Content uploaded by Michael Lösler
Author content
All content in this area was uploaded by Michael Lösler on Nov 04, 2020
Content may be subject to copyright.
61
C. Eschelbach, M. Lösler, P. Winkemann, M. Arnold, N. Pietralla – Einsatz mobiler Lasermesstechnik bei der Erfassung von
Strahlführungselementen eines Elektronenlinearbeschleunigers
Fachbeitrag aus der Praxis |
1 Überarbeiteter und erweiterter Beitrag der Oldenburger 3D-Tage 2016
Einsatz mobiler Lasermesstechnik bei der
Erfassung von Strahlführungselementen
eines Elektronenlinearbeschleunigers
Mobile Laser Metrology for Surveying a Linear
Electron Accelerator
Cornelia Eschelbach, Michael Lösler, Philipp Winkemann, Michaela Arnold, Norbert Pietralla
Der Supraleitende Darmstädter Elektronenlinearbeschleuniger (S-DALINAC) des Instituts für Kernphysik der
Technischen Universität Darmstadt besteht seit 1991 und wurde seit dieser Zeit mehrfach umgebaut und
erweitert. Im ersten Quartal 2015 erfolgte die hochpräzise Erfassung der räumlichen Position und Ausrichtung
von Dipol- und Quadrupolmagneten und der Strahlführung zwischen den Kryostatmodulen, die als Planungs-
grundlage für eine zusätzliche dritte Rezirkulationsstrahlführung und den Umbau eines nachfolgenden Strahl-
führungsabschnitts dient. Um die hohen Genauigkeitsanforderungen zu erfüllen, wurde die Aufnahme mit dem
mobilen Lasertracker Leica AT401 des Labors für Industrielle Messtechnik der Frankfurt University of Applied
Sciences (FRA-UAS) durchgeführt. Zur Auswertung der Lasertrackerdaten gehörte neben einer Bündelaus-
gleichung mit einem umfangreichen stochastischen Modell auch die Ableitung geometrischer Primitiven zur
Bestimmung der räumlichen Ausrichtung der Magneten und zur Ableitung des Strahlverlaufs. Zusätzlich er-
folgte eine räumliche Aufnahme des kompletten Beschleunigers mit dem Laserscanner FARO Focus3D S 120
des Labors für Geoinformation der FRA-UAS. Die registrierte Punktwolke lieferte Kenngrößen, um logistische
Fragestellungen oder räumliche Restriktionen bereits im Vorfeld der Umbauplanung ohne erneuten Hallenzu-
tritt zu beantworten. Dieser Beitrag stellt die Herausforderungen des Mess- und Auswerteprozesses in den
Mittelpunkt und gibt einen kurzen Einblick in die gegenwärtigen Entwicklungen.
Schlüsselwörter: Teilchenbeschleuniger, S-DALINAC, Lasertracker, Laserscanner, Messtechnik, Bündelausgleichung,
geometrische Primitive
Since 1991, the Institute for Nuclear Physics of Darmstadt University of Technology hosts, operates and en-
hances the Superconducting Darmstadt Linear Electron Accelerator (S-DALINAC). In the first quarter of 2015,
the components of the S-DALINAC, i. e. the spatial position and alignment of the dipole and quadrupole mag-
nets as well as the beam-line between the cryostat modules, were surveyed. The results of this surveying cam-
paign are used for planning a further recirculation of the accelerator. Due to the high accuracy requirements,
the Laboratory of Industrial Metrology of Frankfurt University of Applied Sciences (FRA-UAS) deploys a mobile
laser tracker AT401 (Leica). The laser tracker data is analyzed by a self-developed bundle adjustment using a
comprehensive uncertainty budgeting. The orientation of the accelerator components are determined by fitting
geometric primitives. Moreover, a 3D-model of the S-DALINAC is derived by the Laboratory of Geoinformation
(FRA-UAS). The spatial point-cloud was registered by a laser scanner FARO Focus3D S 120. The 3D-model
can be used for logistic support e. g. detecting spatial restrictions during the planning phase or virtual tours
without entering the halls of the accelerator. This paper focused on the surveying process and data analysis
of the complex measurement campaign and gives a short impression of the current work.
Keywords: Particle accelerator, S-DALINAC, laser tracker, laser scanner, metrology, bundle adjustment, geometric primitives
62 avn | 124 ( 2017 ) 3
| Fachbeitrag aus der Praxis
1 EINFÜHRUNG
Seit 1991 wird am Institut für Kernphysik der Technischen Uni-
versität Darmstadt ein supraleitender, zweifach rezirkulierender
Linearbeschleuniger für Elektronenstrahlen betrieben (S-DALINAC:
Superconducting DArmstadt LINear electron ACcellerator; / Richter
1996/). Abb. 1 zeigt den für diesen Beitrag relevanten Teil des
Grundrisses des Großgeräts.
Als Quellen des Elektronenstrahls können entweder eine Heiz-
kathode für thermischen Austritt von Elektronen oder eine Pho-
tokathode zur Erzeugung von spinpolarisierten Elektronenstrah-
len durch laserinduzierten Photoeffekt genutzt werden. In der
Chopper-Prebuncher-Sektion wird der Strahl danach auf die Hoch-
frequenzbeschleunigung mit 3 GHz im Dauerstrichbetrieb (conti-
nuous wave, cw) vorbereitet. Die Elektronenpakete werden anschlie-
ßend im supraleitenden Injektorbeschleuniger um bis zu 10 MeV
beschleunigt. Die supraleitenden Beschleunigungsstrukturen sind in
mehreren aneinandergereihten Kryostaten durch ein Bad aus flüs-
sigem Helium auf 2 K heruntergekühlt. In den Kryostat modulen wird
das Heliumbad von einem Schild aus flüssigem Stickstoff bei 77 K,
einem Isoliervakuum und weiteren Isolationsmaterialien thermisch
gegen die Raumtemperatur isoliert.
Nach dem Injektorbeschleuniger kann der Strahl am DHIPS
(Darmstadt High-Intensity Photon Setup; / Sonnabend et al. 2011/)
für Experimente verwendet oder über den 180°-Injektorbogen in
den Hauptbeschleuniger eingeschossen werden. Im Hauptbeschleu-
niger kann der Strahl pro Durchgang um bis zu weitere 40 MeV
beschleunigt werden, sodass die Extraktion in die Experimentierhalle
je nach Nutzung der Rezirkulationen für weitere Beschleuniger-
durchgänge mit maximal 50 MeV, 90 MeV bzw. 130 MeV erfolgt.
