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Das Politische dominiert. Wie Schweizer Medien über Religionen berichten

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Abstract

Wie wird uber Religion berichtet? Welche Bilder herrschen uber einzelne Religionsgemeinschaften in Schweizer Medien vor? Die hier vorgestellte Inhaltsanalyse von Beitragen aus elektronischen sowie gedruckten Medien aus dem Jahr 2008 weist eine einseitige Berichterstattung uber Religion nach, die stark auf Islam und Katholizismus fokussiert ist. Dies lasst sich im Hinblick auf die verwendeten Frames, narrativen Muster und die Valenz des Ereignisses aufzeigen. Weitere Ergebnisse legen einen starken Fokus auf Politik in der Berichterstattung uber die behandelte Thematik. Religiose Inhalte an sich finden hingegen kaum Eingang in die Medien – wenn doch, dann am ehesten im Zusammenhang mit dem Christentum. Dieses wird am deutlichsten als Religion dargestellt, nicht-christliche Religionen hingegen werden haufig als politische Akteure prasentiert. English Carmen Koch: Politics is dominating. How Swiss media are covering religious issues How do Swiss media report on religion, what picture do they draw of different religious groups? Which frames and which narrative archetypes do they use to describe religious groups? The presented content analysis of electronic and print media of the year 2008 demonstrates a one sided coverage about Religion which is strongly Islam and Catholicism centred. That can be showed with regard to the frames and narrative archetypes used as well to the valence of the event. Further results suggest a strong focus on politics in the coverage with and about religion. Religious matters at the other hand barley are found in the media, but if then in relation with Christianity. Christendom most explicitly is described as a religion; non-Christian religions at the other hand more frequently are presented as political actors.
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Das Politische dominiert
Wie Schweizer Medien über Religionen berichten
Carmen Koch
AUFSATZ
Religion ist – zumindest in der westlichen Welt – für die Menschen
eine sehr persönliche, private Angelegenheit. Religion begleitet Men-
schen bei ihrem Tun und Denken, prägt stark das Leben. Religionen
sind Teil unserer Kultur und Geschichte. Dies alles hat auch zur Fol-
ge, dass Religion, Religionsgemeinschaften oder Religionsvertreter
immer wieder mit verschiedenen Themen öffentlich in Erscheinung
treten. Die Vielfalt an möglichen Thematisierungen ist groß: Reli-
gion kann zu einem gesellschaftlichen, politischen, wirtschaftlichen,
aber auch zu einem kulturellen, wissenschaftlichen oder ethischen
Gegenstand werden. Betrachtet man Religion als eines der zentralen
Themen der Menschheit, so ist es aufschlussreich zu beobachten, wie
sich Religion in den Medien manifestiert. Mit welchen Themen und
aus welcher Perspektive wird über Religion, Religionsgemeinschaf-
ten oder Religionsvertreter berichtet? Welches Bild herrscht in den
Medien über die einzelnen Religionsgemeinschaften vor? Spannend
sind diese Fragen nicht zuletzt im Hinblick auf die Berichterstattung
über kulturell und traditionell fremde Religionen. Viele Menschen
kommen selten mit diesen Glaubensrichtungen direkt in Berührung,
sondern haben ihr Wissen darüber aus den Medien.
Die religiöse Landschaft in der Schweiz ist stark in Bewegung,
auch die Landeskirchen sind davon betroffen. Dies bildet die Aus-
gangslage für die nachfolgend präsentierte Untersuchung. Das Pro-
jekt geht der Frage nach, wie über Religion berichtet wird. Die In-
haltsanalyse Schweizer Medien soll damit eine Forschungslücke
verkleinern, denn die Darstellung von Religion in den Medien ist
ein nur sehr marginal behandeltes Thema in der Kommunikations-
und Medienwissenschaft. Die wenigen Forschungen in Deutschland
und in der Schweiz haben meistens die Darstellung des Islam (Im-
hof/Ettinger 2007, Hafez 2002, Schranz/Imhof 2002) in den Medien
untersucht, vereinzelt lassen sich Studien über das (orthodoxe)
Christentum (Stern 2004, Meier et al. 2004) oder das Judentum
(Meier et al. 2004) finden.
Communicatio Socialis 42 (2009), Nr. 4: 365–381
Quelle: www.communicatio-socialis.de
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Untersuchungsmethode und Stichprobe
Unsere Inhaltsanalyse soll einen breiten Überblick geben, indem nicht
nur die Darstellung einer einzelnen Religionsgemeinschaft abgebildet,
sondern Religion als Ganzes zum Untersuchungsobjekt wird. The-
oretisch angeleitet wird die Studie unter anderem von der Framing-
Theorie sowie von der Narrationsforschung. Im Weiteren wurden
religionswissenschaftliche Dimensionen hinzugezogen. Diese Ansätze
werden an entsprechender Stelle kurz vorgestellt. Die hier präsentier-
ten Daten sind Ausschnitte unserer Studie. Sie basieren auf der Ana-
lyse Schweizer Tageszeitungen sowie Nachrichtensendungen aus den
beiden Regionen Lausanne (französischsprachig) und Zürich (deutsch-
sprachig). Insgesamt wurden elf Medienangebote1 vom 7. Dezember
2007 bis zum 6. Dezember 2008 untersucht. Die Beiträge in den Zei-
tungen wurden mittels Stichwortsuche in Datenbanken ermittelt, bei
den elektronischen Medien wurde jede Sendung durchgehört, und die
Beiträge wurden mittels der Stichwortliste ausgewählt.
Das Codebuch ist zweistufig aufgebaut: Zunächst wurden alle Beiträ-
ge untersucht, in denen sich ein religiöser Begriff fand. In die detaillier-
tere Untersuchung auf der zweiten Stufe gingen nur noch jene Beiträge
ein, in denen Religion mindestens ein Drittel des Umfangs einnahm oder
in welchem eine Religionsgemeinschaft oder religiöse Person Hauptak-
teur war. Aus allen gesammelten Beiträgen wurde pro Medium
eine Zu-
fallsstichprobe von 200 Beiträgen (jeder x-te Beitrag) gezogen, wobei
drei Medien weniger Beiträge publizierten. Nach der Codierung der
ersten Stufe mussten bei denjenigen Medien, bei denen weniger als
80 Beiträge für die zweite Stufe berücksichtigt wurden, nochmals 200
nachgezogen werden. Insgesamt sind so 3742 Beiträge auf der ersten
Stufe und davon 1225 auch auf der zweiten Stufe untersucht worden.
Um ein möglichst exaktes Bild der Religionsgemeinschaften zu erfas-
sen, wurden in das Codebuch rund 120 Variablen aufgenommen, von
denen an dieser Stelle nicht alle vorgestellt werden können.
In der Studie wurde nicht nur nach Religionen unterschieden, son-
dern auch nach Konfessionen und Glaubensrichtungen differenziert.
Dies stellte sich als nötig heraus, da die verschiedenen Konfessio-
nen bzw. Glaubensrichtungen nicht nur in unterschiedlicher Menge
behandelt, sondern auch im Zusammenhang mit verschiedenen The-
1 Analysiert wurden die Radiosendungen „DRS Heute Morgen“ und „DRS Echo der
Zeit“, die „SF Tagesschau“ sowie die Tageszeitungen „punkt ch“, „Blick“, „NZZ“,
„Tages Anzeiger“, „vingt minutes“, „24 heures“, „le Matin“ und „le temps“.
