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Adjektivische Konzeptstellvertreter und ihre Funktion im Diskurs um Energie und Klima. Eine Fallstudie zur Volkswagen AG

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Adjektive wie sauber/clean und grün/green oder blau/blue werden von Unternehmen gerne als Teile von Markennamen eingesetzt und tragen überdies erheblich zur ausdrucksseitigen Ausgestaltung leitender ökologischer Konzepte bei. In diesem Beitrag werden die Ausdrücke deshalb in ihrer Funktion als Stellvertreter von Konzepten untersucht, die sich im Zuge übergeordneter Diskursdynamiken verändern und entwickeln. Als Bei-spiel dienen Texte der Volkswagen AG (Nachhaltigkeitsberichte) sowie Medientexte, die einen Ausschnitt des Diskurses um Energie und Klima darstellen. Die Untersuchung zeichnet die semantische Flexibilität der genannten Adjektive nach und betrachtet sie im Kontext des Paradigmas starker Marken.
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In: Rosenberger Staub, N.; Kleinberger, U. (2017) Energiediskurs. Perspektiven auf Sprache- und
Kommunikation im Kontext der Energiewende. (Sprache in Kommunikation und Medien, Bd.
10). Bern, Peter Lang. S.241267.
CAROLIN SCHWEGLER
Adjektivische Konzeptstellvertreter und ihre Funktion im
Diskurs um Energie und Klima. Eine Fallstudie zur
Volkswagen AG
Adjektive wie sauber/clean und grün/green oder blau/blue werden von Unternehmen gerne
als Teile von Markennamen eingesetzt und tragen überdies erheblich zur ausdruckssei-
tigen Ausgestaltung leitender ökologischer Konzepte bei. In diesem Beitrag werden die
Ausdrücke deshalb in ihrer Funktion als Stellvertreter von Konzepten untersucht, die
sich im Zuge übergeordneter Diskursdynamiken verändern und entwickeln. Als Bei-
spiel dienen Texte der Volkswagen AG (Nachhaltigkeitsberichte) sowie Medientexte,
die einen Ausschnitt des Diskurses um Energie und Klima darstellen. Die Untersu-
chung zeichnet die semantische Flexibilität der genannten Adjektive nach und betrach-
tet sie im Kontext des Paradigmas starker Marken.
1. Unternehmen als Akteure des Klimaschutzdiskurses
Einleitung und Fragestellung
Die Themen ‚Energie‘, CO2-Ausstoß‘ und ‚Klima‘ bilden einen gemeinsamen
Themenkomplex (Klimaschutz), der neben Themen wie ‚Natur- und Land-
schaftsschutz‘ oder ‚Biodiversität‘ dem Metathema ‚Umweltschutz und Nach-
haltigkeit‘ zugeordnet werden kann. Seit dem Weltklimagipfel in Kyoto im Jahre
1997 und den dort beschlossenen Zielen zur CO2-Reduktion wird der The-
menbereich ‚Klimaschutz‘ politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich zwei-
felsohne als prioritär für die Nachhaltigkeit betrachtet. Ebenso wie Politik und
öffentliche Medien dabei ihren Beitrag als Diskursakteure leisten, beeinflussen
multinationale Unternehmen die Ausrichtung des Klimadiskurses. Aus unter-
nehmerischer Perspektive betrachtet, sind die Themen ‚Energie‘ und ‚Klima‘
wichtige Punkte einer Nachhaltigkeitsstrategie.
242 Carolin Schwegler
Hierbei tragen Adjektive wie sauber/clean und grün/green oder wie im hier
untersuchten Beispiel zur Volkswagen AG (im Folgenden: VW AG) auch
blau/blue erheblich zur ausdrucksseitigen Ausgestaltung leitender ökologischer
Konzepte
1
bei und werden von Unternehmen gerne als Teil einer Marke und
als strategisches Alleinstellungsmerkmal inszeniert (beispielsweise GOGREEN,
Deutsche Post (Produktmarke), vgl. „In einer diachronen Betrachtung spiegeln
die genannten Adjektive übergeordnete Dynamiken wider. Sie treten als Kon-
zeptstellvertreter in Erscheinung, d. h. sie werden als unternehmerische Identi-
tätsstifter und als zusammenfassende Ausdrücke von Leitkonzepten verschie-
denster Bedeutungsinhalte genutzt.
Da die Aushandlung von Marken (und somit ihr gesellschaftliches
Standing) in der Alltagssprache stattfindet (vgl. Kastens/Lux 2014: 26), sind
alltagssprachlich häufig verwendete Adjektive und vor allem Farbadjektive, die
eine Verbindung zur visuellen Ebene von Marken herstellen können, eine
dankbare Hülle für nachhaltige unternehmerische Klimakonzepte. Wie der se-
mantische Aufbau dieser Konzeptstellvertreter, ihre spätere strategische Über-
holung oder aber die (krisenresistente) Verankerung als Marke im Diskurs von-
stattengeht, soll in diesem Beitrag anhand einer diachronen Betrachtung der
Nachhaltigkeitskommunikation (Nachhaltigkeitsberichte) der VW AG nachge-
zeichnet und untersucht werden. Ziel des Beitrages ist es, die Flexibilität und die
Funktionsweise der Adjektive als Konzeptstellvertreter aufzuzeigen.
1
Mit dem Ausdruck Konzept werden grundsätzlich „ganzheitlich organisierte Be-
wusstseinsgehalte bzw. Wissenseinheiten“ (Konerding 2008: 127) bezeichnet. Im An-
schluss an Barsalou (1992) kann für linguistische Zwecke festgehalten werden, dass Kon-
zepte kognitive Einheiten oder Inhaltskomponenten sind, an denen Bedeutungskompo-
nenten identifiziert werden können, die sich auch ausdrucksseitig (beispielsweise im
Kontext oder in der Diskursumgebung) manifestieren (vgl. Felder 2013: 21).
Adjektivische Konzeptstellvertreter und ihre Funktion im Diskurs um Energie und Klima 243
2. Diskurs und Textkorpus
2
Das der Untersuchung zugrunde liegende Textkorpus zur VW AG besteht aus
zwei Vergleichskorpora,
3
die im Zuge einer größeren diachronen Analyse zur
ökologischen Nachhaltigkeit von verschiedenen DAX-Unternehmen neben
weiteren unternehmerischen Vergleichskorpora konstituiert wurden (vgl. Sch-
wegler i.V.; zur Untersuchungsbeschreibung: Burel/Schwegler 2014).
Das eine der beiden hier verwendeten Korpora enthält die Nachhaltig-
keitsberichte der VW AG von 19952014 (insgesamt zwölf Berichtsbroschüren,
teilweise mit Berichtszeiträumen von zwei Jahren), die normalerweise im jährli-
chen Turnus angefertigt werden und im ersten Quartal des Folgejahres erschei-
nen. Nachhaltigkeitsberichte stellen die jeweils aktuelle Synopse der Nachhal-
tigkeitskommunikation von Unternehmen dar und enthalten dabei neben be-
richtenden und technischen Details auch strategische Komponenten bezie-
hungsweise Textteile, die die Nachhaltigkeitsstrategien beschreiben. Einzelne
Phrasen und Argumentationsweisen können dabei als übergeordnet bezeichnet
werden, d. h. sie sind in anderen Kommunikaten des Unternehmens zu finden,
beispielsweise in der PR-Kommunikation oder in der Produktwerbung. Die
beschriebene Univokalität unterstützen Untersuchungen zur Unternehmensi-
dentität/Corporate Identity, die Nachhaltigkeitskommunikation als einen Be-
reich der Identitätsausprägung von Unternehmen ansehen (Ko-Konstitution
von Unternehmensidentität, vgl. Burel 2015: 193). Dort wird gezeigt, wie im
Hinblick auf konsistente Identitätsbildung und -vermittlung in der gesamten
unternehmerischen Kommunikation einheitliche Konzepte, bis hin zu gleichen
Formulierungen, genutzt werden.
2
Die Texte des verwendeten Korpus sind über Medienarchive und das Publikationsarchiv
der VW AG öffentlich zugänglich. Alle hier als Beispiel zitierten Texte erscheinen in der
Bibliographie am Ende dieses Artikels, ein Überblick über das gesamte Korpus kann bei
der Autorin erfragt werden.
3
Die diachronen Sammlungen schriftlicher Texte werden hier „Vergleichskorpora“ ge-
nannt, da sie zum Zwecke eines Vergleichs von Argumentationsweisen zusammengestellt
wurden und jeweils aus einem Korpus aus Unternehmenstexten sowie einem Korpus aus
Printmedientexten bestehen. Die Textauswahl der Medientexte ist in der thematischen Über-
einstimmung begründet, auf die sich nach Busse/Teubert (2013: 16f.) die Korpuskonstitu-
tion von Untersuchungsdiskursen/Diskursausschnitten stützen kann. Der Untersu-
chungszeitrum beginnt mit dem ersten Nachhaltigkeitsbericht der VW AG.
