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Potenzialarme Räume Graubünden

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Es ist davon auszugehen, dass die Neue Regionalpolitik in den so genannt poten- zialarmen Räumen zu wenig zu greifen vermag. Diese Räume verdienen deshalb ein besonderes Augenmerk. Das Projekt „potenzialarme Räume Graubünden“ soll die Grundlagen liefern für eine kantonale Strategie für potenzialarme Räume und für den Abschluss einer Vereinbarung zwischen Kanton und Bund zur Strategie- umsetzung. Dieser Bericht stellt den Abschluss der ersten Projektphase dar und geht drei Fragestellungen nach: • Was sind „potenzialarme Räume“? • Wo sind „potenzialarme Räume“? Wie sind diese Räume lokalisierbar? • Wie ist mit „potenzialarmen Räumen“ umzugehen?
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Amt für Wirtschaft und
Tourismus Graubünden
POTENZIALARME RÄUME
GRAUBÜNDEN
Handlungsmöglichkeiten und Strategien von
Kanton Graubünden und Bund
Guido Cavelti
Birgit Kopainsky
Zürich, 11.09.06
Version 2
Potenzialarme Räume – Entwicklungskonzept Graubünden i
Zusammenfassung
Es ist davon auszugehen, dass die Neue Regionalpolitik in den so genannt poten-
zialarmen Räumen zu wenig zu greifen vermag. Diese Räume verdienen deshalb
ein besonderes Augenmerk. Das Projekt „potenzialarme Räume Graubünden“ soll
die Grundlagen liefern für eine kantonale Strategie für potenzialarme Räume und
für den Abschluss einer Vereinbarung zwischen Kanton und Bund zur Strategie-
umsetzung. Dieser Bericht stellt den Abschluss der ersten Projektphase dar und
geht drei Fragestellungen nach:
Was sind „potenzialarme Räume“?
Wo sind „potenzialarme Räume“? Wie sind diese Räume lokalisierbar?
Wie ist mit „potenzialarmen Räumen“ umzugehen?
Potenzialarme Räume zeichnen sich dadurch aus, dass es in ihnen Gemeinden
gibt, in denen sich mehrere Prozesse zu einer Abwärtsspirale kumulieren. Insbe-
sondere sind dies eine rückläufige Beschäftigungs- und Wertschöpfungsentwick-
lung, eine ungünstige Entwicklung der Altersstruktur bzw. Abwanderung, ein Ab-
bau der Grundversorgungsleistungen sowie ungünstige Finanzkennzahlen des
Gemeinwesens. Mittel- und längerfristig ist dadurch die (Über-) Lebensfähigkeit
dieser Gemeinden gefährdet bzw. ist mit einer weiteren Abwanderung bis hin zu
einer weitgehenden Entsiedlung zu rechnen.
Im Kanton Graubünden können 15 potenzialarme Räume identifiziert werden, die
für eine kantonale Strategie – aus Ressourcengründen - mit erster Priorität be-
handelt werden müssen.
In potenzialarmen Räumen sind Potenziale wohl durchaus vorhanden. Als Poten-
ziale können angesehen werden: Kulturlandschafts- und Naturraumpotenziale,
Gesellschaftspotenziale, Infrastruktur- und Erreichbarkeitspotenziale sowie Ko-
operationspotenziale. Diese bilden die Grundlage für einen weit verstandenen
Tourismus und für die Land- und Forstwirtschaft. In Einzelfällen können die Po-
tenziale auch für die Nutzung natürlicher Ressourcen oder für Wohnfunktionen
bedeutend sein.
Oft fehlt es aber an den hinreichenden Kapazitäten, um diese Chancen in Wert
setzen zu können. Es mangelt mit anderen Worten an unternehmerischem Den-
ken und Handeln und damit an den Fähigkeiten zur Umsetzung der Potenziale in
marktgängige Produkte und Dienstleistungen beziehungsweise in Wertschöpfung
und Beschäftigung.
Zurzeit sind keine konkreten, praxiserprobten Gesamtstrategien und Massnah-
mensets für potenzialarme Räume bekannt. Aufgrund erster Diskussionen in den
Kantonen Graubünden und Uri ergibt sich jedoch eine breite Ideenpalette mögli-
cher Strategien. Diese reicht von einem eindeutigen Profil mit attraktiven Ange-
boten im Agro- oder Soft-Tourismus bis zur Positionierung als attraktiver Wohn-
Potenzialarme Räume – Entwicklungskonzept Graubünden ii
raum, begleitet z.B. durch institutionelle Neuordnung von Tourismusorganisatio-
nen und Gemeinden und die Erleichterung der Rahmenbedingungen für Investiti-
onen. Die Stossrichtung hängt dabei wesentlich vom konkreten Entwicklungsziel
ab, das für einen potenzialarmen Raum formuliert wird. Entscheidend ist die
Bündelung von Einzelstrategien zu einer zielgerichteten Gesamtstrategie und de-
ren sektoralpolitisch koordinierte Umsetzung.
Der hier vorliegende Bericht ist nicht nur ein erstes Ergebnispapier zur Frage der
potenzialarmen Räume im Kanton Graubünden, er stellt auch einen Zwischenbe-
richt zu einem im Gange befindlichen Prozess dar. Es ist die Ambition aller Betei-
ligten, dass dieser Prozess nicht als abstraktes Strategiepapier endet, sondern
dass die Konkretisierung im Rahmen einer weiterführenden Projektphase 2 ge-
lingt und konkrete Taten daraus resultieren. Dabei gilt es insbesondere auch die
Frage zu beantworten, wie mit potenzialarmen Räumen umgegangen werden
soll, bei denen wenig Aussichten bestehen, dass sie die Abwärtsspirale je zu
durchbrechen vermögen.
Potenzialarme Räume – Entwicklungskonzept Graubünden iii
Inhalt
1 Ausgangslage und Fragestellung _________________________1
1.1 Hintergrund zum Projekt___________________________________ 1
1.2 Fragestellung____________________________________________ 2
2 Was sind potenzialarme Räume? _________________________4
3 Wo liegen potenzialarme Räume? ________________________6
4 Wie ist mit potenzialarmen Räumen umzugehen? ___________12
4.1 Grundsätzliche Entwicklungsziele ___________________________ 12
4.2 Raumbezogene Problemlagen und Potenziale__________________ 16
4.2.1 Problemlagen __________________________________________ 17
4.2.2 Potenziale _____________________________________________ 18
4.3 Entwicklungsziele und Strategieideen ________________________22
4.3.1 „Trendbruch“ („Konsolidierung“) und „Trendumkehr“ („Wachstum“) 22
4.3.2 „Trendfortschreibung“ („Schrumpfung“) ______________________ 25
4.3.3 Kooperation und Koordination: Sektoralpolitischer Handlungsbedarf 26
5 Einordnung der Ergebnisse und Ausblick__________________ 29
6 Literaturverzeichnis __________________________________ 31
6.1 Publikationen___________________________________________ 31
6.2 Datenquellen ___________________________________________ 33
Das methodische Vorgehen zur Lokalisierung potenzialarmer Räume, statistische
Grundlagen sowie weitere Projektdokumente sind in einem separaten Anhang
zusammengestellt.
Potenzialarme Räume – Entwicklungskonzept Graubünden iv
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 3-1: Vorgehen zur Lokalisierung der potenzialarmen Räume..............................7
Abbildung 3-2: Kritische und eher kritische Gemeinden im Kanton Graubünden ..................8
Abbildung 3-3: Potenzialarme Räume erster Priorität ......................................................9
Abbildung 3-4: Potenzialarme Räume zweiter Priorität ..................................................11
Abbildung 4-1: Grundsätzliche Entwicklungsziele potenzialarmer Räume..........................12
Abbildung 4-2: Vorgehen zur Strategieformulierung nach Wahl des Entwicklungsziels........ 16
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1-1: Übersicht über den Projektablauf............................................................3
Tabelle 4-1: Spezifische Probleme in potenzialarmen Räumen ....................................17
Tabelle 4-2: Strategie- und entwicklungsrelevante Potenziale (ungewichtet).................19
Tabelle 4-3: Strategieideen zur Erhöhung der Unternehmerressourcen ........................23
Tabelle 4-4: Strategieideen zur Umsetzung der Entwicklungsziele „Trendumkehr“ und
„Trendbruch“..................................................................................... 24
Tabelle 4-5: Strategieideen zur Umsetzung des Entwicklungsziels „Trendfortschreibung“ 26
Tabelle 4-6: Sektoralpolitikscher Koordinationsbedarf für verschiedene Entwicklungsziele
.......................................................................................................27
Potenzialarme Räume – Entwicklungskonzept Graubünden 1
1 Ausgangslage und Fragestellung
1.1 Hintergrund zum Projekt
Die Neue Regionalpolitik des Bundes (NRP), welche voraussichtlich 2008 in Kraft
treten wird, thematisiert den zukünftigen Umgang mit „peripheren, schlecht er-
reichbaren Gebieten“. Zur Entwicklung und Förderung solcher „potenzialarmer
Räume“ schlägt der Bund ein Vorgehen vor, nach welchem Bund und Kantone
gemeinsam folgende Ziele verfolgen sollen (EVD 2005: 47):
Selektion und Kategorisierung der ausgewählten potenzialarmen Räume.
Festlegung einer kantonalen Strategie für potenzialarme Räume.
Abschluss einer Vereinbarung zwischen Kanton und Bund zur Strategieumset-
zung.
Die angestrebte Vereinbarung zwischen Bund und Kantonen soll ein Umset-
zungsbestandteil des ersten Mehrjahresprogramms der NRP darstellen, welches
voraussichtlich für den Zeitraum 2008-2015 gelten wird. Bis heute fehlen jedoch
umfassende und systematische Grundlagen zur Erfassung von und zum Umgang
mit potenzialarmen Räumen. Dies ist sowohl auf Stufe Bund als auch in den Kan-
tonen der Fall.
