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Ein grüner Zweig der Kriminologie? Überlegungen zur green criminology

Authors:

Abstract

Während Deliktsbereiche wie Gewalt- und Jugendkriminalität einen Großteil der kriminologischen Aufmerksamkeit auf sich ziehen, sind Umweltdelikte bisher allenfalls am Rande in den Fokus der Kriminologie gelangt. Derweil hat sich im anglophonen Sprachraum in den vergangenen 20 Jahren ein unter der Bezeichnung green criminology firmierender Forschungszweig entwickelt, der sich näher mit diesem Themenfeld befasst. Die Diskussion über eine „grüne Perspektive“ der Kriminologie ist in Deutschland hingegen bisher kaum wahrgenommen worden. Der vorliegende Beitrag will die bisherigen Entwicklungen nachzeichnen und grundlegende Prämissen einer „grünen Kriminologie“ einer kritischen Würdigung unterziehen. While conventional crimes like violence and juvenile delinquency attract most of the criminological interest, eco-crimes receive far less attention. Though the study of environmental harm has flourished in English speaking countries under the term “green criminology” in the past 20 years, a green perspective, however, has hardly been noticed in Germany. This paper will trace the developments to date and subject the fundamental premises of a green criminology of a critical appraisal.
Ein grüner Zweig der
Kriminologie?
Autor: Holger Schmidt
Erschienen 2013 in Kriminologisches
Journal (ISSN 0341-1966), Ausgabe 4, 18
Seiten, (Seite 260)
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Holger Schmidt
Ein grüner Zweig der Kriminologie?
Überlegungen zur green criminology*
A green branch of criminology? Thoughts on green criminology
Während Deliktsbereiche wie Gewalt- und Jugendkriminalität einen Großteil der kri-
minologischen Aufmerksamkeit auf sich ziehen, sind Umweltdelikte bisher allen-
falls am Rande in den Fokus der Kriminologie gelangt. Derweil hat sich im anglo-
phonen Sprachraum in den vergangenen 20 Jahren ein unter der Bezeichnung
green
criminology
firmierender Forschungszweig entwickelt, der sich näher mit diesem
Themenfeld befasst. Die Diskussion über eine „grüne Perspektive“ der Kriminolo-
gie ist in Deutschland hingegen bisher kaum wahrgenommen worden. Der vorlie-
gende Beitrag will die bisherigen Entwicklungen nachzeichnen und grundlegende
Prämissen einer „grünen Kriminologie“ einer kritischen Würdigung unterziehen.
Schlüsselwörter: Kriminologische Theorie, Umweltkriminologie, green criminology,
Umweltgerechtigkeit, Umweltkriminalität, Umweltsoziologie
While conventional crimes like violence and juvenile delinquency attract most of
the criminological interest, eco-crimes receive far less attention. Though the study
of environmental harm has flourished in English speaking countries under the term
“green criminology” in the past 20 years, a green perspective, however, has hard-
ly been noticed in Germany. This paper will trace the developments to date and
subject the fundamental premises of a green criminology of a critical appraisal.
Keywords: criminological theory, environmental criminology, green criminology, envi-
ronmental justice, eco-crimes, environmental sociology
1. Einführung
Der im Jahr 2007 erschienene Bericht zum Globalen Zustand der Umwelt
(GEO-4) des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) zeichnet ein
düsteres Bild der Zukunft: Aufgrund des steigenden Bedarfs an Frischwasser
in den Entwicklungsländern bei gleichzeitiger Verschlechterung von dessen
Qualität wird Wasser zu einer umkämpften Ressource werden; der Fischkon-
sum hat sich in der Zeit von 1961 bis 2001 mehr als verdreifacht, was zur Fol-
ge hat, dass Fischereiflotten um ein Vielfaches größer sind, als die Ressourcen
der Weltmeere tragen können; der Wandel der Artenvielfalt vollzieht sich schnel-
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* Der Verfasser möchte Mario Bachmann und den anonymen GutachterInnen für die wert-
vollen Anmerkungen zu früheren Entwürfen des Artikels danken.
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ler als je zuvor in der Menschheitsgeschichte, sodass 30% aller Amphibien,
23% aller Säugetiere und 12% aller Vögel vom Aussterben bedroht sind.
Bei derartigen Problematisierungen mag es verwundern, dass die Kriminolo-
gie – verstanden als Erforschung des Prozesses „[…] of making laws,
breaking laws, and of reacting toward the breaking of laws“ (Sutherland/Cres-
sey 1978: 3) sich bislang nur in beschränktem Maße mit Umweltkriminalität
beschäftigt (Eman/Meško/Fields 2009: 582). Sind es doch nicht nur straf-
rechtlich definierte Handlungen, die Umweltschäden hervorrufen, sondern auch
solche, die (bislang) nicht formell erfasst und sanktioniert werden, gleichwohl
aber enorm schädigende Wirkung auf die Umwelt haben (vgl. Halsey 1996,
2004a; Halsey/White 1998; Lynch/Stretsky 2003; South/Beirne 1998; Wal-
ters 2006a; White 2003).
Zwar mehrte sich in den letzten Jahren die Zahl sozialwissenschaftlicher Stu-
dien, die den Mensch-Natur-Nexus kritisch analysieren, doch stellen explizit
kriminologische Auseinandersetzungen eine Minderheit dar: In einer 2006 von
Zilney, McGurrin und Zahran durchgeführten Studie wurden 425 wissen-
schaftliche Beiträge zum Themenfeld der environmental justice1in 204 eng-
lischsprachigen Journalen unter anderem hinsichtlich der Herkunftsdisziplin
ihrer Autoren untersucht. Diese Metaanalyse förderte zutage, dass zwischen
1970 und 2003 lediglich zehn Artikel (2,4%) eindeutig der Kriminologie zuzu-
ordnen waren (ebd.: 54). Im deutschsprachigen kriminologischen Diskurs steht
eine systematische Auseinandersetzung mit Umweltfragen bislang noch aus.
Zwar lassen sich vereinzelt kriminologische Beiträge zur Umweltkriminalität
finden (vgl. Albrecht 1993; Hümbs-Krusche 1982), doch bewegen sich diese
(meist) innerhalb eines positivrechtlichen Rahmens.
Indes hat sich in den vergangenen 20 Jahren in der anglophonen Wissen schafts -
landschaft ein unter der Bezeichnung green criminology firmierender For-
schungszweig entwickelt, der sich näher mit den soziologischen, kriminal-
theoretischen und (öko-)philosophischen Grundlagen dieses Themenfelds
befasst. Die Beschäftigung mit Umweltdelikten stellt kritische AutorInnen dabei
vor ähnliche Schwierigkeiten, wie sie in benachbarten kriminologischen For-
schungsfeldern – zur Makrokriminalität, Regierungskriminalität, Kriminalität
der Mächtigen oder zum white collar crime – zu finden sind: Zum einen kol-
lidiert ihre dekonstruktive Haltung gegenüber dem herkömmlichen Verbre-
chensbegriff mit einer gewähnten Existenz „wirklicher Kriminalität“ in den
genannten Forschungsfeldern. Zum anderen stellt sich der forschungsprakti-
sche Zugang mitunter als schwierig heraus. Analog der kriminologischen For-
schung in diesen Feldern, wendet sich der Blick auch in der green criminology
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1 Der Sammelbegriff der Umweltgerechtigkeit (environmental justice) bezieht sich auf
die Auswirkungen bestimmter sozialer Praktiken auf die Natur und die (ungleiche) Ver-
teilung von Umweltbelastungen auf bestimmte Bevölkerungsgruppen (Elvers 2011; Whi-
te 2004a). Der Fokus der Analyse liegt auf dem menschlichen Wohlergehen und wie
dieses von spezifischen Arten der Produktion und des Konsums beeinträchtigt wird.
