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AQuaFam
„Ansätze zur Erhöhung der Anregungsqualität in Familien“
Abschlussbericht
AQuaFam
„Ansätze zur Erhöhung der Anregungsqualität in Familien“
Abschlussbericht
Yvonne Anders, Axinja Hachfeld, Franziska Wilke
Impressum
Herausgeber
Freie Universität Berlin
Arbeitsbereich Frühkindliche Bildung und Erziehung
Habelschwerdter Allee 45
14195 Berlin
2. korrigierte Auflage
Oktober 2015
Autorinnen:
Anders, Yvonne
Hachfeld, Axinja
Wilke, Franziska
Unter Mitarbeit von: Eva Abbing, Kristin Beitz, Marcus Sommer, Eric Vogel
Wir danken der Carina-Stiftung sowie dem Chancenreich-Projekt und allen am Projekt und
an der AQuaFam Studie beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die erfolgreiche Zu-
sammenarbeit.
Ein ganz besonderer Dank gilt den vielen engagierten Eltern und Kindern, die an diesem
Projekt teilgenommen haben.
Inhaltsverzeichnis
1. Das Projekt Chancenreich ......................................................................................................................... 5
1.1 Herausstellungsmerkmale .................................................................................................................... 6
1.2 Anforderungen an die wissenschaftliche Evaluation .............................................................................. 7
2. Die Studie AQuaFam .................................................................................................................................. 7
2.1 Konzept der familialen Anregungsqualität ............................................................................................. 7
2.2 Fragestellung ....................................................................................................................................... 7
2.3 Erhebungsdesign ................................................................................................................................. 8
2.4 Stichprobe ........................................................................................................................................... 8
2.5 Zielindikatoren ..................................................................................................................................... 9
2.5.1 Strukturqualität .......................................................................................................................... 9
2.5.2 Orientierungsqualität ................................................................................................................. 9
2.5.3 Prozessqualität ....................................................................................................................... 10
2.5.4 Kindliche Entwicklung.............................................................................................................. 10
2.6 Methodisches Vorgehen..................................................................................................................... 10
3. Die Berichtsstruktur ................................................................................................................................. 11
4. Welche Familien nehmen an Chancenreich teil? .................................................................................... 13
5. Empirische Befunde zur Nutzung der Module ......................................................................................... 19
6. Empirische Befunde zur Konzeption des Projekts .................................................................................. 27
7. Wirkungen ............................................................................................................................................... 35
7.1 Familiale Anregungsqualität ............................................................................................................... 37
7.2 Kindliche Entwicklung ........................................................................................................................ 43
7.3 Frühzeitiger Kita-Besuch .................................................................................................................... 51
8. Wie schätzen Eltern die Wirkung von Chancenreich ein? ...................................................................... 57
9. Zusammenfassung der zentralen Ergebnisse der AQuaFam-Studie ...................................................... 69
10. Fazit und Ausblick ................................................................................................................................... 75
Literaturverzeichnis ...................................................................................................................................... 79
Anhang ............................................................................................................................................... 83
Glossar
1. Nettoäquivalenzeinkommen
Das Nettoäquivalenzeinkommen kennzeichnet ein gewichtetes Pro-Kopf-Einkommen für alle
Mitglieder im Haushalt auf Basis des Haushaltsnettoeinkommens. Somit ist es möglich, das
Einkommen trotz verschiedener Haushaltszusammensetzungen (z.B. verschiedene Anzahl
von im Haushalt lebenden Kindern und Erwachsenen) miteinander zu vergleichen. Für AQua-
Fam wurde jedes Haushaltseinkommen nach den Vorgaben der neuen OECD-Nettoäquiva-
lenzskala gewichtet.
2. Orientierungsqualität
Die Werte und Einstellungen der Eltern zu Bildung, Erziehung und Gesundheit werden als
Orientierungsqualität bezeichnet. Dazu gehören z.B. die Erziehungsselbstwirksamkeit, die ge-
fühlte soziale Unterstützung sowie die eingeschätzte Wichtigkeit von Vorsorgeuntersuchun-
gen.
3. Prozessqualität
Als Prozessqualität werden die Interaktionen und Prozesse zwischen Eltern und Kind bezeich-
net. Sie beschreibt das tatsächliche Alltagsgeschehen und meint damit z.B. das Erziehungs-
und Gesundheitsverhalten sowie bildungsorientierte gemeinsame Aktivitäten der Eltern mit
dem Kind.
4. Selbstwirksamkeit
Die allgemeine Selbstwirksamkeit umfasst die eigene Einschätzung und Überzeugung,
Schwierigkeiten im täglichen Leben meistern zu können. Ein spezifischer Aspekt ist die Erzie-
hungsselbstwirksamkeit. Sie bildet ab, inwiefern sich Eltern zutrauen, in Erziehungssituationen
angemessen reagieren zu können und wie sie ihre Kompetenz in der Erziehung des Kindes
subjektiv einschätzen.
5. Signifikanz
Ein statistisches Ergebnis wird als signifikant bezeichnet, wenn die Wahrscheinlichkeit, dass
es durch Zufall so zustande kommen würde, nicht über einer vorher festgelegten Schwelle
liegt. Im vorliegenden Bericht werden vier Schwellenwerte angelegt, die am jeweiligen p-Wert
zu erkennen sind (p < .001, p < .01, p < .05, p < .10). Ein p-Wert von .05 gibt bspw. an, dass
die Irrtumswahrscheinlichkeit, dass das Ergebnis durch Zufall entstanden ist, unter 5% liegt.
6. Strukturqualität
Die Strukturqualität einer Familie setzt sich aus Merkmalen zusammen, die die Ausstattung
bzw. die dem Kind zur Verfügung stehenden Rahmenbedingungen und Ressourcen wider-
spiegeln. Dazu gehören z.B. die Familienzusammensetzung, die Anzahl der Geschwister, der
Bildungshintergrund der Eltern, das kulturelle Kapital einer Familie sowie die finanziellen Res-
sourcen, die der Familie zur Verfügung stehen.
5
1. Das Projekt Chancenreich
Bereits zu Beginn der Grundschulzeit un-
terscheiden sich Kinder in ihren sprachli-
chen, mathematischen und allgemein-kog-
nitiven Fähigkeiten. Vor allem Kinder aus
sozial benachteiligten Familien haben grö-
ßere Schwierigkeiten, den Anforderungen
der Schule gerecht zu werden und daraus
resultierend geringere Chancen, Bildungs-
erfolge zu erzielen. Die Beschreibung „so-
zial benachteiligt“ umschließt unterschiedli-
che Indikatoren, zu denen u. a. die ökono-
mische Situation der Familie, die (Aus-)Bil-
dung der Eltern, die familiäre Struktur (z.B.
Alleinerziehende, Mehrkinderfamilien) so-
wie die kulturelle Herkunft der Familie zäh-
len. Soziale Disparitäten treten schon im
vorschulischen Alter auf und werden oft-
mals über die weiteren Schuljahre fortge-
tragen (Ebert, Lockl, Anders et al., 2013;
Anders, Roßbach, Weinert et al., 2012; An-
ders, Grosse, Roßbach, Ebert et al., 2013;
Magnuson, Meyers, Ruhm et al., 2004;
NICHD Early Child Care Research Net-
work, 2002, 2005; Sammons, Anders,
Sylva et al., 2008; Weinert, Ebert &
Dubowy, 2010). In Deutschland ist der Zu-
sammenhang zwischen der sozialen und
kulturellen Herkunft und den Entwicklungs-
und Bildungschancen eines Kindes im in-
ternationalen Vergleich besonders hoch
(OECD, 2001). Vor diesem Hintergrund
wird international und national das Poten-
zial von Bildungsprogrammen und Inter-
ventionen im Vorschulalter eruiert. Die Dis-
kussion ist von der Hoffnung getragen,
dass frühe Interventionen zur Kompensa-
tion der Bildungsbenachteiligung von Kin-
dern aus sozial schwachen oder bildungs-
fernen Familien ebenso beitragen können
wie zu der von Kindern mit Zuwanderungs-
hintergrund (Anders, 2013). Anlass zu die-
ser Hoffnung geben vor allem Resultate
aus groß angelegten Evaluationsstudien
von US-amerikanischen vorschulischen In-
terventionsprogrammen, die dort seit den
1960er Jahren entwickelt, umgesetzt und
untersucht wurden und kurz-, mittel- und
sogar langfristige Erfolge aufweisen kön-
nen (z.B. Powell, 2000; Schweinhart, Bar-
nes & Weikart, 1993).
Das häusliche Umfeld kann sich insbeson-
dere im Hinblick auf die lern- und entwick-
lungsanregenden Aktivitäten in der Familie
unterscheiden. Auch hier weist die empiri-
sche Evidenz auf ein soziales Gefälle hin:
Kinder, die in sozial benachteiligten Fami-
lien aufwachsen, erhalten weniger rele-
vante Anregungen (Kluczniok, Lehrl, Kuger
& Roßbach, 2013; Sylva et al., 2004). Hier-
durch lassen sich die frühen Nachteile von
Kindern aus sozial schwachen und bil-
dungsfernen Familien (z.B. Walper & Grgic,
2013; Lorenz, 2008) teilweise erklären.
Verschiedene Studien haben belegt, dass
sich der Zusammenhang zwischen sozialer
Herkunft und kindlicher Entwicklung verrin-
gert, wenn die lernanregenden Aktivitäten
in der Familie mitberücksichtigt werden.
Dementsprechend überrascht es nicht,
dass vor allem solche frühen Interventionen
und Programme erfolgversprechend schei-
nen, die nicht nur bei den Kindern, sondern
auch bei den Familien ansetzen und hier-
durch auf eine Verbesserung der familialen
Anregungsqualität abzielen (Kuger, Sech-
tig & Anders, 2012).
Das Herforder Projekt Chancenreich wurde
von der Carina Stiftung in Kooperation mit
der Stadt Herford in Anlehnung an wissen-
schaftliche Erkenntnisse aus internationa-
len Modellprojekten entwickelt und wird
vom Projektträgerverein Chancenreich
Herford e.V. implementiert. Es stellt ein frei-
williges Angebot für Familien zur Unterstüt-
zung bei der Pflege und Erziehung ihrer
Neugeborenen und Kleinkinder dar. Die
Konzeption von Chancenreich fördert eine
starke Elterneinbindung, verfügt über ein
breites Bildungsverständnis und setzt auf
frühe Intervention. Grundsätzlich steht
Chancenreich allen Eltern mit Neugebore-
nen in Herford offen. Befunde aus der Pra-
xis zeigen, dass Angebote, die für Familien
aus allen sozialen Schichten frei zugänglich
6
sind, häufiger von Familien der Mittel-
schicht in Anspruch genommen werden
(Lösel, 2006). Familien in sozial benachtei-
ligten Lebenslagen (vor allem sozial schwä-
chere Familien und Familien mit Migrati-
onshintergrund) zu erreichen, stellt dage-
gen eine große Herausforderung dar
(Wittke, 2012). Ein Anliegen von Chancen-
reich ist vor diesem Hintergrund, dass be-
nachteiligte Familien im Projekt nicht unter-
repräsentiert sind. Um dies zu erreichen,
hat Chancenreich ein Vorgehen gewählt,
dass sich auf drei Säulen stützt: (1) Geh-
Strukturen, (2) einen modularen Ansatz
und (3) einen monetären Anreiz. Diese drei
Herausstellungsmerkmale werden im Fol-
genden näher beleuchtet (für eine ausführ-
liche Beschreibung mit explizitem Fokus
auf die Teilnehmerstruktur in Chancenreich
verweisen wir auf Wilke, Hachfeld, Höhl &
Anders, 2014).
1.1 Herausstellungsmerkmale
Durch die enge Zusammenarbeit mit der
Stadtverwaltung Herford ist es den Projekt-
mitarbeiterinnen möglich, die Familien aller
in Herford neugeborenen Kinder zu kontak-
tieren und persönlich für eine Projektteil-
nahme zu werben. Diese enge Vernetzung
aller berufenen Akteure ist entscheidend für
den Erfolg familienunterstützender Ange-
bote (Deutscher Verein r öffentliche und
private Fürsorge e.V., 2005).
Durch seinen modularen Ansatz
gelingt es dem Projekt Chancen-
reich auf effektive und einzigartige
Weise, alle vier Formen der Fami-
lienbildung miteinander zu verbin-
den (vgl. Heitkötter & Thiessen,
2009). Zum einen deckt Chancen-
reich in dem Modul Elternbil-
dungsarbeit in Form von ver-
pflichtenden Seminaren Elemente
der (a) institutionellen Familienbil-
dung ab. Elemente der (b) infor-
mellen Familienbildung wurden
durch die Gründung von Elternca-
fés in Herford und der dadurch entstande-
nen Möglichkeiten zum Austausch abge-
deckt. Durch die Bereitstellung des Eltern-
handbuchs sowie themenspezifischer In-
formationsbroschüren verfolgt Chancen-
reich auch eine (c) mediale Familienbil-
dung. Wie bereits oben beschrieben, stellt
die (d) mobil aufsuchende Familienbildung
durch die direkte Ansprache und die Haus-
besuche der Familienbesucherinnen
schließlich das Kernstück von Chancen-
reich dar (vgl. Abb. 1).
Dieser Aufbau ist zusammen mit der sehr
engen Zusammenarbeit aller berufenen
Akteure in der Stadt Herford unseres Wis-
sens bisher in keinem anderen Programm
in Deutschland zu finden (vgl. auch Wittke,
2012, für die Bedeutung der Vernetzung
bestehender Strukturen). Der monetäre
Anreiz stellt eine weitere Säule dar. Der Bo-
nus in Höhe von 500 Euro, den die Familien
zusätzlich zu den kostenfreien Angeboten
erhalten, sofern sie die vorher festgelegten
Module erfolgreich absolvieren, könnte ins-
besondere für die Motivation sozial schwa-
cher Familien eine große Rolle spielen.
Dieser monetäre Bonus ist bisher in
Deutschland einzigartig.
Neben der wissenschaftlichen Fundierung
hebt sich Chancenreich zusätzlich durch
Institutionelle
Familienbildung
Modularer Ansatz
Chancenreich
Elterntrainings
Frühzeitiger
Kindergarteneintritt
ab 3 Jahren
Informelle
Familienbildung Aufsuchende
Familienbildung Zusätzliche Module
Elterntreffen
Familien-
besucherinnen
Kinderbücher
Elternhandbuch
Hausbesuche
Familienhebammen
Teilnahme an
wissenschaftlichen
Evaluationen
Erforderliche
Kindervorsorge-
untersuchungen
Mediale
Familienbildung
7
die explizite Anlage wissenschaftlicher Be-
gleitforschung in der Konzeption des Pro-
jekts von anderen Programmen ab.
1.2 Anforderungen an die wis-
senschaftliche Evaluation
Bislang besteht in Deutschland noch ein
großer Bedarf an systematischen, wissen-
schaftlichen Evaluationsstudien zur Unter-
suchung der Auswirkungen solcher Modell-
projekte und Interventionsansätze (Anders
& Roßbach, 2013). Die erste Evaluation
des Projekts Chancenreich erfolgte bereits
zwei Jahre nach Beginn des Projekts. Sie
umfasste eine Befragung der teilnehmen-
den Eltern und belegte eine hohe Akzep-
tanz und weitestgehend hohe Zufriedenheit
mit dem Angebot (Andresen & Müncher,
2011). Die aktuell laufende Studie Ansätze
zur Erhöhung der familialen Anregungs-
qualität von Kindern aus bildungsfernen Fa-
milien (AQuaFam) stellt die systematische
Untersuchung der Auswirkungen auf unter-
schiedliche Zielbereiche in den Mittelpunkt
und wird im Folgenden näher beschrieben.
2. Die Studie AQuaFam
Die Studie Ansätze zur Erhöhung der fami-
lialen Anregungsqualität von Kindern aus
bildungsfernen Familien (AQuaFam) fo-
kussiert auf die Auswirkungen der Teil-
nahme am Modellprojekt auf die familiale
Anregungsqualität und die kindliche Ent-
wicklung (vgl. Hachfeld, 2014).
2.1 Konzept der familialen Anre-
gungsqualität
Das wissenschaftliche Konzept der familia-
len Anregungsqualität umfasst verschie-
dene Facetten der Entwicklungs- und Lern-
umgebung, die sich auf die Verfügbarkeit
von Bildungsressourcen (z.B. Bücher) und
die Art und Weise der Kindererziehung be-
ziehen. Zum einen sind hier strukturelle
Merkmale (wie die Familienzusammenset-
zung, die Anzahl der Geschwister oder die
Ausstattung der Umgebung des Kindes)
angesprochen die sogenannte Struktur-
qualität. Ferner werden auch die pädagogi-
schen Werte und Einstellungen der Eltern
(z.B. die Wertigkeit von Bildung, die Bil-
dungsaspirationen, die Definition der eige-
nen Rolle etc.) als relevant erachtet die
sogenannte Orientierungsqualität. Schließ-
lich aber steht im Vordergrund, welche pä-
dagogischen Aktivitäten stattfinden und
welche Qualität die pädagogischen Interak-
tionen zwischen Eltern und Kind haben,
welche im Folgenden als Prozessqualität
bezeichnet wird. Hierunter fallen in der
Kindheit z.B. Aktivitäten wie das Vorlesen,
der Gebrauch komplexer Sprache, Re-
chen- und Zählspiele oder der gemeinsame
Besuch von Bibliotheken (u.a. Hart & Ris-
ley, 1995; Melhuish et al., 2008; Snow &
van Hemel, 2008). Für frühkindliche Inter-
ventionsprogramme stellt sich die Frage,
wie eine hohe Anregungs- und Prozess-
qualität in Familien gefördert werden kann.
