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Review
Schmerz
DOI 10.1007/s00482-016-0107-8
© Deutsche Schmerzgesellschaft e.V. Published
by Springer-Verlag Berlin Heidelberg - all rights
reserved 2016
U. T. Egle1·N.Egloff
2· R. von Känel3
1Dep. Psychosomatische Medizin, Klinik Barmelweid, Barmelweid/Aarau, Schweiz
2Kompetenzbereich für Psychosomatische Medizin, Univ.-Klinik für Allgemeine Innere Medizin, Inselsp ital
Bern, Bern, Schweiz
3Univ.-Klinik für Neurologie, Inselspital Bern, Bern, Schweiz
Stressinduzierte Hyperalgesie
(SIH) als Folge von emotionaler
Deprivation und psychischer
Traumatisierung in der Kindheit
Konsequenzen für die Schmerztherapie
Einleitung
Schmerz wurde sehr lange ausschließ-
lich als Warnsignal für eine Gewebs-
bzw. Nervenschädigung verstanden.
Die vorherrschende Vorstellung der
Schmerzverarbeitung im zentralen Ner-
vensystem hatte viel Ähnlichkeit mit
einer Art „Telefonkabel“, das Aktions-
potenziale von einem Ort zu einem
anderen leitet, in denen Informationen
über Beginn, Dauer, Stärke, Lokali-
sation und Qualität eines peripheren
nozizeptiven Reizes codiert sind [126].
Erstmals widersprachen Melzack und
Wall [78] diesem reduktionistischen
Reiz-Reaktions-Konzept und stellten die
ese auf, dass dieses sensorische Sys-
tem auf Rückenmarksebene durch ein
vom Gehirn absteigendes hemmendes
Kontrollsystem moduliert werden kann.
Dieses hemmende System konnte Mitte
der 1980er Jahre schließlich auch nach-
gewiesen werden [7]. In Verbindung
mit der Entdeckung der Enkephaline
und Endorphine [47,53]führtedieszu
einer verstärkten Erforschung hemmen-
der Schmerzmechanismen, während
Faktoren, welche schmerzverstärkend
wirksam werden können, in der For-
schung lange unberücksichtigt blieben.
Erst später konnten zentrale Sensitivie-
rungsprozesse nachgewiesen werden,
durch die deutlich wurde, dass Schmerz
nicht ausschließlich peripher bedingt
sein muss, sondern durch neuronale
Reizverstärkungsmechanismen wesent-
lich verstärkt oder auch gänzlich erklärt
werden kann [123]. Dies führte schließ-
lich zu der Erkenntnis, dass auch ohne
jedweden schadhaen peripheren Input
zentralnervös Schmerzempfindung ent-
stehenkannunddass sich dieser Schmerz
von einem Schmerz, der durch einen
nozizeptiven Stimulus peripher ausgelöst
wird, in der subjektiven Wahrnehmung
von Schmerzpatienten nicht unterschei-
den lässt (vgl. [26,126]). Neu ist die
Erkenntnis, dass diese Schmerzsensibi-
lisierung auch direkt den neuroendo-
krinen Einwirkungen des Stresserlebens
unterliegt. Für die durch Disstress aus-
gelösten zentralen Mechanismen, die
zu einem erhöhten Schmerzempfinden
führen können, wurde in den letzten
Jahren von Grundlagenforschern der
Begriff „Stressinduzierte Hyperalgesie“
(SIH) eingeführt [54,58,98]. Die vor-
liegende Übersichtsarbeit fasst die dazu
tierexperimentell und am Menschen
bzw. an Patientengruppen durchgeführ-
ten Studien zusammen und skizziert
grundlegende Konsequenzen für die
Schmerztherapie.
Bis heute werden diese neuen wis-
senschalichen Erkenntnisse von einem
großen Teil der Ärzte und Gutach-
ter nicht zur Kenntnis genommen. Bei
vielen Schmerzpatienten, bei denen zen-
trale Mechanismen der Hyperalgesie
zugrunde liegen, werden die Schmer-
zenalsAusdruckvonAggravationoder
gar Simulation fehlinterpretiert. Dass
es sich dabei um ein neurobiologisch
induziertes Phänomen handeln könn-
te, wird nicht in Betracht gezogen. Bis
heute herrscht bei vielen chronischen
Schmerzpatienten, ebenso wie bei vie-
len ihrer Ärzte, noch die Vorstellung
vor, dass Schmerz nur infolge einer Ge-
webeschädigung entstehen kann, und
die Stärke des Schmerzes dem Aus-
maß der Gewebeschädigung entspricht.
Dieses Mitte des 17. Jahrhunderts von
Descartes postulierte reduktionistische
Schmerzverständnis hat bis heute weit-
reichende Folgen für Diagnostik und
erapie chronischer Schmerzpatienten
und führt nicht zuletzt zu enormen Kos-
ten im Gesundheitswesen [10,14,37,
51].