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(zunächst) von den „üblichen Verdächtigen“ (den Angehörigen der „Unter-
schicht“) ab und wandert in der gesellschaftlichen Leiter über die „Abwei-
chung der Angepassten“ (Frehsee 1991) „nach oben“ (Reese 2004: 3) hin zu
den wirtschaftlichen und politischen Machteliten. Mithin verlaufen die Argu-
mentationslinien der green criminology an einigen Stellen parallel zu jenen
der eingangs benannten kriminologischen Forschungsgebiete. In ihrer Aus-
einandersetzung mit Großverbrechen und kriminologischen Konzepten be nennt
Reese (2004: 11) drei Kriterien, anhand derer etwaige Erfolge makrokrimi-
nologischer Perspektiven beurteilt werden können: 1.) das Vorliegen einer
schlüssigen Definition, 2.) die Prüfung einer möglichen Zeitgebundenheit des
jeweiligen Konzeptes sowie 3.) ihre rechtspolitische und kriminologische
Reformkraft.
In der Darstellung eines sich abzeichnenden environmental turns der Krimi-
nologie orientiert sich der vorliegende Beitrag an diesen Kriterien. Dazu soll
im Folgenden zunächst auf die bestehenden terminologischen und definitori-
schen Divergenzen der green criminology eingegangen werden (2). Eine etwai-
ge Zeitgebundenheit wird anhand der ihr zugrundeliegenden ökophilosophi-
schen Annahmen untersucht (3). Die Prüfung der grün kriminologischen
Reformkraft (4) sowie ein Resümee bilden den Schluss des Beitrages (5).
2. What’s in a name?
2.1. Terminologische Divergenzen
Als schlüssige Definition bezeichnet Reese (2004: 11f.) einen „[…] Grad der
begrifflichen Trennschärfe […], die zu einer sinnvollen Eingrenzung des
beschriebenen Phänomens […]“ führt. Wie in den eingangs genannten kri-
minologischen Feldern stellt dies auch in der green criminology keine Selbst-
verständlichkeit dar. Im bisherigen wissenschaftlichen Diskurs existieren neben
dem Sammelbegriff der green criminology noch weitere Bezeichnungen wie
environmental criminology, conservation criminology oder eco-critical cri-
minology, um das Bemühen ökologisch orientierter KriminologInnen zu erfas-
sen.
Der Terminus green criminology wurde erstmals von Lynch (1990) formuliert
und hat sich – trotz seiner Vagheit und definitorischen Schwächen – seitdem
als konzeptueller „Regenschirm“ für die unterschiedlichen Themenfelder durch-
gesetzt (vgl. Ruggiero/South 2010).2White (2008: 8) bezeichnet die green cri-
minology als „[…] the study of environmental harm, environmental laws and
environmental regulation by criminologists“. Indes hebt er hervor, dass bis-
lang keine genuin grüne kriminologische Theorie existiere (vgl. ebd.: 14). Damit
übereinstimmend hält South (1998a: 445, 1998b: 212) fest, dass der Begriff
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2 In Anbetracht der Geläufigkeit des Begriffes und mangels geeigneter Alternativen wird
auch im vorliegenden Aufsatz am Begriff der green criminology festgehalten.
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green criminology bislang eher eine Perspektive innerhalb der (kritischen) Kri-
minologie bezeichnet, als einen etablierten Forschungszweig mit eigenstän-
digen Theorien und Forschungsmethoden.
White (2008, 2010) präferiert hingegen die Bezeichnungen ecoglobal crimi-
nology oder environmental criminology, da diese umfassender und politisch
neutraler seien. Indessen ist festzuhalten, dass unter letzterer Bezeichnung
bereits ein kriminologischer Forschungszweig existiert, der in der Tradition
der Chicagoer Schule vor allem die räumlichen Dimensionen von Krimina-
lität untersucht. Herbig und Joubert (2006: 94) merken in diesem Zusammen-
hang an, dass eine derartige Konnotation durch den fortwährenden Gebrauch
dieses Begriffes im ursprünglichen Forschungskontext und der dadurch
erworbenen „Eigentümerschaft“ verstärkt werde. Aufgrund dieser Mehrdeu-
tigkeit und um möglichen Konfusionen vorzubeugen, sei die Bezeichnung envi-
ronmental criminology aufzugeben (vgl. ebd.: 94). Herbig und Joubert (ebd.:
95) argumentieren darüber hinaus, dass eine Klassifizierung von Delikten sich
nicht nach deren Tätern richten solle – was im Falle von white collar crimes
angezweifelt werden darf –, sondern nach den einer Handlung inhärenten Ele-
menten „[…] such as violence, sexual undertones, its organised nature […]“
und den negativen Folgen derselben. Den Forschungsgegenstand stellen ihrer
Ansicht nach „natural resource crimes“ und der Schutz eben jener Ressourcen
dar, weswegen sie den Begriff conservation criminology vorziehen. Diese
Bezeichnung wird auch von Gibbs und Kollegen (2009) aufgegriffen. Eine
ähnliche Ausrichtung sieht Wilson (1999) in der Bezeichnung eco-critical cri-
minology verwirklicht, obschon diese stärker kritisch ausgerichtet ist.
Wenngleich White (2008: 7) sowie Gibbs und Kollegen (2009) festhalten, dass
eine green criminology nicht an grüne politische Organisationen gebunden
ist, lässt sich bereits auf der semantischen Ebene der Namensgebung ein „spe-
cific political flavour“ (White 2008: 7) konstatieren. Trotz Herbigs und Jou-
berts (2006) Verweis auf den signifikatorischen Gehalt einer Handlung hinter-
lässt ihre Namensgebung keinen deskriptiv-analytischen, sondern einen poli-
tisch motivierten und normativ-präskriptiven Beigeschmack.3Eine ebensol-
che Konnotation wird auch bei Wilsons (1999) Begriff der eco-critical cri-
minology augenfällig. Dieser politische Subtext der green criminology ver-
wundert kaum, schaut man sich den Kontext ihrer Entstehung an. Bereits Lynch
hat die grüne Kriminologie 1990 als eine dezidiert kritisch und humanistisch
ausgerichtete Form der Kriminologie verstanden. Als einer der sich zu dieser
Zeit neu formierenden Ableger einer kritisch-marxistischen Kriminologie teilt
sie deren Prämissen – Distanzierung vom Objektivitätsanspruch der Main-
stream-Kriminologie, Betonung der Ungleichverteilung von Macht und mate-
riellen Ressourcen als Quelle der Kriminalitätsverursachung und -wahrneh-
mung (Schneider 2011: 130) –, aber auch deren Schwächen: nichtexistenter
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3 Dies mag mitunter dem Untersuchungsgegenstand geschuldet sein, eignen sich doch gera-
de Natur- und Tierschutz aufgrund ihrer (vermeintlichen) Selbstevidenz als gesellschaftlich
anschlussfähige, gar einwandsimmune Ziele.
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kriminalpolitischer Einfluss und ein unpräzise definiertes Selbstverständnis
(Friedrichs 2009; Russell 2002; Schneider 2011). Friedrichs und Schwartz
(2007: 5) geben zu bedenken, dass: „[…] to the extent that the ‘social harm’
approach is associated with the abandonment of even a pretense of objectivi-
ty and neutrality, in favor of direct advocacy on behalf of those identified as
the socially harmed, the costs and benefits of such a stance must also be weig-
hed“. Die Wahrung des Weber’schen Wertfreiheitpostulats darf bei einer Wis-
senschaft, die ein politisches Ziel (namentlich Naturschutz) dezidiert in ihrer
Selbstbezeichnung führt, zumindest infrage gestellt werden. Schließlich dürf-
ten wohl alle VertreterInnen einer green criminology ein Interesse an dem Fort-
bestand von Natur haben. Scheinbar aus dieser Position heraus, doch zugleich
die Schieflage zwischen Entstehungs- und Begründungszusammenhang
dementierend, betonen sie – überwiegend formelhaft und pathosbeladen – den
Umstand, dass eine (post-)moderne Kriminologie, möchte sie auch in der
Zukunft von gesellschaftlicher Relevanz sein, Umweltfragen weiter in den
Fokus ihrer Interessen rücken muss (vgl. Carrabine et al. 2009; Eman/Meš-
ko/Fields 2009; Herbig/Joubert 2006; South 1998b). Soll die kriminologische
Agenda um ökologische Themenstellungen erweitert werden, so ist Gibbs und
Kollegen (2009: 6) dahingehend zuzustimmen, dass dies in einer neutraleren
Weise geschehen muss, als dies bisher der Fall ist – eine künftige green crim -
inology darf nicht voraussetzen, die Antworten auf die von ihr gestellten Fra-
gen bereits im Voraus zu wissen.