Denn da ein Großteil der Kinder unter drei
Jahren in Deutschland noch keine Kinder-
tageseinrichtung besucht (Bertelsmann
Stiftung Ländermonitor, 2014), muss ein di-
rekter Zugang zu den Familien erfolgen.
2.2 Fragestellung
Das Forschungsvorhaben hat das Ziel, die
Auswirkungen der Teilnahme am Modell-
projekt „Chancenreich“ auf die familiale An-
regungsqualität und die kindliche Entwick-
lung zu untersuchen. Im Detail wird analy-
siert, ob sich durch die Teilnahme am Mo-
dellprojekt (1) die Erziehungskompetenz
der Eltern verbessert, (2) das Gesundheits-
und Vorsorgeverhalten der Eltern im Hin-
blick auf das Kind verändert, (3) Auswirkun-
gen auf die sprachliche Entwicklung und
die Entwicklung des Sozialverhaltens fest-
stellen lassen und ob (4) einzelne Module
des Modellprogramms spezifische Auswir-
kungen zeigen. Darüber hinaus wird die
Teilnehmerstruktur in Bezug auf das Ziel,
auch sozial benachteiligte Familien zu er-
reichen, analysiert.
8
Im Folgenden werden das Erhebungsdes-
ign und die Zielindikatoren näher beschrie-
ben. Details zu den Messinstrumenten fin-
den sich im Anhang.
2.3 Erhebungsdesign
AQuaFam ist als Querschnittsstudie ange-
legt. Um Interventionseffekte des Pro-
gramms Chancenreich nachweisen zu kön-
nen, wurde ein Interventions-Vergleichs-
gruppendesign gewählt. Das heißt, zusätz-
lich zu den an Chancenreich teilnehmen-
den Familien wurde außerdem eine Ver-
gleichsgruppe erhoben. Die Grundgesamt-
heit für die Interventionsgruppe bildeten die
Familien, die am Projekt Chancenreich mit
ihren Kindern teilgenommen haben und de-
ren Kinder im Erhebungszeitraum im Alter
von 30 bis 48 Monaten waren, sowie eine
altersähnliche Vergleichsgruppe.
Beide Gruppen sollten vor allem Einzelkin-
der oder erstgeborene Kinder einbeziehen.
Die Daten wurden im Rahmen eines stan-
dardisierten Familieninterviews (den die Er-
heber mit einem Elternteil durchführten), ei-
nes Elternfragebogens (den die Eltern
selbst ausfüllten) und einer Kindstestung zu
Hause bei den Familien erhoben.
Im Vorfeld der Erhebungen wurden die
dreizehn Erheberinnen und ein Erheber,
überwiegend Studierende der Universität
Bielefeld, in einem 2-tägigen Kurs für das
Familieninterview und die Kindstestung in-
tensiv geschult.
Die Datenerhebung fand zwischen Dezem-
ber 2013 und März 2014 statt.
2.4 Stichprobe
Die Stichprobenziehung der Interventions-
gruppe erfolgte auf Basis des Adresspools,
den die Carina-Stiftung und das Chancen-
reich-Projekt bereitstellten. Ziel war es,
eine Stichprobengröße von 240 Familien zu
erreichen.
Die Chancenreich-Familien haben sich mit
ihrer Teilnahme am Modellprojekt auch zur
Teilnahme an der Begleitforschung ver-
pflichtet, weshalb ein geringer Drop-Out er-
wartet wurde.
Mit einer endgültigen Stichprobengröße
von N=184 Chancenreich-Familien wurde
eine Ausschöpfungsquote von 77 Prozent
erreicht (vgl. Abb. 2), was im Vergleich zu
sonstigen Quoten in der sozialwissen-
schaftlichen Forschung als sehr gut zu be-
werten ist (Aust & Schröder, 2009).
Der größte Anteil der Familien, die nicht
teilnahmen, war schlicht nicht erreichbar,
die Adressdaten waren nicht korrekt, oder
die Familien waren umgezogen. Außerdem
führten Sprachprobleme, Projektabbrüche
oder akute Problemsituationen in der Fami-
lie selbst dazu, dass Familien sich ent-
schieden, nicht an der AQuaFam-Studie
teilzunehmen.
Die Vergleichsgruppe sollte in vergleichba-
rerer städtischer Umgebung rekrutiert wer-
den; Bielefeld schien auch aufgrund der re-
gionalen Nähe und einfacheren Erhe-
bungslogistik geeignet. Verschiedene Stra-
tegien wurden zur Rekrutierung der Ver-
gleichsgruppe gewählt. Zum einen wurden
Kinderärzte, Universitäten, Kindertagesein-
richtungen sowie Sport- und Spielgruppen
gefragt, ob sie Informationen an potenzielle
Studienteilnehmer/-innen weiterleiten oder
Abbildung 2 Ausschöpfungsquoten
Stichprobe AQuaFam (in Prozentangaben)
23% 77%
Chancenreich
Brutto
Netto
27% 73%
Vergleichsgruppe
Brutto
Netto
32%
68%
Erzieherfragebögen
40%
60%
Erzieherfragebögen
N= 58
N= 184 N= 125
N= 35
Anmerkung: Der Anteil der Erzieherfragebögen bezieht sich auf die Grundgesamtheit der Teilnehmenden.
9
auch Eltern direkt ansprechen können.
Weiterhin wurden Plakate mit Informations-
broschüren in Bielefeld selbst verteilt und
auch Eltern mit Kindern im entsprechenden
Zielalter direkt auf der Straße angespro-
chen. Den größten Erfolg brachte der Kon-
takt zu einer Familienbildungsstätte. Diese
Besonderheit gilt es bei der Ergebnisinter-
pretation zu berücksichtigen.
Ziel war es, eine Vergleichsgruppe von
N=80 Familien zu erreichen. Letztlich
konnte eine Stichprobe von N=58 Ver-
gleichsgruppenfamilien realisiert werden
und damit eine Ausschöpfungsquote von
73 Prozent erreicht werden (vgl. Abb. 2).
Falls das Kind neben der Familie institutio-
nell betreut wird (Kindertagesstätte (kurz:
Kita) oder Tagespflege), wurden sowohl die
Chancenreich-Eltern als auch die Ver-
gleichsgruppeneltern gebeten, den päda-
gogischen Fachkräften in den Einrichtun-
gen einen Fragebogen zur Einschätzung
der sozio-emotionalen Entwicklung des
Kindes weiterzuleiten. Diesen schickten die
Einrichtungen anonym an das Projektteam
AQuaFam zurück. Für die Chancenreich-
Gruppe wurden 125 Fragebögen und für
die Vergleichsgruppe 35 Fragebögen von
Erzieher/-innen erfasst. Eine solche Aus-
schöpfungsquote in Höhe von 68 Prozent
bei den Chancenreich-Erzieher/-innen und
60 Prozent für die Vergleichsgruppe ist
überraschend hoch, zumal es keine Auf-
wandsentschädigung für die Einrichtungen
und pädagogischen Fachkräfte gab. Dies
verdeutlich noch einmal das große Inte-
resse von Familien und Einrichtungen, an
Chancenreich und an der Studie AQuaFam
mitzuwirken (vgl. Abb. 2).
Für die Frage nach der Teilnehmerstruktur
in Kapitel 4 wurde auf Monitoringdaten der
Carina Stiftung zurückgegriffen. Die Stif-
tung erfasst grundsätzlich von allen Fami-
lien mit einem Neugeborenen in Herford bei
einem Erstbesuch Basisdaten zu sozial-
strukturellen Merkmalen, und zwar sowohl
bei den Familien, die sich entscheiden, an
Chancenreich teilzunehmen, als auch bei
den Familien, die sich gegen eine Teil-
nahme entscheiden. Insgesamt liegen in
diesem Datensatz Informationen von
N=1252 teilnehmenden und N=749 nicht
teilnehmenden Familien vor.
2.5 Zielindikatoren
Die zentralen Zielindikatoren der AQua-
Fam-Studie sind die familiale Prozessqua-
lität, die bildungsbezogenen Einstellungen
(Orientierungsqualität) und der sprachliche
und sozio-emotionale Entwicklungsstand
der Kinder. Darüber hinaus enthalten die
Instrumente und Fragebögen Inhalte zur
Untersuchung spezifischer Auswirkungen
einzelner Programmkomponenten sowie
Fragen zur Erfassung von Hintergrund- und
Kontrollvariablen (Strukturqualität). Im Fol-
genden werden die untersuchten Aspekte
der Struktur-, der Orientierungs- und der
Prozessqualität sowie die untersuchten As-
pekte der kindlichen Entwicklung kurz be-
schrieben. Eine detaillierte Beschreibung
der Messinstrumente befindet sich im An-
hang.
2.5.1 Strukturqualität
Die Strukturqualität umfasst die Rahmen-
bedingungen r das Aufwachsen in der Fa-
milie und beschreibt allgemeine Lebens-
umstände oder aktuelle Risiken und Prob-
leme. Sowohl im Familieninterview als auch
im Elternfragebogen wurden detaillierte In-
formationen zu soziodemographischen
Merkmalen, wie dem Bildungshintergrund,
dem Familienstand, der Anzahl der Kinder
im Haushalt, der Einkommens- und Er-
werbssituation sowie detailliert der Migrati-
onshintergrund erfasst. Als Merkmale für
die Bildungsnähe einer Familie wurde ge-
fragt, wie viele Bücher im Haushalt vorhan-
den sind.
2.5.2 Orientierungsqualität
Die elterlichen Einstellungen zu Erziehung
und Bildung werden als Orientierungsquali-
tät bezeichnet. In AQuaFam wurden die El-
10
tern umfassend zu ihrer elterlichen und ge-
sundheitsbezogenen Selbstwirksamkeit
befragt. Die elterliche Selbstwirksamkeit
beschreibt in diesem Kontext die Überzeu-
gung der Eltern, auch in schwierigen Situa-
tionen richtig reagieren und ihr Kind gut er-
ziehen zu können. Gesundheitsbezogene
Selbstwirksamkeit beschreibt das Selbst-
vertrauen der Eltern, ihr Kind gesund zu er-
ziehen (z.B. mit gesunder Ernährung und
viel Bewegung). Ebenso wurden die Eltern
nach ihren Einstellungen zu Vorsorgeunter-
suchungen gefragt. Ein weiterer wichtiger
Aspekt der Orientierungsqualität ist die
wahrgenommene soziale Unterstützung im
Hinblick auf die Erziehung und Betreuung
des Kindes. Eltern, die davon überzeugt
sind, Erziehungsaufgaben gut meistern zu
können und sich in ihrem Alltag und bei
Problemen unterstützt fühlen, sollten mehr
Ressourcen für gemeinsame Interaktionen,
positives Elternverhalten und bildungsori-
entierte Aktivitäten haben und damit wiede-
rum einen positiven Einfluss auf die kindli-
che Entwicklung ausüben.
2.5.3 Prozessqualität
Das tatsächliche Elternverhalten wird als
Prozessqualität bezeichnet. Die Eltern wur-
den, bezogen auf das Erziehungsverhal-
ten, gefragt, wie sie in erziehungsrelevan-
ten Situationen handeln. Das problemati-
sche Erziehungsverhalten reicht von ‚Über-
reagieren‘ bis ‚Nachsichtigkeit‘. Bezüglich
des Gesundheitsverhaltens wurden die El-
tern z.B. danach gefragt, wie oft sie Vorsor-
geuntersuchungen in Anspruch nehmen,
wie viele gesüßte Getränke das Kind zu
sich nimmt oder auch wie viel sich das Kind
bewegt. Die Familien wurden außerdem
gefragt, welche Aktivitäten sie mit ihrem
Kind unternehmen und wie oft. Der Fokus
liegt hier vor allem auf bildungsorientierten
Aktivitäten, wie das gemeinsame Vorlesen,
Singen oder Basteln, da zahlreiche Studie
die positiven Wirkungen dieser Aktivitäten
unterstreichen (vgl. Melhuish, Phan, Sylva
et al., 2008; Sylva, Melhuish, Sammons,
2010).
2.5.4 Kindliche Entwicklung
Der Sprachstand der Kinder wurde mittels
standardisierter Instrumente gemessen.
Der ‚Peabody Picture Vocabulary Test‘
(PPVT) bildet den rezeptiven Wortschatz
des Kindes ab. Die kommunikativen Fähig-
keiten in Alltagssituationen sowie die sozio-
emotionale Entwicklung des Kindes lassen
sich in einer zeitbegrenzten Testsituation
nicht erfassen. Aus diesem Grund wurden
sowohl die Eltern als auch die Bezugserzie-
her/-innen des Kindes gebeten, das Kind
einzuschätzen. Hierfür haben wir die ins
Deutsche übersetzte Vineland Adaptive
Behavior Scale‘ (Sparrow, Ciccetti, Balla,
2005) eingesetzt, die drei verschiedene Fa-
cetten umfasst: Zuhören und Verstehen,
Sprechen und Alltagsfertigkeiten. Der so-
zio-emotionale Entwicklungsstand wurde
ebenfalls mittels eines standardisierten In-
struments erfasst. Der „Stärken und
Schwierigkeiten“-Fragebogen (‚Strengths
and Difficulties Questionnaires‘, kurz: SDQ,
Goodman, 1997) besteht aus fünf Sub-
skalen. Vier Subskalen bilden aufgrund ih-
rer inhaltlichen Ausrichtung einen Gesamt-
problemindex: Anpassungsprobleme, Hy-
peraktivität, Probleme in Peerbeziehungen,
emotionale Probleme. Die Subskala ‚Pro-
soziales Verhalten‘ bildet die positiven An-
teile der sozio-emotionalen Entwicklung ab.
2.6 Methodisches Vorgehen
Um Programmeffekte auf ihre statistische
Bedeutsamkeit hin zu überprüfen (Kap. 7),
wurden Regressionsmodelle gerechnet.
Für jeden Indikator der Orientierungs- und
Prozessqualität sowie der kindlichen Ent-
wicklung wurden hier die Ergebnisse aus
jeweils zwei Regressionsmodellen tabella-
risch abgebildet, die mit (a) und (b) gekenn-
zeichnet sind. In Modell (a) wird überprüft,
inwiefern sich die Chancenreich-Gruppe
von der Vergleichsgruppe unterscheidet.
Im zweiten Modell (b) wird wiederum die
Gruppenvariable überprüft, allerdings unter
Berücksichtigung der Anzahl besuchter be-
ziehungsorientierter und erziehungskom-
11
petenzorientierter Kurse. Ein positiver Be-
tawert (β) ist zugunsten der Chancenreich-
Gruppe zu interpretieren, ein negativer Be-
tawert zeigt hingegen, dass die Werte der
Vergleichsgruppe höher sind. Die Stern-
chen zeigen jeweils an, ob ein Effekt aus-
reichend groß ist, um statistisch bedeutsam
zu sein. Alle Modelle wurden um die Unter-
schiede zwischen Modell- und Vergleichs-
gruppe bereinigt, um zu verhindern, dass
Effekte ausschließlich aus der unterschied-
lichen Zusammensetzung der Gruppen o-
der der sozialen Hintergrundmerkmale der
Familien entstehen.
Fehlende Werte, also Fragen, die Perso-
nen aus unterschiedlichen Gründen nicht
beantwortet haben, stellen für die statisti-
schen Analysen eine Herausforderung dar,
da sie bei einer einfachen Eliminierung zum
Teil zu erheblichen Fallzahlreduzierungen
führen können. Effekte können dadurch
stark verzerrt oder verdeckt werden. Aus
diesem Grund wurden die Regressionsmo-
delle in Kapitel 7 mithilfe der Full-Informa-
tion-Maximum-Likelihood (FIML) ge-
schätzt.
3. Die Berichtsstruktur
In den folgenden Kapiteln werden die Er-
gebnisse der Analysen zu den Auswirkun-
gen der Teilnahme am Modellprojekt auf
die familiale Anregungsqualität und die
kindliche Entwicklung berichtet. Zunächst
ist es aber von Interesse, ob es Chancen-
reich gelingt, auch sozial benachteiligte Fa-
milien zu erreichen. Dafür werden die sozi-
alstrukturellen Ressourcen der Familien,
die an Chancenreich teilnehmen, mit denen
verglichen, die nicht an Chancenreich teil-
nehmen.
Die von Chancenreich angebotenen Mo-
dule sind inhaltlich und konzeptionell sehr
unterschiedlich ausgerichtet. Welche Mo-
dule von welchen Gruppen genutzt werden,
soll deshalb im Anschluss dargestellt wer-
den.
Chancenreich zielt mit seinem Angebot au-
ßerdem auf die Verbesserung der Orientie-
rungs- und Prozessqualität der Eltern ab.
Um herauszufinden, welche Auswirkungen
Chancenreich sowohl auf der Eltern- als
auch auf der Kindsebene hat, wurden ne-
ben der gefühlten sozialen Unterstützung,
der Erziehungsselbstwirksamkeit und dem
Erziehungsverhalten die elterlichen Einstel-
lungen zu Vorsorgeuntersuchungen bzw.
der frühzeitige Kindergartenbesuch zwi-
schen Chancenreich- und Vergleichsgrup-
penfamilien verglichen. Analysen zu Aus-
wirkungen auf den sozio-emotionalen so-
wie sprachlichen Entwicklungsstand schlie-
ßen daran an. Ebenso wurde untersucht,
inwiefern die Eltern selbst die Wirkungen
von Chancenreich bzw. vergleichbarer
Kursangebote einschätzen.
Der Bericht schließt mit einer Kurzzusam-
menfassung der zentralen Ergebnisse und
einem Kapitel, in dem mögliche Implikatio-
nen diskutiert werden.