Neurobiologische Zusammen-
hänge zwischen Schmerz- und
Stressverarbeitung
Emotionale und kognitive Einflussfak-
toren wirken auf das Schmerzempfinden
modulierend [17,18,38,124]. Ist das
Einwirken negativer Emotionen kurz
und intensiv (z. B. körperliches Trau-
ma), so führt dies zur Einschränkung
der Schmerzwahrnehmung („Stressin-
duzierte Hypalgesie“), während über
längere Zeit einwirkende und indivi-
Der Schmerz
Review
deszendierend-
hemmendes System
zentrale Stressverarbeitung
=> „mediales Schmerzsystem“
ACC = anteriorer Gyrus cinguli
AMY = Amygdala
BG = Basalganglien
PAG = Periaquäduktales Grau
PB = Nucleus parabrachialis
PFC = Präfrontalkortex
S1/S2 = somatosensorischer Cortex
Abb. 1 8Schmerzverarbeitungim Gehirn
duell nicht bewältigbare psychosoziale
Belastungen zu negativen Emotionen
(Angst, Depression) und schließlich zu
anhaltendem Disstress führen, und eine
Senkung der Schmerzschwelleunddamit
eine verstärkte Schmerzwahrnehmung
(„Hyperalgesie“) zur Folge haben [87,86,
96,97,128]. Dass die Schmerzempfind-
lichkeit bei Patienten mit somatoformen
Schmerzen im Vergleich zu Patienten mit
nozizeptiven Schmerzen messbar erhöht
ist, konntemit algometrischen Methoden
gezeigt werden [36]. Unterschiede zwi-
schen verschiedenen Schmerzqualitäten
– wie sie bei Patienten mit depressiven
Störungen gezeigt wurden [6]–sindbei
somatoformenSchmerzstörungenbisher
allerdings noch nicht hinreichend unter-
sucht. Bei Fibromyalgiesyndrom- und
auch bei orofacialen Gesichtsschmerz-
Patienten zeigten sich in der Quantitativ
Sensorischen Testung (QST) bei allen
Schmerzqualitäten eine erhöhte Sensi-
bilisierung im Vergleich zu gesunden
Kontrollen [11,93].
In zwei prospektiven Studien [62]lie-
ßen sich eine zeitlich enge Verknüpfung
zwischen dem Aureten einer chroni-
schen Schmerzsymptomatik ohne nach-
weisbare Gewebeschädigung und einer
anhaltend belasteten äußeren Stresssi-
tuation belegen und die pathogenetische
Bedeutung belastender Lebensereignisse
bestätigen. Trafen diese bei den Pro-
banden auf erhöhte Werte für Angst
und ängstliche Selbstbeobachtung sowie
auf eine bereits zuvor vorhandene kör-
perliche Beschwerdesymptomatik und
Beeinträchtigung der Lebensqualität,
stieg das Risiko für das Aureten eines
Fibromyalgiesyndroms (FMS) in einem
Beobachtungszeitraum von 15 Monaten
um das 20fache.
Bei der Untersuchung von gesunden
Freiwilligenim Laborkonnte gezeigt wer-
den, dass Personen mit hohen Werten
für eine ängstliche Grundpersönlichkeit
bei der Applikation eines nozizepti-
ven Reizes signifikant mehr Schmerzen
angaben als jene, bei denen eine sol-
che Grundpersönlichkeit nicht bestand
[110]. Vergleichbare Zusammenhänge
wurden auch in einer ganzen Reihe von
Studien zu postoperativer Schmerzstärke
und präoperativer Angst gefunden [57,
92,117]. Bei der Untersuchung verschie-
dener Gruppen chronischer Schmerz-
patienten wurde deutlich, dass viele
bereits lange vor Beginn der Schmerz-
symptomatik unter einer Angsterkran-
kung litten [63]. Negative Affekte, v. a.
Angst, ebenso wie antizipatorische Un-
sicherheit hinsichtlich der Einschätzung
eines Schmerzreizes bzw. der Bewer-
tung des Schmerzgeschehens, nehmen
über das Periaquäduktale Grau (PAG)
Einfluss auf das deszendierend-hem-
mende System und verstärkt dadurch
das individuelle Schmerzerleben, d. h.
tragen zur Hyperalgesie bei [16,128].
Als Botenstoffe eine wesentliche Rolle
spielen dabei Neuropeptid Y (NPY) und
das Neuropeptid Cholezstokinin (CCK):
Anhaltender Disstress führt zum Rück-
gang der Aktivierung von NPY, das
Der Schmerz
in den Bereichen von Amygdala, PAG
sowie auf spinaler Ebene schmerzredu-
zierend wirksam ist. NPY wird auch
eine wesentliche Rolle beim Aureten
chronischer Schmerzen im Rahmen
einer posttraumatischen Belastungsstö-
rung zugeschrieben [105]. Parallel dazu
kommt es zu einer verstärkten CCK-
Ausschüttung; s eine Interaktion mit dem
CCK-2-Rezeptor verstärkt das Schmerz-
empfinden [13,66]. Cholezystokinin
ist auch hinsichtlich seiner Bedeutung
bei der Vermittlung Nocebo-induzierter
Schmerzen gut untersucht [8], d. h. es
geht dabei um die Wechselwirkungen
zwischen negativer Erwartungshaltung
bzw. individuellem Angsterleben und
Schmerzempfinden (.Abb. 1und 2).
Ebenfalls im Hirnstamm führt die mit
Angst verbundene Ausschüttung von
Corticotropin-Releasing-Hormon über
eine Aktivierung von Locus coeruleus
und Sympathikus zu einem vegetativen
Hyperarousal und damit zu einer erhöh-
ten Neigung zur Somatisierung. Dieser
Mechanismus düre auch den körper-
lichen Auswirkungen (z. B. muskulären
Verspannungen) von „hausgemachtem“
Stress im Rahmen eines zwangha-
perfektionistischen Persönlichkeitsstils
zugrunde liegen [70,84].
