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Museum 4.0 - Museumsmatrix. Museum MINT und Marken (Aufsatzfassung - UNGEKÜRZT

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Abstract

ABSTRACT: Abstract Hinterbandkontrolle Museen haben sich seit ihrer Entstehung stets entlang der sozialen und ökonomischen Rahmenbedingungen als einen Art Hinterbandkontrolle der gesellschaftlichen Phänomenologie entwickelt. War die Institution Museum noch im 19. Jahrhundert ein Nischenprodukt für eine kennerschaftlich orientierte Zielgruppe, so ist das Museum in den vergangenen 40 Jahren zu einem Massenmedium geworden. Bedeutungsbeschleuniger Die hohe symbolische und auch politische Kraft des Museums als Bedeutungsbeschleuniger hat dazu geführt, dass das Vokabular, die Grammatik und die Szenographie der Museologie zwischenzeitlich auch von anderen Trägern – vom Sammlermuseum, Science Centern, Corporate Museums und Flag Ship Stores – für die Erreichung von zum Teil völlig anderen Zielvorstellungen (= Imagebildung, Umsatzoptimierung, Markenentwicklung etc.) eingesetzt wird. Dies geschah bisweilen ohne einen nennenswerten oder gar nachhaltigen Kickback auf die angestammte Museumscommunity. museologisches Engeneering Es scheint ein Blick über den eigenen kulturwissenschaftlich-museologischen Tellerrand hinweg durchaus ratsam und hilfreich. Dies einerseits mit dem Ziel einer eigenen Standortbestimmung und andererseits, um zu erkennen, an welchen Stellschrauben ein modernes museologisches Engineering einsetzen kann, um die nächsten anstehenden Schritte einer konzeptionellen Fortentwicklung des Museums erfolgreich zu meistern und damit die Zukunftsfähigkeit dieser aus der Geschichte heraus zunächst historisch orientierten Institution zu gewährleisten. „Third Place“ Im immerwährenden Wettbewerb um öffentliche Ressourcen geht es darum, in der Debatte die eigenen Profile und Fähigkeiten als systemrelevant, nützlich und damit förderungswürdig unter Beweis stellen zu können. Nur auf diese Weise wird sich die Institution Museum als Einrichtung mit wachsender gesellschaftlicher Relevanz (Nina Simon)und einem wirklichen Mehrwert im Sinne eines „Third Place“ (Ray Oldenburg) entwickeln können. Museumsmatrix Um für eine solche Entwicklung Parameter zu entwickeln, wird im Vortrag das Konzept für eine Museumsmatrix entworfen und zugleich dafür plädiert, den ICOM Code of Ethics radikal aus der Besucherperspektive heraus zu betrachten.
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Museum 4.0
Die Museumsmatrix
1
- Museum, MINT und Marke.
Dr. Matthias Henkel
Freie Universität Berlin, Zentrum für Audience Development
www.embassy-of-culture.com
Vortrag gehalten auf der Jahrestagung von ICOM-Deutschland
im Deutschen Technikmuseum Berlin (7. Oktober 2016)
1. Einleitung
DAS MUSEUM ALS HINTERBANDKONTROLLE
Museen haben sich seit ihrer Entstehung stets entlang der
sozialen und ökonomischen Rahmenbedingungen als Hinterband-
kontrolle der gesellschaftlichen Phänomenologie entwickelt.
War die Institution Museum im 19. Jahrhundert eher ein
Nischenprodukt für eine kennerschaftlich orientierte Ziel-
gruppe, so hat sich das Museum in den vergangenen Jahrzehnten
zu einem regelrechten Massenmedium der Freizeitindustrie ent-
wickelt. Die Diversifizierung hat auch vor dem Museumswesen
nicht halt gemacht. Inzwischen existiert eine bisweilen un-
übersichtliche Vielfalt und Vielzahl von Spezialmuseen.
DAS MUSEUM ALS BEDEUTUNGSBESCHLEUNIGER
Die symbolische Kraft des Museums als Bedeutungsbeschleuniger
hat dazu geführt, dass das Vokabular, die Grammatik und die
Szenographie der öffentlichen Museen auch von anderen Insti-
tutionen von Sammlermuseen, Science Centern, Corporate
Museums und Flag Ship Stores für die Erreichung von zum Teil
völlig anderen Zielsetzungen (Imagebildung, Umsatzoptimierung,
Markenentwicklung) eingesetzt wird. Dies geschieht mitunter
höchst professionell und effizient und bisweilen ohne einen
nachhaltigen Kick-Back auf die angestammte Museumscommunity.
In diesem Beitrag geht es nicht um die Dokumentation von
Museumsentwicklungsgeschichte sondern um die Arbeit am strate-
gischen Bewusstsein für die Zukunft des Museums als einer ge-
sellschaftlich relevanten und produktiven Institution.
DAS MUSEUM ALS MASSENMEDIUM
Karl Marx wird mit dem Ausspruch Es ist nicht das Bewusstsein
der Menschen, das ihr Sein, sondern umgekehrt ihr gesell-
schaftliches Sein, das ihr Bewusstsein bestimmt
2
zitiert. Im
Zeitalter fluider Mediengesellschaften und der identitäts-
1
Die Wortpatenschaft für den Begriff Museumsmatrix wurde vom Verfasser auf der Website
www.wortpatenschaft.de des Vereins Deutsche Sprache e.V. angemeldet.
2
http://www.mlwerkede/me/me13/me13_007.htm
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basierten, erlebnisorientierten Markenführung dürfen wir davon
ausgehen, dass die öffentliche Wahrnehmung das Bewusstsein der
Institution Museum bestimmt.
3
Komplex wird die Sachlage, weil
wir bei der Betrachtung dieses Feldes zwischen Selbstwahr-
nehmung und Fremdwahrnehmung zu unterscheiden haben.
4
Marken Institutionen, Produkte, Dienstleistungen, Personen
etc. werden nach aktuellem Verständnis im Marketing als Mar-
ken-Persönlichkeiten betrachtet, analysiert und strategisch
entwickelt.