Die Ergebnisdarstellung folgt einer zweifa-
chen Struktur. Zum einen werden die Er-
gebnisse auf der linken Heftseite graphisch
ähnlich einer Folienpräsentation darge-
stellt. Zum anderen findet sich rechts eine
inhaltliche Beschreibung. Aus Gründen der
besseren Lesbarkeit finden sich alle statis-
tischen Auswertungen auf der linken Seite,
die inhaltlichen Beschreibungen der Aus-
wertungen immer auf der rechten Seite.
Durch diese Struktur ist es möglich, sich le-
diglich auf die rechte oder die linke Seite zu
konzentrieren, gleichzeitig ergänzen sich
beide Seiten und helfen dem gegenseitigen
Verständnis.
13
4. Welche Familien nehmen an
Chancenreich teil?
Monitoring Daten Teilnehmer
N=1252 Nicht-Teilnehmer
N=749
M(SD) / % M(SD) / % sign.
Alter der Mütter 30,29 (5,46) 27.79 (6.10) *
Alter der Väter 33,40 (6.82) 31.55 (8.17) *
Familienstand
verheiratet/zusammenlebend 91% 88% *
Alleinerziehende Mutter 9% 10% *
Einzelkinder 50%83% *
Migrationshintergrund (Mutter) 47% 44 % n.s.
Bildungsabschluss der Mutter
Hochschulabschluss 21% 14% *
Kein Bildungsabschluss 5% 11% *
Elternzeit der Mutter 95% 84% *
Arbeitslosengeldbezug der Familie 21% 5% *
Anmerkung. +p<.10 *p<.05 **p<.01 ***p<.001
Welche Familien nehmen an Chancenreich teil?
14
Neben der Entwicklung und Erprobung von wirksamen Angeboten stellt auch die Motivation der Zielgruppe
zur Teilnahme an solchen Programmen eine Herausforderung dar. Obgleich in Deutschland inzwischen
verschiedene Modellprojekte für bildungsbenachteiligte oder sozial schwache Familien existieren, weisen
Erfahrungs- und Evaluationsberichte darauf hin, dass diese Familien nicht immer erreicht werden können.
Chancenreich ist zwar grundsätzlich so konzipiert, dass es für alle Familien offen ist, dennoch sollen auch
Familien in besonders belastenden Lebenslagen (ökonomische Einschränkungen, soziale Belastungen)
unterstützt werden. Da vor allem die Erreichbarkeit sozial schwacher Familien und Familien mit Zuwande-
rungshintergrund eine Herausforderung darstellt, stellt sich die Frage, inwiefern es Chancenreich gelingt,
genau diese Familien einzubeziehen.
Um diese Frage zu beantworten, wurden die teilnehmenden und nicht teilnehmenden Familien bezüglich
ihrer sozialen Hintergrundmerkmale verglichen. Hierfür wurde auf die in Abschnitt 2.4 beschriebenen Mo-
nitoringdaten der Stiftung zurückgegriffen.
Als Familienstand gaben fast alle Eltern an, verheiratet zu sein oder mit dem Partner oder der Partnerin
zusammenzuleben, die an Chancenreich teilnehmenden Familien signifikant häufiger. Die überwiegende
Zahl der Mütter befand sich zum Zeitpunkt des Erstbesuchs durch die Familienbesucherin in Elternzeit,
auch hier traf dies signifikant häufiger für die Chancenreich-Mütter zu.
Sofern es Chancenreich gelingt, benachteiligte Familien zu erreichen, sollte sich dies in den Benachteili-
gungsmerkmalen, wie geringer Bildungshintergrund, geringes Einkommen und Migrationshintergrund wi-
derspiegeln. Im Vergleich zu einer Gruppe von nicht-teilnehmenden Familien, sollten benachteiligte Fami-
lien mit diesen Merkmalen in der Gruppe der Chancenreich-Teilnehmenden überrepräsentiert sein oder
sich zumindest in ähnlicher Relation finden lassen.
Dieses Ergebnismuster zeigen die Analysen zum Teil: Zum einen nehmen zwar Eltern mit Hochschulab-
schluss signifikant häufiger an Chancenreich teil und signifikant seltener Mütter gänzlich ohne Bildungsab-
schluss. Zum anderen nehmen aber auch mehr Eltern mit Arbeitslosengeldbezug teil. Mehr als ein Fünftel
der Familien, die an Chancenreich teilnehmen, beziehen diese Unterstützungsleistung im Vergleich dazu
bezieht bei den nicht-teilnehmenden Familien nur jede 20. Familie Arbeitslosengeld. Weiterhin kann gezeigt
werden, dass es Chancenreich gelingt Familien mit Zuwanderungshintergrund für das Projekt zu gewinnen.
Hier gibt es keine signifikanten Unterschiede zum Anteil der Familien, die nicht teilnehmen.
15
Teilnahmegründe verschiedener Gruppen:
(1) Familiensprache deutsch vs. nicht-deutsch
010 20 30 40 50 60 70 80 90 100
Unsicherheit
soziale Unterstützung
Empfehlung
kostenlose Module
Inhalte & Kurse
Neugierde auf das Projekt
finanzieller Bonus
Zustimmung in Prozent
Familiensprache deutsch
Familiensprache nicht deutsch
*
*
Anmerkung: +p<.10 *p<.05 **p<.01 ***p<.001; Mehrfachantworten möglich
Chancenreich
N=184 Vergleichsgruppe
N=58
M(SD) / % M(SD) / % sign.
Alter der Mutter aus der Datenerhebung 34.16 (4.88) 35.03 (4.78) n.s.
Alter des Vaters aus der Datenerhebung 36.98 (5.96) 38.07 (5.35) n.s.
Anzahl der Kinder pro Familie 0.83 (0.70) 0.66 (0.72) n.s.
Erstgeborene 55% 76% *
Migrationshintergrund 35% 19% *
Bildungsabschluss der Mutter
Hochschulabschluss 33% 57% *
Kein Schulabschluss 1% 0% *
Elternzeit (Mutter) 89% 91%n.s.
Haushaltsnettoeinkommen 1462 (544) 1685 (456) *
Armutsgrenze (<990,-) 25% 9% *
AQuaFam-Daten
Anmerkung. +p<.10 *p<..05 **p<.01 ***p<.001
Welche Familien haben an AQuaFam teilgenommen?
16
Nachdem mit den Monitoringdaten gezeigt werden konnte, dass es Chancenreich gelingt,
auch sozial benachteiligte Familien einzubeziehen, war es für die AQuaFam-Studie wichtig,
diese benachteiligten Gruppen ebenfalls in den Stichproben der Chancenreich- und Ver-
gleichsgruppe repräsentiert zu haben.
Beim Vergleich fällt auf, dass in der AQuaFam-Stichprobe deutlich mehr Chancenreich-Fa-
milien einen Zuwanderungshintergrund haben, also ein Elternteil oder beide Elternteile nicht
in Deutschland geboren sind. Ebenso haben nur etwa ein Drittel der Chancenreich-Mütter
einen Hochschulabschluss, während in der Vergleichsgruppe mehr als die Hälfte der Mütter
einen vergleichbaren Abschluss haben. Zudem wird deutlich, dass die ökonomische Situa-
tion der Chancenreich-Familien deutlich schlechter ist. So ist das äquivalenzbasierte Haus-
haltseinkommen um mehr als 200 geringer und 25 Prozent der Chancenreich-Familien
haben ein Familieneinkommen unterhalb der Armutsgrenze von 990 Euro (DIW, 2010).
Im Rahmen der Studie wurden die Familien gefragt, warum sie sich für eine Teilnahme an
Chancenreich entschieden haben. Sie konnten von den sieben vorgegebenen Gründen all
diejenigen auswählen, die auf sie zutrafen (Mehrfachantworten waren möglich).
Wenn man sich die Gründe für die Teilnahme an Chancenreich in den einzelnen Benachtei-
ligungsgruppen (Familiensprache nicht-deutsch, keine Hochschulbildung, in Armut lebend)
anschaut, zeigen sich Unterschiede.
Familien, die zu Hause nicht deutsch sprechen, geben im Vergleich zu Familien, die zu
Hause deutsch sprechen, signifikanter häufiger den Wunsch nach sozialer Unterstützung
an. Obwohl der finanzielle Bonus eine sehr wichtige Rolle für die Teilnahme spielt, wird er
von diesen Familien signifikant seltener genannt als von Familien, die zu Hause deutsch
sprechen.
17
010 20 30 40 50 60 70 80 90 100
Unsicherheit
soziale Unterstützung
Empfehlung
kostenlose Module
Inhalte & Kurse
Neugierde auf das Projekt
finanzieller Bonus
Zustimmung in Prozent
keine Armut
Armut
*
*
*
Anmerkung: +p<.10 *p<.05 **p<.01 ***p<.001; Mehrfachantworten möglich
Teilnahmegründe verschiedener Gruppen:
(3) Nicht-arme vs. arme Familien
010 20 30 40 50 60 70 80 90 100
Unsicherheit
soziale Unterstützung
Empfehlung
kostenlose Module
Inhalte & Kurse
Neugierde auf das Projekt
finanzieller Bonus
Zustimmung in Prozent
Mutter mit Hochschulabschluss
Mutter ohne Hochschulabschluss
*
*
Anmerkung: +p<.10 *p<.05 **p<.01 ***p<.001; Mehrfachantworten möglich
Teilnahmegründe verschiedener Gruppen:
(2) Mutter mit vs. ohne Hochschulabschluss
18
Für Mütter ohne Hochschulabschluss spielt die eigene wahrgenommene Unsicherheit in Bezug auf die
Erziehung des Kindes eine wichtigere Rolle für die Teilnahme an Chancenreich als für Mütter mit Hoch-
schulabschluss. Dafür geben diese Mütter signifikant seltener den Bonus als Grund an als Mütter mit Hoch-
schulabschluss. Neben der Neugierde auf das Projekt bleibt der Bonus aber auch in der Gruppe der Mütter
ohne Hochschulabschluss der wichtigste Teilnahmegrund.
Familien, deren Einkommen unter die Armutsgrenze fällt, erhoffen sich von Chancenreich signifikant häu-
figer soziale Unterstützung als Familien, deren Einkommen oberhalb der Armutsgrenze liegt. Sie geben
auch signifikant häufiger die eigene Unsicherheit in Bezug auf die Erziehung ihres Kindes und signifikant
seltener den Bonus als Grund für die Teilnahme an Chancenreich an. Dennoch stehen auch bei armen
Familien der Bonus und die Neugierde auf das Projekt an erster Stelle der genannten Teilnahmegründe.
Zusammenfassend zeigt sich, dass es Chancenreich gelingt, Familien unterschiedlichster sozialer Lebens-
lagen anzusprechen. Obwohl gut gebildete Eltern überrepräsentiert sind, nimmt auch ein hoher Anteil an
Familien mit Zuwanderungshintergrund am Projekt teil, außerdem aber auch Familien, die häufiger Arbeits-
losengeld beziehen. Die eigene Unsicherheit und der Wunsch nach sozialer Unterstützung sind gerade für
diese Zielgruppen relevanter als für die besser gestellten Familien. Zu betonen ist allerdings, dass der
Bonus in allen Gruppen einer der wichtigsten Gründe für die Teilnahme ist. Chancenreich erreicht durch
sein breites Angebot und den finanziellen Anreiz auch benachteiligte Zielgruppen und hebt sich damit von
anderen Familienbildungsprogrammen ab.
Mit Blick auf die AQuaFam-Stichprobe zeigt sich, dass Familien rekrutiert werden konnten, die ebenfalls
verschiedenen Benachteiligungsrisiken ausgesetzt sind. Die Vergleichsgruppe hebt sich jedoch durch den
erhöhten Anteil an Eltern mit Hochschulabschluss und höherem Einkommen sowie einem geringeren Anteil
an Familien, deren Familiensprache nicht Deutsch ist, ab. Durch die Kontrolle dieser Merkmale in allen
statistischen Analysen können entsprechende Verzerrungen beseitigt werden. Dennoch ist darauf hinzu-
weisen, dass es sich bei der Vergleichsgruppe insgesamt um sehr engagierte Eltern handelt, wenn es um
die Teilnahme an informellen Förderaktivitäten für das Kind geht. Dies resultiert allein schon aus der Rek-
rutierungsstrategie dieser Kontrollstichprobe (siehe 2.4). Dies gilt es, bei der Interpretation der Ergebnisse
zu berücksichtigen.
19
Wie intensiv werden das Elternhandbuch und
die Elterntreffpunkte genutzt?
häufig
19%
manchmal
31%
selten
35%
nie
14%
unbekannt
1%
Elternhandbuch
1x pro
Woche
6%
2x pro
Monat
1% 1x pro
Monat
2%
seltener
6%
nie
85%
Elterntreffpunkte
5. Empirische Befunde zur Nutzung
der Module
20
Chancenreich zeichnet sich besonders durch seinen modularen Ansatz und das vielfältige,
individuell nach eigenen Bedürfnissen wählbare Angebot aus.
Im folgenden Abschnitt wird der Frage nachgegangen, welche Module und Unterstützungs-
angebote wie oft und von welchen Familien genutzt werden auch hier liegt das besondere
Augenmerk auf den benachteiligten Familien.
Wie oben beschrieben, bietet Chancenreich neben einem breiten Angebot an Modulen auch
die Möglichkeit, andere Eltern in sogenannten Elterntreffpunkten zu treffen. Darüber hinaus
erhält jede Familie ein Elternhandbuch, welches umfangreiche Informationen zur Erziehung,
Entwicklung und Gesundheit des Kindes enthält. Dieses wird, wie die linke Abbildung zeigt,
von über 85 Prozent der Familien genutzt, von etwa jeder fünften Familie sogar häufig. Sel-
tener werden dagegen die Elterntreffpunkte genutzt; etwa 9 Prozent nutzen diese regelmä-
ßig mindestens einmal pro Monat, 85 Prozent der Eltern dagegen nie. Dieses Ergebnis kann
unter Umständen auf die Stichprobenzusammensetzung zurückzuführen sein, da die Kinder
der befragten Eltern schon zwischen zwei und vier Jahren alt sind. Im ersten Lebensjahr des
Kindes werden solche Angebote in der Regel häufiger genutzt, da den Eltern während der
Elternzeit mehr Zeit zur Verfügung steht.
21
Welche Module nutzen die Familien?
84,8%
95,7%
67,4%
8,2% 4,3%
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
Elterntraining Familienbesucherin
(min. 2 Mal) Kinder brauchen
Bücher Familienhebamme Familienpatin
Nutzung in Prozent
37%
69,23%
38,46%
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
Armut kein Hochschulabschluss Familiensprache nicht deutsch
Nutzung in Prozent
25% Armut in
der Stichprobe
67% kein Hoch-
schulabschluss in
der Stichprobe
35% Familien-
sprache nicht
deutsch in der
Stichprobe
Welche Eltern nutzen Elterntreffpunkte?
Mindestens seltene Nutzung
N=26
22
Wenn man sich anschaut, welche Eltern die Elterntreffpunkte nutzen, zeigt sich, dass über-
proportional viele arme Familien und etwas mehr Familien ohne Hochschulabschluss und
Familien mit nicht-deutscher Familiensprache als in der Stichprobe vertreten sind. So besu-
chen 37 Prozent der armen Familien Elterntreffpunkte im Vergleich zu einem Anteil von 25
Prozent Armen in der Gesamtstichprobe. Das heißt, es werden hier genau die Zielgruppen
erreicht, die erreicht werden sollen. Die Bedeutung von Elterntreffpunkten wird vor allem
unter dem Aspekt der Erweiterung des sozialen Netzwerkes diskutiert. Solche Elterntreff-
punkte können als Anlaufstelle für Informationen dienen, Raum für den Austausch mit Ver-
trauenspersonen bieten, aber auch das soziale Netzwerk so erweitern, dass es zu einer
sozialen Mischung kommt.
An dieser Stelle sei betont, dass die Ergebnisse keine Aussagen zu der generellen Nutzung
der Elterntreffpunkte zulassen, sondern darüber, welche Familien aus der AQuaFam-Stich-
probe die Elterntreffpunkte nutzen.
Chancenreich bietet neben den Elterntreffpunkten fünf weitere Module an, die jeweils
eine bestimmte inhaltliche und organisatorische Schwerpunktsetzung repräsentieren.
Auf die Frage hin, welche Module genutzt wurden, gaben fast alle Chancenreich-Fami-
lien an, von der Familienbesucherin zu Hause besucht worden zu sein. Über 80 Prozent
der Eltern gaben an, einen Kurs aus dem Modul Elterntraining besucht zu haben. Selte-
ner werden hingegen die Familienhebamme oder die Familienpatinnen genutzt, was al-
lein daran liegen kann, dass sie nur für Familien in speziellen oder akuten Problemlagen
gedacht sind. Auch der spezifische Themenschwerpunkt „Kinder brauchen Bücher“, in
dem die Familienbesucherinnen die Familien in ihren Vorleseaktivitäten unterstützt, um
die Sprachentwicklung von Kindern zu fördern, wird von über zwei Drittel der Familien
angenommen. Da dieses Modul erst zum Ende des Programms ansteht, ist es wahr-
scheinlich, dass das fehlende Drittel noch daran teilnehmen wird.
23
24
In dem Modul Elterntraining werden von Chancenreich verschiedene Kurse unterstützt. Die
Grafik zeigt, an welchen Kurse die Eltern teilgenommen haben. Da die im Modul ‚Elterntrai-
ning‘ angebotenen Kurse nicht spezifisch von Chancenreich entwickelt wurden, sondern
auch auf dem ‚freien‘ Markt zusätzlicher Förderangebote angeboten werden, wurde eben-
falls die Vergleichsgruppe danach gefragt, ob sie eines solcher Angebote (wenn auch nicht
im Chancenreich-Projekt selbst) in Anspruch genommen haben.