Periphere Schmerzreize werden nach
Umschaltung im Hinterhorndes Rücken-
marks vom ersten auf das zweite Neu-
ron zum alamus geleitet. Von den late-
ralen alamuskernen erfolgt eine Um-
schaltung in Richtung des somatosenso-
rischen Cortex, wo eine „topografische
Verortung“ der Schmerzreize stattfindet
(„Homunculus“). Darüber hinaus wird
die Reizstärke festgestellt, ohne dass dies
jedoch bereits die Schmerzstärke wäre.
Letz tere wird vielm ehr durch die Aktiv ie-
rung anderer Hirnareale bedingt, die von
den medialen Kernen des alamus aus-
geht.Dabei handelt es sich umden rostra-
len und dorsalen anterioren Gyrus cingu-
li, die vordere Insula, Amygdala, Hippo-
campus und verschiedene Bereiche des
Präfrontalcortex. Alle diese Bereichesind
auch Teil des zentralen Stressverarbei-
tungssystems, d. h. Stress und Schmerz
werden letztlich in denselben Hirnberei-
chen verarbeitet.
In Netzwerken, in denen der vordere
Gyrus cinguli eine wesentliche Funktion
Zusammenfassung · Abstract
Schmerz DOI 10.1007/s00482-016-0107-8
© Deutsche Schmerzgesellschaft e.V. Published by Springer-Verlag Berlin Heidelberg - all rights
reserved 2016
U.T.Egle·N.Egloff·R.vonKänel
Stressinduzierte Hyperalgesie (SIH) als Folge von emotionaler
Deprivation und psychischer Traumatisierung in der Kindheit.
Konsequenzen für die Schmerztherapie
Zusammenfassung
Die Schmerzforschung der letzten Jahre
hat gezeigt, dass bei vielen chronischen
Schmerzstörungen Ausmaß und Stärke des
individuell erlebten Schmerzes nicht mit dem
Ausmaß der peripheren Gewebeschädigung
oder der Aktivität der primär-afferenten und
der spinal -nozizeptiven neuronalen Bahnen
korrelieren. Insbesondere Stress und Angst
üben einen modulierenden Einfluss auf das
Schmerzerleben aus, wobei Art, Dauer und
Schwere des Stressors sowie biographisch
frühe Prägungen bei der Ausreifung des
Stress- wie des Schmerzverarbeitungssystems
bedeutsam sind. Bei einigen chronischen
Schmerzstörungen, z.B. Fibromyalgiesyn-
drom, cranioma ndibuläre Dysfunktion (CMD)
oder somatoforme Schmerzstörung, ist kein
relevanter peripherer Input nachweisbar. Die
Arbeit gibt einen Überblick über Studien,
welche tierexperimentell ebenso wie
beim Menschen die neurobiologischen
Mechanismen und neuronalen Botenstoffe
bei der stressinduzierten Hyperalgesie
untersuchen. Daraus werden Konsequenzen
für die aktuelle wi e künftige Schmerztherapie
abgeleitet.
Schlüsselwörter
Stressinduzierte Hyperalgesie · Kind-
heitstraumatisierung · Bindung ·
Fibromyalgiesyndrom · Somatoforme
Schmerzstörung
Stress-induced hyperalgesia (SIH) as a consequence of emotional
deprivation and psychosocial traumatization in childhood.
Implications for the treatment of chronic pain
Abstract
It is now widely recognized that in many
chronic pain syndromes the intensit y and
severity of individually perceived pain
does not correlate consistently with the
degree of peripheral nervous system tissue
damage or with the intensity of primary
afferent or spinal nociceptive neurone
activity. In particular, stress and anxiety exert
modulatory influences on pain depending
on the nature, durati on and intensity of the
stressor and developmental influences on
the maturation of the stress as well as the
pain system. In some chronic pain syndromes,
e. g. fibromyalgia, TMD or somatoform
disorders, no nociceptive or neuropathic
input is detectable. We summarise the
studies investigating the neural substrates
and neurobiological mechanisms of stress-
induced hyperalgesia (SIH) in animals
and humans. The review provides new
perspectives and challenges for the current
and future treatment of chronic pain.
Keywords
Stress induced hyperalgesia · Childhood
traumatization · Attachment· Fibromyalgia ·
Somatoform pain disorder
hat, erfolgt eine emotionale Bewertung
des Schmerzreizes. Gleichzeitig kann
die affektive Verfassung (z. B. Depres-
sion, Angst, Katastrophisieren) Einfluss
auf das Schmerzerleben nehmen [17,
118]. Das Erleben von Zurückweisung
und sozialer Ausgrenzung bewirkt über
eine Aktivierung im Bereich des dorsalen
anterioren Gyrus cinguli(dACC) ein ver-
stärktes Schmerzerleben [39]. Bereiche
des Präfrontalcortex sind für die kogni-
tive Bewertung der Situation zuständig.
Istdiesenichtmöglich,z.B.infolgekata-
strophisierendem Coping, so führt dies
zu einer verstärkten Schmerzwahrneh-
mung [17,59]. Soziale Unterstützung
kann diese Bewertung positiv beein-
flussen. Ist eine emotional Sicherheit
gebende Hauptbezugsperson präsent, so
führt die damit verbundene Aktivierung
des ventromedialen Präfrontalcortex ex-
perimentell zu Schmerzdämpfung [40].
