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Junges Forum
Wie weiter mit den jungen Artenkennerinnen und Artenkennern? – Eine Offensive für die Nachwuchsarbeit
DNT-JOURNAL 2017
Wie weiter mit den jungen Artenkennerinnen und
Artenkennern? – Eine Offensive für die Nachwuchs-
arbeit
Philipp Meinecke
Zusammenfassung
Mit dem Rückgang der Biodiversität geht auch die „Erosion der Artenkenntnis“ ein-
her. Es gibt immer weniger Kenner von Flora und Fauna. Das betrifft v.a. Natur-
schutzakteure, Bildungsträger, naturkundliche Vereine und verbände. Das Problem
ist nicht neu und mehrfach empirisch belegt. Dennoch sind kaum Trendwenden in
Sicht. Regionale Akteure können konkret zu einer Nachwuchsoffensive beitragen.
Dabei sind Strategien sinnvoll, die die Erkenntnisse der Interessens- und Expertise-
forschung mit neuen Formaten und institutionsübergreifenden Kooperationen ver-
binden.
Einleitung
Der Rückgang von Artenkennerinnen und Artenkennern ist ein Thema, das seit meh-
reren Jahren deutschlandweit, aber auch international in unterschiedlichen Foren
und Formaten diskutiert wird. Dabei wird immer wieder herausgestellt, dass es sich
hierbei um ein Problem sowohl für Natur- und Umweltschutz, Bildung und Wissen-
schaft, aber dadurch auch für Gesellschaft, Politik und Nachhaltige Entwicklung
handelt (vgl. u.a. BMUB 2015, Hopkins & Freckleton 2002).
Neben dem Rückgang der Biodiversität, naturnaher Lebensräume und dem massen-
haften Verlust an Populationen und Individuen verschiedenster Arten, stellt der Rück-
gang der Kenntnisse über diese Vielfalt und lebenswichtigen Ressourcen ein immen-
VHV3UREOHPGDU*HPHLQWLVWGDEHLQLFKWQXUGDV]XQHKPHQGH)HKOHQYRQREHUͥ¦FK-
lichem und allgemeinem Artenwissen in der breiten Bevölkerung, sondern auch das
Wegbrechen von Expertinnen und Experten für einzelne Artengruppen und Regionen,
sowie das zunehmende Aussterben von Systematik und Taxonomie an Hochschu-
len und in wissenschaftlichen Einrichtungen. Frobel und Schlumprecht (2014, 2016)
ermittelten einen Experten-Rückgang für Deutschland von rund 20% in nur 20 Jah-
ren. Damit einher geht das „Shifting Baseline Syndrome“ (Papworth et al. 2009). Wenn
sich Umwelteigenschaften rapide ändern (z.B. Artensterben, Landnutzungswandel),
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Wie weiter mit den jungen Artenkennerinnen und Artenkennern? – Eine Offensive für die Nachwuchsarbeit
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ZLVVHQM¾QJHUH*HQHUDWLRQHQRIWQLFKWZHOFKH$UWHQ]%]XYRUQRFKZLHK¦XͤJZD-
ren und nehmen die aktuelle Situation als „normal“ an. Es verschiebt sich also die
„Grundlinie“ (baseline) der Erfahrung. Der Prozess kann auch individuell ablaufen
und dazu führen, dass langfristige Veränderungen gar nicht wahrgenommen werden
oder man sich mit Relikten früherer Zeiten zufrieden gibt. Die daraus resultierenden
Widersprüche und Herausforderungen für Naturschutz und Bildung sind enorm und
zukünftig immer schwieriger zu bewältigen (z.B. Leather & Quicke 2010).
Die gesellschaftspolitische Notwendigkeit der Artenkenntnis ist offensichtlich. Sie
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tungen und Anforderungen des Bundes und der Länder, sowie den vielen offene
Fragen des Umwelt-, Natur- und Ressourcenschutzes. Monitoringprogramme, Wis-
senschaft und Bildung, zahllose Vereine und Verbände, Genehmigungs- und Voll-
zugsbehörden und viele weitere Akteure verlangen täglich nach einer großen Zahl
fachkundiger, erfahrener und in der Fläche verfügbarer Kennerinnen und Kenner der
heimischen Flora und Fauna.
