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Peter Kaiser, Andrej Marc Gabler, Insa Norden
Wirkfaktoren für Qualität und Nachhaltigkeit von Mediation –
Ergebnisse einer Längsschnittstudie zu gerichtlicher
Mediation und allgemeine Implikationen
1
1 Einführung
Effektivität und Effizienz der Mediation sind bereits verschiedentlich untersucht worden
(z.B. Bastine, 2000; Kline-Pruett & Johnston, 2004; Niedersächsisches Ministerium für
Justiz, 2005; Weitz, 2008; Bierbrauer & Klinger, 2008, 2014; Becker & Friedrich, 2009;
Shaw, 2010; Greger & Unberath, 2012; Greger, 2012, 2013). Merkmale der Parteien, ihre
Vorerfahrungen und Beziehungen haben sich dabei als prägend für den
Mediationsprozess erwiesen. Folberg et al. (2004) fanden z.B. in einem
Forschungsüberblick bei 76 % der Frauen Gewalterfahrungen mit den Partnern. 78 %
der Frauen waren Stalking-Opfer. Bierbrauer & Klinger (2008) stellten fest, dass bereits
mediationserfahrene Parteien signifikant erfolgreicher waren und sich auch positiver
über das Verhalten des Mediators äusserten. Parteien, die zu einer Vereinbarung kamen,
waren insgesamt signifikant zufriedener mit dem Verfahren. Je nach Konflikttyp drohte
unterschiedlich häufig der Abbruch: Dies war in 80 % der Nachbarschaftsstreitigkeiten,
48.6 % der geschäftlichen Konflikte, aber nur in 20 % der familialen Konflikte der Fall.
Becker & Friedrich (2009) stellten in 121 Mediationsverfahren fest, dass die
Einigungsquote in Angelegenheiten der Krankenversicherung 91.7 %, im Bereich der
Pflegeversicherung hingegen nur 57.1 % betrug. Auch die Fallkomplexität hatte einen
wichtigen Einfluss: Gregers Befunden bei Berliner Mediationsverfahren (2012) zufolge
liessen sich Verfahren mit höherem Streitwert schwerer mediieren. Dass Art und Dauer
der Beziehungen zwischen den Parteien zu unterschiedlichen Mediationsergebnissen
beitragen können, hat sich unter anderem in den Studien von Becker & Friedrich (2009)
und Greger & Unberath (2012), Greger (2012, 2013) gezeigt. Bierbrauer & Klinger
(2008) fanden, dass sich die Beziehungsdauer positiv, die Konfliktdauer hingegen negativ
auf die Wahrscheinlichkeit einer Vereinbarung auswirkte.
Als erfolgsrelevante Mediatorenmerkmale werden professionelle Kompetenzen
bezüglich Konfliktmanagement, Problemlösungsstrategien, Selbstreflexion, Wissen über
interpersonelle Konflikte und Probleme, Selbstbewusstsein, Einfühlungsvermögen,
Moderationsfähigkeit, Souveränität, Abstinenz genannt (Bastine, 2000, 2014; Walther,
2005; Bierbrauer & Klinger, 2008, 2014; Paul & Block, 2008; Shaw, 2010).
Weniger gut erforscht ist bislang die Erfolgsrelevanz von Persönlichkeitseigenschaften
der Beteiligten für die Mediation (McCrae & Costa, 1999; Kuhl, 2010). Hier sind v.a. fünf
Faktoren zu nennen, die sich auf Emotionen und Verhalten in Konflikten auswirken
(„Big Five"): 1. emotionale Irritierbarkeit, 2. Extraversion, 3. Kultiviertheit/Offenheit für
Erfahrungen und Verfeinerung, 4. Verträglichkeit, 5. Gewissenhaftigkeit. Diese
Persönlichkeitseigenschaften entwickeln sich bis zum 4. Lebensjahr und stabilisieren
sich im Lebenslauf immer mehr (Asendorpf, 2005; Kuhl, 2010). Mit diesen
Eigenschaften korrespondieren Psychosoziale Kompetenzen, die zur Bewältigung von
Lebenssituationen in den relevanten Lebensbereichen erworben werden (z.B.
Konfliktfähigkeit). Fehlt es an Kompetenzen (Kompetenzdefizit) oder kann das
Individuum nicht auf seine Ressourcen zugreifen (Kompetenzstörung) steigt die
Konfliktanfälligkeit (Kaiser, 2008).
1
Erscheint in: Kriegel-Schmidt, K. (Hrsg.)(2017). Mediation als Forschungsgegenstand. Auf dem Weg zu einer
deutschsprachigen Mediationswissenschaft. Berlin : Springer VS
2
Die Einflüsse von Art und Ausmaß der Weiterbildung der Mediatoren auf
Mediationserfolg und Langzeiteffekte sind bislang kaum untersucht. Klärungsbedarf
scheint auch zu bestehen hinsichtlich der Wechselwirkungen zwischen Merkmalen und
Verhalten der beteiligten Personen und Systemkontexten.
An prospektiven Langzeitstudien zur Überprüfung von Wirkungszusammenhängen und
deren Nachhaltigkeit fehlt es weitgehend. Zudem mangelt es an einer konsistenten
psychologischen Theorie über die Wirkungsweisen einzelner Strategien und
Mechanismen von Mediation als Basis theoriegeleiteter Forschung (Montada & Kals,
2013; Bastine, 2014). Ansätze und empirische Ergebnisse der seit Jahrzehnten
international stark entwickelten Therapie- und Beratungsforschung werden in der
Mediationsforschung bislang wenig rezipiert (zum Beispiel Norcross et al., 2011;
Greenberg, 2011; Lambert, 2013; Bastine, 2014; Kaiser & Gabler, 2014, 2015; Kaiser,
2017).
Zur Bewertung der Leistungen des amerikanischen Gesundheitswesens schlug
Donabedian 1966 ein Modell der Versorgungsqualität vor, das er als „Grad der
Übereinstimmung zwischen den Zielen des Gesundheitswesens und der wirklich
geleisteten Versorgung“ definierte (1966/1980, 80 ff; s. Abbildung 1). Dieses
Qualitätsmodell haben wir unserer nachfolgend dargestellten Untersuchung zu Grunde
gelegt, um Erfolgsbedingungen von Mediation besser zu verstehen und
Optimierungsmöglichkeiten ausfindig zu machen.
Abbildung 1: Modell der Mediationsqualität (Kaiser, 2017; vergleiche Donabedian, 1966/1980)
3
2 Befunde aus der Prospektiven Kieler Longitudinalstudie
(PROKLOS)
2
,
3
2.1 Fragestellung
Zur Differenzierung der Qualitäten von Mediation haben wir das Modell von Donabedian
weiterentwickelt (siehe Abbildung 1). Wir unterscheiden im folgenden 1.
Strukturqualitäten, die sich auf stabile Merkmale von Verfahrensbeteiligten und
Gegebenheiten bezieht; hierzu gehören unter anderem Persönlichkeitseigenschaften
oder Kompetenzen von Personen, Systemkontext von Gerichten oder der Akteure, aber
auch Beziehungsgeschichte der Parteien und Konfliktmerkmale 2. Prozessqualitäten, die
sich auf die Art und Weise des von den Beteiligten gestalteten Mediationsverfahrens
bezieht, 3. Ergebnisqualitäten, die durch Parteien, Anwälte und Mediatoren beeinflusst
werden, 4. Nachhaltigkeit bzw. Langzeitqualitäten, die sich vor allem an der Einhaltung
der vereinbarten Regelungen und in Beziehung und Befinden der Parteien zeigen. Dieses
Qualitätsmodell soll uns helfen, die Erfolgsbedingungen von Mediation besser zu
verstehen und Optimierungsmöglichkeiten ausfindig zu machen.