Durch diese Verknüpfungen ist es
möglich, dass Schmerz nicht nur als
Der Schmerz
Review
chron.
Disstress
Vers tärku ng des
Schmerzsignals
verstärkte
Akvierung
Insula
Rücken
mark
Affekt Kognion
Schmerz
Anhaltendes Stresserleben
•Veränderte Opiat-Rezeptor-Bindung
•CRH- und CRH-1-Rezeptor-Akvierung
•Hemmung von Neuropepd Y (NPY)
Akvierung durch Angst und negave
Erwartungshaltung
Akvierung von
•Cholezystokinin (CCK)-System
•μ-Opiat-Rezeptoren
•Endocannabinoid-System
(CB1-Rezeptor)
•Anseg proinflammatorischer
Botenstoffe
•Verstärkte Glutamat-Ausschüung
•Reduzierte GABA-Ausschüung
•Geringere NPY-Plasmaspiegel
Verstärkung des Angst- und
Schmerzerlebens
Abb. 2 9Neurobiologi-
sche Mechanismen bei SIH.
(Modifizier t nach [90]). ACC
= anteriorer Gyrus cingu-
li, PAG = periaqueduktales
Grau,RVM =rostro-ventrale
Medulla
Folge einer Gewebe- oder Nervenschä-
digung, sondern auch infolge einer psy-
chosozialen Belastungssituation bzw. der
Reaktivierung einer solchen aus der Ver-
gangenheitauretenkann.DieAusschüt-
tung des zentralen Stresshormons Cor-
ticotropin-Releasing-Hormon (CRH)
führt darüber hinaus zu einer Einfluss-
nahme auf Bereiche des Hirnstamms.
Das periaquäduktale Grau (PAG) sowie
die rostro-ventrale Medulla (RVM) sind
Ausgangspunkt des deszendierend-hem-
menden Schmerzsystems. Diese deszen-
dierend-hemmenden Schmerzbahnen
modulieren die Umschaltung peripherer
Schmerzreize vom ersten auf das zweite
Neuron im Bereich des Hinterhorns auf
spinaler Ebene. Während akute Stresssi-
tuationen darüber zu einer kurzzeitigen
Schmerzunterdrückung führen, bewir-
ken anhaltende Stresssituationen ebenso
wieeinenegativeemotionaleVerfassung,
v.a. anhaltende Angst, eine Senkung der
Schmerzschwelle und damit eine erhöh-
te Schmerzempfindlichkeit [16,52,90,
128].
Bei Patienten mit somatoformer
Schmerzstörung, also ohne relevanten
nozizeptiv oder neuropathisch determi-
nierten Input, kommt es sowohl bei der
Applikation peripherer Schmerzreize
als auch bei der Applikation von Leis-
tungsstress, im Vergleich zu Gesunden,
zu einer signifikant stärkeren Aktivie-
rung von Amygdala, Hippocampus und
vorderemGyrus cinguli, d. h. jener Berei-
che der zentralen Schmerzverarbeitung,
welche gleichzeitig auch fürdie Stressver-
arbeitung zuständig sind. Während bei
der Wiederholung des gleichen Schmerz-
reizes eine Adaptation stattfindet – die
negative Erwartungshaltung aufgrund
früherer Schmerzerfahrungen konnte an
der jetzigen Realität überprü werden –
ist dies bei der Wiederholung des Leis-
tungsstresses nicht der Fall [107]. Dies
könnte mit einer eingeschränkten „Top-
Down-Kontrolle“ infolge einer geringe-
ren Aktivierung präfrontaler Bereiche
zusammenhängen [48]. Eine unzurei-
chende „Top-Down-Kontrolle“ infolge
einer weitgehend fehlenden Aktivierung
aller an der Stressverarbeitung betei-
ligten Hirnareale, des PAG sowie des
deszendierend-hemmenden Schmerz-
systems, wurde auch bei Patienten mit
FMS im Vergleich zu Gesunden beob-
achtet [59]. Experimentell induzierter
Schmerz nach vorausgegangener Stress-
exposition führt bei Patientinnen mit
FMS zu einem im Vergleich zu Gesun-
den verstärkten Schmerzempfinden [22].
Dies kann durch zentrale Mechanismen
– Dauerstress kann aufgrund erhöhter
Cortisolspiegel zu einer toxischen Schä-
digung der genannten Hirnbereiche [25,
99,100] führen – und/oder mit einer
erhöhten Muskelanspannung erklärbar
sein, wie sie zuvor bereits bei Patienten
mit chronischem Rückenschmerz [44]
oder craniomandibulärer Dysfunktion
[43]beobachtetwurde.
Besonders bedeutsam sind diese Zu-
sammenhänge bei Patienten mit psy-
chotraumatisch induzierter Schmerz-
störung [38,83,112], FMS [30,31,
35,114], unspezifischen Lendenwir-
belsäulen(LWS)- und Schulter-Nacken-
Schmerzen [27,89], Colon irritabile
[119], CMD [19,42]sowieFrauenmit
Pelvipathie [64].