Der Kanton Graubünden ist interessiert, in der Thematik der peripheren, schlecht
erreichbaren Gebiete zusammen mit dem Kanton Uri eine Pionierrolle zu über-
nehmen (Regierung des Kantons Graubünden 2005). Dies nicht zuletzt darum,
weil sich im Kanton Graubünden bereits eine Vielzahl von laufenden Projekten
direkt oder indirekt mit potenzialarmen Räumen im weiten Sinn befassen:
Neue Kantonsverfassung: Stärkung der Regionen, Schaffung von öffentlich-
rechtlichen Körperschaften.
Regierungsprogramm 2005-2008: Neue Aufgabenteilung und Reorganisation
der territorialen Strukturen (Gemeindefusionen).
Konzept für die Umsetzung von Art. 2 des Gesetzes über die Förderung der
wirtschaftlichen Entwicklung im Kanton Graubünden: Koordination mit ande-
ren Tätigkeitsfeldern zur Verbesserung der Rahmenbedingungen.
Struktur- und Leistungsüberprüfung zur Sanierung des Kantonshaushaltes:
Sparmassnahme 206 hält fest, das Ziel der dezentralen Besiedlung neu zu
definieren.
Wirtschaftsleitbild Graubünden 2010: Stossrichtung 3 will öffentliche Investi-
tionen nach volkswirtschaftlichem Nutzen priorisieren.
Potenzialarme Räume – Entwicklungskonzept Graubünden 2
Das Staatssekretariat für Wirtschaft des Bundes (seco) und der Kanton Graubün-
den haben aufgrund dieser Ausganglage gemeinsam das Projekt „Potenzialarme
Räume – Entwicklungskonzept Kanton Graubünden“ initiiert, um:
Grundlagen für die Diskussion rund um potenzialarme Räume zu erarbeiten,
welche unter anderem auch Rückschlüsse auf die Ziele der dezentralen Be-
siedlung zulassen sollen.
eine kantonale Strategie unter Einbezug aller Sachpolitiken zu erarbeiten.
Massnahmen für die Umsetzung der Gesamtstrategie auf Stufe Kanton und
Region zu erarbeiten (Leitfaden /Aktivitätenplan).
Grundlagen für einen effizienten Mitteleinsatz aller raumrelevanter Instru-
mente zu erarbeiten.
Zeitlich leicht verschoben wird im Kanton Uri ein Projekt mit den gleichen Ziel-
setzungen verfolgt. Beide Projekte sind aber methodisch und inhaltlich eng mit-
einander verknüpft. Die Ergebnisse des Urner Projektes werden in einem separa-
ten Bericht festgehalten. 1
1.2 Fragestellung
Die Probleme peripherer, schlecht erreichbarer Gebiete und die Möglichkeiten
einzelner regionalpolitischer Instrumente sind weitgehend bekannt2. Dennoch
fehlen wichtige Grundlagen, um eine zielführende Diskussion rund um das Thema
der potenzialarmen Räume führen zu können.
Im vorliegenden Bericht stehen daher drei Fragestellungen im Vordergrund:
Was sind „potenzialarme Räume“? Begriffe und massgebliche Messindikatoren
sollen geklärt werden.
Wo sind „potenzialarme Räume“? Wie sind diese Räume lokalisierbar? Mittels
pragmatischem, nachvollziehbarem Vorgehen sollen die entsprechenden Re-
gionen identifiziert werden. Die methodischen Erkenntnisse sollen nicht zu-
letzt anderen Schweizer Regionen bei der gleichen Fragestellung behilflich
sein.
Wie ist mit „potenzialarmen Räumen“ umzugehen? Wie sollen die knappen
öffentlichen Mittel eingesetzt werden? Welche Räume sollen in Zukunft wie
gefördert werden? Letztlich gilt es, für die identifizierten potenzialarmen
Räume Gesamtstrategien sowie Umsetzungsmassnahmen zu entwickeln.
1 Bericht in Entstehung
2 vgl. beispielsweise Abegg 2005, Buser 2005, Flury 2002, Kopainsky 2005, Küpfer 2000, Mühling-
haus 2002, Schmid 2004, Stalder 2001.
Potenzialarme Räume – Entwicklungskonzept Graubünden 3
Die Beantwortung dieser drei Fragen wird in zwei Phasen vorgenommen, welche
sich am parlamentarischen Fahrplan zur Umsetzung der NRP orientieren.
Phase 1
„Analyseteil“
Was sind potenzialarme Räume? (Frage 1)
Wo liegen sie (Lokalisierung)? (Frage 2)
Sind strategische Ansätze vorhanden? (ansatzweise Frage 3)
Phase 2
„Strategieteil“ Wie ist mit potenzialarmen Räumen umzugehen? (Frage 3)
Tabelle 1-1: Übersicht über den Projektablauf
Der vorliegende Bericht bildet den Abschluss der Projektphase 1. Er fasst die Re-
sultate des Analyseteils zusammen und gibt einen Ausblick auf Phase 2, in wel-
cher die Zielfindung und Formulierung von Gesamtstrategien für potenzialarme
Räume im Mittelpunkt stehen werden.
Potenzialarme Räume – Entwicklungskonzept Graubünden 4
2 Was sind potenzialarme Räume?
Die Frage der potenzialarmen Räume wurde innerhalb der Arbeitsgruppe mit Ver-
tretern von Bund und Kanton Graubünden intensiv diskutiert.3 Aus diesem itera-
tiven Prozess ist folgende Definition hervorgegangen:
Potenzialarme Räume sind geographisch-topographisch abgrenzbare Räume, in
denen es Gemeinden gibt, deren mittel- bis längerfristige (Über-) Lebensfähigkeit
gefährdet ist. Potenzialarme Räume zeichnen sich dadurch aus, dass sich mehre-
re Prozesse zu einer „Abwärtsspirale“ kumulieren. Insbesondere sind dies:
eine negative Beschäftigungs- und Wertschöpfungsentwicklung: Bisher tra-
gende wirtschaftliche Entwicklungspfeiler wie Land- und Forstwirtschaft, Tou-
rismus und öffentliche Arbeitsplätze fallen weg und konnten nicht durch Be-
schäftigungsmöglichkeiten und Wertschöpfung in gleichen oder anderen Be-
reichen kompensiert werden.
eine ungünstige Entwicklung der Altersstruktur bzw. Abwanderung: Es fällt
den Gemeinden schwer, die gestiegenen Ansprüche der Bevölkerung an das
Lebensumfeld (moderne Arbeitsfelder; Bildungs-, Freizeit- und Kulturangebo-
te) zu erfüllen.
ein Abbau der Grundversorgungsleistungen: Die Angebote an Schulen, Le-
bensmittelgeschäften, Restaurants, Banken oder medizinischer Versorgung
sind in diesen Gemeinden tendenziell rückläufig.
ungünstige Finanzkennzahlen: Die Gemeinden weisen pro Kopf ein ver-
gleichsweise geringes Steueraufkommen auf und verfügen über eine geringe
Finanzkraft (hohe Kosten für den Unterhalt der Basisinfrastruktur und die
Wahrnehmung der Gemeindefunktionen).
Mittel- bis längerfristig ist dadurch eine weitere Abwanderung bis hin zu einer
weitgehenden Entsiedelung zu erwarten.
Potenziale bezeichnen Möglichkeiten der wirtschaftlichen und sozialen Entwick-
lung in den Regionen. Der tatsächliche Beitrag von Potenzialen zur Entwicklung
hängt vom Grad ihrer Ausschöpfung bzw. Inwertsetzung ab. Die Definition po-
tenzialarmer Räume zeigt, dass sich in diesen Räumen negative Entwicklungen
kumulieren. Dies bedeutet, dass Potenziale, welche in der Vergangenheit für Be-
siedlung und Wirtschaftsstruktur massgebend waren, heute und zukünftig keine
Potenziale mehr darstellen. Entweder sind die Potenziale nicht mehr vorhanden
oder es fehlt die Fähigkeit, sie in Wert zu setzen.
3 Vgl. Anhang I.3.2 und III.4
Potenzialarme Räume – Entwicklungskonzept Graubünden 5
Unsere Untersuchungen deuten darauf hin, dass Potenziale grundsätzlich flä-
chendeckend vorhanden sind. Es gibt somit keine eigentlichen potenziallosen
Räume. Vielmehr liegt das Problem im Bereich der Identifikation und Inwertset-
zung. Kapitel 4 wird diese Differenzierung eingehender beleuchten.
Potenzialarme Räume – Entwicklungskonzept Graubünden 6
3 Wo liegen potenzialarme Räume?
Zur Lokalisierung der potenzialarmen Räume wurde ein mehrstufiges Verfahren
gewählt, welches eine Kombination aus statistischer Auswertung mit Fach- und
Praxiswissen beinhaltet. Mit diesem Ansatz kann die Frage der potenzialarmen
Räume aus drei verschiedenen Blickwinkeln ausgeleuchtet werden (Triangulati-
on), was einen guten Qualitätsgehalt der Ergebnisse ermöglicht. Detaillierte Aus-
führungen zum methodischen Vorgehen finden sich in Anhang I. Schematisch ist
das Vorgehen zur Lokalisierung der potenzialarmen Räume in Abbildung 3-1 dar-
gestellt.
In einem ersten Schritt wurden die 2084 Gemeinden mittels statistischen Aus-
wertungen in die vier Kategorien „kritisch“, „eher kritisch“, „eher nicht kritisch“
und „nicht kritisch“ eingeteilt. Dies erfolgte anhand von Indikatoren, die nach
folgenden Kriterien ausgewählt wurden: möglichst gute Abbildung der Definition
aus Kapitel 2, Berücksichtigung bestehender Studien sowie Verfügbarkeit von
Daten für jede Gemeinde des Kantons Graubünden.