2.2. Definitorische Divergenzen
Bereits 1989 hat Jäger (1989: 11) für den deutschsprachigen Raum eine – wenn-
gleich nicht ökologisch ausgerichtete – Erweiterung des kriminologischen
Blickwinkels auf Phänomene der Makrokriminalität gefordert und die „[…]
immer noch einseitige […] Orientierung der Kriminologie an justitiablen, der
strafrechtlichen Praxis zugänglichen Formen der Alltagskriminalität“ bemän-
gelt. In der grünen Kriminologie lassen sich ähnliche Forderungen verneh-
men, wenn es darum geht, den Gegenstand des wissenschaftlichen Interesses
eingehend zu definieren. Schaut man sich die bisherigen Definitionsbemü-
hungen an, lassen sich dabei zwei Positionen festmachen: zum einen das posi-
tivrechtliche Lager, das sich vor allem auf juristische Definitionen von
Umweltdelikten stützt, wie sie sich in internationalen umweltpolitischen Ver-
trägen und Abkommen finden lassen. Zum anderen das kritisch kriminologi-
sche Lager, das sich eher in einem rechtssoziologischen Rahmen mit Umwelt-
delikten auseinandersetzt. Hier wird kein ausschließlich formell definierter
Kriminalitätsbegriff benutzt. Beirne und South (2007a: Xii) erachten vor allem
folgende Themen als Untersuchungsgegenstände der green criminology:
“[…] harms against humanity, against the environment (including space)
and against non-human animals committed both by powerful institutions
(e.g. governments, transnational corporations, military apparatuses) and
also by ordinary people.
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Aus obigem Zitat geht hervor, dass harm ein zentraler Begriff grün krimino-
logischer Analyse ist. Dadurch reihen sich die grünen KriminologInnen in die
Riege derer ein, die ein gewisses Unbehagen an der „criminal obsession“ (Dor-
ling et al. 2008) der Kriminologie – also der vorrangigen Beschäftigung mit
analytischen Konzepten wie Kriminalität und Strafe – umtreibt (vgl. u. a. Cohen
1988; Hillyard/Pantazis/Tombs 2004; Hulsman 1986; Pemberton 2007). Die-
se Form Kriminologie zu betreiben, bleibe an die Grenzen des Strafrechts gebun-
den und verpasse somit die Gelegenheit auf die „großen Fragen“ (Hil/Robert-
son 2003: 10) einzugehen, die sich aus gegenwärtigen sozialen, politischen,
ökonomischen und ökologischen Wandlungsprozessen ergäben. Während eini-
ge aus dieser Existenzkrise der (kritischen) Kriminologie den Schluss ziehen,
sozial vermitteltes Leiden sei einträglicher unter dem Banner einer zemiolo-
gy4zu analysieren (Hil/Robertson 2003; Hillyard/Pantazis/Tombs 2004; Pem-
berton 2007), suchen die meisten Autoren einer grünen Kriminologie (vgl.
u.a. Beirne/South 2007b; Halsey 2004b; Lynch/Stretsky 2003; South 1998b;
White 2003) für Begriffe wie social harm zu sensibilisieren. In diesem Sinne
definiert auch Walters (2006b: 146) den Begriff eco crimes als „[…] acts of
environmental harm and ecological degradation. Illegal and/or harmful beha-
vior including threatening, damaging or destroying the natural environment.
It is a term often used synonymously with ‚green crime’ or ‚environmental
crime’“. Mit dieser Definition übereinstimmend, konstatieren Lynch und Strets-
ky (2003), dass Umweltdelikte, wie andere Delikte auch, soziale Konstrukte
seien, die durch eine Vielzahl an Faktoren geformt würden. Zum einen wer-
de der Konstruktionsprozess durch die gesellschaftliche Stellung der betei-
ligten Akteure und die (asymmetrischen) Herrschaftsbeziehungen zwischen
ihnen beeinflusst. Zum anderen werde dieser durch ökonomische Interessen
und mediale Diskurse geprägt. Lynch und Stretsky (ebd.) differenzieren daher
zwischen einer environmental justice construction und einer corporate con-
struction des Begriffes Umweltkriminalität.
Aus einer environmental justice-Perspektive5ist ein green crime definiert als
„[…] act that (1) may or may not violate existing rules and environmental regu-
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4 Der Forschungsgegenstand der zemiology (oder auch harmology) stellt sozial initiiertes
Leid dar, womit er als Kulminationspunkt der Kritik am strafrechtlichen Unrechtkenn-
zeichnungsmonopol (Walter 1993: 89) und dessen Destillat der Kriminalität gelesen wer-
den kann. Die zemiology wurde auf der am 12. und 13. Februar 1999 in Devon (England)
abgehaltenen Tagung „Zemiology: Beyond Criminology?“ begründet, hat seitdem aber
keine wirkliche wissenschaftliche Bedeutung erlangt (vgl. Yates 2009). Siehe auch die
Seite des Kongresses: www.radstats.org.uk/no070/conference2.htm [Stand: 2013-09-18].
Der Nutzen einer (post-)kriminologischen (Zedner 2007) Ausweitung des Forschungs-
gegenstandes und der ausschließlichen Betonung der Kategorie harm darf mit einem Fra-
gezeichen versehen werden. Insbesondere dann, wenn man sich Halseys und Whites (1998:
347) Betonung der Ubiquität von environmental harm vor Augen hält.
5 Ferner ist zwischen environmental justice und ecological justice zu unterscheiden.
Ungleich der eingangs beschriebenen Umweltgerechtigkeit (environmental justice) bezieht
sich der Begriff der ökologischen Gerechtigkeit (ecological justice) primär auf das Wohl-
ergehen der Biosphäre, vor allem der Tiere und Pflanzen, die diese bewohnen.
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lations; (2) has identifiable environmental damage outcomes; and (3) origi-
nated in human action“ (Lynch/Stretsky 2003: 227). Eine Umweltgerechtig-
keits-Perspektive beziehe unter anderem Faktoren wie Ethnizität, Klasse und
Gender in die Analyse mit ein, da marginalisierte Minoritäten in Prozessen
der Rechtsgenese oftmals ungehört blieben. Zugleich vertrete sie jene Grup-
pen, die von den Folgen umweltschädlichen Handelns am stärksten betroffen
seien und sich ihrer Viktimisierung kaum erwehren könnten (vgl. Hall 2012;
Lynch/Stretsky 2003: 228).