5
Eine Analyse der Wirkkraft von Museen kommt daher
einer Medienwirkungsanalyse gleich. Dazu werden die Felder
Museum, MINT und Marke in einem dialektischen Dreieck mit-
einander in Beziehung gesetzt.
MUSEUM MINT - MARKE
6
Zur ICOM-Jahrestagung 2016 sind wir versammelt im
Deutschen Technikmuseum Berlin (SDTB). Einem vergleichs-
weise jungen Museum (gegründet 1983); zugleich aber einem
klassischen Museumsort. Das SPECTRUM das erste Science
Center in Deutschland gehört ebenfalls zum Verbund der
SDTB.
7
In der Nähe des Berliner Hauptbahnhofes entsteht derzeit
ein Haus, dass sich (unter anderem auch) mit museol-
ogischen Mitteln ganz der Zukunft verschreiben soll: das
Futurium
8
.
Seit 2009 residiert am Potsdamer Platz das ottobock
science center, eine bemerkenswerte Mischung aus einer
wirkungsvollen Unternehmensrepräsentanz, einem Showroom
und einem Science Center.
9
Damit sind die im Titel aufgeführten Schlagworte zumindest
exemplarisch institutionell verortet.
MUSEOLOGISCHES ENGINEERING
3
Vgl. Henkel, Matthias: Museen als Stoff der Massenmedien. In: Markus Walz (Hg.): Handbuch
Museum. Geschichte Aufgaben Perspektiven. J.B. Metzler-Verlag. Stuttgart, 2016, 305-307.
4
Vgl. dazu mit Bezug auf das Körperkonzept:
http://www.mbechstein.de/reader_pm/theorie_themen/06_koerperkonzept.pdf
5
„Die Markenpersönlichkeit kennzeichnet die Gesamtheit menschlicher Eigenschaften, die mit
einer Marke verbunden werden. Aufgrund der Erfahrungen mit einer Marke und den durch
Kommunikation initiierten Lernprozessen verbinden Konsumenten mit einer Vielzahl von Marken
Persönlichkeitseigenschaften. Diese umfassen demographische Merkmale wie Geschlecht, Alter
oder Klassenzugehörigkeit sowie klassische Persönlichkeitszüge wie Intelligenz oder
Aufrichtigkeit.“ http://www.esch-brand.com/glossar/markenpersoenlichkeit/
6
Zu Gunsten des Tautogramms wird MINT in diesem Zusammenhang synonym für Science Center (SC)
genutzt. „Der Ausdruck „MINT“ ist ein Initialwort, das aus den betreffenden Fachbereichen
Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik gebildet wurde. Der Sektor MINT
beschreibt den zentralen wirtschaftlichen Innovationssektor, wobei zu den klassischen
Bereichen Naturwissenschaft und Technik durch das digitale Zeitalter auch die
Strukturwissenschaften hinzugetreten sind, nicht nur als Grundlagenforschung, sondern konkrete
angewandte Wissenschaft und Forschung.“ https://de.wikipedia.org/wiki/MINT-F%C3%A4cher MARKE
wird in diesem Zusammenhang synonym für Corporate Museums (CM) genutzt.
7
http://www.sdtb.de/Spectrum.4.0.html
8
https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/2016/07/2016-07-04-futurium-haus-der-
zukunft-in-berlin-feiert-richtfest-und-hat-neuen-namen.html
9
Vgl. http://www.ottobock.com/de/science-center/
Matthias Henkel www.embassy-of-culture.com Seite 3 von 10
Ein Blick auf die Schnittstelle zwischen MUSEUM, MINT und
MARKE erscheint aus zwei Gründen ausgesprochen spannend:
Einerseits mit dem Ziel einer Standortbestimmung und anderer-
seits zur Gewinnung von Erkenntnis, an welchen Stellschrauben
ein modernes museologisches Engineering einsetzen könnte, um
die anstehenden Schritte einer konzeptionellen Fortentwicklung
des Museums erfolgreich zu gestalten. Schließlich geht es um
die Zukunftsfähigkeit dieser historisch orientierten Ein-
richtungen. Mit einem solchen Ansatz verlassen wir das schön-
geistig-ästhetische Feld und stehen im Begriff, in aktuelle
gesellschaftliche Diskurse aktiv und damit politisch einzu-
greifen.
Ein solcher Ansatz erscheint auf den ersten Blick revolutio-
när, finden jedoch seine fachgeschichtlichen Wurzeln bereits
in den „Falkensteiner Protokollen“ aus dem Jahr 1971: Volks-
kunde [Ergänzung M.H.: immerhin eines der museumswissenschaft-
lichen Kernfächer] analysiert die Vermittlung (die sie be-
dingenden Ursachen und die sie begleitenden Prozesse) von
kulturalen Werten und Objektivationen (Güter und Normen) und
Subjektivationen (Attributen und Meinungen). Ziel ist es, an
der Lösung sozio-kultureller Probleme mitzuwirken“
10
.
Erkenntnisleitend wird dieser Horizont der Betrachtung durch
die Konzepte von Ray Oldenburg und Nina Simon erweitert.
11
2. Role Models
Durch den im Folgenden vorgenommenen Vergleich zwischen den
drei Sektoren soll im Sinne eines museologischen Engineerings
das Instrumentarium für eine strategische Ausrichtung des
Museums erarbeitet werden.
2.1 Museum
Abhandlungen über die Geschichte der Museen sind zahlreich er-
schienen.
12
In ihrem Selbstverständnis beziehen sich die Museen
auf den ICOM Code of Ethics, der in der Regel mit Sammeln, Be-
wahren, Erforschen, Präsentieren und Vermitteln verbalisiert
wird.
