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DE GRUYTER MOUTON Zeitschrift für Sprachwissenschaft 2016; 35(2): 171–216
Heike Wiese* und Maria Pohle
„Ich geh
Kino
“ oder „…
ins Kino
“?
Gebrauchsrestriktionen nichtkanonischer Lokalangaben
DOI 10.1515/zfs-2016-0012
Abstract: This paper analyses usage restrictions on such noncanonical local
expressions as Ich geh Kino ‘I go cinema’ compared to canonical full PPs with
DP complement (… ins Kino ‘to the cinema’). In public discourse, bare local
NPs have become emblematic for Kiezdeutsch, a new way of speaking from
multiethnic urban Germany, although they also appear in informal language
elsewhere. We present results from two studies investigating the use of nonca-
nonical versus canonical options.
Study 1 targets grammatical restrictions, based on a corpus of peer group
conversations among adolescents. We show that noncanonical variants have
the form of bare NPs with or without preposition and appear in both multilin-
gual and monolingual speech communities, following the same syntactic and
semantic patterns. While there is a quantitative advantage for the multilingual
group, noncanonical variants generally constitute only a minority compared to
canonical full PP[DP].
Study 2 targets usage restrictions across communicative situations, based
on a corpus of elicited productions by adolescents from a multilingual urban
neighbourhood. Comparisons show significantly more noncanonical local ex-
pressions in informal, peer-group situations than in formal ones for both spo-
ken and written modes.
Taken together, results indicate a selective, grammatically restricted and
register-bound choice of noncanonical local expressions.
Keywords: Kiezdeutsch, bare local expressions, prepositions, repertoire, regis-
ter competence, Standard German
*Korrespondenzautorin: Heike Wiese, Institut für Germanistik, Universität Potsdam,
E-mail: heike.wiese@uni-potsdam.de
Maria Pohle, Institut für Germanistik, Universität Potsdam,
E-mail: maria.pohle@uni-potsdam.de
DE GRUYTER MOUTON172 Heike Wiese und Maria Pohle
Einleitung: Nichtkanonische Lokalangaben
In Äußerungen wie „Ich geh Kino“ wird lokale Referenz durch eine bloße Nomi-
nalphrase („Kino“) erreicht. Solche Konstruktionen weichen vom Standard-
deutschen ab, das hierfür eine volle Präpositionalphrase mit DP-Komplement
benötigt („ins Kino“), sind jedoch grundsätzlich kein neues Phänomen im Deut-
schen. Bereits in den 1930er Jahren scheinen solche bloßen lokalen NPs so
häufig aufgetreten zu sein, dass sie in den Blick von Sprachpuristen gerieten,
wie die folgende Klage Otto Brieglebs illustriert, der darin eine vermeintliche
„Entartung der Sprache“ sah
1
(das Zeichen „V“ markiert im Original eine Aus-
lassung):
(1) Wir sind heute fast auf dem Standpunkte angelangt, zu sagen: Wo immer
es angeht, wird das Verhältniswort weggelassen, was an Beziehungen man
sich irgend so denken kann, wird nicht ausgesprochen. Das heißt nichts
anderes als: wir d.h. unsere Sprache verstummt. […] Auf dem Bahnhofe
hört man: Fährt der Zug VBerlin? Nein, der Zug fährt VHamburg; in der
Straßenbahn: Ich will VFriedhof fahren. (Briegleb 1932: 15–16)
Solche bloßen lokalen NPs sind, wie auch die Beispiele im Zitat verdeutlichen,
besonders für die Bezeichnung von Zielen öffentlicher Verkehrsmittel charakte-
ristisch; im Gegenwartsdeutschen findet man sie so nicht nur in gesprochener,
sondern selbst in – medial wie konzeptionell – geschriebener Sprache, etwa in
Zeitungstexten und öffentlichen Aushängen (vgl. Wiese 2012). Bloße lokale NPs
sind jedoch grundsätzlich nicht auf diese semantische Domäne beschränkt,
sondern im informellen Sprachgebrauch auch außerhalb belegt, vgl. etwa die
Zitate aus Internet-Foren und SMS-Nachrichten in (2) bis (5) (Hervorhebungen
von uns, Orthographie wie im Original): (2) ist aus einem Forum für Mac-Nut-
zer,
2
in dem an dieser Stelle die Organisation von Fotos diskutiert wird; (3)
stammt aus einem Katzenliebhaber-Forum,
3
in dem betreffenden Thread tau-
schen sich die Mitglieder darüber aus, wo sie einkaufen gehen; (4) und (5) sind
1Für den Hinweis auf diese Quelle danken wir Barbara Schlücker.
2http://www.macuser.de/forum/f50/organisiert-man-besten-337235/index13.html, letzter Zu-
griff 20.11.2014.
3http://www.mietzmietz.de/plauderecke/67771-wie-geht-ihr-einkaufen/index2.html?s=
24a3e6d63edbb002ec58713d719c0472ccc16d94#post919113, letzter Zugriff 20.11.2014. Dieser
Beleg bringt die bloßen NPs „aldi“ und „lidl“ mit einer vollen PP „zum plus“ zusammen und
illustriert damit zugleich die Optionalität solcher Konstruktionen.
DE GRUYTER MOUTON „Ich geh Kino“ oder „… ins Kino“173
Belege aus Androutsopoulos und Schmidt (2001) aus der informellen, gruppen-
internen SMS-Kommunikation junger Erwachsener im süddeutschen Raum:
(2) Ich gehe Park, mache Bilder von Blumen, See, Bäumen
(3) also wir gehen aldi und lidl, selten mal zum plus
(4) Sitzen Park, trinken Kaffee
(Androutsopoulos und Schmidt 2001: 67)
(5) MUSST DU SONNE SITZEN KOMMEN
(Androutsopoulos und Schmidt 2001: 67)
Bei den Internet-Belegen (2) und (3) sind keine Informationen zu den Sprecher/
inne/n verfügbar, die Themen der Foren lassen allerdings auf eine recht breite
Mitgliederschaft schließen. Die SMS-Belege (4) und (5) stammen aus einem kon-
trollierten Korpus süddeutscher Sprecher/innen. Zusammengenommen sind
dies damit zumindest Hinweise auf eine allgemeine Verfügbarkeit der Konstruk-
tion im konzeptionell mündlichen Deutschen auch außerhalb von Haltestellen-
Bezeichnungen. Nach den bisherigen Befunden ist diese weitergehende Option
besonders verbreitet und systematisch nachweisbar im informellen Sprachge-
brauch im mehrsprachigen urbanen Raum, sie ist aber grundsätzlich nicht auf
diese Domäne beschränkt.
4
Dieser Sprachgebrauch, insbesondere unter Jugendlichen, ist seit einiger
Zeit vermehrt im Fokus sprachwissenschaftlicher Untersuchungen, mit einem
Schwerpunkt auf Nordwesteuropa:
5
In Peer-Groups Jugendlicher, die typischer-
weise bereits im Land der Majoritätssprache geboren sind, aber neben dieser
noch auf eine oder mehrere Herkunftssprachen zugreifen können, entstehen
hier neue informelle Varianten der Majoritätssprache, die aus soziolinguisti-
scher ebenso wie sprachstruktureller Sicht interessant sind.
Für das Deutsche gibt es eine ganze Reihe von Arbeiten zu diesem Phäno-
menbereich, der unter unterschiedlichen Begriffen gefasst wurde, u. a. „Türken-
slang“ (Auer 2003), „Türkendeutsch“ (Kern und Selting 2006; Kern 2013), „mul-
tiethnisches Deutsch“ (Dittmar 2013) und „Kiezsprache/Kiezdeutsch“ (Wiese
2006, Wiese 2009; Jannedy 2010; Canoğlu 2012; Du Bois 2013; te Velde 2016).
Wir werden im Folgenden den Begriff „Kiezdeutsch“ verwenden (vgl. Wiese
4Für vergleichbare Daten aus dem ländlichen Raum vgl. auch Pohl (2009), der bloße NPs in
direktionalen Lokalangaben im durch slowenisch-deutschen Sprachkontakt geprägten süd-
kärntner Dialekt nachweist.
5Für einen Überblick vgl. Wiese (2009), Keim (2010) sowie Beiträge in Quist und Svendsen
(2010), Kern uns Selting (2011), Nortier und Svendsen (2015).
DE GRUYTER MOUTON174 Heike Wiese und Maria Pohle
[2015] zu einer terminologischen Diskussion). Ergebnisse der unterschiedlichen
Untersuchungen weisen zentral auf sprachliche Neuerungen, die Innovation
ebenso wie funktionale Reduktion beleuchten sowie auf Parallelen und Über-
schneidungen mit anderen Varianten des informellen Deutschen,
6
auf offene
Fragen zum Status von Kiezdeutsch als Dialekt, Stil oder Varietät
7
und auf die
Stereotypisierung und Stigmatisierung von Sprecher/inne/n.
8
Beschreibungen dieses Sprachgebrauchs nennen Muster, wie sie in dem
eingangs genannten Beispiel „Ich geh Kino“ deutlich werden, meist als ein
hervorstechendes Merkmal.
9
Diese Muster werden dabei mitunter als ein Weg-
lassen oder auch Fehlen von Präpositionen und Artikeln beschrieben.
10
Wir
werden hier stattdessen vom Gebrauch bloßer NPs als Lokalangaben sprechen
und damit eine Perspektive einnehmen, die diese Wendungen nicht primär vor
der Schablone des formellen Standarddeutschen bewertet, sondern zunächst
als grammatische Optionen selbst betrachtet (vgl. in diesem Sinne auch Siegel
[2014: 83–84]). (6) bringt einige illustrative Belege aus Untersuchungen in un-
terschiedlichen deutschsprachigen Regionen zusammen (Hervorhebungen von
uns):
(6) a. musst du mal gehen KOTTbusser tor (Berlin)
(Kern und Selting 2006: 254)
b. wir gehen jetzt FANmeile (Berlin)
(Wiese 2013: 222)
c. die muss bahnhof gehn (Mannheim)
(Kallmeyer und Keim 2003: 42)
d. die sin Küche (Mannheim)
(Bierbach und Birken-Silverman 2014: 57)
6Vgl. Kern und Selting (2006), Wiese (2006), Jannedy (2010), Wiese (2012), Canoğlu (2012),
Auer (2013).
7Vgl. Freywald et al. (2011), Wiese (2012, 2013), Auer (2013), Dittmar (2013).
8Vgl. Wiese (2011), Jannedy, Weirich und Brunner (2011), Du Bois (2013), Androutsopoulos
und Lauer (2013)
9Z.B. Auer (2003, 2013), Dirim und Auer (2004), Keim (2010), Keim und Knöbl (2007), Selting
(2011).
10 Eine etwas andere Terminologie verwendet Marossek (2013), die von „Kontraktionsvermei-
dung“ spricht. Allerdings ist nicht ganz klar, welche Konstruktionen darunter gefasst werden:
Der Begriff wird zunächst eingeführt als „das Weglassen der aus Präposition und Artikel ver-
schmolzenen Form“ (Marossek 2013: 11); später werden dann aber auch Beispiele wie „Fährst
du Ferien weg?“ (Marossek 2013: 166) oder „Wo ist der denn?“ – „Platte neben dir.“ (Marossek
2013: 139) angeführt, bei denen nicht klar ist, inwieweit und in welcher Varietät Pendants mit
Kontraktionen vorliegen sollten, sowie Fälle bloßer Nomen, in denen kein PP-Pendant ersicht-
lich ist, etwa „hast du Stift“ (Marossek 2013: 64).
DE GRUYTER MOUTON „Ich geh Kino“ oder „… ins Kino“175
e. Die war mal Gymnasium, dann abgestürzt. (München)
(Füglein 2000: 86)
f. wir warn letztens Schischabar (Stuttgart)
(Siegel 2014: 76)
g. wollen wir nicht Kiez gehen? (Hamburg)
Dirim und Auer 2004: 211)
h. wir warn Park in der Mittagspause (Hallein /
(Ivušić 2011: 86) Bundesland Salzburg)
Befunde, die auf die Verwendung bloßer lokaler NPs oder auch auf einen von
der Standardvarietät abweichenden Gebrauch lokaler Präpositionen weisen, lie-
gen auch aus anderen europäischen Ländern vor. So erwähnt bereits Kotsinas
(1998: 136) in ihren Pionierarbeiten zum Schwedischen im mehrsprachigen ur-
banen Raum Abweichungen vom Standard im Bereich der Präpositionen, Mad-
sen (2011) berichtet, dass in vergleichbarem Sprachgebrauch im Dänischen Prä-
positionen z.T. anders verwendet werden als im Standarddänischen, und
Cheshire und Kollegen liefern unter anderem folgenden Beleg für eine bloße
Lokalangabe aus dem Multicultural London English:
(7) cos my mum sent me shop three times
11
In Deutschland werden bloße lokale NPs in Kiezdeutsch als so salient wahrge-
nommen, dass sie im öffentlichen Diskurs als geradezu emblematisch für die-
sen Sprachgebrauch stehen – obwohl sie, wie deutlich wurde, grundsätzlich
auch in anderen Varianten des Deutschen auftreten. Bereits für Medienberichte
vom Frühjahr 2006 (über die Pop-Gruppe Grup Tekkan und die Berliner Rütli-
Schule) charakterisiert Androutsopoulos (2007: 149) den Wegfall von Artikeln
und Präpositionen neben der Koronalisierung als „Leitmerkmal“ im öffentli-
chen Diskurs, und diese Salienz scheint bis heute erhalten. So trugen Berliner
Lehrer/innen im März 2015 auf einer Streik-Demonstration Plakate, die drohten
„Isch geh Hamburg!“ (vgl. Abbildung 1).
Vor dem Hintergrund einer Standardsprachideologie, die möglicherweise
in Deutschland besonders ausgeprägt ist (Durrell 1999; Davies 2012), in Verein
mit sprachlichen und sozialen „wir/sie“-Dichotomien (Wiese 2015) werden blo-
ße lokale NPs in der öffentlichen Diskussion als grammatische Fehler, Hinweise
11 Hervorhebung von uns; aus: English Language Teaching Resources Archive, Department of
Linguistics, QMUL (Jenny Cheshire et al.), http://linguistics.sllf.qmul.ac.uk/english-language-
teaching), transcript Courtney and Aimee.
