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DOI 10.1515/9783110468946-012
Johannes Müller, Walter Frey & Alexander Stocker
Praxisbeispiel: Siemens
Wissensmanagement mit Social Media im Intranet: Die
Community-Plattform „References+“– Fallstudie einer
zwölfjährigen Erfolgsgeschichte
Zusammenfassung: References+ ist eine Web-2.0-Anwendung und Community-Platt-
form zum weltweiten Austausch von Wissen, Erfahrungen und Best Practices inner-
halb des Siemens-Intranets. Im Sinne von Social Networking möchte References+ Sie-
mens-Mitarbeitende über organisationale, hierarchische und geographische Grenzen
hinweg miteinander vernetzen und diese zur direkten Kommunikation untereinander
animieren. Die Plattform entstand 2005 und ist seit über einem Jahrzehnt im produk-
tiven Einsatz. Kontinuierlich wurden und werden Funktionen und Inhalte von Refe-
rences+ erweitert und in agiler Manier den sich über die Jahre ändernden Nutzerbe-
dürfnissen angepasst. Die Ergebnisse mehrerer Nutzerumfragen quantifizieren den
dadurch erzielten Mehrwert für die Teilnehmer und das Unternehmen. Mittlerweile
umfasst die References+-Community mehr als 18.000 registrierte Mitglieder, die in
über 80 Ländern beheimatet und in allen Siemens-Divisionen tätig sind.
Schlüsselwörter: Wissensmanagement, Community of Practice, Web 2.0,
Enterprise2.0, Social Media.
1Ausgangslage und Entstehungsgeschichte
Seit Oktober 2014 unterteilt Siemens seine geschäftsführenden Einheiten in die zehn
Hauptgeschäftsfelder (in alphabetischer Reihenfolge) Building Technologies, Digital
Factory, Energy Management, Financial Services, Healthcare, Mobility, Power and
Gas, Power Generation Services, Process Industries and Drives, sowie Wind Power
and Renewables. Rund 348.000 Mitarbeitende (Stand: 30. September 2015) erwirt-
schafteten im Geschäftsjahr 2015 einen Umsatz von € 75,6 Milliarden [1]. Um diese
globale Belegschaft bestmöglich zu vernetzen, leistete Siemens bereits in den 1990er
Jahren Pionierarbeit auf dem Gebiet des IT-gestützten Wissensmanagements. In den
letzten zwanzig Jahren durchlief das Siemens-interne Wissensmanagement mehrere
Entwicklungsstufen [2], von der Übertragung expliziter Inhalte bis hin zum multidi-
rektionalen und multimedialen Austausch von implizitem Wissen und persönlichen
Erfahrungen. Das erforderte nicht nur die Entwicklung und Bereitstellung geeigneter
IT-Anwendungen. Es bedingte vielmehr eine neue Art der Zusammenarbeit – weg von
224 Johannes Müller et al.
dem Paradigma „Wissen ist Macht“ und hin zu einer offenen Kultur des gegenseitigen
Vertrauens, Unterstützens und Austauschens.
Die im Folgenden geschilderte Ausgangslage zeigt anschaulich die Notwen-
digkeit einer solchen Unternehmenskultur mit dem Ziel, die unternehmensweite
Zusammenarbeit signifikant zu verbessern sowie ineffiziente Geschäftsabläufe, Dop-
pelarbeit und Fehlentscheidungen der Vergangenheit künftig zu vermeiden.
In Angeboten zu komplexen Projekten verlangen Kunden in der Regel sowohl
die Angabe mehrerer bereits erfolgreich implementierter Referenzinstallationen als
auch einen Grobentwurf für die spätere Lösung entsprechend der in der Spezifika-
tion definierten Anforderungen. Die kompetente und zeitnahe Bereitstellung dieser
Angaben verlangt von den Vertriebsmitarbeitenden eine umfangreiche und biswei-
len sehr zeitintensive Recherche, wobei auch Mitarbeitende aus anderen Abteilungen
unterstützend mitwirken. Dabei kommt als zusätzliche Herausforderung hinzu, dass
Angebote bis zu einem fest vorgegebenen Abgabetermin bei den Kunden eingereicht
werden müssen, um für den weiteren Entscheidungsprozess berücksichtigt werden
zu können.
Die Informationsrecherche lief bis zur Einführung von References+ zumeist
über bilaterale Kanäle (Telefon, E-Mail) ab, wobei der Erfolg stark vom persönlichen
Netzwerk der suchenden Person und der Verfügbarkeit der angefragten Kollegen
abhängig war. Aufgrund des knappen Zeitbudgets war die Qualität der zusammenge-
tragenen Information im Angebotsprozess nicht immer optimal.
Um auch auf Informationen von Mitarbeitenden außerhalb des persönlichen
Netzwerks – unabhängig von deren Verfügbarkeit – zugreifen zu können, wurde die
Einführung einer Intranet-Anwendung mit dahinter liegender Datenbank angestrebt.
Diese Anwendung sollte im Wesentlichen folgende zwei Eigenschaften mit Nennung
zugehöriger Ansprechpartner aufweisen:
1) Auflistung geeigneter Projektreferenzen sowie
2) Bereitstellung von erprobten und wiederverwendbaren Lösungsmodulen inklu-
sive Angaben zu den bereits erfolgten Implementierungen.
Durch diesen Ansatz sollten Zeit und Kosten eingespart sowie Parallelarbeit und
Fehler effizient vermieden werden. Weiterhin sollten Antworten auf Kundenanfragen
schneller und qualitativ höherwertig erfolgen, wobei das Hauptaugenmerk nicht nur
auf die Erfolgsrate von Projektabschlüssen, sondern auch auf die resultierende Kun-
denzufriedenheit gesetzt wurde.
Seit 2005 steht den Mitarbeitenden eine umfassende Wissensmanagement-
Plattform im Intranet zur Verfügung. Zu Beginn umfasste die Zielgruppe der zu
entwickelnden Lösung nur die ehemalige Business Unit Security Systems (SES).
Doch bereits im ersten Jahr des Betriebs vergrößerte sich der Fokus auf die gesamte
Siemens Building Technologies Group (SBT). Entsprechend lautete der Plattform-
name zunächst „References@SBT“ [3] [4]. Im Zuge der Einführung von Divisionen
Praxisbeispiel: Siemens 225
im Siemens- Konzern wurde 2008 unter Einbezug der Community der Name leicht in
„References@BT“ angepasst − mit BT als Abkürzung für die Building Technologies
Division. Seit Anfang 2012 wird die Plattform auch von anderen Siemens-Divisionen
rege zum Wissensaustausch genutzt [5]. Dieser Erweiterung wurde im organisations-
neutralen und aktuell gültigen Namen „References+“ Rechnung getragen.
Von vorneherein wurde kein Anspruch darauf gelegt, eine möglichst umfassende
und inhaltlich „komplette“ Wissensplattform bereitzustellen. Vielmehr möchte Refe-
rences+ – ganz im Sinne von Social Networking – Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
über organisationale, hierarchische und geographische Grenzen hinweg vernetzen
und sie zur direkten Kommunikation untereinander animieren. In vielen Fällen
beginnt der Wissenstransfer über die IT-Anwendung (z. B. durch Anfrage in einem
Diskussionsforum), wird jedoch nachfolgend über rein bilaterale Kommunikation
(via E-Mail, Telefon, Webkonferenz oder persönliches Treffen) fortgesetzt. Das Prinzip
des Social-Networking-Ansatzes von References+ wird in Abb. 1 dargestellt.