Die gemeindeweisen Ergebnisse sowie die Kategorienzuteilung wurden anschlies-
send einerseits der begleitenden Arbeitsgruppe zur kritischen Prüfung vorgelegt
und andererseits im Rahmen von zehn Regionsgesprächen (mit jeweils acht bis
zehn Vertretern der Region und Regionsgemeinden) auf den Prüfstand gesetzt.
Die Rückmeldungen und Einschätzungen aus der Arbeitsgruppe sowie aus den
Regionsgesprächen bestätigten die statistische Beurteilung weitgehend; wo nötig
wurden für einzelne Gemeinden noch Korrekturen durchgeführt.
Dank den Zusatzinformationen aus den Diskussionen mit der Arbeitsgruppe und
aus den Regionsgesprächen konnten in einem zweiten Schritt gemeindeübergrei-
fende, zusammenhängende potenzialarme Räume gebildet werden.
4 Stand bei Beginn des Projektes im Herbst 2005. Mit dem Zusammenschluss der beiden Gemein-
den Splügen und Medels bestehen seit dem 1. Januar 2006 nur noch 207 politische Gemeinden.
Potenzialarme Räume – Entwicklungskonzept Graubünden 7
208 Gemeinden208 Gemeinden
potenzialarme
Räume
potenzialarme
Räume
kritische
Gemeinden
Auswertung
statistische
Daten
Regionsgespräche
Ist-Analyse Trend-Szenario
Rückmeldungen Arbeitsgruppe
Abbildung 3-1: Vorgehen zur Lokalisierung der potenzialarmen Räume
Die potenzialarmen Räume definieren sich über Gemeinden, deren Entwicklungs-
pfad eine Abwärtsspirale aus mehreren sich verstärkenden Prozessen darstellt
(siehe Definition in Kapitel 2). Die mittel- bis langfristige (Über-) Lebensfähigkeit
dieser Gemeinden ist aufgrund dieser Prozesse in Frage gestellt. Solche Gemein-
den bezeichnen wir als kritische Gemeinden. Abbildung 3-2 zeigt, wo die kriti-
schen Gemeinden im Kanton Graubünden liegen.
Die Abbildung enthält ebenfalls die als „eher kritisch“ bezeichneten Gemeinden.
Es handelt sich dabei um Gemeinden, welche zwar nicht kritisch sind, deren mit-
tel- bis langfristige (Über-) Lebensfähigkeit aber dennoch nicht gesichert ist. Die-
se Gemeinden verdienen ebenfalls ein besonderes Augenmerk.5
5 In Anhang II.4 befindet sich die Karte mit der vollständigen Gemeindebeurteilung, in der auch die restlichen
Gemeinden des Kantons Graubünden bezüglich ihrer mittel- bis langfristigen Entwicklungsperspektiven charak-
terisiert sind.
Potenzialarme Räume – Entwicklungskonzept Graubünden 8
Abbildung 3-2: Kritische und eher kritische Gemeinden im Kanton Graubünden
Im Kanton Graubünden konnten 23 kritische Gemeinden identifiziert werden.
Diese betrachten wir als „Epizentrum“ im Zusammenhang mit der Problematik
der potenzialarmen Räume. Zur Abgrenzung der potenzialarmen Räume reicht es
aber nicht, nur die kritischen Gemeinden zu betrachten. Vielmehr muss auch be-
rücksichtigt werden, wo die kritischen Gemeinden liegen:
Sie können geographisch-topographisch entweder von (eher) nicht kritischen
Gemeinden umgeben sein (z.B. Says). Dann begrenzt sich das Problem auf
die einzelne Gemeinde.
Die kritischen Gemeinden können aber auch innerhalb einer geographisch-
topographisch abgegrenzten Raumeinheit von eher kritischen Gemeinden
umgeben sein (z.B. Lugnez oder Schanfigg). In diesem Fall umfasst der po-
tenzialarme Raum die kritischen Gemeinden und die umliegenden eher kriti-
schen Gemeinden.
Abbildung 3-3 zeigt die nach diesen Kriterien definierten potenzialarmen Räume.
Angedeutet durch die eingezeichneten Ovale wird aus der Abbildung ersichtlich,
Potenzialarme Räume – Entwicklungskonzept Graubünden 9
dass die Abgrenzung eines potenzialarmen Raumes fliessend verlaufen kann und
nicht an einer Gemeindegrenze halt machen muss.
Im Sinne der Neuen Regionalpolitik handelt es sich in Abbildung 3-3 um diejeni-
gen Räume, die mit Blick auf knappe verfügbare Mittel für ein erstes Mehrjahres-
programm priorisiert werden müssen. Anhand dieser Räume kann der Mecha-
nismus auch für den Umgang mit anderen potenzialarmen Räumen und für die
Koordination der Sektoralpolitiken erprobt werden. Nebst den potenzialarmen
Räumen erster Priorität sind auch für diejenigen Gebiete Lösungen zu suchen,
deren Lage bezüglich der mittel- bis langfristigen (Über-) Lebensfähigkeit nicht
ganz so kritisch, aber auch nicht gänzlich unkritisch ist. In Abbildung 3-4 sind
daher so genannte potenzialarme Räume zweiter Priorität eingezeichnet. Aus
Gründen knapper Ressourcen können diese aber nur im Nachrang bearbeitet
werden. Die verbindende Eigenschaft dieser Räume ist, dass sie ausschliesslich
über orange, eher kritische Gemeinden verfügen (allenfalls mit Ausnahme des
(eher) nicht kritischen regionalen Zentrums).
Potenzialarmer Raum 1. Priorität
Abbildung 3-3: Potenzialarme Räume erster Priorität
Potenzialarme Räume – Entwicklungskonzept Graubünden 10
Aus Abbildung 3-2 wird ersichtlich, dass die identifizierten potenzialarmen Räume
wie oben erwähnt, entweder aus einer einzelnen kritischen Gemeinde oder aus
einer Gruppe von eher kritischen Gemeinden im Umfeld einer kritischen bzw.
mehreren kritischen Gemeinden bestehen können.
Mit Says, Valzeina, St. Martin und St. Antönien bestehen vier potenzialarme
Räume aus lediglich je einer kritischen Gemeinde. Die Talschaft St. Antönien wird
bereits als Einheit betrachtet, da sich St. Antönien und St. Antönien-Ascharina
per 1. Januar 2007 zusammenschliessen. Im Frühjahr 2007 wird im Weiteren
darüber entschieden, ob Says mit der potenzialstärkeren Nachbargemeinde
Trimmis fusionieren wird.
Dass in dieser Analyse nur vier solche Räume identifiziert werden konnten, ist
auf die Datenlage zurückzuführen. Zahlreiche Gemeinden besitzen Fraktionen,
die ähnliche Problemlagen wie diese vier Gemeinden aufweisen (beispielsweise
Schiers mit der Fraktion Schuders). Aufgrund der verfügbaren Daten ist es aber
nicht möglich, die Fraktionen einer Gemeinde einzeln bezüglich (Über-) Lebens-
fähigkeit zu analysieren. Überlegungen und Empfehlungen, wie sie für Says, Val-
zeina, St. Martin und St. Antönien gemacht werden, können aber auf die Proble-
matik der Fraktionen übertragen werden.
Potenzialarme Räume – Entwicklungskonzept Graubünden 11
Potenzialarmer Raum 1. Priorität
Potenzialarmer Raum 2. Priorität
Abbildung 3-4: Potenzialarme Räume zweiter Priorität
Die potenzialarmen Räume zweiter Priorität in Abbildung 3-4 können geogra-
phisch-topographisch in nächster Nähe zu potenzialarmen Räumen erster Priori-
tät liegen. Dies ist z.B. im Lugnez oder im Domleschg der Fall. Andererseits
kommen gänzlich neue Räume wie das Unterengadin oder das Avers hinzu.
Als Grenzfall muss die Region Mittelbünden gesehen werden. Die Gemeindegrup-
pe im Albulatal – Mutten, Stierva, Mon, Alvaneu, Alvaschein, Surava und Schmit-
ten um Tiefencastel – entspricht den Kriterien für die Ausscheidung von potenzi-
alarmen Räumen zweiter Priorität. Daneben wurden aufgrund der Rückmeldun-
gen aus der Arbeitsgruppe und aus dem Regionsgespräch Mittelbünden auch Fili-
sur/ Bergün sowie das Surses als potenzialarme Räume zweiter Priorität ausge-
schieden.
Potenzialarme Räume – Entwicklungskonzept Graubünden 12
4 Wie ist mit potenzialarmen Räumen umzugehen?
Der Umgang mit potenzialarmen Räumen beinhaltet die Formulierung von Ent-
wicklungszielen (Kapitel 4.1) und die Ableitung von Strategien mit den dazu ge-
hörenden Massnahmen (Kapitel 4.3). Realistische Ziele und wirksame Strategien
berücksichtigen die Probleme und Potenziale, welche vor Ort erkannt werden
können (vgl. hierzu Kapitel 4.2). 6
4.1 Grundsätzliche Entwicklungsziele
Kritische Gemeinden zeichnen sich dadurch aus, dass ihre (Über-) Lebensfähig-
keit unter den heute absehbaren wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedin-
gungen7 eingeschränkt sind. Durch die Wirkung von Massnahmen im Rahmen
einer Entwicklungsstrategie können diese ungünstigen Entwicklungsperspektiven
allenfalls verändert werden. Aus heutiger Sicht können diese Veränderungen zu
drei unterschiedlichen, groben Entwicklungsmustern für kritische Gemeinden füh-
ren (vgl. Abbildung 4-1). Wir bezeichnen diese Muster als Entwicklungsziele, da
sie für einen potenzialarmen Raum die Vision für die durch die konkrete Strategie
verfolgte Entwicklung definieren.