Herbig und Joubert (2006) konstatieren ferner, dass sich Umweltdelikte ent-
gegen anderslautender Einschätzungen nicht unter die bestehenden Kategorien
von white collar crime, business crime, der organisierten Kriminalität oder
der Eigentumskriminalität subsumieren ließen. Sie wiesen zwar Gemeinsam-
keiten mit diesen – ebenfalls nicht einspruchsfrei definierten – Kategorien auf,
doch stelle man bei genauerer Betrachtung fest, dass Umweltdelikte nicht voll-
ständig in ihnen aufgingen (vgl. auch Burns/Lynch 2004; Eman/Meško/Fields
2009; Halsey/White 1998).6Auch ohne dass Herbig und Jouberts (2006: 96)
einen expliziten Umweltgerechtigkeits-Anspruch formulieren, lässt sich ihr
Definitionsvorschlag dem konstruktivistischen Lager zuordnen, da sich unter
ihrer umfassenden Definition zahlreiche nicht kriminalisierte Handlungswei-
sen subsumieren lassen. Sie gehen davon aus, dass conservation crime defi-
niert werden könne als
“[…] any intentional or negligent human activity or manipulation that
impacts negatively on the earth’s biotic and/or abiotic natural resources,
resulting in immediately noticeable or indiscernible (only noticeable over
time) natural resource trauma of any magnitude.
Dem steht die durch unternehmerische (Definitions-)Interessen geprägte cor-
porate-Perspektive gegenüber, der eine formalistische Definition des Begrif-
fes green crime zugrunde liegt. Situ und Emmons (2000: 3) definieren eco
crime als einen „[…] [u]nauthorized act or omission that violates the law and
is therefore subject to criminal prosecution and sanctions“. An diese formel-
le Definition anschließend identifiziert das kriminologische Institut der Ver-
einten Nationen (UNICRI) fünf Gruppen von Umweltdelikten: 1.) die illega-
le Entsorgung von und Handel mit (toxischen/radioaktiven) Abfällen 2.) ille-
gale Abholzung 3.) Umweltverschmutzung und die Dislokation von indige-
nen Völkern 4.) den illegalen Handel mit ozonabbauenden Stoffen sowie 5.)
den illegalen Handel mit und Wilderei von gefährdeten Arten (Walters 2006b:
146).7Lynch und Stretsky (2003: 229f.) geben zu bedenken, dass eine derar-
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6 Dies zeigt sich besonders deutlich bei einer Berücksichtigung der zugrundeliegenden
ökophilosophischen Grundlagen. Manche Autoren (Barret 1997; O’Hear 2004; Wolf 2011)
sprechen auch von green collar crime.
7 Die von Carrabine und Kollegen (2009: 389ff.) vorgenommene Unterteilung primärer
Umweltkriminalität – Handlungen menschlicher Akteure, durch welche die Umwelt
unmittelbar zerstört wird – in vier Unterkategorien (Luftverschmutzung, Abholzung,
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tige Festlegung auf strafrechtlich erfasste Tatbestände zwar einen präzisen und
(vermeintlich) wertfreien Untersuchungsgegenstand vorgebe, jedoch die
immensen sozialen Kosten, die aus Umweltschädigungen resultierten, außer
Acht lasse und einer individualistischen und ökonomisch ausgerichteten „grü-
nen“ Handlungslogik Vorschub leiste.
Unternähme man an dieser Stelle den Versuch die vorangestellten Defini-
tionsbemühungen zusammenzuführen und die kriminologischen „[…] basic
questions of who, where, what, why and how […]“ (Eman/Meško/Fields 2009:
589) beantworten zu wollen, stellte sich ein ernüchterndes Ergebnis ein. Die
ätiologische Frage nach dem Wer ließe sich zumindest partiell beantworten:
Täter sind sowohl politische und wirtschaftliche Machteliten als auch ordi-
nary people (Beirne/South 2007a: Xii). Die Opferkategorie ist noch umfas-
sender, da nicht nur Menschen, sondern auch biotische und abiotische Natur
von den Folgen von Umweltdelikten betroffen sein können.8Eine phänome-
nologische Skizze der zu untersuchenden Handlungen (dem Was) ist ebenso
schnell wie vage angefertigt: Auf der einen Seite stehen jene Handlungen, die
bereits durch kodifizierte strafrechtliche Normen erfasst werden. Auf der ande-
ren Seite sind solche Handlungen zu verorten, die der Integrität der Umwelt
abträglich sind. Zu dem Wo, Warum und Wie von Umweltkriminalität lassen
sich anhand der aufgeführten Definitionen keine oder lediglich unzureichen-
de Aussagen tätigen.
Eine Definition zu finden, die einerseits nicht zu restriktiv und ausschließlich
positivrechtlich geprägt, andererseits auch nicht ausufernd formuliert ist, sodass
sie ihren distinktiven und explanatorischen Charakter verliert, stellt ein schwie-
riges Unterfangen dar (vgl. Herbig/Joubert 2006: 96). Bemühungen, den For-
schungsgegenstand zu definieren, liegen – wie eingangs dargestellt – vor. Der
Differenzierung zwischen einer corporate- und einer environmental justice-Pers -
pektive mag in diesem Zusammenhang zwar eine gewisse Relevanz zukommen,
indes ist zu bedenken, dass auch Begriffe wie (Un-)Gerechtigkeit stets diskur-
siv (re-)produziert werden und demnach nur kontextgebundene Momentauf-
nahmen darstellen (vgl. Halsey 2004a: 843f.). Indes legen einige Protagonisten
der grünen Kriminologie in ihren Definitionsbemühungen eine eigentümlich
doppelbödige Haltung an den Tag. Einerseits betonen sie den Konstruktion-
scharakter von eco-crimes, andererseits werden sie nicht müde hervorzuheben,
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Verstöße gegen Tierrechte und Wasserverschmutzung) weist eine große Nähe zu der
Einteilung des UNICRIs auf. Dies verwundert, betonen doch gerade Carrabine und Kol-
legen den konstruktivistischen Charakter von Umweltdelikten. Bezeichnend im besag-
ten Text ist darüber hinaus das Nebeneinander der Begriffe harm, crime, issues und devi-
ance – ein terminologisches Verwirrspiel, das auch in anderen Texten augenfällig ist.
8 Folglich stellt für einige Vertreter einer green criminology (vgl. Carrabine et al. 2004;
South 1998b; White 1999; White 2003) Becks (1986) Risikogesellschaft einen theore-
tischen Rahmen dar, innerhalb dessen Phänomene von Umweltschädigungen und Risi-
ko erfasst und erklärt werden können. Higgings und Natlier (2004) äußern sich diesbe-
züglich kritisch.
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dass es gerade nicht kriminalisierte Handlungen seien, die das Größtmaß an
Umweltschäden herbeiführten. Im Modus eines „normativ halbierten Kon-
struktivismus“ (Kreissl 1996: 29) werfen sie ihre konstruktivistischen Zweifel
über Bord, wenn es darum geht, die „wahren“ Übeltäter – im Zweifelsfall die
„Mächtigen“ – zu benennen, da diese aufgrund ihrer gehobenen sozialen Stel-
lung maßgeblich an der Normgenese beteiligt seien – Symptome eines ontolo-
gical gerrymanderings (Woolgar/Pawluch 1985)? Eine sehr ähnliche Entwick-
lung zeichnet im Übrigen Reese (2004: 85) in ihrer Darstellung des in den sieb-
ziger Jahren stattfindenden Diskurses um die Kriminalität der Mächtigen nach,
bei der bezeichnenderweise „[…] explizit klargestellt werden [musste], dass blo-
ße Machtausübung nicht mit Kriminalität gleichgesetzt werden könne“. White
(2003: 293) schränkt zwar ein, dass nicht jedes ökologische Problem, das indi-
viduelle ForscherInnen zu weiteren Analysen animiere, allen Anforderungen an
kriminologische Theorie und Praxis genüge. Doch eine wirklich kritische Sich-
tung der Empirie und deren Abgleich mit den Mindestanforderungen an die Straf-
barmachung einer Handlung bzw. an die Ziehung der Grenzen der Strafbarkeit
fehlt bisweilen völlig. Die eigene Einbettung in einen wissenschaftshistorischen
Kontext bleibt in den meisten Fällen unreflektiert, sodass sich einige grüne Kri-
minologInnen der Selbstvergessenheit anheimgeben.