Vor allem die Kurse FuN Baby und PEKiP werden häufig genutzt: FuN Baby allerdings nur
von Chancenreich-Familien, was daran liegen kann, dass dieses Kursangebot in Herford
häufiger stattfindet als in Bielefeld. PEKiP ist das von den Vergleichsgruppen-Familien am
häufigsten besuchte Elterntraining. Kurse wie ‚Triple P‘ oder ‚Starke Eltern Starke Kinder‘
werden dagegen deutlich häufiger von Chancenreich-Familien besucht als von der Ver-
gleichsgruppe.
Bei genauerer Betrachtung des Moduls Elterntraining wurde also deutlich, dass darunter Kursan-
gebote mit unterschiedlichster inhaltlicher Ausrichtung zusammengefasst werden, die deutlich
unterschiedliche Nutzerquoten haben. Um Effekte solcher Programme inhaltlich sauber trennen
zu können, wurden die Angebote drei neuen Kategorien zugeordnet. Mit individuellen Hilfen sind
die Familienbesucherinnen gemeint, aber auch individuelle Angebote, wie z. B. Stillberatung oder
das Aufsuchen von Erziehungsberatungsstellen. Die bereits angesprochenen Kurse FuN Baby
und PEKiP werden den beziehungsorientierten Kursen zugeordnet, da sie stärker auf die Gestal-
tung und Stärkung der Beziehungen zwischen Eltern und Kind und der Eltern untereinander fo-
kussieren. Ebenso fallen Kurse wie Babyschwimmen, Delphi, Emmi Pickler Kurse oder auch Ba-
bymassagekurse in diese Kategorie, die jedoch vorwiegend von den Familien der Vergleichs-
gruppe genannt werden. Erziehungskompetenzorientierte Kurse zielen direkt auf die Stärkung
bzw. Veränderung des Erziehungsverhaltens ab. Kurse wie Triple P, Starke Eltern Starke Kin-
der, aber auch STEP und Kurse nach Thomas Gordon fallen hierunter.
Die Abbildung zeigt, dass vor allem von den Chancenreich-Familien mehr individuelle Hilfen in
Anspruch genommen werden, was sich aber allein durch die regelmäßigen Besuche der Famili-
enbesucherinnen erklären lässt. Es zeigt sich aber auch, dass die beziehungsorientierten Kurse
von beiden Gruppen etwa gleich oft genutzt werden. Die erziehungsorientierten Kurse werden
etwas mehr von den Chancenreich-Familien in Anspruch genommen. Dieses Ergebnis macht
deutlich, dass das Modul ‚Elterntraining‘ nicht pauschal betrachtet werden kann, sondern diffe-
renziert werden muss.
25
26
Die folgende Abbildung zeigt, wie viele Angebote der jeweiligen Kategorien in Anspruch ge-
nommen wurden. Es wird deutlich, dass sich bezüglich der erziehungsorientierten Kurse die
Chancenreich- und die Vergleichsgruppe nicht unterscheiden. Dagegen sind die Eltern der
Vergleichsgruppe deutlich engagierter was die beziehungsorientierten Kurse betrifft. Die in-
dividuellen Hilfen werden stärker von den Chancenreich-Familien genutzt, was aber, wie
bereits erwähnt, an dem besonderen Konzept der Hausbesuche durch die Familienbesuche-
rinnen liegt. Die Chancenreich-Familien nehmen insgesamt signifikant mehr Angebote wahr,
wenn man sich die Anzahl der beziehungsorientierten und erziehungskompetenzorientierten
Kurse gemeinsam anschaut.
Bisher wurde deutlich, dass die Teilnahmequoten für erziehungskompetenzorientierte und
beziehungsorientierte Kurse unterschiedlich sind. Wenn man alle drei Angebotskategorien
in Korrelation setzt, zeigt sich ein signifikant starker negativer Zusammenhang zwischen der
Nutzung erziehungskompetenzorientierter Kurse und beziehungsorientierter Kurse. Das
heißt: Je mehr beziehungsorientierte Kurse genutzt werden, desto weniger erziehungskom-
petenzorientierte Kurse werden in Anspruch genommen. Interessanterweise tritt dieser Ef-
fekt nur für die Chancenreich-Familien auf, was darauf hinweist, dass das Projekt Chancen-
reich hier einen (ungewollten) Steuerungseffekt ausübt. Zur Erinnerung: Das Modul Eltern-
training beinhaltet beide Kurskategorien, sowohl erziehungskompetenzorientierte Kurse als
auch beziehungsorientierte Kurse. Die verpflichtende Teilnahme an nur einem Kurs führt
dazu, dass Eltern sich entweder für die beziehungsorientierten oder für die erziehungskom-
petenzorientierten Kurse entscheiden, aber selten für Angebote aus beiden Kategorien.
27
6. Empirische Befunde zur Konzeption
des Projekts
Welche Familien nutzen
erziehungskompetenzorientierte Kurse?
26%
73%
30%
0%
44%
33%
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
Armut kein Hochschulabschluss Familiensprache nicht deutsch
Nutzung in Prozent
Chancenreich
Vergleichsgruppe
25% Armut in
der Stichprobe
67% kein Hoch-
schulabschluss in
der Stichprobe
35% Familien-
sprache nicht
deutsch in der
Stichprobe
9% Armut
in der Stich-
probe
43% kein Hoch-
schulabschluss in
der Stichprobe
19% Familien-
sprache nicht
deutsch
28
Erziehungskompetenzorientierte Kurse stellen aufgrund ihrer Struktur und inhaltlichen Aus-
richtung (Unterrichtsstunden, Aufgaben, Rollenspiele) andere bzw. höhere Voraussetzun-
gen (z.B. Reflexionsvermögen, sprachliche Ausdrucksfähigkeit) an die Eltern als bezie-
hungsorientierte Kurse. Da sie dadurch eine höhere Zugangs- oder Hemmschwelle beson-
ders für benachteiligte Gruppe haben könnten, ist es besonders interessant, inwiefern Chan-
cenreich diese Gruppen erreicht. Als positives Ergebnis zeigt sich, dass der Anteil an Fami-
lien, die von Armut betroffen sind, in den erziehungskompetenzorientierten Kursen so hoch
ausfällt, wie es aufgrund der Stichprobenverteilung zu erwarten ist. Zusätzlich sind Familien
ohne Hochschulabschluss in diesen Kursen überrepräsentiert. Auch wenn knapp ein Drittel
der Familien mit nicht-deutscher Familiensprache an den erziehungskompetenzorientierten
Kursen teilnimmt, sind sie im Vergleich zur Stichprobe leicht unterrepräsentiert.
Weiterführende Analysen sollten betrachten, inwiefern die Kurse auf benachteiligte Gruppen
inhaltlich und strukturell ausgerichtet sind.
Mit seiner modularen Herangehensweise versucht das Chancenreich-Projekt, die Entwick-
lung der Kinder positiv zu beeinflussen, indem es auf verschiedene Aspekte des elterlichen
Erziehungsverhaltens einwirken will.
Theoretisch liegt dieser Herangehensweise das Modell familialer Anregungsqualität zu
Grunde, welches von drei Dimensionen ausgeht, die miteinander interagieren und zusam-
men die kindliche Entwicklung beeinflussen. Diese drei Dimensionen sind: die Strukturqua-
lität, die Orientierungsqualität und die Prozessqualität.
29
Sozio-emotionale Entwicklung & sprachliche Entwicklung des Kindes
Strukturqualität
Anzahl der Bücher im Haushalt
Familiensprache
Elterliche Orientierungen
Erziehungsselbstwirksamkeit
Soziale Unterstützung
Selbstwirksamkeit Bewegung
Selbstwirksamkeit Ernährung
Selbstwirksamkeit Medien
Prozessqualität
Aktivitäten mit den Kindern
Erziehungsverhalten: Nachgiebigkeit
Erziehungsverhalten: Überreagieren
Variablen im Modell familialer Anregungsqualität
Sozio-emotionale Entwicklung & sprachliche Entwicklung des Kindes
Strukturqualität
Lebensumstände
(z.B. Familienstruktur,
soziale Herkunft)
Elterliche Orientierungen
Erziehungsvorstellungen,
Elterliche Selbstwirksamkeit,
Bildungezogene Einstellungen
Prozessqualität
Gesundheits- und Vorsorgeverhalten
der Eltern,
Qualität & Quantität
elterlicher Interaktion
Modell familialer Anregungsqualität
In Anlehnung an Tietze et al. 1998; Kluczniok et al. 2013
30
Die Strukturqualität bildet die allgemeinen Lebensumstände der Familien ab, wie z.B. die
Familienstruktur, die soziale Herkunft, aber auch die kulturellen Ressourcen, die dem Kind
zur Verfügung gestellt werden können. Unter Orientierungsqualität werden die Erziehungs-
vorstellungen, bildungsbezogene Einstellungen sowie die elterliche Selbstwirksamkeit ge-
fasst, während die Prozessqualität jene Merkmale umfasst, die das tatsächliche Verhalten
abbilden. Dazu zählen sowohl die Qualität als auch die Quantität von Eltern-Kind-Interaktio-
nen. Die Strukturqualität bietet den Rahmen und beeinflusst sowohl die elterlichen Orientie-
rungen als auch die Prozessqualität (Bornstein, Bradley, 2008; Melhuish, 2010), wobei die
Prozessqualität zum einen direkt durch die strukturellen Rahmenbedingungen, aber auch
indirekt über die elterlichen Orientierungen vermittelt wird (Kluczniok et al., 2013). Die kind-
liche Entwicklung selbst wird durch die Qualität des tatsächlichen Verhaltens (Prozesse) be-
einflusst (Hart & Risley, 1995; Melhuish, 2010).
Es stellt sich die Frage, ob sich das theoretische Modell familialer Anregungsqualität auch
empirisch für die AQuaFam-Stichprobe bestätigen lässt. Dies ist insofern wichtig, da die Er-
gebnisse Hinweise darauf geben können, ob das Konzept von Chancenreich, die Orientie-
rungs- und die Prozessqualität der Eltern zu fördern, um somit auf die kindliche Entwicklung
einzuwirken und Benachteiligungen zu kompensieren, an den richtigen Stellen ansetzt.
Die Abbildung zeigt das Modell und die für die Analysen ausgewählten Merkmale der drei
Qualitätsdimensionen, wobei die in der Familie gesprochene Sprache sowie die Anzahl der
Bücher (Indikator für das kulturelle Kapital der Familie) die Strukturqualität definieren. Ver-
schiedene Dimensionen der Selbstwirksamkeit, z.B. bezogen auf die Erziehung oder die ge-
sunde Ernährung des Kindes sowie die gefühlte soziale Unterstützung, sind Indikatoren der
elterlichen Orientierungen. Die Prozessqualität wurde durch einen Aktivitätenindex gemes-
sen, der erhebt, welche Aktivitäten der Eltern mit dem Kind wie oft stattfinden. Weiterhin
wurde das Verhalten der Eltern in typischen Eltern-Kind-Situationen von den Eltern einge-
schätzt, das sich auf den Dimensionen Nachgiebigkeit und Überreagieren abbilden lässt.
31
Sozio-emotionale Entwicklung & sprachliche Entwicklung des Kindes
Strukturqualität
Anzahl der Bücher im Haushalt
Familiensprache
Elterliche Orientierungen
Erziehungsselbstwirksamkeit
Soziale Unterstützung
Selbstwirksamkeit Bewegung
Selbstwirksamkeit Ernährung
Selbstwirksamkeit Medien
Prozessqualität
Aktivitäten mit den Kindern
Erziehungsverhalten: Nachgiebigkeit
Erziehungsverhalten: Überreagieren
Modell familialer Anregungsqualität
Modell 1
32
Im ersten Schritt wurde überprüft, inwiefern das kulturelle Kapital in Form von Büchern im
Haushalt und die in der Familie gesprochene Sprache mit den Ausprägungen der elterlichen
Orientierungen zusammenhängen.
Die nebenstehende Tabelle enthält die Beta-Koeffizienten verschiedener Regressionsmo-
delle mit den jeweiligen Orientierungsmerkmalen als abhängige Variablen. In allen Modellen
wurden sowohl die Prädiktoren kulturelles Kapital und Familiensprache sowie zahlreiche
weitere soziale Hintergrundmerkmale auf ihre Erklärungskraft r die Ausprägungen der Ori-
entierungen überprüft. In allen Modellen wurden standardmäßig das Alter und das Ge-
schlecht des Kindes, der Erstgeborenenstatus und die Anzahl besuchter Kurse kontrolliert.
Es zeigt sich, dass das kulturelle Kapital mit allen Orientierungsmerkmalen positiv zusam-
menhängt. Je höher das kulturelle Kapital der Familie ist, desto höher schätzt die Mutter ihre
Erziehungsselbstwirksamkeit ein, desto mehr fühlt sie sich sozial unterstützt und desto mehr
ist sie überzeugt, ihrem Kind genügend Bewegung und einen guten Umgang mit Medien
vermitteln zu können.
Die Familiensprache ist nur für die Erziehungsselbstwirksamkeit und die Selbstwirksamkeit
in Bezug auf Medien signifikant und zeigt einen negativen Zusammenhang. Mütter mit nicht-
deutscher Herkunftssprache fühlen sich weniger selbstwirksam in der Erziehung ihres Kin-
des und weniger selbstwirksam im Umgang mit Medien. Das Modell der Selbstwirksamkeit
bezüglich der Ernährung des Kindes ist insgesamt nicht signifikant und wird daher auch nicht
interpretiert.
33
Sozio-emotionale Entwicklung & sprachliche Entwicklung des Kindes
Strukturqualität
Anzahl der Bücher im Haushalt
Familiensprache
Elterliche Orientierungen
Erziehungsselbstwirksamkeit
Soziale Unterstützung
Selbstwirksamkeit Bewegung
Selbstwirksamkeit Ernährung
Selbstwirksamkeit Medien
Prozessqualität
Aktivitäten mit den Kindern
Erziehungsverhalten: Nachgiebigkeit
Erziehungsverhalten: Überreagieren
Modell familialer Anregungsqualität
Modell 2
34
Im zweiten Schritt wurde überprüft, inwiefern die strukturellen Rahmenbedingungen das tat-
sächliche Verhalten der Eltern im Sinne guter Prozessqualität bedingen.
Hier ist das kulturelle Kapital der Familien der stärkste Prädiktor für die Prozessqualität, so-
wohl in Bezug auf die gemeinsamen bildungsorientierten Aktivitäten der Eltern mit dem Kind
als auch auf das Erziehungsverhalten. Ein höheres kulturelles Kapital geht mit mehr Aktivi-
täten einher und mit weniger überreagierendem Verhalten dem Kind gegenüber, z. B. in
Stresssituationen. Gleichwohl sind Eltern mit höherem kulturellem Kapital auch nachgiebi-
ger. Sowohl die Familiensprache als auch der Bildungshintergrund der Mutter haben keine
weitere Erklärungskraft.
35
7. Wirkungen
Mediatoreffekte
Sozio-emotionale Entwicklung & sprachliche Entwicklung des Kindes
Strukturqualität
Anzahl der Bücher im Haushalt
Elterliche Orientierungen
Erziehungsselbstwirksamkeit
Soziale Unterstützung
Selbstwirksamkeit Bewegung
Selbstwirksamkeit Ernährung
Prozessqualität
Aktivitäten mit den Kindern
Erziehungsverhalten: Nachgiebigkeit
Erziehungsverhalten: Überreagieren
a)
36
Die Analysen zeigten außerdem, dass eine Förderung der sozialen Unterstützung und der
Selbstwirksamkeit den Einfluss der strukturellen Rahmenbedingungen der Familien abmil-
dern bzw. kompensieren können. Anders ausgedrückt bedeutet dies, dass die Rahmenbe-
dingungen, unter denen Kinder aufwachsen, zwar nicht geändert werden können, aber durch
die Veränderung von Einstellungen und verbesserter wahrgenommener Unterstützung kann
der direkte Einfluss (Pfeil a) sozialer Hintergrundmerkmale abgeschwächt und damit Chan-
cenungleichheit verringert werden.
Der Schwerpunkt der AQuaFam-Studie lag auf der Frage, welche Effekte die Teilnahme an
Chancenreich sowohl auf der Ebene der Eltern als auch auf der Ebene der Kinder haben
kann.
Das Angebot des Projekts richtet sich zum einen an die Eltern. So sollen erziehungskompe-
tenzorientierte Kursangebote die Eltern in ihren erzieherischen Fähigkeiten unterstützen und
dadurch auch die Selbstwirksamkeit dahingehend stärken. Auf der anderen Seite richtet sich
das beziehungsorientierte Kursangebot auf die Förderung der Entwicklung der Kinder. Das
Angebot von Chancenreich ist zum einen stark individualisiert und thematisch unspezifisch
ausgerichtet, zum anderen unterscheiden sich die Kurse innerhalb der Kursarten voneinan-
der. PEKiP und Babymassagen setzen beide den Schwerpunkt auf die Unterstützung der
kindlichen Entwicklung. Es bleibt jedoch weitestgehend offen, was die Förderziele sind bzw.
unter welchen Umständen dies geschieht. Die Stärke eines solchen Ansatzes liegt in den
individuellen, den Bedürfnissen der Familie entsprechenden Wahlmöglichkeiten und auch
der Ausgestaltung der einzelnen Kurse. Auf der anderen Seite können aufgrund der unspe-
zifischen Ausrichtung Effekte nur sehr schwer sichtbar gemacht werden. Wenn Effekte zu
erwarten sind, dann vor allem dort, wo sich Angebote mit spezifischen Inhalten direkt an die
Zielgruppe, Eltern oder Kind, wenden. Auch wenn Unterschiede oder Effekte sehr klein sind
oder gar nicht nachgewiesen werden, können sie indirekt oder kumulativ wirken. Im Folgen-
den werden die Ergebnisse zu den Wirkungen vorgestellt.
