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Mitbetroffen von Aphasie: Die subjektiv empfundene Lebensqualität der Angehörigen von Menschen mit Aphasie

Authors:

Abstract

Als Systemerkrankung beeinflusst die neurologische Sprachstörung Aphasie nicht nur die Betroffenen sondern in vergleichbarem Maße auch die Angehörigen. Es zeigt sich, dass die Lebensqualität der Angehörigen beeinträchtigt ist. Ziel der qualitativen Studie ist es, die subjektive Perspektive der Angehörigen auf die eigene Situation näher zu betrachten.
1Hochschule Fresenius Idstein, FB Gesundheit & Soziales
2Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, Medizinische Fakultät, RWTH Aachen University
3Katholische Hochschule Mainz, FB Gesundheit & Pflege
4Institut für Neurowissenschaften und Medizin (INM-1), Forschungszentrum Jülich
THEORETISCHER HINTERGRUND
Projekt shalk gefördert vom
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF);
FKZ 03FH007SA5 (KH Mainz) und FKZ 03FH007SB5 (HS Fresenius)
Mitbetroffen von Aphasie:
DIE SUBJEKTIV EMPFUNDENE LEBENSQUALITÄT DER
ANGEHÖRIGEN VON MENSCHEN MIT APHASIE
Sabrina Kempf1,2, Claudia Bieber3, Sabine Corsten3, Matthias Lutz-Kopp3, Stefan Heim2,4, Norina Lauer1
METHODE
ERGEBNISSE
Als Systemerkrankung beeinflusst die neurologische Sprachstörung
Aphasie nicht nur die Betroffenen sondern in vergleichbarem Maße auch
die Angehörigen. Es zeigt sich, dass die Lebensqualität der Angehörigen
beeinträchtigt ist (Cruice et al. 2010; Howe et al. 2012).
Das multidimensionale Konstrukt Lebensqualität enthält als wesentliche
Kernelemente persönliches Wohlergehen, Unabhängigkeit und soziale
Partizipation (Schalock et al. 2008). Hinzu kommen externe Faktoren wie
Beruf und Beschäftigung (Radoschewski 2000). Übergeordnet wird die
Lebensqualität als die individuelle Wahrnehmung der eigenen
Lebenssituation beschrieben (WHOQOL Group 1993).
Ziel der qualitativen Studie ist es, die subjektive Perspektive der
Angehörigen auf die eigene Situation näher zu betrachten.
Kontakt:
Sabrina Kempf (M.Sc.)
sabrina.kempf@hs-fresenius.de
Literatur:
Cruice, M., Worrall, L., Hickson, L. (2010). Healthrelated quality of life in people with aphasia: implications for fluency disorders quality of life research. Journal of Fluency Disorders 35 (3), 173-189
Howe, T., Davidson, B., Worrall, L., Hersh, D., Ferguson, A., & Gilbert, J. (2012). ‘You needed to rehab ... families as well’: family members’ own goals for aphasia rehabilitation. International Journal of
Language and Communication Disorders, 47(5), 511521
Kuckartz, U (2016). Qualitative Inhaltsanalyse. Weinheim: Beltz Juventa
Pullwitt, E. & Winnecken, A. (2012). Aphasie wenn Sprache zerbricht: Die Betroffenheit der Mitbetroffenen. Idstein: Schulz-Kirchner
Radoschewski, M. (2000). Gesundheitsbezogene Lebensqualität Konzepte und Maße. Bundesgesundheitsblatt, 43,165-189
Schalock, RL., Bonham, GS. & Verdugo, MA. (2008). The conzeptualization and measurement of quality of life: Implications for prgram planning and evaluation in the field of intellectual disabilities. Evaluation
and Program Planning 31, 181-190
WHOQOL Group (1993). Study protocol for the World Health Organization project to develop a Quality of Life assessment instrument (WHOQOL). Quality of Life Research, 2 (2), 153-195
8 Angehörige von Menschen mit Aphasie
Demografische
Daten:
2 männlich, 6 weiblich
40 bis 80 Jahre
Belastung durch Aphasie
des/ der
PartnerIn „ein wenig“ –
„ziemlich“
Aphasie
des/ der PartnerIn:
post onset:
3 Monate bis 7 Jahre
Schweregrad:
leicht bis schwer
Leitfadengestützte Interviews
Aktuelle Lebenssituation
Erfahrene und gewünschte Unterstützung
Qualitative Inhaltsanalyse nach Kuckartz (2016)
Fallzusammenfassungen & induktive
kategorienbasierte Analyse
Die Angehörigen geben neben Veränderungen, die ihre/n PartnerIn betreffen, auch Veränderungen ihrer persönlichen Situation an. Diese beziehen sich
auf 3 Dimensionen (Abb. 1). So berichten die Teilnehmenden einerseits über Veränderungen für die eigene Person, andererseits auch über
Veränderungen, die aus dem Umsorgen des/ der betroffenen PartnerIn entstehen sowie über Veränderungen des Alltags.
…bin wütend und
verletzt
…freue mich über die
Fortschritte meines Partners
