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2017 Schweizerische Zeitschrift für Bildungswissenschaften 39 (1), 75-94 75
ISSN 1424-3946
In diesem Beitrag wird untersucht, ob und inwieweit sich das Ausmass der negativen
Beanspruchung bei Lehrpersonen in der Schweiz der 5. – 9. Schulstufe (7. – 11.
HarmoS) in den letzten zehn Jahren verändert hat. Auf der Grundlage einer
nationalen sequentiellen Querschnittsanalyse können erstmals Aussagen zu Trends
zwischen 2006 und 2014 gemacht werden: Das Ausmass der negativen Beanspru-
chung bleibt bei regionalen Unterschieden insgesamt relativ stabil und die Lehrkräfte
sind trotz anhaltend hohen Anforderungen mit ihrem Beruf zufrieden. Die Befunde
werden vor dem Hintergrund der national bedeutsamen Bildungsreformen in diesem
Zeitraum diskutiert.
Einleitung
Die Forschung zu Belastung und Beanspruchung im Lehrberuf ist seit der
Jahrtausendwende ein Schwerpunkt der empirischen Lehrerforschung (Rothland,
2013). Auch in der Schweiz gibt es eine Vielzahl von kantonalen Studien,
die grundlegende Erkenntnisse generiert haben (u.a. Albisser, Kirchhoff &
Albisser, 2009; Bieri, 2006; Herzog, 2007; Keller-Schneider, 2010; Nido, 2012;
Trachsler et al., 2006). Da die Studien in Abhängigkeit von der Ausrichtung der
Forschungsgruppe unterschiedliche theoretische Fundierungen und empirische
Zugänge haben, war bislang ein Vergleich der Befunde über die Regionen
hinweg und Aussagen zu Trends der Beanspruchung der Schweizer Lehrper-
sonen kaum möglich. Im Rahmen der nationalen Studie «Health Behavior in
School-Aged Children» [HBSC]2 wurde über mehrere Erhebungszeitpunkte
dasselbe Erhebungsinstrument in sprachregional übergreifenden Stichproben
eingesetzt, was erstmals die Gelegenheit bietet, die negative Beanspruchung von
Lehrpersonen in der ganzen Schweiz über mehrere Jahre hinweg vergleichend zu
analysieren und regionale Entwicklungen zu betrachten. Als Ausgangspunkt der
Erwartungen und Grundlage für die Interpretation der Ergebnisse werden die
bildungspolitischen Reformen in der Schweiz herangezogen.
Varia
Negative Beanspruchung von
Schweizer Lehrpersonen.
Trends von 2006 bis 2014
Anita Sandmeier1, Doris Kunz Heim, Béat Windlin
und Andreas Krause
Theoretischer Hintergrund und Forschungsstand
Die der RBSL-Studie zugrundeliegenden theoretischen Annahmen basieren auf
dem Rahmenmodell der Belastung und Beanspruchung, das äussere Einfluss-
faktoren (Belastungen) von Reaktionen der arbeitenden Person (psychische
Beanspruchung) unterscheidet (Ulich & Wülser, 2015). Rudow (2000) formu-
liert dies für das Arbeitsfeld Schule folgendermassen: «Unter Belastung sind alle
diejenigen körperlichen, geistigen und sozialen Anforderungen in der pädago-
gischen Tätigkeit zu verstehen, die unabhängig vom Individuum existieren
und potentiell Beanspruchungen hervorrufen» (ebd., S. 36). Dabei sind Belas-
tungen neutral konnotiert, d.h. sie sind nicht per se negativ, sondern führen
zu einer Reaktion der Person (Beanspruchung), die sowohl positiv als auch
negativ sein kann. Die Rahmenkonzeption von Rudow (1994) geht davon aus,
dass die objektiven Belastungsfaktoren (Merkmale der Arbeitsaufgabe und die
Arbeitsbedingungen) durch subjektive Prozesse wie Wahrnehmung, Bewertung
und kognitive Verarbeitung in subjektive Belastung münden. Dabei sind die
subjektiven Prozesse abhängig von den Handlungsvoraussetzungen des Indivi-
duums. Aus der Belastung resultieren kurzfristig Beanspruchungsreaktionen, die
zeitlich begrenzt, zielbezogen und im Handlungskontext auftreten (positiv z.B.
als kognitive Aktivierung, Glück oder Flow-Erleben, negativ z.B. als psychische
Ermüdung, Monotonie oder Stress). Von dieser kurzfristigen, reversiblen
Beanspruchungsreaktion wird die langfristige Beanspruchungsfolge unter-
schieden, welche ein unabhängig vom Handlungskontext überdauerndes, motiv-
bezogenes, bedingt reversibles Phänomen ist (positiv als Gefühl der Kompetenz,
des Engagements und der Arbeitszufriedenheit, negativ als Überforderungsge-
fühle, Beeinträchtigung der Gesundheit und Burnout). Neben diesem grund-
legenden Rahmenmodell werden in der Lehrerforschung zunehmend Modelle
der Arbeits- und Organisationspsychologie herangezogen, um den Prozess der
Beanspruchung zu analysieren. Das Effort-Reward-Imbalance Modell (Siegrist,
1996), das davon ausgeht, dass negative Beanspruchung durch Gratifikations-
krisen entsteht, wurde u.a. von Lehr, Hillert und Keller (2013) an einer Lehrer-
stichprobe getestet. Das Job-Demands-Resources Modell (Hakanen, Bakker &
Schaufeli, 2006) postuliert, dass negative Beanspruchung dann entsteht, wenn
das Individuum zu wenig Ressourcen hat, um die beruflichen Anforderungen
zu bewältigen. Der im theoretischen Modell aufgezeigte Erschöpfungsprozess
wurde von Baeriswyl, Krause und Kunz Heim (2014) für Lehrpersonen bestätigt.