DE GRUYTER MOUTON176 Heike Wiese und Maria Pohle
Abbildung 1: Bloße Lokalangaben und Koronalisierung auf Streikplakaten (Quelle:
Tagesspiegel 12.03.2015, „Streik im öffentlichen Dienst.“; Foto: Steffi Loos).
auf mangelnde Bildung und Sprachverfall interpretiert. Demgegenüber weisen
die sprachwissenschaftlichen Befunde, die hierzu bislang vorliegen, überein-
stimmend auf systematische Muster hin:
– Bloße NPs treten insbesondere in lokalen und temporalen Konstruktionen
auf (Dirim und Auer 2004; Wiese 2006; Ivuşić 2011; Canoğlu 2012; Auer
2013; Siegel 2014);
– in lokalen Konstruktionen können bloße NPs dann auftreten, wenn entwe-
der der Ort (= lokal i. e.S.) bezeichnet wird oder die Richtung (= direktional)
mit dem NP-Referenten als Ziel, nicht jedoch als Quelle (Wiese 2013; Auer
2013; Siegel 2014);
– grundsätzlich sind nur lexikalische, aber nicht funktionale Präpositionen
optional (Wiese 2013);
– Präpositionen treten generell auf bei NPs mit Artikel (Siegel 2014) und bei
Pronomen (Auer 2013; Siegel 2014); ein Befund, den wir als Hinweis darauf
interpretieren, dass Präpositionen typischerweise in Konstruktionen ohne
Determinierer optional sind ist.
DE GRUYTER MOUTON „Ich geh Kino“ oder „… ins Kino“177
Dies weist auf eine grammatische Systematizität bloßer lokaler NPs, die die
Verwendung dieses Musters als Notbehelf bei mangelnder Sprachkompetenz
unplausibel macht. Im vorliegenden Beitrag wollen wir diese Perspektive weiter
ausloten. Wir werden hierzu das Muster, das sich hier herausschält, zum einen
in einem größeren Korpus von Spontansprache überprüfen, nämlich dem Kiez-
Deutsch-Korpus (KiDKo), das darüber hinaus auch einen Vergleich zu einer stär-
ker einsprachigen, aber hinsichtlich Alter und sozioökonomischen Eckdaten
ähnlichen Sprechergemeinschaft erlaubt. Zum anderen werden wir die Syste-
matizität bloßer lokaler NPs auf der Ebene des Sprachgebrauchs untersuchen
und prüfen, inwieweit sie eine gezielte Wahl aus einem größeren sprachlichen
Repertoire darstellen.
Im Folgenden fassen wir zunächst die Befunde zum Spektrum Multiethno-
lekt/Standardsprache im Sprecherrepertoire zusammen, die bislang aus der eu-
ropäischen Forschung vorliegen, und stellen dann zwei empirische Studien vor,
die im mehrsprachigen urbanen Kontext Berlins durchgeführt wurden: (i) eine
Korpusstudie zum spontanen Sprachgebrauch in Peer-Group-Situationen, die
grammatische Muster im Gebrauch bloßer Lokalangaben analysiert, (ii) eine
Elizitationsstudie zum Sprachgebrauch in informellen versus formellen Kom-
munikationssituationen, die den Status bloßer Lokalangaben im Sprecherreper-
toire beleuchtet.
Multiethnolekt und Standard im Repertoire
von Sprecher/inne/n
In der öffentlichen Diskussion wird Kiezdeutsch-Sprecher/inne/n ein breiteres
Repertoire im allgemeinen abgesprochen (vgl. etwa Androutsopoulos 2007;
Hellberg 2014; Wiese 2015). Demgegenüber haben die bisherigen sprachwissen-
schaftlichen Untersuchungen zu Multiethnolekten in unterschiedlichen Län-
dern erste konvergierende Befunde erbracht, die darauf hinweisen, dass diese
neuen urbanen Dialekte bzw. Stile typischerweise auf informelle Peer-Group-
Situationen beschränkt sind. Insbesondere aus dem skandinavischen Bereich
liegen Studien vor, die systematisch unterschiedliche Gesprächssituationen ein-
beziehen und hier ein breiteres Repertoire auffinden, das neben multiethnolek-
talem Sprachgebrauch auch formellere, standardnahe Optionen belegt. Ganuza
(2008) liefert etwa zum Schwedischen Minimalpaare wie die Äußerungen in
(8), in denen derselbe Sprecher im Peer-Group-Kontext eine neue Wortstel-
lungsoption nutzt, die auch für Kiezdeutsch beschrieben wurde, nämlich die
DE GRUYTER MOUTON178 Heike Wiese und Maria Pohle
Abfolge „Adverbial > Subjekt > finites Verb“, während er bei Anwesenheit eines
Lehrers dem auch für das Schwedische kanonischen V2-Muster folgt.
12
(8) a. å sen dom får de(t)brevet
und dann sie bekommen den Brief
(Gespräch unter Jugendlichen allein)
(Ganuza 2008: 111)
b. å sen så förstå(r) rom
und dann part verstehen sie
(Gespräch in Anwesenheit eines Lehrers)
(Ganuza 2008: 111)
Ganuza (2008) zeigt in ihrer Studie, dass Sprecher/innen die neuen Wortstel-
lungsoptionen vor allem in Gesprächen mit Peers nutzen, und hier besonders
dann, wenn sie in das Gesprochene besonders involviert sind, und stellt fest,
dass die Mehrheit mit den standardschwedischen Wortstellungsnormen ver-
traut ist, unabhängig davon, ob sie davon abweichende Muster in informellen
mündlichen Gesprächen produzieren. Für das Norwegische finden Opsahl und
Nistov (2010) ähnliche nichtkanonische Abweichungen von V2 in Matrix-Aus-
sagesätzen mehr als drei Mal so häufig in Peer-Group-Gesprächen wie in Inter-
views, bei neun Sprecher/inne/n (unterschiedlichen sprachlichen Hinter-
grunds) waren sie ausschließlich auf Peer-Group-Unterhaltungen beschränkt,
und bereits Aarsæther (2010) stellt fest, dass auch hier das Repertoire der Spre-
cher/innen neben dem urbanen Dialekt standardsprachliche Kompetenzen im
Norwegischen umfasst. Für das Niederländische weist Cornips (2008, 2015)
ähnliche Differenzierungen beim kanonischen vs. nichtkanonischen Artikelge-
brauch durch mehrsprachige Jugendliche nach (vgl. auch Nortier und Dorleijn
2008); zum Dänischen liefert Quist (2005, 2010) Befunde zum weiteren Reper-
toire, zum Englischen etwa Hewitt (1992).
Dies weist darauf hin, dass die Sprechweisen, die hier untersucht wurden,
nicht Ausdruck eingeschränkter Kompetenzen sind, sondern einer selektiven,
situationsspezifischen Wahl. In Deutschland ist dieser Aspekt bislang noch we-
niger im Blick, insbesondere liegt noch keine breitere Studie vor, die den situa-
tiven Sprachgebrauch Jugendlicher unterschiedlicher Herkunft im mehrspra-
chigen urbanen Raum erfasst. Ethnographische Untersuchungen zu türkisch-
12 Vgl. Källström und Lindberg (2011) zum schwedischen SUF-Verbundprojekt („Language
and Language Use Among Young People in Multilingual Urban Settings“), in dessen Rahmen
die Studie entstand.
DE GRUYTER MOUTON „Ich geh Kino“ oder „… ins Kino“179
deutsch mehrsprachigen Jugendlicher weisen jedoch bereits auf einen situati-
onsbedingten Wechsel von ethnolektal geprägten Formen in den Standard: So
belegen etwa Keim und Knöbl (2007: 195) als Ergebnis einer Fallstudie mit ei-
nem türkischstämmigen Jugendlichen in Mannheim eine kontext- und aufga-
benspezifische Variation im Sprachgebrauch (vgl. auch Kallmeyer und Keim
2003; Kern und Selting 2006; Keim 2007, Keim 2012: Kap. 5).
Der Status bloßer lokaler NPs als systematische, gezielt in Peer-Group-Ge-
sprächen einzusetzende Option ist jedoch noch unklar. Siegel (2014: 90) nennt
beispielsweise in ihrer Untersuchung zu diesem Phänomenbereich als Deside-
ratum das Fehlen „fundierte[r] Studien darüber, ob präpositions- und artikello-
se Phrasen auch in Bewerbungsgesprächen verwendet werden“, und noch Keim
(2012: 142–143) betont generell die Notwendigkeit weiterer Untersuchungen
zum sprachlichen Repertoire (in diesem Sinne auch Androutsopoulos [2007]
für Deutschland, sowie Cornips, Jaspers und de Rooij [2015] aus europäischer
Perspektive).
Auf grundsätzlich starke Zweifel an einem größeren Repertoire weist die
folgende Passage aus Dittmar (2013):
Über einen innovativen Dialekt […] könnten wir uns noch mehr freuen, wenn klar wäre,
dass die Sprecher dieser neuen „Redekunst“ sich auch in allen formellen kommunikati-
ven Gattungen via standardnahes Sprechen behaupten können. Ich rate hier zur Vorsicht:
Wir sollten genau hinschauen und bei aller Sympathie für den kreativen sprachlichen
Wildwuchs keine Gelegenheit auslassen, darauf hinzuweisen, dass die MED [„multieth-
nisch geprägtes Deutsch“, H.W./M.P.]-SprecherInnen […] sich auch im deutschen Standard
üben müssen – nur so können sie wertvolle, unverzichtbare Mitgestalter und kreative
Sprachveränderer unserer Gesellschaft sein und in Zukunft auch bleiben. (Dittmar 2013:
202–203)
Im Folgenden werden wir an diesem Punkt ansetzen und zunächst eine Korpus-
studie vorstellen, die die grammatische Systematizität und Distribution des
Phänomens selbst analysiert, und dann eine Elizitationsstudie, die untersucht,
ob eine solche Systematizität auch auf der Ebene des Gebrauchs aufzufinden
ist: Handelt es sich bei bloßen lokalen NPs um eine gezielte, regelgebundene
Wahl, oder reflektiert ihr Gebrauch mangelnde Kompetenzen von Kiezdeutsch-
Sprecher/inne/n in der standarddeutschen Konstruktion?
DE GRUYTER MOUTON180 Heike Wiese und Maria Pohle
KiDKo: Korpusdaten aus Peer-Group-
Gesprächen
. Das Korpus
Mit dem KiezDeutsch-Korpus (KiDKo) liegt erstmals ein umfangreiches, anno-
tiertes und allgemein zugängliches Korpus von Spontandaten Jugendlicher aus
dem urbanen Raum vor, das für Untersuchungen wie die vorliegende genutzt
werden kann. KiDKo besteht aus zwei zentralen Teilkorpora mit spontansprach-
lichen Gesprächsdaten von Jugendlichen in informellen, mündlichen Peer-
Group-Situationen sowie aus einer Reihe von Zusatzkorpora mit elizitierten
Daten zur mündlichen und schriftlichen Textproduktion (einschließlich DaF-
Lernerdaten aus der Türkei), „Linguistic Landscape“-Dokumenten aus dem
öffentlichen Raum und E-Mail- und Leserbriefdaten zu Einstellungen in der
öffentlichen Debatte zu Kiezdeutsch. Sämtliche Teilkorpora sind digitalisiert
und über eine Website abrufbar (www.kiezdeutschkorpus.de; Wiese et al. 2012;
Rehbein, Schalowski und Wiese 2014).
Die beiden zentralen und für uns hier interessanten Teilkorpora, KiDKo/
Mu und KiDKo/Mo, versammeln transkribierte und annotierte Audioaufnahmen
Berliner Jugendlicher aus einem multiethnischen Wohngebiet (Mu) sowie ei-
nem monoethnischen Wohngebiet (Mo) mit vergleichbaren sozioökonomischen
Rahmenbedingungen. KiDKo/Mu, das Hauptkorpus, enthält rund 228000 To-
kens. KiDKo/Mo hat demgegenüber mit rund 105000 Tokens den Charakter
eines Ergänzungskorpus, das Vergleiche der ausgeprägt mehrsprachigen Spre-
chergemeinschaft aus KiDKo/Mu mit einer stärker monoethnischen und ein-
sprachig deutschen Sprechergemeinschaft erlaubt.
13
Die Audiodaten wurden in Form von Selbstaufnahmen durch Ankerspre-
cher/innen gewonnen, die Gespräche im Freundeskreis aufzeichneten, an de-
nen sie selbst beteiligt waren. Tabelle A im Anhang stellt die Sprecherdaten für
die Ankersprecher/innen zusammen. In den Sprechersiglen geben die ersten
beiden Stellen das Teilkorpus an (Mu/Mo), die letzten beiden Stellen identifizie-
ren Geschlecht (W/M) und Familien-/Herkunftssprache (u.a. A – Arabisch, B –
Bosnisch, C – Albanisch, D – Deutsch, K – Kurdisch, T – Türkisch, S – Ser-
bisch).
14
13 Zur einsprachigen Prägung des in KiDKo/Mo fokussierten Kontextes vgl. die in Wiese et
al. (2012) zusammengefassten Daten zur Einwohnerschaft des betreffenden Wohngebiets und
zur Schülerschaft der Erhebungsschule.
14 Wir verwenden hier den Ausdruck „Familien-/Herkunftssprache“ in Ermangelung eines
passenderen Pendants für den englischen Begriff Heritage Language, der auf das sprachliche
Erbe einer Familie verweist – auch wenn sowohl „Familiensprache“ als auch „Herkunftsspra-
DE GRUYTER MOUTON „Ich geh Kino“ oder „… ins Kino“181
. Bisherige Korpusuntersuchungen
Frühere quantitative Befunde weisen darauf hin, dass in einer solchen mehr-
sprachigen Sprechergemeinschaft der Gebrauch bloßer lokaler NPs über Her-
kunftssprachen hinweg verbreitet ist und auch von einsprachig deutschen
Sprecher/inne/n gebraucht wird, generell jedoch nur einen kleinen Teil der
Lokalangaben betrifft, während der überwiegende Teil in Form von vollen PPs
mit DP-Komplement realisiert wird.