13
Darüber hinaus hat das Museum im Verlauf seiner
10
Zitiert nach: Kaschuba, Wolfgang: Einführung in die Europäische Ethnologie. 4. Aktualisierte
Auflage. C.H. Beck Verlag, München, 11999, 22003,32006, 42012, 93. Falkensteiner Protokolle,
bearbeitet und herausgegeben von Wolfgang Brückner, Frankfurt am Main 1971. Erfrischend zum
Thema der Relevanz äußerte sich im September 2016 auch Udo Kittelmann in einem Interview mit
dem Tagesspiegel: http://www.tagesspiegel.de/kultur/nationalgalerie-chef-udo-kittelmann-im-
gespraech-wir-muessen-uns-einmischen/14535452.html
11
Oldenburg, Ray: The great good Place. Cafés, Coffee Shops, Bookstores, Bars, Hair Salons and
other hangouts at the Heart of a Community. Marlowe & Company. New York 1999. Simon, Nina: The
Art of Relevance. Published by Museum 2.0. Santa Cruz 2016.
12
Walz, Markus (Hg.): Handbuch Museum. Geschichte Aufgabe Perspektive. J.B. Metzler
Verlag. Stuttgart 2016. Sowie: Bernhard Graf und Volker Rodekamp (Hg.): Museen zwischen
Qualität und Relevanz. Denkschrift zur Lage der Museen. (Berliner Schriften zur
Museumsforschung, 30). Staatliche Museen zu Berlin Stiftung Preußischer Kulturbesitz und G+H
Verlag. Berlin 2012.
13
„Ein Museum ist eine gemeinnützige, auf Dauer angelegte, der Öffentlichkeit zugängliche
Einrichtung im Dienste der Gesellschaft und ihrer Entwicklung, die zum Zwecke des Studiums,
der Bildung und des Erlebens materielle und immaterielle Zeugnisse von Menschen und ihrer
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institutionellen Entwicklung verschiedenste Etikettierungen
und Profilierungen erfahren: vom Musentempel zur Event-
location; vom White Cube zum polyperspektivischen Denkraum;
von der Identitätsfabrik zum außerschulischen Lernort um
hier nur einige zu benennen.
Über alle Wandlungen hinweg bilden bis heute originale (histo-
rische) Exponate das bedeutungsgeschichtlichen Grundstock-
vermögen des Museums.
14
In der Regel rekurriert der Wert eines
Museums auf die Qualität und Quantität seines Sammlungs-
bestandes. Zudem besteht zwischen den einzelnen Sparten
(Kunst, Kulturgeschichte, Archäologie, Natur, Technik etc.)
eine feingliedrige Abstufungen der symbolischen Wertschätzung.
Mitunter könnte man meinen, dass der alte Streit der
Gattungen, der paragone delle arti, noch immer ausgetragen
wird: Die Galerien Alter Meister verstehen sich intramuseal
als Premier League, wenngleich die Museen zeitgenössischer
Kunst in der Regel ein höheres Maß an medialer Aufmerksamkeit
genießen, was sich aber nicht unbedingt in gleicher Weise in
der Höhe der Besucherzahlen niederschlägt.
In jedem Falle ist der Arbeitsalltag der Museen bislang maß-
geblich durch die Produktion von Sonderausstellungen geprägt.
Demgegenüber geraten die Schausammlungen nicht nur zur Dauer-
ausstellung sondern auch ins Hintertreffen, was die Aus-
stattung und Fortschreibung ihrer Konzeption betrifft. Bezogen
auf den szenographischen Aufwand stehen die Kunstmuseen meist
dem White-Cube-Prinzip nahe, während die übrigen Museums-
sparten im Sonderausstellungsgeschäft mitunter einen erheb-
lichen szenographischen Aufwand betreiben, der nach dem Lauf-
zeitende zur Wegwerf-Leistung wird.
Die aktuell relevanten Trends der Digitalisierung, der Media-
lisierung, des Internets der Dinge stellen das Museum als
Bastion der Objektivationen vor neue Herausforderungen. Auch
die kultur- und bildungspolitischen Vorgaben zur Besucher-
zentrierung, Kultureller Bildung und Partizipation verlangen
nach institutioneller Transformation. Bereits 2009 sprachen
Neil MacGregor und Nicholas Serota davon, dass die Zukunft der
Museen im Internet liege
15
. Die Direktorin der Tate, Frances
Morris, geht in einem Interview noch weiter: „Wer weiß,
vielleicht ist die nächste Herausforderung der virtuelle Raum?
Dann brauchen wir gar keine Galerie mehr.
16
2.2 MINT
Seit der EXPO 1967, bei der Hugo Kükelhaus sein „Erfahrungs-
feld der Sinne“ installierte und mit dem richtungweisenden
Umwelt beschafft, bewahrt, erforscht, bekannt macht und ausstellt.“ http://www.icom-
deutschland.de/client/media/364/icom_ethische_richtlinien_d_2010.pdf, Seite 29.
14
Aufgrund sinkender oder gar fehlender Ankaufetats bei gleichzeitig steigenden Preisen im
Sammler- und Kunstmarkt können Museen heute mitunter dieser Kernaufgab desstrategischen
(Weiter)Sammeln kaum noch nachkommen.
15
https://www.theguardian.com/artanddesign/2009/jul/08/museums-future-lies-online
16
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/kunst/gespraech-mit-frances-morris-von-tate-london-
14280114.html?printPagedArticle=true#pageIndex_2
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Exploratorium Frank Oppenheimers in San Francisco (1969) haben
Science Center Konjunktur.
17
Diese Institutionen bedienen sich
des museologischen Vokabulars, sind aber weniger auf Schaulust
und Sinnlichkeit und dafür mehr auf Entdeckendes Lernen
fokussiert.
18
Science Center maßgeblich dazu beigetragen, dass
auch in angestammten Museen verstärkt Hands-on-Exponate Einzug
gehalten haben. Auch für die Hochkonjunktur der Themen
Besucheraktivierung und Partizipation sind Science Center als
antreibende Kraft zu identifizieren.
19
Meist werden für solche
Einrichtungen spektakuläre Neubauten errichtet, die zugleich
als innovative Landmarks fungieren und damit Bestandteil der
Markenbildungsstrategie sind.