3
2
1
heute morgen
Kritisch Eher
kritisch
Eher
unkritisch Unkritisch
Problemraum X
Problemraum X Problemraum X
Problemraum X
Problemraum X
Problemraum X
Problemraum X
Problemraum X
3Trendfortschreibung
Trendfortschreibung
3Trendfortschreibung
Trendfortschreibung
2Trendbruch
Trendbruch
2Trendbruch
Trendbruch
1Trendumkehr
Trendumkehr
1Trendumkehr
Trendumkehr
Abbildung 4-1: Grundsätzliche Entwicklungsziele potenzialarmer Räume
6 In der Projektphase 1 wurde für die identifizierten potenzialarmen Räume noch keine vertiefte
SWOT-Analyse durchgeführt; diese ist Teil von Phase 2.
7 Vgl. hierzu das Trend-Szenario in Anhang I.3.1.
Potenzialarme Räume – Entwicklungskonzept Graubünden 13
In der Folge werden die drei Entwicklungsziele präzisiert. Dabei werden bereits
erste Hinweise auf Strategien zum Umgang mit potenzialarmen Räumen ersicht-
lich.
1. Trendumkehr („Wachstum“): Die negative Abwärtsspirale kann gestoppt
und sogar eine positive Entwicklung eingeleitet werden. Die Indikatorenwerte
zeigen stark nach oben und erreichen das Niveau von (eher) unkritischen
Gemeinden. Ursachen für diese Trendumkehr können eine oder mehrere der
folgenden Entwicklungen sein:
Bevölkerung: Die Altersstruktur der Bevölkerung stabilisiert sich, eine Ver-
jüngung der Bevölkerung lässt sich feststellen. Die Abwanderung bricht in
der Folge eines verbesserten Arbeitsangebotes ab oder wird durch den Zu-
zug von (jungen) Einwohnerinnen und Einwohnern überboten. Ein Wachs-
tum der Bevölkerung und die Steigerung der Attraktivität als Wohnort ist
die Folge.
Branchenstruktur: Durch Restrukturierung oder Neuorientierung von be-
stehenden Betrieben, neue Produkte und Dienstleistungen oder Entste-
hung neuer, wettbewerbsfähiger Unternehmen gelingt es, Beschäfti-
gungsmöglichkeiten in wertschöpfungsstarken Branchen zu generieren und
so die Attraktivität als Arbeitsraum erheblich zu steigern.
Finanzzahlen: Aufgrund grösserer Erträge von juristischen und/oder natür-
lichen Personen verbessert sich das Steuersubstrat der Gemeinde. Die be-
stehenden Infrastrukturen werden besser ausgelastet.
Versorgung und Erreichbarkeit: Die Versorgungsdichte mit öffentlichen und
privaten Gütern kann spürbar erhöht werden, da die Nachfrage nach Ver-
sorgungsleistungen im Zuge des Bevölkerungswachstums ansteigt. Be-
schäftigungsmöglichkeiten in Pendlerdistanz sind aufgrund verbesserter
Erschliessung (motorisierter Individualverkehr/öffentlicher Verkehr) gut
erreichbar.
2. Trendbruch („Konsolidierung“): Das Entwicklungsziel „Trendbruch“ liegt
etwas unterhalb des unter 1. beschriebenen Wachstumsziels. Die Abwärtsspi-
rale kann gestoppt werden. Die weitere Entwicklung verläuft weder besonders
gut noch schlecht; sie erlaubt es jedoch, dass sich das Gebiet aus der unmit-
telbaren sozioökonomischen Gefahrenzone bewegen kann. Eine detaillierte
Beschreibung dieses Entwicklungsziels fällt allerdings schwer, da sehr unter-
schiedliche Teilausprägungen denkbar sind. Besiedlung und Wirtschaftsaktivi-
täten können aber stabilisiert werden; allenfalls auf einem gegenüber heute
Potenzialarme Räume – Entwicklungskonzept Graubünden 14
tieferen Niveau. Ähnlich wie beim Entwicklungsziel „Trendumkehr“ können ei-
ne oder mehrere Entwicklungen der Auslöser für einen Trendbruch sein:
Bevölkerung: Dank einer gezielteren Ausrichtung auf Wohnfunktionen
können beispielsweise einige Zuzüge verzeichnet werden. Bestenfalls leitet
der Zuzug junger Familien eine Verjüngung der Bevölkerung ein. Dank
Gemeindezusammenlegungen kann die Funktionsfähigkeit des Gemeinwe-
sens erhalten werden.
Branchenstruktur: Aufbauend auf den vorhandenen Potenzialen (v.a. Soft-
Tourismus, Agro-Tourismus, Holz) werden innovative Produkte und Dienst-
leistungen geschaffen, die für Wertschöpfung und Einkommen sorgen.
Dank dieser Innovationen kann der Strukturwandel in Land- und Forstwirt-
schaft wie auch im Tourismus abgefedert werden.
Finanzzahlen: Die möglichen Entwicklungen in der Bevölkerung und der
Branchenstruktur schlagen sich in einem verbesserten Steuersubstrat wie
auch in einer günstigeren Aufwandstruktur der Gemeinden nieder.
Versorgung und Erreichbarkeit: Die Versorgungsdichte mit öffentlichen und
privaten Gütern kann erhöht werden. Beschäftigungsmöglichkeiten in
Pendlerdistanz sind aufgrund der verbesserten Erschliessung (motorisierter
Individualverkehr / öffentlicher Verkehr) besser erreichbar.
3. Trendfortschreibung („Schrumpfung“): Das Entwicklungsziel „Trendfort-
schreibung“ bildet das Gegenstück zum Entwicklungsziel „Trendumkehr“. Der
potenzialarme Raum entwickelt sich weiter wie bisher, d.h. der Raum verharrt
im kritischen Bereich. Dieses Entwicklungsziel ist identisch mit dem Trend-
Szenario; das heisst dem Entwicklungsverlauf, wie er ohne wirksame Gegen-
massnahmen zu erwarten wäre (vgl. Anhang I). Eine solche Entwicklung lies-
se sich wie folgt umschreiben:
Bevölkerung: Aufgrund weiter abnehmender Verdienstmöglichkeiten vor
Ort hält die Abwanderung an oder verschärft sich. Da vor allem junge
Menschen (mangelnde Ausbildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten vor
Ort) abwandern, verschärft sich das Problem der Überalterung. Die Auf-
rechterhaltung der Gemeindefunktionen ist in Frage gestellt, da es kaum
mehr möglich ist, die Behörden zu besetzen. Mittel- bis langfristig droht
unter Umständen eine vollständige Entleerung dieser Räume.
Branchenstruktur: In den dominierenden wertschöpfungsschwachen Bran-
chen Land- und Forstwirtschaft wie auch teilweise im Tourismus hält der
Strukturwandel an. Ebenso ist mit einer weiteren Abnahme der Arbeits-
plätze in der öffentlichen Hand (Verkehr, Militär) zu rechnen. Es gelingt
Potenzialarme Räume – Entwicklungskonzept Graubünden 15
den lokalen und regionalen Akteuren nicht, Arbeitsplätze ausserhalb der
traditionell dominierenden Branchen zu generieren und den Arbeitsplatz-
verlust zu kompensieren.
Finanzen: Da die Bevölkerungszahl unverändert zurückgeht, sinkt das
Steuersubstrat weiter. Die Finanzkennzahlen der Gemeinden bleiben
schlecht oder verschlechtern sich weiter; die Infrastrukturkosten können
kaum noch getragen werden. Die Abhängigkeit vom kantonalen Finanz-
ausgleich bleibt bestehen. 8
Versorgung und Erreichbarkeit: Die Grundversorgung mit öffentlichen (Bil-
dung, Gesundheit) und privaten Dienstleistungen (Dorfladen, Restaurant)
büsst weiterhin an Qualität ein oder fällt ganz weg.
Das für einen potenzialarmen Raum als realistisch eingeschätzte Entwicklungsziel
gibt gleichzeitig eine Entwicklungsvision vor. Konkret heisst dies für:
Trendumkehr und Trendbruch: Beide Entwicklungsziele basieren auf der
Annahme, dass sich die Indikatoren verbessern lassen; mit anderen Wor-
ten, dass ein „Upgrade“ in eine höhere Klasse realistisch und erwünscht
ist. Dabei stellt sich die Frage, welche Schlüsselindikatoren konkret ver-
bessert werden können, um eine Trendumkehr oder zumindest einen
Trendbruch herbeizuführen. D.h. das angestrebte Entwicklungsziel muss in
einem ersten Schritt für jeden konkreten Raum präzisiert werden. Die im
Rahmen einer Gesamtstrategie erarbeiteten Massnahmen richten sich ent-
sprechend alle auf die durch das anvisierte Entwicklungsziel vorgegebene
Vision aus (vgl. Abbildung 4-2).
Trendfortschreibung: Der Entwicklungspfad zeichnet sich dadurch aus,
dass ein „Upgrade“ als eher unwahrscheinlich beurteilt wird oder mit den
vorhandenen Mitteln und Instrumenten nicht möglich ist. Im Kanton Grau-
bünden gibt es Gebiete, die zu dieser Kategorie zählen und mit denen eine
Auseinandersetzung unerlässlich ist. Wenn sich eine Strategie nach diesem
Pfad richten soll, ist auch hier zunächst eine Präzisierung des Ziels erfor-
derlich.
