Eine Vielzahl medizinrechtlicher Abhandlungen beginnt mit dem Hinweis auf die immer weitergehende Verrechtlichung der Medizin und die zunehmende Anzahl entsprechender Publikationen.1 Es gibt hierfür viele Gründe. Die Hauptursache liegt aber sicherlich, wie es der Altmeister des Arztrechts, Paul Bockelmann, sah, in einem gesteigerten Interesse der Allgemeinheit an der Haftung des Arztes.2
... [Show full abstract] Ursächlich hierfür wiederum sind der Vertrauensverlust in die Ärzteschaft, die geringe Bereitschaft, Eigenverantwortung zu übernehmen, und die stete Schuldzuweisung für alles Mißliche an andere. Wieviel mehr muß es dann verwundern, daß der zivil- und strafrechtlichen Verantwortlichkeit von Heil- praktikern/”Nicht-Heilkundigen” nicht dieselbe Aufmerksamkeit widerfährt. Spezialisierung und Technisierung der Medizin, zusammengefaßt mit dem Wort High-Tech Medizin, hieraus resultierende Übertragung therapeutischer Aufgaben vom einzelnen Arzt, dem Heiler, auf unüberschaubare Systeme und die hierdurch bedingte und vermutlich unumgängliche Anonymisierung der Medizin haben zu einer Renaissance von “Therapeuten” und “Therapien” geführt, die sich kaum in das an sich schon bestehende Spannungsfeld zwischen Standard und Fortschritt integrieren lassen.3 Vielmehr sind diese dem Grenzbereich zuzuordnen oder stehen sogar außerhalb wissenschaftlich gesicherten Terrains, Erfahrung und Vorgehens. Dennoch: Trotz noch zu verifizierender erhöhter Risiken und vermehrter Schadensfälle, es scheinen nachweisbare und signifikante Reaktionen von Betroffenen/Geschädigten und vom Staat zu fehlen. Die optimistische Sicht wäre die, “daß der größte Teil der Heilpraktiker bei ihren beschränkten Kenntnissen im allgemeinen mit soviel Vorsicht an die Patienten herangeht, daß gravierende Kunstfehler kaum vorkommen”.3A