Dimensionen von Artenkenntnis
Artenkenntnis ist mehrdimensional. Es gibt unterschiedliche Kenntnistiefen von Ar-
ten über mindestens vier Gradienten. In Abbildung 1 wird dies grob schematisch dar-
gestellt. Zunächst kann sich die individuelle Artenkenntnis über unterschiedlich viele
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QLVWLHIHEHVFKUHLEWLQZHOFKHPJHRJUDͤVFKHQ8PIDQJGLH$UWHQJUXSSHJHNDQQWZLUG
(lokal bis global). Die thematische Kenntnistiefe beschreibt, wie tiefgehend Arten und
Organismen gekannt werden (Erkennen/Habitate, Verhalten/Ökologie, Interaktionen,
Verbreitung, Bestände/Systematik, Morphologie, Physiologie, funktionelle Diversität).
Entscheidend kommt dann noch die Erfahrungszeit hinzu, d.h. die Zeit, die im Leben
aufgewendet wurde, um sich der jeweiligen Artengruppe zu widmen.
(QWODQJGLHVHU*UDGLHQWHQYRQ.HQQWQLVWLHIHYHUWHLOHQVLFKJUDGXHOOXQGPLWͥLH¡HQ-
den Übergängen verschiedene Gruppen von Artenkennern. Zur ersten Gruppe gehört
die naturkundlich interessierte und aufmerksame Bevölkerung im weiteren Sinne,
sowie angehende Artenkennerinnen und -kenner. Dies ist die individuenstärkste Teil-
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Artenkennerinnen und Artenkenner im engeren Sinne, die sich in der Regel hauptbe-
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Gutachter- und Kartierbüros, Verbänden oder der Freizeit. Diese Gruppe ist zahlenmä-
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EHVWHKWDXV¾EHUZLHJHQGKDXSWEHUXͥLFKHQ:LVVHQVFKDIWOHULQQHQXQG:LVVHQVFKDIW-
lern, die meist hochspezialisiert und globalisiert an bestimmten Artengruppen for-
schen und in der Lage sind, neue Arten zu beschreiben. Sie sind meist international
organisiert und vernetzt.
Eine Nachwuchsoffensive für die Artenkenntnis
Wie groß der Bedarf an Artenkennerinnen und Artenkennern für unsere Gesellschaft
und die Bewältigung unserer aktuellen Herausforderungen ist, lässt sich derzeit nicht
beziffern. Jedoch ist festzuhalten, dass wir nicht nur eine große Menge ehrgeiziger,
talentierter und aktiver Menschen auf diesem Gebiet brauchen, sondern gleichzeitig
auch die qualitative Abdeckung der verschiedenen oben genannten Kenntnistiefen
für alle Artengruppen kontinuierlich und in der Fläche vorhanden sein sollte. Dies
erfordert eine ständige Nachwuchsakquise und Nachwuchsausbildung in der Fläche
global
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Systematik
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und -Verbände
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* nicht abgebildet: individuelle Erfahrung
Artenkenner im Beruf
Artenkenner im Beruf
Artenkenner im Beruf
Artenkenner im Beruf
Artenkenner im Beruf
und Ehrenamt (Kartierer,
Praktiker, Behörden, etc.)
Abb. 1: Dimensionen und Kenntnistiefen der Artenkenntnis mit den unterschiedlichen Grup-
pen von Artenkennerinnen und Artenkennern. Grün gefärbt sind Ehrenämtler und Amateure,
rot professionelle Artenkennerinnen und Artenkenner, blau Wissenschaftler und Lehrende an
Hochschulen.
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und in der Breite der Themen. Insbesondere einarbeitungsintensive Artengruppen, die
meist mehrere Jahre der Beschäftigung und Hingabe benötigen, ehe sie einigerma-
¡HQEHKHUUVFKWZHUGHQ]%+DXWͥ¾JOHU.¦IHU0ROOXVNHQXYPOHLGHQXQWHU([SHU-
tenschwund.
Akteure für die Nachwuchsarbeit sind klassischerweise Vereine und Verbände, Natur-
schutzakteure (inkl. Behörden), Schulen und Hochschulen, naturkundliche Museen
und Botanische Gärten, die Bildungsakademien der Länder, Naturschutzzentren und
-stationen und neuerdings auch Online-Plattformen und -angebote. Gesucht werden
motivierte Menschen aller Altersgruppen, Herkunft und Vorbildung, die gerne Arten-
kennerinnen und Artenkenner werden wollen.