2.2 Vorgehen
In den Jahren 2010–2013 haben wir im Rahmen einer prospektiven Longitudinalstudie
am Amtsgericht Kiel und am Landgericht Kiel 303 gerichtliche Mediationsverfahren
unterschiedlicher Rechtsgebiete untersucht. Dabei wurden die beteiligten Parteien
4
,
Anwälte und Mediatoren vor der Mediation (T1), nach der Mediation (T2) und Parteien
und Anwälte auch ein Jahr später (T3) schriftlich befragt (s. Tabelle 1; Kaiser, 2017).
Parteien
Anwälte
Mediatoren (n = 26)
Ausgegebene
Fragebögen T1
1142
1142
571
Rücksendequote
Gesamt T1
329 (28,8 %)
276 (24,3 %)
303 (53,1 %)
Gesamt T2
232 (20,3 % / 70,5 %*)
244 (21,4 % / 88,4 %*)
276 (48,3 % / 91,1 %*)
Gesamt T3
245 (21,5 % / 74,4 %*)
233 (20,4 % / 84,4 %*)
--
Rücksender
in 303 Verfahren
Weiblich
138 (42,86 %)
81 (30,22 %)
11
Männlich
184 (57,14 %)
187 (69,78 %)
14
Keine Angabe
7
8
1
Tabelle 1: Rücksendequoten und Geschlecht der einzelnen Gruppen (Kaiser, 2017)
2.3 Ergebnisse
2.3.1 Zusammenhänge zwischen Strukturqualitäten und Prozessqualitäten
Die stabilen Merkmale der Verfahrensbeteiligten haben als Strukturqualitäten Einfluss
auf das Mediationsverfahren (siehe Abbildung 2).
2
Für wichtige Beiträge und Hinweise danken wir Winfried Bach (Vechta), Hans-Peter Heekerens (München), Lisa Gutenbrunner
(Marburg), Paulina Matyjas (Berlin); Tobias Arthur Müller (Heidelberg), Gert Sommer (Marburg), Reiner Bastine (Heidelberg)
3
Mit freundlicher Unterstützung des Schleswig-Holsteinischen Ministers für Justiz, Kultur und Europa und der Präsidenten der
beiden Gerichte sowie eines Stifters
4
Gattungsbegriffe verstehen wir geschlechtsneutral
* bezogen auf T1
4
Abbildung 2: Zusammenhänge zwischen Strukturqualitäten und Prozessqualitäten
(Kaiser, 2017)
Merkmale der Parteien und ihr Einfluss auf Prozessqualitäten
Von den Strukturqualitäten hatten vor allem
5
die Informiertheit über das
Mediationsverfahren sowie das Wohlbefinden der Konfliktparteien vor der Mediation
bedeutenden Einfluss auf Verfahrenszufriedenheit und wahrgenommene
Verfahrensgerechtigkeit.
Ältere Parteien waren signifikant stärker auf die Klärung der Hintergründe der
Probleme und eine gute Beziehung zu ihrem Anwalt bedacht.
Die männlichen Medianden waren signifikant weniger verträglich. Die weiblichen
Medianden fühlten sich von der Gegenseite, vom Mediator und von ihrem Anwalt
signifikant besser verstanden und wertgeschätzt, was ihnen auch wichtiger schien. Sie
fühlten sich besser vor Angriffen der Gegenseite geschützt, kamen mehr zu Wort,
konnten ihre Kommunikation mit der Gegenpartei stärker verbessern,
Machtunterschiede zwischen den Parteien besser ausgleichen, fanden eher, dass man
Ihnen etwas zutraut und mehr Rücksichtnahme der Gegenpartei (jeweils signifikant
höherer Mittlerer Rang). Weibliche Parteien wurden im Rahmen der
Mediationsverfahren offenbar besser behandelt. Wegen ihrer größeren Verträglichkeit
waren sie vermutlich umgänglicher und daher angenehmere Gesprächspartner.
Persönlichkeitseigenschaften der Parteien hatten insgesamt moderaten Einfluss auf das
Geschehen in der Mediation („Big Five"; McCrae & Costa, 1999; Gerlitz & Schupp, 2005).
Positiv wirkte sich vor allem die Kultiviertheit auf das Verfahren aus. Kultivierte klärten
Konflikt und Beziehungen besser (Simultane Regression b = 0.33; SE = .15; p = .027) und
steigerten ihre Konfliktfähigkeit langfristig stärker (Pv-Pf
6
; = .423**). Emotional
Irritierbare bemühten sich stärker um eine einvernehmliche Lösung und wünschten sich
mehr Einzelgespräche mit dem Mediator (Pv-Pn; = .384**). Sie erreichten
umfassendere und nachhaltigere Konfliktregelungen (Pv-Pn; = .509*), die sie aber
aufgrund ihrer Unsicherheit weniger würdigen konnten (Pv-Pn; = -.420**).
Unverträgliche Menschen fühlten sich leichter ungerecht behandelt und hatten eine
wesentlich schlechtere Beziehung zum gegnerischen Anwalt (Pv-Pn; = .689*). Sie
erfuhren weniger Ermutigung durch den Mediator (b = 0.32; SE = .13; p = .015; b = 0.50;
5
In den Sozialwissenschaften gilt ein Zusammenhang als signifikant*, wenn die Irrtumswahrscheinlichkeit weniger als 5 % (p < .05),
als hochsignifikant**, wenn diese weniger als 1 % beträgt (p < .01). Die Kennzahl für die Signifikanz ist der p-Wert. Statistische
Werte werden hier nur bei signifikantem* oder hochsignifikantem** Ergebnis und in der Reihenfolge ihrer statistisch en
Bedeutsamkeit genannt (v.a. Simultane Regression (b), Kanonische Korrelation (Rc), Spearman-Rho-Korrelationen (). Auf die
konkreten Werte wird z.T. zugunsten der Lesbarkeit verzichtet (Details s. Kaiser, 2017).
5 Pv = Parteien vor der Mediation, Pn = nach der Mediation, Pf = Parteien Follow-up, Mv = Mediatoren vor der Mediation, Mn =
Mediatoren nach der Mediation, Rv = Rechtsanwälte vor der Mediation, Rn = Rechtsanwälte nach der Mediation, Rf = Rechtsanwält e
Follow-up. Wurden 2 Dateien in Beziehung gesetzt, wurden Dateinamen mit Bindestrich verbunden
5
SE = .17; p = .006; Beta = 0.36), waren aber nachher mit der Klärung der Konflikte und
Beziehungen signifikant zufriedener. Sie hatten offensichtlich mehr Klärungsbedarf und
profitierten aufgrund ihrer stärkeren Konfliktanfälligkeit stärker vom
Mediationsverfahren. Mediatoren und Anwälte sollten zur Vermeidung von
Benachteiligung und eigenem Stress auf den professionellen Umgang mit
unverträglichen Menschen in Aus- und Weiterbildung gezielt vorbereitet werden.