Der Schmerz
CHRONISCHER SCHMERZ
nozizeptiv/
neuropathisch
Somatisierung
frühe Gewalt
frühe Ausgrenzung
Parentifizierung
Angsterkrankung
Agora-/Claustrophobie
soziale Phobie
Gesundheitsbezogene
Ängste
generalisierte Angststörung
anankastische
Persönlichkeit
perfektionistisch
leistungsorientiert
„übervernünftig“
sich und andere
kontrollierend
Stressinduzierte Hyperalgesie (SIH)
Schmerz-
mechanismus
Posttraumatische
Belastungsstörung
Depression
Persönlichkeitsstörung
Opiatmissbrauch
typische
psychische
Komorbiditäten
Abb. 3 8Bio-psycho-soziale Differenzialdiagnose bei chronischem Schmerz
Stressinduzierte Hyperalgesie
(SIH) und Somatisierung
als Folge von belastenden
Umweltbedingungen in der
Kindheit
Bereits 1959 wies der amerikanische
Internist und Psychoanalytiker Geor-
ge L. Engel anh and sorgfält iger klinisch er
Beobachtungendarauf hin, dass bei einer
Gruppe chronischer Schmerzpatienten
ohne nachweisbare Gewebsschädigung
auffallend häufig psychische Deprivation
und Traumatisierungen in der Kindheit
exploriert werden können [41]. En-
gel sprach von einer „pain-proneness“
bzw. einer Neigung aufgrund solcher
psychischer Erfahrungen „unbewusst“
Schmerzen erleiden zu „müssen“. Eine
systematische wissenschaliche Über-
prüfung der von Engel herausgearbei-
teten Kindheitsbelastungen erfolgte von
Adler et al. [1], Egle et al. [33], Egle und
Nickel [34] sowie Imbierowicz und Egle
[55]. Zusammenfassende Übersichtsar-
beiten stammen von Davis et al. [24]
und van Houdenhove et al. [115]. Lange
wurde bei diesen Studien das meist retro-
spektive Erhebungsdesign als Schwäche
kritisiert und die Ergebnisse wurden
häufig als spekulativ abgetan [94]. Eine
kritische Sichtung der entsprechenden
Studien erbrachte diesbezüglich jedoch
eher eine Unterschätzung, keinesfalls
aber eine Überschätzung der gefunde-
nen Zusammenhänge [49,50,85,127].
Bereits bei Kindern und Jugendlichen
mit Somatisierung wurden familiäreAuf-
fälligkeiten beobachtet: körperliche Er-
krankungen oder Somatisierung bei den
Eltern, unsichere Bindung, psychopatho-
logische Auffälligkeiten bei nahen Fami-
lienangehörigen sowie ein dysfunktio-
nales Familienklima [15,103,106]. In
verschiedenen Studien wurden Störun-
gen der Affektregulation und Alexithy-
mie beschrieben [69,101,120]. Bondo
Lind et al. [12] sprechen aufgrund ihrer
Ergebnisse einer sehr sorgf ältig durchge-
führten qualitativen Untersuchung von
einer „emotionalen Vermeidungskultur “,
in der diese Patienten aufgewachsen sind
und die ihr späteres Leben im Umgang
mit sich und Anderen prägt. Im Umgang
mit Stress haben diese emotional depri-
viert oder traumatisiert aufgewachsenen
Menschen im Erwachsenenalter stress-
verstärkende Konfliktbewätigungsstrate-
gien [88], was einen adäquaten Umgang
mit äußeren Belastungen einschränkt.
Tierexperimentell konnte die Arbeits-
gruppe um Meaney [77,121]nachwei-
sen, wie frühe Bindungserfahrungen auf
die spätere Stressvulnerabilität Einfluss
nehmen: Bei Ratten führte intensive
Fellpflege und viel Lecken als Ausdruck
einer intensiven Bindung zwischen Mut-
tertier und Rattenbaby zu epigenetischen
Veränderungen. Durch die Entfernung
von Methylgruppen wird der für die
Exprimierung von Glucocorticoidrezep-
toren zuständige Genabschnitt ables-
bar. Die erhöhte Exprimierung dieser
Rezeptoren im Bereich des Hippocam-
pus bedingt aufgrund eines Feedback-
Mechanismus niedrigere Glucocortico-
idspiegel im Blut bei Stress und damit
eine erhöhte Stressresistenz im Erwach-
senenalter. Im Umkehrschluss bedeutet
dies, dass ein unzureichendes Bindungs-
verhalten seitens des Muttertieres zu
Der Schmerz
Review
einer Einschränkung der Ablesbarkeit
dieses Genabschnittes und damit zu ei-
ner eingeschränkten Exprimierung von
Glukokortikoidrezeptoren im Bereich
des Hippocampus führt, was aufgrund
des Feedbackmechanismus bei Stresssi-
tuationen erhöhte Glukokortikoid spiegel
im Blut zur Folge hat. Später konnte ge-
zeigt werden, dass beim Menschen ganz
ähnliche Mechanismen ablaufen [74].
Darüber hinaus konnte nachgewie-
sen werden, dass durch die skizzierten
epigenetischen Mechanismen die Stress-
vulnerabilität transgenerationell weiter-
gegeben wird, d.h. bei unzureichendem
Bindungsverhalten der Mutter die Rat-
tenbabys nicht nur später stressempfind-
licher sind, sondern ihre eigenen Kinder
als Mütter ebenfalls ein eingeschränk-
tes Bindungsverhalten zeigen. Letzteres
hat mit der A ktivierung des Ox ytocinsys -
tems zu tun, dessen Einfluss auf Bindung
und Stressresistenz schon länger bekannt
ist [52,113]. Zwischenzeitlich belegen
eine ganze Reihe von tierexperimentel-
len Studien – und einige wenige auch am
Menschen – die Bedeutung von Oxytocin
auch für eine erhöhte Schmerztoleranz
bzw. reduzierte Schmerzempfindlichkeit
(vgl. [95]).