Angesichts des dramatischen Rückgangs sowohl der Artenkennerinnen und Arten-
kenner, als auch der ehrenamtlich verfügbaren Arbeitskapazität in vielen Vereinen,
der Zahl artenkenntnisreicher Lehrender und Dozierender an Schulen und Hoch-
schulen, sowie der derzeit eher schlechten Verfügbarkeit einschlägiger Bildungsan-
gebote, stellt sich die Frage, ob es in dieser Angelegenheit ein „Weiter wie bisher“
geben kann.
Alle genannten Akteure sind gleichzeitig auf unterschiedliche Weise von diesem
„Fachkräftemangel“ betroffen. Gemeinsame Strategien, die konsequente Förderung
von Artenkennerinnen und Artenkennern aller Niveaus und Artengruppen, mehr
Vernetzung untereinander und auf Augenhöhe, sowie gemeinsame politische Arbeit
und Lobbyarbeit werden wesentliche Elemente einer gemeinsamen Nachwuchsof-
fensive für die Artenkenntnis sein.
Erkenntnisse aus der Interessens- und Expertiseforschung
Seit Jahrzehnten beschäftigen sich Forschende weltweit mit Fragen rund um die
Entstehung und Verstetigung von Interesse und Motivation. Nach Krapp (1998) u.a.
gliedert sich Interesse in zwei Phasen: zunächst entsteht ein situationales Interesse
beim Zusammenkommen einer Interessiertheit (Person) und einer Interessantheit
(Objekt). Dieses wird meist durch soziale Anregung (Freunde, Familie, etc.) oder durch
eine kognitiv stimulierte Auseinandersetzung (Unterricht, Exkursion, etc.) und persön-
liche Neugier erweckt und verstärkt. Um dieses situationales Interesse nun zu einem
individuellen Interesse zu verstetigen, bedarf es weiterer Faktoren. Mitchell (1993)
unterscheidet hier zwischen der „catch“- und „hold“-Komponente. Die „catch“-Kom-
ponente „fängt“ das Interesse situational ein. Die „hold“-Komponente führt zu einem
andauernden, individuellen Interesse. Nach Deci & Ryan (1993) müssen dafür drei
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„grundlegende psychologische Bedürfnisse“ befriedigt werden: 1) das Kompetenzer-
leben, d.h. die sich wiederholende Erfahrung, dass ein bestimmtes Wissen oder eine
bestimmte Fähigkeit beherrscht wird und anwendbar ist. Dazu gehört auch die Er-
kenntnis über die Relevanz des Wissens oder der Fähigkeit. 2) die Selbstbestimmung
(Autonomie). Je eigenständiger bzw. autonomer die Auseinandersetzung mit einem
Thema ist, desto nachhaltiger sind in der Regel die Interessensverstetigung und das
erlangte Wissen. 3) das Soziale Eingebundensein. Die Anerkennung und Vernetzung
von Gleichgesinnten und ggf. Gleichaltrigen bzw. der Gesellschaft spielen eine große
Rolle, um zusammen mit den anderen Faktoren hin zu einer dauerhaften Disposition
zu gelangen (Abb. 2).
Ein dauerhaftes Interesse und die damit verbundene Motivation zur selbstständi-
gen weiteren Beschäftigung mit einem Thema ist im Weiteren die Grundlage für die
Bildung von Expertise. Nach Posner (1988) sind Experten „[…] Personen, die in ihrer
Domäne dauerhaft (also nicht zufällig und singulär) herausragende Leistungen er-
bringen“. Die Expertiseforschung fand heraus, dass sich Experten für ein bestimm-
tes Gebiet nicht dadurch auszeichnen, dass sie intelligenter oder schneller im Um-
setzen von Wissen und Entscheidungen sind, sondern dass sie über mehr Wissen,
komplexere und systematischere Verknüpfungen von Wissen und viel Erfahrung
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Abb. 2: Einfaches Modell der Interessensentwicklung und der wichtigsten Wirkfaktoren nach
Krapp (1998) und Deci & Ryan (1993). Erläuterung siehe Text.