244 Carolin Schwegler
Das zum Korpus aus Nachhaltigkeitsberichten thematisch korrespon-
dierend konstituierte Vergleichskorpus aus Printmedientexten wird in diese
Untersuchung einbezogen, um die Eingliederung der untersuchten Adjektive als
reguläre und übliche Ausdrücke des Klimadiskurses in den alltäglichen Sprach-
gebrauch zu überprüfen (zur thematischen Korrespondenz in Diskursen vgl.
Konerding 2007: 110f.). Das Vergleichskorpus besteht insgesamt aus 140 Me-
dientexten der überregionalen Tageszeitungen Frankfurter Allgemeinen Zeitung
(FAZ), Süddeutsche Zeitung (SZ) sowie taz.die tageszeitung (taz) und erstreckt
sich über den Zeitraum von 1995 bis 2015.
Die beiden Teile des Untersuchungskorpus sind über ihre thematische
Ausrichtung, die den Hauptakteur VW AG und die ökologische Nachhaltigkeit
fokussiert, ausgewählt und miteinander verbunden (vgl. Busse/Teubert 2013: 17
sowie Konerding 2007: 110f.). Übergeordnet bedeutet dies, dass sich alle Ein-
zeltexte der Archivsuchanfrage ‚Umweltschutz/ökologische Nachhaltigkeit
UND Volkswagen/VW AG‘ zuordnen lassen. Die darin versammelten Sub-
themen, die in den Einzeltexten entfaltet werden (vgl. Brinker/Cölfen/Pappert
2014; Konerding 2007), umfassen Aspekte zur ‚allgemeinen Umweltver-
schmutzung/Umweltverträglichkeit‘, zu ‚Treibstoff‘, ‚Rußfiltern‘,
CO2-Ausstoß‘, ‚Ökoauto-Modellen‘, ‚Kaufentscheidungen‘ und zu ‚Green-
washing‘ sowie zur ‚Mobilitätskultur‘ und ‚nachhaltiger Mobilität in der Zu-
kunft‘. Bis auf das Thema ‚Greenwashing‘ sind all diese thematischen Aspekte
auch in den Nachhaltigkeitsberichten der VW AG enthalten. Wichtige Aspekte
und neuere Entwicklungen der Jahre 2015 und 2016,
4
die die Unterneh-
menskrise der VW AG und die damit verbundenen Abgasmanipulationen be-
treffen, konnten als Äquivalent zu den Nachhaltigkeitsberichten nur aus
Onlinebeiträgen der VW AG (beispielsweise <www.volkswagen.de>; <www.
thinkblue.volkswagen.com>) recherchiert werden, da der Nachhaltigkeitsbericht
2014 im März des Jahres 2015 veröffentlicht wurde und somit keine Reaktionen
auf die Unternehmenskrise beinhaltet.
Für die im Folgenden beschriebene Untersuchung treten nun die Ausdrü-
cke sauber/clean, grün/green und blau/blue in den Vordergrund. Dabei werden sie
als eigenständige Ausdrücke inklusive Deklinations- und Komparationsformen
sowie als Konstituenten von Komposita und Phraseologismen berücksichtigt.
4
Für diese Untersuchung konnten ausschließlich Informationen zur Unternehmenskrise
der VW AG verwendet werden, die vor Februar 2016 veröffentlicht wurden.
Adjektivische Konzeptstellvertreter und ihre Funktion im Diskurs um Energie und Klima 245
3. Die alltagssprachliche Verwendung von sauber, grün und blau
Die Ausdrücke sauber, grün und blau sind neben ökologisch/öko, biologisch/bio und
nachhaltig musterhaft genutzte und zunächst positiv konnotierte Adjektive des
hier untersuchten Klimadiskursausschnittes.
5
Je nach Kontext beinhalten sie im
allgemeinen Sprachgebrauch allerdings weitere Bedeutungen, die in keiner Ver-
bindung zu den Themen ‚Klima‘, ‚Energie‘ oder ‚Nachhaltigkeit‘ stehen. Dieses
Spektrum muss zunächst kurz betrachtet werden, um die semantische Erweite-
rung durch die wirtschaftlichen Akteure herausstellen zu können.
Adjektive dienen bekanntlich als Modifikatoren von Nomina. Sie cha-
rakterisieren Gegenstände und schreiben ihnen Eigenschaften zu. Grün und blau
fungieren als Farbadjektive in erster Linie zur Beschreibung von Farbei-
genschaften von Gegenständen und besitzen darüber hinaus noch metapho-
rische Bedeutungen. Diese sowie wichtige Bedeutungsbereiche und Synonyme
der hier untersuchten Adjektive werden nun für das Deutsche und das Engli-
sche
6
auf der Grundlage ihrer Wörterbucheinträge skizziert.
7
Da es sich bei grün
und blau um Farbadjektive handelt, muss in diesen Fällen auch die Verbindung
zur visuellen Gestaltung der Texte betrachtet werden.
5
Im Zusammenhang mit ökologisch/öko, biologisch/bio und nachhaltig haben sich sowohl in
diesem Diskursausschnitt als auch alltagssprachlich in phraseologischer Verwendung
feststehende Begriffe entwickelt (Biodiesel, Ökostrom, Nachhaltige Entwicklung, vgl.
Dudenredaktion 2015). Komposita mit ‚Öko-‘ werden aber heute schon etwas seltener
genutzt Ökostrom wird v.a. in Nachhaltigkeitsberichten beispielsweise durch grüne Energie
ersetzt (vgl. Schwegler i. V). In der ökonomisch-technisch geprägten Nachhaltigkeitsde-
batte ist öko teilweise mit ‚rückständig‘ konnotiert (vgl. zu entsprechenden Veränderungen
in Umweltdiskursen Keller/Poferl 2011 oder auch ausführlich, allerdings ohne neuere
Entwicklungen Jung 1994).
6
Das Englische ist hier neben dem Deutschen von Bedeutung, da einige Markennamen
und strategische Konzeptausdrücke im Kontext multinationaler Unternehmen inter-
nationale Gültigkeit besitzen und universal verständlich sein sollen. Beispielsweise werden
die fokussierten Konzeptausdrücke im hier untersuchten Diskursausschnitt, der die
deutschsprachigen Texte eines multinationalen Unternehmens fokussiert, teilweise nicht
übersetzt, im Gegensatz zum regulären Fließtext, Slogans, etc.
7
Die folgende Skizze von Bedeutungen und Synonymen ist als Zusammenfassung und
Auswahl zu verstehen und kann aus Platzgründen nicht der Vollständigkeit entsprechen.
Die Zusammenfassungen sind im Sinne der Unterkategorien getroffen, die der Duden
(Dudenredaktion 2015) für das Deutsche und das Oxford Dictionary (Stevenson 2010)
für das Englische vorgeben.
246 Carolin Schwegler
a) sauber/clean
8
Das Bedeutungsspektrum von sauber umfasst im Deutschen vor allem den Be-
reich der Hygiene und der positiven Entsprechung von etwas. Der Ausdruck
wird genutzt, wenn Handlungen oder Zustände ‚frei von etwas‘ sind oder den
Erfordernissen/Normen entsprechen. Individuen werden als sauber bezeichnet,
wenn sie ‚reinlich‘, ‚auf Sauberkeit bedacht‘ oder aber ‚ehrenhaft‘, ‚fair‘ und
‚respektabel‘ sind. Umgangssprachlich kann der Ausdruck Anerkennung im
Sinne von ‚beachtlich‘, ‚ansehnlich‘ oder ‚schmuck‘ ausdrücken. Sauber und vor
allem die englische Entsprechung clean hat im deutschen Kontext die zusätzliche
Bedeutung ‚nicht mehr drogenabhängig‘ sein.
Im Englischen zeigt sich ein Bedeutungsfeld, das im Kern dem deutschen
sauber entspricht, aber in manchen Bereichen etwas umfangreicher ist. So be-
schreibt clean in der englischen Sprache verstärkt Ungenutztes/Neues oder Ge-
sundes und besitzt eine etwas stärkere moralische Komponente (z.B. ‚morally
uncontaminated‘, ‚not sexually offensive or obscene‘). Clean wird außerdem im
ästhetischen Bereich mit der Bedeutung ‚einfach‘, ‚elegant‘ oder ‚symmetrisch‘
genutzt und ist mit dieser Konnotation auch als Anglizismus im Deutschen
vertreten.
In deutschsprachigen Wörterbüchern ist in jüngerer Zeit außerdem ein zu-
sätzliches Bedeutungsfeld von sauber entstanden, das in älteren Ausgaben (vgl.