Folgende Tabelle1 illustriert die schrittweise Entstehungsgeschichte von References+
anhand von zwei jährlichen Meilensteinen. Diese Entwicklung geschah als „bottom
up“-Ansatz mit ständigem Einbezug der Community und als Ergebnis zahlreicher
Nutzer-Feedbacks.
Abb. 1: Prinzip des Social Networking-Ansatzes von References+: Sobald sich Wissensgeber
und -nehmer über die Anwendung „gefunden“ haben, können diese implizites Wissen bilateral
austauschen [4].
226 Johannes Müller et al.
2Funktion und Inhalte
References+ ist eine echte Eigenentwicklung, die in VBScript codiert innerhalb einer
echte ActiveServer-Pages-Umgebung läuft. Die eigentlichen Inhalte und Daten sind in
einer MS-SQL-Datenbank gespeichert, auf welche der Web-Server dynamisch zugreift.
Kernbestandteile der Wissensmanagement-Plattform bilden umfangreiche Funk-
tionen zur Suche von Beiträgen mit Freitext und Metadaten, zur kontextsensitiven
Tab. 1: Schrittweise Entstehung und kontinuierliche Weiterentwicklung 2005–2016 vom ersten
Prototyp zum heutigen References+.
Erstellung einer ersten Prototyp-Plattform „Projects@SES“ im Rahmen einer Initaitive der
Business Unit SBT SES
Erweiterung auf divisionsweiten und globalen Einsatz, Umbenennung in „References@SBT“
Einführung von Diskussionsforen, „Urgent Requests“ und individuell konfigurierbaren
E-Mail-Benachrichtigungen
Finalist beim jährlichen „SBT top+Award“, dem bedeutendsten divisionsweiten Wettbewerb
Geographische Visualisierung der Projektlokationen mit „Google Maps“ und „Google Earth“
Erste Präsentationen bei Fachkonferenzen: ICKM in Wien [] sowie KnowTech in
Frankfurt am Main []
Umbenennung in „References@BT“
Einführung von individuell konfigurierbaren RSS-Feeds für alle Beitragsarten
Einführung des Microblogs und der „Follow“-Funktion zum Aufbau eines virtuellen Netzwerks
Durchführung der fünften „Reward Competition“ zum incentivierten Sammeln von Beiträgen
Interface zur Teamdatenbank „Who is Who“ und Anzeige kontextspezifischer Daten aus
dieser Anwendung
Eingabe der .. Wissensreferenz
Einbindung des „Siemens Tagging Services“ zur Verwaltung und Visualisierung der
Schlagworte
Registrierung des .. Nutzers
Andere Siemens-Divisionen beginnen die Plattform aktiv zu nutzen, Umbenennung in
„References+“
Implementierung von neuen Funktionen zur unabhängigen Administration unterschiedlicher
Communities
Migration sämtlicher Seiten ins neue Web-Layout gemäß unternehmensweit verbindlichem
Styleguide
Teilnahme beim „Enterprise Social Software Benchmark“ der EBS Business School, Wiesbaden
Einführung des sogenannten „Key Customer Portals“ zur Unterstützung des Account
Managements
Einbezug von References+als wichtiger Bestandteil vom „Siemens Corporate Memory“
Einführung der „Expertise Sharing“-Funktion zum Definieren, Vorschlagen und Bestätigen
von Kompetenzattributen
Durchführung des „References+Anniversary Contests“ aus Anlass des zehnjährigen
Bestehens
Einführung einer nutzerfreundlichen Funktion zum gleichzeitigen Suchen und Auflisten von
Wissensreferenzen
Entwicklung und Roll-out einer App für mobile Endgeräte (iOS und Android)
Praxisbeispiel: Siemens 227
Subskription von neuen oder geänderten Beiträgen mit E-Mail und RSS-Feeds, sowie
zum Social Networking. Dazu kommen strukturierte Inhalte in Form von Wissens-
referenzen, Forenbeiträgen und Microblog-Postings, welche von jedem registrierten
Nutzer als „user generated content“ in die Plattform eingetragen und damit unterneh-
mensweit publiziert werden können. Zum reinen Lesen der meisten Inhalte ist keine
Registrierung notwendig.
Die nachfolgende Abbildung 2 zeigt die im aktuellen Siemens-Intranet-Design
erstellte Startseite.
2.1Inhalte
Wissensreferenzen sind strukturierte und umfangreiche Informations- und Daten-
objekte, welche beispielsweise Kundenprojekte, Produkt- und Lösungsmodule,
Servicekonzepte, bewährte Prozesse und Methoden („Best Practice Cases“) sowie
„Lessons Learned“ beschreiben. Aufgrund mehrerer, voneinander unabhängiger
Abb. 2: Startseite von References+.
228 Johannes Müller et al.
Metadaten (Disziplin, vertikaler Markt, Staat, Jahr der Fertigstellung, Auftragsvo-
lumen usw.) sind mehrdimensionale Suchanfragen möglich, die im nachfolgenden
Kapitel 2.2 beschrieben werden. Jeder Nutzer kann ein für alle Leser sichtbares Feed-
back auf eine Wissensreferenz geben – analog zu Kommentaren im Internet. Neben
einem Textkommentar enthält jedes Feedback auch optional eine Bewertung auf
einer Skala von 0 bis 5, welche mit Sternen visualisiert wird (beispielsweise repräsen-
tiert „ “ eine Bewertung mit 4). Somit kann die Qualität der Beiträge durch
die Community transparent kommentiert und bewertet werden.
Um die inhaltliche Qualität der Wissensreferenzen sicherzustellen, werden alle
neuen Beiträge von einem sogenannten „Content & Community Administrator“
geprüft, ggf. leicht modifiziert und auf der Datenbank freigegeben. Im Fall von inhalt-
lich ungenügenden Beiträgen setzt sich der Administrator mit dem einreichenden
Autor in Verbindung und bittet um Nachbesserung der Eingabe, was in den meisten
Fällen zum Erfolg führt. Obwohl dieser Prozess sehr zeitintensiv ist, hat er sich über
die Jahre als Qualitätsgarantie bewährt, so dass jede teilnehmende organisatorische
Einheit mindestens einen „Content & Community Administrator“ bereitstellt.
Diskussionsforen ermöglichen seit März 2006 den Teilnehmern, sich zu
technologischen oder funktionalen Themenfeldern asynchron auszutauschen.
Beispielsweise können im sehr intensiv genutzten „Urgent Requests“-Forum
geschäftsbezogene Fragen aller Art (beispielsweise zu Produkten, Schnittstellen,
Referenzprojekten, Ansprechpartnern bei Kunden, Experten im Unternehmen usw.)
gestellt werden. Da jedes neu registrierte Community-Mitglied eine automatisch
gesetzte E-Mail-Benachrichtigung auf das „Urgent Requests“-Forum erhält, existieren
mittlerweile mehrere tausend Empfänger für diese Art der Anfragen. Mehr als 90 %
aller Anfragen erhalten daher auch mindestens eine Antwort. Zumeist werden pro
Anfrage sogar zwei bis drei Antworten geliefert.
Das folgende Beispiel veranschaulicht ein gängiges Einsatzszenario der Diskus-
sionsforen: Ein Mitarbeiter aus Großbritannien fragte nach den Anschlussmöglich-
keiten einer Brandmeldeanlage an ein standardisiertes IT-Bussystem. Weniger als
24 Stunden später erhielt er von einem deutschen Kollegen die gesuchte Lösung mit
vielen zusätzlichen Informationen. Begeistert schilderte er seine positive Erfahrung:
Big thanks to my colleague for his information. I posted my question onto the discussion board
and the following day had all the required information, including drawings and potential sup-
pliers. Yesterday a problem – today a solution!