Waren Gewissenhafte eher gründlich und effektiv, waren sie auch einfallsreicher (Pv-Pn;
= .594**), kommunikativer, freundlicher und versöhnlicher (Pv-Pn; = .537**) und
hatten dann auch in der Mediation bessere Chancen. Manche Gewissenhafte konnten
pedantisch auf vorgefassten Ansichten bestehen, die sie selbstgerecht und aggressiv
verteidigten. Je fleissiger sie waren, umso streitlustiger (Pv-Pn; = .839**),
rücksichtsloser und unfreundlicher (Pv-Pn; = .736**), grober und unversöhnlicher
(Pv-Pn; = .622**), gehemmter und schüchterner verhielten sie sich im
Mediationsverfahren (Pv-Pn; = .620**). Gewissenhafte waren eher bereit, ihnen
berechtigt erscheinende Ansprüche als Kläger geltend zu machen.
Kläger waren deutlich gewissenhafter (pingeliger) als Beklagte (mittlerer Rang M =
23.81 vs. 14.36; Mann Whitney Test U = 96.00**). Kläger fühlten sich vor der Mediation
von der Gegenseite deutlich weniger verstanden und wertgeschätzt, was sie dann
offenbar mit der Klage zu erzwingen suchten. Beklagte waren ängstlicher und
unsicherer; sie waren mehr auf die Beziehungsklärung bedacht (M = 6.73 vs. 7.37; F =
4.064) und achteten stärker darauf, dass alle Beteiligten zu Wort kamen, der Mediator
abstinent blieb (Pv; Mann Whitney Test; U = 4880**) und die Vertraulichkeit gewahrt
wurde.
Je besser die Parteien über Mediation informiert waren, umso gerechter fanden sie das
Verfahren (b = 0.64; SE = .13; p = .000), umso stärker wurden alle relevanten Themen
berücksichtigt (b = 0.59; SE = .14; p = .000) und umso besser fühlten sie sich von Seiten
des Mediators verstanden.
War das Wohlbefinden der Parteien vor der Mediation höher, waren sie also gelassener
und ausgeglichener, konnten sie ihre Anliegen leichter in die Mediation einbringen und
waren mit deren Klärung zufriedener.
Günstigen Einfluss auf die Prozessqualitäten hatten weiterhin eine bereits vor der
Mediation bestehende gute Beziehung der Parteien zu Mediator und eigenem Anwalt.
Zwischen den Merkmalen der Parteien und ihrer Verfahrenszufriedenheit (Kanonische
Korrelation 1: Rc = .74; Wilks λ = .20; p = .000) sowie der wahrgenommenen
Verfahrensgerechtigkeit fand sich ein signifikanter Zusammenhang (Kanonische
Korrelation: Rc = .59; Wilks λ = .55; p = .000).
Im Rahmen der Aus- und Weiterbildung sollten Mediatoren und Anwälte stärker in die
Lage versetzt werden, gerade mit schwierigen Klienten verständnisvoll und effektiv
umzugehen, damit diese das Mediationsverfahren aufgrund ihrer Handicaps nicht noch
mehr stören und weitere Nachteile für sie und andere vermieden werden.
Merkmale der Mediatoren und ihr Einfluss auf Prozessqualitäten
Die Mediatoren waren im Durchschnitt 50 Jahre alt. Mit zunehmendem Alter berichteten
sie, bestimmte Themen seien, z.T. gegen ihren Rat, unberücksichtigt geblieben.
Mit zunehmendem Weiterbildungsstand nahm die Supervisionserfahrung zu (Mv-Mn; =
.926*). Offenbar erkannten die Mediatoren dabei immer mehr den Wert von
Supervision. Je mehr Supervisionserfahrung sie hatten, umso mehr Streitigkeiten
erledigten sie in den einzelnen Verfahren (Mv-Mn; = .310**) und umso praktikablere
Regelungen fanden sie (Mv-Mn; .229**).
Zu T1 hatten zwei Drittel der 25 Mediatoren mehr als 60, die Hälfte 110–300, im
Durchschnitt 111 Mediationsverfahren geleitet (siehe Tabelle 2). Die Mediatoren hatten
6
im Durchschnitt 14,2 Jahre als Richter und 3,7 Jahre als Mediatoren gearbeitet. Je länger
sie als Mediatoren tätig waren, umso mehr Mediationsverfahren hatten sie geleitet und
umso mehr Weiterbildung hatten sie absolviert. Mit zunehmender Mediationserfahrung
sahen sie weniger rechtliche Probleme in ihren Fällen und liessen weniger Themen
unberücksichtigt.
MvP
Code
111
1
Alter
2
Geschlecht
4
Berufstätig
als Richter
5
Berufstätig
als Mediator
6
Anzahl
Mediations-
verfahren als
Leitung
7
Anzahl
Weiter-
bildungs-
Stunden in
Mediation
8
Anzahl
Super-
visions-
stunden in
Mediation
9
Stunden
professionelle
Selbsterfahrung
N Gültig
Fehlend
303
303
303
303
303
303
259
256
248
0
0
0
0
0
0
44
47
55
Mittelwert
44,98
1,46
14,15
3,71
111,05
125,36
30,50
1,15
Standfehler
des
Mittelwerts
,444
,029
,518
,127
4,406
4,558
1,822
,603
Median
42,00
1,00
12,00
4,00
100,00
130,00
30,00
,00
Standard-
abweichung
7,724
,499
9,021
2,211
76,695
73,337
29,157
9,501
Varianz
59,659
,249
81,379
4,889
5882,130
5378,348
850,102
90,273
Minimum
34
1
2
0
0
8
0
0
Maximum
58
2
31
17
300
300
130
140
Tabelle 2: Merkmale der Mediatoren zu Beginn der Erhebung (T1; Mv; Kaiser, 2017)
Beziehungen und ihr Einfluss auf Prozessqualitäten
Hatten die Konfliktparteien bereits vor der Mediation eine bessere Beziehung
zueinander, waren sie hernach mit dem Verfahren zufriedener (Kanonische Korrelation:
Rc = .62; Wilks λ = .25; p = .000) und fanden dieses gerechter (Rc = .62; Wilks λ = .25; p =
.000; Rc = .50; Wilks λ = .59; p = .009). War ihre Beziehung zum eigenen Anwalt vor der
Mediation gut, wirkte sich dies aus Sicht der Parteien positiv auf das Verfahren aus.
Hatten die Parteien vor der Mediation eine positive Beziehung zum gegnerischen
Anwalt, verbesserte sich die Chance, alle relevanten Themen anzusprechen.
Konfliktmerkmale und ihr Einfluss auf Prozessqualitäten
Bei den Konfliktmerkmalen spielte die Komplexität des Falles v.a. bei Streitigkeiten um
Kinder, Erbe und Beraterhaftung eine grössere Rolle. In Familienstreitigkeiten fiel die
Neutralität des Mediators signifikant niedriger aus. Weil Familienkonflikte Jeden
betreffen können, fiel ihnen die Abstinenzhaltung bei diesen Themen offenbar schwerer.
Je mehr Konfliktgegenstände in die Mediation eingebracht wurden, umso komplexer
schätzten die Mediatoren den Fall ein.
Je höher die Komplexität der Fälle, umso erheblicher schätzten die Mediatoren vor der
Mediation die rechtlichen Probleme ein (Mv; = .697**), als umso höher stellte sich
hernach die Komplexität heraus (Mv-Mn; = .684**), als umso geringer erwiesen sich
die Beweisschwierigkeiten und die rechtlichen Probleme. Je komplexer der Mediator
den Fall einschätzte, umso schwerer fiel es ihm, authentisch zu bleiben (b = -0.39; SE =
.23; p = .084). Bei komplexeren Fällen waren die Mediatoren offenbar nervöser und
achteten weniger auf die Parteien, was diese bemängelten.