Einschlägige Befunde beschreibt etwa Ivuşić (2011) aus einer Erhebung in
der österreichischen Kleinstadt Hallein (Bundesland Salzburg) mit 52 Jugendli-
chen im Alter von 11 bis 18 Jahren. Die Datenerhebung wurde im Rahmen infor-
meller Gespräche durchgeführt, die z.T. in Anwesenheit der Erheberin, z.T.
ohne sie stattfanden. In den Daten fanden sich in 5,6% (35 von 622 Fällen)
bloße NPs in Kontexten, in denen im Standard und/oder im traditionellen re-
gionalen Dialekt eine volle PP zu erwarten wäre. Das Muster war dabei auf 18
Sprecher/innen beschränkt, nach Ivuşić (2011: 86) „sowohl mit als auch ohne
Migrationshintergrund“, was auf eine Verwendung durch mehrsprachige eben-
so wie einsprachige Sprecher/innen hinweist.
Siegel (2014) untersuchte vergleichbare Daten Jugendlicher im Alter von
14 bis 19 Jahren mit unterschiedlichem mehrsprachigen Hintergrund, die in
Gruppeninterviews durch außenstehende Erwachsene (Promovierende) in Ju-
gendzentren und Schulen in Stuttgart erhoben wurden. Bei einer quantitativen
Auswertung der Daten von sieben zufällig ausgewählten männlichen Sprechern
fand sie in 10,9% (59 von 622 Fällen) bloße NPs in Kontexten, in denen im
Standarddeutschen eine volle PP stünde; bei einer Eingrenzung auf Lokalanga-
ben stieg der Anteil nichtkanonischer bloßer NPs auf 15,1% (38 von 261 Fällen).
Auer (2013) fand in einer Untersuchung von zehn männlichen Sprechern aus
demselben Datenkorpus in 9,4 % der Fälle (67 von insgesamt 710 Phrasen) blo-
ße NPs in Kontexten, in denen im Standard eine PP stünde; dieser Anteil erhöh-
te sich auf 25%, wenn nur Fälle mit lokaler oder direktionaler Semantik gezählt
und pronominale Konstruktionen und feste Wendungen ausgeschlossen wur-
den.
15
che“ nicht ideal für das betreffende Phänomen sind, da (a) diese Sprache normalerweise nicht
die einzige ist, die im familiären Kontext verwendet wird, und (b) eine Verortung von „Her-
kunft“ im Ursprungsland der Großeltern oder Eltern für in Deutschland geborene Sprecher/
innen nicht wirklich passt.
15 Marossek (2013) gibt als Ergebnis ihrer Studie sprecherbezogene quantitative Verteilungen
für „Kontraktionsvermeidungen“ (vgl. Fn. 10) an, die wir hier jedoch aus methodisch-empiri-
schen Gründen nicht einbeziehen, da die Auswertung auf rein qualitativ erhobenen Daten
beruht: „Kontraktionsvermeidungen“ wurden in Schulen erfasst, in denen die Untersucherin
während eines vorgeblichen Referendariatsbesuchs ausgewählte Unterrichtstunden und Hof-
DE GRUYTER MOUTON182 Heike Wiese und Maria Pohle
. Befunde aus KiDKo
Während die genannten Korpusuntersuchungen sich auf Sprachdaten bezie-
hen, die in von außen initiierten Gruppengesprächen und Interviews und/oder
in Anwesenheit Externer (Interviewer/in, Gesprächsleitung, Lehrer/innen) er-
hoben wurden, versammelt KiDKo spontansprachliche Daten aus informellen
Peer-Group-Gesprächen, in denen die jugendlichen Sprecher/innen unter sich
waren. In solchen Kommunikationssituationen ist tendenziell ein höherer An-
teil nichtstandardsprachlicher, stärker umgangs- und/oder jugendsprachlicher
Muster zu erwarten. Auch hier machen bloße NPs jedoch nur einen Teil der
Lokalangaben aus, während sich mehrheitlich volle PPs finden. Insgesamt fin-
den sich in KiDKo/Mu 177 bloße NPs an Stellen, in denen im Standard eine PP
stünde, davon haben 149 eine lokale Semantik, ein Großteil davon (insgesamt
109) hätte im Standard „in“ oder „zu“ als Kopf der PP. Vergleicht man diese
häufigsten Fälle bloßer lokaler NPs mit vollen lokalen PPs mit „in“ oder „zu“,
so ergibt sich ein Anteil von 14% nichtkanonischer bloßer Lokalangaben (s.
hierzu auch Wiese und Rehbein [2016]).
Wie auch bei den in Ivuşić (2011) berichteten Daten werden bloße lokale
NPs über ein- und mehrsprachige Hintergründe hinweg gebraucht. Interessan-
terweise finden sie sich außerdem in KiDKo/Mo, das eine weitgehend einspra-
chig deutsche Sprechergemeinschaft erfasst: Hier zeigen sich 58 bloße NPs,
davon 49 mit lokaler Semantik und auch hier am häufigsten (in 40 Fällen)
an Stellen, an denen im Standarddeutschen die Präpositionen „in“ oder „zu“
stünden. Dies verweist auf ein ähnliches Muster in beiden Sprechergemein-
schaften; der Anteil bloßer lokaler NPs ist in KiDKo/Mo jedoch geringer als
in KiDKo/Mu: Diese häufigsten Fälle bloßer lokaler NPs machen hier nur 8%
gegenüber lokalen PPs mit „in“ oder „zu“ als Kopf aus, und der Unterschied
zwischen den beiden Teilkorpora erweist sich im χ
2
-Test als signifikant (p=
0,0021; χ
2
= 9,472).
Neben lokalen finden sich in beiden Teilkorpora auch temporale bloße NPs,
die jedoch jeweils nur einen kleinen Teil der Funde ausmachen (KiDKo/Mu:23
Fälle / KiDKo/Mo: vier Fälle). Die Verteilung auf lokale vs. temporale Semantik
ist in den beiden Teilkorpora ähnlich, sie erweist sich im χ
2
-Test als nicht signi-
pausen an einem Tag beobachtete und Auffälligkeiten, die sie bemerkte, notierte. Ein solches
Vorgehen ist für eine qualitative Analyse geeignet, lässt jedoch keine Quantifizierung zu, da
die Datenerfassung von der situativen Wahrnehmung einer einzelnen Beobachterin abhängt,
die notwendigerweise subjektiv ist und, gerade bei größeren Sprechergruppen (Sprachverhal-
ten aller Mitglieder einer Schulklasse im Unterricht und in den Pausen), nur partiell und mehr
oder weniger willkürlich selektiv sein kann.
DE GRUYTER MOUTON „Ich geh Kino“ oder „… ins Kino“183
fikant (p= 0,254; χ
2
= 1,302). (9) liefert charakteristische Beispiele aus den
beiden Korpora.
16
(9) a. KLAR warst du schule (KiDKo, MuH12MD)
b. sie soll nisch soLArium gehen (KiDKo, MuH9WT)
c. aber S265XXX(straße) schmeckt AUCH gut (KiDKo, MuH25MA)
d. also zweite halbzeit werden sie beSTIMMT
(-) TOre schießen (KiDKo, MuP5WK)
e. kommstduMITnxxx(schule)?(KiDKo, Sxxx/Mo04MD)
f. txxx will morgen mit mir Kino gehen (KiDKo, Mo05WD)
g. wir ham die (-) off jeden fall grade eastGATE
gesehen (KiDKo, Mo05WD)
h. was machst=n du proJEKTwoche?(KiDKo, SPK1/Mo04MD)
Wie in einer früheren Studie zu KiDKo/Mu deutlich wurde, sind nichtkanoni-
sche bloße NPs typischerweise auf Fälle beschränkt, in denen im Standarddeut-
schen eine lexikalische Präposition stünde, ein Befund, der zu der hier vorge-
fundenen Dominanz temporaler und lokaler Bedeutungen passt: In allen
Vorkommnissen der 30 meist frequenten Verben, die im Standarddeutschen ein
Präpositionalobjekt als Komplement hätten (insgesamt 88 Tokens)
17
, ist dieses
auch in KiDKo/Mu als volle PP realisiert (Wiese 2013). Im Teilkorpus KiDKo/Mo
findet sich ein Beispiel, das auf einen Ausfall einer funktionalen Präposition
hinweisen könnte; es ist allerdings der einzige Fund dieser Art im Korpus:
(10) hört sich ja beGEISterung an (KiDKo, Mo05WD)
Dass funktionale Präpositionen, anders als lexikalische, nicht zur Auslassung
neigen, könnte ein weiterer Hinweis darauf sein, dass die Option, hier bloße
NPs zu verwenden, an bestimmte thematische Rollen gebunden ist (hier ganz
allgemein verstanden als semantische Klassifizierung der Rolle bestimmter, ins-
besondere nominaler, Ergänzungen eines prädikativen Elements, vgl. bereits
Fillmore [1968], Jackendoff [1983]). Wir hätten es hier dann mit einer möglichen
Entwicklung zur Nullmarkierung bestimmter Theta-Rollen zu tun,
18
nämlich
16 Hier und im Folgenden markieren Versalien Hauptakzente; „xxx“ zeigt Anonymisierungen
an (ggf. in Klammern gefolgt von Angaben zum Typ, z.B. „schule“ oder „straße“), „(-)“ kurze
Pausen, „=“ Klitisierungen, und „[…]“ markiert Auslassungen. Wenn die Äußerung von
jemand anderem als dem/der jeweiligen Ankersprecher/in stammt, ist zusätzlich zum Sigle
die betreffende Sprecherabkürzung angegeben.
17 Häufigkeit nach Ruoff (1990).
18 Wir danken den Herausgeber/inne/n für diesen Hinweis.
DE GRUYTER MOUTON184 Heike Wiese und Maria Pohle
Tabelle 1: Verteilung semantischer Optionen für nichtkanonische bloße NPs ohne Präposition.
Semantik bloßer NPs KiDKo/Mu n % KiDKo/Mo n %
Rolle n%n%
lokal
Summe
temporal
andere
Summe
solcher, wie sie in spezifischen lokalen sowie – seltener – temporalen Kontex-
ten realisiert sind.
Wie auch in den Beispielen unter (9) oben bereits illustriert ist, tragen blo-
ße lokale NPs häufig die thematischen Rollen (KiDKo/Mu: 51% aller blo-
ßen lokalen NPs / KiDKo/Mo: 41%) und (48 % / 59 %), vgl. etwa (9a),
(9c), (9g) für , (9b), (9e), (9f) für . Auch die Verteilung auf diese
beiden Rollen ist in den beiden Teilkorpora ähnlich und erweist sich im χ
2
-Test
als nicht signifikant (p= 0,187; χ
2
= 1,741). Der eingangs erwähnte Befund, dass
bloße lokale NPs auf diese Rollen beschränkt sind, wird durch die Korpusdaten
weiter gestützt: In beiden Teilkorpora finden sich keine Belege für andere loka-
le thematische Rollen, etwa SOURCE.
Tabelle 1 fasst die quantitative Verteilung der semantischen Optionen für
nichtkanonische bloße NPs ohne Präposition (d.h. bloße NPs, an deren Stelle
im Standarddeutschen eine PP mit DP-Komplement stünde) in den beiden Teil-
korpora zusammen. Wie die Aufstellung deutlich macht, finden sich in beiden
Teilkorpora neben lokalen und temporalen Bedeutungen jeweils noch fünf wei-
tere Fälle. Hier werden im weiteren Sinne modale Bedeutungen (Domäne, Asso-
ziation, Quelle) ausgedrückt; es ergibt sich jedoch angesichts der geringen Fall-
zahlen kein klares Muster. (11) illustriert diese Fälle mit je einem Beispiel aus
KiDKo/Mu und KiDKo/Mo:
(11) a. dass ich physik keine VIER kriege (KiDKo, MuH1WD)
b. also (-) ALkohol schläfst =e ein (KiDKo, Mxxx/Mo05WD)
Innerhalb der Funde für finden sich im Korpus ausschließlich Konstruk-
tionen, bei denen das Thema in der Nachbarschaftsregion des durch die NP
identifizierten Relatums lokalisiert wird, d.h. solche, die im Standarddeutschen
DE GRUYTER MOUTON „Ich geh Kino“ oder „… ins Kino“185
mit Hilfe topologischer Präpositionen wie in,auf,bei realisiert werden. Im Ge-
gensatz dazu werden projektive Präpositionen wie vor, hinter, über, unter,
rechts, links, die eine Lokalisation in einem dreidimensionalen Raum (Vertikale,
Transversale, Horizontale) erlauben, die vom Blickwinkel des Betrachters / der
Betrachterin oder von der Ausrichtung des Relatums abhängen kann,
19
im Kor-
pus stets realisiert. Ein Grund hierfür könnte die reichere Semantik projektiver
Präpositionen sein: Während topologische Präpositionen eine zweistellige loka-
le Relation darstellen (Objekt x in der Nähe des Objektes y), sind projektive
Präpositionen potentiell dreistellig (Objekt x in Relation zu Objekt y aus der
Perspektive z).
20
Einfache topologische Präpositionen treten im Spracherwerb
weitaus früher auf als projektive Präpositionen (vgl. etwa Bryant 2012); dass
sie in Kiezdeutsch eher entfallen können, liefert ein semantisch-konzeptuell
motiviertes Spiegelbild hierzu: Durch die Beschränkung bloßer lokaler NPs auf
eine geringere konzeptuelle Bandbreite und dabei auf die weniger komplexen
topologischen Bedeutungen ist die Wahrscheinlichkeit geringer, dass die Ab-
wesenheit der Präposition zu Informationsverlust führt. Dies wird durch die
Kontexte der Korpusbelege bestätigt: Eine Prüfung der relevanten Passagen im
Korpus lieferte keinerlei Hinweise auf Verständnisprobleme, die durch nichtka-
nonische Lokalangaben ausgelöst würden.