Microblogging – analog zu Twitter, Yammer, Socialcast, Chatter oder vergleichbaren
Diensten – bildet die dritte Beitragsart in References+. Der Bedarf für Microblogging
zeigte sich schon einige Monate vor der Einführung des Dienstes im März 2009, als
eine Vielzahl von Mitarbeitenden in Eigeninitiative das im Internet gehostete Yammer
für den Erfahrungsaustausch in Anspruch nahm. Um zu vermeiden, dass vertrauliche
Inhalte in externen sozialen Netzwerken ausgetauscht werden, wurde für Referen-
ces+ ein eigener Microblogging-Dienst entwickelt.
Praxisbeispiel: Siemens 229
Im Unterschied zu Twitter sind Microblogging-Beiträge in References+ nicht auf
140 Zeichen begrenzt. Die baumförmige Struktur aus initialem Beitrag und allen
damit zusammenhängenden nachfolgenden Antworten wird als „Topic“ visualisiert.
Jeder initiale Beitrag muss außerdem verpflichtend mit mindestens einem frei wähl-
baren Schlagwort oder “Tag“ versehen werden, was bei Antworten optional gesche-
hen kann. Damit können themenverwandte Beiträge sowie Mitarbeitende, die sich
mit ähnlichen Fragestellungen beschäftigen, schnell gefunden werden. Neue Bei-
träge, die mit einem bestimmten Schlagwort versehen wurden, können über einen
speziellen RSS-Feed abonniert werden. Diese Schlagworte dienen auch zur geeigne-
ten Filterung beim Content-Export thematisch passender Microblogging-Beiträge zur
Darstellung auf bestimmten Intranet-Seiten [6] [7].
Zwei Intensivnutzer des Microblogging-Dienstes bezeichnen in persönlichen und
anonymisiert wiedergegebenen Statements die Förderung sozialer Netzwerke durch
Microblogging als klaren Mehrwert:
Das neue Microblogging-Tool unterstützt uns dabei, aktuelle Ereignisse zu Produktveröffentli-
chungen, Features und Marktbewegungen in der Building Technologies Division zu erfahren.
Für jemanden aus der Industrie ist es wichtig, sich auch mit Kollegen, die in anderen Unterneh-
mensbereichen arbeiten, zu vernetzen.
Das Auffinden anderer Personen im Unternehmen, welche über Fähigkeiten oder Wissen zur
Lösung eines eigenen Problems verfügen, ist in den meisten Fällen äußerst schwierig. Micro-
blogging ist eine große Hilfe, wenn es darum geht, solches Wissen mit anderen Personen im
Unternehmen auszutauschen und rasch Best-Practices mit anderen zu teilen. Es führt zu einer
Reduktion des Kommunikationsaufwands im Vergleich zu E-Mail, weil Nutzende eben nur
solche Beiträge durchsuchen können, welche für sie einen Wert besitzen und nicht mehr mit
Informationen zugeschüttet werden.
Profilseiten fassen Informationen über die teilnehmenden Community-Mitglieder
zusammen: So wird jedes Mitglied auf einer sogenannten „Member Page“ (siehe Abbil-
dung 3) individuell repräsentiert. Sie zeigt Name, organisatorische Zugehörigkeit,
Arbeitsort, Telefonnummer(n), E-Mail-Adresse, aktuelle lokale Uhrzeit sowie selbstver-
geben und optional ein „About me“-Textfeld, ein Porträt-Bild und ein oder mehrere Kom-
petenz-Attribute. Die meisten Nutzerdaten werden regelmäßig mit dem Siemens-Mitar-
beiterverzeichnis abgeglichen, so dass deren manuelle Pflege entfällt. Sämtliche bereits
erstellten Beiträge sowie das Follower-Netzwerk eines bestimmten Mitglieds werden auf
separaten Seiten angezeigt, welche direkt von der „Member Page“ verlinkt sind.
Weiterhin wird der Präsenzstatus aus Microsoft Communicator, einem bei Siemens
eingesetzten Instant-Messaging-Dienst, in Form einer farbigen Kugel angezeigt. Wird
dieses Symbol in grüner Farbe angezeigt, ist die jeweilige Person im Firmennetz ein-
geloggt und hat in den letzten Minuten am Computer eine Aktion ausgeführt. Diese
Funktion kann jedoch nur dann korrekt funktionieren, wenn sowohl der Anwender
als auch die jeweilige Gegenpartei Microsoft Communicator geöffnet haben. Darüber
hinaus bietet die Anzeige der aktuellen Lokalzeit eine nützliche Orientierungshilfe
bei der Erreichbarkeit von Kolleginnen und Kollegen in aller Welt.
230 Johannes Müller et al.
In das „About me“-Freitextfeld kann jedes Mitglied auf freiwilliger Basis individuelle
und geschäftsrelevante Angaben über seine Person (wie z. B. Funktion, Arbeitsgebiet
oder beruflicher Werdegang) eintragen. Die Inhalte dieses Textfelds werden in den
Suchanfragen berücksichtigt.
Seit Januar 2015 kann sich jedes Community-Mitglied bis zu sieben Kompetenz-
Attribute selbst verleihen. Diese beschreiben mit frei wählbaren Schlagworten in
englischer Sprache (z. B. „Web Application Development“ oder „Data Center Infra-
structure Management“) besondere Fähigkeiten eines Mitarbeitenden. Derzeit haben
sich ca. 2.500 References+-Mitglieder (ca. 14 % aller aktiven Nutzer) in Summe 600
unterschiedliche und gesamthaft etwa 8.000 Kompetenz-Attribute verliehen. Weiter-
hin ist es möglich, anderen Mitgliedern derartige Kompetenz-Attribute zum Eintrag
auf deren Profilseite vorzuschlagen. Dabei wird automatisch eine vorformulierte
E-Mail mit einem Link auf eine Funktion versandt, welche nur vom Adressaten geöff-
net werden kann und das Kompetenz-Attribut ins dessen Profil einträgt. Schließlich
können im Profil eingetragene Kompetenzen anderer Mitglieder bestätigt werden. Die
Abb. 3: Beispiel für eine „Member Page“ (d.h. Profilseite) in References+, welche sowohl Daten vom
Siemens Corporate Directory als auch selbst vergebene Angaben visualisiert.
Praxisbeispiel: Siemens 231
Anzahl der Bestätigungen, deren Zeitpunkte sowie diejenigen Kollegen, welche diese
Bestätigungen vornahmen, sind für alle Seitenbesucher sichtbar.
2.2Suche und Subskription
References+ bietet sowohl eine Stichwortsuche als auch eine Schlagwortsuche, wobei
beide Sucharten in allen Beitragsarten (Wissensreferenzen, Forenbeiträge, Micro-
blogging und Profilseiten) kombiniert werden können. Auf jeder References+-Seite
befindet sich ein Textfeld zur schnellen Eingabe eines beliebigen Stichworts (siehe
Abbildung 4). Dieses Stichwort wird in der gesamten Datenbank, d. h. in sämtlichen
Inhaltsarten und Profilangaben, gesucht.