Bei starken Beweisschwierigkeiten fanden die Parteien das Mediationsverfahren
anschliessend signifikant gerechter, wurde die Vertraulichkeit besser gewahrt und
neigte der Mediator eher dazu, zu einer Vereinbarung zu drängen.
7
2.3.2 Zusammenhänge zwischen Strukturqualitäten und
Ergebnisqualitäten/Nachhaltigkeit
Parteienmerkmale und ihr Einfluss auf die Ergebnisqualitäten/Nachhaltigkeit
Frauen waren nach der Mediation und auch ein Jahr später mit der getroffenen
Mediationsvereinbarung signifikant zufriedener. Hier hatte auch das Geschlecht der
Mediatoren Einfluss (siehe Abbildung 3).
Abbildung 3: Zusammenhänge zwischen Strukturqualitäten und nachhaltigen Ergebnisqualitäten (Kaiser, 2017)
Bedeutsamer als das Geschlecht waren für die Ergebnisqualität die
Persönlichkeitseigenschaften der Parteien: Kultivierte Parteien beteiligten sich aktiver
am Verfahren (Pv-Pf; = .423**), konnten Konflikt und Beziehungen signifikant besser
klären (Simultane Regression b = 0.33; SE = .15; p = .027) und vertrauten der
Vertragstreue der Gegenseite stärker; sie fanden den Mediator neutraler. Ihre
Lebensqualität und ihre Konfliktfähigkeit Pv-Pf; = .394*) waren nach einem Jahr
besser.
Je höher die Emotionale Irritierbarkeit (Neurotizismus) der Parteien war, umso
nachhaltigere und umfassendere Lösungen erreichten sie (Pv-Pn; = .509*); sie
bemühten sich offensichtlich stärker um eine einvernehmliche Lösung und waren nach
der Mediation deutlich aufgeregter. Emotional Stabilere fühlten sich nach der Mediation
wohler (Pv-Pn; = .420**), fanden ihre Lebensqualität besser und trauten eher der
Vertragstreue der Gegenpartei.
Je introvertierter die Parteien waren, umso besser verstanden sie nach der Mediation
den Konflikt und sich selbst (Pv-Pn; = .483**).
Je unverträglicher die Parteien waren, umso schlechter war ihre Beziehung zum
gegnerischen Anwalt (Pv-Pn; = .689*), umso zufriedener waren sie hernach mit der
Klärung der Konflikte und der Beziehung und umso weniger hielten sie sich langfristig
an die vereinbarten Regelungen (Pv-Pf; = .422**).
Je gewissenhafter die Parteien waren, umso weniger Kälte und Distanz ging von ihnen
aus (Pv-Pn; = .349**). Ihre "Effektivität und Effizienz" ging einher mit Einfallsreichtum
(Pv-Pn; = .594**), Versöhnlichkeit (Pv-Pn; = .537**), Rücksicht und Freundlichkeit
(Pv-Pn; = .515**). Manche gewissenhaften Parteien zeichneten sich jedoch auch durch
Pedanterie aus: Ihr "Fleiß" ging einher mit grösserer Streitlust (Pv-Pn; = .839**),
Rücksichtslosigkeit und Unfreundlichkeit (Pv-Pn; = .736**) sowie Grobheit (Pv-Pn; =
.718**).
8
Wohlbefinden und Lebensqualität der Konfliktparteien vor der Mediation sagten in
signifikanter Weise höhere Lebensqualität (Pv-Pn; = .660**) und Zufriedenheit mit der
Mediationsvereinbarung vorher.
Je besser die Parteien über Mediation informiert waren und je besser sie sich vor der
Mediation fühlten, umso gerechter fanden sie das Ergebnis (b = 0.64; SE = .13; p = .000)
und umso zufriedener waren sie mit der Mediationsvereinbarung. Je informierter die
Parteien waren, umso eher wurden alle relevanten Themen berücksichtigt (b = 0.59; SE
= .14; p = .000), umso besser fühlten sie sich vom Mediator verstanden, umso besser
wurden Konflikte und Beziehungen geklärt.
Insgesamt erwies sich der Zusammenhang zwischen den Merkmalen der
Konfliktparteien und der Ergebnisqualität der Mediation (Kanonische Korrelation: Rc =
.63; Wilks λ = .55; p = .000) sowie der Mediationszufriedenheit nach einem Jahr als
bedeutsam (Rc = .42; Wilks λ = .79; p = .046).
Mediatorenmerkmale und ihr Einfluss auf die Ergebnisqualitäten/Nachhaltigkeit
Weibliche Mediatoren erzielten signifikant praktikablere Regelungen (Mann Whitney
Test U = 5082.00; mittlerer Rang = 125.12 vs. 102.08), mit denen die Parteien
zufriedener waren (nach einem Jahr U = 212,00*mittlerer Rang 33.20 vs. 21.28;
Simultane Regression b = -2.98; SE = 1.23; p = .015).
Je mehr Supervisionserfahrung die Mediatoren hatten, umso mehr Streitigkeiten
erledigten sie in den einzelnen Verfahren (Mv-Mn; = .310**), umso praktikablere
Regelungen fanden sie (Mv-Mn; .229**).
Je weniger richterliche Berufserfahrung die Mediatoren hatten, umso praktikablere
Lösungen erzielten sie (Mv-Mn = .251**). Langjährig erfahrene Richter neigten in der
Mediation offenbar stärker zu wertenden Stellungnahmen, was auf Kosten von
Neutralität und Abstinenz sowie der Nachhaltigkeit der Vereinbarungen ging. Die
Befunde sprechen eher gegen einen „evaluativen“ Mediationsstil (s. Riskin, 1996;
Brown, 2002; Riskin & Welsh, 2008; Gabler, 2016).
Insgesamt ergab sich zwischen Mediatorenmerkmalen und Ergebnisqualität ein hoch
signifikanter Zusammenhang (Rc = .70; Wilks λ = .25; p = .008).
Beziehungen und ihr Einfluss auf die Ergebnisqualitäten/Nachhaltigkeit
Je besser die Beziehung zur Gegenseite war und je mehr die Parteien an deren
Vertragstreue glaubten, umso besser fanden sie die Ergebnisqualität der Mediation (Rc
= .50; Wilks λ = .59; p = .009). Je besser die Beziehungen der Parteien waren, umso
zufriedener waren sie nach einem Jahr mit dem Mediationsergebnis (Rc = .44; Wilks λ =
.68; p = .001; Kanonische Korrelation 2: Rc = .40; Wilks λ = .84; p = .012). Je mehr die
Konfliktparteien während des Verfahrens von ihren Positionen abrückten, desto
schlechter war hernach die Beziehung zu ihrem Anwalt. Sie fühlten sich dann in einer
schwächeren Position, was sie ihrem Anwalt übelnahmen (b = 0.22; SE = .12; p = .063
[OD: b = 0.46; SE = .23; p = .050; Beta = 0.39]).
Je besser die Beziehung zum Mediator, umso zufriedener waren die Parteien mit der
Vereinbarung (Simultane Regression b = 0.31; SE = .13; p = .014; b = 0.31 [OD: SE = .19;
p = .111; Beta = 0.25]), umso gerechter fanden sie nach einem Jahr das Ergebnis (b = -
0.31; SE = .13; p = .016 [OD: b = -0.49; SE = .33; p = .170; Beta = -0.44]).