In der Experimentierhalle stehen die beiden Magnetspektrometer
LINTOTT / Schüll et al. 1978/, Q-CLAM / Knirsch 1991/, / Lüttge
et al. 1995/ sowie der Niederenergie-Photonentagger NEPTUN
/ Lindenberg 2007/, / Savran et al. 2010/ für wissenschaftliche Expe-
rimente zur Grundlagenforschung bereit.
Gegenwärtig wird der Beschleuniger um einen Rezirkulations-
ring erweitert / Arnold et al. 2016/. Darüber hinaus stehen größere
Umbaumaßnahmen im vorderen Teil der Experimentierhalle an, die
einen nicht unerheblichen Eingriff in den Verlauf der Strahlführung
bedeuten / Hug et al. 2013/. Zur Planungsgrundlage erfolgte im
Frühjahr 2015 eine vollständige messtechnische Erfassung des
betroffenen Bereichs, um die Umbaumaßnahmen zu koordinieren.
2 MESSTECHNISCHE ERFASSUNG
Der Strahlverlauf des S-DALINAC wird bestimmt durch die räum-
liche Position und Orientierung der Dipole und Quadrupole sowie
die Positionen der Achsen der Strahlführungselemente zwischen
den Kryostatmodulen. Die messtechnisch erfassten Daten geben
Auskunft über den gegenwärtigen Elektronenstrahlverlauf und wer-
den als Grundlage für die Planung zum Umbau und zur Erweiterung
des Beschleunigers verwendet. Abb. 1 zeigt einen Ausschnitt des
S-DALINAC mit den messtechnisch zu erfassenden Elementen und
der Strahlführung im Bereich der Beschleuniger- und Experimentier-
halle. Ein schmaler begehbarer Durchgang und eine Wandöffnung
für den Strahlverlauf selbst verbinden beide miteinander.
Im Frühjahr 2015 waren insgesamt 26 Dipol- und 40 Quadrupol-
magnete entlang der Strahlführung aufzunehmen, die sich in drei
Bautypen aufteilten. Während die größeren blauen Dipolmagnete
den Strahl ablenken, dienen die 15 gelben und 25 grauen kleineren
Quadrupolmagneten der Strahlfokussierung. Ebenfalls zum Strahl-
verlauf gehören die Strahlführungselemente zwischen den supralei-
tenden Kryostatmodulen, die der Beschleunigung des Elektronen-
strahls dienen. Sie befinden sich im Abschnitt A1 bzw. I1 und sind in
Abb. 1 rot dargestellt. An sechs Verbindungsstellen zwischen den
Kryostatmodulen können hierzu ein wenige Zentimeter langes Seg-
ment der zylindrischen Strahlführung taktil aufgenommen und die
geometrische Achse bestimmt werden.
Eine Worst-Case-Analyse des Instituts für Kernphysik zur Abschät-
zung von Positions- und Orientierungsfehlern bei der Erfassung
lieferte eine maximal tolerierbare Positionsabweichung von 0,5 mm
und eine räumliche Ausrichtung der Dipolmagneten entlang der
Strahlführung mit einer Genauigkeit von 0,5 mm/m. Bei einer Mag-
netkantenlänge von 20 cm entspricht dies einer relativen Punktlage-
genauigkeit von 0,1 mm. Um diese hohen Genauigkeitsanforderun-
gen zu erreichen, kam für die Aufnahme der mobiler Lasertracker
Leica AT401 des Labors für Industrielle Messtechnik zum Einsatz,
der mit einer 3D-Punktunsicherheit von 15 μm + 6 μm/m spezifiziert
ist / Hexagon Metrology 2012/. Um Temperatureinflüsse auf die Stre-
ckenmessgenauigkeit abzuschätzen / Eschelbach 2007/, wurden in
mehreren Bereichen der Beschleunigerhalle und des Experimentier-
bereichs meteorologische Langzeitmessungen durchgeführt. Sowohl
räumliche als auch zeitliche Temperaturschwankungen liegen in
diesen Bereichen unter 1,5 °C, sodass eine Messstelle zur Erfassung
der repräsentativen meteorologischen Parameter ausreicht.
Abb. 1 | Übersichtsplan mit Bereichskennzeichnung des S-DALINAC. Links: Beschleunigerhalle mit Elektronenquellen, Injektor, Hauptbeschleuniger und zwei
Strahlrezirkulationen; rechts: Beginn der Experimentierhalle. Farbliche Markierung der Strahlführungselemente: Dipolmagnete (blau), Quadrupolmagnete (gelb)
und Kryostatmodule mit je zwei Beschleunigungskavitäten (rot)
63
C. Eschelbach, M. Lösler, P. Winkemann, M. Arnold, N. Pietralla – Einsatz mobiler Lasermesstechnik bei der Erfassung von
Strahlführungselementen eines Elektronenlinearbeschleunigers
Fachbeitrag aus der Praxis |
2.1 Realisierung des Bezugsrahmens
Der lokale Bezugsrahmen wurde als mathematisches Koordinaten-
system mit der x-Achse in Richtung der Beschleunigerhauptrichtung
gelegt. Die z-Achse orientiert sich näherungsweise am Haupt-
schwerefeld, um die Grobabsteckung zu erleichtern. Der Ursprung
liegt für alle drei Raumkomponenten außerhalb des Messbereichs,
um negative Koordinatenwerte zu vermeiden. Zur dauerhaften
Realisierung des lokalen Bezugsrahmens wurden im Vorfeld 18
Drift-Nester zur magnetischen Aufnahme von 1,5-Zoll-Corner-
Cube-Reflektoren (CCR) an den Laborwänden fest verschraubt. Die
Netzmessung erfolgte gleichzeitig mit der Aufnahme der Strahl-
führungselemente. Nur vereinzelt wurden zusätzliche Standpunkte
zur besseren Verknüpfung der Netzteile eingefügt. Von Vorteil war
oftmals die Möglichkeit der flexiblen Standpunktwahl des Leica
AT401. So konnten sowohl Instrumentenhöhen von über 2,5 m
mithilfe eines Industriestativs als auch Standpunkte in beengtem
Raum gewählt werden, um optimale Sichten auf die Objekt- und
Netzpunkte zu gewährleisten.
