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Dupont, J., Bytzek, E., Steffens, M. C., & Schneider, F. M. (2016). Die Bedeutung von
politischem Vertrauen für die wahrgenommene Glaubwürdigkeit von
Wahlversprechen. Politische Psychologie, 5(1), 5 – 27.
Die Bedeutung von politischem Vertrauen für die Glaubwürdigkeit von
Wahlversprechen
Julia Dupont, Evelyn Bytzek, Melanie C. Steffens (Universität Koblenz-Landau) und Frank
M. Schneider (Universität Mannheim)
Zusammenfassung:
Election pledges are a crucial part of elections campaigns. Against the background of
decreasing political bindings and the related increase in importance of short-term factors for
voting, election campaign communication and thus election pledges move into focus.
However, research of the Comparative Party Pledge Group has shown that — despite
context-specific variation — the rate of kept election pledges in established democracies is
much higher than expected by most citizens (Naurin, 2011, 2013). Possibly, this harsh
assessment is due to an insufficient credibility of election pledges. Therefore, this article
discusses various influences on the credibility of election pledges.
We assume that political trust as a system-supporting component represents an important
prerequisite for the credibility of election pledges. As political trust is generally quite low
with regard to parties and politicians, the low credibility of election pledges could possibly
be a consequence. We consider political trust as a multi-dimensional construct and base our
argument on the “Differentiating Trust Model” of Mayer, Davis and Schoorman (1995)
with its three sub-dimensions benevolence, integrity and ability. Especially integrity and
ability should be important when it comes to assessing the credibility of election pledges.
Furthermore, we differentiate between trust in politicians in general and the trust in the
party making the election promise. A positive influence on the credibility of election
pledges is assumed for both factors.
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In addition to these two forms of political trust, characteristics of election pledges
(commitment, concreteness, and subject of the statement), sender and recipient features
(party and recipient’s subjective concern), and socio-demographic variables (gender, age,
and education) were introduced in the empirical analysis.
To test our assumptions on the influence of political trust on the credibility of election
pledges, we used an online experiment (N = 632) with election pledges as treatment. The
election pledges were manipulated in a 2×2×2×2 design in terms of party (CDU and SPD),
subject (economic vs. social policy), concreteness and commitment (both either high or
low). Concrete pledges are those naming both a fixed goal and the anticipated course of
action. If a party does not name goal or action, an election promise is considered vague.
Commitment refers to the performative verbs within a statement. The verb “(we) will” is
binding, whereas the verb “(we) want” is not binding. This classification is based on a
previously performed pretest.
Results of a regression analysis show the assumed positive effect of both trust variables on
the credibility of election pledges — even when controlling for other influencing factors.
The strongest effect is exerted by general trust in politicians, but also trust in the party
making the promise increases the credibility of this election promise. This also corresponds
to the fact that more credibility is bestowed in election pledges given by the voters’
preferred party (as defined via party identification). The same holds true for personally
relevant subjects. Rather interestingly in terms of strategic campaigning, vague and non-
committal language adds to the credibility of election pledges.
Our study thus underlines the lack of political trust as a powerful contribution to the poor
image of election pledges. With regard to the low levels of trust in parties and politicians
(the political actors making election pledges) this result is alarming because low levels of
trust could thus discredit political communication processes which are crucial for a close
link between political actors and citizens and therefore the functioning of democratic
political systems.
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Abstract (deutsch)
Wahlversprechen von Parteien sind aus Wahlkämpfen nicht wegzudenken. Fraglich ist
jedoch, ob diese Versprechen von den Bürgerinnen
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als glaubwürdig empfunden werden.
Die Beantwortung dieser Frage ist relevant für potentielle Wirkungen von Wahlversprechen
auf Wahlentscheidungen, denn die Glaubwürdigkeit von Wahlversprechen sollte die
Wahlentscheidung für oder gegen eine Partei beeinflussen. Wesentlich für die
Glaubwürdigkeit sollte das Vertrauen in die Partei, die das Wahlversprechen gibt, und das
allgemeine Vertrauen in Politikerinnen sein. Da Wahlversprechen in die Zukunft gerichtet
sind, muss man darauf vertrauen, dass diese umgesetzt werden. Unser Experiment
(N = 632) zeigt, dass sowohl das allgemeine Vertrauen in Politikerinnen als auch das
Vertrauen in die Versprechen gebende Partei einen zentralen Einfluss auf die
Glaubwürdigkeit eines Wahlversprechens ausüben, auch bei Kontrolle von Effekten, die
von der Konkretheit und der Verbindlichkeit des Versprechens und der persönlichen
Betroffenheit vom Thema des Versprechens ausgehen.
Schlüsselbegriffe: Politisches Vertrauen, Wahlversprechen, Glaubwürdigkeit politischer
Aussagen, politische Kommunikation
Abstract (englisch)
Election pledges are a fundamental part of election campaigns. However, it remains unclear
if citizens believe such pledges, which could be relevant for an effect of election pledges on
the voter’s choice. We argue that trust in the party making the promise and general trust in
politicians are crucial for perceiving election pledges as trustworthy. In our experiment
(N = 632) we are able to show the influence of all trust variables, also when controlling for
effects of election pledge characteristics and individual concern with the topic of the
promise.
Keywords: Political trust, election pledges, trustworthiness/credibility of political
statements, political communication
1
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in diesem Text ausschließlich die weibliche Form
verwendet; die männliche Form ist jedoch stets mitgemeint.
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1. Einleitung
Politische Akteure werben über verschiedenste Kommunikationskanäle für ihre politischen
Vorhaben und geben dabei Wahlversprechen, die aus Wahlkämpfen nicht wegzudenken
sind. Zahlreiche Studien beschäftigen sich daher mit der Frage, welche Versprechen
Parteien in Wahlprogrammen machen, wie viele dieser Wahlversprechen von den
Regierungsparteien umgesetzt werden und welche Einflussfaktoren hierbei eine Rolle
spielen (für verschiedene Länder vgl. insbesondere Arbeiten der Comparative Party Pledges
Group, z. B. Hakansson & Naurin, 2014; Naurin, 2011, 2013; Thomson, 1999, 2001, 2011).
Die Studien belegen, dass die meisten Wahlversprechen aus Wahlprogrammen tatsächlich
später gehalten werden (einen Überblick gibt Naurin, 2011, S. 39). Für Schweden konnten
Hakansson und Naurin (2014) außerdem zeigen, dass die Anzahl der Wahlversprechen in
den letzten Jahren zugenommen hat. Wie Bürgerinnen Wahlversprechen während des
Wahlkampfs wahrnehmen, wurde in der Wahlkampfkommunikations- und auch in der
Wahlforschung bisher jedoch nur marginal behandelt. Forschungsarbeiten belegen, dass ein
Großteil der Bevölkerung aus den demokratischen Staaten den politischen Parteien
skeptisch gegenüber steht, wenn es um die Frage geht, ob diese – sobald sie im Amt sind –
ihre Wahlversprechen halten (z. B. Bara, 2005, S. 585; Naurin, 2011, S. 75; 2013, S. 17;
Thomson, 2011, S. 188). Politikerinnen wird unterstellt, dass sie Wahlversprechen lediglich
zu Wahlkampfzwecken nutzen und „say what it takes to win, but then follow their own
interests and preferences“ (Sulkin, 2011, S. 21). Offenbar wird die Glaubwürdigkeit der
politischen Akteure und ihrer Versprechen von den Bürgerinnen in Frage gestellt – ein
Defizit, denn ohne glaubwürdige Informationen zu den Vorhaben der zur Wahl stehenden
politischen Akteure ist informiertes Wählen und somit Repräsentation nicht denkbar
(Bastgen, Jucknat & Römmele, 2009, S. 210). Insbesondere vor dem Hintergrund
abnehmender Parteibindungen (Dealignment, z. B. Dalton & Wattenberg, 2000) herrscht in
der Wahlforschung weitestgehend Konsens darüber, dass über Wahlkampagnen vermittelte
kurzfristige Faktoren (Personen und Inhalte) für das Wahlverhalten an Relevanz gewinnen:
„Campaigns do, indeed, matter for the behavior of citizens at elections and referendums“
(Farrell & Schmitt-Beck, 2002, S. 185). Wenn Inhalte jedoch nicht als glaubwürdig
wahrgenommen werden, unterstützt das die These, dass zunehmend Personen, aber keine
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Inhalte mehr gewählt werden (Personalisierung, z. B. Sarcinelli, 1987; Schulz, 1987).
Vor diesem Hintergrund ist es ein wichtiger Schritt zu hinterfragen, welche Faktoren die
Glaubwürdigkeit von Wahlkampfaussagen beeinflussen. Die Glaubwürdigkeit von
Wahlversprechen ist dabei nicht objektiv bestimmbar, sondern beruht auf der subjektiven
Zuschreibung durch die rezipierenden Personen. In diesem Artikel zeigen wir am Beispiel
einer experimentellen Untersuchung aus Deutschland, dass die Glaubwürdigkeit von
Wahlversprechen vor allem von spezifischem Vertrauen gegenüber der versprechenden
Partei (in unserem Beispiel sind das die Parteien CDU und SPD aus der derzeitigen
Bundesregierung) und von generalisiertem politischen Vertrauen gegenüber Politikerinnen
abhängt. Hierfür gehen wir im nächsten Abschnitt auf die theoretischen Grundlagen dieses
Zusammenhangs sowie auf weitere mögliche Erklärungsfaktoren für die Glaubwürdigkeit
von Wahlversprechen ein, um daraufhin das von uns durchgeführte Experiment und die
daraus gewonnenen Ergebnisse vorzustellen und zu diskutieren.