37
7.1 Familiale Anregungsqualität
38
Zunächst werden die Ergebnisse zu Aspekten der Orientierungs- und Prozessqualität dar-
gestellt.
Die Erziehungsselbstwirksamkeit und die gefühlte soziale Unterstützung wurden bei den El-
tern der Chancenreich-Gruppe als auch der Vergleichsgruppe als Merkmale der Orientie-
rungsqualität erfasst.
Es gibt bezogen auf die Erziehungsselbstwirksamkeit keine signifikanten Effekte von Chan-
cenreich (Model (a)). Auch welche Form von Kursen besucht wurde, hat keinen Einfluss auf
die Überzeugung, das Kind nach seinen Vorstellungen erziehen zu können (Modell (b)).
Bei einem ausschließlichen Vergleich der Eltern, die an Chancenreich teilnehmen, mit de-
nen, die nicht am Projekt teilnehmen, lässt sich kein Unterschied in der wahrgenommenen
sozialen Unterstützung feststellen (Modell (a)). Werden hingegen die besuchten Kursarten
einbezogen, zeigt sich ein signifikanter Effekt von Chancenreich (Modell (b)). Familien, die
an Chancenreich teilnehmen, fühlen sich sozial unterstützter als Familien, die nicht teilneh-
men. Die besuchten Kurse spielen dagegen keine Rolle r die wahrgenommene soziale
Unterstützung.
39
40
Ein gesundes Aufwachsen ist die Grundlage für eine positive Entwicklung von Kindern. Der
Familie als erster Sozialisationsinstanz kommt bei der gesundheitsbezogenen Sozialisation
eine besonders wichtige Rolle zu. Von besonderem Interesse für Elternprogramme sind die
indirekten Pfade der Weitergabe von Gesundheit durch die elterliche Gesundheitsfürsorge
und das Erziehungsverhalten. Dafür spielt auch die wahrgenommene Wichtigkeit verschie-
dener Gesundheitsverhaltensweisen eine Rolle.
Ein signifikanter Unterschied zwischen den Chancenreich- und den Vergleichsfamilien findet
sich nur in Bezug auf die wahrgenommene Wichtigkeit der Vorsorgeuntersuchungen: Diese
werden von Chancenreich-Familien als wichtiger wahrgenommen (Modell (a)). Der signifi-
kante Gruppenunterschied bleibt auch dann bestehen, wenn in den Analysen für die Anzahl
der belegten beziehungs- und erziehungskompetenzorientierten Kursen kontrolliert wird
(Modell (b)). Für die wahrgenommene Wichtigkeit der drei Gesundheitsbereiche spielt die
Anzahl oder die Art der Kurse keine bzw. kaum eine Rolle. Eine Erklärung dafür könnte sein,
dass das Thema Gesundheit in den wenigsten Elternkursen explizit thematisiert wird. Die
Bedeutung der Vorsorgeuntersuchungen dagegen wird in Chancenreich allein schon
dadurch hervorgehoben, dass der vollständige Untersuchungsstatus obligatorisch für den
Erhalt des Bonus ist.
Manche Eltern nehmen die Vorsorgeuntersuchungen als eine gute Möglichkeit wahr, sich
mit einer Fachkraft über die Entwicklung ihres Kindes auszutauschen. Andere Eltern emp-
finden gerade den bindenden Charakter der Vorsorgeuntersuchung als sehr kontrollierend
und haben von daher negativere Einstellungen den Untersuchungen gegenüber. Um mehr
darüber zu erfahren, wurden in AQuaFam neben der wahrgenommenen Wichtigkeit auch
die Einstellungen zu den Vorsorgeuntersuchungen erhoben. Der Mittelwertvergleich zwi-
schen Chancenreich- und Vergleichsgruppenfamilien zeigt einen signifikanten Unterschied
zugunsten der Programmteilnehmer. Chancenreich-Familien empfanden die Vorsorgeunter-
suchungen durchschnittlich als positiver.
Dieser signifikante Unterschied wurde tendenziell sogar noch größer, wenn für die Teil-
nahme an beziehungs- oder erziehungskompetenzorientierten Kursen kontrolliert wurde
(Modell (b)). Wie schon im Hinblick auf die Ergebnisse zur wahrgenommenen Wichtigkeit
der Vorsorgeuntersuchungen, könnte dieses Ergebnis den vergleichsweise starken Fokus
von Chancenreich auf den vollständigen Untersuchungsstatus der teilnehmenden Kinder wi-
derspiegeln.
41
42
In der Praxis zeigt sich immer wieder deutlich, dass Kinder aus sozial schwächeren Familien
seltener einen vollständigen Vorsorgeuntersuchungsstatus haben als Kinder aus besser ge-
stellten Haushalten. Insofern sollte es ein wichtiges Ziel von frühkindlichen Interventionen
sein, dieses soziale Gefälle zu reduzieren. Die Grafik zeigt Befunde zu den Einstellungen zu
den Vorsorgeuntersuchungen von Müttern mit vs. ohne Hochschulabschluss. Für den Ver-
gleich wurden Mittelwertvergleiche zwischen den Chancenreich- und den Kontrollgruppen-
familien durchgeführt. Der Vergleich der Familien, in denen die Mütter einen bzw. keinen
Hochschulabschluss haben, zeigt, dass es in der Kontrollgruppe ein soziales Gefälle gibt,
nicht aber in der Chancenreich-Gruppe. Das bedeutet, dass Mütter mit Hochschulabschluss
in der Vergleichsgruppe signifikant positivere Einstellungen zu den Vorsorgeuntersuchungen
haben, sich dieser Unterschied aber nicht in der Chancenreich-Gruppe zeigt. Dies ist für sich
genommen ein sehr positives Ergebnis. Es scheint Chancenreich gelungen zu sein, in die-
sem Zusammenhang den Einfluss der strukturellen Qualität zu verringern zugunsten einer
Reduzierung des sozialen Gefälles.
Der tatsächliche Erziehungsalltag und die täglichen Interaktionen lassen sich durch die Pro-
zessqualität beschreiben. Darunter werden zum einen gezielt bildungsorientierte gemein-
same Aktivitäten der Eltern mit dem Kind, wie z.B. gemeinsames Bildungsbücher anschauen
oder vorlesen, gefasst. Die Analysen zeigen, dass die Eltern der Vergleichsgruppe ebenso
oft wie die Chancenreich-Eltern solche Aktivitäten in den Alltag integrieren.
Neben den gemeinsamen Aktivitäten mit ihren Kindern wurden die Eltern gefragt, wie sie in
bestimmten Erziehungssituationen reagieren würden. Sowohl übermäßiges Überreagieren
als auch eine starke Nachgiebigkeit sind für die kindliche Entwicklung hinderlich (Arnold,
O’Leary, Wolff, Acker, 1993; Miller, 2001). Keine der beiden Gruppen hat höhere Werte im
überreagierenden Erziehungsverhalten, auch unabhängig von der Anzahl besuchter bezie-
hungsorientierter oder erziehungskompetenzorientierter Kurse. Lediglich leicht signifikant
wird der Einfluss der Anzahl der erziehungskompetenzorientierten Kursen auf überreagie-
rendes Verhalten. Es ist denkbar, dass sich Eltern, die ihrer Einschätzung nach häufig Über-
reagieren, eher entscheiden, ein Elterntraining zu besuchen, als Eltern, die seltener Überre-
agieren.
Für das Erziehungsverhalten Nachgiebigkeit zeigt sich ein Effekt für die Gruppe: Eltern, die
an Chancenreich teilnehmen, neigen zu signifikant nachgiebigerem Verhalten, wenn es zu
Konfliktsituationen im Erziehungsalltag kommt, als Eltern der Vergleichsgruppe.
43
7.2 Kindliche Entwicklung
48,9
26,1 25,0
5,4
21,7
1,1
25,5
0,5
52,6
29,8
5,3 5,3
19,3
0,0
19,3
0,0
0
10
20
30
40
50
60
täglich mehrmals
täglich täglich mehrmals
täglich täglich mehrmals
täglich täglich mehrmals
täglich
Obst Softdrinks Schokolade Süßigkeiten
In Prozent %
Chancenreich Vergleichsgruppe
7%
Prozessqualität Ernährungsverhalten
im deutschlandweiten Vergleich
Anmerkung: Vergleich der prozentualen Antworten für Kontroll- und Chancenreich-Familien mit den Daten aus der KiGGS-Erhebung für Kinder zwischen drei
und sechs Jahren (Quelle: Mensink , G B. M., Kleiser, C. & Richter, A. (2007). Was essen Kinder und Jugendliche in Deutschland? Ausgewählte Ergebnisse
des Kinder- und Jugendgesundheitssurveys (KiGGS). Ernährung, 1, 204-212.
34,7%
28,8%
14% 13,4%
3,9%
18,1%
5,3%
Prozentangaben in den Kästchen
stellen die Vergleichswerte
aus der KiGGS-Studie dar.
44
In AQuaFam wurden verschiedene Ernährungsgewohnheiten als Teil des Gesundheitsverhal-
tens erhoben. Die Frage an die Eltern dazu lautete, wie häufig ihr Kind ein bestimmtes Nahrungs-
mittel in der letzten Woche gegessen oder getrunken hat (z.B. Obst, Schokolade oder Limonade
und Softdrinks). Für das erhobene Ernährungsverhalten lassen sich Vergleichsdaten aus dem
deutschlandweiten Kinder- und Jugendgesundheitssurvey (kurz KiGGS) heranziehen. In Anleh-
nung an Mensink, Kleiser und Richter (2007) sind in der Graphik nun die prozentualen Häufig-
keiten für den „täglichen“ (in der vorigen Graphik der Wert „4“) und den „mehrmals täglichen“
Verzehr angegeben. Für den Vergleich wurden die prozentualen Angaben der 3- bis 6-Jährigen-
Stichprobe in KiGGS verwendet. Sowohl Chancenreich- als auch Vergleichsgruppenfamilien ge-
ben deutlich häufiger als die KiGGS-Referenzgruppe an, dass ihr Kind mindestens einmal täglich
Obst isst. Die prozentualen Angaben für „mehrmals täglich“ unterscheiden sich hingegen nicht.
Besonders auffällig ist die große Gruppe von Chancenreich-Familien, deren Kinder einmal täglich
Limonade oder Softdrinks trinkt. Mit 25% ist diese Gruppe bedeutend größer als die 7% der
KiGGS-Referenzgruppe oder die 5,3% der Vergleichsgruppenfamilien. Allerdings geben fast
dreimal so viele KiGGS-Kinder an, mehrmals täglich Softdrinks zu trinken als Chancenreich- oder
Kontrollgruppenfamilien. Auch bei Schokolade und Süßigkeiten zeigt sich dieses Muster. Die Fa-
milien aus der AQuaFam-Stichprobe geben häufiger an, dass ihr Kind täglich beides isst, dafür
aber seltener „mehrmals täglich“ als die Kinder der KiGGS-Referenzgruppe.
Ein weiterer Fokus der AQuaFam-Studie war die differenzierte Betrachtung der Auswirkun-
gen des Programms bzw. der Module auf der Ebene der kindlichen Entwicklung. Sowohl die
Eltern als auch die pädagogischen Fachkräfte in den Kindertageseinrichtungen wurden ge-
beten, die Alltagsfertigkeiten (gemessen mit der Vineland Skala) als auch die sozio-emotio-
nale Entwicklung des Kindes (gemessen mit dem SDQ-Fragebogen) und die sprachliche
Entwicklung (gemessen mit der Vineland Skala und dem PPVT-Vokabeltest) einzuschätzen.
Die Einschätzungen sowohl der Eltern als auch der pädagogischen Fachkräfte bieten die
Möglichkeit die Ergebnisse zu validieren und zu ergänzen.
45
46
Die sozio-emotionale Entwicklung eines Kindes umfasst zum einen problematische Verhal-
tensauffälligkeiten und zum anderen auch prosoziales Verhalten eines Kindes, wie z.B. die
Kooperationsfähigkeit und ein positiver Umgang mit der Peergruppe.
Hier zeigt sich, dass sich die Einschätzungen der Eltern wie auch der pädagogischen Fach-
kräfte in den Kindertageseinrichtungen nicht zwischen Chancenreich-Kindern und den Kin-
dern der Vergleichsgruppe unterscheiden. Zunächst nehmen die Eltern und Erzieher/-innen
in beiden Gruppen auch ein problematisches Verhalten der Kinder gleich häufig wahr (Mo-
delle (a)). Wird in den Analysen jedoch für die Anzahl besuchter Kurse kontrolliert, so zeigt
sich, dass vor allem der Besuch erziehungskompetenzorientierter Kurse mit verstärktem
Problemverhalten zusammenhängt (Modelle (b)). Eltern, die hier Defizite wahrnehmen, be-
suchen mitunter häufiger solche Kurse. Gleichzeitig wird ein Unterschied zugunsten der
Chancenreich-Kinder sichtbar. Unter Kontrolle der besuchten Kurse, schätzen die pädago-
gischen Fachkräfte in den Einrichtungen das Verhalten der Kinder aus der Chancenreich-
Gruppe als weniger problematisch ein als das von Kindern der Vergleichsgruppe.
Die differenziertere Betrachtung des problematischen Verhaltens in den Unterbereichen An-
passungsprobleme, emotionale Probleme und Hyperaktivität zeigt auch hier im einfachen
Gruppenvergleich mit Kontrollvariablen (Modelle (a)), dass die Eltern der Chancenreich-
Gruppe und der Vergleichsgruppe ihre Kinder in allen Bereichen gleich einschätzen. Wenn
die Anzahl besuchter Kursangebote in den Analysen berücksichtigt wird, zeigt sich, dass
Eltern, die an erziehungskompetenzorientierten Kursen teilgenommen haben, über mehr hy-
peraktives Verhalten bei ihren Kindern berichten.
47
„Von welchem Modul haben Sie am meisten
profitiert?“
54,9%
41,8%
18,5%
3,3% 1,6% 3,3
23,9
4,9
41,8
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
Zustimmung in Prozent
8. Wie schätzen Eltern die Wirkung
von Chancenreich ein?
48
Die Einschätzung der Erzieher/-innen bestätigen die Ergebnisse der Elterneinschätzungen
weitestgehend. Allerdings zeigt sich ein negativer Effekt für emotionale Probleme unter Kon-
trolle der besuchten Kurse: Erzieher/-innen schätzen die Kinder der Chancenreich-Gruppe
positiver, d.h. mit geringeren emotionalen Problemen, ein als die Kinder der Vergleichs-
gruppe.
Die Ergebnisse zeigen auf, dass sich die Einschätzungen der Eltern bezogen auf die Alltags-
fertigkeiten zwischen Chancenreich- und Vergleichsgruppe unterscheiden. Die Chancen-
reich-Kinder haben auch unter Kontrolle der Kursformate höhere Alltagsfertigkeiten als die
Kinder der Vergleichsgruppe. Die pädagogischen Fachkräfte der Einrichtungen nehmen hin-
gegen keine Unterschiede wahr.
49
50
Die sprachliche Entwicklung des Kindes wurde zum einem über die Eltern und Erzieher/-
innen eingeschätzt und zum anderen durch ein standardisiertes Testverfahren, welches von
geschulten Erheber/-innen mit dem Kind selbst durchgeführt wurde.
Die Skalen ‚Zuhören und Verstehen‘ sowie ‚Sprechen‘ sind Teilbereiche des Vineland Adap-
tive Behavior Skills Verfahrens. Wie auch die Alltagsfertigkeiten, wurden die Fähigkeiten der
Kinder in beiden Bereichen unabhängig jeweils von den Eltern und den pädagogischen
Fachkräften in den Kindertageseinrichtungen eingeschätzt. Es können keine signifikanten
Unterschiede zwischen den Kindern der Chancenreich-Familien und den Kindern der Ver-
gleichsgruppe festgestellt werden, weder in den Einschätzungen der Eltern noch in denen
der Erzieher/-innen und auch unabhängig von der besuchten Kursart.
Der Wortschatz, als dritter Bereich der kindlichen Sprachentwicklung, wurde mithilfe des Pe-
abody Picture Vocabulary Test (PPVT) erfasst. Bei einem einfachen Vergleich der Kinder
der Chancenreich- und der Vergleichsgruppe zeigt sich, dass die Kinder der Vergleichs-
gruppe über einen höheren Wortschatz verfügen. Unter Berücksichtigung der besuchten
Kursformate verschwindet der Unterschied gänzlich. Vor allem der Besuch beziehungsori-
entierter Kurse geht mit einem verbesserten Wortschatz einher. Der anfängliche Unterschied
beider Gruppen erklärt sich dadurch, dass die Familien der Vergleichsgruppe häufiger be-
ziehungsorientierte Kurse besuchen und diese mit einem höheren Wortschatz assoziiert
sind. Die rechte Abbildung zeigt den PPVT-Wert der Chancenreich- und der Vergleichs-
gruppe in Relation zum Gesamtmittelwert der Kinder aus der bundesweiten Studie ‚Frühe
Chancen‘, unter Kontrolle von Alter, Geschlecht, Bildungs- und Migrationshintergrund der
Kinder (Frühe Chancen, 2013). Beide Gruppen liegen deutlich über dem Mittelwert von 26
Punkten.