20
Eine argumentativ treibende Kraft bei der Gründung von Science
Centers ist stets der beklagte Fachkräftemangel im Bereich der
MINT-Fächer.
21
Ob der Besuch eines Science Centers tatsächlich
dazu führt, einen entsprechenden einen mathematisch-techni-
schen Ausbildungsweg einzuschlagen, ist bislang jedoch nicht
empirisch belegt.
22
In jedem Falle sind die laufenden Kosten
für den Betrieb, die Reparatur der Hands-on-Exponate und für
die erlebnispädagogische Betreuung erheblich: Beispielsweise
hat das Exploratorium in San Francisco heute über 400 Mit-
arbeiter
23
, während das Germanische Nationalmuseums nur rund
200 Mitarbeiter beschäftigt
24
.
Ähnlich wie beim Deutschen Technikmuseum Berlin, bei dem das
SPECTRUM allerdings räumlich separiert ist, ist der Übergang
zwischen Technikmuseen und Science Centern als fließend anzu-
sehen.
25
17
Vgl. Hein, Hilde: Naturwissenschaft, Kunst und Wahrnehmung. Der neue Museumstyp aus San
Francisco. Klett-Cotta Oktagon, Stuttgart 1993 sowie Stelkens, Elisabeth: Auf den Spuren des
Erfahrungsfeldes zur Entfaltung der Sinne von Hugo Kükelhaus. Organismus und Technik e.V.
Arbeitskreis Hugo Kükelhaus, Essen 2007. Sowie: Gold, Helmut / Lüdtke, Hartwig: Technikmuseen.
In: Graf, Bernhard / Rodekamp, Rodekamp (Hg.): Museen zwischen Qualität und Relevanz.
Denkschrift zur Lage der Museen. (Berliner Schriften zur Museumsforschung, 30). Staatliche
Museen zu Berlin Stiftung Preußischer Kulturbesitz und G+H Verlag. Berlin 2012, 367-379.
18
Vgl. Hellberg-Rode, Gesine: Entdeckendes Lernen. In: Kaiser, Astrid / Pech, Detlef (Hg.):
Neuere Konzeptionen und Zielsetzungen im Sachunterricht. Basiswissen Sachunterricht Band 2.
Baltmannsweiler 2004, 99-104.
19
Vgl. Wöhler, Karlheinz: Erlebnisgesellschaft: Wertewandel, Konsumverhalten und -kultur. In:
Herbrand, N. O. (Hrsg.): Schauplätze dreidimensionaler Markeninszenierung: Innovative
Strategien und Erfolgsmodelle erlebnisorientierter Begegnungskommunikation; Brand Parks,
Museen, Flagship Stores, Messen, Events, Roadshows. Edition Neues Fachwissen, Stuttgart 2008,
3-12.
20
Beispiele hierfür sind das PHAENO in Wolfsburg (Entwurf der Architektin Zaha Hadid) oder das
Universum® in Bremen.
21
Renn, Ortwin / Duddeck, Heinz / Menzel, Randolf / Holtfrerich, Carl-Ludwig / Lucas, Klaus /
Fischer, Wolfram / Allmendinger, Jutta / Klocke, Fritz / Pfenning, Uwe: STELLUNGNAHMEN UND
EMPFEHLUNGEN ZUR MINT-BILDUNG IN DEUTSCHLAND AUF DER BASIS EINER EUROPÄISCHEN
VERGLEICHSSTUDIE Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften. Berlin 2012. Vgl.
http://www.mnu-berlin.de/Unterlagen/Stellungnahme_BBAW_MINT.pdf Sowie: http://elib.uni-
stuttgart.de/bitstream/11682/5570/1/AB022_Schulz_2011.pdf
22
Vgl. Hartmann, E. / Kussmann, M./ Scherweit, S.: Technik und Bildung in Deutschland.
Technikunterricht in den Lehrplänen allgemeinbildender Schulen. Eine Dokumentation und
Analyse. Zugleich VDI Report Nr. 38. Düsseldorf 2006. Sowie: Hiller, S. / Pfenning, U./ Renn,
O.: Ergebnisbericht zur wissenschaftlichen Evaluation des IdeenParks 2008. Universität
Stuttgart/ThyssenKrupp-AG Düsseldorf. Stuttgart, Düsseldorf 2008.
23
https://de.wikipedia.org/wiki/Exploratorium
24
http://www.gnm.de/museum/mitarbeiter-und-gremien/mitarbeiter-im-ueberblick/
25
Eine entsprechende Entwicklung lässt sich beim Landesmuseum für Technik und Arbeit in
Mannheim auch am Rebranding ablesen: Heute firmiert das Haus unter TECHNOSEUM.
http://www.technoseum.de/
Matthias Henkel www.embassy-of-culture.com Seite 6 von 10
2.3 MARKE
Anne Mikus beschrieb noch 1997 Firmenmuseen als „kaum be-
kannt.
26
Heute, im Zeitalter des identitätsbasierten und
emotionalen Erlebnismarketings greifen Wirtschaftsunternehmen
hingegen lebhaft auf das Instrumentarium des Museums zurück,
um ihre Produkte oder Dienstleistungen mit einem Kokon an Be-
deutung aufzuladen.
27
Dafür haben sich die einst angestammten
Firmenmuseen inzwischen zu veritabel ausgestatteten, repräsen-
tativ gebauten und agil auftretenden Corporate Museums ent-
wickelt.
28
Die institutionelle Spannweite reicht dabei vom auf-
wändigen Flag Shop Store, über Brand Center bis hin zur
(all)umfassenden Erlebniswelt.
29
Das Instrumentarium zur Anreicherung der Exponate mit Be-
deutung und Aufladung ihrer Aura wird in markenorientierten
Corporate Museums wirkungsstark eingesetzt: Die Geschichte des
jeweiligen Markenproduktes (und damit die Geschichte der Marke
selbst), wird so erzählt, dass eine emotionale Brand Story
entsteht. Innerhalb der Ausstellung wird eine Brücke zwischen
der Unternehmensgeschichte und der Gegenwart geschlagen.