Obwohl Belastung und Beanspruchung seit längerer Zeit ein Schwerpunkt
der deutschsprachigen empirischen Lehrerforschung ist, stellt sich die Befundlage
widersprüchlich und unbefriedigend dar und es besteht ein Missverhältnis
zwischen der grossen Zahl an Studien und dem geringen Erkenntnisfortschritt
(Rothland, 2013). Als relativ gesichert kann gelten, dass Disziplinprobleme,
Heterogenität der Schulklasse, bzw. unterschiedliche Lernvoraussetzungen der
Schülerinnen und Schüler, Zeitdruck und der Umgang mit Reformen und
Varia
76 Anita Sandmeier et al.
Negative Beanspruchung von Schweizer Lehrpersonen. Trends von 2006 bis 2014
Varia
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Neuerungen im Schulsystem von vielen Lehrkräften als Belastungen wahrge-
nommen werden (Krause, Dorsemagen & Baeriswyl, 2013). Ebenfalls stabil ist
der Befund, dass Lehrpersonen zwar hohen Belastungen ausgesetzt sind, jedoch
eine hohe Arbeitszufriedenheit aufweisen (Bieri, 2006; Schult, Münzer-Schro-
bildgen & Sparfeldt, 2015). Der Zusammenhang mit beruflichen Bewältigungs-
mustern wurde von Schaarschmidt & Fischer (2001) erstmals aufgezeigt und
wiederholt repliziert (u.a. Albisser, Kirchhoff, & Albisser, 2009; Klusmann,
Kunter, Trautwein, & Baumert, 2006; Nido, 2012). Will man jedoch die
Beanspruchung von Lehrkräften über eine längere Zeit hinweg im Sinne eines
Monitorings überblicken, ist die Datenlage im deutschsprachigen Raum relativ
dünn. Schaarschmidt und Kieschke (2013) konstatieren in ihrem Überblicks-
artikel jedoch dezidiert: «(…) unbestritten dürfte sein, dass sich in den letzten
Jahren noch eine weitere Zuspitzung der Belastungssituation abzeichnet» (S. 82).
Den Grund dafür sehen sie in der stetigen Zunahme der beruflichen Aufgaben
bei gleichzeitiger Verschlechterung der Bedingungen (ebd.).
In der Schweiz besteht eine Vielzahl an kantonalen Untersuchungen zu
Belastung und Beanspruchung mit unterschiedlichen Forschungszugängen:
Studien mit einem qualitativen Ansatz betrachten Belastung und Beanspruchung
in einem berufsbiographischen Zusammenhang, z.B. die Erfahrungen von
Lehrpersonen, welche wegen Erschöpfungssymptomen längere Zeit vom Unter-
richt dispensiert waren (Hangartner, Hofer & Freisler, 2012) oder die Beanspru-
chungs- und Bewältigungsprozesse von Lehrpersonen, die im Beruf bleiben im
Vergleich zu Lehrpersonen, welche den Beruf ganz oder zeitweise verlassen
(Herzog, 2007). Hangartner et al. (2012) stellten dabei fest, dass ein Grossteil
der Lehrpersonen, die erschöpfungsbedingt krankgeschrieben wurden, Reformen
und damit zusammenhängende Veränderungen der Bedingungen ihres Unter-
richts als Belastung wahrgenommen hatten. Am häufigsten sind quantitative
schriftliche Befragungen, welche verschiedenste Aspekte von selbstreferentiellen
Auskünften zu Belastung und Beanspruchung im Querschnitt in regionalen
Stichproben untersuchen. Die Frage, wie sich die negative Beanspruchung der
berufstätigen Schweizer Lehrpersonen über die Jahre im Trend entwickelt, ist
dabei schwierig zu beantworten, da die Studien auf verschiedenen Stichproben
beruhen (unterschiedliche untersuchte Schulstufen, unterschiedliche Regionen)
und unterschiedliche Instrumente einsetzen, um negative Beanspruchung zu
messen. Diese reichen von der auf einer Clusteranalyse basierenden Erfassung von
Arbeitsbezogenen Verhaltens- und Erlebensmuster von Schaarschmidt und Fischer
(1997), eingesetzt u.a. von Nido (2012) und Albisser, Kirchhoff und Albisser
(2009), über das Beanspruchungsscreening (Hacker & Reinhold, 1999), einge-
setzt u.a. von Trachsler et al. (2006) und Ulich, Inversini und Wülser (2002),
der Skala zu beruflicher Belastung von Enzmann und Kleiber (1989), einge-
setzt u.a. von Windlin, Kuntsche und Delgrande (2011), Delgrande, Kuntsche
und Sidler (2005) und Forneck und Schriever (2001), bis hin zu klassischen
Burnout-Inventaren wie dem Maslach Burnout-Inventory (Maslach & Jackson,
Varia
1981), eingesetzt u.a. von Grunder und Bieri (1995) und Forneck und Schriever
(2001) und dem Copenhagen Burnout-Inventory (Kristensen, Borritz, Villadsen
& Christensen, 2005), eingesetzt u.a. von Kunz Heim, Sandmeier und Krause
(2014a) und Baeriswyl, Krause und Kunz Heim (2014).
Längsschnittliche Studien zu Beanspruchungsfolgen sind selten und zeitlich
beschränkt. Albisser et al. (2009) stellten im Kanton Zürich eine hohe interin-
dividuelle Stabilität über zwei Jahre fest. Erhöhungen der negativen Beanspru-
chung hingen mit fehlender Zielkontrolle zusammen, d.h. wenn die Erreichung
von beruflichen Zielen aufgrund äusserer Umstände und ungenügender eigenen
Ressourcen nicht mehr realisierbar erschienen. Trachsler et al. (2006) haben im
Kanton Thurgau die Umsetzung von Reformen und deren Auswirkung auf die
Beanspruchung während zwei Jahren längsschnittlich evaluativ begleitet. Die
Lehrkräfte gaben in den Interviews an, dass das Reformtempo und die Menge
an Entwicklungsprojekten sie an die Grenze ihrer Belastbarkeit bringen. In den
quantitativen Daten konnte jedoch keine Zunahme der negativen Beanspru-
chung festgestellt werden.