2. Einflussfaktoren auf die Glaubwürdigkeit von Wahlversprechen
2.1 Politisches Vertrauen
Das Konzept des politischen Vertrauens in der empirischen Politikwissenschaft ist
maßgeblich auf Eastons Systemtheorie zurückzuführen (Easton, 1965, 1975), welcher
politisches Vertrauen als systemunterstützende Komponente betrachtet (vgl. auch Miller,
1974, S. 971). Unter politischem Vertrauen wird seither eine bewertende Orientierung
gegenüber dem politischen System verstanden, mit der z. B. die Unterstützung der
nationalen Regierung oder der politischen Akteure gemeint sein kann (Hetherington, 1998).
Weitestgehend einig ist man sich auch darüber, dass es sich beim Vertrauen nicht um ein
generalisiertes Konzept handelt, sondern z. B. das politische Vertrauen vom sozialen
Vertrauen in Mitmenschen abzugrenzen ist (Kaase, 1999; Newton, 1999, 2001). Politisches
Vertrauen bezieht sich immer auf politische Akteure (Politikerinnen, politische
Institutionen). Man kann aber zwischen verschiedenen Vertrauensebenen unterscheiden:
Das Vertrauen, welches man einer Politikerin entgegenbringt, sollte sich von Person zu
Person unterscheiden, ebenso wie die monatlich von Meinungsforschungsinstituten
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erhobenen Werte zur Zufriedenheit mit Politikerinnen variieren (z. B. Forschungsgruppe
Wahlen: Politbarometer oder Infratest dimap: Deutschland Trend). Gleiches gilt für das
Vertrauen in einzelne Parteien. Davon abzugrenzen ist das Vertrauen in politische
Institutionen. Dieses wird teilweise sogar über einen eindimensionalen Faktor gemessen,
der das Vertrauen gegenüber Parteien oder Politikerinnen allgemein, dem Parlament, der
Regierung, der Polizei und der Justiz einschließt (Marien & Christensen, 2012; Zmerli,
2004). Andere Autoren differenzieren zwischen parteienstaatlichen und rechtstaatlichen
(auch: politikfernen oder regulativen) Institutionen (Fuchs, Gabriel & Völkl, 2002). Für die
Glaubwürdigkeit von Wahlversprechen zu Wahlkampfzeiten sollten die rechtstaatlichen
Institutionen eine vernachlässigbare Rolle spielen, während das Vertrauensverhältnis zu
den politiknahen, entscheidungsbefugten Akteuren (insbesondere den Parteien und
Politikerinnen) in den Fokus rückt.
Da der Vertrauensbegriff selbst als abstrakt und umstritten gilt (Newton, 2001), nutzen wir
zur theoretischen Fundierung unserer Vertrauensmessung das Modell von Mayer, Davis
und Schoorman (1995). Diese haben ein differenziertes Vertrauensmodell im Kontext von
Organisationen entworfen, welches die Beziehung zwischen Trustor (Vertrauensgeberin,
z. B. Bürgerin) und Trustee (Vertrauensnehmerin, z. B. Politikerin, Partei) unter besonderer
Berücksichtigung der Vertrauenswürdigkeit des Trustees abbildet. Das Konstrukt der
Vertrauenswürdigkeit setzt sich aus Bewertungen der Subdimensionen Kompetenz,
Wohlwollen und Integrität des Trustees zusammen (ebd.). Während mit Kompetenz
(„ability“) die Fähigkeit des Trustees gemeint ist, Ziele umzusetzen, lässt sich mit
Wohlwollen („benevolence“) der Wille des Trustees beschreiben, im Sinne des Trustors zu
handeln. Integrität („integrity“) umfasst, dass der Trustee z. B. ehrlich gegenüber dem
Trustor ist und Absprachen einhält (ebd.). Annahmen des Modells zufolge ist der Trustor
nur dann bereit, eine risikobehaftete Entscheidung in Hinblick auf den Trustee zu treffen
(beispielsweise ihr oder ihm zukünftige Entscheidungen zu überlassen), wenn der Trustee
als vertrauenswürdig wahrgenommen wird. Aus diesem Grund lässt sich das
Vertrauensmodell von Mayer und Kollegen (1995) sehr gut auf den politischen Kontext in
repräsentativen Demokratien übertragen, in denen eine zeitlich begrenzte Übertragung
politischer Macht durch Wahlen geschieht, die als risikobehaftete Entscheidung angesehen
7
werden kann.
Studien belegen, dass insbesondere das Vertrauen in politische Akteure (Parteien und
Politikerinnen) in etablierten Demokratien gering ist (Dalton, 2004, 2006; Pharr, Putnam &
Dalton, 2000). Obwohl Uneinigkeit darüber herrscht, welches Mischungsverhältnis
zwischen „blindem“ Vertrauen und kritischem Misstrauen gegenüber politischen Akteuren
für das Funktionieren eines demokratischen Systems als ideal gilt (z. B. Gabriel & Zmerli,
2006), ist dies alarmierend, da beispielsweise die Wahlbeteiligung positiv mit dem
politischen Vertrauen zusammenhängt (Hadjar & Köthemann, 2014). Das geringe
Vertrauen in politische Akteure könnte folglich auch eine Erklärung für den Befund bieten,
dass ein Großteil der Bürgerinnen nicht davon ausgeht, dass die politischen Akteure ihre
Wahlversprechen halten (Bara, 2005; Naurin, 2011, 2013; Thomson, 2011). Wenn
politisches Vertrauen die Wahlbeteiligung beeinflusst, wäre die Glaubwürdigkeit von
politischen Aussagen als möglicher vermittelnder Faktor zu berücksichtigen. Eine Reihe
psychologischer und kommunikationswissenschaftlicher Theorien zur Glaubwürdigkeit
könnte dann hilfreich sein, um diese Prozesse genauer zu erklären. Hierfür muss jedoch
zunächst gezeigt werden, dass politisches Vertrauen auf der Individualebene mit der
Glaubwürdigkeit von politischen Aussagen, im Speziellen Wahlversprechen,
zusammenhängt. Dem oben skizzierten Vertrauensmodell von Mayer und Kollegen (1995)
folgend, kann die Bewertung eines Wahlversprechens als „glaubhaft“ bereits als eine
Entscheidung angesehen werden, bei der Risiken eingegangen werden, oder – wenn aus
dieser Überzeugung politische Handlungen wie die Wahl einer bestimmten Partei folgen –
eine Vorstufe zu einem solchen Verhalten. Während in dem genannten Modell Vertrauen
jedoch recht global betrachtet wird, sollte im politischen Kontext von Wahlversprechen
eine differenzierte Betrachtung der verschiedenen Vertrauensebenen stattfinden: Das
Vertrauen in die Partei, die das Versprechen gibt, ist von dem allgemeinen Vertrauen in
Politikerinnen zu unterscheiden. Am konkretesten ist hierbei das Vertrauen in die Partei,
die das Wahlversprechen gibt, da sie den Trustee im eigentlichen Sinne darstellt. Ihr zu
vertrauen sollte mit der Annahme einhergehen, dass sie sich redlich bemühen wird, ihre
Wahlversprechen umzusetzen. Die Partei als Urheber des Wahlversprechens ist aus
kommunikationswissenschaftlicher Perspektive gleichzeitig als Quelle dieser Nachricht
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anzusehen. Forschungsbefunde zur Quellenglaubwürdigkeit (source credibility) deuten
darauf hin, dass diese eine wichtige Rolle bei der Wahrnehmung, Verarbeitung und
Wirkung von Nachrichten spielt. Beispielsweise sind Medienwirkungen von Nachrichten,
die aus glaubwürdigen Quellen stammen, deutlich stärker als Wirkungen von Nachrichten
aus unglaubwürdigen Quellen (z. B. Druckman, 2001; Pornpitakpan, 2004). Ein
wesentlicher Faktor hierfür ist wohl, dass damit auch die Nachricht an sich als
glaubwürdiger angesehen wird. Übertragen auf unseren Kontext bedeutet dies, dass
Wahlversprechen von Parteien, denen man vertraut, als glaubwürdiger wahrgenommen
werden sollten als Wahlversprechen anderer Parteien. Hypothese 1 konstatiert daher einen
positiven Effekt des Vertrauens in die Partei, die das Wahlversprechen gibt, auf die
Glaubwürdigkeit des Wahlversprechens.