Im Bereich syntaktischer Funktionen entspricht die thematische Beschrän-
kung lokaler NPs auf und ihrem häufigen Auftreten als Ergänzun-
gen der Verben gehen und sein (jeweils etwa ein Fünftel bis ein Drittel der
bloßen NP). Die Verwendung als Verb-Ergänzung ist insgesamt die häufigste in
beiden Teilkorpora (jeweils über 70%); daneben finden sich Verwendungen als
Adverbial (jeweils unter 30%). Auch hier sind die Muster in beiden Teilkorpora
vergleichbar: Weder in der Distribution über gehen und sein noch in der über
Verb-Ergänzungen und Adverbiale erweisen sich die Unterschiede zwischen
KiDKo/Mu und KiDKo/Mo im χ
2
-Test als signifikant (p= 0,207; χ
2
= 1,594 bzw.
p= 0,259; χ
2
= 1,274). Zusätzlich zu gehen und sein treten nichtkanonische
bloße NPs noch im Komplement einer Reihe weiterer Verben auf, die im Stan-
darddeutschen eine overte PP subkategorisieren würden. Diese passen sich in
das übergeordnete Muster lokaler NPs ein: Es sind häufig weitere Bewegungs-
verben („fahren“, „laufen“, vgl. [12]); teilweise handelt es sich auch um Modal-
verben, bei denen man grundsätzlich auch für ein VP-Komplement mit einem
Bewegungsverb als nicht-overten Kopf argumentieren könnte (vgl. [13]; aus
19 Vgl. hierzu etwa Herskovits (1986), Wunderlich (1986), Wunderlich und Herweg (1991),
Klein (1991), Kaufmann (1995), Habel und Stutterheim (2000), Levinson und Wilkins (2006).
20 Vgl. Wunderlich und Herweg (1991: 778).
DE GRUYTER MOUTON186 Heike Wiese und Maria Pohle
Tabelle 2: Verteilung syntaktischer Optionen für nichtkanonische bloße NPs ohne Präposition.
Semantik bloßer NPs KiDKo/Mu n % KiDKo/Mo n %
Verb n%n%
Ergänzung gehen
von Verben sein
andere
Summe
Adverbial
Summe
dem Kontext von [13c] wird deutlich, dass es hier um einen Ortswechsel mit
dem Schulhof als Ziel geht):
(12) a. LONdon fährst du (KiDKo, MuP6MD)
b. na jetz laufen wir auch a2xxx(bezirk) (KiDKo, Exxx/Mo05WD)
(13) a. ich muss geSCHÄFT (KiDKo, MuH17MA)
b. wir müssen do EASTgate (KiDKo, Mo05WD)
c. was willst =n jetz SCHULhof (KiDKo, MuH19WT)
Tabelle 2 gibt einen Überblick über die Verteilung syntaktischer Optionen in
beiden Teilkorpora.
Neben nichtkanonischen bloßen NPs finden sich in KiDKo/Mu auch Belege
für DPs mit overtem Determinierer, aber ohne Präposition an Stellen, an denen
im Standarddeutschen eine volle PP stünde; vgl. (14):
(14) a. isch war doch diese theAterschule dort (KiDKo, S3xxx/MuH19WT)
b. du kannst auch jede DISko reingehen (KiDKo, SPK1/MuH12MD)
c. welscher rossmann WART ihr? (KiDKo, MuH19WT)
Das Korpus liefert hier insgesamt nur neun Funde (davon acht mit lokaler,
einer mit temporaler Semantik), und diese sind auf KiDKo/Mu beschränkt. Der
überwiegende Teil der Daten bestätigt dagegen das oben erwähnte generelle
Muster, das wir in der Form „∅
Präp
>∅
Det
“ zusammenfassen können, d.h. die
Abwesenheit einer Präposition setzt die Abwesenheit eines Determinierers vo-
DE GRUYTER MOUTON „Ich geh Kino“ oder „… ins Kino“187
raus.
21
Eine Basis für dieses Muster liefert vermutlich die overte Kasusmarkie-
rung voller DPs im Deutschen; eine Vermutung, die auch dadurch gestützt
wird, dass in den Fällen bloßer DPs jeweils keine overte oblique Kasusmarkie-
rung zu erkennen ist. So findet sich in den Beispielen oben etwa „diese theAter-
schule“ statt „(in) dieser theAterschule“ in (14a) oder „welscher rossmann“ statt
„(in) welschem rossmann“ in (14c).
22
Die einzige Ausnahme bildet die Instanz
mit temporaler Semantik, vgl. (15). Dies könnte jedoch ein etwas anders gela-
gerter Fall sein: Möglicherweise wurde hier ein temporaler adverbialer Akkusa-
tiv nach dem Vorbild kanonischer Beispiele wie „jeden Tag“ gebildet.
(15) IRgendeinen tag hat er sich mit jemand
zuSAMmengetan (KiDKo, S1xxx/MuH1WD)
Das Muster „∅
Präp
>∅
Det
“ erfasst die große Dominanz bloßer NPs ohne Determi-
nierer ebenso wie die Abwesenheit bloßer Pronomen und die zahlreichen Vor-
kommnisse nichtkanonischer PPs, in denen eine Präposition mit bloßer NP an
Stellen auftritt, an denen im Standarddeutschen eine Präposition mit voller DP
incl. overtem Determinierer stünde. Auch für Letzteres finden sich Beispiele in
beiden Teilkorpora (Mu: 147 / Mo: 25). (16) gibt je einen Beleg aus den beiden
Teilkorpora:
(16) a. wir müssen zu j2xxx(s-/u-bahn) (KiDKo, MuH17MA)
b. die will mit mir in KIno gehen (KiDKo, Mo05WD)
Die seltenen Belege für nichtkanonische bloße DPs in KiDKo/Mu könnten vor
dieser Folie als Ausnahmen interpretiert werden, sie könnten aber auch auf
den Beginn einer Entwicklung hinweisen, bei der dieses Muster in der multieth-
nischen, mehrsprachigen Sprechergemeinschaft stärker gelockert wird, sodass
hier der Weg für weitere Optionen nichtkanonischer lokaler Konstruktionen
ohne Präposition frei wird. In diesem Zusammenhang ist interessant, dass unter
den Fällen bloßer NPs 45 Belege sind, bei denen der Kopf ein Eigenname ist,
der auch im Standarddeutschen keinen overten Determinierer hätte und in de-
21 An den – wenigen – Ausnahmen, wie sie in (14) illustriert sind, fällt auf, dass es sich
hierbei durchgehend, nicht um einfache Artikel handelt, sondern um (transitive) Pronomina,
die zusätzliche semantische Information mitbringen, die bei einer Tilgung verloren ginge.
Dies passt zu Befunden von Siegel (2014), die einige Belege liefert, bei denen vergleichbare
Determinierer (hier Possessivpronomina) ohne Präposition realisiert werden.
22 Im Beispiel unter (14b) ist der Akkusativ oberflächenidentisch mit dem Nominativ („in
jede DISko“).
DE GRUYTER MOUTON188 Heike Wiese und Maria Pohle
nen NP und DP somit oberflächenidentisch sind. Solche Fälle könnten eine
mögliche Reanalyse von NP zu DP begünstigen.
Sowohl bloße NPs ohne als auch solche mit Präposition erscheinen z.T. mit
Modifikatoren, in KiDKo/Mu gibt es hierzu 12 (bloße NP ohne Präposition) bzw.
14 (bloße NP mit Präposition), in KiDKo/Mo je zwei Beispiele. Diese Fälle sind
besonders interessant für die Frage nach möglicher Kasusrektion durch die Prä-
position; wegen der geringen Fallzahlen ist hier jedoch keine generelle Aussage
möglich, umso mehr, da, ebenso wie in (14b) oben, Akkusativ- und Nominativ-
form an der Oberfläche oft zusammenfallen, vgl. (17).
(17) wir GEHEN andere straßenseite (KiDKo, Exxx/MuH17MA)
Es finden sich jedoch einige nichtkanonische Formen in Kontexten, die im
Standarddeutschen dativmarkiert wären, da sie mit Präpositionen wie „zu“
bzw. lokalem () „in“ oder „an“ stünden, vgl. (18).
(18) a. meine mutter is norMAle arzt gegangen (KiDKo, SPK3/MuH9WT)
b. exxx und s2xxx wohn gleiche Adresse un so (KiDKo, Mo05WD)
Nichtkanonische Formen treten mitunter selbst nach overten Präpositionen auf,
vgl. (19). Zusätzlich finden sich jedoch hier auch Endungen, die auf kanonische
Kasusmarkierungen hinweisen, wobei bei Abwesenheit eines Determinierers
schwach flektiert wird, vgl. (20):
(19) a. die sind auch mit zweite MANNschaft (KiDKo, MuH11MD)
b. ich muss den blumenstrauß vor ganze KLASse geben (KiDKo, MuH25MA)
(20) in HALber stunde (KiDKo, MuH17MA)
Interessant ist hier das häufige Auftreten der Endung ‑e in den nichtkanoni-
schen Fällen.
23
Da die nichtkanonische Flexion in Kiezdeutsch (ebenso wie
mögliche Parallelen in eher monolingualen Kontexten wie KiDKo/Mo) aktuell
jedoch insgesamt noch ein Forschungsdesideratum ist, kann über den Status
dieser Befunde hier nur spekuliert werden – etwa ob dies ein Hinweis auf eine
Formen-Generalisierung zu ‑e ist, die Realisierung schwacher Flexion oder aber
eine nichtkanonische Option der Genusmarkierung.
Tabelle 3 fasst die quantitativen Befunde für die drei unterschiedlichen
nichtkanonischen Optionen in den beiden Teilkorpora übergreifend zusammen.
23 Zu entsprechenden Belegen vgl. auch Auer (2013), Siegel (2014).
DE GRUYTER MOUTON „Ich geh Kino“ oder „… ins Kino“189
Tabelle 3: Verteilung nichtkanonischer Befunde in KiDKo/Mu und KiDKo/Mo.
KiDKo/Mu KiDKo/Mo
n%n%
bloße NPs ohne P
bloße DPs ohne P
PP[NP]
Summe
Die Angabe „bloße NPs/DPs ohne P“ bezieht sich auf Fälle wie „KLAR warst
du schule“ (bloße NP) bzw. „isch war doch diese theAterschule“ (bloße DP),
„PP[NP]“ bezeichnet Fälle wie „die will mit mir in KIno gehn“, in denen eine
bloße NP mit Präposition auftritt; im Standarddeutschen stünde in allen Fällen
eine PP mit DP-Komplement.
. Ergebnis der Korpusuntersuchung
Zusammengenommen liefern die Korpusbefunde ein Bild großer Systematizität.
Nichtkanonische bloße NPs an Stellen, an denen im Standarddeutschen eine
volle PP stünde, werden dominant zum Ausdruck lokaler Semantik verwendet,
gefolgt von temporaler. Lokale bloße NPs dienen stets zum Ausdruck topologi-
scher, nicht projektiver Raumkonzepte und tragen die Rollen oder .
Syntaktisch treten sie meist als Ergänzung der Verben gehen und sein auf, kön-
nen aber auch Adverbial sein. Das Ausbleiben der Präposition setzt dabei ty-
pischerweise ein Ausbleiben des Determinierers (insbesondere Artikel, s.o.
Fn. 21) voraus.
Zusammengefasst liefern diese Ergebnisse folgendes dominantes Muster:
(21) Typisches Muster für nichtkanonische Lokalangaben:
DE GRUYTER MOUTON190 Heike Wiese und Maria Pohle
Dieses Muster fasst die aufgefundenen syntaktischen und semantischen Aspek-
te zusammen und lehnt sich dabei an Modelle einer dreigeteilten parallelen
sprachlichen Architektur (Tripartite Parallel Architecture, vgl. Jackendoff [1997,
2002]) an: Koindizierungen (hochgestelltes A, B, C) stehen hier für Korrespon-
denzen auf verschiedenen grammatischen Ebenen, in diesem Fall Syntax und
Semantik. So zeigt der Index „A“ die Verbindung zwischen der Subjekt-DP aus
dem syntaktischen System mit derjenigen Entität x im semantischen System
an, die lokalisiert wird, d.h. um deren Ort oder Ortswechsel es geht. Der Index
„B“ verbindet die Präposition aus der Syntax mit einem Raumkonzept R in der
Semantik, und „C“ zeigt die Korrespondenz zwischen der untergeordneten DP
in der Syntax und dem Argument dieses Raumkonzepts (= die semantische
Entität y) an. Auf syntaktischer Ebene liefert die gestrichelte Box für die um-
klammerten Elemente (Präposition und Determinierer) die beobachtete Implika-
tion für Optionalität; die entsprechende Unterstreichung von Indizes zur NP
(d.h. B, C) zeigt an, dass die jeweilige Koindizierung bei Nicht-Verwendung der
optionalen Elemente auf die NP übergeht. Auf semantischer Ebene identifiziert
„R“ die spezifischen Raumkonzepte, die durch die verschiedenen Präpositionen
ausgedrückt werden, etwa „IN“ oder „AUF“. „LOC“ steht für Lokalisierung, d. h.
„LOC(x, R(y))“ bedeutet beispielsweise für ein Raumkonzept R = IN, dass x in
y lokalisiert ist, sich also „in“ y befindet. „CHANGE“ steht für eine zweistelli-
ge Relation der Veränderung, d.h. „CHANGE(a,b)“ bezeichnet einen Wechsel
von a zu b. Die erste semantische Repräsentation erfasst entsprechend -
Bedeutungen (Lokalisierung von x an einem Ort R(y)), die zweite -Bedeu-
tungen (Veränderung der Lokalisierung von x von einem anderen Ort zum Ort
R(y)).
24
Die Untersuchung zeigte weiterhin, dass die so charakterisierten bloßen
lokalen NPs sich über die beiden Teilkorpora hinweg finden, insgesamt aber
nur einen kleinen Anteil neben den dominanten kanonischen vollen PPs ein-
nehmen. Dieser Anteil erwies sich in der multiethnischen, mehrsprachigen
Sprechergemeinschaft, die durch KiDKo/Mu erfasst wird, signifikant größer als
in der weitgehend einsprachig deutschen Sprechergemeinschaft in KiDKo/Mo;
in der internen Verteilung der verschiedenen Optionen, sowohl auf semanti-
scher als auch auf syntaktischer Ebene, unterscheiden sich die Teilkorpora
jedoch in keinem Fall signifikant. Dies deutet auf ein gemeinsames, systemati-
sches Muster für die Verwendung bloßer lokaler NPs, das sich im mehrsprachi-
24 Für die vorliegende Untersuchung genügt diese recht grobe Repräsentation; für weiterge-
hende Analysen zu Lokalisierungsausdrücken und Raumkonzepten vgl. etwa Bierwisch (1988),
Beiträge in Habel et al. (1989), Habel und Stutterheim (2000), Becker (1994), Maienborn (1996).