So vielfältig die Forschung in diesem Bereich in der Schweiz ist, so schwer
fällt es, hinter den vielen punktuellen Befunden ein Gesamtbild zur Beanspru-
chungssituation des Lehrpersonals zu erkennen. Die kantonalen Resultate
können aufgrund der unterschiedlich zusammengesetzten Stichproben und der
divergierenden Erhebungsinstrumente nicht miteinander verglichen werden,
weshalb es bis dato nur beschränkt möglich war Aussagen zu machen zu regio-
nalen Unterschieden in der Beanspruchung oder zu Trends über die Zeit.
Belastung und Beanspruchung über einen
längeren Zeitraum auf nationaler Ebene
Eine Quelle für Aussagen zur Beanspruchungssituation der Lehrerinnen und
Lehrer sind die Mitgliederbefragungen des Dachverbands Schweizer Lehre-
rinnen und Lehrer [LCH], die alle vier Jahre durchgeführt werden. Diese zeigen,
dass die zeitliche Belastung und die geleisteten Überstunden zugenommen
haben zwischen 1999 und 2009 (Landert & Brägger, 2009). Die berufliche
Zufriedenheit andererseits hat sich zwischen 2001 und 2014 «unübersehbar»
verbessert (Landert, 2014). Neben den erwähnten Befragungen des LCH, deren
Aussagen rein deskriptiv sind und sich auf die Deutschschweiz beschränken,
haben Delgrande, Kuntsche und Sidler (2005) erstmals eine regional übergrei-
fende Stichprobe von Schweizer Lehrkräften des 5. bis 9. Schuljahres unter-
sucht. Sie konnten die Skalen der Arbeitsüberforderung und -unzufriedenheit von
Enzmann und Kleiber (1989) validieren und als je separate Dimension identi-
fizieren. Die Autoren fanden positive Zusammenhänge zwischen diesen beiden
Skalen und depressiven und somatischen Beschwerden. Ausserdem zeigte sich,
dass bei den Westschweizer Lehrpersonen Arbeitsüberforderung und depressive
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Negative Beanspruchung von Schweizer Lehrpersonen. Trends von 2006 bis 2014
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Beschwerden weiterverbreitet sind als in der Deutschschweiz (Delgrande et
al., 2005). In den Jahren 20063, 2010 und 2014 wurden dieselben Skalen
erneut in einer gesamtschweizerischen Stichprobe eingesetzt. Diese replikativen
Querschnittstudien bilden die Grundlage für die hier präsentierten Analysen.
Aufgrund dieser Daten ist es erstmals möglich, Trends bezüglich negativer
Beanspruchungsfolgen von Schweizer Lehrpersonen zu untersuchen. Entspre-
chende Studien zu Trends in der negativen Beanspruchung des Lehrpersonals
gibt es im deutschen Sprachraum zu anderen nationalen Bildungssystemen nach
unserem Kenntnisstand keine.
Fragestellung und Hypothesen
Der vorliegende Beitrag fragt danach, ob sich die Ausprägung der negativen
Beanspruchungsfolgen der Schweizer Lehrpersonen der 5. – 9. Schulstufe
zwischen den Erhebungsjahren 2006, 2010 und 2014 und zwischen verschie-
denen Regionen voneinander unterscheidet und ob sich bestimmte Trends der
Veränderung beobachten lassen.
Hypothesen zu Trends zu formulieren, die für die gesamte Gruppe von
Schweizer Volksschullehrkräften gelten, ist anspruchsvoll, da Beanspruchungs-
prozesse abhängig von zahlreichen individuell und kontextuell ausprägten
Faktoren sind. Die dezentrale Steuerung des Schweizer Bildungssystems führt
dazu, dass sich die kontextuellen Bedingungen lokal stark unterscheiden. Die
Tatsache, dass Reformen von Lehrpersonen in zahlreichen Studien als Belas-
tungsfaktor genannt werden (Albisser et al., 2009; Nido, 2012; Trachsler et al.,
2006), lenkt den Blick auf zwei national bedeutsame bildungspolitische Entwick-
lungen zwischen 2006 und 2014: Seit der Annahme des Bildungsrahmenartikels
im Jahr 2006 wurden schweizweit bildungspolitische Reformen angestossen,
die alle Kantone betreffen, u.a. die Vereinheitlichung der Dauer der Bildungs-
stufen, die Festlegung von nationalen Bildungsstandards und die Einführung
von zwei Fremdsprachen auf der Primarstufe (Criblez, Müller & Oelkers, 2011).
Diese Reformen wurden in den meisten Kantonen zwischen 2006 und 2015
umgesetzt (EDK, 2015). Die ebenfalls im Bildungsrahmenartikel vorgesehene
sprachregionale Harmonisierung der Lehrpläne wurde mit der Implementation
des «Plan d’études romand» in allen Westschweizer Kantonen von 2010 bis
2014 umgesetzt (CIIP, 2015). Die Einführung des Deutschschweizer Pendants
ist weniger weit fortgeschritten, der «Lehrplan 21» liegt seit 2014 vor und dessen
Implementierung wird in aktuell zehn Kantonen vorbereitet (D-EDK, 2015).
Zusätzlich zu den Massnahmen rund um den Bildungsrahmenartikel führte
auf nationaler Ebene ab 2004 das Behindertengleichstellungsgesetz und die
Neugestaltung der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen [NFA] zu
tiefgreifenden Reformen im sonderpädagogischen Bereich (EDK, 2007; Moser
Opitz, 2011). Die verstärkte integrative Schulung von Kindern mit besonderem
Varia
Bildungsbedarf führte zu einer höheren Heterogenität innerhalb der Schulklasse,
die als zentraler Belastungsfaktor von Lehrkräften identifiziert wurde (u.a.
Trachsler et al., 2006).
Vor dem Hintergrund dieser national bedeutsamen Bildungsreformen mit
teilweise weitreichenden Auswirkungen auf den Unterrichtsalltag erwarten wir,
dass das Ausmass der negativen Beanspruchung im Trend zwischen 2006 und
2014 steigt.
