In der vorliegenden Arbeit wird untersucht, wie nachhomerische Autoren, die Lyriker Alkaios, Sappho und Stesichoros, die Geschichtsschreiber Herodot und Thukydides, und die Tragiker Aischylos, Sophokles und Euripides, den Troischen Krieg als mythische Vergangenheit behandeln. Der spezifische Charakter des jeweiligen Umgangs mit dem Stoff kommt zustande a.) durch die unterschiedlichen Gattungen
... [Show full abstract] und ihre Gesetzmäßigkeiten, b.) durch die unterschiedliche Zeit, in der jeder Autor gelebt und geschrieben hat, und c.) durch die innerliterarischen Beziehungen zwischen den Autoren untereinander und gegenüber dem epischen Kanon. Die Behandlung des Troischen Krieges bei den nachhomerischen Autoren verdeutlicht zunächst die Variabilität eines Mythos, der als Geschichte empfunden wird und zugleich ein reiches Material zur poetischen Umgestaltung anbietet. Innovative Änderungen lassen sich durch die gegenwartsorientierten Wirkungsabsichten der Autoren erklären. Der Mythos des Troischen Krieges eignet sich in jeder Zeit zu einer Selbstreflexion von Gesellschaftsgruppen, weil er als alte, überlieferte Geschichte zur Abstrahierung und Symbolisierung verfügbar ist. Zudem besitzt er als ‘intentionale Geschichte’ eine Autorität, die den Bezugnahmen auf ihn eine Aussagekraft verleiht. Die vorliegende Arbeit versteht sich als eine Fallstudie zur Frage, wie die Griechen mit ihrer Vergangenheit umgegangen sind.