2.2 Aufnahme der Strahlführungselemente
Die blauen Dipole besitzen je nach Funktion drei oder sieben koni-
sche Referenzpunkte (Bohrungen), die zur späteren Überführung
der magnetischen Achsen in das geometrische System des Laser-
trackers benötigt werden. Hierzu wird durch taktiles Messen mittels
Hallsonde ein Koordinatensystem mit Bezug zu den Referenzpunkten
am Magneten definiert und die magnetische Achse abgeleitet. Die
Erfassung aller Referenzpunkte erfolgte wiederum taktil mit einem
CCR (Abb. 2). Um die Zuverlässigkeit zu steigern, wurden alle Refe-
renzpunkte von zwei Instrumentenstandpunkten redundant aufge-
nommen. Durch die hohe Reproduzierbarkeit der Reflektorposition
an den Referenzpunkten der Dipole konnten diese als zusätzliche
Verknüpfungspunkte in der späteren Auswertung verwendet werden.
Die gelben Quadrupole besitzen lediglich zwei die Strahlrichtung
definierende Referenzpunkte, sodass hierfür eine Adapterplatte mit
vier konischen Bohrungen an den Ecken gefertigt wurde, die in die
Bohrungen am Magneten eingesetzt wird. Auch die Position der
grauen Quadrupole musste mithilfe eines speziell gefertigten Adap-
ters ähnlich einem Kantenadapter erfasst werden. Somit konnten für
beide Magnettypen jeweils vier bis sechs definierte Referenzpunkte
aufgenommen werden, über die Position und Orientierung abgeleitet
werden konnten.
Die Ausrichtung der Magneten in Strahlrichtung (Gierwinkel) lässt
sich eindeutig über die jeweiligen Referenzpunkte ableiten. Um
auch den Nick- und Rollwinkel mit entsprechender Genauigkeit
bestimmen zu können, wurden auf den blauen Dipolen jeweils ca.
30 gleichmäßig verteilte Punkte auf der Magnetoberfläche gemes-
sen und daraus der Normalenvektor berechnet (Abb. 2, links). Der
Gierwinkel der Quadrupole leitet sich direkt aus den vier bzw. sechs
gemessenen Referenzpunkten ab, wobei sich auch hier über den
Normalenvektor zusätzlich Nick- und Rollwinkel ergeben.
Zur Beschleunigung wird der Elektronenstrahl durch die supra-
leitenden Kryostatmodule geleitet (Abb. 1, rote Elemente ). Da die
Module auf bis zu 2 K heruntergekühlt werden, sind sie mehrfach
isoliert und die Strahlführungselemente nur an sechs Übergängen
auf einer Länge von jeweils nur wenigen Zentimetern zugänglich.
Die Aufnahme der Strahlführungselemente gelang mithilfe eines
L-förmigen Adapters, der an einem Ende zwei CCR magnetisch auf-
nehmen kann und am anderen Ende auf der Mantelfläche der zylin-
drischen Strahlführung formschlüssig aufsetzt (Abb. 3). Wird der
Adapter um seinen Auflagepunkt gedreht, beschreiben beide Reflek-
toren zwei Kreise unterschiedlicher Radien im Raum. Zusätzliche
Verschiebungen entlang der Strahlführungsachse erweitern die
Geometrie vom dreidimensionalen Kreis auf die Mantel fläche eines
Zylinders. Versorgungsleitungen und Steuer kabel begrenzen den
Zugang, sodass nur Segmente der Zylinder realisiert werden kön-
nen. Insgesamt wurden die sechs Doppel zylinder mit jeweils 20 bis
40 Punkten erfasst.
Abb. 2 | Links: Dipol
(blau) mit CCR in
Oberflächenadapter; rechts
oben: grauer Quadrupol mit
CCR in Kantenadapter; rechts
unten: gelber Quadrupol mit
CCR in Referenzpunkt
64 avn | 124 ( 2017 ) 3
| Fachbeitrag aus der Praxis
2.3 Laserscannermessungen
Parallel zu den Messungen mit dem Lasertracker wurden die
Beschleunigerhalle sowie der vordere Bereich der Experimentier-
halle mithilfe eines Laserscanners aufgenommen. Zum Einsatz kam
der FARO Focus3D S 120 des Labors für Geoinformation.
Ziel war es, Daten zur Bestandsdokumentation und Planung zu
erfassen, da die Hallen des S-DALINAC während des zum Teil
mehrere Wochen ununterbrochen andauernden Strahlbetriebs aus
Strahlenschutzgründen nicht betreten werden dürfen (Strahlen-
schutzverordnung). In diesen Zeiträumen bietet die Punktwolke eine
gute Informationsgrundlage zur Planung des Umbaus. Ebenso lassen
sich aus den Daten Medien zur Außendarstellung wie beispielsweise
Animationen ableiten.
Zur gegenseitigen Registrierung der Scans und zur späteren
Verknüpfung mit den Lasertrackerdaten wurden an die Wände
Schachbrettmarken geklebt. An den langen Wänden der Beschleu-
nigerhalle sowie im vorderen Teil der Experimentierhalle waren
Marken des Formats DIN A4 ausreichend. Mit Blick auf die zuneh-
mend geringere Auflösung bei steigender Messentfernung haben
die Marken an der kurzen Seite der Wände in der Experimentierhalle
das Format DIN A3. Um die geometrische Stabilität der Orien tierung
zu gewährleisten, wurden an verdeckten Stellen zusätzlich tempo-
räre Zielkugeln mit Magnetfuß und Schachbrettmarken verwendet.
Insgesamt sind 19 Schachbrettmarken und neun Zielkugeln in den
beiden Hallen verteilt worden. Zur Orientierung der Scans im lokalen
Netz wurden die Zentren der Marken mit dem
Lasertracker und einem Surface Reflector
taktil eingemessen (Abb. 4, links oben ).
Die Beschleunigerhalle wurde mit 27
Standpunkten erfasst (Abb. 4). Ein Scan mit
einer Auflösung von 10 240 Punkten pro
360° (Punktabstand ca. 6 mm⁄10 m) dauerte
ca. vier Minuten. Weitere fünf Standpunkte
waren zur Erfassung des Experimentbereichs
nötig. Bei diesen Scans wurde aufgrund des
kleineren Messvolumens eine geringere Auf-
lösung von 8 192 Punkten pro 360° (Punktab-
stand ca. 7,5 mm⁄10 m) mit einer Scandauer
von knapp zwei Minuten gewählt. Der herstel-
lerspezifische Qualitätsfaktor, über den sich
die Messrate und die mögliche Verwendung
einer Rauschkompensation definieren, betrug in beiden Fällen 3×.