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men, Frames und Mustern präsentiert wurden. Teilweise wurde in der
Berichterstattung aber auch nur die Hauptreligion genannt – dann ha-
ben wir das entsprechend der Bezeichnung im Beitrag festgehalten.
Im Weiteren wurde erfasst, wenn nur der Begriff Religion genannt
oder wenn eine religiöse Bezeichnung genutzt wurde, wie Mönch oder
Priester, die nicht direkt auf eine Religion schließen lässt.
Welche Religionsgemeinschaften kommen vor?
Eine erste Auswertung der Häufigkeiten der dargestellten Religionen
lässt erahnen, dass die Religionsvielfalt in den Medien gering ist. Es
dominieren in der Berichterstattung wenige Religionsgemeinschaften
bzw. Religionsvertreter. Es sind vor allem der Katholizismus und der
Islam. Abbildung 1 zeigt die Häufigkeit des Vorkommens einer Reli-
gion in Beiträgen, in denen Religion kein dominantes Thema ist (nur
1. Stufe), sowie in Beiträgen, in denen religiöse Aspekte dominieren
(2. Stufe), prozentual zur Gesamtzahl der jeweils untersuchten Bei-
träge. Dabei konnten pro Beitrag mehrere Religionen vorkommen.
Bemerkenswert hieran ist: Wenn der Katholizismus in den Medien
vorkommt, dann steht er meist im Zentrum der Berichterstattung.
Von allen Beiträgen mit oder über den Katholizismus gehören 72 Pro-
zent zu den von religiösen Aspekten dominierten Artikeln. Bei den
Beiträgen über den Islam hingegen überwiegen jene leicht, in wel-
chen religiöse Aspekte nur am Rande vorkommen.
Abb. 1: Religionen in den Artikeln auf erster und zweiter Stufe
Begriff Religion
nicht erwähnt
Christentum
Katholizismus
orthodoxe Kirche
Protestantismus
Islam
Schiitentum
Sunnitentum
Buddhismus
Judentum
Hinduismus
Scientology
Sekte (Oberbegriff)
0 % 5 % 10 % 15 % 20 % 25 % 30 %
Religion nicht dominant im Artikel (N=1465) Religion dominant im Artikel (N=1404)
4,6 %
4,1 %
4,2 %
3,9 %
8,6 %
8,4 %
8,8 %
1,5 %
0,9 %
1,9 %
5,8 % 7,7 %
1,8 %
2,2 %
1,1 %
1,1 %
0,5 %
2,2 %
1,4 %
0,8 %
10,8 %
2,1 %
13,0 %
10,4 % 28,4 %
26,1 % 28,7 %
14,5 %
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Ein Vergleich der verschiedenen Medientypen verdeutlicht, dass
die Boulevardmedien und die Fernsehnachrichtensendung dem Chris-
tentum und dem Katholizismus deutlich mehr Gewicht zukommen
lassen als die anderen Medientypen. Der Islam hingegen findet mehr
Eingang in die Qualitätsmedien und die Radiosendungen. Dies kann
damit erklärt werden, dass der Islam in den Medien sehr häufig in
Zusammenhang mit politischen Fragen thematisiert wird, auf die die
Qualitätszeitungen und untersuchten Radiosendungen ihren Fokus
legen. Diese Unterschiede zwischen den Medientypen sind über die
Sprachregionen hinweg konstant.2
Nebst dem dominanten Katholizismus und dem Islam findet noch
am häufigsten das Christentum allgemein, der Buddhismus, der Pro-
testantismus und das Judentum Eingang in die Medien. Relativiert
werden muss allerdings die Häufigkeit des Vorkommens des Buddhis-
mus. Es lässt sich beobachten, dass dieser nur aufgrund von außer-
ordentlichen Ereignissen im Jahr 2008 – nämlich der Konflikte und
Unruhen in Tibet, auch im Zusammenhang mit den Olympischen Spie-
len in Peking – in den Medien verstärkt präsent ist. Es wird von den
demonstrierenden Mönchen berichtet oder von der Führungsrolle des
Dalai Lama in diesem Konflikt. Ansonsten ist der Buddhismus in den
Medien praktisch inexistent. Diese Resultate bestätigen Ergebnisse
anderer Studien, die kaum Artikel in den Medien über den Buddhis-
mus fanden (Stern 2004). Die nachfolgenden Ergebnisse beziehen
sich nun allein auf jene Beiträge, in denen es dominant um Religion
geht bzw. in denen eine Religionsgemeinschaft oder ein religiöser Ak-
teur im Zentrum steht.
Themen der Berichterstattung
Das Thema der Berichterstattung wurde in einem offenen Textfeld
erhoben und in einer Nachcodierung zu Themengruppen zusammen-
gefasst. Durch dieses Verfahren konnten alle Themenstränge erfasst
werden. Es wird deutlich, dass nicht nur beim Buddhismus, sondern
auch bei anderen Religionsgemeinschaften das Themenfeld „politi-
sche Konflikte, Krieg“ dominiert. Über alle Beiträge hinweg handelt
mehr als jeder zehnte davon. Neben dem Buddhismus geht es hier vor
allem um den Islam (Konflikte im Irak, in Iran, Afghanistan und wei-
tere), aber auch um das Judentum (Konflikt im Gazastreifen, Israel).
2 Die elektronischen Medien wurden nur in der Deutschschweiz untersucht, weshalb
hier keine sprachregionalen Vergleiche möglich sind.
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Damit spiegeln sich die zahlreichen politischen Konflikte in der
Welt, in die Religionsgemeinschaften oder religiöse Gruppen invol-
viert sind, wenngleich es sich zumindest oberflächlich nicht um reli-
giöse Konflikte handelt. Der Konflikt zwischen Katholiken und Pro-
testanten in Nordirland hat hingegen wenig Aufmerksamkeit erlangt.
Auch im Zusammenhang mit Terrorismus taucht Religion auf, wenn
es um Anschläge religiöser (meist muslimischer) Gruppen geht. Po-
litik ist generell das dominante Thema in der Berichterstattung mit
religiösen Inhalten. Religion tritt etwa im Zusammenhang mit den
US-Präsidentschaftswahlen, aber auch mit Wahlen in anderen Län-
dern auf. Gerade im Falle der USA werden die religiöse Ausrichtung
und der religiöse Hintergrund der Kandidaten sowie der (potentiel-
len) Wähler immer wieder aufgegriffen. Ferner ist internationale Poli-
tik ein Thema, das vor allem im Zusammenhang mit dem Islam häufig
auftritt. Auf der Ebene der Schweizer Politik ist die aktuelle Anti-
Minarett-Initiative, die das Verbot des Baus von Minaretten in der
Verfassung verankern möchte, in den Medien präsent.
Dominierend sind weiter „institutionelle Abläufe/organisatorische
Verfahren“ wie etwa Kirchenversammlungen, Wahlen zum Pfarramt,
Renovierung religiöser Gebäude oder Tätigkeiten der Schweizer Gar-
de. Berichte dieser Art handeln vor allem vom Katholizismus, aber
auch vom Protestantismus. Dass es diese Routinethemen, die ver-
gleichsweise geringen Nachrichtenwert aufweisen, in die Medien
schaffen, lässt sich mit der Tradition begründen. Das Christentum als
Teil der Schweizer Kultur erhält traditionell Raum in den Medien.
