Der Vergleich der belebten Natur mit politisch-sozialen Strukturen ist seit dem Altertum gebräuchlich und wird auch in der Gegenwart noch häufig verwendet. Dabei haben sich die der Organismus-Metapher zugrunde liegenden Voraussetzungen über die Zeiten immer wieder gewandelt. Am Anfang des Prozesses steht die Auffassung von der Einheit aus Natur und Geschichte, die beide der Welt des Lebendigen zugeordnet wurden. Man differenzierte die beiden Lebensbereiche noch nicht weiterführend in anorganische Materie als Bestandteil und Erzeugnis der Natur beziehungsweise den menschlichen Geist als Prinzip von Geschichte. Da der Mensch als so genanntes Naturwesen galt, ging man davon aus, dass sowohl die Struktur als auch die Funktionsweise des menschlichen Organismus in den von diesem ins Leben gerufenen staatlichen Institutionen wieder gefunden werden könne: „Sollte, was für den Menschen zutrifft, nicht auch für seine Werke, für Staaten, Künste und Kulturen gelten?”
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