Dadurch wird der Besucher animiert, sich stärker mit der Marke
selbst zu identifizieren schließlich kann er später im Shop
Produkte erwerben, die er eben noch im szenographisch kompo-
nierten Zusammenhang wahrgenommen hat. Integraler Bestandteil
solcher Strategien ist ein ausgeklügeltes Merchandising, das
für wirklich jeden Geldbeutel ein begehrbares Mitbringsel be-
reithält. Ebenso selbstverständlich wird auch eine Gastronomie
angeboten, um die Aufenthaltsdauer zu verlängern und die Auf-
enthaltsqualität zu steigern. Ein Corporate Museum wird auch
im Rahmen der kommunikativen Gesamtstrategie des Unternehmens
oder für Repräsentationszwecke aktiv eingesetzt Museum und
Marke zahlen gegenseitig auf den Markenkern ein.
30
Eine Sonderstellung nehmen in diesem Zusammenhang die von
Unternehmen getragenen Kunstsammlungen (Corporate
26
Mikus, Anne: Firmenmuseen in der Bundesrepublik. Schnittstelle zwischen Kultur und
Wirtschaft. (Berliner Schriften zur Museumskunde, 12) Berlin 1997, 13.
27
Vgl. Neumann, David: Die Marke auf dem Weg zum Erlebnis In: N. O. Herbrand (Hg.):
Schauplätze dreidimensionaler Markeninszenierung: Innovative Strategien und Erfolgsmodelle
erlebnisorientierter Begegnungskommunikation; Brand Parks, Museen, Flagship Stores, Messen,
Events, Roadshows. Edition Neues http://elib.uni-
stuttgart.de/bitstream/11682/5570/1/AB022_Schulz_2011.pdf Fachwissen, Stuttgart 2008, 13-28.
28
Vgl. Henkel, Matthias: No Brand without content. On the Matrix of Corporate Museums. In:
Tatjana Zhadanovskaya (Ed.): II. International Conference: Corporate Museums Today. On the
70th Anniversary of the Nuclear Industry. 2-4 July 2015 Murmansk. Federal State Unitary
Enterprise of the Nuclear Fleet (FSUE Atomflot). Collection of Conference Reports. Moscow
2015,38-45.
https://www.researchgate.net/publication/298069582_HENKEL_MATTHIAS_2015_No_Brand_without_conte
nt_On_the_Matrix_of_Corporate_Museums_In_Tatjana_Zhadanovskaya_Ed_II_International_Conference_
Corporate_Museums_Today_On_the_70th_Anniversary_of_the_Nuclear_
29
http://www.autostadt.de/de/
30
Bei der Nutzung für unternehmensinterne Zwecke kommen Corporate Museums nicht nur in Bezug
auf die identitätsstiftende Wirkung (Corporate Identity) zum Einsatz, sondern werden auch zur
Schulung und Weiterbildung für eigene Nachwuchskräfte als begehbares Firmengedächtnis
aktiv genutzt.
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Collections
31
) ein, weil hier nicht mehr das eigene Produkt im
Fokus steht, sondern die mit dem finanziellen Engagement zum
Ausdruck gebrachte Corporate Culture Responsibility (CCR) des
Unternehmens
32
. Von dieser Position ist es nur noch ein kleiner
Schritt zum klassischen Sponsoring.
Führende Konzerne der Konsumgüterindustrie nutzen durch ent-
sprechende Sponsorenvereinbarungen das Image angesehener
Museen zur Bedeutungssteigerung ihrer eigenen Marke. Der dabei
real verhandelte Geldwert führte in jüngerer Vergangenheit
Kultureinrichtungen in die Bredouille, weil Wirtschafts-
unternehmen in Zeiten einer wirtschaftlichen Krise oder einer
strategischen Neuausrichtungen die Verträge kündigen.
33
Es
zeigt sich damit, dass öffentliche Mittel für eine lang-
fristige institutionelle Förderung nach wie vor unverzichtbar
sind.
3. Die Museumsmatrix
Nachdem die drei Institutionen skizziert worden sind, soll nun
- in einer auf rein subjektiver Beobachtung fußenden Ein-
schätzung - pointiert versucht werden, die sich daraus
ergebenden Profile in einer SWOT-Matrix zu visualisieren
34
. Die
sich daraus ergebenden Rückschlüsse werden dann für die Formu-
lierung strategischer Ziele für eine strategisch ausgerichtete
Entwicklung des Museums genutzt. Um den Status Quo der einzel-
nen Institutionen differenzierter betrachten zu können, wurden
die angestammten Handlungsfelder des ICOM-Kanons stärker
differenziert und ergänzt.
31
Als prominente Beispiele sollen hier genannt werden: Kunstsammlung Deutsche Bank
http://art.db.com/de/sammlung-deutsche-bank.html und die Kunstsammlung der Würth-Gruppe, die
unter dem Label „Kunst bei Würth“ über ein Dutzend Museen weltweit betreibt
http://www.kunst.wuerth.com/de/portal/startseite.php Vgl. dazu die Untersuchung von Ebert,
Hanna Marie: Corporate Collections. Kunst als Kommunikationsinstrument in Unternehmen.
(Mitteilungen und Berichte aus dem Institut für Museumskunde, 32) Berlin 2005.