Als ein weiterer möglicher Einflussfaktor auf die Glaubwürdigkeit von Wahlversprechen ist
das allgemeine Vertrauen in Politikerinnen zu berücksichtigen. Denn liegt die allgemeine
Wahrnehmung vor, dass Politikerinnen nicht kompetent genug sind, um ihre versprochenen
Vorhaben umzusetzen, oder sich vorsätzlich nicht an einmal gegebene Zusagen halten,
sollten Wahlversprechen als unglaubwürdig wahrgenommen werden. Dieser
Zusammenhang kann zum Teil auch unabhängig von dem Vertrauen in die Partei, die das
Wahlversprechen gibt, bestehen, wenn das Vertrauen in die Partei beispielsweise auf
anderen Gründen als der Integrität im Hinblick auf ihre Aussagen beruht (z. B. auf der
Wahrnehmung, dass die Partei im Sinne der Bürgerin handeln wird, unabhängig davon, was
sie gerade verspricht). Hypothese 2 geht folglich von einem positiven Effekt des
allgemeinen Vertrauens in Politikerinnen auf die Glaubwürdigkeit von Wahlversprechen
aus. In Anlehnung an Theorien, die politisches Vertrauen als Heuristik beschreiben
(Hetherington, 2004; Rudolph & Evans, 2005), wäre außerdem zu erwarten, dass dem
allgemeinen politischen Vertrauen bei geringer ausgeprägtem Vertrauen in die Partei, mit
der man sich identifiziert, eine größere Bedeutung für die Glaubwürdigkeit eines
Wahlversprechens zukommt.
2
2
Dieser Interaktionseffekt wurde in der unten berichteten Studie getestet, hat sich aber als nicht
signifikant erwiesen (B = .005, p = .91), weshalb hier nicht näher darauf eingegangen wird.
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Neben diesen Hypothesen zum Zusammenhang von politischem Vertrauen und der
Glaubwürdigkeit, der den Fokus des vorliegenden Beitrags bildet, ist eine Vielzahl weiterer
Einflussfaktoren auf die Glaubwürdigkeit von Wahlversprechen denkbar. Diese betreffen
sowohl Merkmale des Wahlversprechens an sich als auch Merkmale des Senders des
Wahlversprechens im Zusammenhang mit Rezipierendenmerkmalen und werden als
Kontrollvariablen in das Modell zur Glaubwürdigkeit von Wahlversprechen einbezogen.
2.2 Merkmale des Wahlversprechens
In Hinblick auf Merkmale des Wahlversprechens sind vor allem die Verbindlichkeit und
die Konkretheit der Aussage relevant sowie das politische Thema, auf das sich das
Wahlversprechen bezieht. Die Verbindlichkeit eines Wahlversprechens drückt sich z. B. in
der Variation des Grads des sprachlichen Ausdrucks in einer Aussage aus. Über
Schlüsselwörter, wie z. B. „wollen“, „möchten“ oder „werden“ lassen sich
zukunftsbezogene Aussagen als Wahlversprechen identifizieren und in ihrer sprachlichen
Verbindlichkeit voneinander unterscheiden. Die Unterscheidung zwischen „hard“ und
„soft pledges“ (aufgrund „harter“ und „weicher“ Verben/Schlüsselwörter) in der Literatur
geht ursprünglich auf Royed (1996) zurück und wurde von anderen Autoren aufgegriffen.
Während z. B. „we will do“-Aussagen den „hard pledges“ zugeordnet werden (z. B.
Ferguson, 2010; Thomson, 1999), ordnet Ferguson (2010) „we support/must/should“-
Aussagen den „soft pledges“ zu und schließt „would like“-Aussagen sogar von der Analyse
aus. Ob eine höhere sprachliche Verbindlichkeit auch zu einer höheren Glaubwürdigkeit bei
den Bürgerinnen führt, kann aufgrund der fehlenden theoretischen und empirischen Basis
jedoch nicht eindeutig vorhergesagt werden. Einerseits spricht eine hohe Verbindlichkeit
für die deutliche Absicht, das Wahlversprechen umsetzen zu wollen. Andererseits können
verbindliche Wahlversprechen auch unglaubwürdig erscheinen, weil bei ihnen das
Vorhandensein externer Rahmenbedingungen ausgeblendet wird. Beispielsweise hängt das
Senken der Arbeitslosenquote nicht nur von der Entscheidung politischer Akteure ab. Ein
Versprechen dürfte also unglaubwürdiger wirken, wenn externe, politisch nicht steuerbare
Einflüsse existieren, die potentiell auf die Umsetzung des Versprechens einwirken. Ebenso
denkbar ist, dass Formulierungen, die eine hohe Verbindlichkeit ausdrücken sollen, von den
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Wählerinnen als Teil einer Werbekampagne interpretiert werden und dies die
Glaubwürdigkeit des Versprechens untergräbt.
Bei der Konkretheit eines Wahlversprechens werden in der Literatur konkrete (spezifische)
und vage Wahlversprechen unterschieden (Artés, 2013; Bara, 2005; Hakansson & Naurin,
2014; Naurin, 2011, 2013; Thomson, 2001; Thomson, Royed & Naurin, 2014). Hakansson
und Naurin (2014) konnten für Schweden zeigen, dass seit den 1990er Jahren die Anzahl
konkreter Wahlversprechen gestiegen ist. Je vager ein Versprechen formuliert ist, desto
breiter ist der spätere Handlungsspielraum der Partei bei der Umsetzung. Je konkreter ein
Versprechen ist, desto weniger Handlungsspielraum hat die Partei später (Naurin, 2013, S.
18). Ist ein Versprechen zu vage, spricht man von rhetorischen Statements (vgl. Naurin,
2013; Royed, 1996). Sie stellen Aussagen über die Zukunft dar, welche nicht testbar und
meist ideologischer Natur sind (ähnlich Gemeinplätze, z. B. „Sicherheit für Alle“). Bei der
Evaluation von Wahlversprechen aus Wahlprogrammen tritt bei der wissenschaftlichen
Analyse vermehrt die Kategorisierung „vage“ für Wahlversprechen auf, „where the party
can choose between more than one course of action“ (Naurin, 2013, S. 18). Mit
„spezifisch“ bzw. „konkret“ sind entsprechende Versprechen gemeint, die nur auf einem
Weg umgesetzt werden sollen (ebd.).
3
Ob Bürgerinnen Unterschiede bei der Konkretheit
von Wahlversprechen wahrnehmen, ist bisher nicht untersucht worden. Auch hier ist
unklar, ob eine hohe Konkretheit die Glaubwürdigkeit fördert, denn einerseits kann durch
das Festlegen auf bestimmte Maßnahmen und messbare Ziele die Ernsthaftigkeit des
Vorhabens steigen. Andererseits hängt die Umsetzung eines Wahlversprechens vom
politischen Kontext ab, so dass sich vage Ziele ohne genaue Angabe der erforderlichen
Maßnahmen in der Regel leichter erreichen lassen, was ihre Glaubwürdigkeit steigern
könnte.
In Hinblick auf das Thema des Wahlversprechens werden von den jeweiligen Parteien
unterschiedliche Schwerpunkte bei der Themenauswahl ihrer Wahlversprechen gesetzt
3
Naurin verwendet außerdem die Begriffe „Handlungsversprechen“ für konkrete und
„Zielversprechen“ für vage Wahlversprechen (Naurin, 2011, S. 54–55.; vgl. „ambiguous pledges“ bei Royed,
1996, S. 67). Andere Autoren haben komplexere Kategoriensysteme entwickelt, z. B. unterscheidet Bara (2005)
bei Wahlversprechen zwischen „vague“, „general“, „specific“ und „detailed“. Je komplexer das theoretische
System, desto unwahrscheinlicher scheint aber eine synonyme Differenzierung bei den Bürgerinnen.
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(Klingemann, Hoffebert & Budge, 1994; Thomson, 2011). Ferguson (2010) zeigte z. B. für
Deutschland, dass Parteien entsprechend der „issue ownership theory“ (Petrocik, 1996) im
Wahlkampf jene Themen betonen, die von ihnen kompetent behandelt werden können.
Seinen Untersuchungen zufolge haben CDU und CSU in ihrem Wahlprogramm für die
Bundestagswahl 2005 eher Wahlversprechen mit wirtschaftlichem Bezug gegeben,
während die Wahlversprechen der SPD eher im sozialen Bereich lagen. Hier lässt sich
schwer sagen, ob Wahlversprechen zu einem bestimmten Thema glaubwürdiger sind als zu
anderen Themen. Während manche Themen in den alleinigen Zuständigkeitsbereich der
Regierung fallen, gibt es ebenso zahlreiche Gebiete, die der Mitarbeit anderer Akteure
bedürfen. Unterscheiden die Bürgerinnen dennoch zwischen der Glaubwürdigkeit
verschiedener in Wahlversprechen behandelter Themen? Im Zuge der folgenden Analyse
wird dies anhand der beiden Themen Wirtschaft und Soziales überprüft, da diese
Politikbereiche für den Großteil der Bevölkerung relevant sein sollten und auch in der
bereits bestehenden Forschung zu Wahlversprechen eine wichtige Rolle spielen (Thomson,
2001).
2.3 Sender- und Rezipierendenmerkmale
Es ist anzunehmen, dass Wahlversprechen von Parteien, die höchstwahrscheinlich an der
Regierung beteiligt sein werden, glaubwürdiger erscheinen als die Versprechen von
Oppositionsparteien. Zusätzlich sollte der Effekt mit der Stärke der Partei (gemessen an der
Anzahl der Sitze einer Partei im Parlament) steigen, da diese aufgrund ihres größeren
Gewichts in einer möglichen Koalition ihre Vorhaben leichter gegen die Pläne der anderen
Partei/en durchsetzen kann. Hält man die erste Bedingung konstant, sollten im Hinblick auf
die derzeit amtierende Große Koalition Wahlversprechen der CDU/CSU als glaubwürdiger
wahrgenommen werden als Wahlversprechen der SPD. Von welcher Partei das
Wahlversprechen kommt, wird jedoch vor allem im Zusammenhang mit den Rezipierenden
interessant, insbesondere in Hinblick auf deren Parteiidentifikation (wenn vorhanden).