DE GRUYTER MOUTON „Ich geh Kino“ oder „… ins Kino“191
gen Kontext mit seiner größeren sprachlichen Vielfalt und Dynamik schon wei-
ter etablieren konnte.
Diese Befunde belegen ein regelgeleitetes Phänomen, das systematisch ins
Deutsche eingepasst ist und auch unabhängig von mehr- oder einsprachigen
Hintergründen verwendet wird. Es ist in Kiezdeutsch offensichtlich salienter
und hat hier auch einen quantitativen Vorteil, folgt jedoch denselben Regeln
wie im monoethnischen, einsprachig deutschen Kontext. Diese sprachliche Sys-
tematizität weist darauf hin, dass wir es bei der Verwendung bloßer Lokalanga-
ben nicht mit einem Effekt reduzierter Grammatik zu tun haben. Im folgenden
Abschnitt untersuchen wir dies nun auf Ebenen von Sprachgebrauch und Spre-
cherrepertoire: Ist der Gebrauch bloßer lokaler NPs registergebunden und da-
mit eine von mehreren Optionen, die von Sprecher/inne/n eingesetzt werden
können, um informelle vs. formelle Gesprächssituationen und Peer-Group-Kon-
texte zu markieren, oder sind Kiezdeutsch-Sprecher/innen in ihrem Repertoire
stärker eingeschränkt?
„Sprachsituationen“: Elizitierter
situationsspezifischer Sprachgebrauch
Eine Untersuchung zum Status bloßer lokaler NPs im Repertoire von Sprecher/
inne/n, wie wir sie hier vorstellen, zielt zugleich auf eine übergeordnete Frage
zum Status von Kiezdeutsch: Ist Kiezdeutsch ein soziofunktional spezifizierter
Teil des sprachlichen Repertoires, den Sprecher/innen situationsspezifisch, v. a.
in informellen, konzeptionell mündlichen Peer-Group-Kontexten, einsetzen,
während sie in formelleren Situationen auf standardnäheres Deutsch zugreifen?
Wie eingangs deutlich wurde, gibt es Einzelstudien, die in diese Richtung wei-
sen, systematische, quantifizierbare Untersuchungen zu größeren Sprecher-
gruppen stehen bislang aber noch aus.
. Methodische Vorüberlegungen
Den Ausgangspunkt der empirischen Untersuchung bildet das Konzept der
sprachlichen Register, die sich durch unterschiedliche Kombinationen aus me-
dialer und konzeptioneller Schriftlichkeit und Mündlichkeit auszeichnen (etwa
Koch und Oesterreicher 1985; Söll 1985). Wir beziehen uns hierbei mit „Regis-
ter“ auf sprachliche Ressourcen, die situativ unterschiedlich eingesetzt werden,
d.h. auf einer systematischen Korrelation zwischen charakteristischen sprachli-
DE GRUYTER MOUTON192 Heike Wiese und Maria Pohle
chen Merkmalen und konkreten situativen Kommunikationskontexten beruhen
(vgl. Biber und Conrad 2009). Diese situativen Kontexte und die mit ihnen ver-
bundenen Versprachlichungsstrategien unterscheiden wir in Anlehnung an
Koch und Oesterreicher (1985, 1994) auf zwei Ebenen: erstens in Bezug auf die
konkrete mediale Realisierung von Sprache – phonisch oder grafisch –, durch
die sich eine Situation dichotomisch im Bereich der medial schriftlichen oder
medial mündlichen Kommunikation ansiedeln lässt; zweitens in Bezug auf die
soziale Nähe bzw. Distanz zwischen den Kommunikationspartner/inne/n, die
einen informellen, konzeptionell mündlichen bzw. formellen, konzeptionell
schriftlichen Charakter der Kommunikation bedingt. Der Einfachheit verwen-
den wir die Terminologie „mündlich vs. schriftlich“ hier rein medial, d.h. im
ersten Sinne, und nutzen das Paar „informell vs. formell“ für die zweite Unter-
scheidung.
25
Durch Kreuzklassifizierung der beiden Paare lassen sich vier (2× 2)
Situationen definieren, für die wir Sprachdaten elizitieren: (i) informell/münd-
lich, (ii) informell/schriftlich, (iii) formell/mündlich und (iv) formell/schriftlich.
Zur Elizitation nutzten wir ein Set-up „Sprachsituationen“, das für experi-
mentelle Repertoire-Untersuchungen entwickelt und sich in anderen Studien,
etwa zum Sprachgebrauch deutschstämmiger Jugendlicher in Namibia, bereits
bewährt hat (Wiese et al. 2014). Das Set-up beinhaltet die Arbeit mit fiktiven
Telefongesprächen, wie sie von Bijvoet und Fraurud (2010) für die Gewinnung
von Stimuli in Perzeptionsstudien zu Jugendsprache in mehrsprachigen Vier-
teln Stockholms beschrieben wurden (vgl. auch Bijvoet 2003; Fraurud 2003). In
dem hier verwendeten Set-up wird den Teilnehmer/inne/n zunächst ein fiktiver
Verkehrsunfall präsentiert. Ihre Aufgabe ist es dann, sich vorzustellen, dass sie
diesen Unfall gerade beobachtet hätten, und ihn dann in vier verschiedenen
Situationen zu beschreiben, die den oben aufgeführten 2× 2 Kombinationen
entsprechen:
(i) in einem Telefongespräch mit einem Freund / einer Freundin;
(ii) in einer SMS an eine/n Freund/in;
(iii) im Gespräch mit einem Polizeibeamten / einer Polizeibeamtin (gespielt von
Wissenschaftler/inne/n, die die Erhebung durchführten);
(iv) in einem schriftlichen Zeugenbericht an die Polizei.
25 Koch und Oesterreicher (1985) berücksichtigen in ihrem Modell neben der sozialen und
emotionalen auch die raum-zeitliche Nähe bzw. Distanz für die Unterscheidung konzeptionell
mündlicher und schriftlicher Kommunikation (für Modifizierungen, die die Entwicklungen
neuer technischer Kommunikationsmittel stärker berücksichtigen, vgl. etwa die Unterschei-
dung zwischen synchroner, asynchroner und quasi-synchroner Kommunikation bei Dürscheid
[2003], Thaler [2005]). Für unsere Einordnung als formell vs. informell ist dagegen primär das
soziale Verhältnis zwischen den Kommunikationspartner/inne/n zentral.
DE GRUYTER MOUTON „Ich geh Kino“ oder „… ins Kino“193
In der vorliegenden Studie nutzten wir dieses Set-up, um das sprachliche Ver-
halten von Jugendlichen zu untersuchen, die weiterführende Schulen in multi-
ethnischen Wohngebieten in Berlin-Kreuzberg und -Neukölln besuchen. Um si-
cherzustellen, dass die Mitwirkung an der Studie auch für die Jugendlichen ein
Gewinn ist, wurde die Studie als Teil eines Schulprojekts im Deutschunterricht
durchgeführt; sie fand vor dem eigentlichen Unterrichtsprojekt statt und diente
hier als Einstieg in den Themenkomplex „Sprachrepertoires, sprachliche Regis-
ter, Mündlichkeit und Schriftlichkeit“, der darauf aufbauend dann mehrere Wo-
chen in Form gemeinsamer Projektarbeit mit den Schüler/inne/n bearbeitet
wurde. Die hier vorgestellte Studie ist Teil einer größeren Untersuchung, in die
noch weitere Phänomenbereiche und eine größere Anzahl von Sprecher/inne/n
in unterschiedlichen Regionen einbezogen sind.
26
. Eckdaten zur Studie
.. Teilnehmer/innen
An dem für die vorliegende Studie ausgewerteten Teil der Untersuchung nah-
men insgesamt 50 Schüler/innen aus unterschiedlichen Jahrgängen der Ober-
stufen zweier Schulen teil: 23 Schüler/innen einer 10. Klasse an einer Integrier-
ten Sekundarschule in Kreuzberg (Erhebung H) und 27 Schüler/innen eines
Leistungskurses Deutsch einer 12. Klasse an einem Gymnasium in Neukölln
(Erhebung A), im Alter zwischen 15 und 20 Jahren (H-Erhebung: 15 bis 17 Jahre,
A-Erhebung: 17 bis 20 Jahre).
Die Auswahl zweier unterschiedlicher Schultypen und Klassenstufen er-
laubt es, einen möglichen Einfluss des Deutschunterrichts und Schulniveaus
auf die Verwendung bloßer lokaler NP (und anderer Kiezdeutsch-Phänomene)
zu überprüfen. Beide Schulen wurden so gewählt, dass sie einen Kontext lie-
fern, der die für Kiezdeutsch charakteristische hohe Mehrsprachigkeit aufweist.
Wenn auch Mehrsprachigkeit selbst in Deutschland nicht statistisch erfasst
wird, so liefern doch zumindest zwei Eckdaten Hinweise auf mehrsprachige
Familien: der Anteil von Jugendlichen mit „Migrationshintergrund“ im Wohn-
gebiet und der Anteil von Schüler/inne/n mit „nichtdeutscher Herkunftsspra-
26 Dissertation von Maria Pohle „Kiezdeutsch im Sprachrepertoire: Zur selektiven Verwen-
dung nichtkanonischer Konstruktionen von Jugendlichen in urbaner multiethnischer Umge-
bung“ (i.V., Universität Potsdam).
DE GRUYTER MOUTON194 Heike Wiese und Maria Pohle
Tabelle 4: Eckdaten zum Kontext der Erhebungen.
Erhebung A Erhebung H
Erhebungsort Neukölln-Nord Kreuzberg
[Bezirk][Neukölln][Friedrichshain-Kreuzberg]
Anteil der Bevölkerung mit ,% ,%
Migrationshintergrund im Bezirk ()
Anteil von Kindern und Jugendlichen mit ,% ,%
Migrationshintergrund im Bezirk ()
Schultyp Gymnasium Integrierte
Sekundarschule
Anteil von Schüler/inne/n ndH ,% ,%
an der Schule (Schuljahr /)
che“ (ndH) an den betreffenden Schulen.
27
Tabelle 4 fasst die Daten hierzu für
die beiden Erhebungskontexte zusammen.
28
Abgesehen von der Zugehörigkeit zu der für Kiezdeutsch relevanten Spre-
chergruppe (Jugendliche im Alter zwischen 15 und 20 Jahren in einem multi-
ethnischen urbanen Umfeld) wurden keine Einschränkungen in Bezug auf die
Teilnehmer/innen gemacht. Jedoch zeichnet sich die untersuchte Sprechergrup-
pe zum einen, da es sich um Klassenverbände handelte, durch eine relativ
ausgeglichene Geschlechterverteilung aus, mit insgesamt 29 weiblichen und 21
männlichen Jugendlichen (H-Erhebung: 17 weiblich / 10 männlich; A-Erhe-
bung: 12/11). Zum anderen deckt sie eine große Bandbreite an Hintergrundspra-
chen ab und umfasst mehrsprachige Sprecher/innen mit sechs unterschiedli-
chen Familiensprachen (Albanisch, Arabisch, Bosnisch, Kurdisch, Serbisch,
Türkisch) ebenso wie einsprachig deutsche Sprecher/innen.
29
Diese Bandbreite
spiegelt damit Kontexte wider, wie sie für Kiezdeutsch konstitutiv sind. Wie
etwa Freywald et al. (2011) gezeigt haben, nehmen innerhalb solcher sprachlich
diversen Kontexte Sprecher/innen unabhängig von ihrem mehr- oder einspra-
chigen Hintergrund an den umgangssprachlichen Entwicklungen teil: Aus-
27 Zur Problematik des Begriffs „Migrationshintergrund“ vgl. Scarvaglieri und Zech (2013).
Als „nichtdeutscher Herkunftssprache“ (ndH) werden von der Schulbehörde in Berlin Schüler/
innen erfasst, deren Eltern angeben, dass die in der Familie vorwiegend gesprochene Sprache
nicht Deutsch ist.
28 Quellen: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung
und Umwelt Berlin und Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft Berlin.
29 Zu spezifischen Angaben für die für die Untersuchung zentralen Fokus-Sprecher/innen
s.u., Abschnitt 4.3 und Tabelle B im Anhang.
DE GRUYTER MOUTON „Ich geh Kino“ oder „… ins Kino“195
schlaggebend ist die sprachliche Diversität des Kontexts, nicht der spezifische
Sprachhintergrund der Sprecher/innen.
30
.. Stimuli
Der (fiktive) Verkehrsunfall, der als Stimulus für die Elizitation diente, wurde
ausschließlich nonverbal dargestellt, um einen Einfluss auf die Sprach-/Regis-
terwahl auszuschließen. Die Teilnehmer/innen sahen den Unfall zunächst auf
einem Video (ohne Sprachanteile) und konnten dann während der Sprachauf-
nahmen noch auf ein Poster mit Fotos aus dem Film schauen, das als Gedächt-
nisstütze diente. Der Stimulus-Film ist aus der Perspektive der Sprecher/innen
(als „Zeug/inn/en“ des Unfalls) gedreht: Man ist auf dem Weg ins Kino, wo man
sich zu einer verabredeten Uhrzeit mit einem Freund/einer Freundin treffen
will (kurzer SMS-Verlauf im Bild), auf dem Weg bleibt man an einer roten Ampel
stehen und beobachtet einen Unfall, bei dem eine Radfahrerin von einem Ein-
kaufszentrum kommend, telefonierend über die rote Ampel fährt und von ei-
nem Auto angefahren wird, das aus einem Parkhaus kommt. Um möglichst
viele Lokalangaben zu elizitieren, sind in den Film viele Bezugsobjekte räumli-
cher Referenz integriert, etwa Straßen(kreuzungen), eine Apotheke, zwei Ein-
kaufszentren, ein Parkhaus, die Ampel und das Kino.
.. Ablauf/Durchführung
Die Elizitation wurde in der Klasse jeweils in Abwesenheit der Lehrer/innen
durchgeführt, um eine eingeschränkte Registerwahl mit Blick auf die Deutsch-
noten zu vermeiden. Die Sprecher/innen sahen zunächst den Videofilm zwei
Mal hintereinander und wurden anschließend für die Sprachproduktionen in
Kleingruppen mit maximal sechs Sprecher/inne/n eingeteilt, die jeweils durch
eine/n Erheber/in betreut wurden. Die Aufgabe der Schüler/innen bestand
dann darin, von dem Unfall aus der Perspektive eines Zeugen / einer Zeugin in
den vier genannten Sprachsituationen zu berichten. Dabei wurden zuerst die
informellen, dann die formellen Situationen abgedeckt.
