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Politische Wandbilder

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Abstract

Die sich in den 20er und 30er Jahren dieses Jahrhunderts im Gefolge der Revolution akzentuierende Wandmalerei in Mexiko, die an die Freskotechniken der Klassiker (Giotto, Michelangelo) anknüpft, dient vielen politischen Wandmalern als Orientierungsmarke. Das Wohl der Arbeiter und Bauern wurde zum höchsten Ziel allen politischen Handelns erklärt. An den Wanden erschienen Bilder von Künstlern wie Diego Rivera, David Alfaro Siqueiros, Josè Clemente Orozco (später als «los tres grandes» der mexikanischen Kunst bekannt), Juan O’Gorman u.a., die ihre realistischen Bildinhalte als Aufklärungsarbeit für ein weitgehend lese- und kunstunkundiges mexikanisches Publikum verstanden und hiermit in den Dienst der Revolution traten. Rivera, der als bedeutendster Maler des südlichen Amerika gilt, hob den Revolutionär, der im mexikanischen Traum und Selbstverständnis eine allgegenwärtige Identifikationsfigur ist, in seinen Bildern besonders hervor. Er ließ sich durch die traditionellen mexikanischen Bilderbogen, die Malerei in den Pulquerias und durch den russischen Revolutionsfilm (Begegnung mit Eisenstein) inspirieren. Rivera stand in der Tradition der Kunst der alten Mayas und verband sie in einem farbenreichen Stil mit revolutionär-historischer Thematik. Daher seine vielen Geschichts-Zyklen, seine Aufwertung der unterdrückten Indios, des mexikanischen Proletariats und seine Kritik an den herrschenden Minderheiten. Orozco schrieb dazu 1929: «Die Wandmalerei ist die höchste, folgerichtigste, reinste und stärkste Form der Malerei, sie ist auch die uneigennützigste, weil sie nicht zum Gegenstand persönlichen Nutzens verwandelt, noch zum Vorrecht einiger weniger versteckt werden kann. Sie ist für das Volk.»43 Dieser Ausspruch fiel zu einer Zeit, als das Land unter der Regentschaft des Präsidenten Plutarco Elias Calles stand. Calles regierte repressiv und gegen den Auftrag der Revolution, Land an mittellose Bauern zu verteilen. Dieser politische Rechtsruck veranlaßte Künstler wie die genannten Rivera, Siqueiros und Orozco ihre Arbeit vorübergehend in die USA zu verlegen. Die in den 30er Jahren im Zusammenhang mit dem «New Deal» ins Leben gerufenen Kunstförderungsprogramme44 gaben auch den mexikanischen Malern Gelegenheit, öffentliche Aufträge auszuführen, bis sie dann während der Regierung von Präsident Cärdenas (1934–40) wieder nach Mexiko zurückkehrten. — Eine vielzitierte Episode ereignete sich in New York, wo im Rockefeiler Center eines von Riveras Fresken verschwand. Die Familie Rockefeller hatte es so angeordnet, weil Rivera ein Porträt Lenins nicht aus dem Bild entfernen wollte. Das politische Engagement des Künstlers sollte noch einige Male an kommerziellen Interessen scheitern, was vor allem in der Zurückweisung kritischer Inhalte zum Ausdruck kam.

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