Nach dem sozialpsychologischen Konzept der Michigan School kann die
Parteiidentifikation einer Bürgerin als Linse verstanden werden, die seine Wahrnehmung
von Politik beeinflusst: „Identification with a party raises a perceptual screen through
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which the individual tends to see what is favorable to his partisan orientation“ (Campbell,
Converse, Miller & Stokes, 1960, S. 133). Thomson (2011, S. 197) zeigte in seiner Studie,
dass Bürgerinnen mit Parteiidentifikation die Anzahl der gehaltenen Wahlversprechen
„ihrer“ Partei als höher einschätzen. Es ist daher plausibel anzunehmen, dass Bürgerinnen,
die eine bestimmte Parteiidentifikation aufweisen, die Wahlversprechen der präferierten
Partei glaubwürdiger einschätzen als die Versprechen anderer Parteien.
Darüber hinaus untersuchte Thomson (2011) auch den Einfluss persönlicher Erfahrung für
die Evaluation des Einhaltens von Wahlversprechen und zeigte, dass Bürgerinnen, die sich
von einem bestimmten politischen Thema betroffen fühlen oder Erfahrungen mit diesem
gemacht haben, die politische Performanz von Parteien diesbezüglich schlechter bewerten
als solche, die keinen persönlichen Bezug zum Thema haben. Das könnte daran liegen, dass
„citizens with experience focus more on the problem addressed by the pledge than the
pledge itself. Even if a pledge is fulfilled, the underlying problem that the pledge sought to
address may persist“ (Thomson, 2011, S. 199). Wenngleich die subjektive Betroffenheit
später zu strengeren Bewertungen führt, ist bisher unklar, ob diese Betroffenheit von einem
Problem schon vorher zu einer geringeren Glaubwürdigkeit von Versprechen führt oder ob
Betroffenheit eher Hoffnungen weckt und somit den Glauben an die Umsetzung eines
Versprechens stärkt. Daher kann auch für die individuelle Betroffenheit von dem Thema
des Wahlversprechens keine Erwartung über die Wirkungsrichtung gebildet werden.
Die Hypothesen zum Zusammenhang zwischen politischem Vertrauen und der
Glaubwürdigkeit testen wir empirisch unter Kontrolle der oben aufgeführten Aussagen-,
Sender- und Rezipierendenmerkmale anhand von Daten, die durch ein Online-Experiment
gewonnen wurden. Dieses wird im nächsten Abschnitt vorgestellt.
3. Daten und Methode
Das Online-Experiment wurde im September 2014 durchgeführt. Die potentiellen
Probanden wurden über Mailverteiler verschiedener Universitäten sowie Online- und
Printanzeigen rekrutiert; geworben wurde mit der Chance auf einen Geldgewinn nach
Abschluss der Studienteilnahme. Insgesamt nahmen 920 Personen teil, hiervon wurden 632
Interviews vollständig abgeschlossen (58 % Frauen; Alter: M = 31.43, SD = 12.66). 93
13
Prozent der Befragten verfügten über einen höheren Bildungsabschluss (fachgebundene
Hochschulreife oder höher).
3.1 Design und Vorgehensweise
Für die Glaubwürdigkeitsbewertung der Wahlversprechen lag ein 2 (aussagende Partei:
SPD, CDU) 2 (Thema des Wahlversprechens: Wirtschaftspolitik, Sozialpolitik) 2
(Konkretheit der Aussage: hoch, niedrig) 2 (Verbindlichkeit der Aussage: hoch, niedrig)-
faktorieller Versuchsplan vor. Im Zuge des Experiments wurden die Teilnehmenden
zufällig auf insgesamt 16 Experimentalgruppen verteilt. Jeder teilnehmenden Person
wurden zwei Wahlversprechen vorgelegt (eines von der CDU, eines von der SPD, die
Reihenfolge wurde randomisiert), die die gleiche Verbindlichkeit und Konkretheit
aufwiesen, sich aber in Hinblick auf die Zuordnung der sendenden Partei zum Thema der
Aussage (Wirtschafts- oder Sozialpolitik) unterschieden.
4
Im Anschluss an das jeweilige
Wahlversprechen wurden die Teilnehmenden gebeten, dessen Glaubwürdigkeit zu
bewerten. Für die nachfolgenden Analysen machen wir jedoch nur Gebrauch vom ersten
der beiden Wahlversprechen, da wir einen Ausstrahlungseffekt des ersten
Wahlversprechens auf die Einschätzung der Glaubwürdigkeit des zweiten
Wahlversprechens nicht ausschließen können.
5
3.2 Fallauswahl und Stimulusmaterialien
Da angenommen werden kann, dass die Glaubwürdigkeit eines Wahlversprechens immer
auch im Zusammenhang mit der Partei steht, die das Versprechen gibt, haben wir die
Versprechen gebende Partei variiert (CDU vs. SPD). Die Entscheidung fiel auf die beiden
4
Die Wahlversprechen, die den Probanden vorgelegt wurden, waren erfunden, sind jedoch als
realistisch einzuschätzen. Auf die Frage, für wie wahrscheinlich sie es halten, dass die Aussagen ursprünglich
von den genannten Parteien gemacht worden sind, geben 46 Prozent der Befragten an, dass sie das für sehr
wahrscheinlich oder eher wahrscheinlich halten, Skala von 1 „unwahrscheinlich“ bis 5 „sehr wahrscheinlich“,
M = 3.24 (SD = 1.16).
5
Der Grund hierfür ist, dass den Teilnehmenden die beiden Wahlversprechen lediglich als „Aussagen“
präsentiert wurden. Bei der Abfrage der Glaubwürdigkeit direkt im Anschluss an die jeweilige Aussage wurde
jedoch der Begriff „Wahlversprechen“ benutzt, so dass die darauffolgende zweite Aussage direkt mit generell
eher negativ bewerteten Wahlversprechen in Verbindung gebracht und damit von vornherein als weniger
glaubwürdig bewertet werden könnte.
14
großen deutschen (Volks-)Parteien aus der derzeitigen Bundesregierung; zum einen, um die
Versuchsbedingungen möglichst real zu halten und zum anderen, um eine ausreichende
Anzahl an Sympathisanten dieser Parteien zu erhalten, um den Einfluss der
Parteiidentifikation in die Glaubwürdigkeitsbeurteilung miteinbeziehen zu können.
Inhaltlich lassen sich die formulierten Wahlversprechen zwei Themenbereichen zuordnen:
Wirtschafts- und Sozialpolitik, zwei typische „issue areas“ von Wahlversprechen (vgl. z. B.
Bara, 2005, S. 590; Mansergh & Thomson, 2007, S. 323), die überwiegend von CDU
(Wahlversprechen mit wirtschaftlichem Bezug) und SPD (Wahlversprechen mit sozialem
Bezug) gegeben werden (Ferguson, 2010). Umfragedaten belegen die empirische Relevanz
dieser Themenfelder: Bei Wirtschaft und Sozialem handelt es sich um Themenbereiche, die
für eine große Zahl an Bürgerinnen wichtig sind. So nennen Bürgerinnen, wenn man sie
danach fragt, welches Problem von ihnen gegenwärtig als das wichtigste bewertet wird,
vorwiegend solche Probleme, die sich sozialen und wirtschaftlichen Themenfeldern
zuordnen lassen (z. B. Arbeitslosigkeit, soziale Ungleichheit, Inflation, vgl. Jung, Schroth
& Wolf, 2014). Die Langzeitentwicklung bei der Frage nach dem wichtigsten Problem seit
2000 zeigt sogar, dass Arbeitslosigkeit bis 2014 als wichtigstes Thema genannt wurde,
gefolgt von anderen sozialen Themen (Rente, Bildung) und der Wirtschaftslage
(Forschungsgruppe_Wahlen_e.V., 2016). Zusätzlich wurden die Merkmale des
Wahlversprechens – Konkretheit und Verbindlichkeit – variiert. Bei der Konkretheit
werden vage und spezifische Wahlversprechen unterschieden: Vage Wahlversprechen
definieren wir als Aussagen, bei denen ein hoher Grad an Handlungsspielraum bleibt,
indem eine Partei sich weder auf ein konkretes Ziel (z. B. eine fixe Zielquote/Zahl) festlegt,
noch angegeben wird, wie das versprochene Ziel erreicht werden soll (z. B. „Wir möchten
die Arbeitslosenquote senken“). Spezifische Versprechen zeichnen sich dagegen durch
Angabe eines fixen Ziels aus, wobei auch der Weg zur Zielerreichung genannt wird (z. B.
„Durch neue Programme zur Belebung des Arbeitsmarktes werden wir die
Arbeitslosenquote auf unter 5 Prozent senken“).