32
An der Schwelle zwischen einem institutionellen Einsatz für die Kunst kann das inzwischen
offensichtlich beendete BMW ART-Car Projekt genannt werden, das zwischen 1976 und 2010 lief.
http://www.artcar.bmwgroup.com/en/art-car/ An dieser Stelle sei auch an den umstrittenen
Verkauf von Kunst aus dem Besitz der nordrhein-westfälischen Spielbank erinnert
http://www.cicero.de/salon/kunst-warhol-gehoert-eine-spielbank/58405
33
Prominentes Beispiel ist hier das MuseumKunstPalast und seine PPP-Kooperation mit dem E.On-
Konzern. http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/kunst/kein-geld-von-eon-fuer-duesseldorfer-
kunstpalast-14156023.html Vgl. allgemein dazu: Grasskamp, Walter: Das Kunstmuseum. Eine
erfolgreiche Fehlkonstruktion. C. H. Beck, München 2016. http://www.zeit.de/2016/18/walter-
grasskamp-das-kunstmuseum und https://www.welt.de/kultur/article154070990/Warum-unsere-Museen-
eine-Fehlkonstruktion-sind.html
34
SWOT Stärken/Schwächen-Analyse. Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/SWOT-Analyse
Matthias Henkel www.embassy-of-culture.com Seite 8 von 10
Handlungs-
feld
SC
CM
Erläuterung
(CM) = Corporate Museums / (SC) = Science Center
Sammeln
20
40
Das Sammeln ist nach wie vor Kernaufgabe des Museums wenn
auch durch Etatlagen kapazitativ eingeschränkt.
Bewahren
20
90
Qualitätvoll Museumsarbeit basiert auf einer guten präven-
tiven Konservierung. Auch für CM ist das relevant, um die
Marken-Ikonen optimal präsentieren zu können. Demgegenüber
liegt bei SC die Aufmerksamkeit eher auf der betriebs-
technischen Pflege des Exponat-Bestandes.
Erforschen
20
20
Um Sonderausstellungen überhaupt entwickeln zu können, ist
wissenschaftliche Aufarbeitung des Sammlungsbestandes
gerade für die Museen wichtig.
Präsentieren
100
100
Alle drei Institutionen sind im Bereich des Präsentierens
voll engagiert. Eine differenzierte Betrachtung gelingt
erst durch die Unterscheidung von (eher funktionaler)
Präsentation und (emotionalisierender) Inszenierung.
Inszenieren
70
100
Während bei Sonderausstellungen die Mittel der Szenographie
auch in den Museen zum Einsatz kommen, wird in CM mit einem
erheblichen Aufwand an Szenographie gearbeitet, um den
Markenkern stets im „besten Licht“ zu präsentieren.
Vermitteln
80
50
Die außerschulischen Lernorte Museum und SC sind in den
vergangenen Jahrzehnten zur festen Größe in der Kulturellen
Bildung geworden. Die Vermittlungsarbeit in CM ist dem-
gegenüber eher markenorientiert.
Partizipieren
100
100
Bei aktivierenden und partizipativen Formaten haben die SC
die Nase vorn. Bei den CM wird das Thema Aktivierung dann
eingesetzt, wenn es dem Besucher dadurch möglich ist, sich
noch intensiver mit der Marke auseinander zu setzen.
Kommunizieren
80
80
Das Thema Kommunikation wird im SC und CM aktiver einge-
setzt als in Museen. Nicht zuletzt deshalb, weil viele SC
als GmbH organisiert sind und ihr Erfolg auch am Eigen-
finanzierungsanteil gemessen wird. In den Museen werden in
der Regel nur die Sonderausstellungen kommunikativ be-
gleitet, während die institutionelle Kommunikation für die
Schausammlungen schwach ausgeprägt ist.
Vermarkten
70
100
Im Sektor Vermarktung liegen die CM eindeutig vorn. Im
Museumssektor wird zumindest im deutschsprachigen Raum
das Thema Markenführung noch stiefmütterlich behandelt,
wenngleich es sich strukturell eindeutig um eine Führungs-
und Managementaufgabe handelt. Vorbildlich in diesem Feld
agierende Roll Models - wie Louvre oder Tate Britain -
werden wegen der Kraft ihrer Wahrnehmbarkeit kritisch
beäugt, ohne dass jedoch daraus operative Schlussfolge-
rungen für die eigene Markenbildungsarbeit gezogen würden.
Service-
orientierung
70
100
„Der Kunde ist König“. Da im CM der Besucher zugleich auch
möglicher Kunde ist, wird hier ein besonderer Fokus auf
Kundenzufriedenheit gelegt. Schließlich würde ein unfreund-
liches Auftreten negativ auf den Markenkern zurückschlagen.
Aufgrund der Beschäftigungsstruktur in den meisten öffent-
lichen Museen wird der Servicebereich in der Regel durch
externe Dienstleister besetzt. Wegen der niedrigen Ver-
gütungsgruppen wird eher selten in qualitative Personal-
entwicklung investiert.
Facility
Management/
90
100
Auch dem Facility Management widmen sich SC und CM deutlich
stärker als das die Museen. Insbesondere in den Schau-
sammlungsbereichen werden Abnutzungsspuren oft nicht
beseitigt.
Aufenthalts-
qualität
70
100
Um Museen wirklich zu Orten mit einer hohen sozialen
Qualität („Third Place“) entwickeln zu können, müssen Räume
geschaffen werden, die auch neue (Veranstaltungs-)Formate
ermöglichen. Zur Basisausstattung in dieser Hinsicht ge-
hören in jedem Falle Shop und Café. Gerade in dieser Hin-
sicht sind viele CM vorbildlich. Ideal ist es, wenn die
Öffnungszeiten der Gastronomie von den Öffnungszeiten des
Museums entkoppelt sind, um das Museum auch für andere
Zielgruppen und Veranstaltungen öffnen zu können.
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Die Matrix macht visuell deutlich, wo die Stärken der
einzelnen Institutionen liegen. Auffallend ist, dass gerade im
Bereich der Besucherorientierung, Vermarktung und Inszenierung
bei den Museen noch „Luft nach oben“ ist. Basierend auf den
vorangegangenen Überlegungen würde es nahe liegen, im Sinne
einer Best-Practice-Strategie von den Stärken der jeweils
anderen Institution zu lernen letztlich ließe sich dadurch
das eigene Profil potenziert. Die semantische Gleichung würde
also lauten: M(useum) + M(INT) + M(arke) = Museum 4.0
Museumsmatrix
Die Institutionen MINT und MARKE haben vom Role Model
MUSEUM viel gelernt: Das symbolische Kapital (Pierre Bourdieu)
der öffentlichen Wahrnehmung, wird professionell und
bedeutungssteigernd gerade von Corporate Museums für die
Fortentwicklung eigenen Kernmarke genutzt. Dafür wird, das
darf an dieser Stelle nicht unterschlagen werden, mitunter
auch ein erheblicher Einsatz von Finanzen geleistet. Hier
können die öffentlichen Museen nicht ohne weiteres gleich-
ziehen, weil sie nicht über entsprechende Budgets verfügen.