8 Es ist darauf hinzuweisen, dass auch andere Gemeinden auf Mittel aus dem Finanzausgleich an-
gewiesen sind. Bei der Neugestaltung des interkommunalen Finanzausgleichs (FAG II) ist damit zu
rechnen, dass durch den Wegfall von zweckgebundenen Mitteln des indirekten Finanzausgleichs
tendenziell weniger Mittel in die potenzialarmen Räume fliessen werden.
Potenzialarme Räume – Entwicklungskonzept Graubünden 16
Lagebeurteilung
„Potenzialarmer Raum“
Festlegung eines realistischen Entwicklungsziels
Entwicklungsziel:
Trendumkehr
Trendumkehr
Entwicklungsziel:
Trendbruch
Trendbruch
Entwicklungsziel:
Trendfort
Trendfort-
-
schreibung
schreibung
Konkretisierung
der Ziele
Konkretisierung
der Ziele
Konkretisierung
der Ziele
Massnahmen
MassnahmenMassnahmen
Abbildung 4-2: Vorgehen zur Strategieformulierung nach Wahl des Entwicklungs-
ziels
Primäres Ziel muss es sein, Wirkungen zu initiieren, welche dazu führen, dass
potenzialarme Räume ihre Zukunftschancen verbessern und ein „Upgrade“ reali-
sieren können, d.h. dass sie entweder eine Trendumkehr oder einen Trendbruch
erreichen können. Sekundäres Ziel ist es, diejenigen Räume zu identifizieren, in
denen ein „Upgrade“ wenig wahrscheinlich bzw. Erfolg versprechend ist. Diese
Räume müssen durch geeignete Massnahmen begleitet werden.
4.2 Raumbezogene Problemlagen und Potenziale
In Kapitel 2 haben wir allgemeine Problemfelder beschrieben, die für alle der
identifizierten potenzialarmen Räume gelten. Darüber hinaus konnten im Rah-
men der Regionsgespräche (vgl. Anhang I.3.3) zusätzliche strategierelevante
Probleme identifiziert werden. Diese Probleme sind in Tabelle 4-1 für die jeweili-
ge Region illustrativ aufgeführt, in der sich die potenzialarmen Räume befinden.
Im Anhang findet sich unter III.3 eine detaillierte Auswertung der Regionsge-
spräche.
Potenzialarme Räume – Entwicklungskonzept Graubünden 17
4.2.1 Problemlagen
Tabelle 4-1 gibt einen beispielhaften, nicht abschliessenden Überblick über regi-
onsspezifische Problemfelder. Die aufgeführten Problemfelder gelten aber in den
meisten Fällen nicht nur für die jeweilige Region. Sie wurden lediglich im Rahmen
der Regionsgespräche spezifisch für diese Regionen genannt.
Region Spezifische Problemfelder
Calancatal Kaum Arbeitsplätze in der Region: Mit wenigen Ausnahmen (Baugewer-
be und baunahes Gewerbe) befinden sich die Arbeitsplätze für die Be-
wohner des Tals ausserhalb des Tals.
Mittelbünden Fehlendes Regionalzentrum: Die „Region Mittelbünden“ gibt es so nicht,
da sie nicht über ein eigentliches Regionalzentrum verfügt und ihre Ge-
meinden nach unterschiedlichen Zentren ausserhalb der Region ausge-
richtet sind (z.B. Wiesen nach Davos, Bergün in Richtung Oberengadin).
Prättigau Leerstehende Liegenschaften: In einigen Gemeinden stehen alte Liegen-
schaften leer und werden nicht genutzt.
Schanfigg Schlechte Erschliessung: Eine relativ schlecht ausgebaute Strasse (Eng-
pass Chur-Maladers, Strassenzubringer im Winter) und eine schlechte
Erschliessung mit dem öffentlichen Verkehr bremsen eine mögliche
Vermarktung des geographisch als Wohnregion (Nähe Churer Rheintal)
günstig gelegenen Tals.
Unterengadin Schwache Regionalstufe: Ausgeprägte Gemeindeautonomie und unüber-
sichtliche Anzahl von Gremien und Institutionen erschweren eine Fokus-
sierung auf regionale Aktivitäten.
Viamala Süd Langwierige Ortsplanungen: Die Ortsplanungen in den Gemeinden der
Region ziehen sich hin und lähmen so mögliche Entwicklungsimpulse.
Unübersichtliche Tourismusorganisation: Zu viele Tourismusorganisatio-
nen, zu grosse Vorstände bei zu vielen regionalen Organisationen bin-
den personelle und finanzielle Ressourcen.
Val Müstair Grenze: Grenzlage wird eher als Problem denn als Chance wahrgenom-
men (Grenzgänger, Kaufkraftabfluss).
Mehrheit der Regi-
onen
Transportkosten: Erhöhung der LSVA verteuert Produkte und Dienstleis-
tungen, insbesondere in weit entfernten Regionen und Regionen mit ei-
ner geringen Strassenbelastung.
Tabelle 4-1: Spezifische Probleme in potenzialarmen Räumen
Zusammenfassend zu den allgemeinen und den regionsspezifischen Problemla-
gen lässt sich festhalten, dass die vorhandenen Wertschöpfungsmöglichkeiten
(auch Effizienzsteigerungsmöglichkeiten bei den kommunalen Dienstleistungen)
zu wenig ausgeschöpft werden können. Als wesentlichste Gründe dafür wurden in
den Regionsgesprächen, aber auch in der Arbeitsgruppe folgende Punkte ge-
nannt:
Zunehmende Überwälzung von Aufgaben an Gemeinden führt zu einer finan-
ziellen und institutionellen Überforderung der Gemeinden.
Potenzialarme Räume – Entwicklungskonzept Graubünden 18
Kleine Anzahl unternehmerischer „Köpfe“. Falls noch vorhanden, sind die ini-
tiativen Personen bereits mit Gemeindeangelegenheiten, Tourismusrestruk-
turierungen etc. absorbiert und können sich zu wenig wertschöpfungsrelevan-
ten Projekten widmen.
Der Kooperationswille ist wenig ausgeprägt (Gemeinden und Unternehmen
miteinander bzw. untereinander); hoch gewichtete Gemeindeautonomie. Zu
viele und zu verzettelte Institutionen, insbesondere im Tourismus. Oft domi-
nieren Einzelkämpfertum und Neid. Dies wird dem Umstand zugeschrieben,
dass der Leidensdruck noch nicht gross genug ist.
Investitionen sind erschwert. Bewilligungsverfahren für Bauprojekte zeichnen
sich aus durch Komplexität und lange Dauer mit ungewissem Ausgang (Be-
schwerden durch auswärtige Dritte).
Es fehlt die positive Aufbruchstimmung; die Stimmung ist gedämpft.
4.2.2 Potenziale
Verfügen potenzialarme Räume tatsächlich über keine oder nur geringe Potenzia-
le, wie dies der Begriff suggeriert? Die Antwort hierzu muss differenziert ausfal-
len. Wie die Gespräche mit Gemeinde- und Regionsvertretern (Regionsgesprä-
che) wie auch innerhalb der Arbeitsgruppe zeigen, sind innovative, unternehme-
risch orientierte Persönlichkeiten entscheidend, die in der Lage sind, Potenziale
zu erkennen, aufzugreifen und in marktfähige Produkte und Dienstleistungen
umzusetzen.
Aufgrund der durchgeführten Untersuchungen und Abklärungen kann generell
eine breite Palette an entwicklungsrelevanten Potenzialen identifiziert werden
(Tabelle 4-2), die regional in unterschiedlicher Ausprägung auftreten.
Naturraum Intakte Natur, Klima, Wetter, Wasser, schöne
Aussicht, keine/wenig Luft-/Lärmemissionen
Kulturlandschaft Landschaftsbilder, Kulturelle und historische
Vermögenswerte (Geschichte, Architektur ...)
Forstwirtschaft: Verfügbare Holzvorräte, natür-
licher Zuwachs (v.a. in waldreichen, gut zu-
gänglichen Gebieten)
Kulturlandschafts- und
Naturraumpotenziale
Naturressourcen
Forstwirtschaft: Potenziell nutzbare Holzmenge
(Intensivierungspotenzial)9
9 Die Differenz zwischen den verfügbaren Holzvorräten und der potenziellen Nutzung ergibt sich
über die ökonomischen Rahmenbedingungen resp. über die Relation zwischen Holzerlös und den
Kosten der Holznutzung. Letztere hängen neben der Topographie und der kleinräumigen Erschlies-
sung unter anderem von der Erschliessung der Gemeinden resp. der Region ab (Distanz bis zum
Abnehmer, maximale Belastung der Strassen etc.).
Potenzialarme Räume – Entwicklungskonzept Graubünden 19
Wasserkraft: Potenzial Wasserzins im Zuge
absehbarer Nachfragesteigerung und Versor-
gungslücke mit Elektrizität
Wasserkraft: Potenzial Wasserhoheit der Ge-
meinden 10
Kies / Sand / Steine: Erweiterung/ neue Werke
Landwirtschaft: hoher Anteil biologischer Pro-
duktion, regionale Spezialitäten (Nischenpro-
duktion), Selbstvermarktung.
etc.
Authentizität und Ursprünglichkeit
Intakte Familien- und Gesellschaftsstrukturen
(„heile Welt“)
Netzwerke von Ferienhausbesitzern, Touristen
oder Ausgewanderten
Humanressourcen: gut ausgebildete, qualifi-
zierte Arbeitskräfte mit gutem Einkommen
Offenheit gegenüber Neuem und Fremdem
Gesellschaftspotenziale
etc.
Nähe zu Verkehrsachsen/Transitrouten in be-
stimmten Räumen, Strasseninfrastruktur
Bestehende, wenig oder nicht mehr genutzte
Infrastrukturen (z.B. Schulhäuser, Militäranla-
gen)
Grenzlage: Ausnutzung unterschiedlicher
Rechtssysteme an EU-Aussengrenze (Schweiz
– Österreich/Italien/EU)
Infrastruktur- und Er-
reichbarkeitspotenziale
etc.