Enthält ein Wahlversprechen das Verb „(wir) werden“, ist es als verbindlicher anzusehen,
als wenn es das Verb „(wir) möchten“ beinhaltet. In einem Vortest mit 56 Studierenden der
Universität Koblenz-Landau im Juni 2014 haben wir die Verbindlichkeitseinschätzung von
15
fünf Verben getestet (versprechen, wollen, möchten, müssten, werden). So wurden die
Probanden gebeten sich vorzustellen, eine Partei kündige öffentlich an, etwas für die
Bürgerinnen zu tun, und leite den Satz mit den folgenden Worten ein: „Wir versprechen ...“
(die Verben wurden entsprechend ausgetauscht). Die Reihenfolge der Abfrage wurde
variiert, um Reihenfolgeeffekte zu kontrollieren. Die Teilnehmenden sollten dann auf einer
zehnstufigen Skala (1 „sehr unverbindlich“ bis 10 „sehr verbindlich“) die Verbindlichkeit
der Aussage einschätzen. Das Verb „werden“ wurde im Durchschnitt als am
verbindlichsten eingeschätzt (M = 5.71, SD = 2.20), gefolgt von „versprechen“ (M = 5.23,
SD = 2.48), „wollen“ (M = 4.30, SD = 1.91), „möchten“ (M = 4.09, SD = 1.68) und
„müssten“ (M = 2.96, SD = 1.68). Außerdem wurde das „am stärksten verbindliche“ und
das „am wenigsten verbindliche“ Verb der fünf genannten Verben abgefragt (Ranking).
6
Da uns das Verb „müssten“ zu wenig verbindlich für ein Wahlversprechen erschien, haben
wir uns dazu entschieden, die Verben „werden“ und „möchten“ im folgenden Experiment
als Ausdruck hoher bzw. niedriger Verbindlichkeit zu verwenden. Die beiden Verben
unterscheiden sich hinsichtlich der wahrgenommenen Verbindlichkeit auch statistisch
signifikant voneinander (t(55) = 5.36, p < .001).
Diese sprachliche Unterscheidung mag zunächst kleinlich erscheinen, da es sich bei
Wahlversprechen aber um systematisch geplante Wahlwerbung handelt, sollte eine
durchdachte Formulierung dieser „Wahlslogans“ nicht unterschätzt werden. Das
Stimulusmaterial umfasste somit insgesamt 16 unterschiedliche Wahlversprechen, die sich
aus den Kombinationsmöglichkeiten der genannten Merkmale ergaben. Tabelle A1 im
Anhang gibt einen Überblick über die verwendeten Stimuli.
6
Die Auswertung der Daten zu dieser Frage („Und welches Wort halten Sie denn für das
verbindlichste?“ bzw. „Und welches Wort halten Sie für das am wenigsten verbindlichste?“) deckt sich
größtenteils mit den skizzierten Ergebnissen der Rating-Skalen. Als verbindlichstes Wort unter den fünf
vorgegebenen Verben wurden genannt: Werden (46% der Befragten halten dieses Verb für am verbindlichsten),
versprechen (35%), möchten (11%), wollen (7%), müssten (2%). Als unverbindlichstes Wort wurde genannt:
müssten (54%), versprechen (25%), möchten (14%), wollen (5%), werden (2%). Das Verb „versprechen“
scheint paradoxerweise als unverbindlich und als verbindlich wahrgenommen zu werden – ein Punkt, dem in
weiteren Analysen nachgegangen werden sollte.
16
3.3. Operationalisierung und Analysemethode
Die Einschätzung der Glaubwürdigkeit des Wahlversprechens stellt die abhängige Variable
dar und erfolgte über die Beurteilung des Statements „Alles in allem würde ich die Aussage
als glaubwürdig bezeichnen“, das auf einer fünfstufigen Ratingskala gemessen wurde (1
„trifft gar nicht zu“ bis 5 „trifft voll zu“). Für die Überprüfung der erwarteten
Zusammenhänge berechnen wir daher ein lineares Regressionsmodell.
7
Zu den unabhängigen Variablen: Halmburger, Rothmund, Baumert und Maier (2015) haben
auf Grundlage des Vertrauens-Modells von Mayer et al. (1995) eine neun Items
umfassende Vertrauen-in-Politikerinnen-Skala entworfen, in der die Vertrauenswürdigkeit
von Politikerinnen über drei Subdimensionen (Kompetenz, Integrität und Wohlwollen)
gemessen wird. Über die Kompetenzdimension wird die Erwartung abgefragt, ob man
Politikerinnen allgemein als gut ausgebildete, intelligente Personengruppe wahrnimmt, die
auch über fachspezifische Fähigkeiten verfügt (z. B. Verhandlungsgeschick,
Sachkenntnisse). Das wahrgenommene Wohlwollen von Politikerinnen spielt ebenfalls eine
zentrale Rolle für die Einschätzung ihrer Vertrauenswürdigkeit. Sie gelten z. B. als
wohlwollend (oder auch: responsiv), wenn sie sich bemühen, möglichst viele Präferenzen
der Bürgerinnen über politische Entscheidungen zu realisieren (Lijphart, 1984). Die
Integrität bezieht sich auf die moralischen Überzeugungen und Wertvorstellungen von
Politikerinnen, welche sich mit den gesellschaftlichen Werten und Normen der Bürgerinnen
decken sollten. Dies ist zunächst deshalb notwendig, um ihrem Repräsentationsauftrag
durch die Bevölkerung gerecht zu werden. Politikerinnen haben hierbei aber besonders
häufig mit Vorwürfen zu kämpfen, die sich teilweise zu politischen Skandalen ausweiten.
Ihre Integrität wird dadurch immer wieder in Frage gestellt. Um die Relevanz der
skizzierten Subdimensionen von Vertrauenswürdigkeit für die Glaubwürdigkeit zu testen,
greifen wir auf die Skala von Halmburger et al. (2015) zurück. Da wir jedoch keine
Unterschiede in der Wirkung der drei Subdimensionen auf die Glaubwürdigkeit von
7
Durch die Verwendung einer endpunktbenannten fünfstufigen Skala zur Messung unserer
abhängigen Variable sehen wir diese als intervall-skaliert und lineare Regressionsmodelle daher als
angemessene Analysemethode an (siehe beispielsweise Porst, 2014, S. 75). Zusätzlich wurde eine ordinale
Regression berechnet, führte aber nicht zu substantiell anderen Ergebnissen.
17
Wahlversprechen in entsprechenden Modellen finden konnten, berechnen wir aus den
Subdimensionen einen Skalenmittelwert für das Gesamtkonstrukt Vertrauen in
Politikerinnen (α = .91) und setzen diesen als unabhängige Variable ein. Das Vertrauen in
die Partei, die das Wahlversprechen gibt, wurde zu Beginn des Fragebogens über die Frage
erfasst, wie sehr den einzelnen Parteien (hier: SPD bzw. CDU) auf einer Skala von 1
(„überhaupt kein Vertrauen“) bis 5 („sehr großes Vertrauen“) vertraut wird. Es entspricht
der traditionellen Vorgehensweise, das Vertrauen in politische Institutionen (wie z. B. auch
das Vertrauen in politische Parteien) über eine Ein-Item-Frage abzufragen (z. B. Andreß,
Diekmann, Feger et al., 2015; ESS, 2014). Wir greifen ebenfalls auf diese Art der Abfrage
zurück, da bislang keine validierte Skala existiert, die das Vertrauen in Parteien stärker
facettiert und reliabel misst.
Die Betroffenheit von dem Thema des Wahlversprechens (Wirtschafts- oder Sozialpolitik)
wurde ebenfalls auf einer fünfstufigen Ratingskala abgefragt.
8
Zusätzlich zur dichotomen
Variable, ob das Wahlversprechen von derjenigen Partei stammt, mit der sich eine
Versuchsperson identifiziert, wurden das Thema des Wahlversprechens, die das
Versprechen gebende Partei, Geschlecht, Alter und Bildung als Kontrollvariablen in die
Analyse aufgenommen. Tabelle A2 im Anhang gibt einen Überblick über die verwendeten
Items inklusive Fragetexten und Antwortmöglichkeiten. Tabelle A3 enthält deskriptive
Statistiken zu allen verwendeten Variablen. In Tabelle A4 sind die deskriptiven Statistiken
für die abhängige Variable (Glaubwürdigkeit des Wahlversprechens) für alle 16
Experimentalgruppen aufgelistet und Tabelle A5 zeigt Inter-Item-Korrelationen bzw.
Zusammenhangsmaße zwischen den unabhängigen Variablen.
4. Ergebnisse
Ein formaler Randomization-Check zeigt, dass zwischen den 16 Experimentalgruppen
8
Trotz der thematisch sehr allgemein gehaltenen Wahlversprechen gaben immerhin 16% der
Teilnehmenden, die ein Wahlversprechen zur Wirtschaftspolitik vorgelegt bekamen, an, dass sie sich hiervon
überhaupt nicht betroffen fühlen (M = 2.59, SD = 1.02). Bei den Probanden, die ein Wahlversprechen zur
Sozialpolitik vorgelegt bekamen, lag dieser Anteil sogar bei 39% (M = 2.08, SD = 1.09). Letzteres ist
vermutlich auf den hohen Anteil an formal hoch gebildeten Teilnehmern in der Stichprobe zurückzuführen,
deren Angst vor Arbeitslosigkeit vergleichsweise gering sein sollte.
18
keine signifikanten Gruppenunterschiede für die Variablen Alter, Bildung und
Parteipräferenz bestehen (alle F (15, 689) < 1.27, p > .21).