Dudenredaktion 1996) nicht vorhanden ist. Es betrifft den Bereich Klima- und
Umweltschutz und hat sich aus dem Bedeutungsaspekt ‚frei von Schadstof-
fen/Emissionen‘ weiterentwickelt. Der aktuelle Duden (Dudenredaktion 2015)
hrt als Synonyme von sauber mit dem Hinweis auf eine fachsprachliche Nut-
zung außerdem emissionsarm, ökologisch, umweltfreundlich, umweltverträglich, unschädlich,
schadstoffarm und schadstoffreduziert auf. Da die VW AG den Ausdruck beispiels-
weise schon im Jahr 1995 in adverbialer Form (sauber fahren) im Kontext von
‚effizient‘ (Motor) und ‚emissionsmindernd‘ (Treibstoff) verwendet (vgl. hierzu
Abschnitt 5 und 6 dieses Artikels), spricht dies nicht nur für eine sukzessive
Prägung des alltagssprachlichen Ausdrucks durch naturwissenschaft-
lich-technische Fachbereiche, sondern ebenso für eine mögliche Prägung durch
die Industrie.
8
Für Unterkapitel a) werden folgende Wörterbucheinträge als Quellen herangezogen und
bei Nennung von Synonymen oder Bedeutungen nicht separat angeführt: Du-
denredaktion (2015: 1506f.); Stevenson (2010: 322f.).
Adjektivische Konzeptstellvertreter und ihre Funktion im Diskurs um Energie und Klima 247
b) grün/green
9
Der Ausdruck grün ist zunächst ein Farbadjektiv und bezeichnet die Farbei-
genschaft eines Gegenstandes. Außerdem ist er die Bezeichnung für die Farbe
Grün (Substantiv), die u.a. als Zeichen des Fortfahrens (Ampel) eingesetzt wird.
Das Bedeutungsspektrum von grün umfasst im Deutschen im Wesentlichen den
Bereich der Frische und der Unreife. Beides gilt für Pflanzen, letzteres
auch für Personen, allerdings in eher abwertender Konnotation (‚wenig Erfah-
rung/geistige Reife‘, ‚kindisch‘, ‚naiv‘). Entitäten werden überdies als „grün“
bezeichnet, wenn sie ‚dem Umweltschutz verpflichtet/zuträglich‘ sind und die-
sen fördern. Im Bereich der Politik steht grün in Deutschland für ‚eine Partei, zu
deren hauptsächlichen Anliegen die Ökologie gehört‘. Abgesehen davon be-
deutet die Phrase jemandem nicht grün sein, dass man jemandem nicht wohlge-
sonnen ist, und der Ausdruck dasselbe in Grün, dass man (fast) dasselbe meint.
Insgesamt überwiegt allerdings der ökologische Aspekt: Im Duden (2015)
sind diverse Synonymvarianten von biologisch-dynamisch und naturgemäß bis hin zu
umweltbewusst und alternativ verzeichnet.
Abgesehen von den beiden Phrasen zeigt sich im Englischen für green ein
sehr ähnliches Bedeutungsfeld (Frische, Unreife, (politischer) Umweltschutz).
Zusätzlich ist noch die Bedeutung ‚neidisch‘ möglich. Umgangssprachlich wird
der Ausdruck green außerdem als Synonym für Geld, Cannabis oder Gemüse
(greens) genutzt.
In metaphorischer Verwendung steht (schönes) Grün in Mitteleuropa für
die Hoffnung, aber auch für Umwelt- und Naturschutz (vgl. Heller 2004). In
Nachhaltigkeitsberichten vieler Unternehmen ist die Kapiteleinleitung zum
ökologischen Teil in Grün visualisiert, diejenige zum sozialen Teil häufig eher in
Rot. Es zeigt sich deutlich, dass grün/Grün als Farbe, Farbbezeichnung, Farb-
metapher und als Adjektiv sehr stark mit den Bereichen Natur- und Um-
welt(-schutz) sowie der Nachhaltigkeit verbunden ist. In den hier zugrunde-
liegenden Texten spielt allerdings noch ein weiteres Farbadjektiv (blau) eine
tragende Rolle, das nun in seiner alltagssprachlichen Verwendung beschrieben
wird.
9
Für Unterkapitel b) werden folgende Wörterbucheinträge als Quellen herangezogen und
bei Nennung von Synonymen oder Bedeutungen nicht separat angeführt: Dudenredakti-
on (2015: 762ff.); Stevenson (2010: 767).
248 Carolin Schwegler
c) blau/blue
10
Das Bedeutungsspektrum von blau konzentriert sich neben der Bezeichnung
einer Farbeigenschaft im Deutschen maßgeblich auf den Zustand starker Alko-
holisierung. In Verbindung mit dem Verb machen ist blau außerdem ein Synonym
von frei. Die Phrase das Blaue vom Himmel herunter erzählen bedeutet, dass man eine
Lüge erzählt oder etwas nicht wahrheitsgemäß ausschmückt. Im Deutschen
sowie auch Englischen wird blau (beziehungsweise blue) in der Wendung ins
Blaue/into the blue oder aus dem Blauen heraus/out of the blue im Sinne von ‚ohne Ziel
und Zweck‘ und ‚ohne ersichtlichen Grund/aus dem Nichts heraus‘ genutzt. Im
Englischen fehlt die Verbindung zum Zustand der Alkoholisierung gänzlich,
stattdessen beschreibt blue neben der Farbeigenschaft hauptsächlich den Zu-
stand der Melancholie. Außerdem steht blue r das Unbekannte sowie im poli-
tischen Bereich für das Konservative.
Die Farbmetaphorik von „Blau“ ist laut Heller (2004) und Küthe/Küthe
(2002) für Mitteleuropa in mehrere Facetten aufgeteilt: Ein helles Blau sym-
bolisiert beispielsweise eher Kälte und Frische, wohingegen ein dunkles Blau
mit Qualität und Treue konnotiert ist. In der ökologischen Nachhaltigkeits-
kommunikation wird für Themen mit Klimabezug eher ein helles Blau ver-
wendet. Dunkles Blau findet bei einzelnen Unternehmen Verwendung im öko-
nomischen Teil beziehungsweise im Bereich der Kennzahlen. Blau ist aufgrund
der metaphorischen Nähe zur Kühle, Frische, dem Meer oder zu (klarem) Was-
ser und der Verbindung zu clear im Englischen (out of the clear blue sky aus dem
Nichts heraus) auch stark mit Reinheit konnotiert. Diese Verbindung wird im
Klimaschutzkontext verstärkt (vgl. Abschnitt 5).
4. Konzeptstellvertreter im Spiegel von Produktnamen, Serien-
und Markenbezeichnungen
Da sauber/clean, grün/green und blau/blue in ihrer Funktion als Konzeptstellver-
treter auch als Teile von Markennamen genutzt werden, soll nun das Phänomen
der Markenbezeichnung als Baustein von Unternehmenskommunikaten und
10
Für Unterkapitel c) werden folgende Wörterbucheinträge als Quellen herangezogen und
bei Nennung von Synonymen oder Bedeutungen nicht separat angeführt: Dudenredak-
tion (2015: 328); Stevenson (2010: 184).
Adjektivische Konzeptstellvertreter und ihre Funktion im Diskurs um Energie und Klima 249
-strategien sowie die Integration ökologischer Leitkonzepte in Marken-
bezeichnungen betrachtet werden.
Im Bereich der Produktbezeichnungen müssen Produkt-, Marken- und
Firmennamen sowie Serienbezeichnungen unterschieden werden (vgl. Janich
2013: 63). Zu Produkt- und Markenbezeichnungen existieren eine Reihe lin-
guistischer Arbeiten, beispielsweise zu Produktnamen (Platen 1997) oder zum
Markenphänomen im Allgemeinen (Kastens 2008).
Mit Verweis auf das Bühler’sche Organon-Modell beschreibt Janich (2013:
64f.) die Funktionen von Produkt- und Markennamen im Unterschied zu regu-
lären Appellativen und Eigennamen. Dabei unterscheidet sie zunächst Eigen-
namen von Appellativen:
Eigennamen unterscheiden sich von (appellativischen) sprachlichen Zeichen dadurch,
dass sie statt einer objektbezogenen Darstellungsfunktion eher eine Identifizierungs-
funktion [für das Benannte], statt einer senderbezogenen Ausdrucks- eher eine direkt
hinweisende (= deiktische) Funktion [für die SenderInnen] und statt einer empfän-
gerbezogenen Appell- eher eine Erkennungsfunktion [für die RezipientInnen] haben
(Janich 2013: 64f.).
Die Bedeutungsseite ist bei Appellativen wichtiger als bei Eigennamen, sie muss
bei Letzteren nicht immer vorhanden sein beziehungsweise spielt sie höchstens
eine untergeordnete Rolle. Bei Eigennamen steht die Referenz- und Identifika-
tionsfunktion im Vordergrund.