Halsey und White (1998: 347) verorten die Unzulänglichkeiten der bisheri-
gen Versuche, eine grüne Kriminologie zu etablieren in den unhinterfragten,
zugrundliegenden ökophilosophischen Perspektiven – liberal ecology, eco-
marxism, ecofeminism, deep ecology und social ecology –, deren kulturge-
schichtliche Herkunft in der Moderne zu suchen sei (vgl. Halsey 2004a:
834).Das Festhalten an diesen Strömungen führe zu fragwürdigen Rahmun-
gen und Inbezugsetzungen von Begriffen wie Natur, Gesellschaft und Sub-
jektivität und folglich zu zweifelhaften Ursachenzuschreibungen und Prä-
ventionsmöglichkeiten umweltbedingter Schäden (ebd.). Daran anschließend
ließe sich die Frage formulieren, ob sich die kritisch-marxistischen Vorstel-
lungen einer grünen Kriminologie möglicherweise bereits überlebt haben.
3. Green criminology is dead, long live green criminology?
Obwohl zahlreiche ökophilosophische Erklärungsversuche existieren, lassen sich
drei große Ansätze zur Mensch-Umwelt-Beziehung festmachen: Anthropozen-
trismus, Biozentrismus und Ökozentrismus. Je nach zugrunderliegender episte-
mologischer Perspektive ergeben sich unterschiedliche Antworten auf die Frage
wie Umweltkriminalität zu definieren und regulieren sei (vgl. White 1999: 252).
3.1. Anthropozentrismus
Die anthropozentristische Perspektive geht von der Grundannahme aus, dass
der Mensch anderen Lebewesen gegenüber biologisch, mental und moralisch
überlegen ist. Eckersley (1992: 51) versteht unter Anthropozentrismus
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„[…] the belief that there is a clear and morally relevant dividing line be-
tween humankind and the rest of nature, that humankind is the only or prin-
cipal source of value and meaning in the world, and that non-human na-
ture is there for no other purpose but to serve humankind.“
Nach diesem ethischen Anthropozentrismus weisen lediglich Menschen
intrinsischen Wert, alle anderen Lebewesen allenfalls instrumentellen Wert auf
(Minteer 2008: 58). Daher sei es auch legitim, dass (a)biotische Natur der Befrie-
digung unmittelbarer menschlicher Interessen diene (vgl. Halsey/White 1998:
349). Die Beziehung zwischen Mensch und Natur wird in einer anthropo-
zentristischen Perspektive primär mittels ökonomischer Begriffe beschrieben
(Halsey/White 1998: 350). Folglich verstehe die liberal ecology Umweltpro-
bleme auch als ungehinderte – aber letztlich kontrollierbare – Marktkräfte (Hal-
sey 2004a: 836). Dementsprechend sind auch die Reaktionen auf Umweltde-
likte in Termini gehüllt, die eine Modif izierung industrieller Herstellungs- und
Verarbeitungsprozesse sowie des Umweltrechts zwar nahelegen, deren zu -
grundeliegenden Handlungslogiken indes nicht radikal infrage stellen (ebd.).
Wo Anthropozentrismus dominiere, zeige sich in der Umweltrechtsgenese ein
grundlegendes Einverständnis mit den Prinzipien einer liberalen und neo-klas-
sischen Ökonomie (Grabosky 1994: 434; Halsey/White 1998: 351). Demge-
mäß werde auch die ideale (straf-)rechtliche Antwort auf Umweltvergehen so
beschrieben, dass sie anstelle von Strafverfolgung eher auf Zusammenarbeit
mit den Akteuren abziele (Halsey/White 1998: 351). Carrabine und Kollegen
(2004: 320) halten hinsichtlich einer potentiellen Kriminalisierung von öko-
logisch fragwürdigen Handlungen fest, dass der alleinige Einsatz des „big
sticks“ (Braithwaite 1990) wenig Erfolg verspreche. Vielversprechend scheint
einigen Autoren (vgl. Carrabine et al. 2004; Mares 2010; South 1998a; Whi-
te 2008) hingegen Braithwaites (1989, 1990) Model des reintegrative shaming,
wobei auch Carrabine und Kollegen (2004: 321) zu bedenken geben, dass bei
Braithwaite das wechselseitige Interesse von Öffentlichkeit und Unternehmen
eventuell überbewertet werde.
3.2. Biozentrismus
Der Biozentrismus kann als Gegenpol zur anthropozentristischen Perspekti-
ve gelesen werden. Die biozentristische Grundannahme besteht darin,
„[…] that all things in the biosphere have an equal right to live and blos-
som and to reach their own individual forms of unfolding and self-real -
isation within the larger self-realisation. This basic intuition is that all organ -
isms and entities in the ecosphere, as parts of the interrelated whole, are
equal in intrinsic worth.“ (Devall/Sessions 1985: 352)
Aus dieser Perspektive stellen Menschen „nur eine weitere Spezies“ neben
anderen dar – Tieren wird folglich der gleiche intrinsische moralische Wert
zugeschrieben. Ideologische Grundideen des Biozentrismus – wie auch ihrer
Unterform der Tiefenökologie (deep ecology) – sind die Bewahrung und die
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Verwirklichung aller Spezies sowie die Verknüpftheit aller Lebensformen in
der Biosphäre. Halsey und White (1998: 352f.) merken kritisch an, dass es
dabei auf konzeptueller Ebene zu einer Reduktion von gesellschaftlichen auf
biologische Sachverhalte komme, was zu einer problematischen Übernahme
von darwinistischen Ideen eines survival of the fittest führe. Wenn demnach
einige Spezies – darunter auch der Mensch – ihre „natürlichen Grenzen“ erreicht
hätten, würde die Natur die Population der jeweiligen Spezies durch diverse
biologische Mittel auf ein „tragbares“ Maß reduzieren (ebd.: 353). Unter die-
sem Blickwinkel stellen auch soziale Ungleichheiten (z. B. unterschiedliche
Sterberaten zwischen Industrie- und Entwicklungsländern) keine moralischen
Probleme, sondern vielmehr Lösungen dar, die ein gesünderes Umfeld für ande-
re Lebensformen vorbereiteten. Eine derart radikale Perspektive hat Auswir-
kungen auf den Umgang mit Umweltkriminalität. In einer idealen biozentris-
tischen Welt, so Halsey und White, würden sich die Gesellschaftsstruktur und
die politischen Entscheidungsprozesse an jenen der Natur ausrichten. Das
(Umwelt-)recht käme einer zentral verwalteten Ethik gleich, die sich aus den
„Gesetzen der Natur“ ableite, ganz gleich wie die Strafen aussähen, die ein
großer Teil der menschlichen Bevölkerung zu erleiden hätte (ebd.: 355). Hal-
sey (2004a: 839f.) konstatiert, dass eine tiefenökologisch ausgerichtete grü-
ne Kriminologie, wie sie Barnett (1999) in seinem Aufsatz The Land Ethic
and Environmental Crime vertritt, Tendenzen zu einem ökologischen Fa -
schismus aufweise, in dem zahlreiche, bislang unbestrafte, Handlungen kri-
minalisiert würden. Dies könne nicht im Interesse einer kritischen Krimino-
logie liegen.
3.3. Ökozentrismus
Die ökozentristische Perspektive schließlich sieht
„[…] humankind as part of a global ecosystem, and subject to ecological
laws. These, and the demands of an ecologically based morality, constrain
human action, particularly through imposing limits to economic and popu-
lation growth. There is also a strong sense of respect for nature in its own
right, as well as for pragmatic ‚systems’ reasons.“ (Pepper 1993: 33)
Ungleich der bio- und anthropozentristischen Perspektive wird der Mensch
nicht unter oder über andere Lebewesen gestellt. Aufgrund seiner Fähigkeit
Produktionsmittel zu schaffen, die globale Auswirkungen haben (können),
kommt dem Menschen jedoch die Verantwortung zu, dass diese die natürlichen
Grenzen des Ökosystems nicht überschreiten (vgl. Halsey/White 1998: 355).