Methode
Studien- und Stichprobenbeschreibung
Im Rahmen der internationalen, unter der Ägide der WHO durchgeführten
Studie «Health Behaviour in School-Aged Children» [HBSC] führte Sucht
Schweiz (ehemals Schweizerische Fachstelle für Alkohol- und andere Drogenpro-
bleme) in den Jahren 2002, 2006, 2010 und 2014 neben der Schülerbefragung
auch eine standardisierte schriftliche Befragung der Lehrpersonen durch4. Die
Befragungen fanden jeweils zwischen Januar und April statt. In den ersten
beiden Befragungen (2002, 2006) wurden Arbeitsüberforderung, Arbeitsunzu-
friedenheit, sowie depressive und somatische Beschwerden als Indikatoren von
negativen Beanspruchungsfolgen von Lehrkräften erhoben. Ab 2010 wurden
zusätzlich mehrere Skalen zu Belastungen, personalen und sozialen Ressourcen
und weitere Indikatoren für negative und positive Beanspruchungsfolgen
erhoben, um Belastungs- und Beanspruchungsprozesse detaillierter analysieren
zu können (Baeriswyl, Krause & Kunz Heim, 2014; Kunz Heim, Sandmeier &
Krause, 2014a, 2014b).
Im Rahmen dieses Beitrags werden die Daten zu Arbeitsüberforderung, Arbeit-
sunzufriedenheit, depressive und somatische Beschwerden in den Erhebungs-
jahren 2006, 2010 und 2014 verglichen. Die Daten der ersten Erhebung (2002)
werden nicht mit einbezogen, da die Lehrkräfte des Kantons Waadt in diesem
Erhebungsjahr nicht zu diesem Thema befragt werden konnten.
Die Klassen und Lehrpersonen wurden durch eine nationale Zufallsstich-
probe ausgewählt auf der Grundlage des Verzeichnisses aller Klassen des 5. bis 9.
Schuljahres der öffentlichen Schulen des Bundesamtes für Statistik (siehe auch
Windlin, Kuntsche & Delgrande, 2011). Durch dieses Vorgehen wurde eine für
die Schweiz repräsentative Stichprobe von Schulklassen gewonnen. Die Stich-
probe der Lehrpersonen ist eingeschränkt repräsentativ, da pro ausgewählter
Klasse nur jene Lehrkraft befragt wurde, die die Klassenbefragung durchführte.
Dies waren in der Regel Klassenlehrpersonen. Fachlehrkräfte sind deutlich unter-
vertreten, ebenso Lehrkräfte, die kleine Pensen unterrichten. Bei den einzelnen
Befragungen handelt es sich jeweils um Querschnittstudien, die Zufallsstich-
probe wurde für jede Studie neu gezogen, d.h. die Lehrpersonen nahmen im
Normalfall nur einmal an der Studie teil.
80 Anita Sandmeier et al.
Negative Beanspruchung von Schweizer Lehrpersonen. Trends von 2006 bis 2014
Varia
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Um eine Konfundierung aufgrund der unterschiedlichen Zusammensetzung
der Kohorten zu kontrollieren, werden diese in einem ersten Schritt bezüglich
relevanter Merkmale miteinander verglichen (vgl. Tabelle 1).
Tabelle 1: Fallzahlen nach Erhebungszeitpunkt, Analysegruppen und weiteren
relevanten Faktoren
Erhebungszeitpunkt
Teilnahme-
quote
2006 2010 2014 Total Unterschiede der
Faktoren nach
Erhebungsjahr
82.6% 82.1% 78.5% Chi2 (df,N)
N%N%N%N%
Gesamtstich-
probe 566 100 585 100 567 100 1718 100
Region
Chi2
(4,1718)=3.77
p=.439
D407 71.9 420 71.8 400 70.5 1227 71.4
F126 22.3 141 24.1 144 25.4 411 23.9
I33 5.8 24 4.1 23 4.1 80 4.7
Geschlecht Chi2
(2,1718)=5.83
p=.054
männlich 340 60.1 324 55.4 301 53.1 965 56.2
weiblich 226 39.9 261 44.6 266 46.9 753 43.8
Klassenstufe
Chi2
(4,1718)=3.95
p=.412
5./6. Jahr 223 39.4 210 35.9 196 34.6 629 36.6
7./8. Jahr 220 38.9 242 41.4 228 40.2 690 40.2
9. Jahr 123 21.7 133 22.6 143 25.2 399 23.2
Berufs-
erfahrung Chi2
(4,1718)=1.12
p=.892
≤ 5 Jahre 109 19.3 120 20.5 113 19.9 342 19.9
6 - 25 Jahre 285 50.4 294 50.3 296 52.2 875 50.9
>25 Jahre 172 30.4 171 29.2 158 27.9 501 29.2
Pensum
Chi2
(2,1151)=3.78
p=.1515
≤ 10 Lek/W 158 28.1 91.5 11 1.9 178 10.4
11-20 Lek/W 193 34.3 85 14.5 105 18.5 383 22.3
> 20 Lek/W 212 37.7 491 83.9 450 79.4 1153 67.1
In den für die Analyse relevanten drei Erhebungsjahren wurden jene Lehrper-
sonen ausgeschlossen, zu denen Angaben zu Geschlecht, Klassenstufe und
Berufserfahrung fehlen. Aufgrund dieser Ausschlüsse können die Ergebnisse
dieser Analyse vereinzelt leicht abweichen von weiteren publizierten Ergeb-
Varia
nissen aus Daten der erwähnten Erhebungsjahre. Nach diesen Bereinigungen
resultiert eine Stichprobe von 1718 Lehrpersonen (vgl. Tabelle 1). Bezüglich
der Zusammensetzung nach Region, Klassenstufe, Berufserfahrung, Geschlecht
und Pensum5 unterscheiden sich die Stichproben der drei Erhebungsjahre nicht
signifikant.
Operationalisierung
Die Westschweiz und das Tessin wurden aufgrund statistischer Rahmenbedin-
gungen (zu geringe Stichprobengrösse im Tessin) in einer Kategorie zusam-
mengefasst. Dadurch resultiert die Variable «Region» (1=Deutschschweiz, 2=
Westschweiz und Tessin)
Die Skalen Arbeitsüberforderung und Arbeitsunzufriedenheit von Enzmann
und Kleiber (1989) erfassen die negative Beanspruchung in der konkreten
beruflichen Tätigkeit6. Die Dimension Arbeitsüberforderung enthält Aussagen zu
Gefühlen der allgemeinen Überforderung, des Nicht-Abschalten-Könnens und
der Beanspruchung durch die Verantwortung für die Schülerinnen und Schüler.