Produktnamen sollten im Idealfall beide funktionalen Ausprägungen ver-
einen, um neben der Identifikation (Abgrenzung und Wiedererkennung) auch
noch werberelevante Informationen zu vermitteln, die eine Signal- und Appell-
funktion für RezipientInnen enthalten (vgl. Janich 2013: 65). Dabei sind Pro-
duktnamen häufig aus mehreren Teilen zusammengesetzt. Beispielsweise be-
steht der Produktname VW Golf 1,6 TDI BlueMotion aus dem Un-
ternehmensnamen (VW), der Produktmarke (Golf) und ist durch Hinweise auf
Antriebs- und Motoreigenschaften (1,6 TDI
11
BlueMotion) ergänzt. Die Be-
zeichnung BlueMotion verweist gleichzeitig auf eine produktübergreifende Serie,
die verschiedene Modelle der Produktpalette in eine Kategorie (Blue-
Motion-Modelle) zusammenfasst und als Marke konzipiert ist. BlueMotion steht
für bestimmte Eigenschaften, die den Antrieb näher bestimmen (blue charakteri-
11
1,6 stellt in der Maßeinheit Liter die Angabe zum Hubraum dar, genauer 1,6/1598
(l/cm³); TDI [Turbocharged Direct Injection] ist die Abkürzung für Turbodiesel mit
Direkteinspritzung (vgl. VW AG 1995: 17, 19).
250 Carolin Schwegler
siert motion), wobei blue dabei ein bestimmtes Konzept (beispielsweise besonders
effizient und umweltfreundlich) vertritt (vgl. Abschnitt 5).
Neben der Aufgabe, Produkteigenschaften zu beschreiben, sind die Ad-
jektive sauber, grün und blau sowie ihre englischen Entsprechungen hier aber
auch mit strategisch-konzeptuellen Funktionen auf Unternehmensebene verse-
hen, worauf ihre Verwendung als Teil der übergeordneten Serienmarke schon
hindeutet. Auf dieser übergeordneten Ebene haben die hier fokussierten Adjek-
tive die Aufgabe, in einem unternehmensstrategischen Rahmen bestimmte
Konzepte von ökologischer Nachhaltigkeit dominant zu setzen. Das bedeutet,
sie sollen die unternehmerische Haltung und Identität unterstützend flankieren,
indem sie zum einen konzeptuelle Leitprinzipien unterstreichen sowie diese auf
einfache Weise in Unternehmens- oder Produktbereiche tragen und zum ande-
ren, indem sie die unternehmerischen Leitkonzepte nach außen, gegenüber
älteren oder konkurrierenden Konzepten abgrenzen. Diese Aufgaben müssen in
dynamischen Prozessen umgesetzt werden (vgl. Kastens/Lux 2014: 39), um
markenstrategisch Relevanz zu behalten. Aus diesem Grund wird in der nun
folgenden diachronen Bestandsaufnahme ein ausdrucksseitiger, aber auch kon-
zeptueller Wandel sichtbar.
5. Ein diachroner Blick auf die Ausdrucksseite von sauber, grün
und blau in den Nachhaltigkeitsberichten der Volkswagen
AG eine Bestandsaufnahme
Wie und wann die untersuchten Ausdrücke in den Nachhaltigkeitsberichten der
VW AG (19952014) als Konzeptstellvertreter genutzt werden, welche Bedeu-
tungen sie dabei zugeschrieben bekommen und für welche Themenbereiche sie
eingesetzt werden, soll nun in diesem Abschnitt beschrieben werden, bevor die
Ausdrücke in Abschnitt 6 übergeordnet hinsichtlich der Leitkonzepte und der
medialen Rezeption diskutiert werden.
Alle Komponenten, die jeweils in das Bedeutungsspektrum der genutzten
Ausdrücke integriert und im Folgenden als zugeschriebene Eigenschaften bezeichnet
werden, sind nicht analog aus Implizitem konstruiert, sondern werden gleichzei-
tig ausdrucksseitig im syntagmatischen Umfeld des jeweiligen Ausdruckes auf-
gefunden. Dies ist für die teilweise rechtfertigende, erklärende, berichtende,
informierende, definierende und zusammenfassende Textsorte der Nachhaltig-
keitsberichte grundlegend: Wichtige strategische Handlungen, Ereignisse, Ei-
Adjektivische Konzeptstellvertreter und ihre Funktion im Diskurs um Energie und Klima 251
genschaften oder Zustände, denen ein Konzept (durch einen Stellvertreter)
zugeschrieben wird oder werden soll, werden in Nachhaltigkeitsberichten aus-
nahmslos explizit typisiert, um ihrem Ziel (ein Konzept dominant zu setzen)
eine inhaltlich-konzeptuelle Füllung zu geben. Die im Folgenden genannten
Themen, auf die sich die Konzeptstellvertreter beziehen, werden nach der (aus-
drucksseitig vorhandenen) Nennung hyperonymisch zusammengefasst, um den
jeweiligen übergeordneten Themenbereich beschreiben zu können und dadurch
Veränderungen auf der Metaebene zu erkennen.
a) grün/green
12
Tab. 1: Diachrone Bestandsaufnahme zu grün/green.
12
Tab. 1 und Tab. 2: Die in der Tabelle aufgeführten Anführungszeichen sowie die Groß-
und Kleinschreibung sind aus dem Originaltext übernommen, die adjektivischen Flexio-
nen aus dem Fließtext sind in den Nominativ gesetzt.
Jahr
Ausdruck mit Konzeptstell-
vertreter
Themenbereich
Kontextuell ausdrucksseitig vor-
handene Beschreibung
1999
2000
grüne Hotline, grüne
Werkstour/-rallye
Umweltbildung
nachhaltig, zukunftsfördernd
2007
2008
Green Future
Environmental
Education Initiative
Umweltbildung
(China)
nachhaltig, zukunftsfördernd
2007
2008
grüne Olympiade
Olympiade (China)
nachhaltig, umweltschützend
2009
2010
Green IT
Ressourcen
effizient, nachhaltig
2009
2010
„grüne Mobilität“
Automobilbau all-
gemein
neue ökologische Maßstäbe,
nachhaltig, sauber, sparsam
2009
2010
„grüner“ Konzern,
„grünster“ Autohersteller
Wirtschaft, Unter-
nehmen
ökologisch, nachhaltig
2009
2010
unsere blaue „grüne
Marke“
Marken, Produkte
ökologisch, nachhaltig
2011
„grüner“ Strom
Energie
regenerativ, CO2-neutral
2012
Green Logistics, grüner Zug
Logistikprozesse
nachhaltig [ökonomisch sinnvoll]
2012
grünste deutsche Marke
Rankings
nachhaltig
2013
grüne Energie
Energie
regenerativ, CO2-neutral
2013
grüne Konzepte
Strategie
nachhaltig
2014
Grünstrom
Energie
Ökostrom, Windenergie
252 Carolin Schwegler
In Tabelle 1 sowie der unter b) folgenden Tabelle 2 sind erste Nennungen und
Zeitpunkte semantischer Änderungen aufgeführt. Das Bestehen und Abklingen
der Ausdrucksformen wird im Folgenden beschrieben.
13
Im Jahr 1999 wird der Ausdruck grün in den Nachhaltigkeitsberichten der
VW AG zum ersten Mal genannt. Es handelt sich dabei nicht um die Beschrei-
bung von Produktbezeichnungen oder -marken, sondern den Themen ‚Werks-
rallye‘ und ‚Werkstour‘ werden die Eigenschaften ‚nachhaltig‘ und ‚zukunfts-
fördernd‘ zugeschrieben. Die beiden Ereignisse können zum übergeordneten
Themenbereich ‚Umweltbildung gezählt werden. Dies bleibt bis 2004 als kon-
zeptuelle Nutzung von grün bestehen. 2007/2008 wird zum ersten Mal green in
ähnlich konzeptionellem Sinne gebraucht, allerdings handelt es sich um eine
einmalige Initiative in China, die im Zuge der Olympischen Spiele 2008 statt-
findet und deshalb eine internationale Bezeichnung bekommt. Von 2009 bis
heute ist green im Ausdruck Green IT vertreten, was bezüglich der in diesem Ge-
schäftsbereich verwendeten Ressourcen als effizienter und nachhaltiger Um-
gang umschrieben wird. Ab 2012, ebenfalls bis heute andauernd, kommt in
ähnlicher Manier Green Logistics hinzu. Die nachhaltige Logistik ist allerdings
stark von ökonomischen Nachhaltigkeitsprinzipien vereinnahmt und wird in
dieser Form in verschiedenen Unternehmen genutzt. Abgesehen davon bezie-
hen sich andere Verbindungen mit green auf fremde Markennamen und Namen
von Preisen und Auszeichnungen.