Bei der Schlagwortsuche werden die in Wissensreferenzen, Diskussionsforen
und im Microblog vorgegebenen Attribute oder „Tags“ zur Suche herangezogen. Dies
ermöglicht komplexe und mehrdimensionale Suchanfragen wie zum Beispiel „alle
für Flughäfen in Deutschland seit 2012 ausgeführten Projekte, in denen Zutrittskont-
rolle kombiniert mit Gebäudemanagement implementiert wurde“. Als weiteres Filter-
kriterium könnte zusätzlich noch ein beliebiges Stichwort angegeben werden – z. B.
„Desigo CC“ als Produktname eines innovativen Gebäudemanagementsystems.
Die Vergabe eigener Kompetenz-Attribute ermöglicht eine effiziente Suche nach
Mitarbeitenden mit einer bestimmten Fähigkeit, die in einem bestimmten Land behei-
matet und/oder einer bestimmten organisatorischen Einheit zugeordnet sind. Zusätz-
lich lässt sich die Suche nach Community-Mitgliedern mittels eines Stichworts für
Name, Standortinformation oder „About me“-Freitext weiter verfeinern.
Tab. 2: Welche Information wird über welchen Kanal kommuniziert? Die unten stehende Zahl ist die
Gesamtzahl der jeweiligen Beiträge im November 2016.
Wissensreferenzen:
Dokumentation und
Erfahrungsaustausch
Forenbeiträge:
Themenbezogener
Austausch
Microblogging:
Personenbezogener
Nachrichtendienst
Profilseiten:
Kompetenzprofil und
Kontaktaufnahme
– Kundenprojekte
– Lösungsmodule
– Servicekonzepte
– Marktanalysen
– Technologieinfos
– Berichte über
Auszeichnungen
– Best Practices
– Lessons Learned
– Dringende Anfragen
– Berichte zu Messen
und Fachkonferenzen
– Technologiebezogener
Austausch
– Projektmanagement
– Feedback, Vorschläge
und Hilfe zu
References+
– weitere Themen
– Persönliche
Botschaften
(„ich mach(t)e“,
„ich habe vor“,
„ich habe erfahren“)
– Verweise auf neue
oder interessante
Web-Seiten
– Tipps und Tricks
– Erfolgsmeldungen
(z.B. kürzlich
abgeschlossene
Projektverträge)
– Vorname, Familienname
– Standort und Adresse
– E-Mail
– Telefonnummer(n)
– Abteilungsbezeichnung
– Gegenwärtige Lokalzeit
– Präsenzstatus
– „About me“-Freitext
– Kompetenz-Attribute
– Porträt-Bild
Anzahl: ca. . Anzahl: ca. . Anzahl: ca. . Anzahl: ca. .
232 Johannes Müller et al.
Sämtliche Beiträge, sowohl Wissensreferenzen als auch Beiträge in Diskussionsfo-
ren und im Microblog, lassen sich per E-Mail abonnieren, um über neue und für das
eigene Arbeitsgebiet relevante Beiträge auf dem Laufenden zu bleiben. Dabei kann−
ganz analog zur Suche − eine Kombination von Metadaten und Stichworten angege-
ben werden, um die Menge der Beiträge je nach Interessensgebiet passend zu filtern.
Diese E-Mails werden grundsätzlich nur einmal täglich bzw. einmal wöchentlich ver-
schickt, um eine zu große Anzahl derartiger Mail-Benachrichtigungen in kurzer Zeit
zu vermeiden. Es ist sehr wichtig, die optimale „Dosierung“ dieser Benachrichtigun-
gen zu finden: Durch Rückmeldungen der Nutzer konnte die Erkenntnis gewonnen
werden, dass zu viele E-Mails einen kontraproduktiven Effekt mit sich ziehen und in
letzter Konsequenz gar nicht mehr gelesen werden. Ebenso wichtig ist eine intuitiv
bedienbare Auswahl und Filterung der individuellen Subskriptionseinstellungen, so
dass nur thematisch interessante Benachrichtigungen in die Mailboxen der Abonnen-
ten gelangen.
Abb. 4: Beispiel für eine Seite zum gleichzeitigen Suchen und Auflisten von Wissensreferenzen. Die
in den Drop-Down-Menüs angebotenen mehrdimensionalen Filterparameter passen sich dynamisch
der aktuell getroffenen Auswahl an, so dass mit dieser Art der Interaktion eine leere Treffermenge
stets ausgeschlossen wird.
Praxisbeispiel: Siemens 233
Neben der Benachrichtigung via E-Mail stehen zu sämtlichen Beitragsarten und
allen einstellbaren Suchprofilen RSS-Feeds bereit, welche im eigenen Feedreader mit
wenigen Mausklicks abonniert werden können.
2.3Geographische Anzeige der Beiträge
Die meisten Projektbeiträge sind geo-referenziert, d. h. den Beiträgen werden exakte
Positionsangaben in Form von Längen- und Breitengraden zugeordnet. Damit lässt
sich entweder die Lage eines bestimmten Projekts oder die örtliche Verteilung
bestimmter Suchanfragen (z. B. alle Projekte, bei denen in Flughäfen in Deutschland
ein bestimmtes Produkt implementiert wurde) auf einer Landkarte visualisieren.
Als Online-Kartenbasis wird dabei „Google Maps“ verwendet (für ein Beispiel siehe
Abb.5). Diese Funktion wurde über die von Google bereitgestellte JavaSript-API direkt
in die Web-Seiten von References+ integriert. Parallel dazu können die vorhandenen
Geo-Parameter auch als KML-Datei ausgegeben und in Google Earth dreidimensional
visualisiert werden.
Abb. 5: Beispiel für eine Visualisierung von Projektlokationen in Deutschland mit „Google Maps“.
234 Johannes Müller et al.
Beide Funktionen ermöglichen eine einfache geographische Suche nach passenden
(Projekt-)Beiträgen, wie in folgendem Anwendungsfall beschrieben: Für einen poten-
tiellen Kunden werden freigegebene Referenzprojekte in dessen Nähe gesucht, was
mit der Visualisierung über die Online-Karten sehr schnell gelingt.
2.4Aufbau und Anzeige des persönlichen Netzwerks
Analog zu anderen Social-Networking-Plattformen [8] erlaubt auch References+ den
Nutzern, ein persönliches Netzwerk aufzubauen und anderen Community- Mitgliedern
zu „folgen“. Durch das „Folgen“ einer anderen Person kann das Interesse an dieser
anderen Person explizit bekundet und IT-technisch auf einfache Weise abgebildet
werden. Das daraus entstehende Kontaktgeflecht wird allen Nutzern auf Referen-
ces+ transparent gemacht: Alle Mitglieder, denen eine bestimmte Person folgt, und
alle Mitglieder, welche einer bestimmten Person folgen, werden auf einer Web-Seite
zusammengefasst und angezeigt. Eine Folge-Beziehung ist für sich betrachtet uni-
direktional und kann bei Gefallen von der Gegenpartei erwidert werden. Natürlich
kann eine bestehende Folge-Beziehung vom Folgenden jederzeit (durch „unfollow“)
gelöscht werden. Die einseitige Blockierung einer Folge-Beziehung durch den Gefolg-
ten, also die Möglichkeit (wie auf Twitter), bestimmten Community-Mitgliedern das
„Folgen“ der eigenen Person zu verbieten, ist im derzeitigen Funktionsumfang von
References+ nicht vorgesehen. Falls eine neue Folge-Beziehung aufgebaut oder eine
bestehende Folge-Beziehung gelöscht wird, wird die Gegenpartei per E-Mail über
diesen Vorgang benachrichtigt.
