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Abstract

Mit dem Begriff „Gentrification“ wird ein Phänomen umschrieben, das zum einen die Aufwertung des Wohnraums innerstädtischer Viertel bedeutet und zum anderen den sukzessiven Austausch der Wohnbevölkerung zugunsten besserverdienender Gruppen zum Inhalt hat. „Gentrification“ (als Situation) und „Gentrifizierung“ (als Prozeß) handelt somit sowohl von der Aufwertung des Wohnungsbestandes durch Modernisierung und Umwandlung von Mietin Eigentumswohnungen, von der Aufwertung der Infrastruktur, die zunehmend Kunden mit gehobener Kaufkraft anspricht („ökonomische Aufwertung“), als auch vom Vordringen „neuer“ Haushaltsformen, „neuer“ Lebensstile und einer Ausgestaltung der „neuen“ Urbanität („kulturelle Umwertung“) in innenstadtnahen Wohnquartieren.
... Wiederholt wurde von deutschen Forschern das Fehlen einer operationalen Definition der Akteure der Gentrification in der amerikanischen Literatur bemängelt (Alisch und Dangschat 1996;Dangschat und Friedrichs 1988). Die Arbeiten aus Kanada, den USA und aus Großbritannien vermeiden eine klare Definition der Akteure. ...
... Auch über "Studenten", "Alternative" und "Kreative" wird von den Befragten berichtet. Diese Beschreibungen, die nahezu deckungsgleich mit denen sind, die in der deutschen Literatur zur Gentrification für die Pioniere verwendet werden (Alisch und Dangschat 1996;Friedrichs 2000;Häußermann 1990;Holm 2012 ...
... Außerdem ist mit einer qualitativen Veränderung der Wohnpräferenzen und Zuzugsmotive zu rechnen, die auf die Lebensstile der Zuzügler/-innen zurückzuführen sind (Blasius 1994;Schneider 1998;Zischner 2003). Die individuelle Wohndauer ist kein direkter Statusindikator, dient jedoch dazu die Bewohner/-innen in Kohorten von Zugezogenen zu unterteilen (Alisch, Dangschat 1996). Die durchschnittliche Wohndauer in einem Gebiet gibt Hinweise auf die Intensität des Bevölkerungsaustauschs. ...
... Daraufhin wurden unter Hinzunahme von Wohndauer, Einstellungs-und Verhaltensindikatoren weitere Typen gebildet. Als auch Gentrifier durch Zuzügler mit einem noch höheren verfügbaren Einkommen ersetzt wurden, kam der Akteur des Ultra-Gentrifiers hinzu(Alisch, Dangschat 1996). Um die Residualkategorie der "Anderen" zu schmälern und der individuellen "Beteiligung" am Aufwertungsprozess gerecht zu werden, wurden in Untersuchungen ostdeutscher Städte weitere Typen wie zum Beispiel Nachzügler, B-Gentrifier, A-Gentrifier und Aufsteiger eingeführt (Zisch-Neue Untersuchungen weisen zudem darauf hin, dass die Anteile der Pioniere und Gentrifier in den Gebieten geringer sind als beispielsweise durch den doppelten Invasions-Sukzessions-Zyklus vorgegeben. 1 Die von Blasius und Friedrichs in der Kölner Gentrification-Studie definierten Gruppen (Pionier, frühe und etablierte Gentrifier) machen in beiden Gebieten lediglich ca. ...