Synergiepotenziale, die in Folge zu geringer
Kooperation und Koordination bisher nicht ge-
nutzt wurden
Kooperationspotenziale
etc.
Tabelle 4-2: Strategie- und entwicklungsrelevante Potenziale (ungewichtet)
Die in Tabelle 4-2 für den Kanton Graubünden qualitativ identifizierten Entwick-
lungspotenziale bilden grundlegende Produktions- resp. Erfolgsfaktoren in erster
Linie für einen weit verstandenen Tourismus und für die Land- und Forstwirt-
schaft.
10 Die Gemeinden haben dadurch bei jeder Vertragsänderung die Möglichkeit, als Konzessionsge-
meinde ihren „Nutzen“ zu optimieren (z.B. Einlösung des gesetzlichen Beteiligungsrechts an Unter-
nehmen, finanzielle Beiträge, Projekte).
Potenzialarme Räume – Entwicklungskonzept Graubünden 20
Neben der Identifikation der Potenziale stellt sich zusätzlich die Frage, ob sie lo-
kalisiert und räumlich differenziert gemessen werden können. Kulturlandschafts-
und Naturraumpotenziale werden zwar subjektiv wahrgenommen (z.B. „schöne
Aussicht“) und lassen sich punktuell auch in Wert setzen (z.B. mit einer Sonnen-
terrasse), sie sind aber objektiv betrachtet nur sehr schwierig lokalisier- und
messbar. Ressourcenpotenziale wie Holz, Steine oder Wasserkraft sind demge-
genüber einfacher erfassbar. Einträge im Richtplan geben Auskunft über das
Vorhandensein, sofern das Nutzungspotenzial relevant ist und deshalb raumpla-
nerisch koordiniert werden muss. Punktuell besteht in diesem Bereich die Mög-
lichkeit zur Erhaltung oder Schaffung von Arbeitsplätzen durch die Nutzung na-
türlicher Ressourcen im Bereich Kies/ Sand/ Steine. Im Energiebereich (Wasser)
sind die Potenziale weniger arbeitsplatzrelevant als vielmehr interessant als Fi-
nanzquelle für Gemeinden.
Die in Tabelle 4-2 aufgelisteten Potenziale können in Einzelfällen auch bedeutend
für Wohnfunktionen in Nähe zu Regionalzentren sein. Dabei ist nicht ausge-
schlossen, dass diese Standortvorteile auch für andere Dienstleistungen von Be-
deutung sind (z.B. Web-Design im Berggebiet).
Eine qualitative Abschätzung der Verfügbarkeit und Inwertsetzung der Potenziale
aus Tabelle 4-2 liefert zwei grundsätzliche Vermutungen:
Kulturlandschafts- und Naturraumpotenziale dürften im Kanton Graubünden
fast flächendeckend, also auch in potenzialarmen Räumen, vorhanden sein.
Agrar- und Waldpolitik sowie Landschaftsschutz haben bis in die Gegenwart
wesentlich zur Gestaltung, Pflege und Erhaltung der Kulturlandschafts- und
Naturraumpotenziale beigetragen. Es ist davon auszugehen, dass diese Po-
tenziale im Kanton Graubünden im Verlaufe der nächsten ein bis zwei Jahr-
zehnte nicht übermässig negativ tangiert werden. Damit bleibt die Grundlage
für eine wirtschaftliche Nutzung durch den Menschen erhalten. Voraussetzung
dazu ist allerdings, dass die in die Fläche wirkenden Massnahmen der Land-
schaftspolitik, Landwirtschafts- und Forstpolitik weitgehend weitergeführt
werden können.
Die Bereiche Gesellschaftspotenziale, Infrastruktur- und Erreichbarkeitspoten-
ziale sowie Kooperationspotenziale hingegen dürften gerade in den potenzial-
armen Räumen eher schwach ausgeprägt sein. Entweder ist das Potenzial
nicht vorhanden (z.B. Nähe zu Verkehrsachsen, intakte Familien- und Gesell-
schaftsstrukturen), oder es wurde bisher nicht ausgeschöpft (z.B. Grenzlage,
Offenheit gegenüber Neuem und Fremdem). Insbesondere das Kooperations-
potenzial scheint gewichtig zu sein. Beispielsweise lassen Gemeindefusionen
Potenzialarme Räume – Entwicklungskonzept Graubünden 21
vor allem personelle Ressourcen („Köpfe“) – aber auch finanzielle Mittel - frei
werden, welche für die wirtschaftliche Entwicklung von entscheidender Be-
deutung sein können.
Zur Inwertsetzung dieser Potenziale müssen spezifische Voraussetzungen er-
füllt sein:
Entwicklung von Ideen (Innovationen) zur wirtschaftlichen Inwertset-
zung.
Umsetzung und Vermarktung dieser Ideen in Form von (innovativen)
Produkten, Dienstleistungen oder Prozessen und Strukturen. Dieser
Befund betont erneut den zentralen Engpassfaktor des unternehmeri-
schen Potenzials (vgl. oben).
Wertschöpfung und Beschäftigung lassen sich erst dann realisieren, wenn die
Produkte und Dienstleistungen...
... auf Märkten für private Güter abgesetzt werden können
Es ist davon auszugehen, dass mit gegebenen Natur- und Kulturland-
schaftspotenzialen alleine die für den Markterfolg erforderliche Einzigartig-
keit (USP) in aller Regel noch nicht erzielt werden kann. Die Landschaften
im Alpenraum sind weitestgehend austauschbar. Ausnahmen bilden gege-
benenfalls unter Schutz gestellte Landschaften oder Naturdenkmäler. Die
für den Markterfolg notwendige Differenzierung lässt sich nur durch spezi-
fische, kundenrelevante Zusatznutzen/-leistungen umsetzen, was einer
entsprechenden unternehmerischen Leistung bedarf.
... oder über öffentliche Mittel abgegolten werden.
Es handelt sich dabei um Leistungen, die für die Allgemeinheit bereitge-
stellt werden und den Charakter eines öffentlichen Gutes haben. Zur
Erbringung dieser Güter (z.B. gepflegte Kulturlandschaft, stabiler Schutz-
wald) bedarf es eines Sonderaufwandes bzw. eines Nutzungsverzichts. Der
Sonderaufwand bzw. der Nutzungsverzicht wird dabei durch die öffentliche
Hand finanziell abgegolten. Die Abgeltungen leiten sich im politischen Pro-
zess aus der gesellschaftlichen Nachfrage nach den öffentlichen Gütern ab.
Mit anderen Worten geht es um unternehmerisches Denken und Handeln und
damit um die Fähigkeiten zur Umsetzung der Potenziale in Wertschöpfung und
Beschäftigung. Wie die Ausführungen im vorangehenden Kapitel zeigen, wird die-
sem Aspekt von den regionalen Akteuren eine sehr grosse Bedeutung beigemes-
sen.
Potenzialarme Räume – Entwicklungskonzept Graubünden 22
4.3 Entwicklungsziele und Strategieideen
Die Frage nach dem Umgang mit potenzialarmen Räumen kann aufgrund der
bisherigen Abklärungen ansatzweise beantwortet werden; eine weitere Konkreti-
sierung ist gemäss Projektplanung für die Projektphase 2 vorgesehen. Auf Basis
der bisherigen Arbeiten lassen sich jedoch einige wichtige Schlussfolgerungen
und Hinweise ableiten.
Es gibt keine allgemeingültigen Patentrezepte. Erforderlich sind regionale Stan-
dortförderungs-Strategien, die sich den spezifischen Herausforderungen, Proble-
men und Potenzialen vor Ort annehmen. Eine abstrakte kantonale „Einheitsstra-
tegie“ für potenzialarme Räume ist hingegen wenig zielführend.
4.3.1 „Trendbruch“ („Konsolidierung“) und „Trendumkehr“ („Wachs-
tum“)
Eignet sich ein bestimmter potenzialarmer Raum aufgrund vertiefender Abklä-
rungen für den Konsolidierungs- oder Wachstumspfad, so sollten folgende Stra-
tegieansätze eingehender geprüft werden:
Strategieansatz 1: Unternehmerressourcen
Wie die vorangehenden Ausführungen zeigen (siehe Kapitel 4.2.2), sind ausrei-
chend vorhandene Unternehmerpersönlichkeiten entscheidend für die Potenzial-
nutzung. Diese Anforderung stellt gleichzeitig aber auch ein zentraler Engpass-
faktor dar (siehe Kapitel 4.2.1). Eine zentrale Stossrichtung zielt deshalb darauf
ab, dass unternehmerische Ressourcen geschaffen werden, welche Potenziale
aufgreifen und umsetzen können. Dabei geht es mitunter vor allem darum,
traditionelle Denkmuster aufzubrechen,
neue Möglichkeiten für Wertschöpfung aufzuzeigen,
zur Wahrnehmung von Chancen zu animieren,
Vorurteile abzubauen und (Existenz-) Ängste zu dämpfen,
und die Betreuung und Begleitung potenzialarmer Räume zu intensivieren.
Potenzialarme Räume – Entwicklungskonzept Graubünden 23
Denkbare Entwick-
lungsziele („Vision“)
Strategieideen zur Umsetzung
innovative, unterneh-
merisch denkende Per-
sönlichkeiten sind vor-
handen und leisten
spürbare Beiträge zur
Regionalentwicklung.
Inputs geben: Wissen über erfolgreiche Beispiele vermitteln und
zusätzliche Möglichkeiten und Ideen aufzeigen.
Projektbetreuung anbieten: eine aktive Beratung hilft mit, Potenzi-
ale zu erkennen, Massnahmen abzuleiten, Akteure zusammenzu-
bringen und konkrete Projekte umzusetzen.