Neue Community-Mitglieder werden bereits während der Registrierung auf die
Möglichkeit, anderen Teilnehmern zu folgen, hingewiesen. Dadurch werden diese auf
die angebotenen Vernetzungsmöglichkeiten aufmerksam gemacht und können diese
sofort nutzen. Allerdings wurde die Folge-Funktion nach ihrer Bereitstellung im März
2009 von den Teilnehmern nur sehr spärlich genutzt. Erst nach einer gezielten Kom-
munikationsmaßnahme im August 2010 entwickelte sich eine signifikant wachsende
Anzahl von Folge-Beziehungen: In einer personalisierten E-Mail, die an alle regist-
rierten References+-Mitglieder verschickt wurde, wurden zehn zufällig ausgewählte
und am Ort des jeweiligen E-Mail-Empfängers arbeitende Community-Mitglieder
zum Folgen vorgeschlagen. Dies führte in kurzer Zeit zu über 3.000 neuen Folgebe-
ziehungen. Aufgrund des Erfolgs dieser Maßnahme erhalten alle neuen References+-
Mitglieder nach ihrer Registrierung eine ähnliche E-Mail.
In der Grundeinstellung erhält jedes Community-Mitglied einmal täglich zusam-
mengefasst als E-Mail alle Microblog- und Foren-Postings derjenigen Autoren, denen
der jeweilige Empfänger „folgt“. Ein entsprechender RSS-Feed steht parallel dazu zur
Verfügung. Damit ist es ein Leichtes, über Neuigkeiten aus dem persönlichen Netz-
werk stets auf dem Laufenden zu bleiben, ohne die Intranet-Plattform regelmäßig
aufrufen zu müssen.
Praxisbeispiel: Siemens 235
2.5„Like Button“ zum Einbau in beliebige Intranet-Seiten
Seit Juli 2011 steht eine „Like“-Funktion zur Verfügung, welche in beliebige Web-
Seiten innerhalb des Siemens-Intranets mittels einer einzeiligen JavaScript-Routine
implementiert werden kann. Durch jedes angeklickte Like wird ein standardisierter
Microblog-Beitrag mit Titel und URL der zugrunde liegenden Intranet-Seite angelegt,
was bisher zu knapp 1.900 solcher Like-Postings geführt hat. Aus einer Social-Media-
Perspektive ermöglicht diese Funktion gleich drei nützliche Features:
– Anzeige der Anzahl positiver Bewertungen, woraus sich ansatzweise die Signifi-
kanz und Beliebtheit einer Web-Seite ableiten lässt,
– Anzeige aller Community-Mitglieder, die eine bestimmte Web-Seite positiv bewer-
ten, sowie
– Kommunikation der als nützlich empfundenen Web-Seiten im Sinne von „Social
Bookmarking“ an das persönliche Netzwerk.
2.6 „Key Customer Portal“ zur Unterstützung des Key Account
Managements
Siemens ist seit längerem bekannt für ein vorbildliches Key Account Management und
unterzieht sich regelmäßig einem internationalen Vergleich mit anderen Unterneh-
mungen, um dies zu bestätigen. Unter anderem wurde die Siemens AG im Jahr 2011
von der Strategic Account Management Association (SAMA) für das beste Key Account
Management ausgezeichnet. Der nachhaltige Ausbau der Kundenbeziehungen, die För-
derung von erfolgversprechenden Vertriebstalenten und die gelebte Kundennähe auf
Vorstandsebene bildeten die von der Jury gewürdigten Erfolgsfaktoren [9].
Networking und Zusammenarbeit sind dabei essenziell für die Geschäftsent-
wicklung in einem global tätigen Unternehmen. Die Tatsache, dass Kundenbetreuer
multinationaler Unternehmungen mehr Zeit mit den internen Ansprechpartnern in
verschiedensten internen Organisationseinheiten verbringen als mit ihren Kunden,
mag erstaunen – entspricht jedoch der Realität im Key Account Management. Umso
wichtiger ist es für einen Key Account Manager, sich sehr effizient zu organisieren und
sich gleichzeitig um eine wirkungsvolle grenzüberschreitende Kommunikation zu
kümmern. Das ist insbesondere in Ländern und Regionen von besonderer Bedeutung,
wo neue potentielle Geschäftsopportunitäten generiert werden, welche vielleicht erst
in sechs, zwölf oder sogar achtzehn Monaten zu wichtigen Kunden- Projekten in der
jeweiligen Zweigniederlassung oder im jeweiligen Land werden können.
Unter diesen Voraussetzungen entstand im Jahr 2014 die Idee, ein BT-Kunden-
portal innerhalb von References+ anzulegen, welche das aktuelle Wissen der Kun-
denteams sowie Erfahrungen mit dem Kunden auf einfache Weise zusammenführt.
Ein kleines Team machte sich an die Umsetzung – nachdem vorab die Bedürfnisse
und die Anforderungen aus globalen und regionalen Kundencentern abgefragt und
236 Johannes Müller et al.
evaluiert wurden. Eine wesentliche Anforderung war beispielsweise ein hoher Auto-
matisierungsgrad von Verknüpfungen und Schlagwortzuordnungen, um die Interak-
tion zu vereinfachen und die erforderliche Administration auf ein absolutes Minimum
zu reduzieren.
Das Ergebnis war sehr ansprechend, und nach wenigen Wochen wurde das neue
„Key Customer Portal“ (siehe Abbildung 6) getestet und verfeinert, so dass es den Key
Account Managern und den regionalen Kundencentern vorgestellt werden konnte.
Die mehr als 100 Schlüsselkunden der Building Technologies Division lassen sich in
einer Übersicht nach vertikalen Märkten (wie beispielsweise Chemicals, Data Centers,
Pharma) oder nach relevanter Geschäftseinheit bzw. Kundentyp auf einfache Weise
darstellen und filtern.
Für jeden Schlüsselkunden werden auf einer Überblicksseite, siehe dazu nach-
folgende Abb. 7, (A) das Profil des Kunden mit den wichtigsten Links zu Ansprech-
partnern und weiterführenden Informationen, (B) die aktuellsten News von und fürs
Abb. 6: Screenshot des „Key Customer Portals“ gefiltert nach „Chemicals“.
Praxisbeispiel: Siemens 237
Kundencenter und Interessierte sowie (C) zugehörige Projektreferenzen abgebildet.
Solche Übersichtsseiten können mit wenigen Klicks an involvierte Kundencenter- und
Vertriebsmitarbeitende weitergeleitet werden:
– Das Profil in Sektion A enthält eine Kurzbeschreibung über die globale Unter-
nehmung und über jene Geschäftseinheiten, welche bei der BT aktiv involviert
sind. Der Link zum geschützten Customer Relationship Management (CRM)-
Umfeld, wo Geschäftsentwicklung und Kennzahlen hinterlegt sind, wird gern
von Key Account Managern und Vertriebsmitarbeitenden genutzt, um direkt zu
den detaillierten Kundendaten zu gelangen. Aber auch Kollegen, welche keinen
Zugang zum unternehmensweiten CRM-Tool haben, schätzen diese Plattform
sehr, da sie so auf einen Blick die relevanten Ansprechpartner finden und diese
schnell und direkt kontaktieren können.
– In Sektion B konnte die Social-Media-Komponente integriert werden. Sobald ein
Mitarbeiter im Editor-Fenster des jeweiligen Kunden eine Nachricht publiziert,
wird diese automatisch mit den richtigen Schlagworten versehen und innerhalb
des Networks geteilt.