9
Nur für Geschlecht hat die
zufällige Gruppenverteilung nicht optimal funktioniert (F (15, 689) = 2.05, p < .05), die
Gruppenunterschiede sind aber als gering zu bewerten.
Tabelle 1 zeigt die Ergebnisse des linearen Regressionsmodells.
10
Wie erwartet haben beide
Vertrauensvariablen einen starken Einfluss auf die Glaubwürdigkeit des Wahlversprechens.
Der Effekt des allgemeinen Vertrauens in Politikerinnen ist hierbei deutlich höher als der
Effekt des Vertrauens in die Partei, die das Versprechen gibt. Hypothesen 1 und 2 werden
durch diese Befunde bestätigt. Die Relevanz politischen Vertrauens für die
Glaubwürdigkeit der Wahlversprechen zeigt sich insbesondere in der Güte des
vollständigen Modells gegenüber einem Modell ohne die beiden Vertrauensvariablen: Der
Anteil der erklärten Varianz verdoppelt sich nahezu von 9 Prozent auf 17 Prozent.
Betrachtet man die Ergebnisse zum Einfluss von Merkmalen des Wahlversprechens, zeigt
sich, dass unverbindlich formulierte und vage Wahlversprechen eher als glaubwürdig
wahrgenommen werden: Aussagen, die das weiche Verb „möchten“ enthalten, werden als
signifikant glaubwürdiger bewertet als Aussagen, die das harte Verb „werden“ beinhalten.
Ebenfalls werden vage Wahlversprechen, in denen weder ein Handlungsversprechen noch
eine konkrete Zielangabe genannt wird, als glaubwürdiger aufgefasst als konkrete
Wahlversprechen. Dagegen hatte das Thema des Wahlversprechens keinen Einfluss auf die
Glaubwürdigkeit. Es ist folglich irrelevant, ob es sich um ein Wahlversprechen mit
wirtschaftlichem oder sozialem Bezug handelt. Dieser Befund ist nicht eindeutig
interpretierbar, da sich die Aussagen aus diesen beiden Feldern notwendigerweise auch
inhaltlich unterscheiden.
Im Hinblick auf Sender- und Rezipierendenmerkmale zeigt sich erstaunlicherweise kein
positiver Effekt von Wahlversprechen der eigenen Partei.
11
Das könnte daran liegen, dass
9
Die Verteilung der Parteipräferenz wurde für drei dichotome Variablen berechnet: a) 0 = ja, 1 =
nein; b) 0 = SPD, 1 = andere oder keine; c) 0 = CDU, 1 = andere oder keine.
10
Ein Test auf Multikollinearität ergab Toleranzwerte größer .5 und „variance inflation factor“
(VIF)-Werte kleiner 2.0, es gibt folglich keine relevanten Anzeichen für Multikollinearität.
11
Bei 15 Prozent der Befragten deckt sich die Versprechen gebende Partei im Treatment mit der
eigenen Parteiidentifikation (SPD bzw. CDU).
19
das Vertrauen in diese Partei deutlich höher ausfällt (siehe oben berichteter Effekt). Ein
weiterer Befund ist, dass Befragte ein Wahlversprechen als glaubwürdiger wahrnehmen, je
stärker sie sich von diesem persönlich betroffen fühlen. Dagegen hat die Partei als Sender
des Wahlversprechens keinen eigenständigen Einfluss: Weder die Wahlversprechen der
SPD noch diejenigen der CDU werden insgesamt als glaubwürdiger empfunden. Auch die
soziodemografischen Kontrollvariablen Alter, Geschlecht und Bildung haben keinen
signifikanten Effekt auf die Glaubwürdigkeit des Wahlversprechens.
Tabelle 1 hier einfügen
5. Zusammenfassung und Diskussion
Wahlversprechen werden von den politischen Parteien als Wahlkampfinstrument genutzt.
Wissenschaftliche Analysen, die die Funktionalität von Wahlversprechen für das
Wahlverhalten oder die Wahlentscheidung der Bürgerinnen belegen können, stehen bisher
jedoch aus. Ob ein Wahlversprechen Bürgerinnen im Wahlgang oder in ihrer
Wahlentscheidung beeinflusst, sollte maßgeblich von der Glaubwürdigkeit des
Versprechens abhängen. Die Ergebnisse unserer Analyse zeigen, dass die Glaubwürdigkeit
eines Wahlversprechens insbesondere von dem politischen Vertrauen der Bürgerinnen
beeinflusst wird. Sowohl das Vertrauen in die versprechende Partei, als auch das Vertrauen
in Politikerinnen im Allgemeinen haben einen positiven Effekt. Ist ein Wahlversprechen
wenig verbindlich formuliert oder bleibt inhaltlich vage, wirkt sich das ebenfalls positiv auf
die Glaubwürdigkeit der Aussage aus. Außerdem: Je stärker man sich vom Thema des
Versprechens betroffen fühlt, desto glaubwürdiger wirkt das Wahlversprechen.
Bevor die Befunde zum Einfluss politischen Vertrauens auf die Glaubwürdigkeit von
Wahlversprechen diskutiert werden, sollen zunächst die Befunde zur Wirkung der
Verbindlichkeit und Konkretheit von Wahlversprechen auf deren Glaubwürdigkeit
interpretiert werden. Hieraus lassen sich auch Implikationen für die wahlkampfstrategische
Perspektive ableiten. Unsere Ergebnisse zeigen, dass unverbindliche und vage
20
Wahlversprechen eher als glaubwürdig wahrgenommen werden. Die Relevanz des
Wortlauts einer politischen Aussage für dessen Wahrnehmung ist in der Literatur zu
Wahlversprechen zwar umstritten (Naurin, 2011, S. 55), unsere Ergebnisse sind aber ein
Beleg dafür, dass eine unverbindliche Formulierung über performative Verben („wir
möchten“) glaubwürdiger wirkt als eine verbindliche Formulierung („wir werden“). Das ist
möglicherweise deshalb so, weil den Bürgerinnen bewusst ist, dass Wahlversprechen nicht
in jedem Fall gehalten werden können. Insbesondere in Mehrparteiensystemen ist diese
Annahme gerechtfertigt, denn weniger konkrete und verbindliche Wahlversprechen sind
konsens- bzw. kompromissfähiger, und in einem System, in dem sich die
Koalitionsparteien oftmals auf eine gemeinsame Vorgehensweise einigen müssen, deshalb
glaubwürdiger.
Dass vage Versprechen glaubwürdiger sind, könnte Folge der Annahme sein, dass sie
leichter umzusetzen sind als konkrete. Bei konkreten Versprechen werden mögliche
politische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen ausgeblendet (bspw.
Koalitionsregierung, Naturkatastrophen), die die Umsetzung des Vorhabens ver- oder
behindern können. Außerdem wird durch den Verzicht auf die Nennung konkreter
Maßnahmen bei vagen Versprechen der Handlungsspielraum nicht eingeschränkt. Dass
Vagheit Glaubwürdigkeit schafft, steht auch im Einklang mit dem Konzept der politischen
Ambiguität: Demzufolge nimmt mit zunehmender Konkretheit eines Statements das Risiko
zu, von anderen kritisiert zu werden.
12
Da vage Botschaften für die Projektion eigener
Ansichten offen sind (Feldman, 1989), also Bürgerinnen sie eher ihren Standpunkten
assimilieren, wird dadurch auch die Anzahl potentieller Wählerinnen erhöht (Downs,
1960). Fraglich ist, wie hoch der Grad der Vagheit eines Wahlversprechens sein muss oder
sein darf, um von Bürgerinnen (noch) als glaubwürdig wahrgenommen zu werden. Denkbar
ist, dass „zu“ vage Versprechen unglaubwürdig wirken, weil sie als mehrdeutig entlarvt
werden. Versprechen, die aufgrund ihrer vagen Formulierung nicht in ihrer
Implementierung überprüfbar sind (rhetorische Aussagen), werden aus der Evaluation
12
In diesem Zusammenhang sei außerdem auf die Social-Judgement-Theorie (Sherif & Sherif, 1967;
vgl. auch Williams, 1980) verwiesen. Sie erklärt, warum vor allem vage Aussagen erfolgreich sein können.
21
gebrochener/gehaltener Wahlversprechen bereits beim Identifikationsprozess der
Wahlversprechen aus den Wahlprogrammen ausgeschlossen (Bara, 2005; Ferguson, 2010,
2012; Naurin, 2011). Nehmen Bürgerinnen diese Aussagen aber als glaubwürdige
Wahlversprechen wahr, könnte dies erklären, warum sich die öffentliche Wahrnehmung zur
Umsetzung von Wahlversprechen und die in der Forschung gemessene Rate tatsächlich
umgesetzter Wahlversprechen so stark unterscheiden. Projizieren Bürgerinnen in vage
Aussagen ihre eigenen Ansichten und Wünsche, werden sie häufig enttäuscht, was sich in
der Wahrnehmung häufig gebrochener Wahlversprechen widerspiegeln könnte. In
Folgestudien gilt es, den skizzierten Zusammenhängen nachzugehen und zu überprüfen,
wie sich eine stärker variierende Konkretheit und Verbindlichkeit bei Wahlversprechen auf
deren Glaubwürdigkeit auswirkt.