2009 beginnt der Einsatz des Adjektivs grün als Substitut von nachhaltig und
ökologisch im Fließtext (grün sein). Dementsprechend wird der Konzern als „grün“
bezeichnet und die VW AG möchte grünster Autohersteller werden. Ebenfalls 2009
wird grün im Produktbereich verwendet. Allerdings handelt es sich um eine Be-
zeichnung auf Metaebene: Mit grüner Mobilität ist ökologische, nachhaltige be-
ziehungsweise saubere
14
und sparsame Mobilität im Allgemeinen gemeint. Grün
gilt nicht als Alleinstellungsmerkmal der VW AG, was daran deutlich wird, dass
13
Die Nutzung des Farbadjektivs grün (beispielsweise für die grüne Farbe von Vegetation
oder für das grüne Ampellicht, aber auch für feststehende Wendungen wie grüne Welle
oder grüne Wiese) wird nicht beachtet, tritt aber ab und zu (unregelmäßig) auf. Außerdem
sind ebenfalls regelmäßig Ausdrücke wie Greencard oder Eigennamen wie Greenpeace ver-
zeichnet.
14
sauber wird im Umfeld der grünen Mobilität ab 2009 als normales Adjektiv genutzt. Wie
im weiteren Verlauf deutlich wird, ist die konzeptionelle Herausstellung von sauber 2008
abgeklungen und der Ausdruck wird regulär adjektivisch gebraucht, wobei die oben in
Abschnitt 3 angedeutete Aufweichung von ‚(schadstoff-)frei‘ zu ‚(schafstoff-)arm‘ zu er-
kennen ist.
Adjektivische Konzeptstellvertreter und ihre Funktion im Diskurs um Energie und Klima 253
zusätzlich das Adjektiv blau verwendet wird (unsere blaue „grüne Marke“ ). Blau
erscheint, wie unten in Tabelle 2 deutlich wird, als VW-internes Markenkon-
zept, grün ist dagegen ein allgemeines, beziehungsweise mit dem Bedeutungs-
spektrum ‚sauber‘ und ‚sparsam‘ ein branchenübergreifendes Nachhaltigkeits-
konzept und wird auf diese Weise von der VW AG auch bis 2013 weiter ge-
nutzt. Es weitet sich zwischen 2009 und 2013 semantisch und wird zum Syno-
nym eines breit aufgestellten Nachhaltigkeitsbegriffes. Eine Ausnahme bildet
die 2011 hinzugekommene Wendung grüner Strom, grüne Energie (2013) oder
Grünstrom (2014), die bis heute für Strom aus regenerativen Energiequellen steht
und in dieser Form keine semantische Erweiterung erfahren hat. Im Bericht von
2014 wird grün nicht mehr als Adjektiv mit der Bedeutung ‚nachhaltig‘ genutzt,
sondern ist nur noch als tatsächliches Farbadjektiv, Teil von Eigennamen von
Auszeichnungen, Awards oder Preisen vertreten.
Grün scheint als positiver Konzeptstellvertreter mit der Zeit zu einer Sätti-
gung und anschließenden Überreizung geführt zu haben und gilt ab ca.
2010/2011 eher als veraltet zumindest bezüglich Produkten und der Pro-
duktion. Der Ausdruck grün wird von der VW AG nie als essentieller Mar-
kenteil, sondern nur als Bezeichnungsform von Eigenschaften genutzt. Die
Darstellungsfunktion überwiegt jene der Identifikation klar und macht deutlich,
dass grün hier als Konzeptstellvertreter allgemeinerer Natur, aber nicht als
Markenteil mit Alleinstellungsmerkmal wirken kann.
b) sauber/clean und blau/blue
Sauber/clean und blau/blue werden in der folgenden Darstellung aufgrund von
chronologischen Auffälligkeiten (Bedeutungs- und Bezeichnungsebene) ge-
meinsam aufgeführt.
Tab. 2: Diachrone Bestandsaufnahme zu sauber/clean sowie blau/blue.
Jahr
Themenbereich
Kontextuell ausdrucksseitig
vorhandene Beschreibung
1995
Treibstoff,
Motor
effizient, emissionsmindernd
1999
2000
Motor
Effizient
2001
2002
Produktion
Recycling, Müllvermeidung
2003
2004
Treibstoff,
Motor
noch effizienter
254 Carolin Schwegler
Jahr
Ausdruck mit Konzeptstellvertre-
ter
Themenbereich
Kontextuell ausdrucksseitig
vorhandene Beschreibung
2003
2004
saubere Alternative, ultrasaubere
Kraftstoffe, saubere Motoren
Treibstoff,
Motor
noch effizienter
2005
2006
sauberer Diesel
Motor
effizienter
2007
2008
saubere Kraftstoffe
Treibstoff
(Synfuel)
schwefel- und aromatenfrei,
frei von
2007
2008
clean energy
Motor
emissionsmindernd
2007
2008
bluetec
Motor
verbrauchsarm, emissionsmin-
dernd
2007
2008
BlueMotion
KFZ, Motor
umweltfreundlich, effizient,
dynamisch, attraktiv, komforta-
bel, kostengünstig
2007
2008
BlueMotion
Initiative
umweltfreundlich, effizient,
nachhaltig, technologisch inno-
vativ
2009
2010
Ökolabel BlueMotion
KFZ
kostengünstig
2009
2010
blaue Eminenz,
BlueMotion Technologies
KFZ, Motor
umweltgerecht, effizient, (tech-
nologisch) innovativ, dyna-
misch, emissionsarm
2009
2010
unsere blaue „grüne
Marke“
Alleinstellung
ökologisch, nachhaltig, innova-
tiv
2011
ThinkBlue
Hal-
tung/Philosophi
e
Verantwortung, Inspiration,
Motivation
2011
saubere Autos, saubere Fabrik.
Die Initiative ThinkBlueFactory
ganzheitliche
Initiative
nachhaltig, effizient, technolo-
gisch
2012
mehr als eine Initiative: Die Hal-
tung ThinkBlueFactory
internationale
Nachhaltig-
keitsaktivitäten
transparent, motivierend, tech-
nologisch
2012
saubere Autos aus sauberer Pro-
duktion. Die Haltung ThinkBlue
leben und in die Produktion tragen
ganzheitlicher
Ansatz
ganzheitlich, umweltbewusst,
verbrauchseffizient, technische
Lösung, umweltrelevant, um-
weltschonend
Adjektivische Konzeptstellvertreter und ihre Funktion im Diskurs um Energie und Klima 255
Schon im ersten Umwelt-/Nachhaltigkeitsbericht der VW AG wird sauber als
Adverb zu fahren genutzt. Die Verbindung bezieht sich auf den Themenbereich
‚Treibstoff‘ und ‚Motor‘, sauber bedeutet in diesem Kontext, dass der Verbren-
nungsprozess (d. h. die Anwendungsphase) effizienter und emissionsmindernd
gestaltet ist. Das Konzept von Effizienz und Einsparen von Emissionen bezieht
sich also nicht, wie bei grün, auf allgemeine oder periphere Bereiche des Unter-
nehmens, sondern auf die hergestellten Produkte, beziehungsweise essentielle
Produktteile (Motor). Diese konzeptuelle Nutzung von sauber bleibt in diesem
Themenbereich bis 2008 bestehen, wird allerdings über die Jahre mit steigenden
Komparationen verstärkt (sauber, sauberer, ultrasauber). 2001 wird sauber zusätzlich
auf die Produktion bezogen, wobei das Adjektiv hier für Neuerungen im Be-
reich Recycling steht nicht etwa für reduzierte Produktionsemissionen.
Im Nachhaltigkeitsbericht 2007/2008 wird der Konzeptstellvertreter sauber
in englischer Sprache genutzt, beinhaltet aber weiterhin die semantische Füllung
von ‚emissionsmindernd‘, bezieht sich auf den Motor (genauer auf ein nachsor-
gendes Filtersystem) und wird kurzfristig zu einem Markennamen (clean ener-
gy). Der deutsche Ausdruck ist aber ebenfalls vorhanden, nur erhält er eine neue
Bedeutungsnuance (schwefel- und aromatenfrei) sowie einen neuen Bezugsge-
genstand (Synfuel). Sauber tritt hier bevor es aus dem konzeptuellen Bereich
verschwindet in ursprünglicher, engerer Bedeutung ‚frei von etwas sein‘ auf,
anstatt nur ‚arm an etwas sein‘ auszudrücken, wechselt aber auch das Bezugs-
objekt von CO2 und NOx (Stickoxiden) zu Schwefel und Aromaten.
Für den Objektbereich CO2 und NOx hält man im gleichen Bericht aller-
dings einen neuen Ausdruck bereit, der den Bedeutungsbereich ‚emissionsmin-
dernd‘ abdeckt und diesen um ‚verbrauchsarm‘ erweitert: bluetec. Beginnend in
Jahr
Ausdruck mit Konzeptstellvertre-
ter
Themenbereich
Kontextuell ausdrucksseitig
vorhandene Beschreibung
2013
Blau ist die Farbe der Effizienz.