30 So zeigten sich in Aufgaben zur Akzeptabilität grammatischer Charakteristika von Kiez-
deutsch signifikante Unterschiede zwischen Sprecher/innen aus einem mehrsprachigen und
einem eher einsprachigen Kontext (Berlin-Kreuzberg vs. -Hellersdorf), nicht jedoch innerhalb
der ein- und mehrsprachigen Sprecher/innen im mehrsprachigen (Kreuzberger) Kontext (Frey-
wald et al. 2011).
DE GRUYTER MOUTON196 Heike Wiese und Maria Pohle
Der Kontext der jeweiligen Bedingung wurde nah an reale Kommunikati-
onssituationen angepasst, um möglichst authentische Produktionen zu elizitie-
ren. Die SMS wurden von den Schüler/inne/n auf dem eigenen Handy getippt;
für das Telefongespräch suchten sie sich jeweils eine/n Freund/in aus der
Kleingruppe aus, der/die als reales Gegenüber fungierte, während beide Spre-
cher/innen ihr Handy an das Ohr hielten. Für die mündliche Zeugenaussage
spielte eine erwachsene und noch fremde Person, nämlich der/die Erheber/in,
die Rolle des Polizisten / der Polizistin; die Polizeiberichte waren handschrift-
lich zu verfassen.
Die Authentizität der mündlichen Produktionen wurde noch zusätzlich von
den anderen Gruppenmitgliedern kontrolliert. Die Aufnahmen erfolgten der
Reihe nach in der Gruppe, und die anderen Teilnehmer/innen hatten jeweils
die Aufgabe, auf die Ausdrucksweise des/der jeweiligen Sprechers/in zu achten
und sich ggf. zu melden, wenn er/sie laut Vorgabe „nicht so spricht wie sonst
in so einer Situation“ (alle Schüler/innen kannten einander sehr gut). War das
der Fall, wurden die Aufnahmen wiederholt. Erst wenn alle Gruppenmitglieder
keine Einwände mehr hatten und die Natürlichkeit des Gesprächs bestätigten,
wurde dieses akzeptiert und in das Korpus aufgenommen. Dasselbe galt auch
für die SMS, die nach dem Fertigstellen in der Runde gezeigt wurden. Wie
Bijvoet und Fraurud (2010) im Rahmen einer Perzeptionsstudie zeigten, die das
hier verwendete Set-up inspiriert hat und in der sie ebenfalls fiktive Telefonge-
spräche mit Jugendlichen im mehrsprachigen Kontext erstellten (s. o., Ab-
schnitt4.1), ist eine solche zusätzliche Kontrolle durch die Peer-Gruppe beson-
ders dazu geeignet, authentische Sprachproduktionen zu gewährleisten.
Der Vergleich der neu gewonnenen Daten mit den Ergebnissen aus der Kor-
pusstudie stützt dies noch weiter: Wie im folgenden Abschnitt deutlich wird, fol-
gen die hier kontrolliert elizitierten informellen Daten denselben Mustern wie
die ebenfalls informellen, aber spontansprachlichen Daten in KiDKo; diese Pa-
rallelen belegen zusätzlich die Wirksamkeit des hier verwendeten Set-ups.
. Ergebnisse der Elizitationsstudie
.. Datenbasis
Alle Daten wurden digital erfasst, die schriftlichen Daten in Original-Orthogra-
phie (und ggf. mit Emoticons u.ä.), die mündlichen Sprachdaten in Form von
Transkriptionen, die den im Kiezdeutsch-Korpus verwendeten Richtlinien folg-
ten (Wiese et al. 2012; Rehbein, Schalowski und Wiese 2014), die ihrerseits die
Konventionen des Gesprächsanalytischen Transkriptionssystems (GAT) für das
DE GRUYTER MOUTON „Ich geh Kino“ oder „… ins Kino“197
Basistranskript nutzten (Selting et al. 2009). Alle Daten wurden nach Abschluss
der Erfassung zusammengefügt und nach Bedingungen und Sprecher/inne/n
annotiert. Der Gesamtumfang der Datensammlung aus beiden Erhebungen (A-
Erhebung und H-Erhebung) beträgt 200 Produktionen von 50 Jugendlichen mit
jeweils vier Produktionen (den vier Sprachsituationen entsprechend).
31
Aus dem Gesamtkorpus wurde ein Teilkorpus extrahiert, das sämtliche
Lokalangaben enthielt, nämlich über alle Bedingungen hinweg insgesamt 388
Lokalangaben von 50 Sprecher/inne/n. Für die Auswertung des situationsspezi-
fischen Gebrauchs bloßer lokaler NPs wurde aus diesem Teilkorpus eine Fokus-
gruppe von Sprecher/inne/n identifiziert, die in den erhobenen Daten min-
destens einmal eine nichtkanonische bloße Lokalangabe verwendeten. Diese
Fokusgruppe, die im folgenden als Grundlage der Auswertung dient, umfasst
26 Sprecher/innen, davon 15 weiblich und 11 männlich, mit 202 Lokalangaben
insgesamt (dies umfasst sowohl nichtkanonische bloße NPs als auch alle ande-
ren Formen, insbesondere auch volle, kanonische PPs).
32
Tabelle B im Anhang
fasst die Sprecherdaten für die Fokusgruppe zusammen. Wie in KiDKo identifi-
zieren die letzten beiden Stellen in den Sprechersiglen Geschlecht (W/M) und
Familien-/Herkunftssprache.
.. Generelle Gebrauchsmuster nichtkanonischer lokaler NPs
In der Fokusgruppe werden Lokalangaben insgesamt, d.h. über alle Bedingun-
gen hinweg, in 10,9% der Fälle als bloße NPs realisiert, in 18,8% der Fälle als
nichtkanonische PPs mit NP-Komplement. In allen übrigen Fällen, d.h. in
70,3%, findet sich das standarddeutsche Muster voller PPs mit DP-Komple-
ment. Im Durchschnitt finden sich 2,3 nichtkanonische Lokalangaben (bloße
31 Beide Erhebungen sind identisch in Bezug auf verwendete Stimuli, Aufgabenstellung,
Ablauf der Untersuchung und die Struktur der erhobenen Daten und stellen damit zwei Teile
einer Studie dar, deren Ergebnisse dementsprechend in einem Korpus zusammengefasst und
analysiert werden. Der einzige (intendierte) Unterschied zwischen beiden Erhebungen besteht
in dem Erhebungsort (Gymnasium vs. Integrierte Sekundarschule) und damit verbunden dem
Alter bzw. der Klassenstufe der Proband/inne/n (vgl. Punkt 4.2). Dies erlaubt den gezielten
Vergleich der ansonsten strukturgleichen Teilkorpora aus beiden Erhebungen für die Untersu-
chung, ob Schultyp und Niveaus des Deutschunterricht einen Einfluss auf die Verwendung
nicht-kanonischer Lokalangaben haben (s. unten).
32 Die Beschränkung auf diese Gruppe ist hier durch die Untersuchungsfrage zu bloßen
Lokalangaben vorgegeben; sie bedeutet nicht, dass die anderen Sprecher/innen Kiezdeutsch
nicht beherrschten: Auch bei ihnen fanden sich Kiezdeutschmerkmale im informellen Sprach-
gebrauch, darunter jedoch im vorliegenden Korpus keine bloßen Lokalangaben.
DE GRUYTER MOUTON198 Heike Wiese und Maria Pohle
Tabelle 5: Realisierung von Lokalangaben.
volle nichtkanonische alle Lokal-
PP[DP] PP[NP] bloße NPs angaben
n%n%n%n%
alle Sprecher/innen , , ,
Fokussprecher/innen , , ,
NPs und PP[NP]) pro Sprecher/in in dieser Gruppe, mit einer relativ breiten
Streuung (Standardabweichung: 1,68) von einem bis zu sechs Belegen. Auf alle
Sprecher/innen hochgerechnet, d.h. im gesamten Korpus, finden sich in 15,5 %
der Fälle nichtkanonische Realisierungen von Lokalangaben, davon 5,7% als
bloße NPs. Tabelle 5 stellt die absoluten Zahlen und prozentualen Anteile an
allen Lokalangaben zusammen.
In der weiteren Analyse der Ergebnisse werden wir uns auf die uns hier
interessierende Gruppe der Fokussprecher/innen beschränken, d.h. auf die
Sprecher/innen, in deren Korpusdaten sich nichtkanonische Realisierungen
von Lokalangaben finden. Hier zeigt sich zunächst, dass die elizitierten Daten
aus den informellen Bedingungen (Telefongespräch mit Freund/in und SMS)
dieselben Muster aufweisen wie die ebenfalls informellen, aber spontansprach-
lichen Daten in KiDKo. Die weitgehenden Parallelen zu den KiDKo-Daten sind
ein wichtiger Hinweis auf die grundsätzliche Wirksamkeit des gewählten Set-
ups: Das Auftreten derselben Muster wie in KiDKo weist daraufhin, dass die
hier verwendete Methode der Elizitation dazu geeignet ist, Daten zu produzie-
ren, die denen aus Spontansprache vergleichbar sind. Die Befunde ähneln de-
nen aus der Korpusstudie dabei sowohl auf syntaktischer als auch semantischer
Ebene:
– Auf syntaktischer Ebene folgen die Daten der oben formulierten Implikati-
on „∅
Präp
>∅
Det
“, d.h. der Entfall der Präposition ist syntaktisch an die
Abwesenheit eines Determinierers gebunden: In den vorliegenden Daten
finden sich, wie Tabelle 5 bereits andeutet, entweder bloße NPs oder PPs
mit nichtkanonischem NP-Komplement, jedoch keine bloßen DPs. Eben-
falls wie im KiDKo können vor allem lexikalische Präpositionen entfallen.
Funktionale Präpositionen werden bei den 30 höchstfrequenten Präpositio-
nalverben stets realisiert, vgl. die Gegenüberstellung in Beispiel (22), von
Daten einer Sprecherin in derselben Bedingung (IM, informell-mündlich)
33
:
33 Wir verwenden folgende Abkürzungen für die vier Bedingungen: IM – informell-mündlich,
IS – informell-schriftlich, FM – formell-mündlich, FS – formell-schriftlich.
DE GRUYTER MOUTON „Ich geh Kino“ oder „… ins Kino“199
(22) a. ich war kasTAnienallee (MuH48WT [IM])
b. ich warte jetzt auf poliZEI (MuH48WT [IM])
– Genauso wie bei KiDKo stehen die bloßen NPs dabei am häufigsten als
Ergänzung von Verben (insgesamt 14, d.h. 63,6% aller bloßen NPs, die im
Standarddeutschen in einer PP stünden, davon 12 mit sein, jeweils ein Be-
leg mit kommen und gehen), die restlichen (8 Belege bzw. 36%) fungieren
als Adverbial.
– Ebenso findet sich die Verwendung nichtkanonischer bloßer NPs und
PP[NP] über unterschiedliche sprachliche Hintergründe hinweg und ist da-
bei nicht auf den Bereich der „Haltestellennamen“ eingeschränkt, sondern
kommt auch mit Appelativa und anderen Eigennamen vor, vgl. (23) bis
(29):
34
(23) ich bin hier grad kasTAnienallee (MuH61MS [IM]) Serbisch-Deutsch
(24) ich wollte gerade Kino gehen (MuH71MA [IS]) Arabisch-Deutsch
(25) ich war grad kasTAnienallee (MuH60WB [IM]) Bosnisch-Deutsch
(26) ich kann nicht treff kommen (MuH59WT [IS]) Türkisch-Deutsch
(27) sie liegt grad todes auf boden (MuB28MC [IS]) Albanisch-Deutsch
(28) ich bin da bei KAIserallee (MuH65WK [IM]) Kurdisch-Deutsch
(29) Abou grad einfach hermannplatz
eine Frau wurde angefahren (MuA22MD [IS]) monol. Deutsch
Bloße Lokalangaben wurden dabei häufiger in der H-Gruppe (d.h. der
Kreuzberger Sekundarschüler/innen, s.o. Tabelle 4) gebraucht: 17 der 26
Fokus-Sprecher/innen stammen aus dieser Erhebung, mit 114 der 202 (ka-
nonischen und nichtkanonischen) Lokalangaben. Dies ist vermutlich auf
die unterschiedliche Altersstufe zurückzuführen: Während das Alter der
Proband/inn/en aus dem H-Durchgang (zwischen 15 und 17 Jahren) typisch
für die Verwendung nichtkanonischer jugendsprachlicher Varianten ist, be-
finden sich die Schüler/innen der A-Erhebung mit 17 bis 20 Jahren an der
Grenze zum Erwachsensein, was sich sprachlich in einer steigenden Ten-
34 Relatumreferenten sind dabei stets unbelebt. Dies ist in den vorliegenden Daten jedoch
keine Besonderheit nichtkanonischer Konstruktionen, sondern trifft ebenso auf die kanoni-
schen Lokalangaben zu und ist vermutlich durch die Stimuli bedingt (s.o., Abschnitt 4.1., zu
den Filminhalten).
DE GRUYTER MOUTON200 Heike Wiese und Maria Pohle
denz zu standardnäheren Varianten niederschlägt. Ein weiterer Faktor
könnte die Nähe zum Abitur sein und entsprechend der noch stärkere Fo-
kus auf der Verwendung des Standarddeutschen im Schulalltag. Interes-
santerweise finden sich innerhalb der beiden Fokusgruppen jedoch diesel-
ben Muster: Der Anteil nichtkanonischer Lokalangaben (NP + PP[NP]
zusammengerechnet) an allen Lokalangaben erweist sich im χ
2
-Test als
nicht signifikant unterschiedlich zwischen der A- und H-Gruppe (χ
2
=
0,904; p= 0,34), ebenso wie die einzelnen Anteile bloßer NPs (χ
2
= 2,162;
p= 0,14) und nichtkanonischer PP[NP] (χ
2
= 0,86; 162; p= 0,86).
