shelf Life-Milch)
mit verlängerter Haltbarkeit
und
• ultrahocherhitzte Milch (H-Milch).
Rohmilch
Dabei handelt es sich um unbehandelte, lediglich gefilterte
Kuhmilch direkt vom Tier, welche am Tag des Verkaufs gewonnen
wurde und nur vom Hof der Milchgewinnung verkauft werden
darf. Somit bleiben die natürliche Bakterienflora sowie der na-
türliche Fettgehalt der Milch von 3,5 - 5 % erhalten. Direkt nach
dem Melken wird die Milch auf 4 - 6°C gekühlt. Rohmilch sollte
möglichst bald (innerhalb von 2 bis 3 Tagen) aufgebraucht und vor
allem vor dem Verzehr abgekocht werden, da nicht ausgeschlossen
werden kann, dass diese mit pathogenen (krankheitserregenden)
Mikroorganismen belastet ist. Hier spielen vor allem die Fütterung
der Tiere und der individuelle Gesundheitszustand eine Rolle,
ebenso die Hygiene beim Melkvorgang, die angewandte Technik
und die Bakterienflora der Euterhaut.
Vorzugsmilch
Hierbei handelt es sich ebenso um Rohmilch, jedoch wird diese
direkt nach dem Melkvorgang gefiltert und sofort gekühlt. Es bedarf
einer staatlichen Zulassung zur Herstellung in einem Betrieb. Da we-
der eine Homogenisierung der Milch noch eine Wärmebehandlung
erfolgt, sollte die Milch innerhalb von 2 Tagen verbraucht werden.
Sterilmilch
Der Verarbeitungsprozess der Rohmilch zur Sterilmilch erfordert
eine wesentlich längere Kochdauer (10 - 30 Minuten, bei 110 °C)
im Vergleich zur H-Milch. Dadurch ist die Milch absolut keimfrei.
Luftdicht verpackt, ungeöffnet und bei Zimmertemperatur gela-
gert ist sie bis zu einem Jahr haltbar. Durch die starke und relativ
lange Erwärmung wird der Geschmack der Milch beeinträchtigt.
Zusätzlich treten deutliche Vitaminverluste auf, welche im Ver-
gleich zur H-Milch deutlich höher sind.
Pasteurisierte Milch oder Frischmilch
(traditionell hergestellte Milch)
Die Bezeichnung „traditionell hergestellt“ deklariert die klassi-
sche Frischmilch, welche durch eine schonende Pasteurisierung
(15 - 30 Sekunden) bei geringeren Temperaturen 72 - 75 °C be-
handelt wird, wodurch eventuell vorhandene Krankheitserreger
abgetötet werden, jedoch können hitzestabile Keime überleben.
Durch diese Wärmebehandlung verlängert sich die Haltbarkeit
der Milch auf bis zu 10 Tage im Kühlschrank.
ESL-Milch (Extended Shelf Life-Milch)
Diese Milch ist auch als „länger haltbare Frischmilch“ bekannt.
Um eine verlängerte Haltbarkeit der Frischmilch zu erreichen,
stehen zwei Verfahren zur Verfügung. Die Rohmilch wird bei
höheren Temperaturen pasteurisiert (Erwärmung auf 127 °C für
15 - 30 Sekunden), oder es erfolgt eine Mikrofiltration und Kurz-
zeiterhitzung. Nach der Trennung von Rahm und Magermilch
wird die Magermilch mittels einer keramischen Membran mit
kleinsten Poren entkeimt. Der Rahm wird bei 108 °C für 1 - 4
Sekunden erhitzt. Anschließend erfolgen die Einstellung des vor-
gesehenen Fettgehaltes und die Homogenisierung der Milch.
Nach Kurzzeiterhitzung und keimfreier Abfüllung wird die Milch
sofort abgekühlt. Bei einer vorgeschriebenen Lagerung im Kühl-
schrank hat die ESL-Milch eine Mindesthaltbarkeit von ungefähr
3 Wochen.
Ultrahocherhitzte Milch (H-Milch)
Die Rohmilch wird bei diesem Verfahren für 1 - 3 Sekunden auf
135 - 150 °C erhitzt und anschließend sofort abgekühlt und
keimfrei abgefüllt. H-Milch hat eine Mindesthaltbarkeit von
mindestens 3 Monaten und kann im ungeöffneten Zustand bei
Zimmertemperatur gelagert werden.
Wichtige Vitamine, Proteine
und Mineralstoffe
Durch die notwendige Erhitzung der Milch treten Veränderungen
im Vergleich zum Ursprungslebensmittel (Rohmilch) auf. Die in
der Frischmilch enthaltenen Vitamine sind um bis zu 5 % nied-
riger, in der H-Milch sind es hingegen um bis zu 20 % weniger.
Bedingt durch das Herstellungsverfahren liegen die Vitaminver-
luste in der ESL-Milch zwischen denen der Frischmilch und der
H-Milch. Durch die höheren Temperaturen bei der Erhitzung wird
das Eiweiß in der Milch teilweise denaturiert (in der H-Milch bis
zu 3 %). Die Mineralstoffe, insbesondere Calcium, das Milchfett
sowie der Milchzucker (Lactose) werden durch alle Herstellungs-
verfahren nicht wesentlich beeinflusst.