Zusammenhänge zwischen Konfliktmerkmalen und
Ergebnisqualitäten/Nachhaltigkeit
Konfliktgegenstände wie Umgang mit Kindern, eheliches Vermögen, Erbangelegenheiten,
Beraterhaftung, Bau- und Architektenverträge und Gesellschaftsrecht verursachten
signifikant mehr rechtliche Probleme. Je mehr Konfliktgegenstände in die
Mediationsverhandlung eingebracht wurden, umso komplexer schätzten die Mediatoren
9
den Fall ein (Mv; .358**). Je komplexer ein Fall war, umso höher war der Zeitaufwand
für den Mediator (Mn; = .410**). Je geringer die Beweisschwierigkeiten vor der
Mediation waren, umso gerechter fanden die Parteien nach einem Jahr das
Mediationsergebnis.
Je grösser aus Sicht der Mediatoren die rechtlichen Probleme vor der Mediation waren,
als umso grösser erwiesen sich die Komplexität und die Beweisschwierigkeiten des
Falles.
Erwiesen sich die rechtlichen Probleme im Laufe der Mediation als grösser, hielten die
Parteien die erzielte Vereinbarung für weniger gerecht (Simultane Regression b = -0.52;
SE = .31; p = .097). Rechtliche Probleme waren für Laien wohl schwerer
nachzuvollziehen.
Zwischen den Konfliktmerkmalen und der Ergebnisqualität der Mediation bestand
insgesamt ein signifikanter Zusammenhang (Kanonische Korrelation: Rc = .52; Wilks λ =
.55; p = .042).
2.3.3 Zusammenhänge zwischen Prozessmerkmalen und
Ergebnisqualitäten/Nachhaltigkeit
Die Ergebnisqualität der Mediation wurde v.a. durch Prozessqualitäten: wie die Qualität
von Kommunikation und Beziehung, Verständnis und Wertschätzung, sowie
ausreichende Klärung der Probleme beeinflusst (siehe Abbildung 4).
Abbildung 4: Hypothesen zu Zusammenhängen zwischen Prozessqualitäten und
Ergebnisqualitäten/Nachhaltigkeit (Kaiser, 2017)
Kommunikation und Beziehung
Wenn alle Beteiligten zu Wort kamen, war die Wahrung der Vertraulichkeit durch die
Beteiligten eher gewährleistet, konnte der Mediator eher beiden Parteien gerecht
werden, fühlten sich Parteien stärker wertgeschätzt und bei einer einvernehmlichen
Regelung ermutigt und unterstützt, in ihrem Beitrag eher gewürdigt, vom Mediator
verstanden und geschützt. Zudem hielten sie den Mediator für neutraler und wurden
ihnen die unterschiedlichen Sichtweisen, Ziele und Anliegen klarer.
Je mehr Gestaltungsspielraum die Parteien hatten, umso gerechter fanden sie Verfahren
und Ergebnis der Mediation, umso nachhaltiger und umfassender fanden sie nach einem
Jahr die Lösung, umso mehr konnten sie durch die Mediation Stress vermeiden.
10
Je besser der Schutz vor Angriffen der Gegenseite funktionierte, desto besser haben die
Parteien ein Jahr später ihre Ziele und Anliegen umgesetzt (Pf; = .551**), umso besser
fühlten sie sich mit ihrem Beitrag gewürdigt (Pf; = .530**) und umso klarer wurden die
Problemhintergründe.
Die Parteien konnten ihre Beziehungen leichter klären, wenn sie auch die
unterschiedlichen Sichtweisen (Pn; = .668**) sowie die Hintergründe der Probleme
klärten (Pn; = .646**) und sie sich von der Gegenseite verstanden fühlten (Pn; =
.628**), wenn die Ziele und Anliegen der Beteiligten sowie die Problemhintergründe
geklärt wurden, sie sich vor Angriffen geschützt und bei der Regelung der Konflikte
unterstützt fühlten. Die Beziehungsklärung fiel den Parteien leichter, wenn man ihnen
etwas zutraute, der Mediator beiden Seiten gerecht wurde, sie zu einer
einvernehmlichen Lösung ermutigte, sie verstand und alle Beteiligten zu Wort kamen.
Die Parteien konnten ihre Beziehung umso mehr verbessern, je besser (Pn; .820**)
und klarer sie kommunizierten (Pf; = .786**), sie sich verstanden fühlten und
Beziehung und Hintergründe, Bewertung und funktionale Bedeutungen der Probleme
klärten. Förderlich hierfür war, wenn sie sich gewürdigt (Pf; = .629**) und den
Mediator unterstützend, neutral und abstinent fanden.
Zwischen der Qualität der Beziehungen während des Verfahrens und der nachhaltigen
Ergebnisqualität und Wirkung der Mediation zeigte sich ein enger Zusammenhang
(Kanonische Korrelation: Rc = .71; Wilks λ = .38; p = .000).
Nach einem Jahr war die Beziehung zwischen den Parteien umso klarer, je besser sich
die Kommunikation zwischen ihnen entwickelt hat (Pf; = .761**), sie sich in ihrem
Beitrag zur Problemlösung gewürdigt fanden (Pf; = .629**), je klarer die
unterschiedlichen Sichtweisen wurden (Pf; = .612**) und je besser sie sich verstanden
und bei einer einvernehmlichen Regelung unterstützt fühlten.
Je besser die Beziehung zum Mediator war, umso eher kam in kürzere Zeit (Pn; =
.760**) eine Vereinbarung zustande (b = 0.81; SE = .33; p = .022).
Verständnis und Wertschätzung
Die Parteien fühlten sich von der Gegenseite langfristig besser verstanden, je klarer die
Sichtweisen der einzelnen Aspekte (Pf; = .716**) und Ziele und Anliegen wurden (Pf;
= .663**), wenn sie besser kommunizierten (Pf; = .633**) und bei einer
einvernehmlichen Regelung unterstützt wurden (Pf; = .601**). Je besser die Parteien
miteinander kommunizierten, umso klarer war nach einem Jahr ihre Beziehung (Pf; =
.761**), umso mehr fühlten sie sich von der Gegenseite verstanden (Pn; = .751**) und
umso klarer wurden die Sichtweisen (Pf; = .612**) und Problemhintergründe (Pf;
.595**), umso zufriedener waren sie mit der Vereinbarung, die sie umso gerechter
fanden.
Je mehr Verständnis die Gegenseite zeigte, umso leichter liessen sich Ziele und Anliegen
klären, umso mehr fühlten sich die Parteien gewürdigt, umso leichter konnten sie ihre
Beziehungen klären (Pf; = .663**) und verbessern (Pf; = .628**), umso sicherer
fühlten sie sich vor Angriffen, umso zufriedener waren sie langfristig mit der
Mediationsvereinbarung (Pf; = .508**; Simultane Regression b = 0.36; SE = .09; p =
.000 [OD: b = 0.44; SE = .09; p = .000; Beta = 0.09]) und umso gerechter fanden sie diese
(b = 0.34; SE = .09; p = .000 [OD: b = 0.36; SE = .09; p = .000; Beta = 0.43]), umso
ermutigender fanden sie die Mediation, umso besser wurden langfristig Vertraulichkeit
und Vereinbarungen eingehalten.