Die weltanschauliche Grundlage bezeichnen Halsey und White (ebd.: 356) als
socio-environmental interest, nach dem menschliche Interessen – sowohl auf
individueller als auch auf kollektiver Ebene – nur unter Berücksichtigung öko-
systemischer Integrität befriedigt werden könnten. Ökozentristisch motivier-
tes Handeln orientiert sich an einer gedachten Interdependenz zwischen den
einander gleichgestellten Parteien Natur und Mensch. Diesem dialektischen
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Verständnis gemäß rücken nicht nur Fragen der menschlichen Ausbeutung der
Natur in den Mittelpunkt, sondern auch solche nach den Auswirkungen öko-
logischer Probleme auf menschliches Wohlergehen (ebd.: 357). Gründe für
Umweltschäden sind aus ökozentristischer Perspektive in asymmetrischen Herr-
schaftsbeziehungen – in einer kapitalistischen und auf die Produktionsmittel-
besitzer ausgerichteten Akkumulationslogik (ecomarxism), in patriarchalisch
dominierten Gesellschaftsstrukturen und -diskursen (ecofeminism) oder in der
ungleichen Verteilung von politischer und ökonomischer Macht (social ecol -
ogy) – zu suchen (vgl. Halsey 2004a: 835). Ökozentristisch argumentierende
Autoren wie Lynch und Stretsky (2003) oder Benton (1998) gehen daher davon
aus, dass eine grüne Kriminologie für die Abschaffung derartiger sozialer und
ökonomischer Ungerechtigkeiten einstehen müsse. Ein an den Idealen des Öko-
zentrismus ausgerichtetes Umweltrecht würde sich – der Dialektik zwischen
gesellschaftlichem und ökologischem Wohlbefinden gemäß – auf Prinzipien
partizipatorischer Demokratie berufen. Aufgrund der Kontextgebundenheit
umweltgerechten Verhaltens gäbe es eine Vielzahl von spezifischen rechtlichen
und politischen Strategien, die allesamt auf einen Kern ökozentristischer Ethik
aufbauten (Bioregionalismus) (Halsey/White 1998: 853).
Halsey (2004a: 844) gibt zu bedenken, dass die Vorstellung eines ökologischen
Utopias, eine typisch moderne Vorstellung und damit eine (moralunterneh-
merische?) Hybris sei. Er kommt daher zu dem Ergebnis, dass die jetzige green
criminology nicht den nötigen Wortschatz besäße, um die herkömmlichen Kon-
zeptionen von Schaden und Wiedergutmachung zu überwinden und damit not-
wendigerweise die politischen Umstände verfestige, die sie zu hinterfragen
versuche. Die Gründe dafür lokalisiert er in den problematischen Annahmen,
die den kriminologischen Versuchen, Umweltbeeinträchtigungen theoretisch
zu fassen, zugrunde liegen:
„[…] (a) the general reluctance to put into critical relief the concept of
environmental damage and the associated (but manifestly distinct) cate-
gory of environmental crime; (b) the inability to move beyond dialectical
models of society and conflict resolution; (c) the unwillingness to do away
with modernist accounts of the relationship between ‘words’ and ‘things’;
and (d) the incapacity to develop a nuanced account of human/environ-
mental interaction.“ (Halsey 2004a: 845)
Obwohl einige Autoren Halseys (2004a) Kritik der Zeitgebundenheit grüner
kriminologischer Perspektiven teilen, lässt sich eine eigentümliche Folgenlo-
sigkeit seines Ausspruches Against Green Criminology festhalten. White (2008:
8) hält scheinbar ohne Not fest, dass sich auch Halseys (2004a) Fundamen-
talkritik als Teil des Projekts der grünen Kriminologie begreifen ließe. Dies
mag an einer (erneuten) Selbstvergessenheit und den daraus resultierenden
inneren Widersprüchlichkeiten Halseys Kritik liegen. Auf die Frage, wie sich
die Rahmung der Natur ohne den Menschen vollziehen soll, vermag auch er
keine Antworten zu geben – als epistemologische Perspektive ist der Anthro-
pozentrismus tautologisch.9Auch der intrinsische Wert, welcher der Natur von
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Bio- oder Ökozentristen zugeschrieben wird, stellt letztlich nur eine mensch-
liche Bedeutungszuschreibung dar (vgl. Minteer 2008: 59). Beirne (2007: 61)
fasst zusammen:
„Assuming that he [Halsey] is unable definitively to answer Thomas Nagel’s
(1974) famous question ‘What Is It Like To Be a Bat?’, Halsey’s reasoning
is hoist with its own petard. Put bluntly, his argument is a thoroughly anthro-
pocentric way of looking at non-human animals and their exploitation by
humans. Indeed, humans are the only animals who inhabit the pages of
Halsey’s environmentalist discourse!“
4. Reformatorische grüne Kriminologie?
Die grüne Kriminologie ist mit einer dezidiert reformatorischen Agenda ange-
treten. So hat Lynch (1990) bereits vor mehr als 20 Jahren postuliert, dass das
oberste Ziel kritisch denkender KriminologInnen sei, eine humanistische Gesell-
schaft zu schaffen, deren Ausgestaltung u. a. durch die Kritik an den Hand-
lungspraktiken politischer und wirtschaftlicher Machteliten mitgetragen wer-
den solle. Hält eine Bilanz grün kriminologischer Arbeit diesen enormen
Ansprüchen stand? Auf kriminalpolitischer Ebene jedenfalls scheint die
Reformkraft der green criminology vorerst gegen null zu gehen. Auch auf kri-
minologischer Ebene lässt sich, trotz ihres emanzipatorischen Selbstanspru-
ches, eine „seltsame Konsequenzlosigkeit“ (Pfeiffer/Scheerer 1979: 90) so -
wie ein „geringes Interesse an der Theoriebildung“ (Reese 2004: 66) grün kri-
minologischer Arbeit konstatieren. Infolgedessen mag sich beim Leser zuwei-
len gar der Eindruck einstellen, dass es sich bei der green criminology um eine
so-what-criminology handelt (vgl. Matthews 2009). Diese Haltung wird
durch den Umstand gefördert, dass nach mehr als 20 Jahren ein großer Teil
der bisherigen grünen kriminologischen Bemühungen in einer deskriptiven
Zusammenschau und Kategorisierung möglicher Deliktsformen und der
Umwelt abträglichen Handlungsweisen besteht.10 Zwar ist Herbig (2006: 90ff.)
dahingehend zuzustimmen, dass Kategorisierungen – nicht nur in der Krimi-
nologie – eine wichtige heuristische Funktion erfüllen, doch bleibt kritisch
anzumerken, dass sich die analytische Arbeit nicht in einer derartigen struk-
turierenden Aufstellung erschöpfen darf. Die Klassifizierungen der green cri-
minology bleiben dessen ungeachtet unverbunden nebeneinanderstehen. Der
Versuch sie in größere kriminologisch-theoretische Zusammenhänge zu stel-
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9 Dies trifft nach Beirne (2007: 61) auch auf Halseys (2001, 2004a, 2004b, 2005, 2006)
poststrukturalistische Alternative zu den konventionell modernen Blickwinkeln der green
criminology zu.
10 Was mitunter groteske Züge annehmen kann; vgl. etwa Whites (2004b: 278) „Far-
benlehre“, in der Umweltdelikte in white, brown oder green issues unterteilt werden.
Sinnvoller erscheint Whites (ebd.: 272ff.) Unterteilung in fokale, geographische, ört-
liche und temporale Kategorien sowie Herbig und Jouberts (2006) Kategorisierungen.