Tierexperimentell konnte auch nach-
gewiesen werden, dass es im Schmerz-
verarbeitungssystem durch postnatal
einwirkende Schmerzreize zu Sensiti-
vierungsprozessen mit der Folge einer
späteren Hyp eralgesie am ganzen Körper
kommenkann[104]. Dabei wurde in
vier B ereichen eine anhaltende Dysfunk-
tion beobachtet: nozizeptive Sensitivie-
rung, zentrale Sensitivierung, deszen-
dierende Hemmung sowie Hypothala-
mus-Hypophysen-Nebennierenrinden-
(HPA-)Achse, d. h. auf verschiedenen
Ebenen des Schmerz- ebenso wie in ei-
nem wesentlichen Bereich des Stressver-
arbeitungssystems.Auch beim Menschen
gibtesStudien, die einenZusammenhang
zwischen frühen Schmerzerfahrungen
und später erhöhter Schmerzvulnerabi-
lität belegen [65,108].
Tierexperimentell führt eine anhal-
tende Belastungssituation im Erwachse-
nenalter als Folge von postnatalem Diss-
tress – induziert wurde durch längere
Trennung vom Muttertier mit einer Stö-
rungdesprimärenBindungsbedürfnisses
– zur Auslösung von Muskelschmerzen
[3]. Vor diesem Hintergrund wurde
ein tierexperimentelles Modell für das
FMS entwickelt [45,46]. Dabei konnte
nachgewiesen werden, dass frühe Stress-
einwirkungen durch eine nozizeptive
Sensitivierung zu einer Hyperalgesie bei
ausgewachsenen Ratten führen können.
Durch regelmäßige Streicheleinheiten
mit einem Fellhandschuh konnte dies
teilweise wieder kompensiert werden
[45].
Die Auswirkungen eines unsicheren
Bindungsstils auf zahlreiche Parameter
wurden bei chronischen Schmerzpatien-
ten immer wieder belegt:
4Die Schmerzintensität wird, ebenso
wie die Beeinträchtigung, signifikant
stärker erlebt [76].
4Schmerzbezogen sind das Ausmaß an
Angst, Depression und die Neigung
zum Katastrophisieren signifikant
ausgeprägter [20,79].
4Schmerz wird deutlich bedrohlicher
erlebt und es kommt damit schneller
zur Überforderung [80].
4Es besteht signifikant häufiger ein
emotionsbezogenes (z. B. Katastro-
phisieren) und seltener ein problem-
bezogenes Coping [82].
4Insgesamt werden neben Schmerzen
signifikant mehr weitere körperliche
Beschwerden berichtet [102].
Alle genannten Parameter waren nicht
nur bei chronischen Schmerzpatienten,
sondern auch bei Probanden mit unsi-
cheremBindungsverhalten,denen im La-
bor experimenteller Schmerz appliziert
wurde, signifikant stärkerausgeprägt [68,
75,81].
Als Zwischenfazit kann also festge-
halten werden, dass das Stress- und
das Schmerzverarbeitungssystem neu-
robiologisch eng miteinander verknüp
sind. Das Stressverarbeitungssystem des
Menschen hat die Aufgabe, ein durch
körperliche, psychische oder soziale
Belastungssituationen bedrohtes inne-
res Gleichgewicht wiederherzustellen
(„Allostase“ [71–73]). Akuter Stress un-
terdrückt kurzfristig das Schmerzemp-
finden, chronischer Disstress verstärkt
es. Beide Systeme sind zwar genetisch
präformiert, jedoch kann es zu Ein-
schränkungen ihrer Ausreifung durch
ungünstige Umweltbedingungen in der
Kindheit in Abhängigkeit von der Hirn-
entwicklung („vulnerable Zeitfenster“)
kommen [67]. Vor diesem Hintergrund
kann es über den Mechanismus der
stressinduzierten Hyperalgesie ([90];
.Abb. 2) zur Entwicklung Stressindu-
zierter Schmerzsyndrome kommen.
Differentialdiagnose
nach ICD-10
Die Differenzierung nach zugrundelie-
genden Pathomechanismen spielt bei der
diagnostischen Klassifikation weder im
ICD-10 noch im DSM-IV und auch nicht
im neuen DSM-5 eine wesentliche Rolle.
Ganz im Vordergrund stehen weiterhin
klinisch-deskriptive Kriterien, während
neurobiologische Mechanismen unbe-
rücksichtigt bleiben. Nach Einschät-
zung des US-amerikanischen Institute
of Mental Health (NIMH) führt dies zu
erheblichen Einschränkungen beim Ver-
ständnis von psychischen Erkrankungen
und deren personalisierter Behandlung
und damit in eine Sackgasse [23,56]. Das
NIMH hat deshalb Eckpunkte für die
Entwicklung eines neuen dimensionalen
Klassifikationssystems vorgeschlagen,
um künig ein auf Mechanismen bezo-
genes Krankheitsverständnis zu fördern.