Die Beteiligten waren ehrlicher und aufrichtiger, wenn sie im Rahmen des Verfahrens
mehr Gestaltungsspielraum hatten (Pn; = .540**) und das Verfahren gerecht fanden
(Pn; = .539**). Waren die Beteiligten ehrlicher und aufrichtiger, erreichten sie eher
11
ihre Ziele (Pn; = .517 **) und gerechtere Ergebnisse, konnten sie die Konfliktursachen
besser beseitigen und hatten weniger Stress.
Je mehr Verständnis die Parteien vom Mediator erfuhren, umso mehr fanden sie sich
wertgeschätzt (Pn; = .717**) und bei der Regelung der Probleme unterstützt (Pn; =
.613**), umso neutraler sahen sie den Mediator, umso eher wurde die Vertraulichkeit
gewahrt, fühlten sie sich auch von der Gegenseite besser verstanden, umso klarer
wurden Stellenwert und Auswirkungen einzelner Aspekte und ihre Beziehungen und
umso kompromissbereiter waren sie (Simultane Regression b = 0.57; SE = .33; p = .089).
Die Parteien fühlten sich vom Mediator eher verstanden, wenn er beiden Parteien
gerecht wurde (Pn; = .563**) und sie die unterschiedlichen Sichtweisen klären
konnten.
Die Parteien fühlten sich vom Mediator umso mehr wertgeschätzt, je mehr Verständnis
er ihnen entgegenbrachte (Pn; = .717**), sich neutral verhielt (Pn; = .696**), sie zu
einer einvernehmlichen Lösung ermutigte (Pn; = .647**), je mehr er beiden Parteien
gerecht wurde, sie vor Angriffen schützte, abstinent blieb sowie Ziele und Anliegen der
Beteiligten erhellt wurden.
Insgesamt korrelierten Verständnis und Wertschätzung in der Mediation signifikant mit
der Ergebnisqualität (Kanonische Korrelation: Rc = .78; Wilks λ = .51; p = .000) sowie
mit der Nachhaltigkeit der Mediation.
Verhandlungsführung
Je kompromissbereiter die Parteien waren, umso vertrauten sie nach der Mediation der
Vertragstreue der Gegenseite, umso vertragstreuer waren sie nach einem Jahr, umso
mehr Kosten, umso mehr Zeit und Stress ersparten sie sich langfristig, umso besser
schätzten sie nach einem Jahr ihr Wohlbefinden und ihre Konfliktfähigkeit ein.
Die Durchsetzung eigener Ziele scheint wichtigstes Kriterium für Gerechtigkeit zu sein
(Pn; = .702**).
Das Mediationsergebnis wurde von den Parteien für gerecht gehalten, wenn sie
nachhaltige und umfassende Lösungen erzielen konnten (Pn; .622**) und grösseren
Gestaltungsspielraum hatten (Pn; = .515**), mehr Kosten sparten (Pn; = .503**) und
die Beteiligten ehrlicher und aufrichtiger waren (Pn; = .488**). Nach einem Jahr
fanden die Parteien das Ergebnis der Mediation gerechter, wenn sie ihre Ziele erreichen
konnten (Pf; = .729**), je aufrichtiger und ehrlicher die Beteiligten (Pf; .665**), je
umfassender und nachhaltiger die erreichte Lösung waren (Pf; .531**), je mehr
Gestaltungsspielraum sie hatten (Pf; = .515**) und je mehr Stress sie vermeiden
konnten (Pf = .496**). Je gerechter die Parteien das Ergebnis der Mediation
einschätzten, umso zufriedener waren sie nach einem Jahr mit der
Mediationsvereinbarung (Pf; .571**), umso ermutigender fanden sie die Mediation
auch weiterhin (Pf; .506**). Auf die Dauer spielte die Befriedigung des Bedürfnisses
nach Sicherheit und Kontrolle für das Gerechtigkeitsempfinden eine große Rolle.
Verhielt sich der Mediator neutral und wurde beiden Seiten gerecht, fühlten sich die
Parteien bei der Regelung der Konflikte besser unterstützt (Pn; = .761**) und stärker
zu einer einvernehmlichen Lösung ermutigt (Pn; = .669**), wurden Ziele und Anliegen
klarer (Pn; = .614**) und die Vertraulichkeit durch die Beteiligten eher gewahrt (Pn;
= .608**), ihre Sicht der Konflikte besser geklärt (Pn; = . 579**), fühlten sie sich
geschützter (Pn; = .563**), wurden Stellenwert und Auswirkungen einzelner Aspekte
(Pn; = .529**) sowie Beziehungen (Pn; = .487**) und Kommunikation der Parteien
klarer (Pn; = .485 **) und besser (Pn; = .454**). Neutralität und Allparteilichkeit
erwiesen sich als wichtige Wirkfaktoren.
12
Blieb der Mediator abstinent und beurteilte den Streitstoff nicht rechtlich, kamen die
Beteiligten eher zu Wort (Pn = .503**), wahrten eher die Vertraulichkeit, erfuhren
mehr Zutrauen und konnte er leichter beiden Seiten gerecht werden.
Die Parteien fühlten sich bei der Regelung der Konflikte besser unterstützt, wenn der
Mediator beiden Parteien gerecht wurde (Pn; .761**) und sie ermutigte (Pn;
.675**), sie sich verstanden (Pn; .653**) und wertgeschätzt fühlten (Pn; .647**),
Ziele und Anliegen der Beteiligten klarer (Pn; .651**) und ihr Beitrag zur
Problemlösung gewürdigt wurden (Pn; .630**), sie klären konnten, wie sie den
Konflikt wahrnehmen (Pn; .625**), der Mediator sie wertschätzte (Pn; .613**),
die Vertraulichkeit gewahrt wurde (Pn; .605**), Stellenwert und Auswirkungen
einzelner Aspekte für die Beteiligten klarer wurden (Pn; .579**), alle Beteiligten zu
Wort kamen (Pn; .568**), sie vor Angriffen geschützt wurden (Pn; .550**), ihre
Kommunikation verbessern konnten (Pn; .519**), der Mediator neutral blieb (Pn;
.519**) und sie ihre Beziehung klären (Pn; .516**) und verbessern konnten.
Problemklärung
Problemklärung förderte die Ergebnisqualität (Rc = .62; Wilks λ = .62; p = .000) und -
zufriedenheit sowie die Nachhaltigkeit der Mediation in signifikanter Weise (Rc = .42;
Wilks λ = .83; p = .048). Wenn Beziehungs- und Konfliktklärung gelangen, waren die
Konfliktparteien signifikant zufriedener mit der Vereinbarung (Simultane Regression b
= 0.71; SE = .10; p = .000) und fanden diese gerechter (b = 0.63; SE = .10; p = .000).
Die Parteien konnten ihre Ziele langfristig umso besser durchsetzen, je ehrlicher und
aufrichtiger die Beteiligten waren (Pf; = .662**), wenn alle wesentlichen Themen in
der Mediation berücksichtigt waren (Pf; = .558**) und je besser die Konfliktursachen
beseitigt wurden. Je mehr die Parteien ihre Ziele durchsetzten, desto gerechter fanden
sie das Ergebnis (Pf; = .729**) und das Verfahren (Pn; = .565**), umso zufriedener
waren sie langfristig mit der Mediation (Pf; = .591**), umso umfassender und
nachhaltiger fanden sie die getroffenen Regelungen (Pn; = .577**), umso grösser
fanden sie Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit der Beteiligten, umso ermutigter waren sie
nach einem Jahr.