Das entspricht einer Erfassung von 244 000 Punkten pro Sekunde
ohne die Verwendung der Rauschkompensation / FARO Techno logies
2013/. Die Aufnahmezeiten aller Standpunkte verlängern sichnoch
um die Dauer der Erfassung von Farbbildern, mit denen die Punkt-
wolken in der Nachprozessierung eingefärbt werden können.
Das Anbringen und Einmessen der Schachbrettmarken sowie die
vollständige Erfassung der beiden Hallen am S-DALINAC erfolgte an
einem Arbeitstag. Die kompakte Bauweise des Scanners erleichterte
das Arbeiten in den mit komplexen Aufbauten ausgefüllten und
daher teilweise schwer zugänglichen Hallen und ihrer verwinkelten
Verbindung.
3 AUSWERTUNG UND ERGEBNISSE
3.1 Bündelausgleichung der
Lasertrackerstandpunkte
Die einzelnen Standpunkte des Lasertrackers werden über eine
Bündelausgleichung zusammengeführt. Hierbei kann in der indust-
riellen Messtechnik der Schwerebezug oft aufgrund des sehr kleinen
Objektraums vernachlässigt werden. Die Verknüpfung erfolgte über
homologe Punkte mittels verketteter Koordinatentransformationen
/ Lösler & Eschelbach 2012/, wobei die originären polaren Messwerte
– Schrägstrecke, Nick- und Gierwinkel – jedes Punkts pi , j vorab in
Abb. 4 | 3D-Scan mit FARO Focus3D S 120 zwischen Hauptbeschleuniger und erster Rezirkulation;
links oben: Surface Reflector zur Erfassung der Schachbrettmarken mit dem Lasertracker Leica AT401
Abb. 3 | Links oben:
L-Adapter in schematischer
Darstellung; rechts:
L-Adapter in Montage an
Strahlführungselement;
links unten und Mitte:
Kryostatmodule mit sechs
Aufnahmepositionen für
L-Adapter
65
Fachbeitrag aus der Praxis |
kartesische Koordinaten der Punkte überführt werden müssen. Als homologe Punkte fungier-
ten nicht nur die Datumspunkte im Außenbereich des Beschleunigers, sondern auch die Refe-
renzpunkte der Dipole, die redundant von mehreren Standpunkten aufgenommen wurden.
Die Wahl der möglichen Transformationsparameter, die pro Standpunkt im Rahmen
der Bündelausgleichung mitgeschätzt werden können, ist problembezogen abzuwägen
/ Lösler & Eschelbach 2014/, um geometrische Objekteigenschaften, wie beispielsweise
die Rechtwinkligkeit, zu wahren. Im Allgemeinen beschränkt man sich auf maximal sechs
Transformationsparameter pro Standpunkt, drei Drehungen e
x, e
y und e
z, die zu einer Rota-
tionssequenz R zusammengefasst werden, und drei Translationen t = [tx ty tz]T. Werden
alle sechs Parameter pro Standpunkt geschätzt, spricht man von einer 6-DOF-Lösung
(DOF: engl. Degree of Freedom). Im Fall sehr kleinräumiger Netze wird statt dieser 6-DOF-
Lösung häufig auch eine 4-DOF-Lösung angewandt, bei der die Drehungen e
x = e
y = 0
gesetzt werden. Um die optimale Anzahl an Parametern im Ausgleichungsmodell zu
eruieren und um einer Überparame trierung entgegenzuwirken, bieten sich Verfahren zur
Modellbewertung aus der Informationstheorie an / Lehmann 2014/, / Lehmann & Lösler
2016/. Eines der ältesten und bekanntesten Verfahren zur Modellbewertung ist das
Akaike-Informationskriterium / Akaike 1974/. Für kleinräumige Netze untersuchen / Lösler
et al. 2016b/ die optimale Anzahl an Transformationsparametern mittels Akaike-Informati-
onskriterium und zeigen, dass eine 6-DOF-Lösung gegenüber der 4-DOF-Lösung bei der
Bündelausgleichung zu empfehlen ist. Aufgrund der vergleichbaren Netzausdehnung am
Teilchenbeschleuniger wurde eine Bündelausgleichung gewählt, bei der sechs Parameter
pro Standpunkt (6-DOF) geschätzt werden.
Über die Transformationsgleichung
pi, j
= tj + Rj p
~i (1)
werden alle Punkte pi, j
des j-ten Standpunkts des Lasertrackers in den übergeordneten
Bezugsrahmen p
~i überführt. Die Bestimmung der Transformationsparameter erfolgt in einer
gemeinsamen Ausgleichung für alle Standpunkte im Gauß-Markov-Modell nach der Metho-
de der kleinsten Quadrate / Lösler & Eschelbach 2012/, / Lösler et al. 2016b/.
Im Zuge der Umformung der polaren Beobachtungen in lokale kartesische Koordinaten
lässt sich auch das Unsicherheitsbudget ableiten, das dem Ausgleichungsprozess als
stochastisches Modell zugrunde liegt. Diese Budgetierung berücksichtigt die Genauigkeit
der Messelemente selbst, zusätzliche Einflussparameter im Mess prozess (Temperatur-
schwankungen, Zentrierunsicherheiten etc.) und fertigungsbedingte Abweichungen des
Instruments von seiner idealisierten Geometrie bzw. die Unsicherheiten der entsprechenden
Korrekturparameter (Kippachsabweichung, Exzentrizität des Teilkreises etc. / Lösler et al.
2016b/). Basierend auf dem geometrischen Kompensationsmodell von / Hughes et al.
2011/ erweiterten / Lösler & Eschelbach 2012/ das Modell auf den gesamten Messprozess,
sodass sich bis zu 25 Einflussgrößen modellieren lassen, die die Unsicherheiten der aus
polaren Messelementen abgeleiteten Koordinaten bestimmen. Das a priori gewählte sto-
chastische Modell wurde in Anlehnung an die Herstellerspezifikation / Hexagon Metrology
2012/, Erfahrungen aus vergleichbaren Projekten / Juretzko 2009/, / Eschelbach & Overath
2014/ und Instrumentenuntersuchungen / Hughes et al. 2011/, / Eschelbach et al. 2015/
mittels Unscented Transformation festgelegt / Lösler et al. 2015/, / Lösler et al. 2016a/.
Tab. 1 fasst die gewählten a priori Unsicherheiten zusammen. Während die instrumen-
tenbezogenen Unsicherheiten alle von einem Standpunkt aus gemessenen Punkte glei-
chermaßen beeinflussen, sind die individuellen zielpunktabhängigen Unsicherheiten als
zufälliges Messrauschen zu interpretieren / Lösler & Eschelbach 2012/.