Conference Paper
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Die deutsche Forschung zur Gentrification ist gekennzeichnet durch eine Lücke zwischen den in den frühen Phasen des Forschungszweigs etablierten Theorien und Modellen auf der einen Seite und den methodischen Möglichkeiten auf der anderen. Dies ist auch auf die Komplexität des zentralen Gegenstands – dem Austausch einer statusniedrigen durch eine statushöhere Bevölkerung in einem Wohngebiet – zurückzuführen. Aus der vorliegenden Definition werden im Beitrag Bedingungen zur Messung eines Gentrification-Befundes abgeleitet, die anschließend auf die beiden in der deutschen Gentrification-Forschung angewandten Verfahren zur Messung des sozialen Wandels übertragen werden. Es wird gezeigt, dass diese sich komplementär zueinander Verhalten: Die methodisch bedingten Schwächen der räumlichen Reichweite und inhaltlichen Aussagekraft sind die Stärken der jeweils anderen Herangehensweise. Zukünftige Forschung kann sich auf eine Verknüpfung der Ansätze konzentrieren, um unter Rückbezug auf die Theorien zur Erklärung von Gentrification einen Mehrebenen-Ansatzes zu entwickeln.
... Diese Klassifikation wurde zuerst von Dangschat und Friedrichs (1988) vorgeschlagen und in einer empirischen Studie in drei Hamburger Gebieten verwendet. Diese, auf Haushalts-und Individualmerkmalen basierende Definition wurde in der Folgezeit von zahlreichen anderen deutschen Autoren (Alisch und Dangschat 1996;Blasius 1993, Friedrichs und Kecskes 1996Glatter 2007;Hardt 1996;Küppers 1996) verwendet, wobei häufig leichte Modifikationen bei den Ausprägungen der einzelnen Merkmalsdimensionen vorgenommen wurden. Da der Kern über die Studien hinweg erhalten blieb, verfügen wir zumindest in der deutschen Literatur in diesem Feld über eine kumulative Forschung. ...
Article
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Zusammenfassung Wir untersuchen den Prozess der Gentrifikation in den Kölner Wohngebieten Deutz und Mülheim. Die theoretische Grundlage der Studie ist ein Phasenmodell der Gentrifikation, in dem einzelnen Phasen Indikatoren, deren Ausprägungen und Hypothesen zugeordnet werden. Die Hypothesen beziehen sich auf die Veränderungen der Sozialstruktur, der Mieten und der räumlichen Verteilung der Gruppen der „Pioniere“, „Gentrifier“ und „Anderen“. Des Weiteren testen wir die Annahme, dass sich beide Gebiete in unterschiedlichen Phasen der Gentrifikation befinden. Wir verwenden eine innovative Methode: ein Wohnungspanel mit bislang drei Wellen. Die Stichprobe besteht aus 1009 Befragten in der ersten, 878 in der zweiten und 810 in der dritten Welle. Die standardisierte Befragung erfolgte face-to-face. Die wichtigsten Befunde der Studie belegen, dass die Zahl der Gentrifier zunimmt, sie die höchsten Mieten zahlen, sich in Deutz die Gentrifier räumlich weiter ausbreiten und sich fast alle der aus dem Phasenmodell abgeleiteten Hypothesen bewähren. Wie vermutet befindet sich Deutz auch in einer weiter fortgeschrittenen Phase des Gentrifikation-Prozesses. Die Ergebnisse entsprechen weitgehend denen, die für Großstädte in anderen westlichen Ländern berichtet werden, allerdings mit einer geringeren Geschwindigkeit.
Book
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Nachhaltigkeit ist für die einen ein inhaltlich und moralisch überladener Sammelbegriff und für die anderen das zukunftsweisende umfassende Handlungsdispositiv. Ein Vierteljahrhundert nach dem Brundtland-Bericht ist die Nachhaltigkeitsforderung zwar in den Städten angekommen, ihre Umsetzung erfolgt allerdings wenig systematisch. Die Bedeutung des Quartiers als Bezugsebene und Kontextbedingung wird bisher kaum berücksichtigt. Dieser Band sammelt Positionen zur nachhaltigen Quartiersentwicklung und verdeutlicht diese an Fallbeispielen. Die Beiträge fragen nach den geeigneten Modi, um komplexe Prozesse nachhaltiger Quartiersentwicklung zu steuern. Schließlich werden jüngste Forschungsergebnisse zu Fragen des Monitoring und der Bewertung auf Quartiersebene vorgestellt. Das Buch wendet sich an ForscherInnen, Lehrende und Studierende der Stadtgeographie, Stadtsoziologie, Stadtökologie und verwandter Disziplinen sowie Akteure aus der Praxis der Stadtplanung und Kommunalpolitik.