Konzept ThinkBlue
Prinzip
transparent, inspirierend, tech-
nologisch
2013
ThinkBlue
Engineering
technische
Entwicklung
klimaschützend, ressourcen-
schonend, gesundheitsschüt-
zend
2013
BluePower
Elektromobilität
emissionsfrei
2013
„blaue Fabrik
am Meer“
Standort Emden
ökologisches Engagement,
transparent
2014
ThinkBlue Umweltprogramm
Dachmarke
kooperativ, motivierend, ganz-
heitlich, vermittelnd
256 Carolin Schwegler
den USA, als gemeinsame technologische Initiative der Marken VW, Audi und
Mercedes-Benz, führt die Bezeichnung bluetec den Ausdruck blue in den Nach-
haltigkeitsbereich der Automobilbranche ein. Bluetec wird anschliessend von der
Daimler AG als Marke weiter genutzt, die VW AG konzipiert mit Hilfe des
Konzeptstellvertreters blue die Serienmarke BlueMotion, die für Umweltfreund-
lichkeit, Effizienz, Dynamik, Attraktivität, Komfort und Kostengünstigkeit
steht. Dieses nahezu allumfassende Spektrum an vorteilhaften Eigenschaften
kann sicherlich als Reaktion auf die Wirtschaftskrise dieser Zeit gelesen werden,
in der die Attraktivität (Komfort, Preis) für KundInnen auch im Nachhaltig-
keitsbereich besonders in den Vordergrund gestellt wird. Die Serienmarke
Bluemotion und die Selbstverständlichkeit der blauen statt grünen Nachhaltig-
keit bleiben bis 2014 bestehen.
Neben dem Bezugsobjekt des Motors und des Gesamtproduktes wird
BlueMotion gleichzeitig als nachhaltige technologisch-innovative Initiative kon-
zipiert, die technologische Lösungen hervorhebt. In den Folgejahren 2009/2010
wird der Ausdruck blau mit weiteren Bedeutungsnuancen versehen: Der Aus-
druck blaue Eminenz verweist auf die große Einflusskraft der Serienmarke. Im
gleichen Bericht wird nicht nur das Konzept von blau verfeinert, sondern eben-
falls gegenüber anderen abgegrenzt. Unsere blaue „grüne Marke“ zeigt deutlich,
dass sich der Volkswagenkonzern mit blue ein Alleinstellungsmerkmal konzipiert
hat, das sich von anderen unterscheidet. Die genutzten Anführungszeichen sind
hier nicht nur Indiz für einen neuen Ausdruck, sondern gleichzeitig ein Dis-
tanzmarker zu anderen Unternehmen und Marken, die sich ähnlich positionie-
ren wollen.
Im Nachhaltigkeitsbericht 2011 beginnt die strategische Einführung der
Marke ThinkBlue als übergeordnete Unternehmensausrichtung und -haltung.
Hier setzt die Trennung der Produktserienmarke (BlueMotion) von der Marke
einer gesellschaftlichen Rolle (ThinkBlue) an. Während BlueMotion als Pro-
dukteigenschaft unauffällig weiter genutzt, aber nicht neu definiert wird, erstarkt
ThinkBlue. Die Marke vereint die Darstellungsfunktion (‚wir denken blau [im
Sinne von effizient, sauber, nachhaltig, etc.]‘) mit einer eindeutigen Identifikati-
on und Abgrenzung (‚wir denken blau, die anderen grün‘). Für RezipientInnen
zeigt sich außerdem neben dem Wiedererkennungswert auch eine Appellfunk-
tion. Der Ausdruck ThinkBlue kann als Imperativ gelesen werden, was zur in-
tendierten semantischen Ausgestaltung (inspirieren, motivieren) passt.
Blue leistet innerhalb dieser konzernweiten Dachmarke, die sich zunächst
auf die Produktion ausweitet (2011/2012), als Prinzip verstanden wird und in
den Entwicklungsbereich Einzug hält (2013) sowie schliesslich zum (von der
Adjektivische Konzeptstellvertreter und ihre Funktion im Diskurs um Energie und Klima 257
Produktion abgekoppelten) Umweltprogramm erhoben wird (2014), einen Bei-
trag zur ausdrucksseitigen Ausgestaltung der jeweils aktuellen ökologischen
Konzepte. Das Adjektiv enthält neben den Bedeutungsanteilen ‚nachhaltig‘,
‚effizient‘ und ‚technologisch‘ auch Konnotationen zu den Bereichen der
Transparenz, der Umweltrelevanz, des Schützens des Klimas, des Gesundheits-
schutzes, der Kooperation und der Vermittlung. Das bedeutet, blau steuert eine
stabile Kernbedeutung zur Marke bei, die dynamisch verbessert, intensiviert,
verengt oder erweitert wird. Dieses strategische Verhalten bezeichnen Kas-
tens/Lux (2014: 39) als „Geheimnis starker Marken“.
Die anfänglich bei den Produkten hergestellte Verbindung von blau und
sauber erfolgt dabei nicht mehr, seit der Trennung von BlueMotion und Think-
Blue versiegt die Nutzung von sauber nach und nach. Die strategische Trennung
der Produktserienmarke und der Marke, die eine gesellschaftliche Rolle vermit-
telt, erweist sich während der Unternehmenskrise, die sich just auf Manipulati-
onen an den besagten BlueMotion-Modellen konzentriert, als extrem stabil.
Obwohl der Ausdruck BlueMotion Ende des Jahres 2015 still aus jeglicher
Kommunikation des Unternehmens entfernt wird, besteht die Marke ThinkBlue
weiterhin uneingeschränkt, unbehelligt und scharf abgetrennt von Produkten
oder der Produktion des Volkswagenkonzerns unter www.thinkblue.volkswa-
gen.com bis zum Herbst 2016, dem Beginn der neuen Nachhaltigkeitsstrategie.
Diese ordnet ThinkBlue der Plattform Car-Net unter, indem sie ThinkBlue Trai-
ner als Spritspar-App integriert (www.volkswagen-carnet.com). Die Marke
ThinkBlue Factory bleibt ebenfalls weiterhin bestehen. Die auf der regulären In-
ternetpräsenz des Unternehmens auffindbaren öffentlichen Entschuldigungen
und Informationen (vgl. info.volkswagen.de/de/de/home.html) sind nicht mit
der ThinkBlue- oder Car-Net-Internetseite verbunden oder von dort aus per
Link zu erreichen (vgl. zum Phänomen der Ausbildung von Marken, mit denen
sich Unternehmen über ihre Rolle in der Gesellschaft positionieren, den Beitrag
von Wieder/Rosenberger in diesem Band).
6. Leitkonzepte und adjektivische Konzeptstellvertreter
in der Diskussion
In den Tabellen 1 und 2 werden verschiedene, sukzessiv voranschreitende Än-
derungen dargestellt. Der diachrone Blick über die Nachhaltigkeits-
kommunikation der VW AG zeigt, dass diese Veränderungen nicht nur im Ein-
258 Carolin Schwegler
klang mit der übergeordneten unternehmerischen Strategieausrichtung stehen,
sondern auch mit den jeweils zeitaktuellen Leitprinzipen und -konzepten des
wirtschaftspolitischen Bereichs korrespondieren. Bei der Betrachtung größerer
Textmengen zum Diskurs um ökologische Nachhaltigkeit (vgl. Schwegler i.V.)
werden übergeordnete Diskursdynamiken deutlich, die jeweils in das Bedeu-
tungsspektrum der hier untersuchten Ausdrücke eingehen und somit anhand
dieser Adjektive und ihrer Semantik nachvollzogen werden können.
Zu Beginn des Diskursausschnittes bis ca. zum Jahr 2000 stehen die An-
mahnung von Umweltbelastungen und dadurch auch die Umweltbildung (Wis-
sensvermittlung) im Zentrum (vgl. Tab. 1). Außerdem forciert man, angeregt
durch die Agenda 21 (UN 1992) und klarere Vorgaben für Nach-
haltigkeitsberichte (GRI 1999), die Belastung der Umwelt durch industrielle
Effizienzsteigerungen weiter zu verringern und dies erstmals deutlich im Hin-
blick auf die Nachhaltigkeit zu kommunizieren. Da Effizienzsteigerung keinen
Verzicht auf industrielle Güter mit sich bringt, wird Effizienz zum Leitprinzip
erhoben und besteht als Problemlösungsstrategie bis heute. Viele ursprünglich
facettenreichere Themenbereiche (wie Umweltschutz und Nachhaltigkeit) wer-
den von der Effizienz stark vereinnahmt. Das eigentliche Mittel zum Zweck
wird zum neuen Ziel und Leitkonzept.
Mit dem schon mit ‚ökologischer Nachhaltigkeit‘ konnotierten –Far-
badjektiv grün und dem Ausdruck sauber kann der Effizienzgedanke sprachlich
ausgedrückt werden. Durch grün finden Unternehmen trotz ihrer Effi-
zienzausrichtung zunächst den Anschluss an den gesellschaftlich relevanten
Themenkomplex ‚Umwelt/Natur/Gesundheit‘.