Vor diesem Hintergrund sind die obigen
Ausführungen zu verstehen. Trotzdem
ist es im klinischen Alltag weiterhin er-
forderlich,nachICD-10zuklassifizieren,
weshalb im Folgenden diesbezüglich der
Versuch einer Zuordnung gemacht wird.
Nach ICD-10 sind verschiedene psy-
chische Störungen mit dem Leitsymptom
Schmerz zu differenzieren (.Abb. 3), de-
nen eine SIH zugrunde liegt.
Die somatoforme Schmerzstörung
bzw. die Somatisierungsstörung mit
Leitsymptom Schmerz ist typischerweise
durch eine ausgeprägte Schmerzsympto-
matikohnenachweisbarenozizeptive
oder neuropathische Ursache sowie bis
in die Kindheit zurückreichende psy-
chosoziale Belastungen gekennzeichnet
(vgl. [33,34]). Bei der Posttraumatischen
Belastungsstörung finden sich typischer-
weise Intrusionen (Flashbacks) in Form
von nächtlichen Alb- oder Tagträu-
men (dissoziative Zustände), in denen
bildhae und bedrohlich erlebte Erin-
Der Schmerz
nerungen der traumatischen Situation
wieder aufleben. Körpererinnerungen in
Form früher erlebter Schmerzen sind
besonders hervorzuheben. Typisch sind
auch eine deutlich eingeschränkte affek-
tive Schwingungsfähigkeit („numbness“)
sowie weitere dazugehörige Symptome
(z. B. Vermeidungsverhalten oder Pa-
nikattacken bei Konfrontation mit der
traumatischen Situation). Die Diagnose
kann dabei über ein speziell strukturier-
tes Interview (Clinician-Administered
PTSD Scale, CAPS) gesichert werden,
was v. a. im Rahmen von Begutachtun-
gen zur Diagnosesicherung unbedingt
erforderlich erscheint.
Unterschiede zwischen der Definition
nach ICD-10 und DSM-IV ergeben sich
hinsichtlich des Kriteriums A, der trau-
matisch erlebten Auslieferungssituation.
Während nach ICD-10 diesbezüglich
einungewöhnlichesAusmaßanTrau-
matisierung nach Einschätzung des Un-
tersuchers bedeutsam ist, berücksichtigt
DSM-IV-TR vor allem das subjektive
Erleben des Ausgeliefertseins, welches
der Betroffene in der Auslösesituation
erlebt hat. Dies führte in der Vergangen-
heit immer wieder zu gutachterlichen
Kontroversen. Durch die neuen Defini-
tionskriterien des DSM-5 wurde diese
Problematik eher noch verschär (vgl.
[32]).
Als weitere psychische Störungen mit
potenziellem Leitsymptom Schmerz sind
differenzialdiagnostisch die Hypochon-
drie bzw. der hypochondrische Wahn so-
wie die coenästhetische Psychose (i. S. ei-
ner monosymptomatischen Körperhal-
luzination) abzugrenzen. Auch bei de-
pressiven Störungen kann Schmerz Leit-
symptom sein, doch müssen dann auch
die Kriterien der Depression (nach ICD-
10zweivondreiHauptsymptomensowie
mindestens eines von sieben Nebensym-
ptomen) erfüllt und die Schmerzsympto-
matik zeitgleich parallel zur depressiven
Symptomatik eingesetzt haben.
Auch funktionelle Schmerzsyndrome
mit tastbaren muskulären Verspannun-
gen, meist in Verbindung mit einer zu-
sätzlichen Angsterkrankung oder anan-
kastischen Persönlichkeitsstörung (z. B.
Lumbalgie,craniomandibuläreDysfunk-
tion, Spannungskopfschmerz), können
Folge einer SIHsein. Unter der Diagnose
eines FMS können sich differenzialdia-
gnostisch alle genannten Störungsbilder
„verstecken“, weshalbeinesorgfältigeDif-
ferenzierung nach zugrunde liegenden
Mechanismen und eine d araus abgeleite-
te differenzielle Indikationsstellung hier
besonders wichtig sind.
Hinzu kommen Patienten, deren
Schmerzen auf eine körperliche und
psychische Komorbidität zurückzufüh-
ren sind, d.h. bei denen es zu Wechsel-
wirkungen zwischen peripherem (nozi-
zeptivem bzw. neuropathischem) Input
und zentral modulierenden Einflussfak-
toren kommt. Bei dieser Gruppe ist eine
differenzielle Diagnostik und erapie
der zugrundeliegenden Schmerzme-
chanismen besonders angezeigt und
unumgänglich.
Konsequenzen für eine
differenzierte Schmerztherapie
Diegegenwärtigeschmerztherapeutische
Versorgung leistet bei vielen Schmerz-
patienten mit stressinduzierter Hyperal-
gesie einen Beitrag zur Chronifizierung.
Die Autoren hoffen, dass die vorgeleg-
te wissenschaliche Bestandsaufnahme
zur stärkeren Sensibilisierung für die
diagnostische Erkennung dieser Unter-
gruppe chronisch Schmerzkranker führt.
Ein wichtiger erster Schritt zur Vermei-
dung iatrogener Chronifizierung könnte
auch bei chronischen Schmerzpatienten
eine von einer Harvard-Arbeitsgrup-
pe [109] für psychische Erkrankungen
vorgeschlagene Etikettierung jedes Pati-
enten mit ELS+ bzw. ELS– („Early Life
Stress“) sein. Dies legen die in Metaana-
lysen gefundenen hohen Odds-Ratios
(OR) nahe, wonach psychosoziale Trau-
matisierungeninderKindheitdasRisiko
für das spätere Aureten unterschiedli-
cher chronischer Schmerzsyndrome um
das 2,5- bis 4fache erhöhen [2,122].