Insgesamt korrelierte die Qualität der Verhandlungsführung signifikant mit der
Ergebnisqualität (Rc = .77; Wilks λ = .28; p = .000) sowie der Nachhaltigkeit. Je
erfolgreicher die Mediatoren das Verfahren einschätzten, desto gerechter fanden die
Parteien das Ergebnis (Simultane Regression b = 0.48; SE = .28; p = .087) und umso
sicherer waren sie sich der Vertragstreue der Gegenseite (b = 0.81; SE = .33; p = .022).
Wurden Ziele und Anliegen der Beteiligten geklärt, wurden die Problemhintergründe
langfristig klarer (Pf; = .618**), waren die Parteien mit der Mediationsvereinbarung
zufriedener (Pf; = .549**), besserte sich ihre Beziehung (Pf; = .520**), wahrten sie
langfristig eher die Vertraulichkeit (Pn-Pf; = .539**), fühlten sich wohler (Pf; = .390**)
und vertrauten der Vertragstreue der Gegenseite (Pf; = .381**). Nach einem Jahr waren
Ziele und Anliegen der Beteiligten klarer, wenn geklärt war, wie die Beteiligten die
einzelnen Aspekte der Konflikte wahrnehmen (Pf; = .837**), wenn sie bei einer
einvernehmlichen Regelung unterstützt wurden Pf; = .678**), die Gegenseite
Verständnis zeigte (Pf; = .663**), der Beitrag der Parteien zur Problemlösung
gewürdigt wurde (Pf; = .634**), wenn sie ihre Beziehung klärten (Pf; = .612**), die
Parteien besser kommunizierten (Pf; = .556**), man ihnen etwas zutraute (Pf; =
.555**), alle wesentlichen Themen berücksichtigt werden konnten (Pf; = .552**), sich
die Parteien vor Angriffen geschützt fühlten (Pf; = .551**) und Vertraulichkeit
gewährleistet war (Pf; = .521**).
13
Wurden Stellenwert und Auswirkungen einzelner Aspekte für die Beteiligten geklärt,
wurde klarer, wie diese den Konflikt wahrnahmen (Pn; .801**). Ebenso verbesserte
sich dann die Kommunikation der Parteien, (Pn; .647**), wurden die Beziehungen
zwischen den Parteien klarer (Pn; .633**), fühlten sich die Parteien besser
verstanden (Pn; .603**) und vor Angriffen geschützt (Pn; .594**), wurden die
Hintergründe der Probleme deutlicher (Pn; = .585**) und die Parteien fühlten sich bei
der Konfliktregelung besser unterstützt (Pn; .579**).
Die Hintergründe der Probleme liessen sich leichter klären, wenn die Parteien sich von
der Gegenseite verstanden fühlten (Pn; = .674**), wenn sie ihre Beziehung klären (Pn;
= .646**) und verbessern konnten (Pn; = .620**), ihr Beitrag gewürdigt (Pn; =
.600**) und Stellenwert und Auswirkungen einzelner Aspekte erhellt (Pn; = .585**),
die unterschiedlichen Sichtweisen (Pn; = .560**) sowie die Ziele und Anliegen geklärt
wurden (Pn; = .524**), man den Parteien etwas zutraute (Pn; = .515**) und sie sich
vom Mediator verstanden fühlten (Pn; = .513**). Die Problemhintergründe wurden
langfristig klarer, wenn die Sichtweisen der Beteiligten (Pf; .649**) sowie Ziele und
Anliegen geklärt waren (Pf; .618**), die Gegenseite mehr Verständnis zeigte (Pf;
.612**), die Kommunikation besser war (Pf; .595**), der Beitrag der Parteien
gewürdigt wurde (Pf; .510**) und ihr Schutz vor Angriffen gewährleistet war (Pf;
.503**).
2.4 Zusammenhänge zwischen Ergebnisqualitäten und Nachhaltigkeit
Merkmale der Ergebnisse
Mit einer Vereinbarung wurden nach Angaben der Parteien 91 %der Verfahren beendet.
92.1 % der Verfahren wurden den Mediatoren zufolge (Mn) in einer Sitzung
abgeschlossen. 12 % der Verfahren dauerten nur 1 Stunde, 30.7 % 2 Stunden und 27 %
3 Stunden. Lediglich 11.6 % benötigten 4 und 5.2 % 5 Stunden.
Die Mediationsergebnisse waren umso nachhaltiger und umfassender, je gerechter die
Parteien die Vereinbarung fanden (Pn-Pf .643**), je mehr sie ihre Ziele durchsetzten
(Pf; .609**), die Problemursachen beseitigt wurden (Pf; .562**) und je mehr
Gestaltungsspielraum sie hatten. Je nachhaltiger und umfassender die Konfliktregelung
ausfiel, umso gerechter fanden die Parteien das Ergebnis, desto weniger Stress und
Kosten hatten sie, umso ermutigter waren sie nach einem Jahr.
14
Abbildung 5: Zusammenhänge zwischen Ergebnisqualitäten und Nachhaltigkeit (Kaiser,
2017)
Je zufriedener die Parteien nach einem Jahr mit dem Mediationsergebnis waren, umso
ermutigender fanden sie dies (Pf; = .616 **) und umso wohler fühlten sie sich (Pf; =
.480**).
Die Parteien fühlten sich nach einem Jahr wohler, wenn die Mediation von einer Frau
durchgeführt worden war, je günstiger ihre Personmerkmale und ihr Systemkontext
waren, je kürzer der Konflikt gedauert hatte und je kompromissbereiter sie waren.
Die ausgehandelten Regelungen waren umso nachhaltiger und umfassender, je gerechter
die Parteien das Mediationsergebnis fanden (Pn; .662*), je mehr sie ihre Ziele
durchgesetzt hatten (Pf; .609**), je besser die Problemursachen beseitigt wurden
(Pf; = .562**) und je gerechter das Verfahren war (Pn; .559**). Je nachhaltiger und
umfassender die Konfliktregelung war, umso gerechter fanden die Parteien später das
Mediationsergebnis (Pf; .643**), umso weniger Stress hatten sie (; Pf; .603**).
Je mehr es gelang, die Konfliktursache zu beseitigen, umso nachhaltiger und umfassender
beurteilten die Parteien nach einem Jahr die erreichte Lösung (Pf; .562**), umso
geringer war nach einem Jahr ihr Stress (Pf; = .545**), umso gerechter fanden sie nach
einem Jahr das Ergebnis der Mediation (Pf; .481**).
Je stärker die Parteien ihre Ziele durchgesetzt hatten, umso gerechter fanden sie
langfristig das Ergebnis, umso zufriedener waren sie nach einem Jahr mit der
Mediationsvereinbarung (Pf; = .591**) und umso ermutigender fanden sie die
Mediation.
Je praktikabler die Vereinbarung ausfiel, umso besser hielt sich die Gegenseite daran
(Simultane Regression b = 1.13; SE = .55; p = .047) und umso besser war nach einem
Jahr die Beziehung zum gegnerischen Rechtsanwalt. Praktikable Regelungen hatten
bessere Aussicht, auch eingehalten zu werden. Die Praktikabilität der Vereinbarung war
ein wichtiges Kriterium für deren Qualität und zugleich Indikator für die Gründlichkeit
der Verhandlungen. Eine solche ernsthafte Auseinandersetzung mit der Gegenseite
wirkte sich offenbar auch beziehungsförderlich aus.