Ein relevanter Teil der Berichterstattung über den Katholizismus
beherrscht die Aufdeckung von Fällen pädophiler Priester. Die Be-
richte beinhalten konkrete Missbrauchsvorwürfe, Kritik an der Kir-
che über ihr Verhalten, aber auch Entschuldigungen des Papstes.
Dies scheint besonders relevant für die Medien, da Geistliche jene
Moral verletzten, die sie selbst propagieren. Dass Moralverstöße für
die Medien reizvoll sind, zeigt sich auch daran, dass immer wieder
auch kleinere Vergehen von Geistlichen thematisiert werden.
Wenngleich politische Themen dominieren, zeigt sich dennoch eine
große Vielfalt in jenen Beiträgen, in denen es um Religion oder um ei-
nen religiösen Vertreter geht. Religion ist in der Kultur und der Kunst
zu finden. Religionsvertreter nehmen Stellung, wenn es um Moral-
und Ethikfragen geht – sei dies im familiären Umfeld, in der Wissen-
schaft oder der Wirtschaft. Umstrittene Haltungen, gegensätzliche
Ansichten, etwa wenn es um Homosexualität, sexuelle Freizügigkeit,
den Gebrauch von Kondomen oder die Sterbehilfe geht, sind für die
Medien von Interesse. Bräuche und Riten des Christentums finden
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regelmäßig Einzug in die Medien. Auch dies mag mit der starken Ver-
ankerung in der Schweizer Tradition zusammen hängen. Bei anderen,
in der Schweiz kulturell fremden Religionsgemeinschaften werden
Bräuche und Rituale hingegen erst thematisiert, wenn sie eine gewis-
se Exotik innehaben oder als umstritten gelten.
Valenz der Ereignisse
Was sich schon in der Themenanalyse abgezeichnet hat, wird beim
Blick auf die Valenz der den Beiträgen zugrunde liegenden Ereignisse
deutlich: Häufig ist es ein negatives (Gewalt-)Ereignis bzw. negativ-
neutrales Ereignis (mit Schaden, aber ohne Gewalt)3. Dies betrifft
insbesondere nicht-christliche Religionsgemeinschaften. Positive Er-
eignisse sind dort selten. Bei den christlichen Konfessionen hingegen
sind Beiträge mit positivem Auslöser vergleichsweise oft vertreten,
Artikel mit negativer und negativ-neutraler Ereignisvalenz seltener.
Abb. 2: Ereignisvalenz nach Religionsgemeinschaft
3 Negativ: Gewaltkonflikte, Ereignisse, die mit Gewalt, körperlicher Verletzung und
Tod in Verbindung stehen, z. B. Anschläge, Krieg, Verbrechen, Erdbeben, Flug-
zeugabsturz, Staatsstreich, Todesurteile, Unfall etc.; negativ-neutral: Ereignisse,
die nicht von direkter Gewalt betroffen sind, aber Schaden erzeugen, z. B. Affä-
ren, Betrug, Drohung, Gefahr, Krise, Machtkampf, Sanktion, Streit, Kriegsvorbe-
reitungen, etc.; neutral: Ereignisse, die nicht in irgendeiner Form mit Schaden in
Verbindung stehen, aber auch nicht als positive Ereignisse zu werten sind, z. B.
Verhandlungen, Wahlen, Staatsbesuche, Ermittlungen, reguläre Handlungsabläufe
etc.; positiv: Ereignisse, die mit Erfolg oder Nutzen verbunden sind, z. B. Erfindun-
gen, Entdeckungen, Befreiung, Frieden, Einigung, Kulturaustausch, geglückte In-
tegration, Ehrung, Solidarität etc. (Operationalisierung nach Piga/ Bucher 2008).
Schiitentum (N=46)
Buddhismus (N=103)
Islam (N=325)
Judentum (N=83)
Katholizismus (N=353)
Christentum (N=170)
Protestantismus (N=101)
0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %
negativ neutral-negativ positiv neutral unklar
5 % 10,1 % 35,4 % 43,4 % 6,1 %
9,4 % 18,8 % 34,4 % 32,5 % 5,0 %
12,7 % 23,1 % 33,4 % 27,1 % 3,8 %
20,3 % 22,8 % 30,4 % 21,5 % 5,1 %
22,1 % 31,2 % 30,5 % 12,1 % 4 %
22,5 % 22,5 % 32,4 % 20,6 % 2 %
57,4 % 14,9 % 21,3 % 6,4 %
Carmen Koch
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Geht es überhaupt um Religion?
Religion tritt also in verschiedenen Kontexten auf, Hintergrundin-
formationen zu den Religionen sind aber nur spärlich vorhanden.
Es stellt sich die Frage, inwiefern es in den untersuchten Beiträgen
überhaupt um Religion geht, d. h. inwiefern religionsspezifische Per-
spektiven und Inhalte thematisiert werden. Um dies festzustellen,
wurden einerseits Frames erfasst – darauf wird an späterer Stelle
noch eingegangen –, andererseits wurde das Vorkommen religiöser
Dimensionen untersucht. Hierzu wurde auf den mehrdimensionalen
Ansatz von Glock (1969) zurückgegriffen, der fünf Dimensionen von
Religiosität postuliert:
Religiöse Dimension Beschreibung der religiösen Dimension
Ideologische Dimension Beinhaltet Glaubensaussagen, a) über die Existenz eines gött-
lichen Wesens, b) über Inhalt und Ziel des göttlichen Willens
und die Rolle des Menschen und c) Glaubensaussagen, wel-
che „die Erfüllung und Verwicklung des göttlichen Willens, das
rechte Verhalten des Menschen gegenüber Gott und gegen-
über seinen Mitmenschen“ (Glock 1969, S. 156) beinhalten.
Rituelle Dimension Umfasst „[…] alle jene spezifischen religiösen Praktiken […],
an die sich die Anhänger einer Religion zu halten haben“
(Glock 1969, S. 152).
Religiöses Wissen
Beinhaltet grundlegende Lehrsätze des Glaubens, heilige Schriften.
Religiöse Erfahrung
Individuelles Erfahren von Religion, religiöse Gemütsbewegung,
„direkter Zugang zur letzten Wirklichkeit“ (Glock 1969, S. 151).
Religiöse Konsequenzen Alle säkularen Effekte „des religiösen Glaubens, religiöser Pra-
xis, religiöser Erfahrung und religiösen Wissens auf den Men-
schen“ (Glock 1969, S. 152): a) Belohnungsaspekt: Was kann
ein Individuum erwarten, wenn es die eigene Religion auslebt
und b) Pflichtaspekt: Was muss ein Individuum tun/ geben,
um der eigenen Religion gerecht zu werden.
Tab. 1: Übersicht über die religiösen Dimensionen nach Glock
Bezeichnend ist, dass in 45,1 Prozent der Beiträge nicht eine der
religiösen Dimensionen vorkommt. In 26,6 Prozent der Fälle kommt
eine der Dimensionen vor, und nur in 13,2 Prozent sind dies zwei oder
mehr. Insbesondere bei Beiträgen über nicht-christliche Religionen
sind die Dimensionen schwach vertreten, wobei sich der Islam etwas
abhebt (vgl. Abb. 3). Immerhin in 52,1 Prozent der Beiträge kommt eine
religiöse Dimension vor. Im Vergleich zu den christlichen Religionen,
insbesondere Katholizismus und Christentum, treten die religiösen
Dimensionen aber immer noch deutlich seltener auf.