Die Skala verfügt zu allen drei Messzeitpunkten und in beiden Regionen über
eine gute Reliabilität (Cronbach‘s a = .768 bis .80). Arbeitsunzufriedenheit wird
erhoben als generalisierte Einstellung zum Arbeitsverhältnis. Eine Eigenschaft
dieser Skala besteht darin, dass einzelne Items invertiert formuliert sind, z.B.
«Mein Beruf macht mir Spass». Die Skala misst die allgemeine Bewertung des
Berufes, das Befinden am Arbeitsplatz und die Möglichkeit zur Selbstentfaltung.
Beide Skalen wurden mit einem fünfstufigen Antwortformat erhoben und
verfügen zu allen drei Messzeitpunkten und in beiden Regionen über eine gute
Reliabilität (Cronbach‘s a = .718 bis .789). Gesundheitliche Beanspruchung
wurde als Index depressiver und somatischer Beschwerden (Delgrande Jordan et
al., 2005) erhoben. Der Abschnitt wird eingeleitet mit der Frage «Wie oft hatten
Sie in den vergangenen 6 Monaten die folgenden Beschwerden?» gefolgt von
folgenden Beschwerden: Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, Rückenschmerzen,
Schwindelanfälle (somatische Beschwerden) und traurig/bedrückt, gereizt/
schlecht gelaunt, nervös, müde und ängstlich/besorgt (depressive Beschwerden)7.
Analysen
Für den aktuellsten Messzeitpunkt (2014) werden deskriptive Werte berichtet,
differenziert nach Geschlecht und Region. Die Frage der Veränderung zwischen
den Jahren 2006, 2010 und 2014 wird mit einer mehrfaktoriellen Varian-
zanalyse beantwortet, in welche neben dem Erhebungszeitpunkt das Geschlecht
und die Region und deren paarweise Interaktionsterme als Faktoren in die
Analyse eingehen.
82 Anita Sandmeier et al.
Negative Beanspruchung von Schweizer Lehrpersonen. Trends von 2006 bis 2014
Varia
2017 Schweizerische Zeitschrift für Bildungswissenschaften 39 (1) 83
Ergebnisse
Negative Beanspruchung im Jahr 2014: Arbeitsüberfor-
derung, Arbeitsunzufriedenheit und gesundheitliche
Beschwerden
Die Arbeitsüberforderung im Jahr 2014 weist im Durchschnitt ein mittleres
Niveau auf (M=2.31, SD=.68). Wenn man die Antworten auf die einzelnen
Items der Skala betrachtet, bekommt man einen klareren Eindruck: 21.4%
der Befragten finden, dass man im Lehrberuf ständig überfordert wird,
26.7% haben selten das Gefühl, einmal richtig abschalten zu können und
20.5% finden den Zeitdruck zu gross, unter dem sie arbeiten8. Die Arbeits-
unzufriedenheit ist leicht tiefer (M=2.03, SD=.59): 93.3% der Lehrkräfte
macht der Beruf Spass und 73.7% sind mit ihrer Arbeit «eigentlich rundum
zufrieden». Depressive Beschwerden (M= 2.10, SD= .71) kommen häufiger
vor als somatische Beschwerden (M=1.65, SD= .57). Die häufigste depressive
Beschwerde ist Müdigkeit, 67.4% der Lehrkräfte fühlen sich mindestens einmal
pro Woche9 müde, jede vierte hat mindestens einmal pro Woche Schlafpro-
bleme. Die häufigste somatische Beschwerde sind Rückenschmerzen, fast jede
dritte Lehrperson leidet mindestens einmal pro Woche darunter.
Negative Beanspruchung 2006 bis 2014: Trends für
Arbeitsüberforderung, Arbeitsunzufriedenheit und
gesundheitliche Beschwerden
Was die Unterschiede zwischen den Erhebungsjahren betrifft, sind die Ergeb-
nisse der mehrfaktoriellen Varianzanalyse in Tabelle 2 enthalten. Zur Verdeut-
lichung der Unterschiede sind in den Abbildungen 1 bis 4 die Mittelwerte nach
Erhebungsjahr und Region grafisch dargestellt.
Die Arbeitsüberforderung der Lehrpersonen in der Gesamtgruppe unter-
scheidet sich nicht zwischen den drei Erhebungsjahren (vgl. Tabelle 2). Es
zeigen sich jedoch regionale Unterschiede: Während in der Deutschschweiz die
Arbeitsüberforderung von 2006 bis 2014 gleich hoch bleibt, sinkt sie in der
Westschweiz und im Tessin zwischen 2006 und 2010 und steigt zwischen 2010
und 2014 erneut an (vgl. Abbildung 1). Zusätzlich berichten in der Westschweiz
und im Tessin die Frauen eine höhere Arbeitsüberforderung als die Männer,
während sich in der Deutschschweiz die Geschlechter nicht voneinander unter-
scheiden.
Varia
Tabelle 2: Varianzanalysen
Varianzanalyse
2006
(N=545
- 564)
2010
(N=567
- 572)
2014
(N=553
-559) Jahr
Region Ge-
schlecht
Interaktionsterme Ge-
samt
Jahr*
Region
Jahr*
Ge-
schlecht
Region*
Ge-
schlecht
M (SD) M (SD) M (SD)
F
p
eta2
F
p
eta2
F
p
eta2
F
p
eta2
F
p
eta2
F
p
eta2
F
p
R2
Arbeitsüber-
forderung
2.29
(.71)
2.29
(.66)
2.31
(.68) ns
49.29
***
.029
7.82
**
.005
14.43
***
.017
ns
11.28
**
.007
10.43
***
.053
Arbeitsunzu-
friedenheit
2.32
(.45) a 2.17
(.60) b 2.03
(.59) c
20.98
***
.024
10.55
***
.006
ns
6.11
**
.007
ns ns
12.29
***
.062
Depressive
Beschwerden
2.11
(.68)
2.20
(.77)
2.10
(.71) ns
24.61
***
.015
13.91
***
.008
ns ns ns
6.03
***
0.032
Somatische
Beschwerden
1.49
(.52) a 1.57
(.57) a 1.65
(.57) b
8.55
***
.010
8.28
**
.005
41.76
***
.024
ns ns ns
9.81
***
.050
Anmerkungen:
M= Mittelwert, SD= Standardabweichung, N= Anzahl Lehrpersonen, F= F-Wert der Varianzanalyse,
p=Signifikanz (*p<.05, **p<.01, ***p<.001), eta2= partielles Eta-Quadrat, R2= aufgeklärte Varianz
Die Jahre mit unterschiedlichen Kennbuchstaben(a,b c) unterscheiden sich signifikant auf dem 5%-Niveau
(Post-Hoc-Test: Scheffé).