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len wird kaum unternommen. Der Umstand, dass keine allgemein anerkann-
te Definition von eco-crimes und der grünen Kriminologie vorliegt, mag das
theoretische Arbeiten zwar erschweren (vgl. Eman/Meško/Fields 2009).
Allerdings ist auch nur vereinzelt ein Bemühen um oder ein Anschließen an
genuin kriminologische Theorien erkennbar (ausgenommen Agnew 1998,
2012). Auf diese Weise verschwimmen die Grenzen zu benachbarten Diszi-
plinen, wie beispielsweise der Umweltwissenschaften oder der Umweltso-
ziologie und es ist nicht immer ersichtlich, wo der genuin kriminologische
Erkenntnisgewinn liegt (vgl. auch O’Brien/Yar 2008: 89).11 Der Blick auf etwai-
ge kriminologische Reformen verweist zudem auf die Notwendigkeit, theo-
retische Ideen einer empirischen Überprüfung und Ausdifferenzierung zu unter-
ziehen. In diesem Zusammenhang ist eine „Glaubensfunktion von Theorie“
(Kerner 2012) innerhalb der bisherigen grünen Kriminologie unschwer fest-
zustellen. Eman und Kollegen (2009: 588) erinnern jedoch daran, dass die Kri-
minologie eine vorwiegend empirische Wissenschaft sei und dass gesicherte-
re Wissensbestände erst durch die Anwendung der Methoden empirischer So-
zialforschung gewonnen werden könnten. Zwar existieren zahlreiche grüne
kriminologische policy essays, doch sind qualitativ und/oder quantitativ aus-
gerichtete Studien dagegen rar.12Dieser Umstand scheint sich in der jüngsten
Zeit allerdings zu ändern.13 Orientiert man sich an den vom kriminologischen
Institut der Vereinten Nationen formulierten Umweltkriminalitätskategorien,
lassen sich einige wenige empirische Arbeiten finden.
Das Untersuchungsfeld (illegaler) Entsorgung von und Handel mit (toxi-
schen/radioaktiven) Abfällen stellt gemäß der kritisch-kriminologischen The-
matisierung industrieller Fertigungs- und Konsumprozesse industrieller Staa-
ten einen aktuellen Forschungsgegenstand dar.14 Während Lynch und Stretes-
ky (2001) umweltschädliche Produktionsweisen und die Entsorgung der mit-
unter toxischen Endprodukte unter einer Umweltgerechtigkeits-Perspektive
grundlegend hinterfragen und diese kurzerhand als kriminell definieren, ver-
suchen sich Tompson und Chainey (2011) diesem Phänomen empirisch zu
nähern. In ihrem Beitrag stellen sie die Methode der script analysis vor, die
Elemente der rational choice-Theorie und deren Weiterentwicklung in der Kri-
minalgeografie aufgreift. Auf das Themenfeld der illegalen Müllentsorgung
angewandt, erhoffen sie sich validere Daten über die beteiligten Akteure und
Beltz Juventa | Krim. Journal, 45. Jg. 2013, H. 4 273
11 Die (zuweilen unkritische) Anknüpfung an Becks (1986) Theorie der Risikogesellschaft
kann dabei nur eine Perspektive unter vielen darstellen. Das Wirkungspotential ande-
rer möglicher theoretischer Anknüpfungspunkte – nur stichwortartig genannt: envi-
ronmentality oder ecogovernmentality, Akteur-Netzwerk-Theorie, eco-human rights
bleibt indessen unbeachtet und bedarf einer konsequenten Ausarbeitung durch kom-
mende Forschung (vgl. auch Higgins/Natalier 2004).
12 Ein ähnliches Bild vermittelt auch von Lampes (2012) Metastudie, in der die geringe
Beachtung organsierter Kriminalität mit ökologischen Bezügen deutlich wird.
13 Erste Anzeichen eines empirical turns der grünen Kriminologie?
14 Der Sammelband Green Criminology von South und Beirne (2006) bietet einen Über-
blick über die Breite der Forschungsfelder.
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deren Modi Operandi zu erhalten. Bisschop (2012a) untersucht mittels eines
triangulativen Zugangs (Dokumentenanalyse, qualitative Interviews und Fel-
daufenthalte im Antwerpener Hafen und in Ghana) die Pull- und Push-Fakto-
ren des Handels mit elektronischen Abfallstoffen.
Das Thema illegaler Abholzung nehmen einige Autoren theoretisch und mit unter-
schiedlicher Akzentuierung – ökophilosopisch (Halsey/White 1998), post-
strukturalistisch (Halsey 2004b, 2007), rechtsgenetisch (Green/Ward/McCon -
nachie 2007) oder kriminalpolitisch (Del Olmo 1998) – in den Blick. Dahinge-
gen setzt sich Boekhout van Solinge (2010) empirisch mit der Abholzung des
brasilianischen Amazonas-Regenwaldes auseinander. Mittels einer triangulati-
ven Auswertung schriftlicher Quellen und qualitativ erhobener Daten (Interviews
mit unterschiedlichen Interessengruppen und ethnographische Feldaufenthalte)
verweist er auf die schädlichen Wirkungen des Handelns mit (illegal geforste-
ten) Tropenhölzern, der Umwidmung von Regenwald in landwirtschaftliches
Nutzland und dem Zusammenhang dieser Phänomene mit primär westlichen
Konsummustern (vgl. auch Boekhout van Solinge 2008). Auch Bisschop
(2012b) untersucht im Rahmen ihrer (bereits aufgeführten) Studie die sozialen
Prozesse des illegalen Handelns mit Tropenhölzern.
Ein weiteres Thema stellt der Handel mit Wildtieren dar, wie ihn Wyatt (2009)
in seiner interviewbasierten Studie am Beispiel des illegalen Handels mit Pel-
zen und Falken untersucht. Die Ergebnisse legen nahe, dass das Zusammen-
spiel unwirksamer Gesetzgebung, ökonomischer Deprivation (der Jäger) und
symbolischer Distinktionsbestrebungen (der privilegierten Käuferschaft) die
illegalen Handlungen vorantreiben. Auch in Eliasons (2011) qualitativer Stu-
die über Trophäenwilderei im US-amerikanischen Montana spielt das
Zusammenwirken verschiedener kriminogener Faktoren eine Rolle. Unter
Zuhilfenahme des Routine Activity-Ansatzes kommt er zu dem Ergebnis, dass
die Konvergenz motivierter Täter, angemessener Ziele und der weitgehenden
Abwesenheit von Hütern günstige Gelegenheitsstrukturen für Jagdvergehen
bietet. Diese lediglich stichwortartig genannten Arbeiten sind Beispiele für
eine green criminology, die weniger ideologisch gefärbt als vielmehr neugie-
rig darauf ist, wie sich Umweltkriminalität empirisch darstellt.15
5. Resümee
Fasst man entlang den von Reese formulierten Kriterien zusammen, lässt sich
die Frage nach einem möglichen environmental turn der Kriminologie fol-
gendermaßen beantworten: Bislang haben es die Protagonisten in ihren Trans-
formationsbestrebungen versäumt, ihren Forschungsgegenstand schlüssig zu
274 Beltz Juventa | Krim. Journal, 45. Jg. 2013, H. 4
15 Zu den Themenfeldern Umweltverschmutzung und der Dislokation von indigenen Völ-
kern, sowie dem illegalen Handel mit ozonabbauenden Stoffen lassen sich allenfalls
theoretische Abhandlungen und dokumentbasierte Fallstudien finden.