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bar. Die Intelligenz ist dabei nicht entscheidend, das Wissen jedoch schon. Das
gilt gleichermaßen für Schachgroßmeister wie für Artenkenner.Wie wird man nun
Experte? Grundvoraussetzung sind zunächst die Gelegenheit und der Zugang zur
Beschäftigung mit dem jeweiligen Gebiet und eine (ggf. extern getriggerte) intrinsi-
sche Motivation. Ganz entscheidend ist aber das gezielte Training mit viel Ausdau-
er und Zielstrebigkeit über einen möglichst langen Zeitraum. Ericsson et al. (1993)
nennen dies „deliberate practice“ (freiwillige Praxis/Übung). Die akkumulierte in-
YHVWLHUWH/HEHQV]HLWLVWHQWVFKHLGHQGHLQHK¦XͤJJHQDQQWH=HLWVFKZHOOHVLQGHWZD
zehn Jahre gezielter und regelmäßiger Beschäftigung. Somit ist die „performance“
(hier: Expertise) eine (logarithmische) Funktion des Lebensalters. Einstiegsalter und
der von der Praxis abhängige, individuelle Lernerfolg (Zuwachs der Expertise über
die Zeit) sind weitere Parameter (Abb. 3).
Was folgt daraus für naturkundliche Vereine und Verbände?
Der Rückgang (sprichwörtlich „Erosion“) der Artenkenntnis bzw. das „Aussterben“
von Expertinnen und Experten der Artenkenntnis wird von vielen Seiten seit Jahren
beklagt. Die Ursachen sind bekanntermaßen vielfältig und komplex. Sie liegen nicht
nur bei Schulen und Hochschulen, wie oft vermutet. Diese spielen natürlich eine
zentrale Rolle, sind aber nur in einer bestimmten Lebensphase wirksam und zudem
Abb. 3: Modell der Expertiseentwicklung nach Ericsson et al. (1993). Die individuelle Expertise (performance) ist
abhängig von Einstiegsalter, Praxis bzw. Übung und dem Lebensalter.
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weniger
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Wie weiter mit den jungen Artenkennerinnen und Artenkennern? – Eine Offensive für die Nachwuchsarbeit
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„große Räder“, an denen die meisten Engagierten nicht „drehen“ können. Denn die
Bereiche staatlicher Akteure, wie Behörden, Bildungsinstitutionen und Rechtsnor-
men sind vielen nur über politisches Engagement und Lobbyismus zugänglich.
Dieser Beitrag fokussiert deshalb bewusst auf die Aktionsmöglichkeiten naturkund-
licher Vereine und Verbände, da Akteurinnen und Akteure in diesem Bereich die
einfachsten Möglichkeiten haben, selbst für eine Nachwuchsoffensive für Arten-
kenntnis aktiv zu werden und damit erfolgreich zu sein. Eine strategische und über-
legte Auseinandersetzung mit dem Thema der so genannten „Wissenserosion“, der
Interessens- und Expertiseforschung (s. o.), sowie den Eigenheiten der jeweiligen
Zielgruppe ist von großem Vorteil bei der erfolgreichen Nachwuchsbildung im Be-
reich der Artenkenntnis.
Es bietet sich an, die eigenen Aktivitäten und Angebote des Vereines oder Verban-
des auf die unterschiedlichen Komponenten der Interessens- und Expertisebildung
zu durchleuchten. In Tabelle 1 werden dazu einige Anregungen und Hinweise gege-
ben, die natürlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit bzw. Universalität stellen.
Im Laufe der „Karriere“ von Artenkennerinnen und Artenkennern gibt es eine Reihe
von Lebensabschnitten, Lern- und Entwicklungsphasen, sowie Engagements, bei
denen naturkundliche und Naturschutzvereine und -verbände eine zentrale Rolle in
der Nachwuchsbildung, Wissensvermittlung, Vernetzung, Partizipation und Koope-
ration spielen können. Dies sind klassischerweise die Jugendverbände (in Deutsch-
land v. a. Deutscher Jugendbund für Naturbeobachtung, Naturschutzjugend, u.a.),
Mentorinnen und Mentoren, die junge Menschen schon früh „mitnehmen“ und ihr
Wissen weitergeben, zunehmend auch Freiwilligendienste (Borcherding 2016),
Praktika, die eigentliche Mitgliedschaft und das Engagement in den Vereinen, Ver-
bänden, Bildungsinstitutionen oder Museen, die Netzwerke und Plattformen für
Freizeitforschung bieten, sowie ein lebenslanges „soziales Netzwerk“ mit prägen-
den Freundschaften und persönlichen Verbundenheiten.