Jedoch könnten in den Bereichen Besucherorientierung und Ver-
marktung sehr wohl Anleihen genommen werden, denn oft würde
schon die stärkere Koordinierung der erbrachten Einzel-
leistungen innerhalb des gesamten Museumsapparates Synergie-
effekte zeitigen. Dadurch ließen sich im immerwährenden Wett-
bewerb um öffentliche Ressourcen (und Drittmittel) das eigene
Profil und die eigenen Fähigkeiten als systemrelevant,
nützlich und damit förderungswürdig unter Beweis stellen. Auf
diese Weise kann sich die Institution Museum als Einrichtung
mit wachsender gesellschaftlicher Relevanz (Nina Simon) und
einem wirklichen Mehrwert im Sinne eines Third Place (Ray
Oldenburg) positionieren. Um die ethische Deutungshoheit nicht
versehentlich aufs Spiel zu setzen, gilt es, bei der Ein-
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werbung von Drittmitteln künftig noch stärker auf deren Her-
kunft zu achten.
35
Zu den Herausforderungen eines Museum 4.0 gehört es darüber
hinaus, sich den Anforderungen und Folgen der Industrie 4.0
aktiv zu stellen. Denn die Entdinglichung der materiellen Welt
wird nicht ohne Rückwirkung auf die Museen bleiben. Es gilt,
den digitalen Raum als neuen Working Space der Museen, als
Quelle, als Medium als zu szenographierenden eigenständigen
Ort museologisch in Besitz zu nehmen.
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Das technisch Machbare
wird dann sinnvoll zu realisieren sein, wenn einerseits der
Wertehorizont im Blick behalten wird und andererseits die
Qualität der Präsentation (für den künftigen Online-Besucher)
überzeugend ist.
Um das gedankliche Experiment noch weiter zu treiben, er-
scheint es fruchtbringend, den ICOM Code of Ethics for Museums
im Sinne eines modernen Audience Development aus der Perspek-
tive der Besucher zu formulieren.
37
Mit Hilfe eines solchen
Paradigmenwechsels kann es gelingen, das Museum zukünftig
serviceorientiert zu positionieren und langfristig als
relevanten Ort gesellschaftlichen Sehens, Lernens, Verstehens
und Miteinanders zu positionieren.
Statt Sammeln, Bewahren, Erforschen, Präsentieren und Ver-
mitteln könnte ein besucherzentrierter Museumskanon etwa
folgende Ausprägung besitzen: Schauen, Lesen, Staunen, Ver-
gleichen, Verstehen, Lernen, Hinterfragen, Vergnügen, Unter-
halten, Verbringen, Verweilen, Vernetzen, Entspannen. Einen
wesentlichen Schritt in diese Richtung ging Judy Rand bereits
1996 mit der Entwicklung einer „Visitors' Bill of Rights.
38
35
https://www.theguardian.com/culture/2016/apr/29/museums-ethics-investigation-influence-
sponsor-bp-british-museum
36
Henkel, Matthias: Intangible Heritage 2.0. How to collect, curate and present the digital
landscape as the new public space? Vortrag gehalten auf der Generalkonferenz von ICOM in
Mailand 2016.
https://www.researchgate.net/publication/305904613_Intangible_Heritage_20_How_to_collect_curat
e_and_present_the_digital_landscape_as_the_new_public_spacePaper_presented_at_the_Joint_Sessio
n_ICFA_Museums_and_Collections_of_Fine_Arts_and_COMCOL_Collecti
37
Vgl. Henkel, Matthias: Audience Development zwischen gesellschaftlicher Teilhabe und
Umsatzoptimierung. In: Das Museum für alle: Imperativ oder Illusion? Internationales Bodensee-
Symposium am 18.-20. Juni 2015. Ausgerichtet von den Nationalkomitees von ICOM-Schweiz, ICOM-
Österreich und ICOM-Deutschland. Projektleitung: Claudia Rettore. Herausgegeben von ICOM
Schweiz. 2016, 34-46.
38
Rand, Judy and Associates: The 227-Mile Museum or Why We Need a Visitors' Bill of Rights
(1996). http://airandspace.si.edu/rfp/exhibitions/files/j1-exhibition-
guidelines/3/Visitors%20Bill%20of%20Rights%20full%20doc.pdf Interessant auch:
https://vimeo.com/21123015
Conference Paper
Full-text available
Museumsobjekte sind bisher nicht nur quantitativ unvollständig digitalisiert. Auch die Qualität der Digitalisierung zeigt Defizite. Neben der standardisierten und strukturierten Erfassung extrinsischer Daten ist die vollständige Erfassung der intrinsischen Daten nicht nur eine besondere Herausforderung, sondern auch eine unverzichtbare Voraussetzung für die Modellierung digitaler Zwillinge. Die Digitalisierung ist bislang vorwiegend auf die einfache Abbildung analoger Objekte mit Hilfe digitaler Medien beschränkt. Kommunikationsstrukturen und -methoden des Web 2.0 oder des semantischen Netzes fehlen, so dass ein umfassender, standardisierter und komplex strukturierter digitaler Informationsraum für Museumsobjekte noch nicht möglich ist. Der digitale Informationsraum ist eine Voraussetzung für die Schaffung digitaler Zwillinge. In deren auf lange Sicht verfügbaren Daten und ihrer Nutzung liegt der ideelle Wert der Objekte als einer Grundlage des kulturellen Erbes. Deshalb ist die Verfügungs- und Deutungshoheit über die Originale durch kollaborative Strukturen und die kollektive Nutzung von Ressourcen zu ersetzen, um die Zukunftssicherung des Museums im Informationsraum zu gewährleisten. Museum objects have been incompletely digitized in terms of quantity so far. The quality of digitization also shows shortcomings. In addition to the standardized and structured collection of extrinsic data, the complete collection of intrinsic data is not only a special challenge but also an indispensable necessity for modeling digital twins. So far, Digitalization is mainly limited to the simple representation of analog objects with the help of digital media. Communication structures and methods of Web 2.0 or the semantic web are lacking, thus a comprehensive, standardized and complex structured digital information space for museum objects is not yet possible. The digital information space is a prerequisite for the creation of digital twins. The ideational value of the objects as a basis of cultural heritage can be found in the long-term available data and their use. Therefore, the power of disposal and interpretative authority over the originals must be replaced by collaborative structures and the collective use of resources in order to guarantee the future of the museum in the information space.