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Abb. 3: Häufigkeit des Vorkommens religiöser Dimensionen
Diese Beobachtung bestätigt sich, betrachtet man die Dimensionen
einzeln (vgl. Tab. 2). Am stärksten ausgeprägt sind die ideologische
und die rituelle Dimension. Erstaunlich ist das geringe Vorkommen
der religiösen Konsequenz. Diese wäre gerade im Zusammenhang mit
dem Islam deutlich stärker erwartet worden, etwa wenn es um die
Frage der Verschleierung geht oder um religiös begründete Selbst-
mordattentate. Generell sind alle religiösen Dimensionen bei den
christlichen Religionen stärker ausgeprägt als bei den nicht-christ-
lichen. Nur bei der Berichterstattung über den Islam erhalten die Di-
mensionen ein gewisses Gewicht: Dann geht es vor allem um die Anti-
Minarett-Initiative, den Islam im Westen, um Islam-Kritik und Islam
in der Schule. Es werden spezielle, für den Westen ungewöhnliche,
exotische Ideologien, Glaubenssätze und Rituale angesprochen und
der Koran und die Scharia als Grundlage hinzugezogen.
Ideolo-
gische
Dimension
Rituelle
Dimension
Religöses
Wissen
Religöse
Erfahrung
Religöse
Konse-
quenzen
Christentum (N=170) 41,8 % 30,6 % 19,5 % 14,1 % 11,8 %
Katholizismus (N=353) 42,8 % 37,6 % 20,3 % 14,4 % 16,1 %
Protestantismus (N=101)
38,6 % 32,7 % 15,8 % 6,9 % 8,0 %
Islam (N=325) 33,8 % 28,2 % 18,1 % 2,1 % 10,7 %
Schiitentum (N=46) 10,9 % 21,3 % 4,3 % 0,0 % 0,0 %
Buddhismus (N=103) 15,5 % 23,5 % 6,8 % 7,8 % 12,6 %
Judentum (N=83) 20,5 % 10,8 % 7,2 % 2,4 % 6,0 %
Tab. 2: Vorkommen religiöser Dimensionen nach Religionsgemeinschaft
Judentum (N=83)
Buddhismus (N=103)
Schiitentum (N=46)
Islam (N=325)
Protestantismus (N=101)
Katholizismus (N=353)
Christentum (N=170)
0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %
keine Dimension eine Dimension zwei Dimensionen drei Dimensionen vier Dimensionen fünf Dimensionen
37,6 % 31,8 % 15,3 %
8,2 %
4,1
%
33,9 % 30,8 % 18,9 %
7,1 %
4,5
%
41,6 % 26,7 % 21,8 % 7,9 %
47,9 % 26,4 % 14,7 % 7,7 %
74,5 % 14,9 % 8,5 %
64,1 % 20,4 %
6,8 %
4,9%
67,5 % 21,7 % 7,2 %
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Frames
Einen Blick auf die Analyse der auftretenden Frames vermittelt
ein ähnliches Bild. Nach der Definition von Dahinden sind Frames
als Deutungsmuster zu verstehen: „Sie strukturieren Information
in Form von abstrakten, themenunabhängigen Deutungsmustern,
welche Komplexität reduzieren und die Selektion von neuen Informa-
tionen leiten“ (Dahinden 2006, S. 194, Hervorhebung im Original).
Sie beinhalten eine Problemdefinition, Ursachenzuschreibung, mora-
lische Bewertung und Handlungsempfehlung (ebd.). Für die Analyse
wurde das deduktive Verfahren gewählt und auf bestehende Basis-
frames zurückgegriffen:
Frame Beschreibung
Konfliktframe Meinungsverschiedenheiten zwischen Parteien, Individuen, Gruppen,
Ländern oder Religionen.
Terrorismusframe Beitrag nimmt Stellung zu möglichen terroristischen Gefahren, Bedro-
hungen oder Motiven.
Moral-, Ethik-/
Rechtframe
Medienbeitrag nimmt Bezug zu Moral oder einem anderen höheren Ziel
wie gesellschaftliche Sicherheit, Menschenrechte, (politische) Grundrech-
te, Freiheitsrechte oder Gerechtigkeit.
Religionsframe Medienbeitrag nimmt Bezug zu Gott oder anderen religiösen Vorstellun-
gen. Es reicht nicht, wenn Religion im Artikel genannt ist. Es muss ein
spezifischer Bezug zu Gott vorhanden bzw. die religiösen Vorstellungen
müssen explizit genannt sein.
Personalisierungsframe Medienbeitrag bietet ein menschliches Beispiel, ein „Gesicht“ zum Thema.
Wirtschaftlichkeits-
frame
Medienbeitrag erwähnt (gegenwärtige oder zukünftige) finanzielle Ge-
winne oder Verluste, Kosten und Kostenvergleiche.
Fortschrittsframe In der Darstellung des Themas spielt neues, wissenschaftliches Wissen
eine zentrale Rolle.
Tab. 3: Übersicht über die Basisframes
(Operationalisierung angelehnt an Semetko/Valkenburg 2000)
Die Frames wurden unter genauer Codieranweisung entsprechend
der Operationalisierung in Tabelle 3 erfasst. Wenig überraschend –
zumindest wenn man sich die voran präsentierten Ergebnisse noch-
mals vor Augen führt –, ist die Auswertung der Frames. Wieder wird
deutlich, dass Religion in den Beiträgen, in denen Religionsgemein-
schaften oder deren Vertreter eine Hauptrolle einnehmen oder in
denen es zentral um eine Religion geht, Religion an sich trotzdem
selten als Deutungsmuster verwendet wird. Nur in einem Viertel al-
ler Artikel kommt der Religionsframe vor. Am häufigsten ist er noch
bei den christlichen Konfessionen zu finden, deutlich seltener bei den
nicht-christlichen Religionsgemeinschaften. In den untersuchten Bei-
trägen berichten die Journalisten häufig aus der Moralperspektive. In
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rund der Hälfte aller Artikel wird das Moralframe verwendet – wobei
die Unterschiede nach den einzelnen Religionen nicht sehr groß sind.
Das erstaunt wenig, gelten doch Religionen traditionell als die mora-
lische Instanz. Oft machen sie mit divergierenden Moralvorstellungen
auf sich aufmerksam, etwa zu Fragen der Homosexualität oder der
Verhütung. Besonders spannend wird es für die Medien aber wie be-
reits erwähnt, wenn Religionsvertreter die Moral, die sie selbst pre-
digen, verletzten: diebischer Pfarrer, pädophile Priester, Pornofilme
schauender Mönch, mit dem Auto rasender Pfarrer.
Wenig erstaunlich ist das starke Vorkommen des Konfliktframes.
Es bestätigt einmal mehr, was die Themenanalyse und die Ereignis-
valenzanalyse zeigt, nämlich dass politische Konflikte sehr häufig im
Zusammenhang mit Religion auftreten. Beim Katholizismus treten
damit außerdem Beiträge in Erscheinung, die auf Konflikte und Mei-
nungsverschiedenheiten innerhalb der Kirche hindeuten.