Allerdings fehlen bisher valide Studien,
welchenprozentualenAnteilinderKind-
heit Traumatisierte in unselektierten In-
anspruchnahmepopulationen Schmerz-
kranker in unserem Gesundheitswesen
haben; dies wäre zunächst wichtig zu
untersuchen. Betrachtet man die hohe
und immer weiter steigende Zahl an
Arbeitsfehltagen und Frühberentungen
wegen psychischer Störungen ebenso
wie wegen chronischer Schmerzzustän-
de, so düre neben einer fokusierteren
multimodalen Schmerztherapie jedoch
in absehbarer Zeit eine in der Brei-
te funktionierende Frühprävention der
gesundheitlichen Langzeitfolgen früher
Schädigungen des Stressverarbeitungs-
systems (vgl. [21,111]) erforderlich sein
–undseiesnurausökonomischen
Gründen.
Fazit für die Praxis
Differenzierung der skizzierten Mecha-
nismen in der Entstehung chronischer
Schmerzen hat weitreichende Konse-
quenzen für eine gezielte Schmerzthe-
rapie in Praxis und Klinik.
4In der Diagnostik sollte die Erhebung
einer sorgfältigen biographischen
Anamnese zur Eruierung von frühen
Stresserfahrungen in Kindheit und
Jugend im Sinne einer erhöhten
Schmerz- wie Stressvulnerabilität
bei nichttumorbedingten chroni-
schen Schmerzen routinemäßig
durchgeführt werden. Dazu ist ein
differenziertes Wissen erforderlich,
welche frühen Belastungsfaktoren
in welchen Zeitfenstern der Ent-
wicklung welche neurobiologischen
Auswirkungen haben (vgl. [29,61,
91]).
4Eine Hyperalgesie lässt sich in der
klinischen Untersuchung anhand
standardisierter Algometriemetho-
den gut nachweisen (vgl. [36]).
4Ebenfalls zur Routinediagnostik
gehört bei chronischen Schmerzpa-
tienten die Abklärung von sozialer
Ausgrenzung sowie einer Angster-
krankung. Da Vermeidungsstrategien
– und damit ein fehlendes Problem-
bewusstsein – meist zur Erkrankung
gehören, erfordert dies eine sorgfäl-
tige Exploration; Angstfragebögen
alleine sind nicht hinreichend valide.
4Die Verordnung von Schmerzme-
dikamenten und insbesondere von
Opiaten, ist bei einer stressindu-
zierten Hyperalgesie grundsätzlich
genau so wenig indiziert wie invasive
Maßnahmen [5].
4Bei der Durchführung psychothe-
rapeutischer Maßnahmen ist eine
differentielle Indikationsstellung er-
Der Schmerz
Review
forderlich. Ein kognitiv-behaviorales
Schmerzbewältigungstraining für
alle chronischen Schmerzpatienten,
wie es weiterhin propagiert wird [60],
ist für eine differenzierte Therapie
chronischer Schmerzstörungen vor
dem Hintergrund der skizzierten
neurobiologischen Zusammenhänge
nicht geeignet. Die Ergebnisse von
Metaanalysen belegen [9,10,28,
125], dass es darunter weder zu einer
relevanten Schmerzreduktion noch
zu wesentlichen Veränderungen
hinsichtlich der Beeinträchtigung im
Alltag kommt.
4Als erster therapeutischer Schritt ist
eine sorgfältige Eduktion unter Ein-
beziehung zentraler Mechanismen
der Schmerzverarbeitung erforder-
lich. Wenn der Patient versteht, dass
bei ihm keine läsionale Schmerzur-
sache, sondern eine Hyperalgesie
aufgrund einer dysfunktionalen
Schmerz- und Stressverarbeitung
vorliegt, kann dies sein Krank-
heitsverhalten hilfreich verändern
und bereits zu einer signifikanten
Schmerzreduktion führen [116].
4Eine gute Orientierung für das darauf
aufbauende therapeutische Vorge-
hen bietet das Konsensuspapier der
Ad-hoc-Kommission für multimodale
interdisziplinäre Schmerztherapie
der Deutschen Schmerzgesellschaft
(DSG) [4], in dem durch eine un-
terschiedliche Kombination von
Behandlungsbausteinen differen-
tielle Therapiestrategien skizziert
werden. Die Umsetzung an teilsta-
tionären Schmerzeinrichtungen ist
in der Breite bisher allerdings nicht
absehbar. Letztlich stehen fehlende
personelle Ressourcen bei den meist
eher kleinen Behandlungseinheiten,
d. h. ökonomische Zwänge, im Wege.
Korrespondenzadresse
Prof. Dr. med. U. T. Egle
Dep. Psychosomatische Medizin, Klinik
Barmelweid
CH-5017 Barmelweid/Aarau, Schweiz
ulrich.egle@barmelweid.ch
Einhaltung ethischer Richtlinien
Interessenkonflikt. Die Autoren geben an, dass ke in
Interessenkonfliktbesteht.
Dieser Beitrag beinhaltetkeine von den Autoren
durchgeführten Studien an Menschenoder Tieren.
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