Die Milch ist, was die Kuh frisst
Ein weiterer entscheidender Faktor für die Milch-QUALITÄT ist
das, was der Verbraucher nicht erkennen kann und was keiner
speziellen Deklaration bedarf, denn in Abhängigkeit von den
Fütterungsbedingung der Rinder wird auch die Milchqualität be-
einflusst. So führt die Fütterung mit frischem Weidegras, im Ge-
gensatz zu Kraftfuttermischungen und Silage, zu einem höheren
Gehalt an Beta-Carotin, Vitaminen A und E sowie Omega-3-Fett-
säuren in der Rohmilch und somit auch in der handelsüblichen
Milch. Durch die unterschiedlichen, nicht deklarationspflichtigen
Fütterungsbedingungen schwanken vor allem auch die Gehalte
an den wertvollen ungesättigten Fettsäuren in der Milch. Eine
grünlandbasierte Fütterung und ein geringer Einsatz von Kraft-
futter oder Silage gehen mit einem höheren Gehalt an unge-
sättigten Fettsäuren in der Milch einher. Untersuchungen der
Fettsäurenverteilung in der Milch können einen zuverlässigen
Aufschluss über das verwendete Futter geben. Entsprechend der
Fütterung werden Milchsorten wie folgt unterschieden.
Biomilch
Diese Bezeichnung dürfen nur Milchsorten erhalten, welche
nach den Anforderungen der EG-ÖKO-Verordnung erzeugt wur-
den. Dabei wird in der EG-ÖKO-Verordnung unter anderem die
Fütterung der Kühe geregelt, sprich ständiger Zugang zu Weide-
land oder Raufutter. Außerdem ist der Umgang mit den Kälbern
geregelt, sodass diese mit natürlicher Milch, vorzugsweise mit
der Milch der Muttertiere, gefüttert werden. Bei der Verarbei-
tung der Milch ist darauf zu achten, dass die Biomilch separat
von der konventionellen Milch verarbeitet und abgefüllt wird.
Weidemilch und Heumilch
Hinter der Weidemilch verbirgt sich eine nicht lebensmittelrecht-
lich geschützte oder geregelte Bezeichnung. Jedoch gibt es seit
Mai 2017 das Siegel „PRO WEIDELAND - Deutsche Weidecharta“,
welches folgenden Kriterien unterliegt:
• Weideaufenthalt von mindestens 120 Tagen pro Jahr
(für mindestens 6 Stunden am Tag)
• 1000 m2 Weidefläche/Tier
• Gentechnik-freies Futter
• Ganzjährige Bewegungsfreiheit
Ab wann jedoch eine Milch als Weidemilch bezeichnet werden
kann, ist Auslegungssache des Milchproduzenten. Grundsätzlich
soll bei der Weidemilch das Tierwohl im Vordergrund stehen, in-
dem die Weidehaltung gefördert wird. Auf dem Markt schwan-
ken die eigenen Angaben der Milchproduzenten von mindestens
120 Tagen Weideaufenthalt der Tiere (für mindestens 6 Stunden
am Tag) bis zu 300 Tagen pro Jahr.
Bei der Heumilch ist diese Bezeichnung EU-weit rechtlich ge-
schützt, und Heumilch trägt das EU-Zeichen „garantiert tradi-
tionelle Spezialität“ (g.t.S.) auf der Verpackung. So darf Milch
nur als Heumilch bezeichnet werden, wenn die Kühe nicht mit
Silage gefüttert wurden. Die Heumilchproduktion steht für den
Ursprung der Milchwirtschaft und setzt frisches Grünlandfutter,
Heu und Getreide zur Fütterung ein.
TIPP:
Erkundigen Sie sich nach den Fütterungspraktiken der Milch-
produzenten und beziehen Sie diese Informationen in Ihre Kau-
fentscheidung zwischen den zahlreichen Milchsorten ein. Aus
humanernährungsphysiologischer Sicht ist die Fütterung der
Kühe mit viel Gras, Heu und Rapskuchen der reinen Fütterung
mit Kraftfutter und Silage vorzuziehen.
Achten Sie bitte darauf, ihrem Kind möglichst selten Milchmisch-
getränke anzubieten. Ziehen Sie bitte immer die natürlichen Va-
rianten vor. Milchmischgetränke beinhalten neben der wertge-
benden Milch auch hohe Gehalte an Zucker. In einem Glas (200
ml) herkömmlicher Schokomilch sind beispielsweise rund 21 g
Zucker und somit 7 Stück Würfelzucker enthalten!
Kontakt:
Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE)
Sektion Thüringen
Dr. Manja Dittrich
Dipl. oec. troph. Witold Maichrowitz
Dornburger Straße 23
07743 Jena
Tel.: 03641 949747
Fax: 03641 949742
Email: manja.dittrich@uni-jena.de
Autoren:
Dr. Manja Dittrich 1, Witold Maichrowitz 1,
Dr. Christine Dawczynski 2, Prof. Dr. Stefan Lorkowski 1,2
www.dge-thueringen.de
1 Sektion Thüringen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE),
Dornburger Straße 23, 07743 Jena
2 Lehrstuhl für Biochemie und Physiologie der Ernährung, Institut für Ernährungswissenschaften
und Kompetenzcluster für Ernährung und kardiovaskuläre Gesundheit (nutriCARD),
Friedrich-Schiller-Universität Jena, Dornburger Str. 25, 07743 Jena