51
7.3 Frühzeitiger Kita-Besuch
52
Neben den Daten zu Alltagsfertigkeiten und der sozio-emotionalen Entwicklung und des
Sprachstandes von Kindern, die durch standardisierte Ratingverfahren sowie der professio-
nellen Testung des Wortschatzes des Kindes erhoben wurden, ist es interessant, wie Eltern
selbst die Wirkungen des Chancenreich-Projekts bzw. für die Vergleichsgruppe die Wirkung
der eigenständig besuchten Kurse einschätzen. Beide Gruppen nehmen gleich stark eine
Verbesserung der Erziehungsselbstwirksamkeit wahr - unabhängig von der Anzahl besuch-
ter beziehungsorientierter oder erziehungskompetenzorientierter Kurse.
Die Eltern der Vergleichsgruppe geben eher als die Chancenreich-Eltern an, eine deutlich
stärkere Verbesserung der kindlichen Entwicklung wahrzunehmen. Dies ist besonders inte-
ressant vor dem Hintergrund, dass auf Basis standardisierter Instrumente positive Effekte
zugunsten von Chancenreich in den höheren Alltagsfertigkeiten und dem weniger problema-
tischen Verhalten der Kinder nachgewiesen werden konnten. Der Unterschied kann aber
durch eine Überschätzung der Wirksamkeit solcher Kursangebote durch die Vergleichs-
gruppe entstehen, die sich motivationspsychologisch begründen lässt. Eltern, die für den
Besuch der Kurse selbst finanzielle Ressourcen zur Verfügung stellen, müssen und nicht
durch kostenlose Kurse und zusätzlichen Bonus motiviert werden, und unterstellen den Kur-
sen eine höhere Wirksamkeit.
In Deutschland ist der Besuch der Kita freiwillig, dennoch besucht fast jedes Kind eine Kin-
dertagesstätte oder einen Kindergarten. Im letzten Jahr vor der Schule liegen die Nutzungs-
quoten bei fast 100 %. Jedoch gibt es große Unterschiede darin, ab wann Kinder Einrichtun-
gen institutioneller Bildung und Betreuung besuchen. Es wird davon ausgegangen, dass
speziell Kinder, die mit einer anderen Familiensprache als Deutsch aufwachsen, oder Kinder
aus sozial schwachen Familien von einem frühen Eintritt in die Kindertagesbetreuung profi-
tieren. Nutzungsstatistiken zeigen jedoch, dass gerade diese Familien ihre Kinder ver-
gleichsweise spät in außerfamiliale Betreuung geben. Dementsprechend werden die Kinder
am spätesten in einer Kita angemeldet, bei denen von dem höchsten Nutzen ausgegangen
wird.
53
Eintrittsalter Chancenreich & Vergleichsgruppe
0
5
10
15
20
25
30
35
40
45
Eintrittsalter
Adjustiertes Alter des Kindes in Monaten
Chancenreich Vergleichsgruppe
Bis zum Alter von 24 Monaten sind in
einer Kindertagesbetreuung (Kita oder
Tagesmutter):
70% der Vergleichsgruppenkinder
51% der Chancenreich-Kinder
Zwischen 24 und 26 Monaten
besuchen zum ersten Mal…
28% der Vergleichsgruppenkinder
41% der Chancenreich-Kinder
…eine Kindertagesbetreuung (Kita oder
Tagesmutter):
+
Anmerkung: +p<.10 *p<.05 **p<.01 ***p<.001
Kontrolliert für Alter und Geschlecht des Kindes, Hochschulabschluss der Mutter, Nettoäquivalenzeinkommen, Erstgeborene, Familiensprache
Frühzeitiger Kita-Besuch
97% 3%
Hat Chancenreich einen Einfluss auf die
Entscheidung gehabt, sich für einen Kita-Besuch
zu entscheiden?
nein ja
N=6
54
Im Projekt Chancenreich ist die Vergabe des Bonus unter anderem daran gekoppelt, dass
das Kind im Alter von drei Jahren eine Kita besucht. Hierdurch wird versucht, positiv Einfluss
auf einen frühzeitigen Kita-Besuch zu nehmen. Wir haben die Eltern, die an unserer Studie
teilgenommen haben, nach dem Eintrittsalter ihrer Kinder in die außerfamiliale Betreuung
und nach den Beweggründen hierfür gefragt. Durch die Einführung des Betreuungsgeldes
im Jahr 2013 ist die Interpretation der Resultate schwierig, dennoch zeigen sich einige inte-
ressante Befunde.
Nur 3 % der Eltern geben an, dass das Projekt Chancenreich einen Einfluss auf die Ent-
scheidung für einen Kitabesuch gehabt hat.
Vergleicht man die Untersuchungsgruppen in Bezug auf den Zeitpunkt, an dem erstmals
eine Kindertagesbetreuung in Anspruch genommen wird, ist der Anteil der Familien, bei de-
nen die außerfamiliale Betreuung vor Vollendung des zweiten Lebensjahres beginnt, in der
Vergleichsgruppe besonders hoch. Für 70 % der Kinder der Vergleichsgruppe und 51 % der
Kinder der Chancenreich-Gruppe beginnt die außerfamiliale Betreuung vor dem 24. Lebens-
monat. Interessant ist die Gruppe der Kinder, bei denen die außerfamiliale Betreuung im
dritten Lebensjahr beginnt. Dieses ist für 41 % der Chancenreich-Kinder, aber nur für 28 %
der Kinder der Vergleichsgruppe der Fall. Eventuell lässt sich hier ein Einfluss der Teilnahme
am Projekt Chancenreich ablesen.
55
19%
53%
27%
9%
37%
14%
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
Armut kein Hochschulabschluss Familiensprache nicht deutsch
Zustimmung in Prozent
Chancenreich
Vergleichsgruppe
25% Armut in
der Stichprobe
67% kein Hoch-
schulabschluss in
der Stichprobe
35% Familien-
sprache nicht
deutsch in der
Stichprobe
9% Armut
in der Stich-
probe
19% Familien-
sprache nicht
deutsch
Eintrittsalter bis 24 Monate nach verschiedenen
Gruppen
43% kein Hoch-
Schulabschluss in
der Stichprobe
14,09
29,0
15,27
30,04
010 20 30 40
<24 Monate
24-36
Monate
Alter des Kindes in Monaten
Chancenreich Vergleichsgruppe
Eintrittsalter nach Altersgruppen
Die Kinder der
Vergleichsgruppe
haben ein geringeres
Eintrittsalter als
Chancenreich-Kinder.
Anmerkung: +p<.10 *p<.05 **p<.01 ***p<.001
56
Das Eintrittsalter in die außerfamiliale Betreuung ist insgesamt vergleichsweise niedrig, ins-
besondere jedoch für die Kinder der Vergleichsgruppe.
Betrachtet man das Eintrittsalter der Kinder in Abhängigkeit von Armut, Bildungsstand der
Eltern und Familiensprache, so zeigt sich in der Chancenreich-Gruppe erwartungsgemäß,
dass der Anteil der Kinder, die in armen Familien aufwachsen, der Anteil der Kinder von
Eltern ohne Hochschulabschluss und der Anteil der Kinder, deren Familiensprache nicht
Deutsch ist, geringer ist, als man aufgrund des Anteils in der Gesamtstichprobe erwarten
würde. Diese Kinder kommen also tendenziell später in eine Kindertagesbetreuung. Dieses
Muster zeichnet sich in ähnlicher Form auch für die Vergleichsgruppe ab, allerdings nur in
Bezug auf die Faktoren Familiensprache und Bildungsstand, nicht aber in Bezug auf Armut.
Insgesamt muss betont werden, dass der Anteil der Kinder, für die die Betreuung so früh
beginnt, für beide Gruppen überraschend hoch ist.
57
8. Wie schätzen Eltern die Wirkung
von Chancenreich ein?
24%
81%
35%
15%
43%
21%
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
Armut kein Hochschulabschluss Familiensprache nicht deutsch
Zustimmung in Prozent
Chancenreich
Vergleichsgruppe
25% Armut in
der Stichprobe
67% kein Hoch-
schulabschluss in
der Stichprobe
35% Familien-
sprache nicht
deutsch in der
Stichprobe
9% Armut
in der Stich-
probe
19% Familien-
sprache nicht
deutsch
Eintrittsalter nach verschiedenen Gruppen für
24 bis 36 Monate
43% kein Hoch-
Schulabschluss in
der Stichprobe
58
Betrachtet man die Gruppe der Kinder, die zwischen dem 2. und 3. Geburtstag in eine Kin-
dertagesbetreuung gegeben werden, zeigt sich interessanterweise bei den Chancenreich-
Kindern, dass der Anteil der Kinder bei den Familien, die von Armut betroffen sind, und bei
den Familien, die zu Hause eine andere Sprache als Deutsch sprechen, genauso groß ist,
wie man aufgrund des Anteils in der Gesamtstichprobe erwarten würde. Der Anteil der sehr
gebildeten Familien ist unterrepräsentiert. In der Vergleichsgruppe ist der Anteil der von Ar-
mut betroffenen Familien überrepräsentiert.
Selbstverständlich ist auch die Perspektive der Teilnehmenden auf das Projekt Chancen-
reich von höchster Relevanz. Daher haben wir die Eltern um ihre Einschätzung zu den Mo-
dulen und den wahrgenommenen Auswirkungen gebeten.
59
93% haben ind. Hilfen in An-
spruch genommen, sign. (+)
weniger als TN, die nicht
profitiert haben.
87% haben einen Erziehungs-
kompetenzorientierten Kurs
genutzt.
82% haben einen beziehungs-
orientierten Kurs besucht,
sign. (*) mehr als TN,
die nicht profitiert haben.
„Von welchem Thema haben Sie am meisten
profitiert?“ (unabhängig vom Modul)
23%
14%
5%
14%
45%
14%
20%
28%
26%
13%
22%
29%
10%
4%
9%
14%
17%
14%
010 20 30 40 50 60 70 80 90 100
Erziehungsprobleme mit dem Kind
gesunde Ernährung
Pflege des Kindes
Wahrnehmen der Vorsorgeuntersuchungen
Wissen rund um die kindliche Entwicklung
Unterstützung im Alltag mit meinem Kind
Umgang mit Stress und Belastungen
Tipps zur Infrastruktur
Freizeitgestaltung mit dem Kind
Zustimmung in Prozent
am wenigsten profitiert
am meisten profitiert
Anmerkung: +p<.10 *p<..05 **p<.01 ***p<.001
„Von welchem Modul haben Sie am meisten
profitiert?“
54,9%
41,8%
18,5%
3,3% 1,6% 3,3
23,9
4,9
41,8
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
Zustimmung in Prozent
60
Gefragt nach den Modulen, von denen sie am meisten profitiert haben, erhielten die Eltern-
kurse, die Familienbesuche sowie das Elternhandbuch die höchsten Zustimmungsraten:
54,9 % nannten die Elternkurse, jeweils 41,8 % die Familienbesuche und das Elternhand-
buch. Am seltensten wurden die Familienpatin (1,6 %), die Familienhebamme (3,3 %) und
der Stadtteiltreff (3,3 %) genannt.
Gefragt nach den Themen, von denen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer am meisten
profitiert haben, zeigen sich ebenfalls interessante Befunde. Das Thema, das mit Abstand
am häufigsten genannt wird, ist „Wissen rund um die kindliche Entwicklung“. Wenn man die
Gruppe der Eltern, die angeben, von diesem Thema profitiert zu haben, genauer betrachtet,
wird deutlich, dass die überwiegende Mehrheit dieser Eltern (93 %) individuelle Hilfen (z.B.
Familienbesuche) in Anspruch genommen haben, 87 % haben an einem erziehungskompe-
tenzorientierten Kurs teilgenommen, 82 % an einem beziehungsorientierten Kurs. Bei den-
jenigen Eltern, die das Thema „Wissen“ nicht nennen, ist der Anteil der Eltern, die individuelle
Hilfen in Anspruch genommen haben und an einem beziehungsorientierten Kurs teilgenom-
men haben, signifikant geringer.
Die Themen „Tipps zur Infrastruktur“, „Freizeitgestaltung mit dem Kind“ und „Erziehungs-
probleme mit dem Kind“ werden ebenfalls vergleichsweise häufig als wichtige Themen be-
nannt (zwischen 23 % und 28 % Zustimmungsquoten).
Als weniger gewinnbringend wurden folgende Themen wahrgenommen: „Pflege des Kindes“
(29 %) und gesunde Ernährung (22 %).
61
Ein Lob für die Familienbesucherinnen
21%
10%
7%
8%
42%
16%
16%
19%
15%
23%
14%
5%
14%
45%
14%
20%
28%
26%
010 20 30 40 50 60 70 80 90 100
Erziehungsprobleme mit dem Kind
gesunde Ernährung
Pflege des Kindes
Wahrnehmen der Vorsorgeuntersuchungen
Wissen rund um die kindliche Entwicklung
Unterstützung im Alltag mit meinem Kind
Umgang mit Stress und Belastungen
Tipps zur Infrastruktur
Freizeitgestaltung mit dem Kind
Zustimmung in Prozent
ingesamt am meisten
profitiert
Thema mit
Familienbesucherin
besprochen
Anmerkung: Die Fragen lauteten: „Von welchem Thema haben Sie am meisten profitiert?“ (unabhängig vom Modul) & „W elche Themen wurden mit Familienbesucherin
besprochen?“
„Durch Chancenreich habe ich Personen
gefunden/kennengelernt, …“
39%
30% 32% 30%
11%
38% 43%
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
…die mir bei
Ratschlägen helfen. … die mich emotional
unterstützen und mir
helfen.
…durch die ich mich
besser unterstützt
fühle.
…mit denen ich mich
regelmäßig über
Erziehungsfragen
austauschen kann.
…die ich fragen kann,
ob sie mal auf mein
Kind
aufpassen
…von denen ich
nützliche
Hinweise zur
Erziehung bekomme.
…an die ich mich bei
Erziehungsproblemen
wenden kann.
Zustimmung in Prozent
Die Eltern, die in allen Bereichen mehr soziale Unterstützung wahrnehmen,
haben signifikant häufiger Elterntreffpunkte besucht (*).
62
Die Eltern wurden auch direkt nach dem wahrgenommenen persönlichen Nutzen der Teil-
nahme am Projekt „Chancenreich“ gefragt. Links sind die Ergebnisse zur Wahrnehmung der
Verbesserung der sozialen Unterstützung dargestellt: 43 % geben an, dass sie durch die
Teilnahme am Projekt Personen gefunden haben, an die sie sich bei Erziehungsproblemen
wenden können; 39 % bzw. 38 % haben durch Chancenreich Personen kennengelernt, die
ihnen mit Ratschlägen helfen oder sinnvolle Hinweise zur Erziehung geben.
Die Elterntreffpunkte scheinen tatsächlich zu einer Verbesserung der sozialen Unterstützung
beizutragen: Diejenigen Eltern, die angeben, die Treffpunkte besucht zu haben, geben ins-
gesamt eine stärkere Verbesserung der Unterstützung an.
Die Ergebnisse stellen auch ein großes Lob für die Familienbesucherinnen dar. In der Grafik
ist einerseits abgetragen, welche Themen von wie vielen Teilnehmerinnen und Teilnehmern
als gewinnbringend erlebt wurden. Darüber hinaus wird gezeigt, wie viele Teilnehmerinnen
und Teilnehmer angegeben haben, dass dieses Thema mit den Familienbesucherinnen be-
sprochen wurde. Es wird deutlich, dass die Themen, die als am wertvollsten eingeschätzt
wurden, auch diejenigen Themen sind, die mit den Familienbesucherinnen besprochen wur-
den.
63
Themenaustausch mit der Familienbetreuerin
Beispiele
Erziehung
Spezielle familiäre
Situation wurde von
Besucherin angesprochen“
„Schlafen und Rituale
für das Zubettgehen“
Weitere Themen waren der Alltag,
Bücher, Allgemeines und Kurse
64
Der Themenaustausch mit den Familienbesucherinnen war vielfältig und reichte von allge-
meinen Informationen (z.B. Büchertipps) bis zu Gesprächen über sehr persönliche Dinge.
Sowohl die Eltern der Chancenreich-Gruppe als auch die Eltern der Vergleichsgruppe wur-
den gefragt, ob sie durch die Teilnahme an den Unterstützungsangeboten Verbesserungen
des eigenen Verhaltens wahrnehmen. Für einige Aspekte (Umgang mit Konflikten, Belast-
barkeit, Tagesroutinen, Beziehung zum Kind) zeigten sich in Regressionsanalysen deutliche
Vorteile für die Eltern der Vergleichsgruppe. Diese Unterschiede sollten aufgrund der unter-
schiedlichen Voraussetzungen allerdings nicht überinterpretiert werden. Es ist zu berück-
sichtigen, dass eine nicht unbedeutende Anzahl der Eltern der Vergleichsgruppe Angebote
und Kurse wahrgenommen hat, für die eine Teilnahmegebühr entrichtet werden musste. Die
Chancenreich-Angebote waren für die Eltern kostenfrei. Es ist nachvollziehbar, dass bei An-
geboten, für die man Gebühren zahlt, eine Tendenz besteht, diese in ihren Wirkungen als
besser einzuschätzen.
Interessant sind die Ergebnisse allerdings dennoch, vor allem, wenn die Anzahl der besuch-
ten beziehungs- und erziehungskompetenzorientierten Kurse berücksichtigt wird. Die Anzahl
der besuchten erziehungskompetenzorientierten Kurse steht in positivem Zusammenhang
mit den wahrgenommenen Verbesserungen in der Erziehungskompetenz, dem Umgang mit
Konflikten, dem Wissen über die kindliche Entwicklung sowie mit den alltäglichen Routinen.
Diese Unterschiede lassen sich nicht durch das Alter und das Geschlecht des Kindes oder
durch den sozialen und bildungsbezogenen Hintergrund der Familien erklären.
65
Was hat den Familien an Chancenreich
besonders gut gefallen?