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Tab. 1: Anregungen für naturkundliche Vereine und Verbände, die Komponenten der
Interessensbildung und -verstetigung in ihre Angebote und Aktivitäten zu integrieren.
Kompetenz fördern Automonie fördern Soziale Eingebundenheit
fördern
Unterschiedliche Angebote schaffen
¤ die zu den unterschiedlichen Ni-
veaus passen
¤ möglichst wenig Einstiegshürden
haben
¤ altersgerechte Angebote (z. B. Ju-
gendverbände)
¤ Relevanz der Projekte klarmachen
Erfolge erlebbar machen
¤erreichbare Ziele setzen
¤ Erfolge und Ergebnisse kommuni-
zieren (Presse, Vorträge, Ausstel-
lungen)
¤gemeinsam publizieren
¤Feedbackkultur
Fördern und Fordern
¤JH]LHOWHV7UDLQLQJ=HUWLͤNDWH
¤ (praxis)relevante Projekte und aktu-
elle Fragestellungen anpacken
¤„groß Denken“ und Niveau steigern
Beteiligung und Eigeninitiative
¤ vielseitiges Sich-Einbringen ermög-
lichen
¤ͥDFKH+LHUDUFKLHQ7UDQVSDUHQ]
¤ Beteiligung an Entscheidungspro-
zessen erleichtern
¤ Rahmenbedingungen für individuel-
le und kreative Projektentwicklung
schaffen
Umgang mit der „jungen Generation“
¤ Offenheit für neue Formate und
Projekttypen
¤ Nachwuchsthema zusammen mit
den
¤„jungen Leuten“ anpacken?
¤ Ermutigung und Anreize schon
während Schulzeit und Studium
¤ moderne Fragestellungen mit
bewährten und neuen Methoden
angehen
Wohlfühl- und Austauschkultur
¤gegenseitige Wertschätzung
¤offenes und ehrliches Lob & Kritik
¤ Zugang zu Wissen & Erfahrung
anderer erleichtern
¤ Offenheit für neue und moderne
Kommunikationswege, „mit der Zeit
gehen“
Bezugspersonen sind wichtig
¤ Vorbilder, Bezugspersonen, Gleich-
altrige, Gleichgesinnte
¤Mentorinnen und Mentoren
¤ mittel- bis langfristige Arbeitsgrup-
pen
¤Verbindlichkeitskultur
Starke Vernetzung mit anderen Ver-
bänden
¤ gegenseitige Besuche, Exkursions-
teilnahme, Terminabsprachen
¤gemeinsame Strategien
¤Solidarität
Übergang in Erwachsenenvereine
erleichtern
¤ soziale und fachliche Anerkennung
neuer/junger Artenkennerinnen und
Artenkenner
¤„Willkommenskultur“
Drei Positivbeispiele
Beeindruckende Positivbeispiele, wie eine erfolgreiche Nachwuchsarbeit gelingen
kann, liefern zum Beispiel die
Ornithologie und Avifaunistik in Deutschland
Diese haben bekanntlich eine sehr lange Tradition, obwohl sie es in Deutschland
noch nicht zu einem richtigen „Volkssport“ geschafft haben, wie in anderen Län-
dern. Die „Community“ ist groß, vielschichtig und lokal bis international organisiert.
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Sie ist zugänglich und durchlässig für alle Neuen und bietet vielseitige Einstiegs-
möglichkeiten, sowie zeitnahes Kompetenzerleben. Ihre Altersstruktur ist ausge-
wogen und es kann vergleichsweise weniger von einem Nachwuchsmangel gespro-
chen werden.