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definieren. Insbesondere der Versuch aus der Kriminologie eine Wissenschaft
von den Umweltschädigungen zu machen und die damit einhergehende Ver-
lagerung der Aufmerksamkeit der Disziplin weg von Straftatbeständen und
hin zu „social harm“ (auch der sog. „gewöhnlichen Leute“) gilt es verstärkt
zu reflektieren. Ferner betonen die Autoren einer green criminology zwar ihre
Unparteilichkeit und ihre Distanz von ökologischen Strömungen, doch hat die-
se junge Subdisziplin einen zuweilen stark politisch ambitionierten Beige-
schmack. Ruggiero (2011) weist mit Recht darauf hin, dass die green crimi-
nology näher an einem umweltpolitischen Aktivismus ist, als sie gegenwärtig
bereit ist anzuerkennen. Folgerichtig bemerkt Beirne (2011: 354):
„Perhaps it will turn out that green criminology is a flagship of current
convenience for the animal protection community rather than the result of
serious theoretical reflection. It will be most interesting to see how far this
latent conflict can be reconciled, though I hope it will not continue to be
greeted for too long with a worried ‚Sshhh!’“
Der mangelnde Anschluss an kriminologische Theorie wie auch die erst lang-
sam einsetzende „verbindliche Orientierung an der Empirie“ (Kerner 2012)
stellen dabei einen entscheidenden Kritikpunkt der bisherigen Entwicklungen
dar. Möchte die green criminology nicht aufgrund einer zeitweisen Beliebig-
keit in die Belanglosigkeit abrutschen, muss sie ihre Bemühungen auf empi-
rischer Ebene verstärken und sich einer ernsthaften Diskussion ihrer theore-
tischen Prämissen (ökophilosophische Grundlagen, analytische oder politische
Wissenschaft, harm oder crime) stellen.
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Holger Schmidt M.A., Wiss. Mitarbeiter
Institut für Kriminologie der Universität zu Köln
Albertus-Magnus-Platz
50923 Köln
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... It is worth noting that the same value of sanctions in the Member States is also not comparable to each other. For example, a certain level of sanctions may act as a deterrent in one country but not in another due to a higher level of income and a different -economic situation (Schmidt, 2013). ...
Article
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Each country in the European Union (EU) has its own legal system of environmental protection inc. rules of eco-crime fighting. The world copes environmental crime, developing better and better structures, laws and control systems. Establishing effective administrative sanction rules may help decrease environmental damage. The goal of the paper is the comparison of administrative sanctions for environmental crime in five different areas of the EU: France, Germany, Italy, Spain and Poland. The mechanisms of sanctions, fines and penalties in studied areas are based on financial fines. Although the states do their best to develop the most effective tools possible to enforce environmental protection and control its quality, it is not always possible in reality. Understanding and weighing the value of environmental destruction is difficult. It takes into account the human, economic and ecological aspects (considering the quality of the environment closest to the natural state).
... Unter anderem der labeling approach hatte dies ausgiebig diskutiert. Unbehagen mit den definitorischen Grenzbestimmungen der Strafjustiz ist zwar nicht neu; aktualisiert wurde diese Debatte zuletzt im Zusammenhang der sich etablierenden green criminology (Schmidt 2013) sowie der zemiology (Boukli/Kotzé 2018). Allerdings scheint es nicht, dass die narrative criminology die damit aufgeworfenen Probleme zu lösen in der Lage ist, wenn sie die nur scheinbar objektive Kategorie "Kriminalität" durch die nur scheinbar objektive Kategorie "Schaden" ergänzt oder substituiert. ...
Article
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In English-speaking criminology there is a lot of talk about narratives at the moment. Recently, the umbrella term narrative criminology has been established for research that relates narratives and crime or crime control. This is a new approach to an older topic; narratives have been a subject of criminological research in many ways for quite some time. We begin by describing the starting point of the topic in order to contrast it with the specific direction taken by leading representatives of narrative criminology. In particular, we focus on the question of whether it can rightly claim to open up new theoretical and/or empirical perspectives on critical criminology. We raise doubts in this regard. From our point of view, it seems difficult that narrative criminology is etiologically oriented to no small degree. Moreover, it makes use of a dualistic ontology that is simultaneously committed to a 'realistic' and a 'constructivist' understanding of reality. Although this approach can establish different criminological references, the downside is a certain inconsistency. Therefore, we postulate a more consistent constructiv-ist orientation, which makes it possible to analyze the constitution of crime as a culturally embedded narrative practice. Keywords: Narrative, Causality, Aetiology, Ontology, Critique
... Green criminology is a research area in criminology which deals with the analysis of criminal offences leading to environmental damage and/or destruction (Schmidt, 2013;. Thereby, green criminology includes topics, such as pollution crimes, withdrawal crimes, ecological additions and illnesses, overproduction and overconsumption, toxic towns and ecologically devastated communities but also wildlife crime, wildlife trafficking, smuggling and poaching (South, 2010;. ...
Chapter
In this chapter, the research design and methodology is described, including the methodological paradigm and research approaches. Data collection and data evaluation processes, as well as the analysis, interpretation and evaluation procedures, are presented. Finally, ethical aspects are considered and methodological limitations are emphasised. The chapter closes with a chapter summary.
Article
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This is the first article to propose the need for, and to discuss the scope of green criminology.
Chapter
Ich werde mich im folgenden einer rhetorischen Strategie bedienen, deren Ziel es ist, die traditionelle kritische Kriminologie so darzustellen, als ob sie keinerlei kritisches Potential mehr habe. Dabei werde ich so tun, als ließe sich die Geschichte dieses Projekts entlang einiger weniger Linien entwickeln, als hätte es eine einfach darzustellende interne Kohärenz gehabt und würde nun vor dem Problem stehen, sich erneuern zu müssen. Ich werde dabei einfach behaupten, daß sich die gesellschaftlichen Verhältnisse geändert haben und daß es deswegen sinnvoll sei, sich zu überlegen, wie kritische Kriminologie heutzutage denn sinnvoll zu betreiben sei. Dazu ist es notwendig, einige Stilisierungen vorzunehmen, die dem Selbstverständnis der Vertreter der kritischen Kriminologie sicher nicht immer gerecht werden. Das Problem dabei ist, daß es mir gelingt, diese Stilisierungen in einer Art zu entwickeln, die es kritischen KriminologInnen schwer macht, sie als traditionell abzutun.
Chapter
his chapter critically examines the ‘risk society’ thesis and the questions it raises concerning the definition and governing of environmental harms. We first outline the main features of Beck's approach to risk. The limitations of this work are then discussed drawing on social constructionist concepts to highlight the main areas of debate. Finally, we provide a critique of both realist and social constructionist perspectives on risk using the post-structuralist analytical frameworks of governmentality and actor-network theory. We argue that these two latter frameworks represent a coherent way of 1) moving beyond the dualistic objectivist/subjectivist thinking that characterises both realism and social constructionism, and 2) demonstrating the complex ways in which environmental harms are co-constructed as risks. BACKGROUND TO THE ISSUES To understand how environmental harms assume prominence as risks it is useful to consider first Ulrich Beck's seminal work, Risk Society: Towards a new modernity (1992). While Beck was by no means the first sociologist to write about the nature and management of risk, his work has had a major influence in environmental sociology and therefore provides a starting point in exploring the sociological literature on the production, definition and responses to ecological harms. Emergence of the risk society Beck's Risk Society is a theory of modernisation. It describes a shift from classical to reflexive modernisation. For Beck, classical modernisation is characterised by a politics centred on material progress and the distribution of wealth and prosperity (‘goods’).
Article
This article draws on the leading crime theories and the limited research on animal abuse to present a theory that explains why individuals engage in animal abuse. First, I describe the immediate determinants of animal abuse. Animal abuse is said to result from ignorance about the abusive consequences of our behavior for animals, the belief that abuse is justified, and the perception that abuse is personally beneficial. Second, I describe an additional set of factors that have both direct effects on animal abuse and indirect effects through the above three factors. These additional factors include individual traits, like empathy; the individuals socialization; the individuals level of strain or stress; the individuals level of social control; the nature of the animal under consideration; and the individuals social position.