Im Vergleichskorpus aus Medientexten (vgl. Abschnitt 2) zeigt sich aller-
dings, dass die semantische Erweiterung von grün in Richtung Effizienz nicht
wirklich alltagssprachlich angenommen, sondern eher kritisiert wird. Dies er-
klärt, warum die Industrie sich von diesem Konzeptstellvertreter mittlerweile
größtenteils abgewendet hat. Die Konnotation mit Effizienz wird nicht tiefer
verankert, sondern haftet dem situativen Bereich der Themen über die indus-
trielle Wirtschaft an. Mit dieser Bedeutungsnuance wird grün in der medialen
Rezeption höchstens mit Distanzmarkern (z.B. durch Anführungszeichen oder
sogenannt) oder sogar ironisch genutzt (vgl. Göres 08.09.2007 [FAZ]; Pötter
30.01.2012 [taz]). An einigen Textstellen ist sogar branchengenerische Kritik
(vgl. Kastens/Lux 2014: 121) ablesbar: Grün wird mit ‚Greenwashing‘ verbun-
den (vgl. Waechter 09.11.2007 [SZ]; Unfried 04.07.2008 [taz]; Heeg 08.08.2011
[FAZ]; Bauchmüller/Gammelin 31.01.2013 [SZ]).
Adjektivische Konzeptstellvertreter und ihre Funktion im Diskurs um Energie und Klima 259
Auf konzeptueller Ebene entsteht im wirtschaftspolitischen Bereich spä-
testens 2006/2007 ein neues diskursives Hauptkonzept. Im fließenden Über-
gang ersetzt das Konzept der technologischen Lösbarkeit aller Nachhal-
tigkeitsprobleme die Effizienzidee in ihrer Vormachtstellung. Dies geschieht
ausdrucksseitig mit den Stellvertretern clean sowie anschließend blau/blue. Na-
hezu maliziös erscheint dieser Wandel im Lichte der Erkenntnisse zum Skandal
um die Manipulation der Abgaswerte, beziehungsweise den Einsatz einer Ma-
nipulationssoftware, der genau zu jenem Zeitpunkt beginnt, als die (auch poli-
tisch vorangetriebene) technische Lösbarkeit als Leitkonzept im Zentrum des
Nachhaltigkeitsdiskurses steht. Abgesehen davon scheint die Substitution der
Konzeptstellvertreter (clean zu blue) hier ohne nennenswerte Änderung des hin-
tergründigen Konzeptes zu geschehen und ist wahrscheinlich dem Markenden-
ken (Alleinstellung) geschuldet.
In den Medien wird sauber häufig in allen Bereichen, die das Thema ‚Ener-
gie‘ tangieren, als Synonym für emissionsarm oder schadstoffarm genutzt (vgl. Wel-
zer 04.01.2009 [FAZ]; Pötter 30.01.2012 [taz]; Bauchmüller/Gammelin
31.01.2013 [SZ]) Diese synonyme Verbindung wurde auch schon in Wörterbü-
cher aufgenommen (vgl. Abschnitt 3), verweist aber nicht automatisch auf den
technologischen Bereich von Antriebskonzepten, sondern auf allgemeine Ener-
giethemen. Des Weiteren ist sauber nur schwierig semantisch zu erweitern, da
dem Ausdruck die metaphorische Ebene, die Farbadjektive aufweisen, fehlt.
Mit Blick auf die Leitkonzepte wird deutlich, dass technologisch-innovative
Prozesse, die neue Produkte hervorbringen, bei deren Markenbezeichnung das
Adjektiv blau/blue eingesetzt wird, 2008 von der Wirtschaftskrise eingeholt und
teilweise vom Konzept der finanziellen Attraktivität verdrängt, teilweise davon
begünstigt werden. Die Automobilbranche wird in Deutschland bei diesem
kurzfristig auftauchenden Leitprinzip durch ein staatliches Anreizsystem unter-
stützt. Dabei bleibt blau/blue als Konzeptstellvertreter für das Leitkonzept der
technologischen Lösbarkeit sowie als Markenteil erhalten und erfährt eine starke
Erweiterung durch zusätzliche Prinzipien wie beispielsweise die Umweltgerech-
tigkeit oder die technische Dynamik.
Mit diesem technologisch geprägten Leitkonzept und dem Stellvertreter
blue wird ab 2011 bei der VW AG die Dachmarke begründet, die sich durch
Motivation/Inspiration nach innen und außen auszeichnet und mit der Zeit
sukzessive von einzelnen Produkten sowie der Produktion abkoppelt (vgl. Ab-
schnitt 5). Dies geschieht aufgrund des neuen Leitkonzeptes der Ganz-
heitlichkeit, das sich durch die Beachtung des Gesundheitsschutzes sowie durch
allgemeines ökologisches Engagement auszeichnet und auf einer Metaebene
angesiedelt ist. Diese Entwicklung ist ein wirtschaftsübergreifendes Phänomen.
260 Carolin Schwegler
Den Markennamen (ThinkBlue) behaltend, erweitert sich bei der VW AG also
der Grundgedanke, und es verändern sich die Hierarchien der hinter der Marke
stehenden Konzepte.
Der Konzeptstellvertreter blau/blue wird somit nicht abgelöst, wenn ein
neues Leitkonzept den strategischen Vortritt erhält, sondern hat ein höheres
Identifikationsstadium erreicht, das demjenigen einer starken Marke entspricht,
die sich dynamisch entwickelt, aber auch über stabile Teile verfügt. Die Marke
ThinkBlue steht 2014 hierarchisch nahezu auf Augenhöhe mit der Konzern-
marke Volkswagen.
Die neuste Veränderung auf der Leitkonzeptebene, die Entwicklung hin
zum Konzept der Kooperation und der Vermittlung (2014), ist eine strategische
Erweiterung des zuvor zentralen Ganzheitlichkeitskonzeptes. Gerade in Dis-
kursbereichen, die mit Interessenskonflikten verschiedener Stakeholder besetzt
sind, wie dem Energie- und Klimadiskurs, ergibt sich mit diesem Handlungs-
modus ein neuer Zugang zu den Stakeholdern (vgl. Kastens/Lux 2014: 84).
Abb. 1: Diskursive Konzeptentwicklung.
Mit der Konnotation technisch-innovativ, effizient, klima- und gesundheits-
schützend wird blau (zumindest bis zum Bekanntwerden der Softwaremani-
pulationen) im antriebstechnischen Bereich auch häufig medial rezipiert (vgl.
Becker 30.12.2006 [SZ]; Göres 8.09.2007 [FAZ]; Abele 01.04.2008 [FAZ]). Das
aus diesem Bereich erwachsene und abgekoppelte Umweltprogramm zur Ret-
tung des „blauen Planeten“ (Giersberg 21.04.2010 [FAZ]) im Sinne von Think-
Blue und der Ausdruck des blauen Umweltschutzes wurden bisher ebenfalls
medial rezipiert. Dabei wird aber immer eine Verbindung zur Automobilindust-
rie deutlich und zur dort sehr früh einsetzenden Ablösung von grün durch blau
(vgl. Gottwalt 27.02.2009 [SZ]), die nicht alleine die VW AG, sondern z.B.
ebenfalls die Daimler AG betrifft. Noch offen ist, ob blau breiter akzeptiert und
rezipiert wird oder ob der VW-Skandal das blaue Umweltprogramm, die Marke
und somit auch diese bestimmte semantische Füllung von blau beeinträchtigt.
Adjektivische Konzeptstellvertreter und ihre Funktion im Diskurs um Energie und Klima 261
7. Fazit
Wie durch die Bestandsaufnahme der Ausdrücke sauber/clean, grün/green und
blau/blue in den Nachhaltigkeitsberichten der VW AG festgestellt werden
konnte, repräsentieren alle drei Adjektive übergeordnete Diskursdynamiken
(vgl. Abschnitt 6) und sind dabei jeweils Zusammenfassungen, d. h. aus-
drucksseitige Stellvertreter von zeitaktuellen Leitkonzepten (vgl. Tab. 1 und 2
sowie Abb. 1). Das Adjektiv grün, das schon seit längerer Zeit ökologisch kon-
notiert ist, zeigt sich flexibel und avanciert kurzfristig auch zum Kon-
zeptstellvertreter einer effizienten Nachhaltigkeit, wie sie in der Automobil-
industrie vertreten wird, kann aber dort nicht bestehen. Mit dem Ausdruck
Greenwashing wird grün für die industrielle Wirtschaft negativ konnotiert und
höchstens noch als Gegenbeispiel brauchbar (vgl. beispielsweise die Aus-
drucksweise: „einseitige grüne Optimierung […] [vs.] ganzheitliche Verbes-
serung“ Henkel AG & Co. KGaA 2012: 16) oder als indirekte Abgrenzung
gegenüber anderen („unsere blaue ‚grüne Marke‘“ VW AG 2010: 26).