Die Arbeitsunzufriedenheit ist in der Deutschschweiz in jedem Erhebungsjahr
signifikant tiefer als in den vorherigen Jahren, d.h. sie nimmt zwischen 2006
und 2014 kontinuierlich ab. In der Westschweiz und im Tessin gibt es keine
signifikanten Unterschiede zwischen den Erhebungsjahren (vgl. Tabelle 2 und
Abbildung 2).
Die depressiven Beschwerden unterscheiden sich insgesamt nicht zwischen
2006, 2010 und 2014, jedoch zwischen den Regionen (vgl. Abbildung 3) und
den Geschlechtern (vgl. Tabelle 2): Deutlich am häufigsten leiden weibliche
Lehrkräfte aus der Westschweiz und dem Tessin unter diesen Beschwerden. Das
Ausmass der somatischen Beschwerden ist 2014 in der Gesamtgruppe höher
als in den beiden vorherigen Erhebungsjahren. In der Westschweiz und im
Tessin sind die Beschwerden häufiger als in der Deutschschweiz (vgl. Abbildung
4), Frauen in der ganzen Schweiz berichten mehr somatische Beschwerden als
Männer.
84 Anita Sandmeier et al.
Negative Beanspruchung von Schweizer Lehrpersonen. Trends von 2006 bis 2014
Varia
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Abbildung 1: Trend Arbeitsüberforderung nach Region
Abbildung 2: Trend Arbeitsunzufriedenheit nach Region
Varia
Abbildung 3: Trend depressive Beschwerden nach Region
Abbildung 4: Trend somatische Beschwerden nach Region
86 Anita Sandmeier et al.
Negative Beanspruchung von Schweizer Lehrpersonen. Trends von 2006 bis 2014
Varia
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Zusammenfassung, Diskussion und
Schlussfolgerungen
Das Ziel des vorliegenden Beitrages ist es, die Verbreitung der negativen Beans-
pruchungsfolgen von Schweizer Lehrpersonen erstmals in einem nationalen
Vergleich und zwischen drei Erhebungsjahren zu beschreiben.
In der Erhebung 2014 ist die negative Beanspruchung in Form der Arbeits-
überforderung im Durchschnitt auf mittlerem Niveau angesiedelt. Immerhin
jede fünfte Lehrperson findet, dass man im Lehrberuf ständig überfordert wird
und der Zeitdruck zu gross ist. Rund zwei Drittel der befragten Personen leiden
unter Müdigkeit, ein Viertel berichtet von regelmässigen Schlafstörungen. Die
Arbeitsunzufriedenheit ist trotzdem vergleichsweise tief, über 90% der Lehrkräfte
macht der Beruf Spass, lediglich 13.6% haben sich schon mal ernsthaft überlegt,
aus dem Beruf auszusteigen. Grundsätzlich lässt sich deshalb festhalten, dass
die Schweizer Lehrkräfte der 5. – 9. Schulstufe trotz hoher Beanspruchung
zufrieden sind in ihrem Beruf. Dies bestätigt Befunde aus anderen Studien (u.a.
Bieri, 2006; Schult et al., 2015). Dass Lehrpersonen negativ beansprucht, aber
trotzdem zufrieden sind, lässt sich mit den Merkmalen des Berufes erklären: Die
hohe Autonomie, Flexibilität und Verantwortung führen einerseits zu Zufrie-
denheit (vgl. van Dick & Stegmann, 2013), andererseits führt diese Konstel-
lation zur Gefahr, dass die eigene Gesundheit vernachlässigt wird (vgl. Baeriswyl,
Krause & Kunz Heim, 2014).
In allen untersuchten Dimensionen findet sich ein regionaler Effekt, die
Westschweizer und Tessiner Lehrkräfte sind stärker negativ beansprucht als die
Deutschschweizer Lehrpersonen. Dieser Effekt wurde bereits im Erhebungsjahr
2002 festgestellt (Delgrande Jordan et al., 2005). Zusätzlich zeigen sich in der
Westschweiz und dem Tessin mehr geschlechtstypische Unterschiede: Die
Frauen fühlen sich stärker überfordert von der Arbeit als die Männer. In der
Deutschschweiz findet sich dieser Unterschied nicht, was die Befunde von
Keller-Schneider (2010) bestätigt. Bezüglich depressiven und somatischen
Beschwerden findet sich in der ganzen Schweiz ein deutlicher Geschlechtsun-
terschied zuungunsten der Frauen. Dies bestätigt Befunde zu Erschöpfung und
Burnout (Nübling et al., 2012; Schaufeli & Enzmann, 1998).