Beispiele
Familienbesucherin
„hilfreich“
„besonders kompetent“
hat sich Zeit genommen“
„vertrauenswürdig“
„jemand der ansprech-
bar und erreichbar ist“
Elternhandbuch
„wegen
Adressen/Ratschlägen/
Entwicklung des Kindes“
Unterstützung und Betreuung
„Unterstützung zu haben bei
eventuellen Fragen durch
Familienbesucherin o. ggf. an
andere Adressen vermittelt
zu werden / sie kam schnell vorbei“
Vorsorge-
untersuchung
„Kontrolle durch
den finanziellen
Bonus, dass
Vorsorge-
untersuchungen
und Kindergarten-
besuche
stattfinden“
66
Auch in Bezug auf die kindliche Entwicklung nehmen die Eltern der Vergleichsgruppe deut-
lich stärkere Verbesserungen in allen abgefragten Entwicklungsbereichen wahr. Auch hier
sind bei der Interpretation aber die unterschiedlichen Voraussetzungen im Hinblick auf die
Gebühren für die wahrgenommenen Angebote zu berücksichtigen. In Bezug auf das Sozial-
verhalten deckt sich die Einschätzung der Eltern auch nicht mit der Einschätzung der betreu-
enden Erzieherinnen, die hier einen Vorteil bei den Chancenreich-Kindern sehen.
Interessant ist wiederum die Betrachtung des Einflusses der Anzahl der besuchten bezie-
hungs- und erziehungskompetenzorientierten Kurse. Eltern, die häufiger erziehungskompe-
tenzorientierte Kursangebote wahrgenommen haben, nehmen stärkere Verbesserungen im
Bereich des Sozialverhaltens wahr. Eine häufigere Teilnahme an beziehungsorientierten
Kursen geht tendenziell ebenfalls mit einer besseren Wahrnehmung der Entwicklung des
Sozialverhaltens sowie der Wahrnehmung einer besseren sprachlichen Entwicklung einher.
Auch diese Resultate lassen sich nicht durch Unterschiede zwischen den Gruppen in Bezug
auf Alter und Geschlecht des Kindes oder den sozialen und bildungsbezogenen Hintergrund
der Familien erklären.
Diese Folien geben einen Einblick in freie Kommentare der Eltern. Die unterschiedlichen
Angebote wurden in ihrer Vielfalt positiv wahrgenommen und stellten für den Großteil der
Eltern eine wichtige Unterstützung dar.
67
Änderungswünsche an Chancenreich
Beispiele
Weitere Kriterien u.a.:
Sozialschwache Familien erreichen,
Veränderung im Erstkontakt der
Familienbesucherin
Fehlende Projektinfos
Fehlende Kitainfos
Wissenschaftliche Begleitung
„Die Evaluation früher machen, da
Erinnerung schwer, engmaschiger
und Verzerrungen durch Erinnerung“
Frühere Hilfe
„Familienbesucherin sollte
eher kommen - in den
ersten 4 bis 6 Wochen;
kommt erst nach 10
Wochen; Probleme gibt es
aber früher; nach 8
Wochen schon selbst
gelöst und keine
Familienbesucherin mehr
nötig“
Leih-Oma
„Projekt Wunsch-Oma
noch nicht umgesetzt.“
Ergänzungen im
Familienhandbuch
Ergänzungen im Handbuch
bei Schreiproblemen:
Hinweis auf Osteopathie“
Was hat den Familien an Chancenreich
besonders gut gefallen?
Beispiele Hilfe und
Unterstützung
„adäquate Hilfe“
„ständige
Erreichbarkeit“
„hat mein Leben sehr
bereichert“
„Möglichkeiten,
Probleme
ansprechen zu
können“
Finanzieller Bonus
„gute Unterstützung“
„Geld fürs Kind“
„Gutscheine“
„Kostenlose Teilhabe“
Kursangebot
„Erziehungstipps“
„interessant“
„lehrreich“
durch die Kurs auf
weitere (externe) Kurse/
Kursprogramm aufmerksam
geworden“
Finanzielle Unterstützung
- Kurse
Geschenk eines Kurses“
„Kostenlose Teilhabe
am Elterntraining“
„kostenloser Kurs“
Weitere Kategorien: Besuche der Familienbesucherin,
U7a, Elterntraining allgemein, Kursleiterin,
verschiedene Kurse, Kinder brauchen Bücher,
Frühzeitiger Kitabesuch, Familienhebammen
Treffpunkte für Eltern, Empathie, gesamtes Projekt
68
Es gibt viel Lob für Chancenreich!
Die Eltern gaben auch wertvolle Hinweise in Bezug auf Verbesserungsmöglichkeiten des
Projekts. Diese beziehen sich auf unterschiedliche Aspekte, wie den Wunsch nach früher
einsetzender Unterstützung, einer Ausweitung verschiedener Module und eine regionale
Ausweitung des Projekts. Der finanzielle Bonus wird von der überwiegenden Mehrheit der
Teilnehmerinnen und Teilnehmer als wichtig erachtet und wertgeschätzt. Einzelne Eltern
würden den Bonus allerdings anders investieren oder höhere Hürden zum Erwerb des Bonus
nutzen.
69
9. Zusammenfassung der zentralen
Ergebnisse der AQuaFam-Studie
Änderungswünsche an Chancenreich
Beispiele
Projektausweitung
„Regionale Ausweitung
des Projekts“
Ausweitung der Elternbriefe
„Die Elternbriefe zu den
Lebensjahren könnten
auch nach dem 1. Geburtstag
(weiter) zugeschickt werden.“
Änderungswünsche
bzgl. der Kurse
Fehlender Anschluss
nach Ende der Kurse
(was nach 8 Terminen
tun?)
Änderung des Bonus
„Bonus abschaffen, Geld besser für
andere notwendigere Sachen nutzen“
„Andere Bedingungen, um den Bonus
zu bekommen (höherer Einsatz)“
70
Weitere Ideen zur Verbesserung waren die Ausweitung der Elternbriefe und des Projektes
sowie ein besserer Anschluss nach Beendigung der Kurse. Kritische Stimmen gab es u.a.
zum finanziellen Bonus.
71
Das Chancenreich-Konzept ist modular und verfügt damit über eine
große Vielfalt an Angeboten, die unterschiedlich stark genutzt werden.
Verpflichtende Kurse können dazu führen, dass die Nachfrage nach
anderen Angeboten negativ beeinflusst wird (z.B. beziehungsorientierte
Kurse vs. erziehungskompetenzorientierte Kurse).
Ideen:
Das Modul „Erziehungstraining“ aufteilen.
Verpflichtung an individuelle Bedürfnisse knüpfen, diese könnten z.B. mit
Hilfe eines Vorabscreenings durch die Familienbesucherin und in
Absprache mit den Wünschen der Familie herausgefunden werden.
Empirische Befunde zur Nutzung der
Module
Welche Familien nehmen an Chancenreich
teil?
Chancenreich gelingt es, auch benachteiligte Familien zu erreichen, z.B.:
hoher Anteil von Familien mit Migrationshintergrund
hoher Anteil an Eltern, die Arbeitslosengeld beziehen
Unsicherheit und der Wunsch nach sozialer Unterstützung sind in diesen
Zielgruppen relevant.
Der am häufigsten genannte Teilnahmegrund ist der Bonus.
72
Das Modell familialer Anregungsqualität konnte empirisch betätigt
werden.
Durch die Beeinflussung von Einstellungen und Überzeugungen (z.B.
Erziehungsselbstwirksamkeit, Erziehungskompetenz) kann der Einfluss
von Hintergrundmerkmalen auf die kindliche Entwicklung gemindert
werden.
Empirische Befunde zur Konzeption des
Projekts
Die Eltern der Chancenreich-Familien zeigen …
eine bessere gefühlte soziale Unterstützung,
eine höhere Einschätzung der Wichtigkeit von Vorsorgeuntersuchungen,
positivere Einstellungen zu Vorsorgeuntersuchungen
und in der Einstellung zu Vorsorgeuntersuchungen keinen Unterschied
nach Bildungshintergrund der Mutter.
Worin unterscheiden sich Chancenreich-
und Vergleichsgruppen-Familien?
73
Kinder aus Chancenreich-Familien zeigen …
aus Sicht der Erzieher/-innen ein geringeres Problemverhalten,
aus Sicht der Eltern höhere Alltagsfertigkeiten,
und insgesamt einen höheren Wortschatz im Vergleich zu „Frühe
Chancen“- Kindern.
Worin unterscheiden sich Chancenreich-
und Vergleichsgruppen-Familien?
Die Eltern der Chancenreich-Familien zeigen …
eine höhere Nachgiebigkeit im Erziehungsverhalten,
weder höhere noch niedrigere Selbstwirksamkeitserwartungen in Bezug
auf Bewegung, Ernährung und den Umgang mit Krankheiten
und weder ein besseres noch ein schlechteres Gesundheitsverhalten.
Worin unterscheiden sich Chancenreich-
und Vergleichsgruppen-Familien?
74
Kinder aus Chancenreich-Familien …
zeigen einen geringeren Wortschatz im Vergleich zur Vergleichsgruppe,
aber unter Kontrolle der beziehungsorientierten Kurse verschwindet
dieser Unterschied.
Kinder aus Chancenreich-Familien
gehen später in eine Kindertagesstätte als Kinder der Vergleichsgruppe.
Allerdings ist der Anteil der Kinder, die unter drei Jahre eine
Kindertagesstätte besuchen, für beide Gruppen überraschend hoch.
Worin unterscheiden sich Chancenreich-
und Vergleichsgruppen-Familien?
Das Thema „Wissen um die kindliche Entwicklung“ ist das von den Eltern
am meisten geschätzte Thema.
Mit den Familienbesucherinnen ist es das am häufigsten besprochene
Thema und die Eltern geben an, am meisten von Gesprächen zu diesem
Thema profitiert zu haben.
Eltern, die sich durch das Projekt unterstützter fühlen, besuchen
signifikant häufiger Elterntreffpunkte.
Die Elterntreffpunkte werden selten genutzt und wenn doch, dann
häufiger von Risikogruppen.
Wie schätzen Eltern die Wirkung von
Chancenreich ein?
75
10. Fazit und Ausblick
In den letzten Jahren ist das gesellschaft-
liche und politische Interesse für die Un-
terstützung von Eltern bei der Erziehung
ihrer Kinder gestiegen. Das gilt in beson-
derem Maße für bildungsferne und sozial
schwache Familien. Durch möglichst früh
ansetzende Angebote sollen Eltern in ih-
rer Rolle als Erziehende unterstützt und
gestärkt werden, so dass alle Kinder best-
mögliche Bildungschancen erhalten und
Notlagen bekämpft und verhindert wer-
den. Neben Bundesinitiativen, wie dem
Programm „Frühe Hilfen“ des Bundesmi-
nisteriums für Familie, Senioren, Frauen
und Jugend, existieren zahlreiche regio-
nale Ansätze zur Unterstützung von Fami-
lien. Sie bieten den Eltern Beratung, El-
terntrainings, Integrationsmöglichkeiten,
Unterstützung bei der Rückkehr oder
beim Eintritt in den Arbeitsmarkt etc. So
vielversprechend diese Ansätze sind, bis-
lang existieren nur wenige und metho-
disch wenig anspruchsvolle Studien, die
die Passgenauigkeit und den Erfolg die-
ser Maßnahmen untersuchen. Das Mo-
dellprojekt „Chancenreich“ in Herford
stellt dabei in zweierlei Hinsicht eine Inno-
vation dar. Zum einen ist es im Hinblick
auf sein inhaltliches Konzept, den modu-
laren Ansatz und insbesondere den mo-
netären Bonus einzigartig. Kaum ein an-
deres Programm macht ein solch breit
konzipiertes Angebot für Eltern. Darüber
hinaus wird das Modellprojekt umfassend
und methodisch aufwändig wissenschaft-
lich begleitet und auf seine Auswirkungen
hin untersucht. Hierbei wurden sowohl
Aspekte auf der Ebene der Eltern als auch
die kindliche Entwicklung berücksichtigt.
Die Analyse der Teilnehmerdaten er-
brachte einen wichtigen Befund: Es ge-
lingt dem Modellprojekt, Familien aus
unterschiedlichen sozialen Lagen an-
zusprechen. Außerdem beteiligen sich
Familien mit und ohne Migrationshinter-
grund gleichermaßen an Chancenreich.
Der finanzielle Bonus ist für die über-
wiegende Mehrheit der Eltern einer der
Gründe, an Chancenreich teilzuneh-
men. Vergleicht man Chancenreich mit
anderen vergleichbaren Ansätzen, so fällt
auf, dass andere Projekte sehr viel stärker
damit zu kämpfen haben, arme, bildungs-
ferne Familien oder Familien, die zu
Hause eine andere Sprache als Deutsch
sprechen, zur Teilnahme zu motivieren.
Dieses Resultat kann als großer Erfolg für
das Projekt gewertet werden. Es ist davon
auszugehen, dass der finanzielle Bonus
an dieser Stelle eine große Rolle spielt.
Es ist positiv zu bewerten, dass das
Projekt Familien mit unterschiedli-
chem Hintergrund anspricht. So bieten
die Kurse eine wirkliche Chance für so-
ziale Durchmischung und Integration.
Interessante Resultate fanden sich auch
bei der Analyse der Nutzung der unter-
schiedlichen Module. Das Elternhand-
buch, die Familienbesuche und die Kurse
werden von den Familien intensiv genutzt.
Weniger stark angenommen werden die
Elterntreffpunkte. Um den Bonus zu er-
werben, müssen die Eltern ein Angebot
aus dem Modul „Kurse“ wahrnehmen. In
diesem Modul werden sowohl Kurse an-
geboten, die sich auf die Beziehung und
die Aktivitäten mit dem Kind fokussieren
(z.B. PEKiP), als auch Kurse, bei denen
die Stärkung der Erziehungskompetenz
der Eltern im Vordergrund steht (z.B.
Starke Eltern - Starke Kinder). Die Ana-
lyse der Nutzung der Kurse machte deut-
lich, dass hierdurch eine (unbewusste)
Steuerung des Wahlverhaltens der Eltern
stattfindet. Eltern, die an einem erzie-
hungskompetenzorientierten Kurs teil-
nehmen, nehmen mit geringerer Wahr-
scheinlichkeit an beziehungsorientier-
ten Kursen teil und umgekehrt. Für die
zukünftige Arbeit der Stiftung ist zu be-
denken, ob diese Steuerung der Teil-
nahme an spezifischen Kursen in die-
ser Form gewollt ist.
76
Durch das Modellprojekt soll die Entwick-
lung der Kinder nachhaltig gefördert wer-
den. Die unterschiedlichen Angebote set-
zen hierbei an unterschiedlichen Stellen
an. Es wird Wissen über kindliche Ent-
wicklung vermittelt, es werden Ansprech-
partner und Vertrauenspersonen angebo-
ten, gleichzeitig wird versucht, auf ent-
wicklungs- und bildungsrelevante Einstel-
lungen und Überzeugungen (z.B. die Ak-
zeptanz und Wichtigkeit von Vorsorgeun-
tersuchungen, Einstellungen zum poten-
ziellen Nutzen des Besuchs einer Kita)
sowie das Erziehungsverhalten direkt ein-
zuwirken. Überzeugungen und Einstellun-
gen stehen deshalb im Fokus des Pro-
jekts „Chancenreich“, da man davon aus-
gehen kann, dass Überzeugungen das
Verhalten der Eltern maßgeblich beein-
flussen.
Es ist bekannt, dass Familien, die sozio-
strukturell benachteiligt sind (z.B. durch
Armut) oder einen Migrationshintergrund
haben, oftmals weniger anregende Ent-
wicklungs- und Lernumgebungen zur Ver-
fügung stellen als sozio-strukturell besser
gestellte Familien oder Familien ohne
Migrationshintergrund. Die Evaluation
konnte aber zeigen, dass Einstellungen
und Überzeugungen hier einen vermit-
telnden Einfluss haben. Dementspre-
chend lassen sich strukturelle Benachtei-
ligungen von Kindern teilweise dadurch
bekämpfen, dass sowohl an den Über-
zeugungen der Eltern als auch an deren
Erziehungsverhalten gearbeitet wird. Das
übergreifende Konzept des Modellpro-
jekts kann dementsprechend diesbe-
züglich als bewährtes Konzept angese-
hen werden.
Mit Blick auf die Überzeugungen und das
Erziehungsverhalten wird deutlich, dass
sich im Vergleich zu der Vergleichsgruppe
spezifische Effekte und Vorteile bei den
Chancenreich-Familien in den Bereichen
zeigen, in denen das Modellprojekt auch
konkret und spezifisch einwirkt (z.B. auf
die Einstellung zu Vorsorgeuntersuchun-
gen). Das heißt aber auch: Dort, wo
spezifische Effekte erzielt werden sol-
len, muss auch spezifisch eingewirkt
werden.
Chancenreich versucht auch auf einen
möglichst frühen Kitabesuch einzuwirken.
Die Anmeldung in einer Kita bis zum 3.
Geburtstag ist eine Voraussetzung für
den Anspruch auf den Bonus. Im Rahmen
der Evaluation wurden umfangreiche Da-
ten zur Betreuungshistorie und zu den
Gründen für die Wahl der Betreuungsva-
rianten gestellt. Ein Großteil der Eltern
wählt heute deutlich vor dem 3. Geburts-
tag eine außerfamiliale Betreuung. Die
Anzahl der Eltern, die angeben, dass das
Projekt Chancenreich einen Einfluss auf
die Entscheidung gehabt hat, das Kind in
einer Kita anzumelden, ist verschwindend
gering. Offensichtlich stehen andere, pri-
vate Gründe im Vordergrund bei dieser
Entscheidung. Andererseits weisen die
Analysen auch in die Richtung, dass
Chancenreich-Kinder häufiger als die Kin-
der der Vergleichsgruppe zwischen dem
2. und 3. Lebensjahr in eine Kita kommen.