Es gelingt seit Jahrzehnten durch zahlreiche Projekte, Monitoringprogramme und in-
dividuelle Exkursionen tausende Hobby-Vogelbeobachterinnen und -Vogelbeobachter
ehrenamtlich zur Erhebung wertvoller Daten zu mobilisieren (%KVK\GP5EKGPEG). Diese
werden meist zentral und verbandsübergreifend koordiniert (Dachverband Deutscher
Avifaunisten), technisch modern und unkompliziert erfasst (z.B. www.ornitho.de),
wiederum allen zugänglich gemacht und wissenschaftlich zeitnah ausgewertet. Dazu
kommt eine ausgedehnte „Landschaft“ von Vereinigungen, Tagungen und Informati-
onsmedien. Es gelten einheitliche Methoden-standards und es gibt eine unglaubliche
Anzahl guter Bücher, Zeitschriften, Reiseliteratur, Onlineangeboten u. v. m. Könnte
dieser Erfolg nicht ein Vorbild für andere Artengruppen sein?
Flora der Schweiz
Die Stiftung Info Flora ist „eine gemeinnützige, privatrechtliche Stiftung zur Doku-
PHQWDWLRQXQG)¸UGHUXQJGHU:LOGSͥDQ]HQLQGHU6FKZHL]̸ZZZLQIRͥRUDFK). Sie
E¾QGHOWYLHOH$NWLYLW¦WHQXQG'DWHQNRRUGLQLHUWXQGXQWHUVW¾W]WͥRULVWLVFKH(UIDV-
sungsprogramme, wertet aus und veröffentlicht, fördert botanische Artenkenntnis
durch Kurse und Publikationen und berät in Fachfragen. An dieser nationalen Platt-
form für Botanik und Vegetation sind Verbände, Hochschulen, Museen und NGOs
beteiligt. Es gibt sowohl hochqualitative Smartphone-Apps für die Bestimmung und
(UIDVVXQJYRQ3ͥDQ]HQLQGHU6FKZHL]DOVDXFKHLQHLQIRUPDWLYHXQGDOOJHPHLQYHU-
ständliche Zeitschrift. Auch andere Akteure der Schweiz sind auf diesem Feld aktiv
und haben beispielsweise professionelle Methoden- und Qualitätsstandards für
0RQLWRULQJSURJUDPPHVRZLHHLQ=HUWLͤ]LHUXQJVV\VWHPI¾U)HOGERWDQLNHULQQHQXQG
Feldbotaniker entwickelt. Verschiedene Formate staatlicher und unternehmerischer
Investitionen und des Ehrenamts greifen hier geschickt ineinander. Insgesamt ent-
steht so ein vielseitiges, anspruchsvolles, aber auch für Einsteigerinnen und Ein-
VWHLJHU]XJ¦QJOLFKHV*HͥHFKWERWDQLVFKHUXQGYHJHWDWLRQVNXQGOLFKHU$NWLYLW¦WHQLQ
der Schweiz. Ist dies vielleicht ein Vorbild für Deutschland?
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„Insekten-Sommercamp“ der Österreichischen Entomologischen Gesellschaft (ÖEG)
Dieses fand im Sommer 2015 in der Steiermark statt und steht hier nur beispielhaft
für viele andere derartige Veranstaltungen, die in der Vergangenheit stattgefunden
haben. Über eine Sommerferienwoche trafen sich 40 Studierende, Schülerinnen und
Schüler, Lehrende und Expertinnen und Experten für bestimmte Artengruppen, um
16 verschiedene Untersuchungsgebiete mit unterschiedlicher Lebensraumausstat-
tung faunistisch zu kartieren. Neben Einstiegsvorträgen zur Biologie und Ökologie
der einzelnen Artengruppen, veranstalteten sie gezielte Sammelexkursionen, auf
denen Feldmethoden und Suchschemata vermittelt wurden. Abends fanden Nach-
bestimmung und Präparation statt, deren Techniken ebenfalls erlernt werden konn-
ten. Insgesamt fanden die Teilnehmenden 472 Arten aus den Gruppen der Insekten,
Mollusken und Spinnentiere, darunter einige Neufunde. Abschließend hat die Grup-
pe gemeinsam wissenschaftlich publiziert (Wagner et al. 2015). Abgerundet wur-
GHGLHVHV(LQVWHLJHUVHPLQDUGXUFKJHVHOOLJH$EHQGHDP/DJHUIHXHUXQG$XVͥ¾JH
zum Badesee. Könnten solche durch Vereine und Verbände organisierten Sommer-
camps u.ä. in Zukunft eine größere Rolle bei der naturkundlichen Nachwuchsbil-
dung spielen?