Abb. 4: Frames
Frame
Religion
Fort-
schritt
Wirt-
schaft
Terro-
rismus
Reli-
gion
Persona-
lisierung Moral Konflikt
Christentum (N=170) 7,6 % 15,3 % 7,1 % 42,9 % 29,6 % 43,5 % 31,8 %
Katholizismus (N=353) 5,6 % 15,8 % 1,7 % 32,8 % 42,4 % 51,4 % 44,4 %
Protestantismus (N=101)
5,9 % 23,8 % 0,0 % 27,7 % 27,7 % 41,6 % 31,7 %
Islam (N=325) 3,7 % 11,3 % 35,7 % 18,1 % 25,5 % 53,8 % 64,3 %
Schiitentum (N=46) 0,0 % 12,8 % 70,2 % 8,5 % 12,8 % 29,8 % 87,2 %
Buddhismus (N=103) 1,9 % 13,6 % 15,7 % 11,7 % 24,3 % 53,4 % 59,2 %
Judentum (N=83) 10,8 % 7,3 % 19,3 % 15,7 % 27,7 % 56,6 % 48,2 %
Tab. 4: Frames nach Religionsgemeinschaft
Konflikt-/Meinungs
verschiedenheitenframe
Moralframe
Personalisierungsframe
Religionsframe
Konflikt-/Terrorismusframe
Wirtschaftsframe
Fortschritt-/
Wissenschaftsframe
0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %
Frame kommt vor Frame kommt nicht vor
4,8 % 95,2 %
14,1 % 85,9 %
16,4 % 83,6 %
26,1 % 73,9 %
31,9 % 68,1 %
49,3 % 50,7 %
50,1 % 49,9 %
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Religiöse Hauptakteure im Fokus
In einem weiteren Teil der Analyse wurden die religiösen Hauptak-
teure unter die Lupe genommen. In der Erhebung konnten 1025 reli-
giöse Hauptakteure identifiziert werden, wobei pro Beitrag höchstens
zwei erfasst wurden. Das sind gerechnet auf 1225 Beiträge ein relativ
geringer Anteil. Auffällig ist insbesondere, dass in rund der Hälfte der
Beiträge, in denen es um den Islam geht, kein muslimischer Haupt-
akteur vorkommt. Dies ist bei den anderen Religionsgemeinschaften
nicht so ausgeprägt.
Bemerkenswert ist auch, wer die Hauptakteure sind. Beim Islam,
dem Schiitentum und Judentum ist nur knapp jeder zehnte Akteur
eine geistliche Person wie z. B. ein Imam oder Ajatollah. In rund
zwei Drittel sind es dem entsprechenden Glaube angehörige Perso-
nen und Gruppen. Außerdem treten Repräsentanten der Religion wie
z. B. Pressesprecher in rund einem Fünftel der Beiträge auf. Bei den
Katholiken und den Protestanten verhält es sich genau anders he-
rum: Hier sind die religiösen Hauptakteure in 50 Prozent der Fäl-
le geistliche Personen, davon geht es in knapp der Hälfte der Fälle
um den Papst. Bei den Artikeln über den Buddhismus ist der Dalai
Lama eine dominierende Figur: In 64,4 Prozent der Fälle, in denen ein
buddhistischer Hauptakteur vorkommt, geht es um den geistigen
Führer der Tibeter.
Je nach Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft wurden die
Hauptakteure mit unterschiedlichen Attributen charakterisiert. In
der Erhebung wurden nur jene Attribute erfasst, die explizit oder
mit entsprechenden Synonymen erwähnt wurden. Nachfolgend wird
pro Religionsgemeinschaft nur auf die am deutlichsten vorkommen-
den Attribute eingegangen. Die muslimischen Hauptakteure (ohne
die verschiedenen Konfessionen) wurden in 38,4 Prozent der Fälle
als radikal bzw. extremistisch beschrieben, in rund einem Fünftel der
Beiträge als aggressiv bzw. gefährlich und konservativ. Ein ähnliches,
jedoch ein viel ausgeprägteres Bild zeigt sich, wenn man nur die
Schiiten betrachtet: 60 Prozent wurden als radikal bzw. extremis-
tisch, 33,3 Prozent als gewalttätig, 30 Prozent als gefährlich und
26,7 Prozent als gewaltbereit bezeichnet. Für die buddhistischen Ak-
teure wurden die Attribute friedlich (41,8 Prozent) und gemäßigt bzw.
moderat (28,6 Prozent) am häufigsten verwendet. In Beiträgen mit
jüdischen Hauptakteuren fiel der Begriff oder das entsprechende Sy-
nonym gemässigt bzw. moderat in 21,5 Prozent der Fälle. Bei den
christlichen Religionen findet sich keines der Attribute in dieser
Intensität und Einheit.
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Narrative Muster
Um klarere Bilder zu bekommen, die von den Religionsvertretern ge-
zeichnet werden, wurde auf die Narrationsforschung zurückgegriffen.
Die wenige Literatur, die sich explizit mit Narration und Mythen in
den Medien befasst, betont die Bedeutung, welche das „Geschichte
erzählen“ im Journalismus hat und wie aufschlussreich es sein kann,
diese zu untersuchen: „The analysis of news narratives offers a way
to deal with questions of journalism as a cultural institution and the
culture of journalism. That is, how journalism recreates and propaga-
tes social and cultural norms and how reporters functions as storytel-
lers” (Waisbord 1997, S. 190).
In Mythen, die sich laut Lule (2001, S. 15) in den Nachrichten
wiederfinden lassen, drücken Gesellschaften ihre vorherrschenden
Ideen, Ideologien, Werte und Überzeugungen aus. „These news
stories offer sacred, societal narratives with shared values and
beliefs, with lessons and themes, and with exemplary models that
instruct and inform. They are offering myths” (Lule 2001, S. 18).
Narrationen und damit Mythen stellen Deutungsangebote für die
Rezipienten zur Verfügung (Lünenborg 2005, S. 146), mit welchen
sie ihre Erfahrungen strukturieren können (Bird/Dardenne 1988).
Zwar wechseln die Akteure und die Fakten, aber die Grundge-
schichten werden ständig repetiert: „More than any other mass
medium, the news thrives on the ritual repetition of stories” (Lule
2001, S. 19).
Lule hat in seiner Arbeit sieben Basismythen, d.h. Mythen die
sich in den Medien ständig wiederholen, identifiziert und quali-
tativ untersucht. Allerdings hat er die Mythen nicht auf Beitrag-
sebene identifiziert, sondern über eine ganze Reihe zu einem The-
ma. Dieser Inhaltsanalyse wurden Lules Basismythen zu Grunde
gelegt, ergänzt und operationalisiert. Diese Operationalisierung
wurde in mehreren kleineren Vorstudien entwickelt und getestet.
Acht Basismythen, nachstehend narrative Muster genannt, wurden
definiert (vgl. Tabelle 5).
Die ersten sechs Muster sind akteursbezogene Muster, die jeweils
pro Hauptakteur erhoben wurden. Die „große Flut“ und „fremde
Welt“ hingegen wurden auf Beitragsebene gemessen. Die narrativen
Muster „Trickser“ und „Bösewicht“ sind bei Lule (2001) in einem
Muster vereint. Aufgrund der Pretests wurde entschieden, diese in
zwei Muster zu differenzieren. Bei 58,8 Prozent aller Hauptakteu-
re über verschiedenste Religionen hinweg konnte keines der Muster
identifiziert werden.
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Muster Beschreibung
Held
Gibt sein Leben für eine große Sache hin und geht einer Herausforderung gro-
ßer Bedeutung nach. Handelt uneigennützig, ist mutig und wird als positives
Vorbild gelobt.