Dies könnte ein Effekt des Bonus sein.
Insgesamt ist die Interpretation der Resul-
tate aber auch durch die Einführung des
Betreuungsgeldes im Jahr 2013 er-
schwert. Intensive Beratung und Über-
zeugung der Eltern mit Blick auf die
möglichen Vorteile eines frühen
Kitabesuchs gerade für Familien, die
zu Hause eine andere Sprache als
deutsch sprechen sind langfristig
vermutlich die effektiveren Strategien,
um einen frühen Kitabesuch zu unter-
stützen.
Die Evaluation des Modellprojekts Chan-
cenreich gehört zu den wenigen Studien,
die Effekte auf die kindliche Entwicklung
mit Hilfe von standardisierten Tests und
Instrumenten untersucht haben. Es kön-
nen tatsächlich positive Auswirkungen
77
nachgewiesen werden. Zum einen wer-
den die Chancenreich-Kinder von ihren
Erzieherinnen und Erziehern in ihrem
Sozialverhalten positiver beurteilt als
die Kinder der Vergleichsgruppe. Darüber
hinaus ist der kindliche Wortschatz wei-
ter entwickelt als bei Kindern einer na-
tionalen Vergleichsstichprobe.
Schließlich lässt sich zusätzlich zeigen,
dass die Teilnahme an beziehungsori-
entierten Kursen positiv mit der Ent-
wicklung des kindlichen Wortschatzes
zusammenhängt.
Die Familien, die an Chancenreich teilge-
nommen haben, sind überwiegend zufrie-
den mit dem Angebot. Besonders positiv
werden die Familienbesuche, das Eltern-
handbuch und die Elternkurse bewertet.
Eltern schätzen vor allem die Vermittlung
von Wissen über die kindliche Entwick-
lung. Auch wenn die Elterntreffpunkte sel-
ten genutzt werden, so scheinen sie für
die Eltern, die sie nutzen, eine starke so-
ziale Unterstützungsfunktion zu haben.
Die Resultate können insgesamt als über-
zeugend und positiv bewertet werden. Auf
Basis der gefundenen Ergebnisse lässt
sich diskutieren, inwieweit das Angebot
durch einzelne gezieltere Module angerei-
chert werden könnte. Auch eine Erweite-
rung um Inhalte, die bislang wenig thema-
tisiert werden, wäre sinnvoll. So belegen
die Befunde z.B. auch, dass es im Bereich
der Ernährung durchaus bei vielen Eltern
Interventionsbedarf gibt.
Mit Blick auf die wissenschaftliche Beglei-
tung des Projekts wäre eine erneute Un-
tersuchung der Kinder wünschenswert.
Nur so lassen sich mittel- und längerfris-
tige Auswirkungen beurteilen. Ferner
wäre eine vertiefte Untersuchung der dif-
ferenziellen Auswirkungen unterschiedli-
cher Kursangebote im Verlauf sinnvoll.
Hierdurch könnten die retrospektiv erziel-
ten Resultate vertieft werden.
79
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83
Anhang
Zur Erfassung der Struktur-, Orientie-
rungs- und Prozessqualität wurde auf be-
reits vielseitig erprobte Messinstrumente
zurückgegriffen, die zusätzlich durch
adaptierte oder neu entwickelte Fragebö-
gen ergänzt wurden. Die kindliche Ent-
wicklung wurde mit standardisierten und
etablierten Messinstrumenten erfasst. Der
folgende Anhang gibt eine Übersicht über
die einzelnen Skalen mit Beispielitems
und dem Wert für Cronbachs Alpha zur
Einschätzung der Reliabilität.
Als Teil der Orientierungsqualität (siehe
Tab. 1) werden in der AQuaFam-Studie
die gesundheitsbezogene und elterliche
Erziehungsselbstwirksamkeit sowie die
wahrgenommene soziale Unterstützung
gefasst.
Die Prozessqualität umfasst die bildungs-
bezogenen Aktivitäten mit dem Kind und
das Erziehungsverhalten (siehe Tab. 1).
Weiterhin werden die Skalen des sprach-
lichen und sozio-emotionalen Entwick-
lungsstands des Kindes tabellarisch auf-
geführt (siehe Tab. 2)
84
Tab. 1: Beschreibung der Skalen zur familialen Anregungsqualität
Orientierungsqualität
Item-
anzahl
Alpha
Skala Selbstwirksamkeit Medien
Beispielitem: Ich bin zuversichtlich, dass ich… meinem Kind einen verantwortlichen
Umgang mit elektronischen Medien (Fernseher, Computer, Smartphone) beibringen
kann.
Quelle: Eigenentwicklung
2
.56
Skala Selbstwirksamkeit Bewegung
Beispielitem: Ich bin zuversichtlich, dass ich… mein Kind dazu anregen kann, drinnen
und draußen körperlich aktiv zu spielen.
Quelle: in Anlehung an Bohman et al., 2013: Parental Self Efficacy for Promoting
Healthy Physical Activity and Dietary Behaviors in Children (eigene Übersetzung)
3
.74
Skala Selbstwirksamkeit Ernährung
Beispielitem: Ich bin zuversichtlich, dass ich… meinem Kind gesunde Essgewohnhei-
ten beibringen kann.
Quelle: in Anlehung an Bohman et al., 2013: Parental Self Efficacy for Promoting
Healthy Physical Activity and Dietary Behaviors in Children (eigene Übersetzung)
6
.68
Skala Soziale Unterstützung
Beispielitem: Fühlen Sie sich insgesamt von Ihrem sozialen Umfeld unterstützt?
Quelle: Bezirksamt Berlin-Mitte 2010: Fragebogen zur Gesundheit und zum Gesund-
heitsverhalten der Eltern von Schulanfängern im Bezirksamt Berlin-Mitte
7
.89
Skala Erziehungsselbstwirksamkeit (Gesamtskala)
Beispielitem: Ich fühle mich kompetent in der Erziehung meines Kindes.
Quelle: Eigenentwicklung
7
.74
Skala Aktivitäten mit dem Kind
Beispielitem: Dem Kind etwas vorlesen oder gemeinsam Bilderbücher anschauen.
Quelle: Fragebögen aus der BiKS 3-13 Studie (Bildungsprozesse, Kompetenzentwick-
lung und Selektionsentscheidungen im Vorschul- und Schulalter). Universität Bamberg
5
.69
85
Prozessqualität
Item-
anzahl
Alpha
Skala Erziehungsverhalten Nachgiebigkeit
Beispielitem: Wenn mein Kind sich aufregt, wenn ich ihm etwas verboten habe, ...
nehme ich das Verbot sofort zurück / bleibe ich dabei.
Quelle: Miller, 2001: Erziehungsfragebogen (eigene Übersetzung)
3
.64
Skala Erziehungsverhalten Überreagieren
Beispielitem: Wenn mein Kind ungezogen ist oder sich unangemessen verhält, ... hebe
ich meine Stimme oder schreie mein Kind an / spreche ich ruhig mit meinem Kind.
Quelle: Miller, 2001: Erziehungsfragebogen (eigene Übersetzung)
6
.73
Tab. 2: Beschreibung der Skalen zur sprachlichen und sozio-emotionalen Entwick-
lung des Kindes
Item-
anzahl
Alpha
SDQ Problemverhalten
Beispielitem: Hat oft Wutanfälle; ist aufbrausend.
Quelle: deutsche Übersetzung des Strengths and Difficulties
Questionnaire (Goodman, 1997, www.sdqinfo.com/)
Eltern
20
.75
Erzieher/-innen
25
.86
SDQ Hyperaktivität
Beispielitem: Unruhig, überaktiv, kann nicht lange stillsitzen.
Quelle: deutsche Übersetzung des „Strengths and Difficulties
Questionnaire“ (Goodman, 1997, www.sdqinfo.com/)
Eltern
5
.70
Erzieher/-innen
5
.83
SDQ Emotionale Probleme
Beispielitem: Hat viele Sorgen; erscheint häufig bedrückt.
Quelle: deutsche Übersetzung des „Strengths and Difficulties
Questionnaire“ (Goodman, 1997, www.sdqinfo.com/)
Eltern
5
.55
Erzieher/-innen
5
.65
SDQ Anpassungsprobleme
Beispielitem: Streitet sich oft mit anderen Kindern oder schikaniert
sie.
Quelle: deutsche Übersetzung des „Strengths and Difficulties
Questionnaire“ (Goodman, 1997, www.sdqinfo.com/)
Eltern
4
.57
Erzieher/-innen
5
.80
86
Item-
anzahl
Alpha
SDQ Peerprobleme
Beispielitem: Kommt besser mit Erwachsenen aus als mit anderen
Kindern.
Quelle: deutsche Übersetzung des „Strengths and Difficulties
Questionnaire“ (Goodman, 1997, www.sdqinfo.com/)
Eltern
5
.63
Erzieher/-innen
4
.71
SDQ Prosoziales Verhalten
Beispielitem: Teilt gerne mit anderen Kindern (Süßigkeiten, Spiel-
zeug, Buntstifte usw.).
Quelle: deutsche Übersetzung des „Strengths and Difficulties
Questionnaire“ (Goodman, 1997, www.sdqinfo.com/)
Eltern
5
.60
Erzieher/-innen
5
.81
Vineland Zuhören und Verstehen
Beispielitem: Hört einer Geschichte mindestens 15 Minuten zu.
Quelle: deutsche Übersetzung der „Vineland Adaptive Behavior
Scales“ (Sparrow et al., 2005)
Eltern
6
.66
Erzieher/-innen
7
.85
Vineland Sprechen
Beispielitem: Nennt seinen Vor- und Nachnamen, wenn es danach
gefragt wird.
Quelle: deutsche Übersetzung der „Vineland Adaptive Behavior
Scales“ (Sparrow et al., 2005)
Eltern
24
.93
Erzieher/-innen
24
.96
Vineland Alltagsfertigkeiten
Beispielitem: Isst selbstständig mit dem Löffel, ohne zu kleckern.
Quelle: deutsche Übersetzung der „Vineland Adaptive Behavior
Scales“ (Sparrow et al., 2005)
Eltern
21
.89
Erzieher/-innen
21
.93
... It is mostly determined by income, education, and occupation (Bradley & Corwyn, 2002). A lower SES is associated with less access to resources, less knowledge of child rearing, higher distress levels (Roubinov & Boyce, 2017), as well as with lower parental self-efficacy, less parental educational orientation, and a lower quality of interaction among family members (Anders et al., 2015;Tazouti & Jarlégan, 2016). When exploring the impact of SES on child development, it is considered better to use specific SES indicators (e.g., O'Connell, 2019). ...
Article
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The present study uses a prospective longitudinal study design to investigate the development of maternal self-efficacy in the transition phase to parenthood, drawing on a large sample of socially and/or culturally disadvantaged families (N = 292). Parity, maternal education, migration, informal and formal social support are considered as potential predictors. Results indicate that previous birth experience, being born abroad, and higher levels of formal and informal social support during pregnancy jointly predict higher levels of maternal self-efficacy three months after birth. First-time mothers and mothers born in Germany (where the study was conducted) benefit more from formal support than mothers with previous experience and mothers born outside of Germany. Overall, maternal self-efficacy increases significantly. Implications for prenatal maternal care are discussed.
... All data are taken from the scientific evaluation study AQuaFam of the model project Chancenreich (Anders, Hachfeld, and Wilke 2015). To investigate its effects, the evaluation follows a quasi-experimental, cross-sectional design with an intervention group (IG, participants of Chancenreich) and a non-intervention group (NG). ...
... All data are taken from the scientific evaluation study AQuaFam of the model project Chancenreich (Anders, Hachfeld, and Wilke 2015). To investigate its effects, the evaluation follows a quasi-experimental, cross-sectional design with an intervention group (IG, participants of Chancenreich) and a non-intervention group (NG). ...
Article
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The present study examines the effects of a family support program on children’s socio-emotional and language development. We analyze how participating in courses that aim to improve the relationship between parents and their children is associated with child development. Two different course formats (parenting skills-focused and parent–child interaction-focused courses) are investigated. The study has a cross-sectional design and uses a sample of 185 parents and their children in the intervention group and 58 parents and their children in the non-intervention group. Findings suggest that participation in parent–child interaction-focused courses significantly predicts the vocabulary skills (Peabody Picture Vocabulary Test) of the children. Regarding the socio-emotional skills of the children, we find that childcare professionals’ rating of problem behavior (Strengths and Difficulties Questionnaire (SDQ)) was significantly lower for the children in the intervention group. Additionally, parents` rating of children’s prosocial skills (SDQ) were significantly lower for children whose parents attended parenting skills-focused-courses. Implications and future research on the effectiveness of family support programs are discussed.
Article
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This longitudinal study uses MONDEY (Milestones of Normal Development in Early Years) to assess the development of 100 children from disadvantaged neighborhoods in Bremen / Germany through maternal reports and investigates early child development regarding mater-nal educational level. The findings show that the mothers' educational background has no detectable effect on development during the first year of life, neither when examining the overall development nor when differentiating single developmental dimensions. Both groups of children of low- and high-educated mothers show an increase in MONDEY scores over three measurement points. The developmental dimensions, how-ever, show differentiated profiles consistent with the literature. We discuss the role of observation errors and response biases in maternal as-sessments and the question of when the effects of socioeconomic status become evident in child development.
Article
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Der Einfluss der Familie auf die kindliche Entwicklung ist unbestritten. Häufig wurden soziale Disparitäten in der familialen Anregung und ihr Einfluss auf die kognitiven Kompetenzen untersucht. Bisher wenig im Blickpunkt standen vielfältige familiale All-tagspraxen und ihre Bedeutung für die kindliche Verhaltens- und Kompetenzentwicklung. Der Beitrag untersucht für 6- bis 8-jährige Kinder (n = 1.377) zum einen, durch welche Faktoren bildungsorientierte Eltern-Kind-Aktivitäten, Outdoor¬aktivi¬täten, die Einbindung des Kindes in Haushaltsaufgaben und Aspekte des elterlichen Erziehungsverhaltens beeinflusst werden. Zum anderen wird analysiert, in welchem Maß sich diese verschiedenen Formen familialer Aktivitäten sowie das Erziehungsmilieu, in dem Kinder aufwachsen, für deren Problemverhalten, prosoziales Verhalten und sprachliche Alltagsfertigkeiten als relevant erweisen. Die Ergebnisse querschnittlich angelegter multipler Regressionen zeigen die Vorteile einer hohen mütterlichen Bildung und einer kindzentrierten Erziehung auf. Hohe Bildungsressourcen der Mütter begünstigen eine Prioritätensetzung auf die kindliche Entwicklungsförderung, während Outdoor- und Haushaltsaktivitäten der Kinder zurücktreten. Neben einem kindzentrierten Erziehungsmilieu erweisen sich auch die familialen Alltagspraxen für die kindliche Verhaltens- und Kompetenzentwicklung als relevant.
Article
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The Effective Provision of Pre-school Education (EPPE) project explores the impact of preschool centre provision on young children’s cognitive progress and their social/behavioural development. The EPPE study was commissioned and funded by the DfES. The research has tracked a large sample of over 2700 young children and analysed their cognitive attainment and progress and social behaviour at the end of Year 2 (age 7 years plus). Earlier reports have examined cognitive attainment and social/behavioural development over the pre-school period. This paper investigates attainment, progress and social/behavioural development from entry to reception classes (age rising 5 years) until the end of Year 1 in primary school, when children were age 6 years plus. Technical Paper 11 describes the results of similar analyses conducted at the end of Year 2.
Book
Socioeconomic Status, Parenting, and Child Development presents cutting-edge thinking and research on linkages among socioeconomic status, parenting, and child development. The contributors represent an array of different disciplines, and approach the issues from a variety of perspectives. Accordingly, their “take�? on how SES matters in the lives of children varies. This volume is divided into two parts. Part I concerns the constructs and measurement of SES and Part II discusses the functions and effects of SES. Each part presents four substantive chapters on the topic followed by an interpretive and constructively critical commentary. The chapters--considered as a whole--attest to the value of systematically examining the components of SES and how each flows through an array of specific parenting practices and resources both within and outside the home environment to help shape the course of child development. The result is a more fully delineated picture of how SES impacts the lives of children in the 21st century--a picture that contains a road map for the next generation of studies of SES and its role in the rapidly evolving ecology of family life. © 2003 by Lawrence Erlbaum Associates, Inc. All rights reserved.
Book
Noch immer gilt: Wer arm, wenig gebildet und beruflich schlecht gestellt ist, wird häufiger krank und muss früher sterben. Wie aber kann dieser Zusammenhang zwischen sozialer Ungleichheit und Gesundheit erklärt werden? Welche Mechanismen und Prozesse liegen dem sozialen Gradienten in der Gesundheit zugrunde? Der Band bietet einen umfassenden Überblick über Theorien, Forschungsergebnisse und Implikationen für Politik und Praxis. Er führt in die aktuelle Diskussion soziologischer und gesundheitswissenschaftlicher Erklärungen gesundheitlicher Ungleichheit ein, stellt innovative empirische Ergebnisse vor, diskutiert methodische Herausforderungen und zeigt Möglichkeiten auf, den Zusammenhang zwischen sozialer Ungleichheit und Gesundheit zu verringern. Mit Beiträgen führender Sozial- und Gesundheitswissenschaftler aus dem Forschungsfeld stellt dieses Buch umfangreiche Informationen zum Verständnis und zur Reduzierung gesundheitlicher Ungleichheiten zur Verfügung.