Unsere Ergebnisse belegen eindrücklich, dass politisches Vertrauen einen Effekt auf die
Glaubwürdigkeit von Wahlversprechen hat, und dies unter Kontrolle einer Vielzahl anderer
Einflussfaktoren. Stuft man eine Partei als vertrauenswürdig ein, bewertet man ihre
Wahlversprechen eher als glaubwürdig. Das Ausmaß an Vertrauen hängt wiederum von der
eigenen Parteiidentifikation ab (r = .43, vgl. Tabelle A5): Der „eigenen“ Partei wird mehr
Vertrauen geschenkt als anderen Parteien. Das Vertrauen in die versprechende Partei
bewerten wir im Vergleich zur Parteiidentifikation als geeigneteres Konstrukt, da erstens
hierdurch die Möglichkeit entsteht, die Bewertung mehrerer Parteien und deren Wirkung zu
analysieren und zweitens die Anzahl an Personen mit einer Parteiidentifikation im Sinken
begriffen ist (Dalton & Wattenberg, 2000). Wahrscheinlich ist, dass die Entwicklung
abnehmender Parteibindungen mit eher geringem Vertrauen in die einzelnen Parteien
einhergeht. Vertrauensvorschüsse der Bürgerinnen gegenüber der präferierten politischen
Partei und deren Aussagen könnten zunehmend einer kritischen Abwägung der
Glaubwürdigkeit einzelner Versprechen verschiedener Parteien weichen.
Der Einfluss des allgemeinen Vertrauens in Politikerinnen spricht dafür, dass die
Glaubwürdigkeit einzelner Wahlversprechen von einer allgemeinen Einstellung gegenüber
Politikerinnen geprägt wird. Politikverdrossene Bürgerinnen, die gegenüber politischen
Akteuren und deren Handeln im Allgemeinen negativ eingestellt sind, sollten
Wahlversprechen beispielsweise als besonders unglaubwürdig wahrnehmen.
22
Beachtenswert ist, dass der Effekt des allgemeinen Vertrauens in Politikerinnen auf die
Glaubwürdigkeit einzelner Wahlversprechen deutlich höher ist als der Einfluss des
Vertrauens in die versprechende Partei.
13
Denn das Vertrauen in Politikerinnen allgemein
ist im Vergleich mit dem Vertrauen in andere politische Institutionen am geringsten
ausgeprägt (Gabriel & Zmerli, 2006). Folglich wird genau den Akteuren am wenigsten
Vertrauen entgegengebracht, die die politische Kommunikation maßgeblich gestalten, am
sichtbarsten sind und letztlich auch zur Wahl stehen. Vor dem Hintergrund einer häufig
konstatierten zunehmenden Personalisierung der Politik (und damit auch der politischen
Kommunikation) wäre dies eine alarmierende Entwicklung, in der die
Vertrauenswürdigkeit von Politikerinnen und deren Glaubwürdigkeit zunehmend in Frage
gestellt werden würde.
Unser Befund, dass politisches Vertrauen einen großen Einfluss auf die Glaubwürdigkeit
von Wahlversprechen ausübt, steht unter dem Vorbehalt, dass er einer Überprüfung durch
experimentelle Studien, die den Grad politischen Vertrauens manipulieren, standhalten
muss. Sollte dies der Fall sein, ist das als Bestätigung für die Annahme zu werten, dass der
Rückgang des politischen Vertrauens nicht nur direkte negative Effekte auf die
Wahlbeteiligung ausübt (Hadjar & Köthemann, 2014), sondern auch indirekt über die
Glaubwürdigkeit politischer Aussagen im politischen Kommunikationsprozess politische
Repräsentation negativ beeinflusst. Die Glaubwürdigkeit politischer Aussagen müsste dann
als mögliche Mediatorvariable in künftigen Studien, die den Zusammenhang zwischen
politischem Vertrauen und Partizipation analysieren, berücksichtigt werden. Nicht außer
Acht gelassen werden darf, dass sich die Wahrnehmung politischer Kommunikation ebenso
auf das politische Vertrauen auswirken kann. Insbesondere durch eine kritische
Medienberichterstattung zu (gebrochenen) Wahlversprechen sollte die Wahrnehmung der
Bürgerinnen, dass Politikerinnen immer ihre Versprechen brechen, verstärkt werden.
Negative Effekte auf das politische Vertrauen sind ebenfalls denkbar. Aufbauend auf einer
13
Das ist nicht auf die unterschiedliche Messung der Konstrukte zurückzuführen: Die Varianz des
Vertrauens in Politikerinnen ist sogar geringer als die Varianz des Vertrauens in die versprechende Partei; in
künftigen Studien bietet es sich dennoch an, für das Vertrauen in Parteien eine differenziertere Skala zu
verwenden, um die Güte der Messung und die Vergleichbarkeit der Ergebnisse sicherzustellen.
23
Analyse der Medienberichterstattung, die auf gebrochene Wahlversprechen fokussiert, ist
die empirische Untersuchung der skizzierten Zusammenhänge Aufgabe weiterer Studien.
Neben der begrenzten Repräsentativität unserer Studie (aufgrund der spezifischen Struktur
unserer Stichprobe, welche überwiegend formal hoch gebildete Personen umfasst), erachten
wir es als notwendig, auf die limitierte externe Validität unseres Studiendesigns
hinzuweisen. Wahlversprechen werden nicht ohne kontextuellen Rahmen gegeben. Somit
handelt es sich in unserer Studie nicht um ein Abbild der Realität. Der gefundene
Zusammenhang zwischen dem Vertrauen in CDU bzw. SPD und der Glaubwürdigkeit ihrer
Wahlversprechen sollte außerdem auch für andere deutsche Parteien überprüft werden. Der
Einfluss weiterer Faktoren (bspw. Parteigröße oder -status: Regierungspartei,
Oppositionspartei) ist ebenso denkbar wie ländervergleichende Studien, in denen
systemische Variablen (Parteien- und Wahlsystem) berücksichtigt werden können.
Unsere Analyse ist als ein erster Beleg zu werten, dass das Vertrauen in politische Akteure
bereits im Wahlkampf bei der Bewertung politischer Aussagen eine wichtige Rolle
einnimmt. Hierdurch wurde bestätigt, dass es sich beim politischen Vertrauen um eine
vielversprechende Größe handelt, deren Untersuchung im Rahmen politischer
Kommunikationsbeziehungen weitere Beachtung verdient.
24
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28
Anhang
Tabelle A1. Stimulusmaterial
Bedingung
Stimulus
Partei: SPD, Thema: Soziales, Verbindlichkeit:
niedrig, Konkretheit: niedrig
SPD: „Wir möchten die Arbeitslosenquote senken.“
Partei: SPD, Thema: Soziales, Verbindlichkeit:
niedrig, Konkretheit: hoch
SPD: „Durch neue Programme zur Belebung des
Arbeitsmarktes möchten wir die Arbeitslosenquote
auf unter 5 Prozent senken.“
Partei: SPD, Thema: Soziales, Verbindlichkeit:
hoch, Konkretheit: niedrig
SPD: „Wir werden die Arbeitslosenquote senken.“
Partei: SPD, Thema: Soziales, Verbindlichkeit:
hoch, Konkretheit: hoch
SPD: „Durch neue Programme zur Belebung des
Arbeitsmarktes werden wir die Arbeitslosenquote
auf unter 5 Prozent senken.“
Partei: SPD, Thema: Wirtschaft, Verbindlichkeit:
niedrig, Konkretheit: niedrig
SPD: „Wir möchten die Wirtschaft ankurbeln.“
Partei: SPD, Thema: Wirtschaft, Verbindlichkeit:
niedrig, Konkretheit: hoch
SPD: „Wir möchten die Wirtschaft ankurbeln, indem
wir die Binnennachfrage um 5 Prozent steigern.“
Partei: SPD, Thema: Wirtschaft, Verbindlichkeit:
hoch, Konkretheit: niedrig
SPD: „Wir werden die Wirtschaft ankurbeln.“
Partei: SPD, Thema: Wirtschaft, Verbindlichkeit:
hoch, Konkretheit: hoch
SPD: „Wir werden die Wirtschaft ankurbeln, indem
wir die Binnennachfrage um 5 Prozent steigern.“
Partei: CDU, Thema: Soziales, Verbindlichkeit:
niedrig, Konkretheit: niedrig
CDU: „Wir möchten die Arbeitslosenquote senken.“
Partei: CDU, Thema: Soziales, Verbindlichkeit:
niedrig, Konkretheit: hoch
CDU: „Durch neue Programme zur Belebung des
Arbeitsmarktes möchten wir die Arbeitslosenquote
auf unter 5 Prozent senken.“
Partei: CDU, Thema: Soziales, Verbindlichkeit:
hoch, Konkretheit: niedrig
CDU: „Wir werden die Arbeitslosenquote senken.“
Partei: CDU, Thema: Soziales, Verbindlichkeit:
hoch, Konkretheit: hoch
CDU: „Durch neue Programme zur Belebung des
Arbeitsmarktes werden wir die Arbeitslosenquote
auf unter 5 Prozent senken.“
Partei: CDU, Thema: Wirtschaft, Verbindlichkeit:
niedrig, Konkretheit: niedrig
CDU: „Wir möchten die Wirtschaft ankurbeln.“
Partei: CDU, Thema: Wirtschaft, Verbindlichkeit:
niedrig, Konkretheit: hoch
CDU: „Wir möchten die Wirtschaft ankurbeln,
indem wir die Binnennachfrage um 5 Prozent
steigern.“
Partei: CDU, Thema: Wirtschaft, Verbindlichkeit:
hoch, Konkretheit: niedrig
CDU: „Wir werden die Wirtschaft ankurbeln.“
Partei: CDU, Thema: Wirtschaft, Verbindlichkeit:
hoch, Konkretheit: hoch
CDU: „Wir werden die Wirtschaft ankurbeln, indem
wir die Binnennachfrage um 5 Prozent steigern.“
29
Tabelle A2. Itemcharakteristika
Variable
Frageformulierung
Codierung
Glaubwürdigkeit
Wahlversprechen
Alles in allem würde ich die Aussage als
glaubwürdig bezeichnen.