Auch über diese drei Positivbeispiele hinaus gibt es eine ganze Reihe erprobter und
bewährter Ansätze und Ideen zur Vermittlung von „jungen“ an „alte“ Artenkenner-
innen und Artenkennern. Dazu gehören zum Beispiel gemeinsame Terminkalender
regionaler Verbände (z.B. www.umweltkalender-berlin.de), gemeinsame Aktivitäten
und Events (z.B. „GEO-Tag“, „Tag der Stadtnatur“), die interaktive Entwicklung mo-
derner Schulungs¬materialien und Bestimmungsschlüssel (z.B. www.offene-na-
turfuehrer.de), Vermittlungsbörsen und Verzeichnisse für lokale und regionale
Expertinnen und Experten, Stipendienprogramme, die gezielte Förderung von Ab-
schluss- und Projektarbeiten und natürlich Mentoring, Kleingruppentrainings und
besagte Sommerakademien, sowie ähnliche Veranstaltungen.
Naturkunde im digitalen Zeitalter
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Hilfe digitaler Technik statt (z. B. DRL 2011). GPS, Digital-Kameras, Smartphones,
Tablets und moderne GIS-Software sind zunehmend ein relevanter Teil des Alltags
von naturkundlichen und Naturschutz-Vereinen und Verbänden. Mit Hilfe von mo-
dernen und mobil erreichbaren Datenbanken, „Echtzeit“-Schnittstellen zu Behörden
und anderen Akteuren, heutigen Visualisierungsmöglichkeiten und der Fülle damit
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bewältigbarer Informationen ist eine fundierte und gründliche Freilandforschung
und Naturschutzarbeit einfacher und umfassender als früher möglich. Natürlich
müssen die Daten stimmen. Dazu ist eine Qualitätssicherung (z.B. durch Expertin-
nen und Experten in regionalen Vereinen) nötig. Nach wie vor werden unterschied-
liche Erfassungsmethoden, Standardisierung, Belegsammlungen und Präparation
fachlich unverzichtbar sein. Aber gerade hier entstehen viele Möglichkeiten für
enge Kooperation mit Museen, Herbarien und Hochschulen. Bestimmungs¬hilfen
werden zunehmend digital und mobil genutzt und entwickelt, auch hier ist das En-
gagement von Verbänden sinnvoll und zielführend. Sind hier vielleicht EDV-versierte
-XQJ0LWJOLHGHUJHIUDJW".XU]XP1DWXUNXQGHXQG1DWXUVFKXW]ͤQGHQDXFKGLJLWDO
und online statt, die Frage ist, ob die Vereine und Verbände vorne mit dabei sind
und das soziale Rückgrat bilden?
Vernetzung von Akteuren
'DPLWQLFKWMHGHU9HUHLQXQG9HUEDQG̺MHGHV5DGQHXHUͤQGHQ̸PXVVXQGPLWVHL-
nen meist begrenzten Zeit- und Personalressourcen viel erreichen kann, ist eine
geschickte Vernetzung von unterschiedlichen Engagierten und der verschiedenen
Akteure wichtig.
Dazu gehören zunächst die Schulen, Hochschulen und naturkundlichen Museen.
Hier lassen sich eine ganze Reihe wertvoller „Win-Win-Situationen“ erzeugen. Die
Entwicklung spannender Kooperationsprojekte, die unbedingt in gemeinsamen (!)
Publikationen münden sollten und ein regelmäßiger fachlicher Austausch (Arbeits-
treffen, Symposien, etc.) können hier die Grundlage liefern.
Die Vereine und Verbände gewinnen dabei institutionelle Unterstützung (Räum-
lichkeiten, Forschungsausrüstung, EDV- und Statistik-Unterstützung, Drittmittelzu-
gang), eine größere Reichweite und leichteren Zugang zu Studierenden, und ggf.
Kandidatinnen und Kandidaten für Abschlussarbeiten im Bereich von Vereinspro-
jekten. Die Hochschulen gewinnen die Unterstützung durch regionale Expertinnen
und Experten, Zugang zu regionalem Wissen, der praktischen Naturschutzarbeit
und Gebietskennerinnen und -kennern. Sie können leichter regionale und praxisre-
levante Themen für Abschlussarbeiten generieren und externe Referentinnen und
Referenten für Exkursionen, Praktika, Projektarbeiten (ggf. sogar für die externe
Betreuung von Absolventinnen und Absolventen) gewinnen.