Gute
Mutter
Stellt sich fürsorglich in den Dienst einer anderen Partei, stellt eigene Bedürf-
nisse in den Hintergrund. Zeigt, dass Individuen einen Unterschied machen
können. Wieso ihre Hilfe nötig ist, wird oft nicht gezeigt.
Opfer
Wird unerwartet durch einen unglücklichen Zufall zum Opfer und hinterlässt
trauernde Menschen. Die Menschen erzählen Gutes aus seinem Leben. Oft findet
eine Sinnsuche statt.
Schuldiger
Wird für grobe Fehler verantwortlich gemacht. Ihm wird ein irrationales, nicht
vernunftgeleitetes Handeln zugeschrieben. Er wird herabgewürdigt, es werden
Konsequenzen gefordert.
Trickser
Versucht dem Recht ein Schnippchen zu schlagen. Legt Mächtige rein, entlarvt
die „Dummheit“ der Mächtigen. Ist verschmitzt und schlau, aber auch ein sym-
pathischer, guter Mensch, der niemandem ernsthaft schadet.
Bösewicht Ist grob, brutal, grausam und verbreitet Angst. Er verfolgt bewusst ein schändliches,
unmoralisches, böses Ziel und schadet anderen durch sein Verhalten. Er wird im
Mythos dehumanisiert, als Unmensch bezeichnet, mit wilden Tieren verglichen
Große Flut
Der Mythos von einem unerwarteten Unglück, von dem eine große Anzahl
Menschen betroffen sind. Die Menschen sind ihm gegenüber machtlos. Ein
Fehlverhalten der Menschen wird oft dafür verantwortlich gemacht. Danach
wird nach vorne geschaut und von Erneuerung gesprochen.
Fremde
Welt
Eine Welt die ganz anders, fremd, exotisch ist. Sie kann positiv (fantastisch,
schön, reich) sein oder negativ (chaotisch, böse, düster). Oft wird dabei von
fremden Glauben und Werten berichtet, die von Bräuchen der hiesigen Gesell-
schaft abweichen.
Tab. 5: Übersicht über die narrativen Muster
(Operationalisierung angelehnt an Lule 2001)
Frame
Religion Opfer Schul-
diger Held Gute
Mutter
Böse-
wicht Trickser
Christentum (N=103) 6,8 % 15,5 % 3,9 % 11,7 % 2,9 % 7,8 %
Katholizismus (N=348) 3,7 % 20,1 % 11,2 % 19,0 % 6,9 % 3,7 %
Protestantismus (N=94)
1,1 % 8,5 % 2,1 % 12,8 % 4,3 % 4,3 %
Islam (N=192) 4,2 % 26,0 % 4,2 % 5,7 % 19,8 % 5,2 %
Schiitentum (N=30) 10,0 % 13,3 % 6,7 % 3,3 % 30,0 % 0,0 %
Buddhismus (N=79) 10,1 % 10,1 % 22,8 % 17,7 % 0,0 % 16,5 %
Judentum (N=42) 28,6 % 11,9 % 4,8 % 7,1 % 4,8 % 7,1 %
Tab. 6: Vorkommen der narrativen Muster nach Religionsgemeinschaft
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Tabelle 6 zeigt, wie häufig ein Muster bezogen auf alle Hauptak-
teure einer Religionsgemeinschaft zutrifft. Die Muster sind in unter-
schiedlicher Intensität zu finden, aber alle konnten in einem Beitrag
identifiziert werden. Am schwächsten tritt das Muster „Trickser“ in
Erscheinung. Immerhin lässt es sich bei 16,5 Prozent der buddhis-
tischen Hauptakteure ausmachen. Der „Trickser“ manifestiert sich
vor allem in der Person des Dalai Lamas, der sich schlau und gewieft
gegen die mächtigen, chinesischen Autoritäten stellt. Sein Mut, sein
enormes Engagement macht ihn, aber auch die in Tibet demonstrie-
renden Mönche, zu „Helden“ – ein Muster, das von mehr als jedem
Fünften buddhistischen Akteur verkörpert wird. Katholische Haupt-
akteure finden sich in der Rolle des „Schuldigen“ wieder, nämlich
dann, wenn es um den sexuellen Missbrauch durch geistliche Per-
sonen geht. Fast so häufig werden sie aber auch als „gute Mütter“
typisiert, dies vor allem im Zusammenhang mit Heiligsprechungen
oder Papstbesuchen. Beim Islam fällt das Muster des „Schuldigen“,
aber auch das „Bösewicht“-Muster stark ins Gewicht. Diese Muster
lassen sich unabhängig über viele verschiedene Themenbereiche fest-
stellen und damit nicht auf einen bestimmten Anlass, ein bestimmtes
Thema schließen. Dies lässt den Schluss zu, dass dieses narrative
Muster generell im Zusammenhang mit dem Islam auftaucht und da-
mit ein gefestigtes Bild des Islams vermittelt. Beim Katholizismus
hingegen sind die Muster, zumindest die negativen, stark themenge-
bunden. Der „Bösewicht“ ist auch beim Schiitentum – wie beim Islam
generell – stark ausgeprägt. Das Muster trifft fast bei jedem dritten
Hauptakteur zu. Die jüdischen Hauptakteure werden oft als „Opfer“
beschrieben – einerseits in Erinnerung an Nationalsozialismus und
Holocaust, andererseits wenn sie Opfer heutiger antisemitischer Aus-
schreitungen sind.
Das akteurunabhängige Muster „andere Welt“ tritt vor allem im
Zusammenhang mit den nicht-christlichen Religionen in Erscheinung,
insbesondere in Beiträgen über den Islam allgemein und das Schiiten-
tum im Speziellen. Diese andere Welt ist in vielen Fällen negativ. Bei
Beiträgen, die den Islam thematisieren, ist in mehr als der Hälfte der
Fälle, in denen das Muster „andere Welt“ auftritt, diese Welt nega-
tiv, bei Beiträgen über das Schiitentum gar in 72,2 Prozent. In der
Berichterstattung über den Islam wird in einem Viertel der Beiträge
von abweichendem Glauben, Werten und Praktiken gesprochen, beim
Buddhismus in knapp jedem fünften Beitrag. Bei Beiträgen über ande-
re Religionsgemeinschaften ist es höchsten jeder zehnte. Das Muster
„große Flut“ ist spärlich vertreten – ein Unglück von großem Ausmaß
ist im Zusammenhang mit Religion wenig in den Medien präsent.
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Zusammenfassung und Fazit
Wie die Analyse zeigt, wird die Berichterstattung mit und über Reli-
gion von zwei Religionsgemeinschaften bzw. Konfessionen dominiert:
auf der einen Seite dem Islam, auf der anderen Seite dem Katholi-
zismus. Der Anteil der Beiträge, die sich mit dem Protestantismus
beschäftigen, ist im Verhältnis verschwindend klein. Woran dies liegt,
darüber können nur Vermutungen angestellt werden. Möglicherweise
fehlt dem Protestantismus eine interessante Führungsperson, wie es
die Katholiken mit dem Papst haben. Oder es fehlen Skandale, Kon-
flikte oder extreme Positionen.