Ausschreibung: potenzialarme Räume werden „ausgeschrieben“
und nach Ideen und zugehörigen Projektleitern zur Umsetzung ge-
sucht.
Zufälle entstehen lassen: im Rahmen innovativer Standortpromo-
tions-Bemühungen werden potenzialarme Räume in Diskussionen
eingebracht in der Absicht, dass Potenziale von Aussenstehenden
entdeckt werden. 11
Tabelle 4-3: Strategieideen zur Erhöhung der Unternehmerressourcen
Allen diesen Strategieideen ist gemeinsam, dass sie die schmale Basis an unter-
nehmerischen Ressourcen als Herausforderung annehmen und deshalb den Fo-
kus für Generierung, Initiierung und Umsetzung von Wertschöpfungs-Ideen vor-
nehmlich auf ausserregionale Akteure legen.
Strategieansatz 2: eine Auswahl inhaltlicher Stossrichtungen
Konkrete, praxiserprobte inhaltliche Ansätze sind zurzeit nicht bekannt. Aufgrund
erster Diskussionen in den Kantonen Graubünden und Uri12 ergibt sich jedoch
eine breite Ideenpalette denkbarer Strategien. Die einzelnen Stossrichtungen
hängen dabei wesentlich vom konkreten Entwicklungsziel ab, das für einen po-
tenzialarmen Raum formuliert wird.
Zur gezielten Entwicklung potenzialarmer Räume (Szenarien „Konsolidierung“
und „Wachstum“) werden auf der Folgeseite illustrativ einige Strategieideen fest-
gehalten bzw. wo möglich denkbaren Entwicklungszielen zugeordnet.
Denkbare Entwick-
lungsziele („Vision“)
Strategieideen zur Umsetzung
Eindeutiges Profil mit
attraktiven Angeboten
im Tourismus (Agro-
Tourismus, Soft-
Tourismus).
Erhalt und Ausbau von Infrastrukturen der Landwirtschaft als Ent-
wicklungsträgerin.
Schaffung neuer Produktions- und Vermarktungsmöglichkeiten
Engere Zusammenarbeit von landwirtschaftlichen und touristi-
schen Anbietern.
Fokussierung sämtlicher Fördermittel auf das touristische Profil:
z.B. gezielte Erneuerung der Beherbergungsinfrastruktur.
11 Als konkretes Beispiel sei dazu das Tourismusprojekt eines ägyptischen Investors in Andermatt
erwähnt.
12 Bericht zum Projekt Uri in Entstehung, siehe Kapitel 1.1
Potenzialarme Räume – Entwicklungskonzept Graubünden 24
Attraktiver Wohnraum
für nahe liegendes Re-
gionalzentrum: Voraus-
setzungen für Wohn-
funktion sind optimiert.
Steuersenkungen, Sonder-Steuerstatus
Verflüssigung des Bodenmarktes: Eigentümer stellen Boden zu
realen Preisen zur Verfügung, aktivere Bodenpolitik durch Ge-
meinde (Kauf von Bauland und Zurverfügungstellung an Interes-
senten).
Ausbildungsmöglichkeiten (Fernstudium)
Optimierung Strassenerschliessung (z.B. Schanfigg) und mit öf-
fentlichen Verkehrsmitteln
Wohnortmarketing/Regionalmarketing
Wassernutzung ist op-
timiert, Ausbau beste-
hender Wasserkraftnut-
zung.
Beratung von Gemeinden
Öffentliche Fördermittel zur Nutzung der Wasserkraft
Koordination mit anderen Sektoralpolitiken, insbes. Umweltpolitik.
Koordination der Gemeinden.
Strategieideen, die nicht eindeutig einem klaren Entwicklungs-
ziel zugeordnet werden können
Ausgleich von Standortnachteilen durch Transportkostenbeiträge,
Erleichterungen LSVA etc.
Institutionelle Neuordnung (Zusammenarbeitsformen, Fusionen)
von Tourismusorganisationen und Gemeinden (z.B. regionales
Bauamt).
Koordination bereits laufender oder geplanter Projekte.
Erleichterte Rahmenbedingungen für Investitionen: Administrative
Entlastung, Steuersenkungen/-befreiung, „Investitions-
Sonderzonen“ mit gelockerten Schutzauflagen.
Verbesserung von Erschliessungsvoraussetzungen auf Strasse und
Bus/Schiene.
Ermunterung durch Förderung von Selbstbewusstsein, regionaler
Identifikation und Aufbruchstimmung.
Tabelle 4-4: Strategieideen zur Umsetzung der Entwicklungsziele „Trendumkehr“ und
„Trendbruch“
Die Kombinationsmöglichkeiten sind dabei praktisch unbegrenzt. Entscheidend ist
die Bündelung von Einzelstrategien zu einer zielgerichteten Gesamtstrategie und
deren sektoralpolitisch koordinierten Umsetzung.
Rollenteilung der Akteure
Weder Kanton noch Region (potenzialarmer Raum) dürften alleine für sich in der
Lage sein, wirkungsstarke Strategien zu planen und umzusetzen. Strategiekon-
zeption und –umsetzung sind deshalb eine partnerschaftliche Aufgabe. Die Mit-
wirkung des Bundes ist unerlässlich. Private Akteure stehen im Vordergrund und
in der Pflicht. Aufgabe von Kanton und Bund ist es, entsprechende Rahmenbe-
dingungen für wirtschaftliche Aktivitäten zu bieten.
Potenzialarme Räume – Entwicklungskonzept Graubünden 25
Folgende Rollenteilung erscheint zweckmässig:
Kanton: übernimmt eine starke Führungsrolle für die regionale Planung wie
auch die Umsetzung; der Kanton übernimmt weitgehend die Rolle des Pro-
jektleiters.
Region (potenzialarmer Raum): bringt regionale Erfahrung, Know how und
Netzwerk ein und trägt soweit möglich zur Umsetzung bei.
Bund: unterstützt die Anstrengungen von Kanton und Region, indem er seine
Instrumente im Sinne der Gesamtstrategie einsetzt oder ausrichtet.
Eine auf ein bestimmtes Regionalziel hin orientierte, enge sektoralpolitische Ko-
ordination ist unerlässlich. Aufgrund der bisherigen Erkenntnisse ist davon aus-
zugehen, dass mit solchermassen abgestimmten Gesamtstrategien ein grosses
Potenzial für Effektivität- und Effizienzsteigerungen freigelegt werden kann (vgl.
Kapitel 4.3.3).
4.3.2 „Trendfortschreibung“ („Schrumpfung“)
Wie soll mit potenzialarmen Räumen umgegangen werden, bei welchen wenig
Aussichten bestehen, dass sie die negative Entwicklungsspirale je zu durchbre-
chen vermögen? Es handelt sich mit anderen Worten dabei um Räume, in denen
v.a. aufgrund von Alterungsprozessen und wirtschaftlichen Strukturwandel mit-
tel- oder längerfristig eine praktisch vollständige Entsiedelung zu erwarten ist.
Die Fragen a) welche Gebiete zu dieser Kategorie gehören und b) wie sich der
Kanton Graubünden und der Bund diesen gegenüber verhalten sollen, sind
schwierig und letztlich politisch zu beantworten. Zum aktuellen Projektstand be-
steht noch zu wenig Kenntnis, um die beiden Fragen aus einer fachlichen Sicht
beantworten zu können. Hinsichtlich der Strategieansätze ergeben sich jedoch
erste Hinweise und Ideen.
Potenzialarme Räume – Entwicklungskonzept Graubünden 26
Denkbare Entwick-
lungsziele („Vision“)
Strategieideen zur Umsetzung
Regionale Konzentration
der Besiedlung auf in-
nerregionales Kleinzent-
rum, Anbindung an re-
gionales Zentrum.
Planerische Sicherstellung der Besiedlungsstruktur im Kantonalen
Richtplan und in der Regionalplanung.
Gesamtzielorientierter Fördermitteleinsatz auf die wünschbare
Besiedlungsstruktur hin:
Auf Ebene Kanton sind hauptsächlich angesprochen: Landwirt-
schaft, Ökobeiträge, Waldentwicklungsplanung, Wirtschaftsförde-
rung, Strassenprojekte.
Auf Ebene Bund sind hauptsächlich angesprochen: zielorientierte
globale Leistungsbeiträge.
Fokussierung/Fusionierung aller Regionsgemeinden zu 1-2 (Tal-)
Gemeinden mittels einem Anreizsystem, welches die Gemeindere-
form beschleunigt.
Einschränkungen im Strassenunterhalt (Winter); Fokussierung des
öV-Angebots auf Nachfrage.
Aufgabe der Besiedlung
langfristig.
Grundvoraussetzungen für die Funktionsfähigkeit einer Gemeinde
werden minimal erhalten (medizinische Versorgung, Strassener-
schliessung etc.).
Eingriffs- bzw. Unterstützungsstärke in allen relevanten Politikbe-
reichen wird – ev. degressiv – unterstützt.
Erwartungen bezüglich weitergehender Unterstützung werden
vermieden.
Erhalt als Kompensati-
onsraum zu Agglomera-
tionen.
Das staatliche Engagement im bisherigen Sinne wird weitestge-
hend reduziert (Rückzugsgebiet).
Hingegen werden Kompensationszahlungen der Agglomerations-
gebiete an potenzialarme Räume für Kosten und Pflege zum Erhalt
als Kompensationsraum geleistet.
Tabelle 4-5: Strategieideen zur Umsetzung des Entwicklungsziels „Trendfortschreibung“
In einer nächsten Phase werden diese zur Diskussion gestellten Strategien weiter
vertieft, ergänzt und auf ihre Realisierbarkeit geprüft.