– In einem Beleg tritt eine NP mit adjektivischem Modifikator auf, und zwar
in einem der für die Kasusmarkierung besonders interessanten Fälle mit
Präposition (= PP[NP]). Wie in mehreren der KiDKo-Belege (vgl. [19] oben)
trägt das Adjektiv hier die nichtkanonische Endung -e:
(30) dass eine Frau von äh von ROte ampel gefahren ist (MuH70MT [FM])
– Die Verwendung nichtkanonischer bloßer NPs ohne Präposition ist auf den
Bereich der lokalen und temporalen Angaben begrenzt; in anderen seman-
tischen Funktionen, etwa modal oder kausal, treten Präpositionen stets auf,
vgl. (31) und (32):
(31) aber sie is mit einer hand geFAHren (MuA4WT [IM])
(32) sie war abgelenkt durch ihr HANdy (MuH71MA [FM])
– Innerhalb der lokalen Domäne haben bloße NPs ebenso wie im KiDKo die
Rollen oder , wobei hier bei weitem überwiegt (20 von
22, d.h. 91 % der bloßen NPs, gegenüber 77% der vollen PP[DP]). Wegbezo-
gene Präpositionen, die den Ursprung der Bewegung markieren (SOURCE)
und auch solche, die sich auf den Weg selbst beziehen (PATH), wurden im
untersuchten Korpus stets realisiert, entweder in Form einer vollen kanoni-
schen PP oder als PP mit nichtkanonischer NP ohne Determinierer, vgl. die
folgende illustrative Zusammenstellung von Äußerungen eines Sprechers
in derselben Bedingung (IS) (33):
(33) a. Ey hör mal ich war gerade Kastanienallee (MuH71MA [IS])
(bloße NP, )
b. ich wollte gerade Kino gehen (MuH71MA [IS])
(bloße NP, )
DE GRUYTER MOUTON „Ich geh Kino“ oder „… ins Kino“201
c. und dann auf einmal sone Frau (MuH71MA [IS])
auf dem Fahrrad wird todes von der Seite (volle PP[DP], )
angefahren
– Schließlich finden sich auch bei den elizitierten Daten nichtkanonische lo-
kale NPs nur zum Ausdruck topologischer Raumkonzepte, während projek-
tive Präpositionen stets als Kopf einer PP mit DP-Komplement realisiert
werden, vgl. (34a) vs. (34b):
(34) a. ich war heut HERmannplatz so (MuA1MC [IM])
b. Sie fährt einfach VOR diese auto (MuA1MC [IM])
Für das vergleichsweise kleinere Korpus der Elizitationsstudie können die Loka-
lisierungsdomänen auch für sämtliche kanonischen Fälle im Detail erfasst wer-
den. Tabelle 6 stellt die Distributionen zusammen.
Die Tabelle verdeutlicht die starke Konzentration bloßer lokaler NPs auf
Kontexte, in denen eine statische Lokalisierung () in einem zweidimensio-
nalen topologischen Raum vorgenommen wird, während die kanonischen Rea-
lisierungen in allen Lokalisierungsdomänen vertreten sind. Anders als bloße
NPs ohne Präposition treten nichtkanonische NPs mit Präposition vereinzelt
auch in projektiven Kontexten auf (hier beschränkt auf die Rolle ), sie
können ebenso wie kanonische PP[DP] die Rolle ausdrücken, anders
als diese jedoch nicht die wegbezogene Rollen PATH. Die starke Beschränkung
bloßer lokaler NPs auf Kontexte mit der Rolle fällt zunächst als Unter-
schied zu den KiDKo-Befunden auf, in denen - und -Kontexte relativ
ausgeglichen waren. Dies ist jedoch vermutlich auf die insgesamt größere Kon-
zentration auf -Lokalangaben in den elizitierten Daten zurückzuführen:
Betrachtet man die Anteile an den - bzw. -Angaben insgesamt, so
ergibt sich ein ausgeglicheneres Bild (14,1% vs. 12,5 %), vgl. Tabelle 7. Die zah-
lenmäßig größere Konzentration auf innerhalb der bloßen NPs ist hier
somit wohl der geringeren Datenmenge und ihrer thematischen Beschränkung
(Schilderung eines Verkehrsunfalls) geschuldet.
Wie in den KiDKo-Daten sind auch keine Nachfragen belegt, die darauf
hinweisen, dass der Verzicht auf eine overte Präposition zu Verständnisproble-
men führen würde. Bloße NPs benötigen dabei auch keine besondere textuelle
Einführung: Sämtliche bloßen NPs in diesen Belegen (d.h. insgesamt 22) er-
scheinen „out of the blue“, d.h. als Ersterwähnung ohne referentielle Anbin-
dung an Lokalangaben mit overten Präpositionen im vorhergehenden Text.
DE GRUYTER MOUTON202 Heike Wiese und Maria Pohle
Tabelle 6: Lokalisierungsdomänen für kanonische und nichtkanonische Lokalangaben.
Kanonische Lokalangaben Nichtkanonische Lokalangaben
PP[DP] PP[NP] bloße NPs
topologisch projektiv topologisch projektiv topologisch projektiv
n%n%n%n%n%%
, , , , , –
, , , – , –
, , ––––
source , , –
Summe
Tabelle 7: Anteile kanonischer und nichtkanonischer Lokalangaben an und .
Kanonische Lokalangaben Nichtkanonische Lokalangaben gesamt
PP[DP] PP[NP] bloße NP
topologisch projektiv topologisch projektiv topologisch projektiv
(, %) (, %) (,%) (, %) (,%) – (%)
(,%) ( %) (, %) – (,%) – (%)
DE GRUYTER MOUTON „Ich geh Kino“ oder „… ins Kino“203
.. Verteilung über formelle und informelle Bedingungen
Wie die Beispiele oben bereits andeuteten, finden sich nichtkanonische Reali-
sierungen in erster Linie in der informell-mündlichen Bedingung, die den eben-
falls mündlichen und informellen (aber spontansprachlichen) Kommunikati-
onssituationen in KiDKo am nächsten ist, und außerdem in der informell
schriftlichen Bedingung, die als SMS-Sprachsituation zwar medial schriftlich,
aber als konzeptionell mündlich charakterisiert ist.
Ein quantitativer Vergleich zwischen den vier Bedingungen zeigt, dass die-
se Vorrangstellung der beiden informellen Bedingungen für den Gebrauch blo-
ßer lokaler NPs systematisch ist: 95,5% (21 aus 22) aller bloßen lokalen NPs
wurden in den Bedingungen IM (informell-mündlich) und IS (informell-schrift-
lich) gebraucht, also im Telefongespräch oder SMS-Austausch mit Freund/inn/
en. Bei PP[NP]-Realisierungen findet sich ebenfalls ein ausgeprägter – wenn
auch nicht ganz so drastischer – Unterschied; sie treten mehr als doppelt so
häufig in informellen wie formellen Bedingungen auf (25 vs. 13). Zusammenge-
nommen findet sich damit ein Anteil von 76,7% (46 aus 60) der nichtkanoni-
schen Lokalangaben in den informellen Bedingungen. Abbildung 2 stellt die
Auftretenshäufigkeiten zusammen (Sterne zeigen Unterschiede an, die im
Chi-Quadrat-Test signifikant sind; eine genauere statistische Auswertung folgt
unten).
Dabei findet sich auch in den informellen Bedingungen kein kategorischer
Gebrauch, d.h. nichtkanonische bloße NPs und PP[NP] werden nicht statt, son-
dern neben standardnahen Konstruktionen gebraucht: Kanonische volle PP[DP]
machen jeweils noch 43,8% und 42,9 % der Lokalangaben in den informellen
Bedingungen IS und IM aus.
Abbildung 2: Auftretenshäufigkeiten nichtkanonischer Lokalangaben in informellen vs.
formellen Bedingungen, in Prozentangaben.
DE GRUYTER MOUTON204 Heike Wiese und Maria Pohle
Abbildung 3: Prozentuale Anteile der verschiedenen Typen von Lokalangaben in den
einzelnen Bedingungen.
In den beiden formellen Bedingungen verwenden dieselben Sprecher/innen für
über 85% der Lokalangaben kanonische volle PPs mit DP-Komplement; dabei
zeigt sich, wie zu erwarten, ein etwas höherer Anteil in der schriftlichen Bedin-
gung (91,8%) als in der mündlichen (85 %). Bloße NPs treten hier praktisch
nicht auf: Nur 1,7% der Lokalangaben im Gespräch mit der Polizei (FM) und
keine der Lokalangaben im schriftlichen Polizeibericht (FS) sind als bloße NPs
realisiert.
Abbildung 3 fasst die Verteilungen auf die verschiedenen Bedingungen zu-
sammen.
Diese Art der Verteilung weist auf eine situationsspezifische Wahl der nicht-
kanonischen Realisierungen hin und damit auf den gezielten Einsatz unter-
schiedlicher Register in formellen vs. informellen Sprachsituationen. (35) bis
(37) illustrieren diese Registerdifferenzierung mit Minimalpaaren für Lokalan-
gaben jeweils derselben Sprecher/innen in unterschiedlichen Bedingungen:
(35) a. ich bin grad HERmannplatz (MuA18WT [IM])
b. Hermannplatz ist ein Auto gegen
eine Frau gefahren (MuA18WT [ IS])
c. ich stand an der kreuzung am HERmannplatz (MuA18WT [FM])
d. Eine Frau […] wurde am Hermannplatz
von einem Auto angefahren (MuA18WT [FS])
(36) a. ich bin hier grad kasTAnienallee (MuH61MS [IM])
b. auf der kasTAnienallee wurde (-)
eine telefonierende RADfahrerin (-) angefahren (MuH61MS [FM])
DE GRUYTER MOUTON „Ich geh Kino“ oder „… ins Kino“205
(37) a. ich war grade kasTAnienallee (MuH53WD [IM])
b. ich stand an der AMpel an der kasTAnienallee (MuH53WD [FM])
Die Verwendung nichtkanonischer vs. kanonischer Lokalangaben kann somit
zur Unterscheidung informeller Kommunikation in Peer-Group-Situationen von
formellerer Kommunikation mit externen Gesprächspartner/inne/n dienen. Die-
se Ergebnisse treffen gleichermaßen auf beide Erhebungen (A-Erhebung und
H-Erhebung) zu: Die nichtkanonischen Lokalangaben kamen in beiden Teilkor-
pora, d.h. unabhängig von einem bestimmten Schultyp und dem Niveau des
Deutschunterrichts, überwiegend in den informellen Bedingungen vor. In den
Daten aus der A-Erhebung treten 81,8% aller nichtkanonischen Lokalangaben
in informellen Bedingungen auf, in denen aus der H-Erhebung sind es 73,7%.
Abbildung 4 veranschaulicht die Verwendung nichtkanonischer Lokalangaben
in den beiden Erhebungen.
Die statistische Auswertung bestätigt die Relevanz der Variablen „infor-
mell“ vs. „formell“ für die Auftretenshäufigkeit nichtkanonischer Lokalanga-
ben. Wir berechneten zur Auswertung zunächst eine lineare Regression, um
den Einfluss dieser Variablen auf das Auftreten nichtkanonischer Lokalanga-
ben gegenüber anderen im Rahmen der Studie erhobenen Variablen einzu-
schätzen. Hierfür berücksichtigten wir neben der Einflussvariablen „informell“
(vs. „formell“) als weitere registerbezogene Variable „mündlich“ (vs. „schrift-
lich“)
35
sowie die sprecherbezogenen Variablen „Alter“, „Geschlecht“ und „Fa-
Abbildung 4: Situationsspezifische Verwendung nichtkanonischer Lokalangaben in den vier
Bedingungen für die beiden Erhebungen, in Prozentangaben.
35 Wechselwirkungen zwischen Einflussvariablen „Register“ (informell vs. formell) und
„Modalität“ (schriftlich vs. mündlich) sind designbedingt ausgeschlossen (die Variablen sind
kreuzklassifiziert, vgl. Punkt 4.1); es liegt keine Multikollinearität vor.
DE GRUYTER MOUTON206 Heike Wiese und Maria Pohle
milien-/Herkunftssprache“ (differenziert nach Deutsch, Türkisch, Arabisch,
Bosnisch/Serbisch, Kurdisch und Albanisch) und „Schule“ (= A- vs. H-Erhe-
bung). Tabelle 8 zeigt die Ergebnisse an („FHS“ steht für Familien-/Herkunfts-
sprache):
Tabelle 8: Koeffizienten der linearen Regression; abhängige Variable: Auftretenshäufigkeit
nichtkanonischer Lokalangaben.
Terme im Modell Koeffizient Standardfehler tSignifikanz
konstanter Term , , , ,
informell , , , ,
mündlich , , , ,
Schule −, , −, ,
Alter −, , , ,
Geschlecht −, , , ,
FHS Türkisch , , , ,
FHS Albanisch , , , ,
FHS Deutsch , , , ,
HS Arabisch , , , ,
HS Bosnisch/Serbisch , , , ,
HS Kurdisch ,
Wie die Tabelle deutlich macht, ist für die Auftretenshäufigkeit nichtkanoni-
scher Lokalangaben der Einfluss der Variablen „informell“ hoch signifikant (t=
5,077; p< 0,00), die Einflussvariablen „Alter“, „Geschlecht“, „Herkunftsspra-
chen“ und „Schule“ spielen dagegen keine signifikante Rolle. Für die Einfluss-
variable „mündlich“ ist eine Tendenz zu erkennen, allerdings wird auch hier
das Signifikanzniveau verfehlt (t= 1,370; p= 0,174): Mündlichkeit begünstigt
das Auftreten nichtkanonischer Lokalangaben möglicherweise noch weiter, der
Effekt ist im Verhältnis zur Stichprobengröße allerdings nicht stark genug, um
hinreichend gegen den Zufall abgesichert zu sein. Diese Tendenz ist somit in
weiteren, umfangreicheren Studien noch weiter zu prüfen.