Für die Journalisten weist Religion wenig Nachrichtenwert auf
und wird häufig erst gekoppelt mit anderen Themen spannend
und relevant (Dahinden/Wyss 2009, S. 132f.). Generell wird deut-
lich, dass es Religion vor allem im Zusammenhang mit politischen
Themen in die Medien schafft. Es zeichnen sich darin die zahlrei-
chen Krisen und Konflike in der Welt ab, in die religiöse Gruppen
involviert sind. Religion an sich bzw. religiöse Inhalte sind hingegen
selten Thema der Berichterstattung. Religiöse Dimensionen sind
wenig vertreten, der Reli gionsframe ist nur in einer kleinen Anzahl
von Beiträgen zu finden. Das fällt vor allem bei den nicht-christli-
chen Reli gionen auf.
Unter Berücksichtigung der Themen, mit welchen die Reli gionen
auftreten, legt dies den Schluss nahe, dass christliche Religio-
nen, die eine lange Tradition in der Schweiz haben, eher als Re-
ligionen betrachtet werden. Nicht-christliche Religionen hingegen,
die in der Schweiz (noch) nicht traditionell verankert sind, werden
eher als politische Organisationen und Akteure wahrgenommen.
Das zeigt sich auch daran, dass bei christlichen Religionen vor allem
geistliche Hauptakteure auftreten, bei nicht-christlichen hingegen
mehrheitlich sonstige Mitglieder einer Religion. Einzige Ausnahme
bildet der Buddhismus – hier nimmt der Dalai Lama eine außeror-
dentliche, über alles dominierende Position ein, was sich wiederum
mit der Prominenz dieses Akteurs erklären lässt.
Bezeichnend ist, dass Negativität die Berichterstattung über Reli-
gion prägt, angefangen bei der Dominanz negativer Ereignisvalenz,
bei dem Gewicht des Konfliktframes, bis zu den negativen narrati-
ven Mustern und Attributen, die häufig anzutreffen sind. Negativität
ist insbesondere bei den nicht-christlichen Religionen ein sehr star-
ker Faktor. Sie treten häufig mit negativer oder negativ-neutraler
Ereignisvalenz auf. Die Buddhisten und die Juden werden dabei
meist als Opfer negativer Ereignisse dargestellt, das heißt, sie sind
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in negative Ereignisse involviert, nehmen aber darin Muster wie
Opfer, Helden oder gute Mütter ein. Muslime generell und Schiiten
im Speziellen werden hingegen klar als Auslöser oder Mitschuldige
der negativen Ereignisse identifiziert. Sie werden häufig als Bö-
sewichte und Schuldige typisiert und auch mit negativen Attribu-
ten charakterisiert. Doch auch der Katholizismus ist von negati-
ven Ereignissen keineswegs ausgenommen, und seine Vertreter
treten vermehrt als Schuldige in Erscheinung. Das Auftreten dieser
narrativen Muster ist beim Islam kaum themenabhängig, das heißt,
es scheint ein generell verwendetes Stereotyp zu sein. Das lässt
sich bei keiner anderen Religionsgemeinschaft in gleichem Ausmaß
finden.
Die Ergebnisse legen den Schluss einer unausgewogenen Be-
richterstattung nahe, beginnend bei einer sehr geringen Vielfalt an
dargestellten Religionsgemeinschaften bis hin zu einer sehr einsei-
tigen Verwendung von Attributen, Frames und narrativen Mustern.
Generell kann außerdem festgestellt werden, dass die Berichter-
stattung insofern auf das Christentum zentriert ist, als dass reli-
giöse Inhalte, religiöse Dimensionen oder organisatorische Abläufe/
institutionelle Verfahren von Religionsgemeinschaften vorwiegend
im Zusammenhang mit dem Christentum auftreten. Bei den anderen
Religionsgemeinschaften geht es mehrheitlich um Politik, besonders
um Auslandsberichterstattung. Die Ursachen können einerseits bei
den Religionsgemeinschaften gesucht werden: Wie Interviews mit
Religionsvertretern gezeigt haben, fehlen bei vielen Religionsgemein-
schaften aktive Public Relations Strategien (Dahinden/Koch 2009).
Auf der anderen Seite erfüllt kaum ein Journalist die Voraussetzung
für eine fundierte Berichterstattung (Dahinden/Wyss 2009, S. 131f.),
denn spezialisiertes Wissen ist nur geringfügig vorhanden. Am ehes-
ten sind sie noch mit dem Christentum vertraut, da diese Religion
eine lange Tradition in der Schweiz hat.
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... If the media outlet was address - ing the issue of religion explicitly and at least as a minor topic ( 30% of the article or one main religious actor ) it was included in a more detailed analysis . Further information about the methodology can be found in a separate publication ( Koch 2009 ) . ...
Article
Management Summary: This working paper presents results from two communication research projects from the University of Zurich and the University of Fribourg that investigated the representation of Islam in Swiss media. The Swiss Federal Department of Foreign Affairs (FDFA) has invited two research groups to develop this working paper on the background of the FDFA-project "promoting coexistence: dialogue with the media" that aims at promoting and initiating a dialogue between concerned stakeholders. In a world of multiple religious references and different worldviews, the FDFA together with other Swiss actors and the UN Alli-ance of Civilizations reflects on the modalities of promoting coexistence between communities with dif-ferent worldviews, both abroad and in Switzerland. Furthermore, the FDFA was interested to learn about the need for action and about possible means for the promotion of a dialogue between the various stake-holders. The two research projects followed different, but complementary research approaches: The project from the University of Zurich was combining several research methods (interviews with journalists and repre-sentatives of religious organisations plus a media content analysis of news formats in newspaper, radio and TV). The project from the University of Fribourg was focusing on the representation of religions in TV and its various genres (news, entertainment). Results: Despite the methodological differences between the two projects, they found very similar results. Islam receives a relatively high media attention. However, the media focus is not on Islam in Switzerland, but Islam abroad. Islam remains primarily a confrontation with the "Other" or the "Foreigner". Therefore, reporting on Islamic issues usually focuses on problems, controversy and often also on politics. The jour-nalistic representations of Islam are characterized by negativism. The media rarely show an in-depth explo-ration of Islam. Muslim actors are rarely actors from civil society, but mainly religious and political actors who are presented in a mostly passive role. The authors conclude with some recommendations: The currently routine media coverage of Islam results in a negative media image. Overcoming these routines requires conscious learning efforts and reflexivity from the media. Efforts are needed from both sides (religion and media) in order to strengthen and im-prove the representation of Islam in Swiss media. A key area of action is training an education of the (semi-)-professionals on both sides. The media should give more attention on news factors such as cultural prox-imity, personalization and predictability (routine coverage of religious rituals) that might help to shed a different light on Islam. A stronger emphasis should be put on the daily life of (Swiss) Islam, which is cur-rently only a marginal theme. A prerequisite for these changes is the willingness and the ability of (Swiss) Muslims to present themselves and their culture (values, positions on contested issue, lifestyle etc.) in the media. Therefore, Muslim or-ganizations and individuals should be motivated and supported to actively develop their media relations in order to have a say on their media representation.
... In sum, there is a general agreement of our results with the content analysis from other countries. Without wanting to make any normative demands on media professionals or religious representatives, the following additional recommendations could possibly bring about change to the current (re)presentation of Islam in Swiss media (Jecker 2011). ...