Article
In the light of an increasing importance of the discussion on reurbanization, the article analyses the current socioeconomical and structural development of the city of Moenchengladbach. City development processes are marked by a high degree of dynamic individualization – an increasing number of cities have achieved a stage of reurbanization, whereas others have not completeley reached that stage of urban renewal. An analysis of Moenchengladbach indicates that quantative aspects of reurbanization are fulfilled, whereas qualitative reurbanisation processes as an increasing attractiveness, urban revaluation, and gentrification of innercity areas remain a future potential.
Chapter
Gentrification bezeichnet den schnellen Anstieg des Anteils an Bewohnern der (oberen) Mittelschicht in ehemaligen Wohnvierteln der Arbeiter. Die erste empirische Studie zu diesem Thema in Deutschland erschien 1988 mit dem Bericht „Gentrification in der inneren Stadt von Hamburg“ (Dangschat und Friedrichs 1988). Die Arbeit basiert auf Umfragedaten (N = 283), die im Rahmen eines Forschungspraktikums erhoben wurden, welches die beiden Autoren am Institut für Soziologie der Universität Hamburg durchgeführt haben. Zu dieser Zeit war der Prozess der Gentrifizierung (Friedrichs und Kecskes 2002) gerade in seiner „zweiten Welle“ (Hackworth und Smith 2001: 467; vgl. auch Lees 2000), begleitet wurde er in der angelsächsischen Literatur mit der Herausgabe der Sammelbände von Laska und Spain (1980), Palen und London (1984) sowie von Smith und Williams (1986). In Deutschland gab es bis zu diesem Zeitpunkt kaum Forschung zum Thema Gentrification, so vermerkt die Literaturliste in Dangschat und Friedrichs (1988) nur vier deutschsprachige Titel, alle vier aus dem Jahr 1988; davon drei unveröffentlichte Diplomarbeiten an der Universität Hamburg (diese entstanden zudem im Zusammenhang mit dem oben genannten Forschungspraktikum) und einen Beitrag von Dangschat (1988, im von Jürgen Friedrichs herausgegebenen Sonderheft „Stadtsoziologie“ der Kölner Zeitschrift für Soziologie).
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Analysen sozialer Ungleichheiten beziehen sich in der Regel auf die eigene, gegenwärtige Gesellschaft. Theorien sozialer Ungleichheit haben daher einen impliziten — jedoch kaum systematisch berücksichtigten — Zeit- und Raumbezug. Theorien, Modelle, Annahmen über soziale Ungleichheiten sind zudem allenfalls plausible, empirisch hinreichend zutreffende Ausdeutungen dessen, was Wissenschaftler über die Gesellschaft wahrgenommen haben. Diese Erkenntnis fallt in der Rückschau leichter, auch die Vermutungen, warum es zu unterschiedlichen Ausdeutungen in einer Gesellschaft kommt. Die Betrachtung sozialer Ungleichheit in der (west-)deutschen Gesellschaft über die letzten etwa 150 Jahre erbrachte Klassentheorien (Marx, Engels) und Klassifikationen in soziale Klassen, Stände und Parteien (Weber) bzw. soziale Schichten (Geiger), die Vorstellung einer „nivellierten Mittelstandsgesellschaft“ (Schelsky), eine empirizistische Schichtungsforschung (Bolte, Scheuch u.a.), Konzeptionen von Zentrum und Peripherie (Wallerstein, Kreckel), von Lagen und Milieus (Hradil), von Individualisierung und Entstrukturierung (Beck, Berger), von Milieus und Lebensstilen (Lüdtke, Schulze, Spellerberg,Vester).