4.3.3 Kooperation und Koordination: Sektoralpolitischer Handlungs-
bedarf
Aus den vorangehenden Ausführungen geht hervor, dass der Koordinations- und
Kooperationsbedarf – unabhängig von Entwicklungspfad und Strategien - hoch
ist. Angesprochen sind:
die verschiedenen beteiligten Sektoralpolitiken auf Ebene Bund und Kanton.
die privaten und öffentlichen Leistungsträger vor Ort (z.B. Landwirtschaft,
Gastronomie, Gewerbe aber auch die Gemeinden).
die Abstimmung zwischen Bund – Kanton – regionalen/lokalen Akteuren.
Im Bereich der privaten Akteure muss bei der Anwendung von Förderinstrumen-
ten die Kooperation und Koordination verstärkt eingefordert werden. Dies setzt
Potenzialarme Räume – Entwicklungskonzept Graubünden 27
voraus, dass auch die Politikbereiche, welche die Instrumente zur Verfügung
stellen, enger aufeinander abgestimmt sind. Aufgrund erster Einschätzungen aus
den Kantonen Graubünden und Uri zeichnet sich ein beträchtliches Synergiepo-
tenzial aus der Koordination verschiedener Aktivitäten ab: durch eine zielgerich-
tete Abstimmung verschiedener Politikbereiche liessen sich Effizienz und Effekti-
vität von Förderanstrengungen massgeblich erhöhen.
Wie die Erfahrungen aus der Vergangenheit zeigen ist die Koordination über ver-
schiedene Politikbereiche hinweg ein komplexes Unterfangen. Das vorliegende
Projekt bietet die Chance, den Koordinationsbedarf und die zugehörige Koordina-
tionslösung anhand konkreter räumlicher Ziele und Strategien zu skizzieren und
umzusetzen.
Mit Blick auf bestimmte Entwicklungsziele ergeben sich beispielsweise folgende
Aspekte, die einer Abstimmung bedürfen:
Denkbare Entwick-
lungsziele („Vision“)
Aspekte zur Koordination (nicht abschliessend)
Eindeutiges Profil mit
attraktiven Angeboten
im Tourismus (Agro-
Tourismus, Soft-
Tourismus)
Förderung landwirtschaftlicher Vermarktung gemäss Art. 93 Abs.
1c. LwG
Strassenbau
Projektunterstützung durch Wirtschaftsförderung
übergeordnete Tourismusvermarktungsstelle: Positionierung si-
cherstellen
Weiterentwicklung des kantonalen Finanzausgleichs, so dass die-
ser die Erreichung regionaler Ziele erleichtert
Waldentwicklungsplanung (Erholungs- und Freizeitfunktionen)
Land- und forstwirtschaftliche Erschliessung
etc.
Attraktiver Wohnraum
für nahe liegendes Re-
gionalzentrum: Voraus-
setzungen für Wohn-
funktion sind optimiert
Kantonaler Richtplan, Regionalplanung, lokale Zonenplanung
Erschliessung mit öffentlichem Verkehr und Privatverkehr
Finanzausgleich für Gemeindefunktionen (Bildung, Gesundheit
etc.)
Schaffung von Standortvorteilen wie z.B. familienergänzende Kin-
derbetreuung
etc.
Tabelle 4-6: Sektoralpolitikscher Koordinationsbedarf für verschiedene Entwicklungs-
ziele
Diese ersten illustrativen Ansätze sollen in Projektphase 2 vertieft, erweitert und
zu gesamtstrategischen, sektoralpolitisch übergreifenden Förderpaketen zusam-
mengestellt werden. Dabei müssen auch Lösungen zur optimalen Organisation
Potenzialarme Räume – Entwicklungskonzept Graubünden 28
entwickelt werden: Welche institutionellen Vorkehrungen sind zu schaffen, damit
die Koordination möglichst optimal funktionieren kann?
Im Weiteren muss auch die Frage nach dem Ressourceneinsatz zur Koordination
geklärt werden. Inwiefern reicht eine planerisch-strategische Abstimmung aus
und inwiefern setzt die Koordination auch einen gemeinsamen Finanzmittelein-
satz voraus. Aus der NFA des Bundes werden dem Kanton Graubünden bestimm-
te, nicht zweckgebundene Finanzmittel zur innerkantonalen Verwendung bereit-
gestellt. Es ist dabei zu prüfen, ob und inwieweit Teile davon für einen koordi-
nierten Einsatz zu Gunsten potenzialarmer Räume zur Verfügung gestellt werden
können.
Es lohnt sich, diese Chancen genauer auszuloten und daraus Lösungen abzulei-
ten. Dieses Projekt soll denn auch als Chance verstanden werden, neue Türen für
eine Erfolg versprechende sektoralpolitische Koordination zu öffnen.
Potenzialarme Räume – Entwicklungskonzept Graubünden 29
5 Einordnung der Ergebnisse und Ausblick
Der Wert der vorliegenden Arbeit liegt in erster Linie darin, dass sie
zur begrifflichen Klärung beiträgt, so dass die Debatte um Räume mit negati-
ven Entwicklungstendenzen zielgerichteter geführt werden kann.
eine Methodik zur Identifikation potenzialarmer Räume entwickelt und getes-
tet hat.
einen iterativen Prozess hinter sich hat, wobei die Ergebnisse von den Betei-
ligten weitgehend getragen werden.
Die begleitende Arbeitsgruppe hat im Rahmen von vier Workshops die Metho-
denentwicklung mitgestaltet und trägt somit die inhaltlichen Ergebnisse mit. Die
Sektoralpolitikvertreter von Bund wie auch des Kantons Graubünden haben ih-
rem grossen Interesse Ausdruck gegeben, an der weiteren Vertiefungsarbeit ak-
tiv mitzuwirken und gegebenenfalls auch mitzufinanzieren. Es ist das gemeinsa-
me Ziel, regionsspezifische Konzepte zu entwerfen und die Umsetzung durch eine
enge sektorübergreifende Koordination zu kräftigen.
Die Zwischenergebnisse wurden im Rahmen von 10 Regionsgesprächen mit aus-
gewählten Vertretern von Regionen und Gemeinden diskutiert (vgl. Anhang
III.3). Das Interesse war jeweils gross und die Diskussionen engagiert und kon-
struktiv. Das Engagement von Kanton Graubünden und Bund ist sehr willkom-
men und die Erwartungen an eine gemeinsame Weiterführung des Prozesses
vorhanden.
Die Regierung des Kantons Graubünden hat als Auftraggeber des Berichts im Mai
2006 erste Zwischenergebnisse und im August 2006 den vorliegenden Schluss-
bericht 13 zur Projektphase 1 zur Kenntnis genommen. Mit Beschluss vom 2. Mai
2006 hat sie entschieden, das Projekt „potenzialarme Räume“ bei der Arge Alp
(Arbeitsgemeinschaft Alpenländer) einzubringen. 14 Dies zeigt, dass das Interesse
vorhanden ist, das Thema weiter zu bearbeiten. Die Regierung befindet ausser-
dem im September 2006 definitiv über die Weiterführung des Projekts „potenzi-
alarme Räume- Projektphase 2“.
Die Voraussetzungen sind somit günstig, um in der Projektphase 2 die Konkreti-
sierung vorantreiben und die Umsetzung initiieren zu können.
13 Version 1.1 vom 31.07.2006.
14 Projektziel ist der Aufbau eines grenzüberschreitenden Erfahrungsaustauschs, welcher die Nut-
zung von Synergien und allenfalls die Lancierung von grenzüberschreitenden Umsetzungsprojekten
ermöglicht.
Potenzialarme Räume – Entwicklungskonzept Graubünden 30
In dieser Folgephase werden die zur Diskussion gestellten Strategien vertieft und
auf ihre Realisierbarkeit geprüft. Problembezogene Gesamtstrategien und die
sektoralpolitische Kooperation sollen am konkreten Fall erarbeitet und beurteilt
werden. Im Zentrum stehen folgende Aktionsfelder, die in Kooperation mit den
notwendigen Sektoralpolitiken anzugehen sind
Erörterung von Handlungsspielräumen und Erarbeitung von Handlungsanwei-
sungen
Skizzierung von koordinierten bzw. gemeinsamen Strategien und Massnah-
men (ev. bereits Initiierung).
Konkretisierung mittels koordiniertem bzw. gemeinsamem Ressourceneinsatz.
Die in den Kantonen Graubünden und Uri gesammelten Erfahrungen zur Identifi-
kation von potenzialarmen Räumen und darin umsetzbaren Strategien werden in
Form eines Baukastens aufbereitet. Der Baukasten umfasst dabei die Elemente,
die zur Formulierung und Umsetzung einer Gesamtstrategie für potenzialarme
Räume verwendet werden können. Diese Methode erleichtert eine Übertragbar-
keit der Erkenntnisse auf andere Gebiete.
Der Baukasten bildet letztendlich die Grundlage zur Formulierung kantonaler
Umsetzungsprogramme für die Kantone Graubünden und Uri bzw. für Vereinba-
rungen mit dem Bund im Rahmen des ersten NRP-Mehrjahresprogramms. Auf-
bauend auf diesen Entscheidungsgrundlagen beinhaltet das kantonale Programm
politische Entscheide darüber, in welcher Problemregion welche Ziele und Strate-
gien verfolgt werden sollen.
Potenzialarme Räume – Entwicklungskonzept Graubünden 31
6 Literaturverzeichnis
6.1 Publikationen
Abegg, C. 2005. Liberalisierung von Netzsektoren und ihre Auswirkungen auf die
Unternehmen im Schweizer Alpenraum. Dissertation Nr. 15917 ETH Zü-
rich.
ARE (Bundesamt für Raumentwicklung) 2005a. Raumentwicklungsbericht 2005.
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