Article
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What is the role of the media in multi-religious societies? Are they aggravating latent tensions between religions or rather helping to promote mutual understanding? These are the key research questions addressed in this paper. The discussion in this paper refers to narration and framing as two theoretical approaches from communication science. The empirical findings of a media content analysis in Switzerland show strong differences between Islam and Christianity: While Christianity and its denominations are mainly presented in positive frames and positive narra-tives (e.g. "good mother"), the image of Islam is rather negative. Islam receives relatively high media attention, but the focus is not on Islam in Switzerland, but on Islam abroad. A number of qualitative interviews with journalists and representatives of religious organisations show that this negative image is not caused by anti-muslim attitudes, but rather the outcome of journalistic routines. The paper discusses these findings against the background of the research questions and concludes with some recommendations for journalists and representatives of religious organizations.
Article
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Zusammenfassung Der persönliche Bezug zur Institution Kirche hat in den vergangenen Jahren in der deutschen Bevölkerung und auch bei Journalisten kontinuierlich abgenommen. Gleichzeit bleiben die gesellschaftliche Bedeutung der katholischen und evangelischen Kirche sowie ihr gesetzlich geregeltes Verhältnis zum Rundfunk bestehen. Der vorliegende Beitrag untersucht mithilfe einer quantitativen Inhaltsanalyse von 514 Tagesschau -Beiträgen zu drei Messzeitpunkten (1998/99, 2008/09 und 2018/19) die Berichterstattung über die beiden großen christlichen Kirchen. Im Zentrum stehen dabei die Fragen, in welchen Kontexten bzw. bei welchen Ereignissen über Kirche im Zeitverlauf berichtet und wie positiv oder negativ sie in diesem Zusammenhang dargestellt wird. Es zeigt sich, dass sich die Relevanz der beiden Kirchen in der Tagesschau in den letzten 20 Jahren nicht verändert hat, dass allerdings die katholische Kirche gegenüber der evangelischen Kirche überrepräsentiert ist und signifikant negativer dargestellt wird. Über Ereignisse wird häufiger berichtet als über Stellungnahmen, und die Tendenz der Kirchen-Beiträge ist im Laufe der Jahre signifikant negativer geworden.
Article
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Zekirija Sejdini rückt die Universitäten mit ihrem gesellschaftlich-öffentlichen Bildungsauftrag ins Zentrum der Aufmerksamkeit und sieht in der Etablierung der islamischen Theologie an europäischen Universitäten eine Chance für die islamische Theologie selbst, um sich in einem freien Raum, wie es die Universität ist, zu erneuern und neue theologische Ansätze zu liefern.
Conference Paper
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Management Summary: This working paper presents results from two communication research projects from the University of Zurich and the University of Fribourg that investigated the representation of Islam in Swiss media. The Swiss Federal Department of Foreign Affairs (FDFA) has invited two research groups to develop this working paper on the background of the FDFA-project "promoting coexistence: dialogue with the media" that aims at promoting and initiating a dialogue between concerned stakeholders. In a world of multiple religious references and different worldviews, the FDFA together with other Swiss actors and the UN Alli-ance of Civilizations reflects on the modalities of promoting coexistence between communities with dif-ferent worldviews, both abroad and in Switzerland. Furthermore, the FDFA was interested to learn about the need for action and about possible means for the promotion of a dialogue between the various stake-holders. The two research projects followed different, but complementary research approaches: The project from the University of Zurich was combining several research methods (interviews with journalists and repre-sentatives of religious organisations plus a media content analysis of news formats in newspaper, radio and TV). The project from the University of Fribourg was focusing on the representation of religions in TV and its various genres (news, entertainment). Results: Despite the methodological differences between the two projects, they found very similar results. Islam receives a relatively high media attention. However, the media focus is not on Islam in Switzerland, but Islam abroad. Islam remains primarily a confrontation with the "Other" or the "Foreigner". Therefore, reporting on Islamic issues usually focuses on problems, controversy and often also on politics. The jour-nalistic representations of Islam are characterized by negativism. The media rarely show an in-depth explo-ration of Islam. Muslim actors are rarely actors from civil society, but mainly religious and political actors who are presented in a mostly passive role. The authors conclude with some recommendations: The currently routine media coverage of Islam results in a negative media image. Overcoming these routines requires conscious learning efforts and reflexivity from the media. Efforts are needed from both sides (religion and media) in order to strengthen and im-prove the representation of Islam in Swiss media. A key area of action is training an education of the (semi-)-professionals on both sides. The media should give more attention on news factors such as cultural prox-imity, personalization and predictability (routine coverage of religious rituals) that might help to shed a different light on Islam. A stronger emphasis should be put on the daily life of (Swiss) Islam, which is cur-rently only a marginal theme. A prerequisite for these changes is the willingness and the ability of (Swiss) Muslims to present themselves and their culture (values, positions on contested issue, lifestyle etc.) in the media. Therefore, Muslim or-ganizations and individuals should be motivated and supported to actively develop their media relations in order to have a say on their media representation. Working Paper, produced after the informal meeting between experts in communication and media science and representatives of the public authori-ties (Swiss Federal Department of Foreign Affairs) on June 29, 2010 in Bern Final Version of August 16, 2010 Authors: Project team from the University of Zurich (UZH) and the University of applied sciences (ZHAW) Urs Dahinden (UZH) Vinzenz Wyss (ZHAW) Carmen Koch (UZH and ZHAW) Guido Keel (ZHAW) Contact Address: Swiss institute for information science University of applied sciences HTW Chur Ringstrasse/Pulvermühlestrasse 57 CH-7004 Chur
Article
Full-text available
We investigated the prevalence of 5 news frames identified in earlier studies on framing and framing effects: attribution of responsibility, conflict, human interest, economic consequences, and morality. We content analyzed 2,601 newspaper stories and 1,522 television news stories in the period surrounding the Amsterdam meetings of European heads of state in 1997. Our results showed that, overall, the attribution of responsibility frame was most commonly used in the news, followed by the conflict, economic consequences, human interest, and morality frames, respectively. The use of news frames depended on both the type of outlet and the type of topic. Most significant differences were not between media (television vs. the press) but between sensationalist vs. serious types of news outlets. Sober and serious newspapers and television news programs more often used the responsibility and conflict frames in the presentation of news, whereas sensationalist outlets more often used the human interest frame.
Article
Studies have examined how reporters use narratives to deal with moral issues within the limits imposed by the rules of objectivity. This article analyzes the uses of narratives and the construction of a moral order by considering a journalistic culture that differs from the best studied cases in developed democracies. The focus is on the discursive frameworks used by two Brazilian newsweeklies during the coverage of Collorgate, the scandal that brought down former president Fernando Collor de Mello. The principle of dispassionate, impartial reporting carries less weight in Latin America than in Western journalism. The analysis shows that narratives have formulaic analytical frameworks and put forth moral judgments. Disregarding objectivity, exposés weave facts and opinions and combine universal and local cultural themes to express editorial positions. By relying on stock narratives that neatly cast characters in morality plays, journalism provides superficial portrayals of the moral order.
Die politische Dimension der Auslandberichterstattung. Das Nahost-und Islambild der deutschen überregionalen Presse
  • Kai Hafez
Hafez, Kai (2002): Die politische Dimension der Auslandberichterstattung. Das Nahost-und Islambild der deutschen überregionalen Presse. Baden-Baden.
Daily news, eternal stories. The mythological role of journalism
  • Jack Lule
Lule, Jack (2001): Daily news, eternal stories. The mythological role of journalism. New York.