Erlebnisgesellschaft: Wertewandel, Konsumverhalten und -kultur Schauplätze dreidimensionaler Markeninszenierung: Innovative Strategien und Erfolgsmodelle erlebnisorientierter Begegnungskommunikation
  • Vgl
  • Karlheinz Wöhler
Vgl. Wöhler, Karlheinz: Erlebnisgesellschaft: Wertewandel, Konsumverhalten und -kultur. In: Herbrand, N. O. (Hrsg.): Schauplätze dreidimensionaler Markeninszenierung: Innovative Strategien und Erfolgsmodelle erlebnisorientierter Begegnungskommunikation; Brand Parks, Museen, Flagship Stores, Messen, Events, Roadshows. Edition Neues Fachwissen, Stuttgart 2008, 3-12.
Gesine: Entdeckendes Lernen
  • Vgl
  • Hellberg-Rode
Vgl. Hellberg-Rode, Gesine: Entdeckendes Lernen. In: Kaiser, Astrid / Pech, Detlef (Hg.):
Sowie: Gold, Helmut / Lüdtke, Hartwig: Technikmuseen
  • Arbeitskreis Hugo Kükelhaus
Arbeitskreis Hugo Kükelhaus, Essen 2007. Sowie: Gold, Helmut / Lüdtke, Hartwig: Technikmuseen. In: Graf, Bernhard / Rodekamp, Rodekamp (Hg.): Museen zwischen Qualität und Relevanz.
Basiswissen Sachunterricht Band 2
  • Neuere Konzeptionen Und Zielsetzungen
  • Sachunterricht
Neuere Konzeptionen und Zielsetzungen im Sachunterricht. Basiswissen Sachunterricht Band 2. Baltmannsweiler 2004, 99-104.
How to collect, curate and present the digital landscape as the new public space? Vortrag gehalten auf der Generalkonferenz von ICOM in Mailand 2016. https://www.researchgate.net/publication
  • Matthias Henkel
Henkel, Matthias: Intangible Heritage 2.0. How to collect, curate and present the digital landscape as the new public space? Vortrag gehalten auf der Generalkonferenz von ICOM in Mailand 2016. https://www.researchgate.net/publication/305904613_Intangible_Heritage_20_How_to_collect_curat e_and_present_the_digital_landscape_as_the_new_public_spacePaper_presented_at_the_Joint_Sessio n_ICFA_Museums_and_Collections_of_Fine_Arts_and_COMCOL_Collecti 37 Vgl. Henkel, Matthias: Audience Development – zwischen gesellschaftlicher Teilhabe und Umsatzoptimierung. In: Das Museum für alle: Imperativ oder Illusion? Internationales Bodensee- Symposium am 18.-20. Juni 2015. Ausgerichtet von den Nationalkomitees von ICOM-Schweiz, ICOM- Österreich und ICOM-Deutschland. Projektleitung: Claudia Rettore. Herausgegeben von ICOM Schweiz. 2016, 34-46.
Berliner Schriften zur Museumsforschung, 30) Staatliche Museen zu Berlin – Stiftung Preußischer Kulturbesitz und G+H Verlag
  • Denkschrift Zur Lage Der Museen
Denkschrift zur Lage der Museen. (Berliner Schriften zur Museumsforschung, 30). Staatliche Museen zu Berlin – Stiftung Preußischer Kulturbesitz und G+H Verlag. Berlin 2012, 367-379.
Intangible Heritage 2.0. How to collect, curate and present the digital landscape as the new public space? Vortrag gehalten auf der Generalkonferenz von ICOM in Mailand
  • Matthias Henkel
Henkel, Matthias: Intangible Heritage 2.0. How to collect, curate and present the digital landscape as the new public space? Vortrag gehalten auf der Generalkonferenz von ICOM in Mailand 2016.
  • Vgl
  • Hellberg-Rode
Vgl. Hellberg-Rode, Gesine: Entdeckendes Lernen. In: Kaiser, Astrid / Pech, Detlef (Hg.): Neuere Konzeptionen und Zielsetzungen im Sachunterricht. Basiswissen Sachunterricht Band 2. Baltmannsweiler 2004, 99-104.
Technik und Bildung in Deutschland. Technikunterricht in den Lehrplänen allgemeinbildender Schulen. Eine Dokumentation und Analyse
  • Vgl
  • E Hartmann
  • M Kussmann
  • S Scherweit
Vgl. Hartmann, E. / Kussmann, M./ Scherweit, S.: Technik und Bildung in Deutschland. Technikunterricht in den Lehrplänen allgemeinbildender Schulen. Eine Dokumentation und Analyse. Zugleich VDI Report Nr. 38. Düsseldorf 2006. Sowie: Hiller, S. / Pfenning, U./ Renn, O.: Ergebnisbericht zur wissenschaftlichen Evaluation des IdeenParks 2008. Universität Stuttgart/ThyssenKrupp-AG Düsseldorf. Stuttgart, Düsseldorf 2008.