Aspekte der Nachhaltigkeit
Die Kommunikation war nach einem Jahr umso besser, je mehr sich die Parteien
verstanden fühlten (Pf; = .633**), je klarer die Sichtweisen zu einzelnen Aspekten
15
waren (Pf; = .612**), je positiver ihr Beitrag g gewürdigt wurde (Pf; = .599**), je
klarer ihnen die Hintergründe der Probleme (Pf; = .595**) und Ziele und Anliegen aller
Beteiligten waren (Pf; = .556**). Je besser die Parteien kommunizierten, umso besser
(Pf; .819**) und geklärter waren ihre Beziehungen nach einem Jahr (Pf; .761**).
Je klarer die Beziehungen nach der Mediation waren, umso mehr verbesserten sich diese
langfristig (Pf; = .786**), umso mehr fühlten sich die Parteien mit ihrem Beitrag zur
gewürdigt (Pf; = .629**), umso deutlicher wurden die Hintergründe der Probleme (Pf;
= .577**). Nach einem Jahr war die Beziehung zwischen den Parteien umso klarer, je
besser sich die Kommunikation zwischen ihnen entwickelt hat (Pf; = .761**), je klarer
war, wie die Beteiligten die einzelnen Aspekte der Konflikte wahrnehmen (Pf; =
.612**), je besser sie sich von der Gegenseite verstanden fühlten (Pf; = .608**).
Die Parteien fühlten sich von der Gegenseite langfristig besser verstanden, wenn, die
Sichtweisen der einzelnen Aspekte (Pf; = .716**) und der Ziele und Anliegen klarer (Pf;
= .663**) und die Kommunikation besser waren (Pf; = .633**) und sie bei einer
einvernehmlichen Regelung unterstützt wurden (Pf; = .601**).
Durch die Mediation sparten die Parteien, Anwälte und Mediatoren Zeit, was v.a. von den
Fall und Personmerkmalen sowie verschiedenen Prozessqualitäten abhing.
Je mehr Zeit die Parteien ein Jahr nach der Mediation gespart haben, umso weniger
Stress (Pf; = .716**) und Kosten hatten sie (Pf; = .608**), umso gerechter fanden sie
das Ergebnis (Pf; = .497**) und umso ermutigender die Mediation (Pf; = .499**). Die
Parteien konnten langfristig umso mehr Kosten sparen, je nachhaltiger und
umfassender die erzielten Lösungen waren und je besser sie ihre Ziele durchsetzen
konnten.
Die Parteien fanden die Mediation nach einem Jahr umso ermutigender, je zufriedener
sie mit der Vereinbarung waren (Pn-Pf; .630**; Pf; .616**), je besser sie sich
fühlten (Pf; .552**) und ihre Lebensqualität war (Pn-Pf; .535**), je weniger
Stress sie hatten (Pf; .523**) und je gerechter sie das Ergebnis fanden (Pf;
.506**).
Vertrauen in die Vertragstreue der Gegenpartei sagte signifikant den Erfolg des
Verfahrens voraus (b = 0.81; SE = .33; p = .022). Je stärker die Parteien nach der
Mediation von der Vertragstreue der Gegenseite überzeugt waren, umso ermutigender
fanden sie die Mediation (Pn; .572**), umso zufriedener waren sie mit dem Ergebnis
(Pn; .499) und ihrer Lebensqualität (Pn; .443**). Mediation war im Wesentlichen
Vertrauensarbeit.
3 Diskussion
Die Befunde bestätigten unsere Hypothesen und decken sich weitgehend mit denen
anderer Untersuchungen zu den einzelnen Fragen (siehe 1).
Die Ergebnisse sind nur begrenzt zu verallgemeinern, weil unsere
Untersuchungsgruppen mit ihren Konflikten und Systemkontexten nicht repräsentativ
für alle Medianden, Anwälte und Mediatoren sein können. Zu berücksichtigen ist auch,
dass der Konflikt bei gerichtlicher Mediation bereits gerichtsanhängig sein muss, daher
einen höheren Eskalationsgrad aufweist und juristisch aufbereitet wurde. Hinzu kommt,
dass gerichtliche Mediationen von spezialisierten Richtermediatoren/Güterichtern mit
meist grosser Mediationserfahrung durchgeführt wurden. Der Indikationsbereich für
gerichtliche Mediation ist daher wesentlich enger formuliert (Gabler, 2017; Kaiser,
2017). Die von uns untersuchten psychosozialen Aspekte und Mechanismen dürften in
der außergerichtlichen Mediation bei weniger eskalierten Konflikten von ähnlicher oder
sogar noch grösserer Bedeutung sein. Möglicherweise sind hier die Erfolgsbedingungen
noch besser, da die Einigungsbereitschaft der noch nicht bei Gericht gelandeten Parteien
16
und die psychosozialen Beratungskompetenzen von als Mediatoren tätigen Psychologen
und Sozialarbeitern professionsbedingt vielleicht höher sind. Fraglich ist allerdings, ob
aussergerichtliche Mediatoren ähnlich hohe Autorität geniessen und vergleichbare
Fallzahlen und Mediationserfahrung erreichen, was sich als erfolgsrelevant
herausgestellt hat.
Aus unseren Befunden, die in dieselbe Richtung weisen wie die der Mediations-,
Therapie- und Beratungsforschung, lassen sich eine Reihe von Schlussfolgerungen für
Praxis und Weiterbildung ziehen (vgl. Kaiser, 2017):
1. Präventiv wären zur Optimierung von Strukturqualitäten Achtsamkeit,
Dialogkultur und Konfliktfähigkeit in den unterschiedlichen
Bevölkerungsgruppen im Rahmen von Bildungsmassnahmen zu verbessern. Hier
wären vor allem Einrichtungen des Bildungswesens gefragt, aber auch daran zu
denken, ob sich nicht auch Gerichte als „Zentren für dialogische Konfliktkultur“
diesem Anliegen noch stärker widmen könnten.
Im Rahmen der Aus- und Weiterbildung von Mediatoren sollte noch mehr Wert
auf Training, Selbsterfahrung und Supervision gelegt und Mediatoren auch
berufsbegleitend Supervision angeboten werden.
2. Zur Optimierung der Prozessqualitäten sollten zu Beginn die relevanten
Merkmale der beteiligten Personen und Systeme sowie ihre Systemkontexte,
Beziehungen und Konflikte systematisch geklärt werden. Im Rahmen des
Verfahrens wäre besonders zu achten auf verständnisvolle Kommunikation und
gegenseitige nicht an Bedingungen geknüpfte Wertschätzung aller
Verfahrensbeteiligten, umfassende Klärung aller mit den Konflikten
zusammenhängenden Fragen sowie Neutralität/Allparteilichkeit und Abstinenz
des Mediators.
3. Zur Optimierung von Ergebnisqualität und Nachhaltigkeit sollten Vereinbarungen
genügend operationalisiert und die Schritte sowie die Qualitätskriterien der
Umsetzung konkret festgehalten werden. Zur Förderung und Sicherung der
Vertragstreue wäre an ein System zur Qualitätssicherung und in schwierigeren
Fällen eine Art „Bewährungshilfe“ zur längerfristigen Unterstützung der Parteien
bei der Umsetzung der vereinbarten Regelungen zu denken. Gegebenenfalls
könnten Mediatoren den Parteien Bildungsangebote zur Verbesserung ihrer
Dialog- und Konfliktfähigkeit vermitteln.
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