Um den Einfluss von sprecherbezogenen Variablen zu prüfen, die nicht im
Rahmen der Erhebung berücksichtigt werden konnten (z.B. individuelle Fakto-
ren wie idiosynkratische Merkmale des Sprachstils oder persönliche Wahrneh-
mung der experimentellen Situation), schätzten wir ergänzend zur linearen Re-
gression ein generalisiertes gemischtes lineares Modell (GLMM). Wir führten
dabei neben zwei festen registerbezogenen Variablen „formell“ und „münd-
lich“ eine sprecherbezogene einzelfaktorübergreifende Zufallsvariable „Spre-
cher/in“ ein. In Bezug auf feste Variablen wurde das Ergebnis der linearen
DE GRUYTER MOUTON „Ich geh Kino“ oder „… ins Kino“207
Regression bestätigt: Die Variable „informell“ blieb im Ergebnis konstant hoch
signifikant (t= 5,170; p< ,000), der Einfluss der Variablen „mündlich“ (t=
1,398; p= 0,174) ließ sich weiterhin als tendenziell begünstigend bezeichnen,
erreichte jedoch nicht die notwendige Signifikanzschwelle. Die Zufallsvariable
„Sprecher/in“ (d.h. sämtliche sprecherbezogenen Faktoren) zeigte keinen Ein-
fluss auf die Verteilung der Residuen (der geschätzte Residualeffekt der Zufalls-
variablen betrug 0,000). Der informelle Charakter der Kommunikationssituati-
on spielt somit eine entscheidende Rolle für das Auftreten nichtkanonischer
Lokalangaben, und dies unabhängig vom Alter oder Geschlecht der Sprecher/
innen, von ihren Familien-/Herkunftssprachen (einschließlich Deutsch) und
von sämtlichen weiteren sprecherbezogenen Faktoren: Sprecher/innen nutzen
nichtkanonische Lokalangaben typischerweise in informellen Registern, wäh-
rend sie in formellen Registern kanonische volle PPs verwenden, und dass da-
bei personenbezogene Variablen keine statistisch messbare Rolle spielen, er-
härtet die Annahme, dass es sich um eine selektive, gezielte Wahl und kein
festes sprachliches Charakteristikum bestimmter Sprecher/innen oder Spre-
chergruppen handelt.
Zusammengefasst stützen die Ergebnisse der Elizitationsstudie damit die
Befunde zur Systematizität und Regelgebundenheit bloßer lokaler NPs aus dem
KiezDeutsch-Korpus und integrieren sie in ein größeres Bild differenzierter
sprachlicher Register. Nichtkanonische bloße lokale NPs folgen den im KiDKo
aufgefundenen grammatischen und konzeptuellen Mustern spontansprachli-
cher Daten, und sie treten dabei unabhängig vom Sprecherhintergrund weitaus
häufiger in informellen Peer-Group-Situationen auf als in formellen Kontexten,
sowohl in medial mündlichen als auch schriftlichen Domänen, ihre Verwen-
dung erfolgt systematisch registerspezifisch und weist damit auf eine situati-
onsspezifische, kontextuell angemessene Wahl durch die Sprecher/innen.
Fazit
Die vorliegende Untersuchung analysierte Gebrauchsrestriktionen nichtkanoni-
scher Lokalangaben wie in „Ich geh Kino“ und konzentrierte sich dabei auf
den Sprachgebrauch jugendlicher Sprecher/innen im mehrsprachigen urbanen
Kontext, wie er für Kiezdeutsch charakteristisch ist. Kiezdeutsch ist eine Varie-
tät, für die solche Konstruktionen salient beschrieben wurden, es fehlen aber
bislang größere quantitative Studien zum Status der Konstruktion auf Ebenen
von Sprachsystem und Sprecherrepertoire. Als Basis diente zum einen eine Kor-
pusstudie spontansprachlicher Daten aus informellen Peer-Group-Gesprächen
DE GRUYTER MOUTON208 Heike Wiese und Maria Pohle
(KiDKo), zum anderen eine Elizitationsstudie, die daneben auch weitere Kon-
texte einbezog, indem sie unter kontrollierten Bedingungen vergleichbare Pro-
duktionen in informellen und formellen, medial mündlichen und schriftlichen
Sprachsituationen erhob.
Die Ergebnisse weisen auf systematische Muster in der Verteilung nichtka-
nonischer Varianten auf mehreren Ebenen. Generell werden diese nicht statt,
sondern neben kanonischen Lokalangaben der Form PP[DP] verwendet – über
alle Untersuchungsdomänen hinweg zeigte sich eine Dominanz kanonischer
Lokalangaben –, und sie finden sich im Sprachgebrauch mehrsprachiger Spre-
cher/innen unterschiedlicher Familien-/Hintergrundsprachen ebenso wie ein-
sprachig deutscher Sprecher/inne/n. Der Vergleich der Teilkorpora KiDKo/Mu
und KiDKo/Mo zeigte einen quantitativen Vorteil der stärker mehrsprachigen
(aber auch einsprachig deutsche Sprecher/innen umfassenden) Sprecherge-
meinschaft (Mu) gegenüber der stärker monoethnischen, einsprachig deut-
schen Sprechergemeinschaft (Mo). Die Verwendung nichtkanonischer Lokalan-
gaben folgte dabei aber in beiden Fällen denselben Mustern, was auf eine
gemeinsame Entwicklung hinweist, die im mehrsprachigen Kontext möglicher-
weise schon etwas weiter ausgebaut ist.
Die Korpusanalyse belegte dabei folgende Charakteristika: Das Ausbleiben
der Präposition ist auf lexikalische Präpositionen beschränkt, wobei die lokale
Domäne dominant ist, gefolgt von der temporalen. Nichtkanonische Lokalanga-
ben treten dabei zum Ausdruck topologischer Raumkonzepte und mit den Rol-
len oder auf, damit einhergehend sind sie syntaktisch oft Ergän-
zung der Verben gehen oder sein. Der Entfall einer Präposition folgt dem
generellen Muster „∅Präp > ∅Det“, d.h. neben nichtkanonischen bloßen NPs
finden sich häufig auch nichtkanonische PP[NP]-Konstruktionen, dagegen nur
in Einzelfällen bloße DPs. Dieses Verwendungsmuster wurde von den Daten
aus der Elizitationsstudie bestätigt. Zusammengenommen weist dies auf eine
selektive Wahl aus einem breiteren Repertoire, in dem die kanonische Variante
dominant ist und nichtkanonische Lokalangaben systematischen Einschrän-
kungen unterworfen sind.
Die Elizitationsstudie zeigte dann, dass sich diese Selektivität auch auf ei-
ner höheren Ebene findet, nämlich in Form von Registerdifferenzierung, d.h.
der situativen Beschränkung nichtkanonischer Lokalangaben: Nichtkanonische
Lokalangaben werden nicht unspezifisch über Situationen hinweg verwendet,
sondern sind wesentlich mit informellen Kommunikationskontexten assoziiert.
Dies ist besonders ausgeprägt bei den bloßen NPs, die in unseren Daten fast
ausschließlich (bis auf einen Fall) in den informellen Bedingungen gebraucht
werden; es gilt aber auch für nichtkanonische PP[NP], die immerhin noch mehr
als doppelt so häufig in informellen wie in formellen Registern auftreten. Infor-
DE GRUYTER MOUTON „Ich geh Kino“ oder „… ins Kino“209
melle Situationen sind damit weitaus stärker durch nichtkanonische Lokalan-
gaben geprägt als formelle.
Die Auszeichnung einer Kommunikationssituation als „informell“ (vs. „for-
mell“) erwies sich in der linearen Regression als hoch signifikanter Einflussfak-
tor für die Auftretenshäufigkeit nichtkanonischer Lokalangaben, und dies un-
abhängig von Altersunterschieden zwischen den Sprecher/inne/n, ihrem
Geschlecht, ihren unterschiedlichen Familien-/Herkunftssprachen und den bei-
den untersuchten Berliner Schulklassen (10. Klasse einer Integrierten Sekun-
darschule in Kreuzberg vs. 12. Klasse/Deutsch-Leistungskurs eines Neuköllner
Gymnasiums). Die Auswertung anhand GLMM hat darüber hinaus gezeigt, dass
auch weitere sprecherbezogene Faktoren als Erklärung unwahrscheinlich sind.
Nichtkanonische Lokalangaben werden präferiert für informelle Register ge-
wählt, während in formellen Register standardnähere Varianten verwendet
werden, und dieses Muster wird innerhalb der Sprechergemeinschaft Jugendli-
cher in mehrsprachigen Wohngebieten übergreifend verwendet und lässt sich
nicht auf idiosynkratische Sprechgewohnheiten verkürzen oder auf Sozialvari-
ablen wie Alter, Geschlecht oder Herkunftssprache zurückführen.
Konstruktionen wie „Ich geh Kino“ sind vor diesem Hintergrund nicht Aus-
druck mangelnder Kompetenzen, etwa im Standarddeutschen, sondern können
gezielt eingesetzt werden, um informelle Peer-Group-Kontexte zu markieren.
Während die vorgefundenen grammatischen Muster die Annahme einer eige-
nen Dialektgrammatik für Kiezdeutsch weiter stützen und damit aus der Per-
spektive des Sprachsystems seinen Status als Varietät beleuchten, belegt die
selektive Wahl dieser grammatischen Optionen die systematische Situationsge-
bundenheit dieser Varietät und stützt damit aus der Perspektive des Sprecher-
verhaltens die Annahme eines sprachlichen Registers. Zusammengenommen
weisen die hier aufgefundenen Gebrauchsrestriktionen für nichtkanonische Lo-
kalangaben diese somit als Teil eines sprachlichen Repertoires aus, aus dem
Sprecher/innen situationsspezifisch und grammatisch regelgeleitet auswählen.
Wie auch andere für Kiezdeutsch belegte Muster ordnen sie sich damit systema-
tisch in die sprachlichen Ressourcen des informellen, konzeptionell mündli-
chen Deutschen ein.
Danksagung: Die Forschung, deren Ergebnisse in diesen Artikel eingingen,
wurde ermöglicht durch die DFG-Förderung des Sonderforschungsbereichs 632
„Informationsstruktur“ (Universität Potsdam, Humboldt-Universität zu Berlin,
Freie Universität Berlin), Teilprojekt B6 „Kiezdeutsch“ (Leitung: H. Wiese). Wir
danken einer Reihe von Kolleg/inn/en für Diskussionen und hilfreiche Hinwei-
se zu den hier vorgestellen Studien: Pia Quist, Paul Kerswill, Hans G. Müller,
Ines Rehbein, Jenny Cheshire, Kari Fraurud, Inken Keim und Leonie Cornips.
DE GRUYTER MOUTON210 Heike Wiese und Maria Pohle
Ein weiterer Dank geht an Teilnehmer/innen von Konferenzen und Workshops,
auf denen unterschiedliche Teilergebnisse vorgestellt wurden, insbesondere
FGLS 2014, Urban fragmentation(s): Borders and identity III, ICLaVE 2015 und
das Amsterdam Academy Colloquium „Language variation in action“ 2016. Für
konstruktive und hilfreiche Hinweise zu einer früheren Fassung dieses Beitrags
danken wir zwei anonymen Gutachter/inne/n und den Herausgeber/inne/n der
ZS. Für ihre Hilfe bei der Durchführung der verschiedenen Studien danken wir
Inès Lamari, Oliver Bunk, Stella Krüger, Julia Reinhardt und Conny Brandtner
(Universität Potsdam). Ein besonderer Dank geht an die Schülerinnen und
Schüler der beteiligten Berliner Schulen und ihre Lehrerinnen, die uns mit gro-
ßem Engagement bei den verschiedenen Datenerhebungen unterstützt haben.
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Anhang
Tabelle A: Ankersprecher/innen in KiDKo.
Sprechersigle Teilkorpus Alter Geschlecht Familien-/Herkunftssprache
MuHWD KiDKo/Mu weiblich Deutsch
MuHWT KiDKo/Mu weiblich Türkisch
MuHWT KiDKo/Mu weiblich Türkisch
MuPWK KiDKo/Mu weiblich Kurdisch
MuHWT KiDKo/Mu weiblich Türkisch
MuHMD KiDKo/Mu männlich Deutsch
MuHMD KiDKo/Mu männlich Deutsch
MuHMT KiDKo/Mu männlich Türkisch
MuHMA KiDKo/Mu männlich Arabisch
MuHWT KiDKo/Mu weiblich Türkisch
MuHMT KiDKo/Mu männlich Türkisch
MuHMT KiDKo/Mu männlich Türkisch
DE GRUYTER MOUTON216 Heike Wiese und Maria Pohle
Tabelle A: Fortsetzung
Sprechersigle Teilkorpus Alter Geschlecht Familien-/Herkunftssprache
MuHMA KiDKo/Mu männlich Arabisch
MuHWT KiDKo/Mu weiblich Türkisch
MuHMK KiDKo/Mu männlich Kurdisch
MuPMK KiDKo/Mu männlich Kurdisch
MuPMD KiDKo/Mu männlich Deutsch
MoMD KiDKo/Mu männlich Deutsch
MoMD KiDKo/Mo männlich Deutsch
MoWD KiDKo/Mo weiblich Deutsch
MoMD KiDKo/Mo männlich Deutsch
MoMD KiDKo/Mo männlich Deutsch
MoMD KiDKo/Mo männlich Deutsch
Tabelle B: Sprecher/innen der Fokusgruppe für die Untersuchung bloßer lokaler NPs
in der Elizitationsstudie.
Sprechersigle Erhebung Alter Geschlecht Familien-/Herkunftssprache
MuAMC A männlich Albanisch
MuAWT A weiblich Türkisch
MuAWT A weiblich Türkisch
MuAMT A männlich Türkisch
MuAWT A weiblich Türkisch
MuAWT A weiblich Türkisch
MuAMD A männlich Deutsch
MuAWA A weiblich Arabisch
MuAMT A männlich Türkisch
MuHWT H weiblich Türkisch
MuHWT H weiblich Türkisch
MuHWA H weiblich Arabisch
MuHWD H weiblich Deutsch
MuHMA H männlich Arabisch
MuHWT H weiblich Türkisch
MuHWT H weiblich Türkisch
MuHWB H weiblich Bosnisch
MuHMS H männlich Serbisch
MuHMT H männlich Türkisch
MuHMT H männlich Türkisch
MuHWK H weiblich Kurdisch
MuHWA H weiblich Arabisch
MuHWT H weiblich Türkisch
MuHMK H männlich Kurdisch
MuHMT H männlich Türkisch
MuHMA H männlich Arabisch
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