…habe gesundheitliche
Einschränkungen
…darf nicht krank sein,
muss funktionieren
…nehme mich total
zurück
…gehe ich mit zu deinen
Arztterminen
…bin ich jeden Tag
im Krankenhaus
…richte ich den Tag
anders ein
…übernehme ich Gespräche
mit Offiziellen
…gebe ich meine
eigenen Bedürfnisse auf
ICH
…fehlt das Spontane
…hat sich die Rollen-
verteilung verändert
…ist das gesellschaftliche
Leben eingeschränkt
…hat sich die Freizeitgestaltung verändert
Die Ergebnisse der Interviews lassen sich den eingangs angegebenen Kernelementen der Lebensqualität (Schalock et al. 2008; Radoschewski 2000)
zuordnen (Abb. 2). Im Sinne einer Systemerkrankung sind die Angehörigen von der Aphasie des/ der PartnerIn „mitbetroffen“. Folglich müssen sie
stärkere Berücksichtigung in Maßnahmen des Gesundheitswesens finden, um die eigene Gesundheit stärken zu können. Dies kann sich wiederum
positiv auf die Gesundheit ihrer betroffenen PartnerInnen auswirken. Auch in der bereits veröffentlichten Literatur betonen Angehörige, dass ihre
betroffenen PartnerInnen Unterstützung durch sie als gesunde Menschen brauchen (Pullwitt & Winnecken 2012).
DISKUSSION & SCHLUSSFOLGERUNG
FÜR DICH
FÜR UNS
Abb. 1: Erlebte Veränderungen der Angehörigen in drei Dimensionen.
Tab. 1: Methodisches Vorgehen der qualitativen Studie.
Auf Grundlage dieser und weiterer quantitativer Daten setzt das Forschungs-
projekt shalk - Selbsthilfegruppenarbeit bei Aphasie zur Steigerung der
Lebensqualität und Kompetenz - ein Angehörigenangebot im Selbsthilfe-
gruppensetting um, das im Austausch mit anderen Mitbetroffenen Themen
wie z.B. Überlastungssituationen und Selbstfürsorge anspricht. Zusätzlich
gewährt es Raum für Selbstreflexion und das Erlangen neuen Wissens.
Abb. 2: Erlebte Einschränkungen in den Kernelementen der Lebensqualität.
!
Lebensqualität
Persönliches
Wohlergehen
Unabhängigkeit
& Beschäftigung
Soziale
Partizipation
Gesundheit
Negative Emotionen
Zurücknehmen der eigenen Person
Tag nach dem/ der Betroffenen richten
Persönliche Ebene
Paarbeziehung
... Ergänzend wurde ein selbstorganisiertes Angebot für Angehörige konzipiert (s. hierzuKempf et al., 2016).Die Studie wurde in einem Prätest-Posttest-Kontrollgruppendesign mit Follow-up-Untersuchung nach sechs Monaten durchgeführt. Nach einer dreitägigen Schulung der Betroffenen, die sich bereit erklärt hatten, eine Leitungsfunktion in der ASHG zu übernehmen, wurden die ASHG in einer Einführungsphase über sechs Monate von Projektmitarbeitenden intensiv begleitet. ...
... Ein Angebot für Angehörige, das hier ein erster Lösungsansatz sein kann (s. auch Attard et al., 2018), wurde im Projekt parallel entwickelt(Kempf et al., 2016). Bereits der Bedarf an Unterstützung in der Begleitphase zeigt, dass ein permanentes Unterstützungssystem relevant ist, auf das die ASHG-Leitungen bei Fragen zurückgreifen können (s. ...
Article
EN | Abstract People with aphasia (PWA) often experience a change in identity accompanied by a decline in quality of life, social participation, and autonomy. Aphasia support groups can promote social participation and thus adaptation processes and the sense of meaningful life. Usually, they are led by therapists or family members and integrate PWA as well as relatives. Peer-led groups with a focus on psychosocial support can promote self-esteem and participation of group leaders and members in a special way. The goal of the shalk project is to enable PWA to run a group by themselves and thus to increase the quality of life of leaders and participants by means of a tailor-made training and support. By focusing on biographical content, we aim to explicitly stimulate the discussion of one's own changed identity and thus promote self-esteem. In a mixed method design, the intervention was evaluated with pre-tests, post-tests, and a follow-up after six months. Preliminary quantitative data show significant improvements in quality of life. A flexible, practice-oriented training and support are essential. Influencing factors, such as group composition, need to be investigated in order to determine the appropriate support for each group and to be able to optimally exploit the self-help potential.
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