– In Sektion C werden sämtliche Projektreferenzen zum jeweiligen Kunden
dargestellt. Möchte man mehr erfahren, führt ein Klick auf eine zugehörige
Projektreferenz inklusive Lösungsbeschreibung, Ergebnissen und involvierten
Ansprechpartnern. Die Verbindung des Kundenportals mit der etablierten Com-
munity-Plattform References+ macht es Projekt- und Vertriebsmitarbeitenden
einfach, ihre Erfahrungen und das gewonnene Wissen untereinander zu teilen
und auch für spätere Ereignisse zu dokumentieren. Über eine einfach zu bedie-
nende Suchfunktion lassen sich die Beiträge auch mit unterschiedlichsten Such-
begriffen wiederfinden.
Ein Key Account Manager wird Projektbeteiligte und Interessierte bitten, sich die Blog-
News oder die aktuellen Projektbeiträge zu abonnieren, damit diese sofort informiert
sind, was bei einem konkreten Projekt passiert oder wo der Kunde in nächster Zukunft
investieren möchte. Gleichzeitig werden Projektleiter und regionale Vertriebsverant-
wortliche eingeladen und motiviert, ihre Fortschritte und Erkenntnisse mit dem Kun-
denteam innerhalb des Unternehmens zu teilen.
Die digitale Zukunft ist bei Siemens nicht nur eine strategische Priorität, sondern
bereits Realität – wie auch diese Anwendung des konzernweiten Wissensaustauschs
zeigt. Jedoch sind nicht alle Mitarbeiter-Generationen in gleicher Weise gewohnt, mit
den digitalen Medien umzugehen. Das erfordert Feingefühl, Ausdauer und sukzessi-
ves Heranführen im Umgang und in der Nutzung von firmeneigenen Wissensplatt-
formen und Social Media. Ein neues Kundenportal ist daher kein Selbstläufer – es
braucht trotz effizienter digitaler Automatismen auch kontinuierliche und persönli-
che Betreuung. Dies beginnt mit klaren Verantwortlichkeiten bei Key Account Mana-
gern und Vertriebsmitarbeitenden bezüglich Nutzung und Handhabung eines solchen
238 Johannes Müller et al.
Kundenportals. Es bedeutet beispielsweise, dass jeder Schlüsselkundenbetreuer sich
zunächst ein gutes Netzwerk mit regionalen Experten basierend auf realen Geschäfts-
vorfällen aufbauen muss, um die Vorteile vollumfänglich nutzen zu können. Zusätz-
lich braucht es auch eine zentrale Verantwortlichkeit pro Geschäftseinheit oder pro
Region, die aktuelle Themen aufgreift, anstößt und auch moderiert, um Aktivitäten
bezüglich Projekterfahrungen und Social Media fokussiert voranzutreiben. Zudem
hat die Erfahrung gezeigt, dass eine gute analoge Kommunikation zwischen Kunden
und Kundenteams auch außerhalb der digitalen Welt stattfinden muss. Web-Plattfor-
men und Blogs bilden eine wertvolle Ergänzung zur Kommunikation, können und
wollen jedoch den persönlichen Wissensaustausch von Mensch zu Mensch keines-
falls ersetzen. Mit dieser Randbedingung stellt ein solches Kundenportal eine echte
Bereicherung für alle Beteiligten dar.
Abb. 7: Beispiel für die Darstellung eines spezifischen Schlüsselkunden. Dabei werden durch das
Account-Management-Team gepflegte Informationen (A) mit Beiträgen der Community (B und C) auf
einer Seite zusammengefasst.
Praxisbeispiel: Siemens 239
2.7References+-App für mobile Endgeräte
Um dem steigenden Bedürfnis Rechnung zu tragen, auch außerhalb des Unterneh-
mensnetzwerks mit mobilen Endgeräten auf References+ zugreifen zu können, wurde
eine App entwickelt, welche in der ersten Version seit Mai 2016 für iOS-Geräte und seit
September 2016 für Android-Geräte zur Verfügung steht. Diese App kann im Siemens-
internen App-Store auf registrierte Endgeräte installiert werden. Aus Gründen der
Informationssicherheit ist das Öffnen der App nur für registrierte Community-Mitglie-
der nach einem manuellen Login möglich. Folgende Abbildung 8 zeigt die Startseite
der ersten Version der References+-App:
Die Darstellung wurde für Tablet-Geräte optimiert, funktioniert aber dennoch auch für
kleinere Smartphone-Displays zufriedenstellend. Derzeit ist nur lesender Zugriff auf
die vorhandenen Projektbeiträge möglich, wobei schreibender Zugriff – speziell für
Feedback-Kommentare – in einer künftigen Version geplant ist. Die App ermöglicht die
Kennzeichnung individuell ausgewählter Beiträge als persönliche Favoriten, welche
mit einem Sternsymbol hervorgehoben und in allen Auswahllisten zuoberst angezeigt
Abb. 8: Startseite der References+-App mit den beiden Auswahlknöpfen zur internen Ansicht und zur
Kundenansicht.
240 Johannes Müller et al.
werden. Nach jeder Online-Verbindung werden sämtliche neuen und geänderten Textin-
halte sowie alle Bild-Symbole in den lokalen Speicher des Endgeräts geladen. Somit
stehen selbst dann alle Informationen zum Lesen zur Verfügung, wenn das Endgerät
völlig offline ist. Dem Nutzer stehen in der App zwei praktische Modi zur Verfügung:
– In der internen Ansicht („Internal View“) werden alle Projektbeiträge mit allen
auch in der Desktop-Version verfügbaren Angaben angezeigt. Diese Ansicht ist
nur für Mitarbeitende gedacht.
– In der Kundenansicht („Customer View“) werden nur extern kommunizierbare
Projektbeiträge ohne rein interne Informationen (Auftragsvolumen, Kunde,
involvierte Mitarbeitende) angezeigt. Diese Ansicht eignet sich insbesondere
für Gespräche mit Kunden, damit diese sich über die Projektkompetenzen und
-erfolge unseres Unternehmens informieren können.
Aufgrund des kurzen Zeitraums seit der ersten Bereitstellung der App können in
diesem Artikel noch keine quantitativ fundierten Aussagen über Nutzung und erziel-
ten Mehrwert gemacht werden. Es bleibt noch abzuwarten, wie sich der mobile
Zugang auf References+ auf das Nutzungsverhalten konkret auswirken wird.
Abb. : Beispiel für die Darstellung eines Projektbeitrags in der App. Links oben sind die interaktiven
Suchfilter (country, discipline, vertical market, organization) erkennbar, die auch in Kombination mit
einem Stichwort die Anzahl gefundener Beiträge entsprechend einschränken.
Praxisbeispiel: Siemens 241
3Motivation und Moderation der Teilnehmer
Community-Plattformen wie References+ sind sozio-technische Systeme: Neben der
Beherrschung der eingesetzten Technologie als Mindestanforderung ist es beson-
ders wichtig, die sozialen Prozesse rund um Mitarbeitende als Nutzer zu verstehen.
Speziell die soziale Perspektive wird oft vernachlässigt, weshalb die Wissenschaft in
diesem Kontext von sozio-technischer Systemgestaltung spricht [8]. Wie auch bei ver-
gleichbaren Plattformen im Internet oder Intranet beschrieben wurde [10], geschieht
die Nutzung von References+ bis auf wenige Ausnahmen freiwillig.