Im Rahmen der Bündelausgleichung wurden mehr als 2 100 einzelne Punktbeobach-
tungen von insgesamt 31 Standpunkten zu ca. 1 500 Objektpunkten zusammengeführt.
Die erreichte 3D-Punkt unsicherheit nach der Ausgleichung lag bei uxyz = 0,2 mm (95 %
Konfidenzbereich) für die Datums- und Objektpunkte und erfüllt die oben genannten
Anforderungen.
Gegenwärtig erfolgt die Feinabsteckung der Positionen aller Magnete der drei Rezirkula-
tionsstrahlführungen in der Beschleunigerhalle. Da bei den Umbaumaßnahmen nicht garan-
tiert werden kann, dass die Positionen der übrigen Magneten unverändert bleiben, liegt das
C. Eschelbach, M. Lösler, P. Winkemann, M. Arnold, N. Pietralla –
Einsatz mobiler Lasermesstechnik bei der Erfassung von
Strahlführungselementen eines Elektronenlinearbeschleunigers
Fokus auf
Produktivität ...
... die neuen Leica Digitalnivelliere!
Dem Innovationsführer und Erfinder der
Digitalnivelliere - Leica Geosystems - ist es
gelungen, neue Digitalnivelliere zu entwickeln,
die Ihren Arbeitsablauf deutlich beschleunigen.
Möglich wird dies durch das Zusammenspiel
der neuen Autofokus Funktionalität, der neuen
großen Farb-Touch Anzeige, der hochwertigen
Weitwinkel-Kamera und dem neuen Digital-
kompass.
Leica Geosystems
Tel. 089/14 98 10 0
http://facts.leica-geosystems.com/LS
66 avn | 124 ( 2017 ) 3
| Fachbeitrag aus der Praxis
Datum einzig in den 18 Drift-Nestern an den Laborwänden. Im Zuge
der Stationierungen zur Feinabsteckung in der Beschleunigerhalle
ergibt sich eine mittlere räumliche Abweichung in den Datumspunk-
ten von 0,1 mm und bestätigt die Annahme, dass sich die Drift-
Nester an den Laborwänden zur langfristigen Definition des Datums
eignen und die abgeschätzten Unsicherheiten nach / DIN-13193/
zutreffend sind.
3.2 Ableitung der räumlichen Ausrichtung
derStrahlführungselemente
Die Ausgleichungsprozesse zur Ableitung der räumlichen Aus-
richtung der Strahlführungselemente erfolgten mit den aus der
Bündelausgleichung stammenden ausgeglichenen Punkten unter
Berücksichtigung der zugehörigen, vollbesetzten Unsicherheitsmat-
rix. Insgesamt wurden die Formparameter von 66 Ebenen und sechs
Doppelzylindern berechnet.
Neben den Referenzpunkten an den Dipolen und Quadrupolen
definiert der Normalenvektor der Magnetoberfläche die räumliche
Orientierung des Strahlführungselements. Dieser wird über die
Regressionsebene durch die hierfür erfassten Ebenenpunkte auf
dem Magneten abgeleitet. Es gilt
eT
p
~i = d, (2)
wobei e = [ex ey ez]T der normierte Normalenvektor mit || e || = 1 ist,
d der kürzeste Abstand der Ebene vom Koordinatenursprung und p
~i
ein Punkt der Ebene ist. Da im Gleichungssystem keine Trennung
der Veränderlichen vorgenommen werden kann, sind die Parameter
in einem Gauß-Helmert-Modell (GHM) mit Restriktionen / Caspary &
Wichmann 2007/ zu schätzen.
Als Maßzahl für die Ausrichtungsgenauigkeit wird die 3D-Punkt-
unsicherheit für einen Punkt außerhalb der Ebene im Verhältnis zu
seinem Ebenenabstand herangezogen, die sich durch Anwendung
des Unsicherheitsfortpflanzungsgesetzes ergibt. Erwartungsge-
mäß ist die Unsicherheit bei den Dipolen bedingt durch die große
Punktanzahl und die Größe des erfassten Ebenenausschnittes am
kleinsten. Die Normalenvektoren der Quadrupole wurden jeweils nur
aus vier Referenzpunkten bestimmt. Insbesondere bei den grauen
Quadrupolen, die lediglich eine Grundfläche von ca. 15 × 10 cm2
aufweisen, kommt es zu höheren Extrapolationsabweichungen und
somit zu größeren Unsicherheiten. Insgesamt wird eine 3D-Punkt-
unsicherheit von ue = 0,3 mm/m (95 % Konfidenzbereich) nicht
überschritten, wodurch die o. g. Anforderungen erfüllt sind.
In der Beschleunigerhalle wurden zur Bestimmung der Strahl-
achse an den Verbindungsstellen zwischen den Kryostatmodulen
Teile der Strahlführungselemente erfasst. Bauartbedingt ist nur eine
partielle Erfassung des Zylindermantels möglich. Die Aufnahme mit
einem speziellen L-Adapter, der zwei CCR aufnehmen kann, liefert
bei Drehung und Verschiebung des Adapters Punkte der Mantel-
flächen von zwei Zylindern, die um dieselbe Achse z = [zx zy zz]T
rotieren, jedoch unterschiedliche Radien r1 bzw. r2 besitzen (Abb. 5).
Über den funktionalen Zusammenhang
||(p
~i − p0) × z|| = r1, 2 (3)
liefern die Punkte p
~i der Mantelfläche des Zylinders den Aufpunkt
p0 mit dem kürzesten Abstand zum Ursprung sowie die Achse z mit
|| z || = 1, und pT
z z = 0. Während die Ebenen der Magnete getrennt
für sich berechnet werden, erfolgt die Bestimmung der insgesamt
sechs Doppelzylinder in einem Modell, da es sich um Elemente des-
selben Strahlführungsabschnitts handelt. Hierbei werden die beiden
Radien für alle Doppelzylinder als identisch betrachtet.
Die ursprüngliche Annahme einer einheitlichen Zylinderachse für
den Bereich I1 bzw. A1 muss nach der Analyse der Residuen verwor-
fen werden. Die in Abb. 5, rechts, blau dargestellten Residuen dieses
Modells weisen eine asymmetrische Verteilung auf und übersteigen
die Messunsicherheit des Lasertrackers um ein Vielfaches. Dies lässt
auf ein nicht zutreffend parametriertes funktionales Modell schließen.