Die Erwartung, dass sich die national bedeutsamen Schulreformen seit 2006
negativ auf das Befinden aller Schweizer Lehrkräfte der 5. – 9. Schulstufe ausge-
wirkt haben, bestätigt sich nur beschränkt in dieser Trendanalyse. Diese Trends
müssen regional betrachtet werden:
In der Deutschschweiz bleibt das Ausmass der Arbeitsüberforderung und der
depressiven Beschwerden stabil, die Arbeitsunzufriedenheit sinkt, die somati-
schen Beschwerden nehmen leicht zu. Die Trendanalyse ergibt diesbezüglich ein
widersprüchliches Bild, insgesamt kann man aber sagen, dass sich die Anforde-
rungen trotz der zahlreichen eingangs beschriebenen Reformen in der Deutsch-
schweiz nicht verschärfend auf die negative Beanspruchung der Lehrkräfte
Varia
ausgewirkt haben – dies obwohl Reformen in zahlreichen Studien als ein Haupt-
belastungsfaktor genannt werden (Albisser et al., 2009; Nido, 2012; Trachsler et
al., 2007). Dies bestätigt den Befund von Trachsler et al. (2007), die im Kanton
Thurgau ebenfalls keine Zunahme der negativen Beanspruchung während einer
Reform nachweisen konnten. Für die französisch- und italienischsprachige
Schweiz zeigt sich ein leicht anderes Bild: Die Arbeitsüberforderung sinkt im
Trend zwischen 2006 und 2010, nimmt danach jedoch deutlich zu, die somati-
schen Beschwerden steigen kontinuierlich. Die Arbeitsunzufriedenheit und
die depressiven Beschwerden sind bei allen drei Erhebungsjahren stabil hoch.
Für diese Regionen kann zwischen 2010 und 2014 eine Verschlechterung der
Beanspruchungssituation festgestellt werden. Ob und wie dies zusammenhängt
mit der flächendeckenden Implementation des «plan d’études romand» in der
Westschweiz in diesem Zeitraum, kann mit den vorliegenden Analysen nicht
abschliessend geklärt werden.
Reformen führen insbesondere dann zu Stresssymptomen, wenn «die Reform
ungeliebt ist oder von vornherein als aussichtslos gilt» (Oelkers, 2000, S. 7),
oder wenn die Umsetzung der Reform in der Praxis schwierig ist und nicht
genügend Abwehrmechanismen bei den Lehrkräften vorhanden sind, mit
diesem Ungenügen umzugehen (ebd.). Damit sind zwei wichtige Faktoren
angesprochen, welche den Belastungs-Beanspruchungsprozess beeinflussen:
Einerseits die organisatorischen Rahmenbedingungen und andererseits die
individuellen Dispositionen der einzelnen Lehrkräfte. Nido (2012) wies nach,
dass ein verkraftbares Mass an Reformprojekten, von deren Nutzen Lehrkräfte
überzeugt sind, positiv mit dem Engagement von Lehrkräften zusammenhängt.
Innovationen können eine positive Herausforderung sein und eine Chance für
die professionelle Entwicklung, wenn die Umsetzung von Reformprojekten mit
Hilfe von nachvollziehbaren Priorisierungen geordnet erfolgt (Oelkers, 2000).
Das Sinken der Arbeitsunzufriedenheit in der Deutschschweiz könnte als Hinweis
gedeutet werden, dass die Reformen der vergangenen Jahre positive Effekte auf
das Lehrpersonal hatten. Welche Faktoren in der französisch- und italienisch-
sprachigen Schweiz zur Verschlechterung der Situation geführt haben, kann
zum jetzigen Zeitpunkt nicht festgestellt werden. Weiterführende Analysen zu
den wahrgenommenen sozialen und personalen Ressourcen zwischen 2010 und
2014 und deren Zusammenhang mit der negativen und positiven Beanspru-
chung sind in Planung.
Die vorliegenden Daten erlauben einen Überblick über die Entwicklung
der Beanspruchungssituation von Schweizer Lehrpersonen über einen längeren
Zeitraum. Der Nachteil der Daten ist, dass Kohorten- und soziohistorische
Unterschiede in den Stichproben nicht ausgeschlossen werden können. Eine
längsschnittliche Untersuchung von verschiedenen Kohorten über den gleichen
Zeitraum hätte sicherlich mehr Aussagekraft. Eine weitere Einschränkung ergibt
sich durch den Abstand von vier Jahren zwischen den Erhebungen, wodurch
kurzfristige Entwicklungen nicht erfasst werden. Die Querschnittstruktur
88 Anita Sandmeier et al.
Negative Beanspruchung von Schweizer Lehrpersonen. Trends von 2006 bis 2014
Varia
2017 Schweizerische Zeitschrift für Bildungswissenschaften 39 (1) 89
verhinderte zudem die Kontrolle von Ausfällen – es wäre denkbar, dass stark
beanspruchte Lehrkräfte den Beruf verlassen haben (Herzog, Herzog, Brunner
& Müller, 2007). Die beschränkte Anzahl vorhandener Einflussfaktoren auf der
personalen und organisationalen Ebene haben zudem differenzierende Analysen
in dieser Trendanalyse limitiert. Die vier Skalen und Indizes, die seit 2002 einge-
setzt wurden und die Grundlage für diese Trendanalyse darstellen, sind nicht
alle gleich geeignet, um negative Beanspruchung zu messen. Insbesondere für
die Messung von depressiven Symptomen hätte es etabliertere Skalen gegeben.
In unserer Stichprobe sind Lehrpersonen mit einem Teilzeitpensum unter-
vertreten. Verschiedene Studien zeigten, dass Lehrpersonen mit einem Teilzeit-
pensum höhere Beanspruchungen berichten, einerseits, weil sie stärker belastet
sind durch Reformen, weniger Erholungsmöglichkeiten während der Pausen
haben und Konferenzen und Sitzungen eher als Belastungen wahrnehmen (Kunz
Heim, Sandmeier & Krause, 2014a), andererseits weil sie weniger Unterstützung
durch Schülerschaft und Eltern wahrnehmen und oft unter einer Mehrfachbe-
lastung durch Erwerbs- und Familienarbeit leiden (Herzog, 2007). Inwiefern der
Befund, dass die nationalen Bildungsreformen der vergangenen Jahre insgesamt
nicht zu einer Zunahme in der negativen Beanspruchung geführt haben, auch
auf die Teilzeitkräfte zutrifft, kann mit den vorliegenden Daten nicht beant-
wortet werden.
Um die Auswirkungen von Schulreformen auf die Belastung und Beanspru-
chung der Lehrkräfte detaillierter untersuchen zu können, sollten systematischer
Daten erhoben werden, die Einflussfaktoren auf der personalen und organisatio-
nalen Ebene wenn möglich längsschnittlich feststellen, um individuelle Verände-
rungen und kausale Zusammenhänge erfassen zu können (Albisser et al., 2009).