3.1Sichtbarer Aufruf der Unternehmensleitung
Ein wesentliches Element für den Erfolg von Web-2.0-Initiativen in Unternehmen
ist die spürbare Unterstützung der Unternehmensführung [10]. Der Kulturwandel,
eigene Erfahrungen über eine Intranet-Plattform anderen Mitarbeitenden zugänglich
zu machen, kann nur gelingen, wenn sich die Beitragenden sicher sind, letztlich auch
im Sinne ihres Managements zu handeln. Aus diesem Grund fordert der CEO der Buil-
ding Technologies Division auf der References+-Startseite die Anwender zur aktiven
Nutzung auf:
References+ is a great platform for sharing our knowledge and experience company-wide and
across geographical and organizational borders. To always deliver results in excellent quality
and to be successful in our business, it is essential to learn from each other and benefit from the
insights of other colleagues. Therefore I would like to personally ask you to contribute: Please
use References+ frequently to make your project knowledge, your best practices and your lessons
learned available to other colleagues at Siemens. Please encourage your teammates to contribute
as well.
Neben diesem werden weitere Statements von Mitgliedern der Unternehmensleitung
im zufälligen Wechsel auf der References+-Startseite angezeigt.
3.2Aktivitäten des Community-Managers
Die in References+ registrierten Nutzer bilden eine weltweit verteilte Community.
Hierbei nimmt einer der Autoren dieses Beitrags die essenzielle Rolle des Community-
Managers wahr, womit unter anderem folgende regelmäßigen Aufgaben verbunden
sind:
– Persönliche Animation zum Erstellen neuer Beiträge oder zum Verbessern bzw.
Aktualisieren bestehender Beiträge, was in der Regel durch bilateralen Kontakt
via E-Mail oder Telefon geschieht.
242 Johannes Müller et al.
– Ansprechpartner bei Problemen und Verbesserungsvorschlägen (im Sinne einer
„References+ Hotline“)
– Durchführen von Trainingsmaßnahmen, welche sowohl persönlich in Form einer
Präsenzveranstaltung als auch „remote“ über Web-Conferencing durchgeführt
werden. (Innerhalb des Siemens-Konzerns hat sich dazu die Web-Conferencing-
Anwendung Microsoft Live Meeting etabliert.)
– Hervorheben und Kommunizieren besonders aktiver Autoren oder besonders oft
angeklickter Beiträge.
– Dank an überdurchschnittlich aktive Autoren oder Autoren qualitativ hochste-
hender Beiträge ausdrücken und an die Community kommunizieren.
– Ansprechen geeigneter Multiplikatoren (Senior Management, regionales Manage-
ment, Vertical Market Manager usw.) zwecks Motivation derer Mitarbeitenden.
– Erstellen von News-Beiträgen, die im unternehmensweiten News-Kanal sowie auf
ausgewählten Intranet-Seiten veröffentlicht werden.
– Kommunikation wichtiger bzw. zeitkritischer Neuigkeiten als E-Mail an alle
Community-Mitglieder.
– Versand eines Newsletters (etwa alle zwei bis drei Monate) als E-Mail an alle
Community-Mitglieder: Der „References+ Newsflash“ informiert über neue Funk-
tionen der IT-Anwendung, interessante Beiträge, Informationen aus der Commu-
nity und weitere relevante Themen. Darüber hinaus ist dieses Medium auch ein
„Erinnerungs-Trigger“, um sporadische Nutzer zum Öffnen von References+ im
Browser zu animieren und zur Teilnahme an der Community anzuregen.
3.3Incentivierung
Um die Wissensmanagement-Plattform mit mehr Beiträgen anzureichern und in der
Folge die Community zu vergrößern, wurden vor allem in der Anfangsphase nach der
Einführung von References+ mehrere Incentive-Maßnahmen in Form von internen
Wettbewerben durchgeführt. Die aktivsten Autoren konnten dabei Preise gewinnen,
welche zusammen mit einer vom CEO unterzeichneten Urkunde durch den jeweils
direkten Vorgesetzten persönlich überreicht wurden. Fotos dieser Überreichung
wurden anschließend im Intranet sowie in der Mitarbeiterzeitschrift veröffentlicht.
Die Anerkennung und Wertschätzung der Unternehmensführung zusammen mit der
Veröffentlichung und Visualisierung der Preisträger wirkte in diesem Zusammenhang
wesentlich motivierender als reine Sachpreise.
Über den bisherigen Zeitraum des Bestehens von References+ zeigt die nachfol-
gende Tab. 3 den positiven Effekt der bisher durchgeführten Incentive-Maßnahmen:
In Monaten mit einer solchen Maßnahme war die Anzahl der eingegebenen Wissens-
referenzen teils deutlich höher als in Monaten ohne Incentivierung. (Der geringere
Effekt der fünften Maßnahme im Jahr 2009 lässt sich mit dem damals neu eingerich-
teten Microblog erklären: Als Konsequenz wurde eine Vielzahl neuer – und ebenfalls
Praxisbeispiel: Siemens 243
incentivierter – Microblog-Beiträge verfasst, was sich auf die Zahl der eingegebenen
Wissensreferenzen dämpfend auswirkte.)
In diesem Zusammenhang soll jedoch darauf hingewiesen werden, dass eine aus-
schließlich extrinsische Motivation durch Incentive-Maßnahmen auf Dauer nicht den
gewünschten Effekt mit sich bringt. Um langfristig und nachhaltig die Bereitschaft
der Mitarbeitenden zum Wissensaustausch zu steigern, ist die intrinsische Motivation
der Beteiligten von zentraler Bedeutung. Neben einer Unternehmenskultur, die von
Offenheit und Vertrauen geprägt ist, sind eine leicht zu bedienende IT-Anwendung,
ein einfacher Zugang zu wertvollen Informationen, eine schnelle Identifikation und
Erreichbarkeit von konzernweit verteilten Wissensträgern und Experten sowie ein
erkennbarer Nutzen für die eigene Arbeit (siehe nachfolgendes Kapitel 4) wesentliche
Erfolgsfaktoren.
4Mehrwert für die Teilnehmer
Im Rahmen von mehreren Nutzerumfragen wurde 2009 (mit 1.070 Teilnehmern),
2011 (mit 1.479 Teilnehmern) und 2015 (mit 1.566 Teilnehmern) der individuell wahr-
genommene Mehrwert der in References+ gefundenen Informationen abgefragt und
evaluiert. Daraus konnten folgende Ergebnisse abgeleitet werden:
– Die durch die in References+ gefundenen Inhalte gesparte Arbeitszeit beträgt
durchschnittlich 0,7 Arbeitstage pro Mitarbeitender pro Jahr (gemäß Umfragen
2009 und 2015).
– Bedingt durch die in References+ gefundenen Inhalte ergeben sich folgende
kumulierten Werte bezogen auf ein Jahr (gemäß Umfrage 2011):
Tab. 3: Auswirkung von Incentive-Maßnahmen auf die Eingabe neuer Wissensreferenzen.
Zeitraum der
Incentivierungs-Maßnahme
Dauer in
Monaten
Neue Wissens-
referenzen
Ø Wissensreferen-
zen pro Monat
Oktober − Januar ,
Juni−September ,
März−Juli ,
Januar−Juli ,
April−September ,
Juni−November ,
gesamte Zeit mit Incentivierung . ,
gesamte Zeit ohne Incentivierung . ,
gesamt: März − Juni . ,
244 Johannes Müller et al.
– 731 eingesparte Arbeitstage,
– € 190.000 eingesparte Kosten,
– € 5,3 Millionen zusätzlich generierter Umsatz,
– 361 neu gewonnene Kunden.