In einer weiteren Analyse wurden die sechs Achsen der Doppelzylinder
unabhängig voneinander geschätzt. Die in Abb. 5, rechts, orange dar-
gestellten Residuen dieses Modells sind annähernd normalverteilt und
streuen in der Größenordnung der erzielbaren Messunsicherheit. Der
2 Der Entwicklungsgrad der Fourier-Reihe wird auf n = 2 beschränkt, siehe /Lewis et al. 2013/.
3 Die Ermittlung der Messunsicherheit nach /DIN-1319/ ist konform zum Leitfaden zur Angabe der Unsicherheit beim Messen (engl.: Guide to the Expression of
Uncertainty in Measurement; GUM) insbesondere zur 2. Ergänzung für multivariable Modelle /GUM 2011/.
Instrumentenbezogene Unsicherheiten
Standpunkt x-Koordinate 50 μm
y-Koordinate 50 μm
z-Koordinate 50 μm
Distanzmesser Instrumentenmaßstab 0,5 ppm
Additionskonstante 5 μm
y-Offset 0,5 μm
z-Offset 0,5 μm
Achsenoffset 0,5 μm
Gierwinkel-Encoder Fourier-Koeffizienten2 n = 2 75 μgon
Höhenindexabweichung 75 μgon
Nickwinkel-Encoder Fourier-Koeffizienten n = 2 75 μgon
Kippachsabweichung 75 μgon
Zielachsabweichung 75 μgon
Individuelle zielpunktabhängige Unsicherheiten
Umgebungsmaßstab 2,5 ppm
Gierwinkel 0,15 mgon
Nickwinkel 0,15 mgon
Zentrierung x-Komponente 12 μm
y-Komponente 12 μm
z-Komponente 12 μm
Tab. 1 | Gewählte a priori Unsicherheiten zur Ableitung des stochastischen
Modells der Bündelausgleichung. Die Unsicherheiten unterteilen sich in
punktübergreifende instrumentenbezogene Unsicherheiten und individuelle
Unsicherheiten im Messprozess eines Punktes.
67
C. Eschelbach, M. Lösler, P. Winkemann, M. Arnold, N. Pietralla – Einsatz mobiler Lasermesstechnik bei der Erfassung von
Strahlführungselementen eines Elektronenlinearbeschleunigers
Fachbeitrag aus der Praxis |
durch Gleichung (3) angenommene funktionale Zusammenhang ohne
Kopplung der Zylinderachsen wird bestätigt, sodass dieses Modell zu
favorisieren ist. Die Residuenanalyse der Doppelzylinderauswertung
ergibt somit, dass eine einheitliche Strahlachse sowohl im Bereichen
I1 als auch im Bereich A1 nicht vorliegt, und eine Neuausrichtung der
Kryostatmodule empfehlenswert ist.
3.3 3D-Modell aus Laserscannerdaten
Die Auswertung der Laserscannerdaten erfolgte in mehreren Schrit-
ten. In FARO SCENE wurden die Scanpunkte zunächst automatisch
eingefärbt und die Verknüpfungspunkte ermittelt. Im Anschluss
wurden die Passpunkte manuell auf Fehlerfassungen überprüft und
die Punktnummern korrigiert.
FARO SCENE ermöglicht eine gegenseitige Orientierung der Scans
in Clustern. Dabei kann ein Projekt in mehrere Bereiche (Cluster)
unterteilt werden, in denen die Einzelscans zueinander orien tiert
werden. Die Orientierung dieser Cluster erfolgt abschließend projekt-
weit. Die Scans der Beschleunigerhalle wurden in mehreren Clustern
zusammengefasst, die jeweils in den Bereichen parallel zu den
geraden Abschnitten der Strahlführung in x-Richtung lagen (Abb. 1).
Ein weiterer Cluster enthielt die Scans der Experimentierhalle.
Zusammen mit den lokalen Koordinaten der Schachbrettmarken aus
der Messung mit dem Lasertracker konnten so alle Scans mit einer
mittleren Positionierungsunsicherheit von 7 mm in das lokale
Bezugssystem transformiert werden. Aufgrund der untergeordneten
Genauigkeitsanforderungen an die Laserscannerdaten wurde auf
eine zusätzliche Verknüpfung der einzelnen Scans über geometrische
Primitive (z. B. / Lichtenstein & Benning 2010/) verzichtet. Im
Anschluss wurde eine Projektpunktwolke mit einer homogenisierten
Punktdichte berechnet. Aus dieser Punktwolke lassen sich digitale
Orthophotos, eine zweidimensionale Abbildung ausgewählter Punkte
orthogonal projiziert auf eine der drei Raumebenen mit gegebenem
Maßstab, berechnen. Diese Bilddaten können dann beispielsweise
georeferenziert als Hintergrundinformation im CAD genutzt werden.
In diesem Projekt wurden zwei Orthophotos in der Draufsicht im
Verhältnis 1 px = 5 × 5 mm2 erstellt: Als Schnitt auf Höhe des
Beschleunigerstrahls und als komplette Ansicht ohne Decke. Ebenso
wird die Projektpunktwolke einmal gesamt und einmal ohne Decke
zur Weiterverarbeitung in mehrere Formate exportiert.
Das Projekt wurde zur Ansicht in FARO SCENE WebShare2Go
aufbereitet. Dort lassen sich die Scans als Panoramabilder in einem
Webbrowser betrachten. SCENE WebShare ermöglicht auch eine
punktwolkenbasierte Messung innerhalb der Panoramen. Während
SCENE WebShare auf einem Server betrieben werden muss, bietet
WebShare2Go eine portable Komplettlösung mit Webserver und
Browser, die sich von einem Wechseldatenträger aus starten lässt.
Als weiteres Produkt wurden Flüge durch die Beschleunigerhalle
und den Experimentierbereich animiert (Abb. 6). Diese Filme können
bei Präsentationen eingesetzt werden.
Eine andere Möglichkeit der Visualisierung der Punktwolke in einem
Webbrowser bietet Potree. Nachdem der Datensatz ohne Decke in
eine Octree-Struktur überführt wurde / Foley et al. 2013/, kann Pot-
ree die Punktwolken mittels WebGL anzeigen und durch Javascript
dynamisch Datenpakete nachladen. So können im Browser die Punkt-
wolken interaktiv betrachtet, zwischen den Punkten gemessen und
Clippingboxen zur besseren Visualisierung gesetzt werden.