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Für die USA sind bereits seit Beginn des 20. Jahrhunderts Prozesse massiver Suburbanisierung und innerstädtischen Verfalls mit den daraus resultierenden wirtschaftlichen, sozioökonomischen und stadtstrukturellen Problemen symptomatisch. Vor dem Hintergrund steigender Energie- und Rohstoffpreise, sich räumlich rasant verlagernder Absatzmärkte und Arbeitsplätze sowie der zunehmenden Finanznot der öffentlichen Haushalte rückt aber eine ‚Wiederentdeckung der Innenstadt‘ als Wohnstandort für viele Akteure der Stadtentwicklung zunehmend in den Mittelpunkt des Interesses. In diesem Zusammenhang ist gerade die Revitalisierung bereits bestehender, innenstadtnaher Quartiere ein wichtiger Aspekt. Daraus folgt auf Seiten der deutschen Stadt- und Quartiersforschung ein Interesse an der Auseinandersetzung mit Erfahrungen der USA, um selbst wirkungsvolle Aufwertungsstrategien entwerfen zu können. Quartiersrevitalisierung wird hierbei als ökonomische und soziale Stabilisierung innenstadtnaher Wohngebiete verstanden, im günstigsten Fall kehren sich bauliche, soziale sowie wirtschaftliche Verfalls- und Abwertungstendenzen um. Als nachhaltig ist dieser Prozess dann zu bezeichnen, wenn er sich mittel- bis langfristig ohne zusätzliche Subventionierung selbst trägt. Der folgende Beitrag richtet den Fokus der Betrachtung auf nordamerikanische und europäische Stadtteile, die sich viele Jahre oder gar Jahrzehnte währenden Abwertungs- und Verfallsprozessen ausgesetzt sahen. Mit dem Rückgriff auf die vielfältige Literatur zur Revitalisierungsthematik wird allerdings schnell deutlich, dass eine weitgehend akzeptierte Begriffsbestimmung sowie einheitliche Konzeption hierfür bisher nicht existieren. Es besteht allenfalls Konsens über eine rudimentäre Kategorisierung in orts- bzw. personenbezogene Ansätze, wobei vorrangig qualitative Zuordnungskriterien zur Anwendung kommen, die zwar verschiedentlich auf theoretischer Ebene in einer integrierten Zielorientierung auf den Ort und die Bewohner verknüpft werden.
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Gentrification hat sich in den vergangenen Jahren zu einem schillernden Begriff der Stadtforschung und stadtpolitischen Debatten entwickelt. Kaum eine Großstadt, in der Aufwertungsprozesse von Nachbarschaften nicht mit diesem Begriff beschrieben werden. Seit Ende der 1980er Jahre sind in Deutschland mehrere Sammelbände (Blasius/Dangschat 1990, 1994; Friedrichs/Kecskes 1996), etliche Monografien (Falk 1994; Alisch 1993; Blasius 1993; Häußermann/Holm/Zunzer 2002; Holm 2006; Glatter 2007, Marquardt 2006, Krajewski 2006) und dutzende Aufsätze und Qualifikationsarbeiten zum Thema erschienen. Die Anzahl der internationalen Veröffentlichungen ist ungleich höher. Trotz der Fülle an Studien und theoretischen Arbeiten gibt es bis heute keine allgemein geteilten Definitionen und Erklärungsmuster für die unter dem Begriff der Gentrification zusammengefassten Beobachtungen in den Städten.
Article
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The article examines the existing research on gentrification in east-German cities and outlines a number of theoretical and methodological problems which characterize this strand of urban scholarship since its start in the early 1990s. Although numerous studies have been accomplished, the explanatory power of research contributions often remained low and predictions had to be revised regularly. Thus, the existing research consistently underachieved, compared to its potentials. We argue that this situation is due to an uncritical import of socio-ecological researchdesigns which have become popular in west-German gentrification-studies in the late 1980ies. We demonstrate how this import has led to numerous difficulties, especially with regard to applied definitions, the economics of gentrification as well as the analysis of social structures, lifestyles and milieus. As a result, we recommend more comparative studies and a more flexible concept of gentrification that focuses on economic processes, social inequality and power.
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