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Auch die Zusammenarbeit mit naturwissenschaftlichen Regional- und Forschungs-
museen ist vielversprechend. Diese können in der Vernetzung mit Vereinen, Verbän-
den, Hochschulen, Naturschutzakteuren (inkl. Behörden) der zentrale Knotenpunkt
und das Rückgrat für langfristige Partnerschaften sein. Durch ihre Rolle als Archive
der Biodiversität und originäre Institutionen der Artenkenntnis und die ihre spezi-
alisierte Ausstattung bieten sich vielseitige Schnittstellen im Bereich Bildungsan-
gebote, technische Infrastruktur, Treffpunkte, Sammlungsarbeit sehr gut und auf
Augenhöhe an.
Nicht zu vergessen ist aber auch die Rolle der Gutachter- und Kartierungsbüros, die
einen wesentlichen Teil des Arbeitsmarktes für professionelle Artenkennerinnen
XQG$UWHQNHQQHUQELOGHQXQGVLFKK¦XͤJLQ%HUXIVYHUE¦QGHQRUJDQLVLHUHQ'LHVH
haben ein originäres Interesse an gut ausgebildetem Artenkenner-Nachwuchs, so-
wohl für ihre Unternehmen, als auch für andere, denn niemand konkurriert gerne mit
Kollegen, die nur auf Grund schlechterer Qualität billiger anbieten können. Durch die
Eigeninitiative der Berufsverbände und Büros, eigene Fortbildungsangebote speziell
für Berufseinsteigerinnen und -einsteiger, Traineeships und Praktikumsangebote
können diese Akteure selbst aktiv werden. Vielleicht entdecken auch zunehmend
deutsche Planungsbüros Schulungskurse als weitere Einnahmequelle? Berufsver-
bände hingegen können im Bereich Kommunikation und Lobbyismus verstärkt aktiv
werden. Warum brauchen wir Berufsartenkennerinnen und -kenner auch in Zukunft?
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ersetzbar? Müssen wirtschaftlich attraktive Jobperspektiven in diesem Bereich
verstärkt geschaffen und kommuniziert werden? Diese und andere verwandte Fra-
gestellungen könnten zukünftig von einer wirtschaftlichen Interessensvertretung
beantwortet und bewegt werden.
Wenn also möglichst viele betroffene und engagierte Akteure gemeinsam und ver-
netzt in einen offensiven, kreativen und innovativen Prozess zur Bewältigung der
Erosion der Artenkenntnis gehen, können für alle Seiten positive Entwicklungen das
Ergebnis sein. Ein regionales Herunterbrechen übergeordneter Fragen, Herausforde-
rungen und Probleme macht die Nachwuchsoffensive für Artenkenntnis dabei einer
möglichst breiten Basis zugänglich.
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Junges Forum
Wie weiter mit den jungen Artenkennerinnen und Artenkennern? – Eine Offensive für die Nachwuchsarbeit
DNT-JOURNAL 2017
Fazit
Die Nachwuchsproblematik hängt nicht nur von Bildungssystem und Politik ab.
Das vielseitige Engagement und die zahlreichen Initiativen der Vereine, Verbände
und Museen sind wichtig, um den Herausforderungen der Biodiversitätskrise und
Wissenserosion zu begegnen. „Großes Denken“, sowie konkretes und regionales
Handeln zahlen sich aus. Die Erkenntnisse der Interessens- und Expertiseforschung
können hier strategisch genutzt werden, indem Kompetenzerleben, Autonomie und
soziales Eingebundensein, sowie die kontinuierliche und gezielte Förderung neuer
Expertinnen und Experten konsequent verfolgt werden. Junge Artenkennerinnen
und Artenkenner können gezielt in Projekte eingebunden werden. Akteure, die sich
auf Augenhöhe ressortübergreifend und regional vernetzen, können gemeinsame
Strategien entwickeln und überverbandliche Plattformen, sowie Infrastruktur auf-
bauen. Sie lernen voneinander und schauen immer wieder „über den Tellerrand“.
Nicht zuletzt ist der „Spaßfaktor“ bei jedem Engagement und Beruf ein entschei-
dender Baustein zum Erfolg.
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Kontakt
Philipp Meinecke
(M. Sc. Biologie),
philipp.meinecke@posteo.de