Sauber erlangt ebenfalls kurzzeitig den Status als Konzeptstellvertreter für
die VW AG, bildet aber auch Konzepte zu erneuerbaren Energien, also der
Stromproduktion, ab und verweilt dabei insgesamt in der Position eines Syno-
nyms für emissionsarm/schadstoffarm. Die semantische Erweiterung von ‚schad-
stofffrei‘ zu ‚schadstoffarm‘ geht auf den technisch-industriellen Bereich zurück
und ist im Synonymrepertoire der Alltagssprache angekommen.
Wenn Farbadjektive, wie blau/blue, als Markennamenteile genutzt werden,
tangieren sie gleichzeitig zwei Gestaltungsparameter des ausdrucksseitigen
Markenaufbaues, nämlich ‚Markenname‘ und ‚Farbe‘ (vgl. Kastens 2008: 114).
Dies erleichtert den RezipientInnen, eine Verbindung zwischen den verschie-
denen konstituierenden Teilen einer Marke zu ziehen. Dadurch wird die Identi-
fikationsfunktion der Marke gestärkt und die metaphorische Ebene des Para-
meters ‚Farbe‘ sehr fest mit dem Parameter ‚Markenname‘ verknüpft.
Angestoßene semantische Erweiterungen von Ausdrücken, die als Mar-
kenbezeichnungen genutzt werden, können nicht nur die Alltagssprache durch
die Marke beeinflussen (vgl. Markennamen als Appellativa wie Tempo), sondern
bilden für die Marken selbst auch ein Grundgerüst, das dynamisch mit aktuellen
Konzepten ausgestaltet und besetzt werden kann. So kann blau/blue, mit der
Metaphorik von Frische und der Konnotation von Reinheit (clear blue) begin-
nend, verschiedene Modi, die zur Reinheit und Frische führen, nacheinander
oder parallel in sich vereinen (beispielsweise technisch-innovativ, effizient, kli-
262 Carolin Schwegler
ma- oder gesundheitsschützend). Ebenso kann blau eine Motivations- und In-
spirationsinitiative (wie ThinkBlue) unterstützen, um weltweit verfolgte Nach-
haltigkeitsziele anzupeilen. Dies geschieht, indem sich das Adjektiv mit dem
Objekt der Handlung (blauer Planet) verbinden lässt und durch die Konnotati-
on mit Weite/Ferne (vgl. Heller 2004) zusätzlich eine Ausrichtung auf die Zu-
kunft symbolisiert.
Abb. 2: Integration adjektivischer Konzeptstellvertreter in das Konzept starker Marken.
Abbildung 2 stellt die beschriebene Beziehung dar. Sie verweist auf das von
Kastens/Lux (2014) betonte Aushandlungsparadigma von Marken und ver-
bindet dieses mit dem Gebrauch von Konzeptstellvertretern wie dem Adjektiv
blau/blue. Solche Markennamenteile, die auch alltagssprachlich semantisch und
metaphorisch besetzt sind, aber genügend Freiräume für sukzessive konzeptu-
elle Veränderungen lassen, erleichtern die Idee der Stabilität und gleichzeitigen
Dynamik und unterstützen somit die Entstehung einer starken Marke.
Adjektivische Konzeptstellvertreter und ihre Funktion im Diskurs um Energie und Klima 263
Die Adjektive, die sowohl Konzepte vertreten, d. h. Aspekte von Kon-
zepten in sich vereinen, gleichzeitig zur regulären Alltagssprache gehören und
dabei verschiedene situativ erscheinende Bedeutungen besitzen sowie Teile
einer Markenbezeichnung darstellen können, weisen eine starke Flexibilität auf.
Als Konzeptstellvertreter besitzen sie die Funktion, relativ schnell neue Impulse
setzen zu können, die durch alltagssprachliche Aushandlung zu einer seman-
tisch-konzeptuellen Veränderung führen kann. Dies geschieht beispielsweise
durch regulären adjektivischen Bezug (blaues X) oder auch einfache Typisierung
(X ist blau). Diese Funktion ist besonders günstig für Markenbezeichnungen,
die sich ständig entwickeln müssen, um nicht unsichtbar und inhaltsleer zu
werden.
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[VW Homepage, Aktuelle Informationen/Statements zum Skandal] <info.
volkswagen.de/de/de/home.html> [zit. 30.01.2016].
Chapter
Das Übereinkommen von Paris (Pariser Klimaschutzabkommen) wurde als ein Zeichen des wachsenden globalen Einvernehmens über die Notwendigkeit interpretiert, signifikante nationale Maßnahmen zur Verhinderung steigender Treibhausgasemissionen zu ergreifen. Eine der wesentlichen Auswirkungen und Erfolge der Umweltverhandlungen der Vereinten Nationen besteht in der verstärkten Etablierung globaler Umweltnormen (Haas 2002). Das Abkommen verschleiert jedoch gewissermaßen den Umstand, dass ein anhaltender Widerstand gegen Klimapolitik durch eine vergleichsweise „lautstarke“ Minderheit von Interessengruppen in den Vereinigten Staaten und eine aufstrebende rechtspopulistische Bewegung in Europa diagnostiziert werden kann.
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Nachhaltigkeit und Corporate Social Responsibility (CSR) sind aus dem heutigen Wirtschaftsleben nicht mehr wegzudenken. Kaum ein Unternehmen kann es sich noch leisten, auf einen ökologischen oder sozialen Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenleben zu verzichten. Mit zunehmender Vehemenz wird ein nachhaltiger Umgang mit den von den Unternehmen verbrauchten natürlichen Ressourcen oder auch ein darüber hinausgehendes ökologisches und soziales Engagement gesellschaftlich eingefordert. Vor diesem Hintergrund werden Untersuchungen bedeutend, die sich mit der strategischen Begriffsbesetzung von Nachhaltigkeit – und von thematisch damit verbundenen Ausdrücken – sowie mit der Analyse der argumentativen Stützungen und strategischen Stärkungen der unternehmerischen Selbstbewertung ‚wir sind nachhaltig‘ beschäftigen. Die hinter den Bewertungen und argumentativen Stützungen stehenden Wertevorstellungen und deren Kommunikation sind von großer und beständig wachsender Bedeutung, da die externe Kommunikation von Unternehmen als „wichtiges Instrument kultureller Steuerung“ (Janich 2013: 52) anzusehen ist. Hier wird die Brisanz einer Untersuchung von Kommunikaten multinationaler wirtschaftlicher Akteure deutlich, die in dieser Arbeit beleuchtet werden. Gerade die weltweit agierenden Unternehmen haben einen prägenden Einfluss auf die Gestaltung des gesellschaftlichen Zusammenlebens, nicht zuletzt auf das Verhältnis von Mensch und Natur, das einen zentralen Aspekt der hier fokussierten ökologischen Nachhaltigkeit darstellt. Krisen und Negativschlagzeilen mit ökologischen Auswirkungen aus dem Bereich der Wirtschaft wecken das Interesse und auch die Kontrollfunktion der Öffentlichkeit, wie es zuletzt bezüglich der deutschen Automobilindustrie und dem Skandal um die Abgaswerte deutlich wurde. Dem öffentlichen Druck auf die Unternehmen, gesellschaftliches Engagement zu zeigen, begegnen diese in Form einer reaktiven wie auch proaktiven Kommunikation von Nachhaltigkeitsmaßnahmen (Jarolimek/Raupp 2011: 501). Die dabei entstehenden öffentlichen Aushandlungen mitsamt ihrer argumentativen und persuasiven Vorgehensweisen liefern die Untersuchungsgegenstände, um zugrundeliegende Wertevorstellungen linguistisch zugänglich und analysierbar zu machen. Diese Arbeit stellt eine linguistische (diachrone und synchrone) Analyse eines deutschsprachigen Diskursausschnitts zum Thema der ökologischen Nachhaltigkeit in Wirtschaft und Gesellschaft dar und untersucht Nachhaltigkeitsberichte sowie überregionale Printmedientexte zwischen den Jahren 1992 und 2014.
Chapter
Nach zwanzig Jahren diskursanalytischer Forschung in Frankreich und mehr als fünfzehn Jahre nach der Kenntnisnahme und Diskussion dieser Forschungsrichtung in Deutschland scheint die Diskursanalyse und der Begriff „Diskurs“ selbst noch immer nicht in der deutschen (oder genauer: der germanistischen) Sprachwissenschaft angekommen zu sein (jedenfalls nicht in dem Sinne, in dem außerhalb der linguistischen Gesprächsanalyse – engl. „discourse analysis“ – und außerhalb des Habermasschen Diskursimperiums dieser Begriff überwiegend verwendet wird). Worin können die Gründe für diese eklatante Verspätung, dieses Nicht-Reagieren auf eine mittlerweile international gewordene wissenschaftliche Thematik liegen? Die Diskursanalyse in Frankreich hatte, wie u. a.
Verbrauchsgünstig fahren, ohne zu darben
  • Rüdiger Abele
Abele, Rüdiger (2008): Verbrauchsgünstig fahren, ohne zu darben. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung 76/01.04.2008, T3.