1 trifft gar nicht zu
(2, 3, 4)
5 trifft voll zu
Vertrauen in
Stimuluspartei
Bitte geben Sie zu jeder der genannten
öffentlichen Einrichtungen oder Personengruppe
an, wie
sehr Sie persönlich jeder einzelnen davon
vertrauen:
(A) SPD
(B) CDU
1 überhaupt kein Vertrauen
(2, 3, 4)
5 sehr großes Vertrauen
Allgemeines
Vertrauen in
Politikerinnen
Im Folgenden geht es darum wie Sie Politiker
und Politikerinnen in unserem Land einschätzen.
Dabei geht es nicht um einzelne oder ganz
bestimmte Personen, sondern um Politiker und
Politikerinnen im Allgemeinen.
Wie sehr stimmen Sie den nachfolgenden
Aussagen zu?
Politikerinnen und Politiker...
(A) interessieren sich für die Meinung von
Bürgerinnen/Bürgern wie mir.
(B) kümmern sich um die Belange von
Menschen wie mir.
(C) sind die Wünsche und Bedürfnisse von
Bürgerinnen/Bürgern wie mir wichtig.
(D) handeln verantwortungsvoll.
(E) setzen sich für Gerechtigkeit ein.
(F) achten die Werte und Normen unserer
Gesellschaft.
(G) sind gut ausgebildet.
(H) sind ausreichend kompetent.
(I) verfügen über genügend Fachwissen.
1 stimme gar nicht zu
(2, 3, 4)
5 stimme voll zu
Aussage der eigenen
Partei (konstruiert aus
der
Parteiidentifikation
des Befragten)
In Deutschland neigen viele Leute längere Zeit
einer bestimmten politischen Partei zu, obwohl
sie auch ab und zu eine andere Partei wählen.
Wie ist das bei Ihnen: Neigen Sie – ganz
allgemein – einer bestimmten Partei zu? Und
wenn ja, welcher?
0 ja/ Parteiidentifikation
entspricht Stimuluspartei
1 nein/ keine Parteiidentifikation
oder Parteiidentifikation
entspricht nicht Stimuluspartei
Betroffenheit
Betrifft Sie diese Aussage persönlich?
1 gar nicht
(2, 3, 4)
5 sehr stark
30
Tabelle A3. Deskriptive Statistiken
Variable
M bzw. Verteilungen
SD
Glaubwürdigkeit Wahlversprechen
2.49
1.03
Vertrauen in Stimuluspartei
2.45
1.05
Vertrauen in SPD
2.62
1.04
Vertrauen in CDU
2.28
1.04
Vertrauen in Politikerinnen (Index)
2.71
.76
Subdimension Wohlwollen
2.51
.87
Subdimension Integrität
2.79
.91
Subdimension Kompetenz
2.83
.91
Verbindlichkeit
niedrig: 49.79%, hoch: 50.21%
-
Konkretheit
niedrig: 49.65%, hoch: 50.35%
-
Thema
Wirtschaft: 50.07%, Soziales: 49.93%
-
Partei
CDU: 50.50%, SPD: 49.50%
-
Betroffenheit
2.33
1.08
Betroffenheit Thema Wirtschaft
2.59
1.02
Betroffenheit Thema Soziales
2.08
1.09
Aussage von eigener Partei
nein: 84.96%, ja:15.04%
-
Alter
31.04
12.65
Geschlecht
weiblich: 57.70%, männlich:42.30%
-
Bildung
hoch: 93.39%, niedrig: 6.61%
-
31
Tabelle A4. Glaubwürdigkeit des Wahlversprechens (M) für alle Experimentalgruppen
Experimentalgruppe
(Bedingung)
n
M
SD
Partei: SPD, Thema: Soziales,
Verbindlichkeit: niedrig, Konkretheit: niedrig
44
2.82
.99
Partei: SPD, Thema: Soziales,
Verbindlichkeit: niedrig, Konkretheit: hoch
42
2.38
1.17
Partei: SPD, Thema: Soziales,
Verbindlichkeit: hoch, Konkretheit: niedrig
46
2.63
.95
Partei: SPD, Thema: Soziales,
Verbindlichkeit: hoch, Konkretheit: hoch
40
2.10
.90
Partei: SPD, Thema: Wirtschaft,
Verbindlichkeit: niedrig, Konkretheit: niedrig
44
2.80
1.11
Partei: SPD, Thema: Wirtschaft,
Verbindlichkeit: niedrig, Konkretheit: hoch
44
2.70
1.07
Partei: SPD, Thema: Wirtschaft,
Verbindlichkeit: hoch, Konkretheit: niedrig
42
2.26
.89
Partei: SPD, Thema: Wirtschaft,
Verbindlichkeit: hoch, Konkretheit: hoch
47
2.30
1.04
Partei: CDU, Thema: Soziales,
Verbindlichkeit: niedrig, Konkretheit: niedrig
44
2.73
1.13
Partei: CDU, Thema: Soziales,
Verbindlichkeit: niedrig, Konkretheit: hoch
46
2.35
1.08
Partei: CDU, Thema: Soziales,
Verbindlichkeit: hoch, Konkretheit: niedrig
43
2.35
.84
Partei: CDU, Thema: Soziales,
Verbindlichkeit: hoch, Konkretheit: hoch
47
2.21
.88
Partei: CDU, Thema: Wirtschaft,
Verbindlichkeit: niedrig, Konkretheit: niedrig
45
2.82
1.27
Partei: CDU, Thema: Wirtschaft,
Verbindlichkeit: niedrig, Konkretheit: hoch
42
2.55
1.13
Partei: CDU, Thema: Wirtschaft,
Verbindlichkeit: hoch, Konkretheit: niedrig
42
2.38
.91
Partei: CDU, Thema: Wirtschaft,
Verbindlichkeit: hoch, Konkretheit: hoch
47
2.43
.72
32
Tabelle A5. Zusammenhänge zwischen den unabhängigen Variablen (Korrelationen nach Pearson, punktbiseriale Korrelationen
bzw. Cramers V)
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
1. Verbindlichkeitd
(0 = niedrig, 1 = hoch)
2. Konkretheitd
(0 = niedrig, 1 = hoch)
.02
3. Themad
(0 = Wirtschaft,
1 = Soziales)
.00
–.01
4. Parteid
(0 = CDU, 1 = SPD)
.00
–.02
–.01
5. Betroffenheit
–.08*
–.11*
–.24*
.02
6. Aussage der eigenen
Parteid
(0 = nein, 1 = ja)
–.03
.05
–.02
.08*
.12*
7. Vertrauen in
Stimuluspartei
.05
–.04
–.05
.16*
.16*
.43*
8. Vertrauen in
Politikerinnen
.01
–.06
–.06
.04
.13*
.21*
.57*
9. Alter
–.01
.02
–.06
.00
–.07
.05
–.04
–.22*
10. Geschlechtd
(0 = männlich, 1 = weiblich)
.03
.00
–.03
.08*
–.05
-.01
–.07
–.09*
.27*
11. Bildungd
(0 = gering, 1 = hoch)
.02
–.02
–.03
.05
.06
-.04
.08*
.25*
–.34*
–.12*
Anmerkung: * Die Korrelation ist auf dem Niveau von 0.05 (2-seitig) signifikant.
dAlle dichotomen Variablen sind gekennzeichnet, alle anderen Variablen sind intervall-skaliert.
33
Tabellen
Tabelle 1. Ergebnisse der Regressionsmodelle zur Erklärung der Glaubwürdigkeit eines
Wahlversprechens
AV = Glaubwürdigkeit des Wahlversprechens
B
SE
Vertrauen in Stimuluspartei
.16*
.05
Vertrauen in Politikerinnen
.27*
.06
Verbindlichkeit
–.30*
.08
Konkretheit
–.15*
.08
Thema (Wirtschaft = 0, Soziales = 1)
.01
.08
Partei (CDU = 0, SPD = 1)
–.02
.08
Betroffenheit
.10*
.04
Aussage von eigener Partei
.03
.11
Alter
–.01
.00
Geschlecht
–.11
.08
Bildung
–.09
.16
Konstante
1.86*
.40
Korrigiertes R2
.17
Zuwachs in R2 ggü. Modell ohne Vertrauensvariablen
.08
F (df = 620)
13.0*
N
632
Anmerkung: Dargestellt sind unstandardisierte Regressionskoeffizienten. Signifikanzniveau: *p ≤ α = .05