Die anstehende Implementation des Lehrplans 21 in verschiedenen Deutsch-
schweizer Kantonen bietet die Gelegenheit, nicht nur die Umsetzung und die
Effektivität der Reform zu evaluieren, sondern auch deren Auswirkungen auf die
positive und negative Beanspruchung von Lehrpersonen zu erfassen. Dies könnte
wichtige Hinweise liefern zur Frage, welche Faktoren auf der kontextuellen und
der individuellen Ebene es den Lehrkräften erleichtert, die Massnahmen erfolg-
reich im Schulalltag umzusetzen, ohne dass ihre Gesundheit beeinträchtig wird
(siehe auch Krause, Dorsemagen, & Baeriswyl, 2013; Krause & Dorsemagen,
2011).
Anmerkungen
1 Wir danken Dr. Marina Delgrande und M. Sc. Yvonne Eichenberger, Sucht Schweiz,
und Prof. Dr. Silvio Herzog, Pädagogische Hochschule Schwyz, für die differenzierten
Rückmeldungen zu diesem Beitrag.
2 Health Behaviour in School-Aged Children [HBSC], internationale Studie der Weltge-
sundheitsorganisation WHO zum Gesundheitsverhalten von Schülerinnen und Schülern
zwischen 11 und 15 Jahren.
3 Windlin, Kuntsche et Delgrande Jordan (2011).
Varia
4 Für die Untersuchungsjahre 2010 und 2014 wurde eine Kooperation zwischen Sucht
Schweiz, der Pädagogischen Hochschule FHNW und der Hochschule für Angewandte
Psychologie FHNW eingegangen für die Fragebogenentwicklung und die Auswertung
der Daten der Lehrerbefragung. Die Analysen wurden vom Schweizer Nationalfonds
(Projektnr. 13DPD3_126807) finanziert.
5 Der Vergleich basiert auf den Daten von 2010 und 2014, in denen das gesamte unter-
richtete Pensum erhoben worden ist. 2006 wurde lediglich das unterrichtete Pensum in
der Klasse der HBSC-Erhebung erfragt.
6 Das Instrument von Enzmann und Kleiber enthält eine dritte Dimension (Kontrol-
lerleben), die im Rahmen der vorliegenden Studie nicht zur Anwendung kam.
7 Das Antwortformat umfasst fünf Stufen (5 = etwa täglich, 4 = mehrmals pro Woche, 3
= ungefähr einmal pro Woche, 2 = ungefähr einmal pro Monat und 1 = selten oder nie).
Für die Analysen wurden die 5 Items zur Depressivität und die 4 Items zu somatischen
Beschwerden summiert und durch die Anzahl einbezogener Items dividiert.
8 Antwortkategorie «trifft überwiegend zu», bzw. «trifft völlig zu».
9 Antwortkategorien «ungefähr einmal pro Woche», «mehrmals pro Woche» oder «etwa
täglich».
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90 Anita Sandmeier et al.
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Schlagworte: Gesundheit von Lehrpersonen, Belastung, Bildungsreformen
92 Anita Sandmeier et al.
Negative Beanspruchung von Schweizer Lehrpersonen. Trends von 2006 bis 2014
Varia
2017 Schweizerische Zeitschrift für Bildungswissenschaften 39 (1) 93
Sollicitations à l’égard des enseignant-es en Suisse.
Tendances de 2006 à 2014
Résumé
Cet article examine si et dans quelle mesure l’ampleur des sollicitations à l’égard
des enseignant-es suisses de 5e à 9e année scolaire (7e à 11e HarmoS) a évolué
au cours des dix dernières années en Suisse. Sur la base des données d’études
transversales répétées au plan national, l’évolution entre 2006 et 2014 a pu être
décrite pour la première fois: globalement, l’ampleur des sollicitations est restée
relativement stable entre les années, mais on observe des évolutions différentes
selon les régions. L’enquête montre également que les enseignant-es restent
satisfait-es de leur profession malgré des exigences de plus en plus élevées. Les
résultats sont discutés en relation avec les réformes scolaires significatives qui ont
eu lieu en Suisse durant cette période.
Mots-clés: Enseignants, satisfaction professionnelle, charge de travail, réforme
scolaire
Sollecitazioni e stress degli insegnanti in Svizzera.
Evoluzione dal 2006 al 2014
Riassunto
Questo articolo esamina se, e in quale misura, le sollecitazioni degli insegnanti
svizzeri di 5° a 9° anno scolastico (7° a 11° HarmoS) sono evolute nel corso
degli ultimi 10 anni. Sulla base dei risultati di studi trasversali ripetuti a livello
nazionale, l›evoluzione tra 2006 e 2014 ha potuto essere descritta per la prima
volta. Globalmente, il livello delle sollecitazioni è rimasto relativamente stabile
negli anni, anche se si osservano delle evoluzioni differenti secondo la regione
linguistica, e gli insegnanti sono soddisfatti della loro professione nonostante le
esigenze in costante aumento. I risultati vengono discussi in relazione alle signi-
ficative riforme scolastiche avvenute in Svizzera durante il periodo analizzato.
Parole chiave: Insegnanti, soddisfazione professionale, carico professionale,
riforma scolastica
Varia
Subjective Stress and Strain of Swiss Teachers. Trends from
2006 to 2014
Summary
This paper discusses the subjective stress and strain of Swiss teachers of 5th to 9th
grade(rs) on three representative random samples in the years 2006, 2010 and
2014. The assumptions of increasing subjective strain and health complaints and
decreasing job satisfaction were not supported: These dimensions remain stable
over time or improve even slightly. At the same time the results indicate differ-
ences between men and women and between the different language regions. The
results are discussed against the background of the educational reforms on the
national level.
Keywords: Teachers, professional satisfaction, work stress, school reform
94 Anita Sandmeier et al.
Negative Beanspruchung von Schweizer Lehrpersonen. Trends von 2006 bis 2014