Die Vorbereitung der Scans bis zur Berechnung der Projektpunktwol-
ke konnte in einem Arbeitstag realisiert werden. Die Ableitung der wei-
teren Produkte bedurfte nochmals dreier Arbeitstage, die sich durch die
teilweise langen Prozessierungszeiten auf mehrere Wochen verteilten.
4 Zusammenfassung
Am Supraleitenden Darmstädter Elektronenlinearbeschleuniger des
Instituts für Kernphysik der Technischen Universität Darmstadt wurden
66 Dipol- und Quadrupolmagnete, die den Strahlverlauf des Teilchen-
beschleunigers definieren, messtechnisch erfasst. Bedingt durch die
hohen Genauigkeitsanforderungen wurde die Aufnahme mit dem mobi-
len Lasertracker Leica AT401 des Labors für Industrielle Messtechnik
der FRA-UAS durchgeführt. Die sachgerechte Verknüpfung der erhobe-
nen Daten erfolgte mit einem koordinatenbasierten Auswerteansatz in
einer Bündelausgleichung unter Berücksichtigung eines umfassenden
Unsicherheitshaushalts. Für die ermittelten Punkte konnte eine räumli-
che Unsicherheit von uxyz = 0,2 mm (95 % Konfidenzbereich) nachge-
wiesen werden, womit die geforderte Toleranz von 0,5 mm eingehalten
Abb. 5 | Links: Schätzung eines Doppelzylinders aus diskreten 3D-Punkten (ungleiche Achsskalierung); rechts: Residuenanalyse unterschiedlicher Model-
lierungen der Doppelzylinderachsen; blau dargestellt sind die Residuen bei abschnittsweiser Achsbestimmung (zwei Achsen), orange dargestellt sind die
Residuen bei individueller Achsbestimmung (sechs Achsen)
68 avn | 124 ( 2017 ) 3
| Fachbeitrag aus der Praxis
wird. Mithilfe der Formanalyse konnten weiterhin der Strahlenverlauf
zwischen den Kryostatmodulen und die räumliche Ausrichtung der
Dipole und Quadrupole geometrisch abgeleitet werden.
Ergänzend zu den diskret gemessenen Punkten des Lasertra-
ckers erfolgte die Aufnahme des gesamten Laborbereichs mit-
hilfe des Laserscanners FARO Focus3D S 120 des Labors für
Geoinformation der FRA-UAS. Die hierbei entstandene Punktwolke
bildet die geometrische Grundlage für räumliche Fahrtwegs- und
Kollisionsanalysen bei infrastrukturellen Änderungen des Teilchen-
beschleunigers im Planungsstadium. Sie lässt sich im Kontext der
Gebäudedatenmodellierung (engl. Building Information Modeling
– BIM) weiter analysieren. Ferner können die Daten zur Erstellung
von webbasierten virtuellen Rundgängen verarbeitet werden, um
Besuchern und Fachkollegen auch während der Betriebsphase
einen gefahrlosen visuellen Eindruck des S-DALINAC zu vermitteln.
Literatur
Akaike, H. (1974): A new look at the statistical model identification. In: IEEE
Trans. Autom. Control, 19(1974), 716 – 723.
Arnold, M.; Kürzeder, T.; Pietralla N.; Hug, F. (2016): Final Design and Status
of the Third Recirculation for the S-DALINAC. In: Proceedings of IPAC2016,
Busan, Korea, 1717 – 1719.
Caspary, W.; Wichmann, K. (2007): Auswertung von Messda ten – Statistische
Methoden für Geo- und Ingenieurwissenschaften. Oldenbourg, München.
DIN-1319 (1995): Grundlagen der Meßtechnik. Beuth, Berlin.
Eschelbach, C. (2007): Störanfälligkeit geodätischer Präzisionsmessungen
durch lokale Temperaturschwankungen. In: Brunner, F. K. (Hrsg.): Ingenieur-
vermessung 07. Beiträge zum 15. Internationalen Ingenieurvermessungskurs
Graz, 2007. Wichmann, Heidelberg, 169 – 180.
Eschelbach, C.; Heckmann, B.; Lösler, M. (2015): Hochgenaue Sollstreckenbe-
stimmung mit einem mobilen Lasertracker an der Kalibrierbasis Neu-Isenburg.
In: allgemeine vermessungs-nachrichten (avn), 122(2015)3, 95 – 101.
Eschelbach, C.; Overath, T. O. (2014): Einsatz eines mobilen Lasertrackers zur
hochpräzisen Justierung von Fächerlotsystemen bei Hochseevermessungs-
schiffen. In: Wieser, A. (Hrsg): Ingenieurvermessung 14. Beiträge zum 17. In-
ternationalen Ingenieurvermessungskurs Zürich, 2014. Wichmann, Berlin/
Offenbach, 347 – 360.
FARO Technologies, Inc. (2013): FARO Laser Scanner Focus 3D Handbuch.
Foley, J. D.; van Dam, A.; Feiner, S. K. (2013): Computer Graphics: Principles
and Practice. 3. Auflage. Addison-Wesley, New York.
GUM (2011): Evaluation of measurement data – Supplement 2 to the “Guide
to the expression of uncertainty in measurement” – Extension to any number
of output quantities. http://www.bipm.org/en/publications/guides/gum.html
(12. 08. 2016).
Hexagon Metrology (2012): Leica Absolute Tracker AT401. Specification.
Hug, F.; Bahlo, T.; Burandt, C.; Conrad, J.; Jürgensen, L. E.; Kleinmann, M.;
Konrad, M.; Kürzeder, T.; Pietralla, N.; Eichhorn, R. (2013): Increasing the
Stability of the Electron Beam of the S-DALINAC. In: Proceedings of IPAC2013,
Shanghai, China, 3303 – 3305.
Hughes, B.; Forbes, A.; Lewis, A.; Sun, W.; Veal, D.; Nasr, K. (2011): Laser
Tracker Error Determination Using a Network Measurement. In: Meas. Sci.
Technol., 22(2011), 1 – 12.
Juretzko, M. (2009): Positionsbestimmung der Elektrodenmodule des
KATRIN-Experiments mithilfe eines Lasertrackers. In: Allgemeine Vermes-
sungs-Nachrichten (AVN), 116(2009)6, 220 – 230.
Knirsch, M. (1991): Konzeption, Aufbau und Erprobung eines hochauflösen-
den QCLAM-Spektrometers mit großem Raumwinkel und hoher Impuls-
akzeptanz am Elektronenbeschleuniger S-DALINAC. D17. TU Darmstadt.