– Regelmäßige Nutzer (d. h. täglich oder wöchentlich) empfinden im Durchschnitt
einen subjektiv höheren Mehrwert als sporadische Nutzer (d. h. monatlich oder
seltener) [12].
– Die zumeist genannten Vorteile bei der Nutzung von References+ sind (gemäß
Umfrage 2015, Mehrfachnennungen waren möglich):
– Zugang zu Informationen aus erster Hand (63 %),
– Aunden von Experten und Wissensträgern (49 %),
– bessere Vernetzung innerhalb des Unternehmens (31 %),
– anderen Kollegen im Unternehmen Unterstützung bieten (30 %),
– Teil einer Community sein (29 %),
– Zeiteinsparung (24 %).
Weiterhin nahm References+ im Jahr 2013 beim „Enterprise Social Software Bench-
mark“ [13] der EBS Business School, Wiesbaden, teil. An der zugehörigen Umfrage
beteiligten sich 586 Teilnehmer. Die vergleichenden Evaluierungen führten auf einer
Skala von 7 („strongly agree“) bis 1 („strongly disagree“) zu folgenden Ergebnissen:
– Im Vergleich zu Wissensmanagement-Plattformen anderer Unternehmen schnei-
det References+ in folgenden Kategorien besser ab:
– Einfachheit der Bedienung: 4,61 (Ø aller verglichener Plattformen 3,78),
– Wissenszugang: 4,32 (Ø 4,13),
– Visualisierung der Resultate: 4,23 (Ø 3,86),
– Anwendbarkeit: 3,92 (Ø 3,55),
–Nutzungsvergnügen: 3,81 (Ø 3,45).
– Im Vergleich zu Wissensmanagement-Plattformen anderer Unternehmen wird
bei References+ bei diesen Aspekten Verbesserungsbedarf gesehen:
– Vorgaben zur Zusammenarbeit: 5,14 (Ø 5,41),
– Nutzung als Wissensnehmer: 4,64 (Ø 4,84),
– Nutzung als Wissensgeber: 3,53 (Ø 3,92),
– soziale Nutzung: 2,80 (Ø 3,05).
5Zusammenfassung und Ausblick
Anwendungen und Technologien des Web 2.0 haben zunehmend Einzug in die Unter-
nehmenswelten gefunden, um dort den Wissensaustausch zwischen Mitarbeitenden
Praxisbeispiel: Siemens 245
zu unterstützen [11] [14]. In einem global agierenden Unternehmen wie Siemens
können sich Mitarbeitende heute weltweit über eine moderne Web-2.0-Plattform
virtuell kennenlernen und im Sinne von Communities of Practice [15] miteinander
vernetzen. Während die Kontaktanbahnung und -pflege durch References+ stark
vereinfacht werden, muss der eigentliche Wissenstransfer nicht zwangsläufig aus-
schließlich über die IT-Anwendung, sondern kann auch über bilaterale Kommunika-
tion stattfinden.
Das in der Literatur häufig genutzte Schlagwort „Enterprise 2.0“ [10] [16] bedeu-
tet nicht nur die Schaffung eines Angebots an entsprechenden IT-Plattformen im
Unternehmen. Enterprise 2.0 bedingt vielmehr eine Abkehr von traditionellen Rol-
lenmustern bei der Informationsbeschaffung und -verteilung hin zu einer von der
Unternehmensleitung aktiv geforderten und geförderten Kultur des Wissensteilens
sowie des gegenseitigen Vertrauens und der gegenseitigen Unterstützung. Enter-
prise 2.0 steht für Nutzungsoffenheit, weil nicht schon von Beginn an klar sein muss,
zu welchem Zweck eine bestimmte IT-Anwendung von Mitarbeitenden tatsächlich
genutzt werden kann. Es kann also durchaus vorkommen, dass sich der Einsatzzweck
eines Dienstes erst durch die Nutzungspraktiken der Anwender in eine bestimmte
Richtung manifestiert [17].
Für viele Mitarbeitende − nicht nur aus der jüngeren Generation der sogenannten
„Digital Natives“ − bilden unternehmensinterne Web-2.0-Anwendungen und „Social
Media“ unverzichtbare Instrumente zur Kommunikation, Informationsrecherche und
Expertensuche und tragen damit auch zur Attraktivität eines Arbeitsplatzes bei. Die
bisherige Herausforderung für Wissensmanager, Mitarbeitende zum Eintragen und
Teilen von Inhalten zu motivieren, wird nun vermehrt durch andere Herausforderun-
gen abgelöst: Dazu gehört etwa, den Mitarbeitenden nicht nur eine geeignete und
zeitgemäße Web-2.0-Infrastruktur, sondern auch eine entsprechende Unternehmens-
kultur zu bieten, um die Voraussetzungen für effizientes, selbständiges und nach-
haltiges Wissensarbeiten zu schaffen [18]. References+ ermöglicht neue Formen des
In-Kontakt-Bleibens mit Kollegen, die mitunter weit entfernt in anderen Zeitzonen
arbeiten. Diese Vernetzung von Mitarbeitenden wirkt wie ein Katalysator für neue
Arbeitsstrukturen und Arbeitspraktiken, der im Sinne einer vernetzten Organisa-
tion[19] immer mehr Fachbereiche betrifft.
References+ wurde 2005 als Initiative einer Business Unit mit einem vergleichs-
weise engen Fokus gestartet und im Lauf mehrerer Jahre und unter stetigem Einbe-
zugder Nutzer auf mehrere Divisionen mit ihren speziellen Informationsbedürf-
nissen ausgeweitet. In der heutigen Ausprägung integriert References+ einzelne
Teilaspekte wie Social Networking, Microblogging, Diskussionsforen, Wissens-
referenzen und interaktive Profilseiten zu einem ansprechenden und effizienten
Gesamtsystem. Für den laufenden Betrieb einer solchen weltweit genutzten Platt-
form ist das kontinuierliche Engagement eines Community-Managers von entschei-
dender Bedeutung. Unter Einsatz zahlreicher Mechanismen und Maßnahmen gilt es,
die auf das Tagesgeschäft konzentrierten Mitarbeitenden fortlaufend vom Mehrwert
246 Johannes Müller et al.
der Plattform zu überzeugen und sie zur aktiven Nutzung sowie zur Eingabe selbst
verfasster Beiträge zu motivieren. Neben der aktiven Unterstützung des Top Manage-
ments besteht in der Tätigkeit eines oder mehrerer überzeugender Community
Manager der wesentliche Faktor für den Erfolg von Plattformen wie References+. Die
dadurch ermöglichte Etablierung einer neuen Informations- und Kommunikations-
kultur folgend der Devise „Teilen statt Abrufen“, der offene Zugang zu Informatio-
nen und Wissen, das Setzen auf Vertrauen statt übermäßiger Kontrolle sowie die
Beseitigung störender Informationshierarchien verlangen aber auch ein partizipati-
ves Führungsverhalten, um im Zeitalter der zunehmenden Digitalisierung von Unter-
nehmen erfolgreich zu bleiben [20].
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Praxisbeispiel: Siemens 247
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[18] Müller, J.; Stocker, A.: Siemens Building Technologies Division: Globaler Wissens- und Erfah-
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[19] Richter, A.: Vernetzte Organisation, Oldenbourg Wissenschaftsverlag, 2014, ISBN 978-3-486-
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