Lehmann, R. (2014): Transformation model selection by multiple hypotheses
testing. In: Journal of Geodesy, 88(2014)12, 1117 – 1130.
Lehmann, R.; Lösler, M. (2016): Multiple Outlier Detection: Hypothesis Tests
versus Model Selection by Information Criteria. Journal of Surveying Enginee-
ring.
Lewis, A.; Hughes, B.; Forbes, A.; Sun, W.; Veal, D.; Nasr, K. (2013): Determi-
nation of misalignment and angular scale errors of a laser tracker using a new
geometric model and a multi-target network approach. In: MacroScale 2011
– Recent developments in traceable dimensional measurements. Physika-
lisch-Technische Bundesanstalt (PTB), Bern-Wabern (Schweiz), 1 – 16.
Lichtenstein, M.; Benning, W. (2010): Registrierung von Punktwolken auf der
Grundlage von Objektprimitiven. In: Allgemeine Vermessungs-Nachrichten
(AVN), 117(2010)6, 202 – 207.
Lindenberg, K. (2007): Development and Construction of the Low-Energy
Photon Tagger NEPTUN. D17. TU Darmstadt.
Lösler, M.; Arnold, M.; Bähr, H.; Eschelbach, C.; Bahlo, T.; Grewe, R.; Hug, F.;
Jürgensen, L.; Winkemann, P.; Pietralla, N. (2015): Hochpräzise Erfassung
von Strahlführungselementen des Elektronenlinearbeschleunigers S-DALINAC.
In: Zeitschrift für Geodäsie, Geoinformatik und Landmanagement (zfv),
140(2015)6, 346 – 356.
Lösler, M.; Bähr, H.; Ulrich, T. (2016a): Verfahren zur Transformation von Pa-
rametern und Unsicherheiten bei nicht-linearen Zusammenhängen. In:
Luhmann, T.; Schumacher, C. (Hrsg.): Photogrammetrie – Laserscanning –
Optische 3D-Messtechnik. Beiträge der Oldenburger 3D-Tage 2016. Wich-
mann, Berlin/Offenbach, 274 – 285.
Abb. 6 | Detailansicht
aus 3D-Punktwolke:
hinterer Abschnitt des
Hauptbeschleunigers mit
Kryostatmodulen und erster
Rezirkulation
69
Fachbeitrag aus der Praxis |
C. Eschelbach, M. Lösler, P. Winkemann, M. Arnold, N. Pietralla –
Einsatz mobiler Lasermesstechnik bei der Erfassung von
Strahlführungselementen eines Elektronenlinearbeschleunigers
Lösler, M.; Eschelbach, C. (2012): Konzept zur Realisierung eines Prototypen zur sachgerechten Aus-
wertung von polaren Beobachtungen. In: allgemeine vermessungs-nachrichten, 119(2012)7, 249 – 258.
Lösler, M.; Eschelbach, C. (2014): Zur Bestimmung der Parameter einer räumlichen Affintransformation.
In: allgemeine vermessungs-nachrichten (avn), 121(2014)7, 273 – 277.
Lösler, M.; Haas, R.; Eschelbach, C. (2016b): Terrestrial monitoring of a radio telescope reference point
using comprehensive uncertainty budgeting. In: Journal of Geodesy, 90(2016)5, 467 – 486.
Lüttge, C. et al. (1995): Large aperture system for high-resolution 180° electron scattering. In: Nucl.
Instr. and Meth., A 366(1995)325.
Richter, A. (1996): Operational Experience at the S-DALINAC. Bd. 110. In: Meyers, S.; Pacheco, A.;
Pascual, R.; Petit-Jean-Genaz, C.; Poole, J. (Hrsg.): Proc. of the 5th EPAC. IOP Publishing, Bristol:
Savran, D. et al. (2010): The low-energy photon tagger NEPTUN. In: Nucl. Instr. and Meth., A 613(2010)232.
Schüll, D. et al. (1978): High Resolution Electron Scattering Facility at the Darmstadt Linear Accelerator
(DALINAC). In: Nucl. Instr. Meth., 153(1978)9.
Sonnabend, K. et al. (2011): The Darmstadt High-Intensity Photon Setup (DHIPS) at the S-DALINAC. In:
Nucl. Instr. and Meth., A 640(2011)6.
Prof. Dr.-Ing. Cornelia Eschelbach
FRANKFURT UNIVERSITY OF APPLIED
SCIENCES –
LABOR FÜR INDUSTRIELLE MESSTECHNIK
Nibelungenplatz 1 | 60318 Frankfurt am Main
cornelia.eschelbach@fb1.fra-uas.de
Dipl.-Ing. (FH) Michael Lösler
FRANKFURT UNIVERSITY OF APPLIED
SCIENCES –
LABOR FÜR INDUSTRIELLE MESSTECHNIK
Nibelungenplatz 1 | 60318 Frankfurt am Main
michael.loesler@fb1.fra-uas.de
Philipp Winkemann MSc. (GIS)
FRANKFURT UNIVERSITY OF APPLIED
SCIENCES – LABOR FÜR GEOINFORMATION
Nibelungenplatz 1 | 60318 Frankfurt am Main
philipp.winkemann@fb1.fra-uas.de
MSc. Michaela Arnold
TECHNISCHE UNIVERSITÄT DARMSTADT
INSTITUT FÜR KERNPHYSIK
Schlossgartenstraße 9 | 64289 Darmstadt
marnold@ikp.tu-darmstadt.de
Prof. Dr. Dr. h. c. Norbert Pietralla
TECHNISCHE UNIVERSITÄT DARMSTADT
INSTITUT FÜR KERNPHYSIK
Schlossgartenstraße 9 | 64289 Darmstadt
pietralla@ikp.tu-darmstadt.de
Fokus auf
Präzision ...
... die neuen Leica Digitalnivelliere!
Automatisierte Funktionen und eine branchen-
führende Genauigkeit von 0,2 mm mit Standard
Invar-Nivellierlatten liefern höchste Präzision.
Mit nur einem Tastendruck werden vor jeder
Messung automatisierte Neigungsprüfungen
durchgeführt. Dank dem integrierten Autofokus
wird nicht nur Ihr Ziel schneller erfasst, sondern
auch die Messgenauigkeit erhöht, indem der
Kontrast der Latte maximiert wird.
Leica Geosystems
Tel. 089/14 98 10 0
http://facts.leica-geosystems.com/LS